Über die Bactericidine des Darmsaftes

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984 Kind E. P., lO Jahre, Jacksonsche Epilepsie, 75 ccm klaren Liquors werden durch 60 Luft ersetzt. R6ntgen : linksseitiger Hydro- cephalus. Bei st~rkerer Allgemeinreaktion sind Zueker- und Tempe- raturanstieg (Kurve 6) nicht sehr betr~chtlich (28 mg%). Kind E. D., I~/2 Jahr. 90 cem Liquor abgelassen, 90 Luft ein- geblasen. R6ntgen: m~tBige Erweiterung des 3. Ventrikels. Etwas verz6gerter Zuckeranstieg bei entsprechender Temperaturerh6hung (Kurve 7). Kind H. M., 11 Monate. Liquor o. B. Druck erh6ht. Nach Ent- nahme you lOO Liquor werden ioo Luft infundiert. .R6ntgen: Extreme Erweiterung des gesamten Ventrikelsystems, steiler Blut- zuckeranstieg bei normalen Ausgangswert, anscheinend nur geringe Temperaturerh6hung; jedoch wurde die zweite und letzte Tempe- raturmessung bereits um 3 Uhr nachm, vorgenommen, als ihr Maximum wahrscheinlich noch nicht erreicht war (Kurve 8). Diese 13efunde sind nach zwei voneinander zu trennenden Eingriffen erhoben: der meist ausgiebigen Lumbalpunktion und der ihr folgenden Luftffillung; mithin fragt es sich, ob nicht eine betrXchtliche Liquorentnahme an sich und schlieB- lich fiberhaupt jede Lumbalpunktion eine Ver~tnderung der Blutzuckerlage herbeiffihrt. Die zweite Frage war bei den h~tufigell Pullktionsgelegellheitell schnell zu beantworten. Es zeigte sich, dab eine Liquorentnahme yon durchsclmitt- lich 5--IO ccm bei liquorgesunden S~uglingen und Kindern die BBlutzuckerwerte innerhalb des physiologischen Spielraumes nicht ver~ndert. Die Zuckerwerte hielteH sieh vor und nach der Pullktion, an 4 S~uglingen und einem 4j~hrigen Kinde er- hoben, ungef/~hr auf gleicher H6he yon durchschnittlich 7 ~ rag%. Die Resultate nach gr6geren Entnahmen stehen noeh aus. Die bisherigen Ergebnisse zeigen, dab die Einfiihrung liquorfremder Stoffe in das Liquorsystem eine vortiber- gehende, nicht selten abet erhebliche Blutzucker- meist auch dementsprechende Temperaturerh6hung hervorruft. Der Parallelismus dieser Erscheinungen beruht auf einer gemein- samen fibergeordnetell Ursache, der Reizung des Zueker- und Warmezentrums. Es liege n~imlich hiernach keine Veranlassung vor, die Hyperthermie anders als dell 131utzuckeranstieg zu deuten. In beiden F~llen handelt es sich um eine zentrale Reizung des Zwiscllenhirns, die auch dann meist eintritt, wenn sich keine pseudomeningitischen Liquorsymptome, auch keine nennenswerte Zeltvermehrung zeigen. Es lag bisher nahe, die nach der Encephalographie sich fast regelm~13ig einstellende Temperaturerh6hung auf eine sog. aseptische Meningitis zurfickzuffihren, wie dies die meisten Autoren tun. Im Zusammenhang mit dem Zucker- anstieg jedoch diirfte an der zentralen Herkunft beider Symptome wohl kaum ein Zweifel bestehen. Das meist gleich- zeitige Auftretell und Abklingen der in ihrer Intensit~t sich entsprechenden Temperatur- und Zuckerbewegungen sind einem kombinierten W~ir,me- und Zuekerstieh vergleichbar. Bekanntlich treten ja nach den Entdeckungen yon CLAUDE BERNARD und ARONSOHN und SACHS das Stichfieber sowohl als auch Hyperglyk~mie und Glykosurie fast unmittelbar nach dem Eingriff auf und klingen meist nach ein-, selten mehr- t~tgiger Dauer wieder ab. Nun dringt ja bei der Encephalo- graphie die Luft durch die Foram. Magendi und Luschka in das Ventrikelsystem ein und wirkt auf das Zuckerzentrum am Boden des 4. Ventrikels und auf die thermogenetischen Regionen der Seitenventrikel, insbesondere des in die Seiten- ventrikel hineinragenden Randes des Striatuln ein. Damie ist bewiesen, dab die Einffihrung liquorfremder Substanzen niche nur 6rtliche Reaktionen erzeugt (Liquor- verSmderungen), sonderll darfiber hinaus, wie ffir den W~trme- und Zuckerhaushalt gezeigt werden konnte, weitgehende St0ffwechselver~nderungen. Erh6hte WXrmeproduktion, Be- schleunigung der Verbrennungsvorg~tnge, beschleunigte und vermehrte Zuckerabgabe aus den Leberzellen sind die un- mittelbar in Erscheinung tretenden Folgen. Nun wird aber niche nur der Witrme- und Zuckerhaushalt in das Zwischen- hirn bzw. die Medulla zentriere, sondern aueh der Salz- und