Über atypische Hauterscheinungen bei Lymphogranulomatose

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(Aus der Universiti~ts-HautMinik K61n [Direktor: Prof. :Dr. Friedrich Bering].) [3her atypische tIanterseheimmgcn bei Lymphogramtlonmtose 1 VoIl Paul Baum, Assistent der Klinik. Mit 2 ' " 2:extabblldunoen. (Eingegangen am 11. Dezember 1937.) Erkrankungen des lymptmtischen Systems werden besonders in der /tlteren Literatur unter den verschiedensten Namen beh~ndelt. Es ist dan Verdienst Sternbergs aug dieser Vielf/tltigkeit der Auffassungen ein Krankheitsbild als ,,cigenartig" her~usgestellt zu haben. Im Jahre 1898 besehreibt er erstmalig eine Reihe yon F/illen, deren Wesen charakterisiert ist durch die Erkrankung des lymphatischen Apparates unter Bildung cines spezifischen Granulationsgewebes. Pathotogiseh-ana~omische Unter- suchtmgen Palla~ts konnten die Selbstgndigkeit die~er sparer von G'~vsz als Lymphogranulom,~tosis bezeichneten Krankheit bestitigen. Vielfaeh finden sieh hierffir such noch die Bezeiehnungen Hodglcinsehe Erkrankung oder Pseudoleukgmie. Die Annahme Sternbergs, dab die Lymphogranulomatose wahrsetlein- lieh eine tuberkul6se Atiologie babe, konnte nieh~ sieber gest,ellt werden. lgeaehtung fanden allerdings die Forsehungen yon Fraenkel und Much. Sie hielten einen Bacillus fiir den Erreger, der eine besondere Form des Tuberkelbaeillns darstellt. Naehuntersuehungen in dieser giehtung braehten abet keine tibereinstimmenden Ergebnisse. Die klinisehen Symptome der Lymphogranulomatose beginnen meist mit Driisensehwellungen einer best,immten K6rperregion, in der Mehrzahl am Hals, seltener in der Aehselh6hle, der Leistenbeuge oder im Retro- peritonealraum. Abmagerung, Schw&ehe, kontinuierliches oder remit- tierendes Fieber, Blu~ver£nderungen im Sbme einer Leukoeytose und Eoainophilie, ,pezifische Erkr~nkung der inneren Organe und nicht zu. letzt, die mannigfMtig.~ten Hautor.~eheimmgen vcrvollutii,ndigcn da~ DiM der Lyml)hogranulomatose. Die genaue Kenntnis dieser bei der Lymphogranu|omatose auf- gretenden I-Iautver~nderungen ist deshalb fiir den Derma~ologen yon besonderer Wiehtigkeit, weil sie zuniehst einmal die versehiedensgen Hautkrankheigen in /~uBerer l~orm und Symptomatologie naehahmen, abet racist nut auf spezifisehe, d. h. den lymphogranulomatSsen Krank- heitsprozeg angreifende Behandlung reagieren. Sie sind aber such des- halb yon Bedeutung, weil oft, wie die Literatur erkennen 1/iBm, die tIaut- erseheinungert friiher einen Anhalt fiir die Diagnose bieten als die im i tterrn Prof. Dr. Bering zum 60. Geburtstag (2. 2. 38).

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(Aus der Universiti~ts-HautMinik K61n [Direktor: Prof. :Dr. Friedrich Bering].)

[3her atypische tIanterseheimmgcn bei Lymphogramtlonmtose 1

VoIl

Paul Baum, Assistent der Klinik.

Mit 2 ' " 2:extabblldunoen.

(Eingegangen am 11. Dezember 1937.)

