U K Nr. 11 . Mrz 201 Wild. Und voller...

1
WESTFALEN UND LIPPE UNSERE KIRCHE NR. 11 / 8. MÄRZ 2015 7 Wild. Und voller Kraft MÄNNER UND KIRCHE Brauchen Männer einen eigenen Pfarrer? „Ja“, sagt Martin Treichel, „Männer haben einen eigenen Zugang zum Glauben“. Ab 15. März ist er neuer Landesmännerpfarrer in Westfalen VON GERD-MATTHIAS HOEFFCHEN Am Anfang stand eine Stellen- anzeige in UK: Die Evangelische Kirche von Westfalen sucht einen neuen Landesmännerpfarrer. Ers- te Reaktion von Martin Treichel: „Ich war befremdet.“ Brauchen die Männer einen eigenen Pfarrer, fragte sich der schneidige Mitt- vierziger? „Aber je länger ich dar- über nachdachte, desto sinnvoller erschien mir das Ganze“, erinnert sich Treichel. Nach 13 Jahren erfüllter Arbeit als Gemeindepfarrer im Kirchen- kreis Hattingen-Witten sah der Theologe eine neue Herausforde- rung in sich heranwachsen. „Ge- rade dieses erste, spontane Be- fremden war der Auslöser“, erklärt Treichel. Denn dieses Befremden ist ty- pisch für das Thema Männer in der Kirche. „Wir haben uns in der Kirche daran gewöhnt, dass Frau- en wichtig sind. Und Ältere. Und Kinder und Jugendliche.“ Nur die Männer. Die kommen kaum vor. Zwei bis drei Jahrzehnte Femi- nismus und Arbeit für die Gleich- berechtigung von Frauen haben Spuren hinterlassen. „Und das ist gut so“, sagt Martin Treichel; dar- an lässt er keinen Zweifel. „Da ist viel Notwendiges geschehen, und es bleibt noch immer viel zu tun.“ Im Gegenzug aber seien die Männer als Zielgruppe immer mehr aus dem Blickwinkel der Kirche entschwunden. „Das fängt schon bei der Ver- kündigung an“, so Treichel. „Wir haben uns daran gewöhnt, in weiblich geprägten Bildern zu sprechen.“ Geborgenheit, Heimat. Nähe, Wärme. „Der Lieblingstauf- spruch in meiner Zeit als Gemein- depfarrer war: Denn er hat seinen Engeln befohlen, dass sie dich be- hüten auf allen deinen Wegen.“ So schön das auch sei: Das Kämpfe- rische, das Rebellische, das Ener- giegeladene – „das ist uns vom Schirm verschwunden“, sagt Trei- chel. Und so etwas schlage sich dann eben auch in Formen nieder. Was ist da nicht alles in den vergange- nen Jahren in den Gottesdiensten zu sehen gewesen: Ein Netz knüp- fen. Ein Licht anzünden (Treichel: „Schon wieder: warm und kusche- lig“). Zettel nach vorne bringen. „Für viele mag das passen“, so Martin Treichel. Aber auf die Idee, auf einen „Holzklotz zu kloppen“ oder „um die Kirche zu rennen“, sei vermutlich noch niemand ge- kommen. „Männer können ihre Gefühle auch ausdrücken“, ist der Theologe überzeugt. Aber sie brauchten einen anderen Anlauf. „Komm, wir setzen uns jetzt in einen Kreis, und du er- zählst mir, wie es dir gera- de geht – das funktioniert bei Männern in aller Regel nicht“, ist Martin Treichel überzeugt. Aber beim gemeinsa- men Baumsägen, beim Schnee räumen oder Sträu- cher schneiden, beim ge- meinsamen Duschen nach dem Sport: „Da kommen genau solche Gespräche in Gang“, erzählt Treichel. „Das habe ich immer wie- der erlebt.“ Wie geht es mir. In meiner Familie. Gesund- heitlich. Im Beruf. Im Glau- ben. Was für einen Sinn hat das alles überhaupt? „Das sind Fragen, die da sind. Auch bei Männern.“ Am 15. März wird Mar- tin Treichel seinen Dienst als neuer Landesmänner- pfarrer antreten. Die ers- ten 100 Tage wird er sich Zeit nehmen. Um seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Amt zu- zuhören. Ihre Arbeit ken- nenzulernen. Wertzu- schätzen. Dann möchte er Schwerpunkte setzen. „Das werden sicher vor allem theologische, seel- sorgerliche, spirituelle Schwerpunkte sein“, er- klärt Treichel. „Ich bin hier als Pfarrer angestellt wor- den.“ Formen und Sprache im Got- tesdienst. Männerbilder in der Bi- bel. „Da gibt es viele Gestalten, die als Rollenbilder und Identifikati- on dienen können.