Wasserstoffwechsel, und wahrscheinlich wird auch der Ei2 weil3; und Fettstoffwechsel vom Zwischenhirn aus geleitet. Auch diese Zentren k6nnen m6glicherWeise nnter gleichen I3edingungen ~ihnlich reagieren, wahrend andererseits die KLIN!SCHE YVOCHENSCHRIFT, 7. JAHRGANG. Nr. 2I 20. MAI 1928 w/irmeaktiven Bahnen auch mie inkretorischen Organen, z. B. der Schilddrfise, in Verbindung stehen, worauf teilweise die auch schon yon ARONSOHN nnd SACHS beschriebene, nach Stichfieber einsetzende erhebliche Steigerung des EiweiBzerfalls beruht. Mail sieht also eine intensive und allseitige Stoffwechselbeeinflussung infolge endolumbaler MaB- nahmen. Der endolumbalen Lufteinblasung werden bekanntlich auch Heilwirkungen, z. ]3. bei Epilepsie, bei Meningitis, Kopfschmerzen u. a. zugeschrieben. Uber das therapeutisehe Prinzip sind, falls ein solches fiberhaupt in Frage kommt, die Ansichten jedoch geteilt. Man erblickt es zum Teil in der mechanischen Abl6sung meningealer Adh~isionen oder in der Herstellung besserer Zirkulationsverh~iltnisse im Sub- aracllnoidalraum. Diese Annahme hat aber eine Druckst~trke zur Voraussetzung, die nicht vorhanden ist. Der Druck im Lumbalsystem nimmt zwar auch dann zu, wenn nur das gleiche oder ein noch geringeres Quantum Luft eingeblasen wie Liquor abgeblasen wird, da sich nach dem Gay-Lussae- schen Gesetz alle Gase bei ErwXrmung ausdehnen, die Volumen- zunahme betrttgt jedoch nur 1/271, bezogen auf den o-Grad- Wert. Mithin ist es fraglich, ob die beim iJbergang von 18 ~ auf 39 ~ erfolgende Volumenzunahme der durchschnittlich 60--8o ccm betragenden Luftmenge, die ffir mechanische Zwecke erforderliche Drueksteigerung erfithrt, andererseits sind aber Stoffwechselreaktionen der geschilderten Art ftir die Beurteilung gtinstiger, Allgemeinwirkungen nicht zu fiber- sehen. Immerhin ist aber die Ausdehnung der Luft vielfach doch so erheblieh, dab auger einer mel3baren Druckerh6hung nicht selten ausgesprochene Drucksymptome, z. B. Pulsverlang- samung, auftreten. Danlit erhebt sich aber auch die Frage, ob Zucker- und Temperaturanstieg durch Druckwirkung oder chenlischen Reiz veranlaBt sind. Da diese Reaktionen auch dann auftreten, wenn keine nennenswerte Drucksteigerung erfolgt, z. B. bei Anwendung von wenigen Kubikzentimeter Ringerl6sung, sie aber andererseits ihren h6chsten Grad bei gleiehzeitigen Druckerscheinungen erreichen, so ist an- zunehmen, dab sich gegebenenfalls beide Reize, der chemische und der Druekreiz, addieren. Literatur: ARONSOHN und SACHS, Arch. f. d. ges. Physiol. 37. 1885. -- CLAUDE BERNARD, Diabetes und die tierische Zucker- bildung. 1878. ~- J. KANEKKO, Oriental journ, of dis. of infants 2, Nr. i. - NAUFMANN, Krankheitsforschung 2, H. 5/6. -- KOSCHEW- ~'IKOW, Zeitscbr. f. d. ges. Neurol. u. Psychiatrie Io3 und lO4. -- !V[ADER-SAENGER, Jahrb. f. Kinderheilk. lO9. 1924. -- SICARD, zit. nach LEVY, Klin. Jahrbuch I913 . UBER DIE BACTERICIDINE DES DARMSAFTES*. Von KURT MEYER und WALTER L6WENBERG. Aus der Bakteriologischen Abteilung (Direktor: Dr. KURT MEYER) und der I. Inneren Abteilung (Direktor: Geh. Prof. Dr. L. KUTTNER) des Rudolf Virchow-Krankenhauses in Berlin. Das Grundproblem der Immunit~it, der Schutz des mensch- lichen und tierischen Organismus gegen das Eindringen yon Lebewesen in das Innere der Gewebe und Zellen, ist yon seiner L6sung noch welt entferut. Zwar schien der Nachweis der bactericiden Kr~fte des Serums manche Abwehrreaktionen dem Verst~tndnis zug~nglich zu machen, doch stellte es sich bald heraus, dab diese Kr~fte der Mehrzahl der Krankheits- erreger gegenfiber versagten. Man erkannte, dab zellige Ele- inente, Leukocyten und besonders das reticulo-endotheliale Gewebe, eine entscheidende Rolle bei der 13ek~impfung der Infektionserreger spielen. Aber damit war das eigentliche Problem seiner L6sung keineswegs n/ihergebracht, denn es blieb nunmehr zu erkl/iren, durch welche Kr/ifte die Abt6tung der Mikroorganismen innerhalb der Zelle erfolgt. Gew6hnlich gab man sich hier mit der Berufung auf die vitale Zellt/itigkeit zufrieden. * Nach einem Vortrag in de r Sitzung der Berliner mikrobiologischen Gesellschaft vom 16. April 1928.