Erkrankungen des lymptmtischen Systems werden besonders in der /tlteren Li teratur unter den verschiedensten Namen beh~ndelt. Es ist dan Verdienst Sternbergs aug dieser Vielf/tltigkeit der Auffassungen ein Krankheitsbild als ,,cigenartig" her~usgestellt zu haben. I m Jahre 1898 besehreibt er erstmalig eine Reihe yon F/illen, deren Wesen charakterisiert ist durch die Erkrankung des lymphatischen Apparates unter Bildung cines spezifischen Granulationsgewebes. Pathotogiseh-ana~omische Unter- suchtmgen Palla~ts konnten die Selbstgndigkeit die~er sparer von G'~vsz als Lymphogranulom,~tosis bezeichneten Krankhei t bestit igen. Vielfaeh finden sieh hierffir such noch die Bezeiehnungen Hodglcinsehe Erkrankung oder Pseudoleukgmie.

Die Annahme Sternbergs, dab die Lymphogranulomatose wahrsetlein- lieh eine tuberkul6se Atiologie babe, konnte nieh~ sieber gest, ellt werden. lgeaehtung fanden allerdings die Forsehungen yon Fraenkel und Much. Sie hielten einen Bacillus fiir den Erreger, der eine besondere Form des Tuberkelbaeillns darstellt. Naehuntersuehungen in dieser giehtung braehten abet keine tibereinstimmenden Ergebnisse.

Die klinisehen Symptome der Lymphogranulomatose beginnen meist mit Driisensehwellungen einer best, immten K6rperregion, in der Mehrzahl am Hals, seltener in der Aehselh6hle, der Leistenbeuge oder im Retro- peritonealraum. Abmagerung, Schw&ehe, kontinuierliches oder remit- tierendes Fieber, Blu~ver£nderungen im Sbme einer Leukoeytose und Eoainophilie, ,pezifische Erkr~nkung der inneren Organe und nicht zu. letzt, die mannigfMtig.~ten Hautor.~eheimmgen vcrvollutii, ndigcn da~ DiM der Lyml)hogranulomatose.

Die genaue Kenntnis dieser bei der Lymphogranu |omatose auf- gretenden I-Iautver~nderungen ist deshalb fiir den Derma~ologen yon besonderer Wiehtigkeit, weil sie zuniehst einmal die versehiedensgen Hautkrankheigen in /~uBerer l~orm und Symptomatologie naehahmen, abet racist nut auf spezifisehe, d. h. den lymphogranulomatSsen Krank- heitsprozeg angreifende Behandlung reagieren. Sie sind aber such des- halb yon Bedeutung, weil oft, wie die Li tera tur erkennen 1/iBm, die t Iaut- erseheinungert friiher einen Anhalt fiir die Diagnose bieten als die im

i tterrn Prof. Dr. Bering zum 60. Geburtstag (2. 2. 38).

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Beginn stehende Erkrankung der iibrigen Organe, die zun/ichst nur erst unklare Symptome verursacht.

Wie h~ufig die Haul bei der Lymphogranulomatose miterkrankfi, dartiber finden sich verschiedene Angaben. Ziegler gibt bei einem Viertel seiner Krankert eine Hautbeteiligung an. Von 143 Fgllen Burnams haben 31,8% ehle Hauterkrankung, die mit Juckveiz einhergeht. Von Favre wird darauf hingcwiesen, dab gerade dcr Pruritus eino fast ,,kon- stante Begleiterscheinung der Lymphogranulomatose" sei, wfi.hrend wicder Longcope Juckreiz nur bei 3 yon 86 F/tHen fand. Cole. erw/thnt 13 yon 33 :F'gllell mit Hautver/~nderungen, Weinberg 9 yon 12 Kranken.