“ Richtige Ker- le. Aber meist auch: gebrochene Gestalten. „Das, was wir Männer von unseren Vorfahren an Wild- heit und Kraft mit auf den Weg be- kommen haben, ist es wert, in den Blick genommen zu werden“, ist sich Treichel sicher. Bevor der neue Landesmän- nerpfarrer aber richtig loslegt, hat er noch eine andere Herausforde- rung vor sich liegen. Mit einem Freund will der begeisterte Ma- rathonläufer (Bestzeit: unter drei Stunden) den Transalpin-Lauf ab- solvieren: „Quer über die Alpen“, schwärmt Martin Treichel. „Von Oberstdorf nach Sulden.“ 270 Ki- lometer in acht Tagen. „Es braucht neue Bilder des Mannseins, jenseits von Softie und Macho“: Mar- tin Treichel (47) wird neuer Landesmännerpfarrer in der Evangelischen Kirche von Westfalen. Er tritt voraussichtlich am 15. März die Nachfolge von Dieter Rothardt an. FOTO: PRIVAT In den evangelischen Kirchenge- meinden Westfalens gibt es etwa 350 Männerkreise. Sie werden von ehrenamtlichen Kreis- und Lan- desvorständen unterstützt und ge- stalten gemeinsam mit dem Landes- männerpfarrer und den Vorständen die Männerarbeit der EKvW. Sie organisieren Männertage, Vater-Kind-Gruppen, Seminare und die Begleitung und Weiterbildung Ehrenamtlicher. Der Landesmän- nerpfarrer begleitet Männer beim Entdecken neuer Rollen und neuer Verantwortung. Er entwickelt män- nerpolitische Positionen und bringt sie in Diskurse über Gleichstel- lung ein. Die Arbeit ist im Fachbe- reich „Männer, Familie, Ehrenamt“ des Instituts für Kirche und Gesell- schaft der EKvW angesiedelt. Martin Treichel ist Pfarrerssohn aus Steinfurt im Münsterland. Nach dem Stu- dium der Theologie in Marburg, Berlin und Bochum lernte er ab 1997 als Vikar praktische Gemeindearbeit in Witten-Herbede und arbeitete anschließend im Kirchenkreis Hattingen-Witten. Seit 2001 war er Pfarrer in Wetter-Wengern. Au- ßerdem leitete er den Kindergartenträgerverbund im Kirchenkreis. Der Theolo- ge hat zahlreiche zusätzliche Qualifikationen erworben, etwa Telefonseelsor- ge, Notfallseelsorge oder Spirituelles Gemeindemanagement. Martin Treichel ist verheiratet und Vater von zwei Kindern. Männergestalten in der Bibel Woche der Brüderlichkeit im Münsterland über Judenhass SENDENHORST – Der Auftakt der „Wo- che der Brüderlichkeit“ im münsterländi- schen Sendenhorst befasst sich am 8. März mit dem Thema „Judenhass in Deutsch- land heute“. Referent ist der israelische Friedensaktivist Alex G. Elsohn, der heute Repräsentant der Universität Tel Aviv für Nordwesteuropa ist. Elson, der in Berlin und in Israel lebt, hat die anti-israelischen und antisemitischen Proteste im Sommer vergangenen Jahres während des Gaza- Krieges miterlebt. Am 10. März geht es bei einem Gespräch mit Mitgliedern der jüdischen Kultusge- meinde Münster um die Frage, ob sich nach den Anschlägen in Paris und Kopenhagen Juden in Deutschland noch sicher fühlen können. Die „Woche der Brüderlichkeit“ wird seit 1952 von den deutschen Gesellschaften für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit ver- anstaltet. Dabei präsentieren sich die mitt- lerweile über 80 Gesellschaften einem brei- ten Publikum, um zur Verständigung zwi- schen Juden und Christen in Deutschland beizutragen. Die Themenwoche wird jedes Jahr im März organisiert. epd n www.woche-der-bruederlichkeit-sen- denhorst.de. KURZ NOTIERT BIELEFELD – Die Präses der Evan- gelischen Kirche von Westfalen, Annette Kurschus, hat religiös mo- tivierte Ausgrenzung und Gewalt verurteilt. In den Medien sei ge- genwärtig zu sehen, „wie Religion mit brutalen Alleinherrschaftsan- sprüchen Schlimmes anrichtet“, sagte Kurschus in einer Predigt in Bielefeld. Der Hinweis, Verbrechen im Irak und in Syrien oder die Ter- rorangriffe in Paris und Kopenha- gen