Transcript of Über die Bactericidine des Darmsaftes

984 Kind E. P., lO Jahre , Jacksonsche Epilepsie, 75 ccm klaren

Liquors werden durch 60 Luf t ersetzt. R6ntgen : linksseitiger Hydro- cephalus. Bei st~rkerer Allgemeinreaktion sind Zueker- und Tempe- ra turanst ieg (Kurve 6) n icht sehr betr~chtl ich (28 mg%).

Kind E. D., I~/2 Jahr . 90 cem Liquor abgelassen, 90 Luft ein- geblasen. R6ntgen: m~tBige Erweiterung des 3. Ventrikels. Etwas verz6gerter Zuckeranstieg bei entsprechender Temperaturerh6hung (Kurve 7).

Kind H. M., 11 Monate. Liquor o. B. Druck erh6ht. Nach Ent- nahme you lOO Liquor werden ioo Luft infundiert. .R6ntgen: Extreme Erweiterung des gesamten Ventrikelsystems, steiler Blut- zuckeranstieg bei normalen Ausgangswert, anscheinend nur geringe Tempera turerh6hung; jedoch wurde die zweite und letzte Tempe- ra turmessung bereits um 3 Uhr nachm, vorgenommen, als ihr Maximum wahrscheinlich noch n icht erreicht war (Kurve 8).

Diese 13efunde s ind n a c h zwei v o n e i n a n d e r zu t r e n n e n d e n E ing r i f f en e r h o b e n : de r me i s t ausg ieb igen L u m b a l p u n k t i o n u n d de r ih r fo lgenden Luf t f f i l lung; m i t h i n f r ag t es sich, ob n i c h t e ine be t rXcht l i che L i q u o r e n t n a h m e a n sich u n d schlieB- l ich f i b e r h a u p t jede L u m b a l p u n k t i o n eine Ver~tnderung de r B l u t z u c k e r l a g e he rbe i f f ih r t . Die zwei te F rage wa r bei den h~tufigell Pu l lk t ionsge lege l lhe i te l l schnel l zu b e a n t w o r t e n . Es zeigte sich, d a b eine L i q u o r e n t n a h m e yon d u r c h s c l m i t t - l ich 5 - - I O ccm bei l i quo rgesunden S~ugl ingen u n d K i n d e r n die BBlutzuckerwerte i n n e r h a l b des phys io log i schen Sp ie l r aumes n i c h t v e r ~ n d e r t . Die Zucke rwer t e hiel teH sieh vo r u n d n a c h de r Pu l lk t i on , a n 4 S~ugl ingen u n d e inem 4 j~hr igen K i n d e er- hoben , ungef/~hr au f gle icher H 6 h e yon d u r c h s c h n i t t l i c h 7 ~ r a g % . Die R e s u l t a t e n a c h g r6ge ren E n t n a h m e n s t ehen n o e h aus.