So verschieden die H/~ufigkeit einer Mitbeteiligung der Haut bei Lymphogranulomatose ist, so vielfMtig ist aber auch das Bild, unter dem sie ihre Miterkrankung dokumentiert. Nm" selten findet sich (lie ,spezi- fische" Vcr/mdcrtmg der Haut, (lie im Jahre 1906 yon Grosz erstmalig ~ls ,,bisher nicht beschriebene Hauterkrankung" verSffentlicht wird und die heute untcr dcm Namen Lymphogranulomatosis curls bekannt int. Die hierbei auftretendcn spczifischen Gewcbsvcr/Lndcrungen cntspvechen histologisch vollkommen dem Granulationsgcwcbc, da~ dic lympho. granulomat6se Erkrankung der innercn Organe charakterisiert. Die Horde k6nnen, durch Bindegewebe abgegrenzt oder aueh mehr diffns wachsend, shmtliche Schichten der Haut bis in die Subcutis hinein be- fallen. Es bildet sich ein Gewebe mit Fibroblasten, Lymphocyten und Leukocyten. Oft sind reichlich eosinophile Zellen vorhanden. Welter linden sich in wechsehlder Menge ein- und mehrkernige Plasmazellen und vor allem die typischen Sternbergschen gicsenzcllen mit ihrem Protoplasmareichtum und mehreren Kernen. Mehr zentral liegend sicht man darm noch, besonders bei ]angerem Bestehen, fibrill/tres Binde- gewebe.

Welt h~iufiger sind die sogenannten unspezifischcn Hauterscheinungen, die wegen ihrer t~uschenden "~hnlichkeit mit Dermatosen andercr :,~.tio- logie yon besonderem derm~utologischen Interesse sind. So wird sehv oft Juckreiz beobachtet, der Formcn gcringcrcn Gradcs his zu quit]enrich, pruritusartigen Ausmaf~en annehmen kann. In einem anderen Tell (ter Fhllo wurde l¢6~ung, Blanen, Quadde, ln odev Papeln beol):~chteV. Dor Vicl- seitigkeit der Exantheme bei Lymphogranulomatose ist keine Schranke gesetzt. In der Literatur findcn scharlach,~rtigc, masernartige, t'oseolen- artige und grof~makulSse Effloresccnzen Erw/thnung. F, kzeme, yore akuten und sekund/i, rinfizierter~ bis zum chronischen mit Infiltration und Lichenifikation der t t au t werden ebenfalls beschrieben. Auch die Hautfarbe kann durch Lymphdgranulomatose beeinflugt werden. Leichte Pigmentverschiebungen, ikterischc Verf/irbung, selbst Bronzet6nungen, wie sie der Addisonschen Erkrankung eigen, sind bekannt geworden. Schlieglich seien noch vereinzelte F/ille mit Hautblutungen und Atrophie der ] tau t erw/~hnt.

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420 Paul Baum: Uber atypisehe

Da also die H au t l ymphogranu loma tose in ihren Erscheinungsformen sehr vielseit ig ist und daher l/tngst n icht jeder Fa l l in t ra v i t a m diagnosti-

ziert werden kann, mag die Mit te i lung eines in den le tz ten Monaten an der K61ner Hau tk l in ik beobachte ten Fal les zur wei teren Kenntn i s der Hau t lymphogranu loma tose beitragen.

F. B., 38 Jahre alt. Familiengeschichte o.B., keine Tuberkulose. Eigene Vorgeschichte: In der Jugend immer gesund gewesen. W/~hrend des Krieges erstmalig fieberhafter Magen-Darmkatarrh mit blutigem, dfinnem Stuhl. Seitdem

dauernd Besehwerden yon seiten des Magen-Darmtraetus. (Druckgeftihl in der Magengegend. Erbrechen, Leib- schmerzen, dfinne Stfihle.) 1929 wurde eine Lungentuberkulose fest- gestellt, die aber damals schon 1/~n- ger bestanden haben soll. Von da ab ist der Kranke stets in/~rztlicher Behandlung geblieben.

Jetzige Erkrankung: Etwu 6 Wo- chen vor Aufnahme in die Klinik erstmalig Knoten am rechten Ober- arm bemerkt. GIeichzei~ig bes~anden auch schon Knoten auf dem Riicken, welche dem Patienten gar nicht auf- gefallen waren; sein Vater machte ihn beim Wascheu darauf aufmerk- sam. Wie diese Knoten entstanden sind, kann der Kranke nicht angeben. Er hat die Hautver/~nderungen nie beachtet. Es seien yon Anfang an ziemlich groBe, ger6tete Knoten ge- wesen, die sich mit der Zeit allerdings vergr6f~ert h/~tten.