hätten mit recht verstandener Religion nichts zu tun, klinge auf- richtig, aber zugleich hilflos. Denn Religion und Glaube seien immer zwiespältig. Dort, wo die Grenze zwischen Gott und Mensch nicht anerkannt werde, könne Gewalt drohen im Namen eines instru- mentalisierten Gottes, erklärte die Präses. „Nicht selten waren es die höchsten Motive und ehrwürdigs- ten Traditionen der Religionen, die tiefstes Leid verursachten, barba- rische Taten hervorbrachten und hohe Leichenberge schufen“, sag- te Kurschus weiter. Auch christ- lich motivierte Aggression finde statt. Als Beispiel nannte Kurschus den von der orthodoxen Kirche be- feuerten russischen Nationalis- mus, die Verfolgung von Homose- xuellen in vielen Staaten Afrikas oder den Irakkrieg vom ehemali- gen amerikanischen Präsidenten George W. Bush, den der evange- likale „Bible Belt“ der Südstaaten in den USA als gottgewollt ansah. In jeder Religion sei das Poten- zial zur Verkehrung ins Gegenteil enthalten. Die menschliche Ver- suchung, Gott nicht Gott sein zu lassen, ihn vor den eigenen Über- zeugungskarren zu spannen und Macht in seinem Namen auszu- üben, sei der Schatten des Glau- bens, erklärte Kurschus. „Die Ver- suchung, sich als Gotteskind zu beweisen und gerade so misszu- verstehen. Gottes Nähe zu miss- brauchen.“ Das zu hinterfragen, geschehe durch ständige Neuinterpretation der Heiligen Schriften. „Eine gro- ße, anstrengende Mühe. Sie lohnt sich“, betonte die leitende Theolo- gin von rund 2,4 Millionen evan- gelischen Christen. epd Westfälische Präses verurteilt religiös motivierte Gewalt PREDIGT Kurschus: In jeder Religion ist das Potenzial zur Verkehrung ins Gegenteil enthalten Ausstellung in Dortmund über die Folgen von Tschernobyl DORTMUND – Mit der Ausstellung „le- benslang“ des Fotografen Rüdiger Lubricht eröffnet das IBB Dortmund in Kooperati- on mit der ärztlichen Friedensorganisati- on IPPNW am 9. März die vierten Europä- ischen Aktionswochen „Für eine Zukunft nach Tschernobyl und Fukushima“. Die Präsentation der Fotos in der Dortmunder Berswordthalle markiert den Auftakt zu einer Reihe von Veranstaltungen in neun Ländern in Europa und in der Türkei. Die Ausstellung „lebenslang“ zeigt Kin- der und junge Erwachsene, die nach der Reaktorkatastrophe zur Welt kamen und mit schwersten Beeinträchtigungen kämp- fen müssen: Lubricht traf sie in Waisenhäu- sern und Kliniken, in den belasteten Zo- nen und Sperrgebieten in Belarus und in der Ukraine. Die Ausstellung wird am 9. März um 19 Uhr in der Dortmunder Berswordthalle, Kleppingstraße 37, eröffnet und ist dort bis zum 20. März zu sehen. epd Kunstmuseum Bochum zeigt Zyklus von Charlotte Salomon BOCHUM – Das Kunstmuseum Bochum zeigt bis zum 25. Mai eine Ausstellung mit Werken der in Auschwitz ermordeten Künstlerin Charlotte Salomon. In ihrem Bilderzyklus „Leben? oder Theater?“ ver- eine die Künstlerin verschiedene Stile von der Malerei van Goghs über den deutschen Expressionismus bis hin zur abstrakten Kunst bei Matisse oder Picasso, heißt es in der Ankündigung des Museums. Auf rund 800 Seiten malte Salomon ihre Lebensge- schichte in künstlerisch verfremdeter Wei- se. In der Malerei erscheinen Texte, die sich wie Regieanweisungen, Anekdoten oder Gedankensplitter lesen und an ein Dreh- buch erinnern. Parallel zur Ausstellung im Kunstmu- seum zeigt das Musiktheater im Revier in Gelsenkirchen die Ballett-Choreographie „Der Tod und die Malerin“. Charlotte Salomon wurde 1917 in Berlin geboren. 1939 emigrierte sie zu ihren Groß- eltern nach Südfrankreich. 1943 wurde Sa- lomon über Drancy nach Auschwitz depor- tiert und dort ermordet. Kurz zuvor hatte sie ihre Bilder bei einem französischen Arzt in Sicherheit gebracht. epd n Internet: www.kunstmuseumbochum. de.