Die b i she r igen Ergebn i s se zeigen, d a b die E i n f i i h r u n g l i q u o r f r e m d e r Stoffe in das L i q u o r s y s t e m eine vor t iber - gehende , n i c h t se l ten a b e t e rheb l iche B l u t zucke r - m e i s t a u c h d e m e n t s p r e c h e n d e T e m p e r a t u r e r h 6 h u n g h e r v o r r u f t . Der Pa ra l l e l i smus dieser E r s c h e i n u n g e n b e r u h t auf e iner gemein- s a m e n f ibergeordnete l l Ursache, der Re i zung des Zueker- und Warmezentrums. Es liege n~imlich h i e r n a c h ke ine V e r a n l a s s u n g vor, die H y p e r t h e r m i e a n d e r s als dell 131utzuckeranst ieg zu deu ten . In be iden F~l len h a n d e l t es sich u m eine zen t ra l e Re i zung des Zwisc l lenhi rns , die a u c h d a n n mei s t e in t r i t t , w e n n sich ke ine p s e u d o m e n i n g i t i s c h e n L i q u o r s y m p t o m e , a u c h ke ine n e n n e n s w e r t e Z e l t v e r m e h r u n g zeigen.

Es lag b i she r nahe , die n a c h de r E n c e p h a l o g r a p h i e sich fas t regelm~13ig e ins te l l ende T e m p e r a t u r e r h 6 h u n g auf eine sog. a sep t i sche Men ing i t i s zurf ickzuff ihren, w i e dies die m e i s t e n A u t o r e n t un . I m Z u s a m m e n h a n g m i t d e m Zucker - ans t i eg j edoch di i r f te a n der z e n t r a l e n H e r k u n f t be ider S y m p t o m e wohl k a u m ein Zweifel bes t ehen . Das me i s t gleich- zeit ige Auf t r e t e l l u n d A b k l i n g e n de r in i h r e r I n t e n s i t ~ t sich e n t s p r e c h e n d e n T e m p e r a t u r - u n d Z u c k e r b e w e g u n g e n s ind e inem kombinier ten W~ir,me- und Zuekerst ieh verg le ichbar . B e k a n n t l i c h t r e t e n j a n a c h den E n t d e c k u n g e n yon CLAUDE BERNARD u n d ARONSOHN u n d SACHS das S t i chf ieber sowohl als a u c h H y p e r g l y k ~ m i e u n d Glykosur ie f a s t u n m i t t e l b a r n a c h d e m Eingr i f f au f u n d k l ingen m e i s t n a c h ein-, se l ten m e h r - t~tgiger D a u e r wieder ab. N u n d r i n g t ja bei de r E n c e p h a l o - g raph ie die L u f t d u r c h die F o r a m . Magend i u n d L u s c h k a in das V e n t r i k e l s y s t e m ein u n d w i r k t au f das Z u c k e r z e n t r u m a m B o d e n des 4. Ven t r ike l s u n d auf die t h e r m o g e n e t i s c h e n Reg ionen der Se i t enven t r ike l , i n sbesonde re des in die Sei ten- v e n t r i k e l h i n e i n r a g e n d e n R a n d e s des S t r i a t u l n ein.