Be/und. Stark reduzierter Er- n/~hrungszustand mit hochgradiger K6rperschw~che. Gewicht 52 kg. Haut

Abb. 1. Zu Nekrose neigende Hautknoten bei und sichtbare Schleimh/~ute schleeht einem Kranken mit Lympho~'r,qnuh)mato~e

inTlerer Orgnne. durchblutet. Thorax: Flacher Brust- korb, lntercostalr£ume ste~rk ein- gezogen, spitzer RippenwinkeI.

Berieht der Medizinisehen KHnik fiber die R6ntgenaufnahme der Lunge: ,,Erhebliche, ~ltere, verkalkte Streuung iiber beiden Lungen, vorwiegend links- seitige Spitzentuberkulose. Zahlreiche, nicht sicher inaktive Herde fiber beiden Lungen." Herz o. B. Nierengegend nicht druckempfindlich, geringe Albuminurie, die bei sp/iteren Untersuchungen nicht mehr vorhanden war. Milz nicht tastbar vergr61]ert. Abdomen: AuBer den schon anamnestisch erw/~hnten, subjektiven Beschwerden kein nachweisbar krankhafter Befund. Leistengegend: In beiden Seiten einzelne Lymphdrfisen als kleine, etwa' erbsengroBe Kn6tchen zu fasten. An den fibrigen K6rperregionen sind keine Lymphdriisenvergr6Berungen nach- weisbar.

Hautbe/und. Die Haut der Thoraxvorderfl/~che und beider Oberarme, vor allem der AuBenseiten, zeigt mehrere kirschgroBe, teils kreisrunde, tells mehr ovale Knoten, die sich derb anfiihlen, in der Haut liegen und sieh mit dieser gut iiber

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der Unterlage verschieben lassen. Diese t t au t tumoren haben ein leicht entzt indlich gerStetes Aussehen mi t teilweise livider Verf~rbung. Andere zeigen einen mehr gelblichen bis br~unlichen Fa rb ton mi t feinsten Teleangiektasien. Auf der Knoten- kuppe bildet sich eine kleinlamellSse, silberhelle Schuppung. Zwischen diesen grSfleren finden sich kleinere, erbsen- his bohnengrol~e Knoten. Sie fiihlen sich ebenfalls ha r t an. Ihre Farbe ist verschieden, teilweise sind sie ganz weiB, teilweise hellrot bis intensiv rot. Au[3er an den genannten KSrperstellen finder sich noch ein wie oben beschriebener, kirschgroBer Knoten auf dem linken Oberschenkel und einzelne, fas t taubeneigrol3e auf dem Riicken. Die fibrige Hau t ist frei yon Ver- iinderungen. Doch ha t man den Eindruck, daft das Leiden sich weit~r auf die oberen

Abb. 2. Nckrosehcrd im Bindegewehe mit im Untergang befindlichen Zellen ~.ersehiedener Art.

und unteren Extremitg, ten ausbreitet , d~ vor allem am rechten Unte ra rm un(1 rech~em Ober~ehenkel in cincr diffu~en Schwcllung fc~c Erhcbungcl l fllhlb~r ~illd.

Bei dcr ersten Bet rachtung war man zungchst gcneigt, diese Knotcn fiir sarkomatSse Vergnderungen der Hau t zu hal ten, doch liel3 der klinisehe Befund eine genaue Diagnose nieht zu. Das makroskopisehe Bild liel$ vielmehr an eine Reihe verschiedenart iger Krankhei ten denken.

Zur Kl~rung wurden h~matologische und histologischc Untersuchungen ange- stellt. Nach den negat iven Resul ta ten der serologischen Reakt ionen im Blute (Wassermann, Kahn, Meinicke) konnten luetisch - - gumm6se Hauterscheinungen mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden. Bei dem anamnest i sch und rSntgenologiseh bestehenden tuberkul6sen Lungenbefund lag es nahe, aueh den Knoten der H a u t einen tuberkul(~sen Ursprung zuzuschreiben. Doch neigen die tuberkul6sen Hau tkno ten meist sehr zu Verk~sung und Fistelbildung, Dazu bestand in vorliegendem Falle durchaus keine Neigung.