Transcript of U K Nr. 11 . Mrz 201 Wild. Und voller...

Page 1: U K Nr. 11 . Mrz 201 Wild. Und voller Kraftmaennerarbeit-westfalen.de/.../downloads/UK-Artikel_Martin_Treichel… · U K Nr. 11 . Mrz 201 WEStFaLEN uND LippE 7 Wild. Und voller Kraft

W E S T F A L E N U N D L I P P EUNSERE KIRCHE NR. 11 / 8. MÄRZ 2015 7

Wild. Und voller KraftMänner und Kirche Brauchen Männer einen eigenen Pfarrer? „Ja“, sagt Martin Treichel, „Männer haben einen eigenen Zugang zum Glauben“. Ab 15. März ist er neuer Landesmännerpfarrer in Westfalen

Von Gerd-Matthias hoeffchen

Am Anfang stand eine Stellen-anzeige in UK: Die Evangelische Kirche von Westfalen sucht einen neuen Landesmännerpfarrer. Ers-te Reaktion von Martin Treichel: „Ich war befremdet.“ Brauchen die Männer einen eigenen Pfarrer, fragte sich der schneidige Mitt-vierziger? „Aber je länger ich dar-über nachdachte, desto sinnvoller erschien mir das Ganze“, erinnert sich Treichel.

Nach 13 Jahren erfüllter Arbeit als Gemeindepfarrer im Kirchen-kreis Hattingen-Witten sah der Theologe eine neue Herausforde-rung in sich heranwachsen. „Ge-rade dieses erste, spontane Be-fremden war der Auslöser“, erklärt Treichel.

Denn dieses Befremden ist ty-pisch für das Thema Männer in der Kirche. „Wir haben uns in der Kirche daran gewöhnt, dass Frau-en wichtig sind. Und Ältere. Und

Kinder und Jugendliche.“ Nur die Männer. Die kommen kaum vor.

Zwei bis drei Jahrzehnte Femi-nismus und Arbeit für die Gleich-berechtigung von Frauen haben Spuren hinterlassen. „Und das ist gut so“, sagt Martin Treichel; dar-an lässt er keinen Zweifel. „Da ist viel Notwendiges geschehen, und es bleibt noch immer viel zu tun.“

Im Gegenzug aber seien die Männer als Zielgruppe immer mehr aus dem Blickwinkel der Kirche entschwunden.