D a m i e i s t bewiesen, d a b die E i n f f i h r u n g l i q u o r f r e m d e r S u b s t a n z e n niche n u r 6 r t l i che R e a k t i o n e n e rzeug t (Liquor- verSmderungen) , sonder l l da r f ibe r h inaus , wie ffir den W~trme- u n d Z u c k e r h a u s h a l t gezeigt w e r d e n konn te , we i tgehende S t0 f fwechse lve r~nde rungen . E r h 6 h t e W X r m e p r o d u k t i o n , Be- s ch l eun igung de r Verbrennungsvorg~tnge , besch leun ig te u n d v e r m e h r t e Z u c k e r a b g a b e aus den Leberze l len s ind die un- m i t t e l b a r in E r s c h e i n u n g t r e t e n d e n Folgen. N u n wird abe r niche n u r de r Wi t rme- u n d Z u c k e r h a u s h a l t in das Zwischen- h i r n bzw. die Medul la zentr iere , s onde r n a u e h de r Salz- u n d Wassers tof fwechse l , u n d wahr sche in l i ch wi rd a u c h de r Ei2 weil3; u n d F e t t s t o f f w e c h s e l v o m Z w i s c h e n h i r n aus gelei tet . A u c h diese Z e n t r e n k 6 n n e n m6glicherWeise n n t e r gle ichen I3ed ingungen ~ihnlich reag ie ren , w a h r e n d andere r se i t s die

K L I N ! S C H E Y V O C H E N S C H R I F T , 7. J A H R G A N G . N r . 2I 20. MAI 1928

w / i r m e a k t i v e n B a h n e n a u c h mie i n k r e t o r i s c h e n Organen , z. B. de r Schilddrfise, in V e r b i n d u n g s tehen , worau f tei lweise d i e a u c h schon yon ARONSOHN n n d SACHS beschr iebene , n a c h S t i chf ieber e inse t zende e rheb l iche S te ige rung des EiweiBzerfal ls be ruh t . Mail s i eh t also eine i n t e n s i v e u n d al lsei t ige S tof fwechse lbee inf lussung infolge e n d o l u m b a l e r MaB- n a h m e n .

De r e n d o l u m b a l e n L u f t e i n b l a s u n g w e r d e n b e k a n n t l i c h a u c h He i lwi rkungen , z. ]3. bei Epi lepsie , bei Meningi t is , K o p f s c h m e r z e n u. a. zugeschr ieben . U b e r das t h e r a p e u t i s e h e P r inz ip s ind, falls ein solches f i b e r h a u p t in F rage k o m m t , die A n s i c h t e n j edoch getei l t . M a n e rb l i ck t es z u m Teil in de r m e c h a n i s c h e n A b l 6 s u n g men ingea l e r Adh~isionen oder in de r He r s t e l l ung besserer Z i rku la t ionsverh~i l tn i sse i m Sub- a r ac l l no ida l r aum. Diese A n n a h m e h a t abe r eine Druckst~trke zur Vorausse t zung , die n i c h t v o r h a n d e n ist. De r D r u c k im L u m b a l s y s t e m n i m m t zwar a u c h d a n n zu, w e n n n u r das gleiche oder ein noch ger ingeres Q u a n t u m L u f t e ingeb lasen wie L i q u o r a b g e b l a s e n wird, d a sich n a c h d e m Gay-Lussae - schen Gesetz alle Gase bei E r w X r m u n g a u s d e h n e n , die V o l u m e n - z u n a h m e be t r t tg t j edoch n u r 1/271, bezogen auf den o-Grad- Wer t . M i t h i n is t es fragl ich, ob die be im i J b e r g a n g v o n 18 ~ au f 39 ~ erfolgende V o l u m e n z u n a h m e der d u r c h s c h n i t t l i c h 6 0 - - 8 o ccm b e t r a g e n d e n Luf tmenge , die ffir m e c h a n i s c h e Zwecke er forder l iche D r u e k s t e i g e r u n g erf i thr t , andere r se i t s s ind a b e r S to f fwechse l r eak t ionen de r gesch i lde r ten A r t ftir die B e u r t e i l u n g gtinst iger, A l lgeme inwi rkungen n i c h t zu fiber- sehen.

I m m e r h i n is t abe r die A u s d e h n u n g de r L u f t v ie l fach doch so erhebl ieh , dab auge r e iner mel3baren D r u c k e r h 6 h u n g n i c h t se l ten ausgesprochene D r u c k s y m p t o m e , z. B. Pu l sve r l ang - samung , au f t r e t en . D a n l i t e r h e b t sich abe r a u c h die Frage , ob Zucker - u n d T e m p e r a t u r a n s t i e g d u r c h D r u c k w i r k u n g oder chen l i schen Reiz v e r a n l a B t s ind. D a diese R e a k t i o n e n a u c h d a n n au f t r e t en , wenn ke ine n e n n e n s w e r t e D r u c k s t e i g e r u n g erfolgt, z. B. bei A n w e n d u n g v o n wenigen K u b i k z e n t i m e t e r Ringer l6sung , sie aber ande re r se i t s i h r en h 6 c h s t e n Grad bei g le iehzei t igen D r u c k e r s c h e i n u n g e n er re ichen, so is t an- z u n e h m e n , d a b sich gegebenenfa l l s be ide Reize, de r chemische u n d de r Druekre iz , addie ren .