Das Blutbi ld ergab eine sekund~re An~mie yon 3,6 Mill. Ery throcy ten und 60% Hgb. Die Leukocytenzahl betrug 3800. Eosinophile 3%, Jugendl . 5%,

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422 Paul Baum: l~ber atyp[sehe

8tabk. 8%, Segm. 31%, Lympho. 52%, Mono. 1%. Dieses Differentialblutbild konnte zungchst nur den r6ntgenologischen Lungenbefund bestiitigen. In Einklang hiermit stand auch eine dauernd remittierende Fieberkurve und eine Blutsenkung naeh Westergreen yon 17:51 ram. Doch findet man dieses Blutbild ebenso bei tumorf6rmigen Bildungcn der lymphatischen Leukgmie und der Mykosis fungoides d'embl4e. Schliel31ieh beobaehtete man es aueh bei der Lymphogranulomatose der Haut. Aus diesem Grunde wurde aus dem R/icken ein Tumor excidiert und histo- logisch untersucht.

Histologiseher Befu,d. Im Hgmatoxylin-Eosin-Prgparat zeig~ die Epidermis leiehte Infiltration und ist stellenweise hyperkeratotisch. Aueh die ~Follike, l, soweit sie vorhanden, sind erweitert und dureh hyperkeratotisehe Massen ausgefiillt. Papillenbau normal, Der Papillurk6rper scheint etwas 6demat6s und gefM3reich, stellenweise perivasculAre Infiltration. In der Cu~is sind einzelne Streifen kollagenen ]~indegewebes homogenisiert oder in feink6rnige Schollen zerfallen und mit blau- gef£rbten K6rnehen durchsetzt, die als zerfallene Zell- und Leukocytenreste ge- deutet werden miissen. In den etwas tieferen Partien tier Cutis, teilweise sehr deutlich um die Schwei0driisen gruppiert, finden sich gr6Bere Nekroseherde, die in manehen Pr~par~ten bis in die Subeutis reiehen, we sic such das :Fettgewebe ergreifen. Hier liegen sie als mehr oder weniger abgegrenzte Herde, an deren :Ritndern Anh/iufungen yon bcsondcrs groflen Zellen auffallen. Diese Zellen haben einen ziemlich groBen Kern mit Protoplasmahof. Vereinzelt sieht man aueh grol]e, vielkernige Zellen, die den Sternber.qsehen RicsenzdIcn ghnIich sind. l m Innern der Nekroseherde slnd noch deutliche Capillarlumina zu erkennen. Entziindliche Infiltrationen in der Umgebung dicser Nekrosen sind nieht vorhanden. :Nirgends linden sich eosinophile Zellen. Die Bakterienfitrbung ergibt keinen positiven ]~efund.

Das mikroskopische Bild liel3 den Fall also diagnostiseh v611ig ungeklitrt. Aus diesem Grunde wurden eingehende Untersnehungen iiber den Kohle-

hydrat- und Fettstoffweehsel angest~llt, da an eine Ablagerung pathologischer Stoffe in der t Iaut gedaeht wurde. Auch im histologisehen Bild wurden derartige Produkte naehzuweisen versucht. Alle Untersuchungen verliefen jedoeh ebenfalls negativ. Aueh Tierimpfversuche ffihrten zu keinem Resultat.

Alle Bemfihungen, dureh R6ntgenstrahlen, Arsen- und aodkaligaben oder andere Medikamente das Wesen des Leidens zu ktgren und seinen VerIauf aufzu- halten, sehlugen fehl. Von Woehe zu Woche schrit t die Kachexie fort. Die thera- peutischen MaBnahmen beschr~nkten sich schliel31ich auf eine symptomatische Bekgmpfung der subjektiven Erscheinungen.