„Das fängt schon bei der Ver-kündigung an“, so Treichel. „Wir haben uns daran gewöhnt, in weiblich geprägten Bildern zu sprechen.“ Geborgenheit, Heimat.

Nähe, Wärme. „Der Lieblingstauf-spruch in meiner Zeit als Gemein-depfarrer war: Denn er hat seinen Engeln befohlen, dass sie dich be-hüten auf allen deinen Wegen.“ So schön das auch sei: Das Kämpfe-rische, das Rebellische, das Ener-giegeladene – „das ist uns vom Schirm verschwunden“, sagt Trei-chel.

Und so etwas schlage sich dann eben auch in Formen nieder. Was ist da nicht alles in den vergange-nen Jahren in den Gottesdiensten

zu sehen gewesen: Ein Netz knüp-fen. Ein Licht anzünden (Treichel: „Schon wieder: warm und kusche-lig“). Zettel nach vorne bringen.

„Für viele mag das passen“, so Martin Treichel. Aber auf die Idee, auf einen „Holzklotz zu kloppen“ oder „um die Kirche zu rennen“, sei vermutlich noch niemand ge-kommen. „Männer können ihre Gefühle auch ausdrücken“, ist der Theologe überzeugt. Aber sie brauchten einen anderen Anlauf. „Komm, wir setzen uns jetzt in

einen Kreis, und du er-zählst mir, wie es dir gera-de geht – das funktioniert bei Männern in aller Regel nicht“, ist Martin Treichel überzeugt.

Aber beim gemeinsa-men Baumsägen, beim Schnee räumen oder Sträu-cher schneiden, beim ge-meinsamen Duschen nach dem Sport: „Da kommen genau solche Gespräche in Gang“, erzählt Treichel. „Das habe ich immer wie-der erlebt.“ Wie geht es mir. In meiner Familie. Gesund-heitlich. Im Beruf. Im Glau-ben. Was für einen Sinn hat das alles überhaupt? „Das sind Fragen, die da sind. Auch bei Männern.“

Am 15. März wird Mar-tin Treichel seinen Dienst als neuer Landesmänner-pfarrer antreten. Die ers-ten 100 Tage wird er sich Zeit nehmen. Um seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Amt zu-zuhören. Ihre Arbeit ken-nenzulernen. Wertzu-schätzen.

Dann möchte er Schwerpunkte setzen. „Das werden sicher vor allem theologische, seel-sorgerliche, spirituelle Schwerpunkte sein“, er-klärt Treichel. „Ich bin

hier als Pfarrer angestellt wor-den.“ Formen und Sprache im Got-tesdienst. Männerbilder in der Bi-bel. „Da gibt es viele Gestalten, die als Rollenbilder und Identifikati-on dienen können.“ Richtige Ker-le. Aber meist auch: gebrochene Gestalten. „Das, was wir Männer von unseren Vorfahren an Wild-heit und Kraft mit auf den Weg be-kommen haben, ist es wert, in den Blick genommen zu werden“, ist sich Treichel sicher.

Bevor der neue Landesmän-nerpfarrer aber richtig loslegt, hat er noch eine andere Herausforde-rung vor sich liegen. Mit einem Freund will der begeisterte Ma-rathonläufer (Bestzeit: unter drei Stunden) den Transalpin-Lauf ab-solvieren: „Quer über die Alpen“, schwärmt Martin Treichel. „Von Oberstdorf nach Sulden.“ 270 Ki-lometer in acht Tagen.

„Es braucht neue Bilder des Mannseins, jenseits von Softie und Macho“: Mar-tin Treichel (47) wird neuer Landesmännerpfarrer in der Evangelischen Kirche von Westfalen. Er tritt voraussichtlich am 15. März die Nachfolge von Dieter Rothardt an. Foto: privat

in den evangelischen Kirchenge-meinden Westfalens gibt es etwa 350 Männerkreise. Sie werden von ehrenamtlichen Kreis- und Lan-desvorständen unterstützt und ge-stalten gemeinsam mit dem Landes-männerpfarrer und den vorständen die Männerarbeit der EKvW.