L i t e r a t u r : ARONSOHN und SACHS, Arch. f. d. ges. Physiol. 37. 1885. -- CLAUDE BERNARD, Diabetes und die tierische Zucker- bildung. 1878. ~- J. KANEKKO, Oriental journ, of dis. of infants 2, Nr. i. - N A U F M A N N , Krankhei tsforschung 2, H. 5/6. -- KOSCHEW- ~'IKOW, Zeitscbr. f. d. ges. Neurol. u. Psychiatrie Io3 und lO 4. -- !V[ADER-SAENGER, Jahrb. f. Kinderheilk. lO 9. 1924. - - SICARD, zit. nach LEVY, Klin. Jah rbuch I913 .

UBER DIE BACTERICIDINE DES DARMSAFTES*. Von

KURT MEYER u n d WALTER L6WENBERG. Aus der Bakteriologischen Abteilung (Direktor: Dr. KURT MEYER) und der I. Inneren Abteilung (Direktor: Geh. Prof. Dr. L. KUTTNER) des Rudolf Virchow-Krankenhauses

in Berlin.

Das G r u n d p r o b l e m der Immuni t~ i t , der Schu tz des mensch- l ichen u n d t i e r i schen O r g a n i s m u s gegen das E i n d r i n g e n yon Lebewesen in das Inne re der Gewebe u n d Zellen, i s t yon se iner L 6 s u n g noch wel t en t f e ru t . Zwar schien der Nachweis der bac t e r i c iden Kr~f te des S e r u m s m a n c h e A b w e h r r e a k t i o n e n d e m Verst~tndnis zug~ngl ich zu machen , doch s te l l te es sich ba ld heraus , dab diese Kr~f te de r M e h r z a h l der K r a n k h e i t s - e r reger gegenfiber ve r sag ten . M a n e r k a n n t e , d a b zellige Ele- inente , L e u k o c y t e n u n d besonde r s das r e t i cu lo -endo the l i a l e Gewebe, e ine en t s che idende Rol le bei der 13ek~impfung der I n f e k t i o n s e r r e g e r spielen. A b e r d a m i t war das e igent l iche P r o b l e m se iner L 6 s u n g keineswegs n / ihe rgebrach t , d e n n es b l ieb n u n m e h r zu erkl/ iren, d u r c h welche Kr/ i f te die A b t 6 t u n g de r M i k r o o r g a n i s m e n i n n e r h a l b d e r Zelle erfolgt . Gew6hnl i ch gab m a n s ich h ier m i t de r B e r u f u n g auf die v i t a l e Zel l t / i t igkei t zufr ieden.

* Nach einem Vortrag in de r Sitzung der Berliner mikrobiologischen Gesellschaft vom 16. April 1928.

-2o. MAI I928 K L I N I S C t t E W O C H E N S C t ~ R I F T . 7. J A H R G A N G . Nr . 2I 985

Aber n icht nur im Innern lebender Zellen erfolgt die Ab- t 6 t u n g yon Bakter ien. Offenbar ist es die Wi rkung Ahnlicher Kr~fte, die die Schleimhaut mi t der Augenwel t in Verb indung s tehender Organe, so der oberen Luftwege, der Harnr6hre und -blase, selbst der Conjunct iva , steril oder ke imarm erhalt . Besonders auffal lend ist in dieser Beziehung die ann~hernde, bisweilen sogar vollstAndige Ster i l i t~t des D u o d e n u m s und der oberen Df inndarmabschni t te , die ja ohne scharfe Trennung in �9 die unteren Darmte i l e mi t ihrer fippig wuchernden Bakter ien- :flora fibergehen.

W~hrend einige Autoren diese Sterilit~tt des oberen Dfinn- alarms nur durch eine vitale Funktion des Darmepithels er- kl/~ren zu k6nnen glaubfen, haben andere Forscher eine bac- cericide Wirkang des DarmsaJtes angenommen, und GANTER und VAN DER REIS haben eine solche mit te ls ihrer Darm- pa t ronenmethode sehr wahrscheinl ieh gemacht . Beweisende Versuche, insbesondere fiber eine vonder Darmschleimhaut -unabh(tngige Wirkung in vitro, lagen indessen bis vo r kurzem kauln vor.