Vier Wochen nach der Krankenhausaufnahme bildeten sieh neue, erbsen- bls bohnengrof]e Knoten am I-Ial~ und auf boidcn Wangen. Ob cs ~ieh bei den tumorf6rmlgen Hautbildungen am Hals mn Lymphdriisenerkrankung handeltc, konnte nieht untersucht wcrdcn, da diesc Neubildungen dureh ein langsam auf- getretene~, abet stctig zunehmcnde~ 0dem der Huu~ nlcht nmhr sicher palpatoriseh zu crkennen waren und stelleuweise fast nur als blaurote Flecke imponierten. Das Haut£dem "¢crwisehte. dann den Haubbefund in der Folgezeit mehr und mehr, so dal~ schliel~lieh nur noch Flecken zu sehen waren. Aeht Woehen nach der Auf- nahme in die Klinlk erfolgte der Exitus unter dem Bilde der Kreislaufschw/tche mi t allgemeinem ttautSdem, Aseites nnd starker Hydrocele.

Die Obduktio~ erst klgrte einwandfrei das Bild. Der Berieht fiber dieselbe wurdc in dankenswertcr Weise yon den Herren Prof. Dr. Guillery und Dr. v. T~r**e zur Verfiigung gestellt.

Sie ergab das Vorliegen einer typisetmn Lymphogranulomatose in }Iilz und Inguinalknoten. Die intra vi tam r6ntgenologisch diagnostizierte Lungentuberkulose konnte nicht bestatigt werden. Bei den pathologischen Vergnderungen der Lunge

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handelte es sich ebenfalls um lymphogranulomat6se Krankheitshcrde. AuBerdem fanden sieh granulomat6s-geschwiirige Ver/mderungen im oberen Diinndarm und dem dazu gehSrigen l~Iesenterium, die auf Grund des histologischen Bildes gleichfalls als lymphogranulomat6s anzusehen sind.

Die erneute Untersuchung yon Hautmaterial, das unmittelbar post mortem aus dem l~ficken und bei der Sektion yon Unterarm, Naeken und Leistenbeuge ,,ntnommen wurde, ergab das gleiche Bild, wie es oben geschildert wurdc. Aller- dings waren die Ver'anderungen jetzt wesentlich hochgradiger.

Die Curls und ihre Anhangsbildungen zeigen nur geringfiigige Ver/~nderungen. An einzelnen Stellen linden sich kleine Uleerationen des Oberfl/ichenepithels, er- weiterte Ausftihrungsgi~nge yon Schweilldrtisen, gequollene Epithelien mit zum Tell vakuoligen Kernen in allen Epithelschiehten und vereinzelte ldeine, zum Tell perivaseulare Rundzellansammlungen in den oberen Sehichten der Subeutis. Wesentliehe Ver~nderungen finden sich erst in den tieferen Sehiehten tier letzteren. Hier liegen grebe, unregehngl]ig begrenzte nekrotisehe Gewebsbezirke dicht bei- einander. Dazwischen finden sich kleine Herde yon Fettzellen, die manchmal den Eindruek von Fettzellgranulomen machen. Die Nekrosen f/trben sich ziendich diffus mit HAmatoxylin. In allen untersuehten Teilen liegen zwisehen den nekro- tisehen Bezirken massenhaft nicht mehr identifizierbare Zell- und Kerntrfimmer, dutch die wohl auch Kalkablagcrungcn in den Nekrosen vorget/tuscht werden. AuBerdem finden sieh, ziemlieh vereinzelt, abet regelm/~gig in allen untersuchten Stellen, neben den besehriebenen Kerntrtimmern noeh erhaltene Zellen, deren viel- leicht granulom/~hnliehe Anordnung nicht mehr mit Sicherheit entschieden werden kann. Es sind dies versehieden grebe lymphoeyt/~re und plasmaeellul/ire Rundzellen, ovale epitheloide Zellen, meist mit groi]en chromatinarmcn Kernen und vereinzelte Riesenzellen, die mehrere, rundlieh-ovale ehromatinreiehe Kerne enttmlten. Diese eigentiimliehen Haut- und Unterhautveriindcrungen gleiehen in ihrem geweblichen Aufbau (Nekrosen, Kernzerfall, 6demat6se Quellung des Bindegcwebes) weitgehend den Ver/~nderungen im Diinndarm bzw. Mesenterium.