Sie organisieren Männertage, vater-Kind-Gruppen, Seminare und die Begleitung und Weiterbildung Ehrenamtlicher. Der Landesmän-nerpfarrer begleitet Männer beim Entdecken neuer rollen und neuer verantwortung. Er entwickelt män-nerpolitische positionen und bringt sie in Diskurse über Gleichstel-lung ein. Die arbeit ist im Fachbe-reich „Männer, Familie, Ehrenamt“ des instituts für Kirche und Gesell-schaft der EKvW angesiedelt.

Martin Treichel ist pfarrerssohn aus Steinfurt im Münsterland. Nach dem Stu-dium der theologie in Marburg, Berlin und Bochum lernte er ab 1997 als vikar praktische Gemeindearbeit in Witten-Herbede und arbeitete anschließend im Kirchenkreis Hattingen-Witten. Seit 2001 war er pfarrer in Wetter-Wengern. au-ßerdem leitete er den Kindergartenträgerverbund im Kirchenkreis. Der theolo-ge hat zahlreiche zusätzliche Qualifikationen erworben, etwa telefonseelsor-ge, Notfallseelsorge oder Spirituelles Gemeindemanagement. Martin treichel ist verheiratet und vater von zwei Kindern.

Männergestalten in der Bibel

Woche der Brüderlichkeit im Münsterland über Judenhass

SENDENHORST – Der Auftakt der „Wo-che der Brüderlichkeit“ im münsterländi-schen Sendenhorst befasst sich am 8. März mit dem Thema „Judenhass in Deutsch-land heute“. Referent ist der israelische Friedensaktivist Alex G. Elsohn, der heute Repräsentant der Universität Tel Aviv für Nordwesteuropa ist. Elson, der in Berlin und in Israel lebt, hat die anti-israelischen und antisemitischen Proteste im Sommer vergangenen Jahres während des Gaza-Krieges miterlebt.

Am 10. März geht es bei einem Gespräch mit Mitgliedern der jüdischen Kultusge-meinde Münster um die Frage, ob sich nach den Anschlägen in Paris und Kopenhagen Juden in Deutschland noch sicher fühlen können.

Die „Woche der Brüderlichkeit“ wird seit 1952 von den deutschen Gesellschaften für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit ver-anstaltet. Dabei präsentieren sich die mitt-lerweile über 80 Gesellschaften einem brei-ten Publikum, um zur Verständigung zwi-schen Juden und Christen in Deutschland beizutragen. Die Themenwoche wird jedes Jahr im März organisiert. epd

n www.woche-der-bruederlichkeit-sen-denhorst.de.

K u r z N o t i E r t

BIELEFELD – Die Präses der Evan-gelischen Kirche von Westfalen, Annette Kurschus, hat religiös mo-tivierte Ausgrenzung und Gewalt verurteilt. In den Medien sei ge-genwärtig zu sehen, „wie Religion mit brutalen Alleinherrschaftsan-sprüchen Schlimmes anrichtet“, sagte Kurschus in einer Predigt in Bielefeld. Der Hinweis, Verbrechen im Irak und in Syrien oder die Ter-rorangriffe in Paris und Kopenha-gen hätten mit recht verstandener Religion nichts zu tun, klinge auf-richtig, aber zugleich hilflos. Denn

Religion und Glaube seien immer zwiespältig. Dort, wo die Grenze zwischen Gott und Mensch nicht anerkannt werde, könne Gewalt drohen im Namen eines instru-mentalisierten Gottes, erklärte die Präses.

„Nicht selten waren es die höchsten Motive und ehrwürdigs-ten Traditionen der Religionen, die tiefstes Leid verursachten, barba-rische Taten hervorbrachten und hohe Leichenberge schufen“, sag-te Kurschus weiter. Auch christ-lich motivierte Aggression finde

statt. Als Beispiel nannte Kurschus den von der orthodoxen Kirche be-feuerten russischen Nationalis-mus, die Verfolgung von Homose-xuellen in vielen Staaten Afrikas oder den Irakkrieg vom ehemali-gen amerikanischen Präsidenten George W. Bush, den der evange-likale „Bible Belt“ der Südstaaten in den USA als gottgewollt ansah.

In jeder Religion sei das Poten-zial zur Verkehrung ins Gegenteil enthalten. Die menschliche Ver-suchung, Gott nicht Gott sein zu lassen, ihn vor den eigenen Über-

zeugungskarren zu spannen und Macht in seinem Namen auszu-üben, sei der Schatten des Glau-bens, erklärte Kurschus. „Die Ver-suchung, sich als Gotteskind zu beweisen und gerade so misszu-verstehen. Gottes Nähe zu miss-brauchen.“

Das zu hinterfragen, geschehe durch ständige Neuinterpretation der Heiligen Schriften. „Eine gro-ße, anstrengende Mühe. Sie lohnt sich“, betonte die leitende Theolo-gin von rund 2,4 Millionen evan-gelischen Christen. epd

Westfälische Präses verurteilt religiös motivierte GewaltPredigT Kurschus: In jeder Religion ist das Potenzial zur Verkehrung ins Gegenteil enthalten

Ausstellung in dortmund über die Folgen von Tschernobyl

DORTMUND – Mit der Ausstellung „le-benslang“ des Fotografen Rüdiger Lubricht eröffnet das IBB Dortmund in Kooperati-on mit der ärztlichen Friedensorganisati-on IPPNW am 9. März die vierten Europä-ischen Aktionswochen „Für eine Zukunft nach Tschernobyl und Fukushima“. Die Präsentation der Fotos in der Dortmunder Berswordthalle markiert den Auftakt zu einer Reihe von Veranstaltungen in neun Ländern in Europa und in der Türkei.

Die Ausstellung „lebenslang“ zeigt Kin-der und junge Erwachsene, die nach der Reaktorkatastrophe zur Welt kamen und mit schwersten Beeinträchtigungen kämp-fen müssen: Lubricht traf sie in Waisenhäu-sern und Kliniken, in den belasteten Zo-nen und Sperrgebieten in Belarus und in der Ukraine.

Die Ausstellung wird am 9. März um 19 Uhr in der Dortmunder Berswordthalle, Kleppingstraße 37, eröffnet und ist dort bis zum 20. März zu sehen. epd

Kunstmuseum Bochum zeigt Zyklus von charlotte Salomon

BOCHUM – Das Kunstmuseum Bochum zeigt bis zum 25. Mai eine Ausstellung mit Werken der in Auschwitz ermordeten Künstlerin Charlotte Salomon. In ihrem Bilderzyklus „Leben? oder Theater?“ ver-eine die Künstlerin verschiedene Stile von der Malerei van Goghs über den deutschen Expressionismus bis hin zur abstrakten Kunst bei Matisse oder Picasso, heißt es in der Ankündigung des Museums. Auf rund 800 Seiten malte Salomon ihre Lebensge-schichte in künstlerisch verfremdeter Wei-se. In der Malerei erscheinen Texte, die sich wie Regieanweisungen, Anekdoten oder Gedankensplitter lesen und an ein Dreh-buch erinnern.

Parallel zur Ausstellung im Kunstmu-seum zeigt das Musiktheater im Revier in Gelsenkirchen die Ballett-Choreographie „Der Tod und die Malerin“.

Charlotte Salomon wurde 1917 in Berlin geboren. 1939 emigrierte sie zu ihren Groß-eltern nach Südfrankreich. 1943 wurde Sa-lomon über Drancy nach Auschwitz depor-tiert und dort ermordet. Kurz zuvor hatte sie ihre Bilder bei einem französischen Arzt in Sicherheit gebracht. epd

n Internet: www.kunstmuseumbochum.de.