W e n n m a n ber i icks icht ig t , d~rl] solche Vergnderungen bisher noeh bei keiner H a u t e r k r a n k u n g beschr ieben worden s ind und zugleich, wie schon oben angegeben, die grebe _~hnlichkeit mi t dem Gcwebsbi ld der Ver/ inderungen von D a r m und Mesenter ium in Be t r ach t zieht , h a t mtm das i~eeht, die Hau te r sche inungen als , , a typ ische" , mi t Nekrosen einher- gehendc Lymphogranu loma tose aufzufassen.

I n der L i t e r a t u r l i nden sich vereinzel te Beobach tungen (D6ssekker, He&s'er), we bei t yp i sche r L y m p h o g r a n u l o m a t o s e innerer Organe die gleichzeit ig bes tehenden tumorfSrmigen Bi ldungen in de r H a u t e inen uneharak te r i s t i schen histologischell Aufbau ohne Sternbergschc Rieseu- zellen und eosinophile Zel len zeigen. D6~sekker gib t hierffir auch cilm Erkl/£rung. E r meint,, dab es sich einersei ts um eine zur Zei t der Excis ion noch n ich t yel l ausgebi lde te F o r m hande ln kSnne und daB, wie dies t ibrigens auch Kreibich, Bloch und He/]mann glauben , die n ieh t cha rak- te r i s t i schen Ver/i, nderungen nur durch vml den innererL }ferden aus resorbier te Toxine bedingt w/iren und d a h e r eine andere histologischc S t r u k t u r h/ i t ten, als wenn das , ,Virus" in der H a u t selbst vo rhanden sei. Doch g ib t es meines Wissens nach keine l i t e ra r i schen Angaben fiber das Auf t r e t en yon Nekroseherden, wie sie in j edem Pr / ipara te unseres Fal les zu sehe11 ware11.

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424 Paul Baum: Hauterscheinungen bei Lymphogranulomatosc.

D e r m a t o l o g i s c h b l ieb das K r a n k h e i t s b i l d bis z u m T o d e unk ta r . E r s t im Z u s a m m e n h a n g m i t d e m O b d u k t i o n s b e f u n d f a n d e n d ie H a u t e r s c h e i - n u n g e n ih re Kli~rung. I n F o r m , Ver lau f , A u s s e h e n u n d SSruk~ur w a r e n sie so eigena, r~ig, dai3 ihre M i t t e i l u n g s ich r e c h t f e r t i g t .

Sch r i f t t um.

Ar~dt, J.: Arch. f. Dermal. 115, l I03. - - Arzt: Dermat. ~ e h r . 1931 H, 1520. - - Bather, F.: Arch. f. Dermat. 135, 31. - - Bohnstedt: Derraat. Wsehr. 1982 I, 31. .Bushy, N.: Dermat. Wschr. 1931 H, 1691. - - D6ssekker, W.: Arch. f. Dermat. 126, 596. --t tSrbst , L., u. H.: DermaL. Wsehr. 1931 II, 1691. - - Ho//mann, E.: Arch. f. Dermat. 122,952. - - KSniffstein, H.: Arch. f. Derm~t. I, 119, 107. - - Kren, O.: Arch, f. Dermal. I], 119, 287 . - -Arch . f. Dermat. 125, 561. - - Riehl, jun.: DermaL. Wschr. 1937 I, 650. --SchSnho], S.: Handbuch der Haut . und Geschlechtskrankheiten, Bd. 8, S. 1. Berlin: Julius Springer 1 9 2 9 . - Schuermann, H.: Dermat. Wschr. 19371I, 677. - - Wiedmann: Dermat. Wschr. 1935II, 1248. - - Wirz, F.: Arch. f. Dermat. 182, 509.