Auch ]3OGENDORFER, der sich m i t diesem Prob lem be- sonders e ingehend befaBt hat , konnte nur eine entwicklungs- .hemmende Wirkung des Darmsaf tes feststellen, die aber, so- weft seine Protokol le einen SchluB zulassen, sehr m~tl3igen Grades ist. Von einer bacter iciden Wi rkung konnte er sich n ich t fiberzeugen. Da er eine en twick lungshemmende Wi rkung �9 an alkoholischen E x t r a k t e n aus der Da rmsch le imhau t nachweisen konnte , so nahm er an, dab die entwicklungs- h e m m e n d e n Stoffe, ffir die er den N a m e n Bakter ios tan ine vor- schl~gt, ein P r o d u k t der D a r m w a n d sind.

In unserem Labora to r ium sind Unte r suchungen fiber die an t ibakter ie l le Wi rkung des Duodenalsaftes , der ja ein le ichter zu gewinnendes Mater ia l darstell t , als der Dfinndarmsaf t , seit l~ngerer Zeit im Gange. W. LOWENBI;RG ha t fiber e inen Teil t ier Ergebnisse bereits frfiher mehrfach ber ich te t und wird die neueren Befunde in der Zeitschr. f. d. ges. exp. Med. un te r Berf icksicht igung der L i t e ra tu r ausffihrlieh mit te i len . Wir wol len uns bier auf eine kurze Zusammenfassung der wich- • Ergebnisse beschr/~nken.

Zur Technik sei vorausbemerk t , dab die Mehrzahl der Ver- suche mi t Colibacillen, einige auch m i t Typhus- und Dysen- ter iebacil len, Staphylo- , S t repto- und En te rokokken ausge- If ihrt wurden. Die bacter icide Wi rkung wurde en tweder durch Ver fo lgung der Ke imzah l im P la t t enve r fah ren oder du tch Fest- s te l lung des Zei tpunktes der Ster i l is ierung im Pla t tenauss t r i ch bes t immt .

Sehr bald konnten wir uns fiberzeugen, dab der Duodenal- ~aJt nicht nur entwicklungshemmend wirkt, sondern eine mehr oder minder starke bactericide Wirkung ausi~bt. Diese kann in wei ten Grenzen schwanken. Bisweilen, besonders unter pathologischen Verh~ltnissen, kann sie ganz fehlen, in anderen F~llen kann sic auBerorden t l i ch s ta rk sein. Wir haben S~fte beobachte t , die noch in einer Verdf innung yon I : 25o viele Tausende in i ccm hine ingeimpf te Colibacillen im Verlauf yon 2 -- 6 oder l~ngstens 24 S tunden abt6 te ten . Welche St~rke bisweilen die bacter ic ide Wi rkung erreicht, zeigten einige Versuche, in denen 0,25 ccm einer ganz d ichten Col iaufschwemmung (I Agarku l tu r in 3 ccm NaCbL6sung) in i ccm Duodena lsa f t ve r impf t wurden. Auch hier erfolgte innerhalb 2 S tunden v611ige Abt6 tung . Da- bei scheint eine Ersch6pfung der bacter ic iden Kra f t nur lang- sam zu erfolgen. Wiederhol te E in impfungen werden ebenfalls abget6te t . E ine B indung der wi rksamen Stoffe an die Bak- ter ienleiber erfolgt nicht .

Die Ab t6 tung geht am schnellsten bei 37 ~ vor sich, bei Z i m m e r t e m p e r a t u r erfolgt sie bedeu tend langsamer, aber selbst im Eisschrank schrei te t sie fort, und w i r haben wiederhol t beobachte t , dab bier eine Selbststerilisierung bakterienhaltiger S~/te erfolgte, offenbar, weil bei der niedrigen T e m p e r a t u r die an sich wohl schwachen bac te r ic iden KrMte n ich t mehr die Vermehrungs tendenz der Bakte r ien zu f iberwinden ba t ten .

I m Gegensatz zu den bisher bekann ten bacter ic iden Stoffen des Organismus zeigen die des Duodenalsaf tes , die wir der Kfirze wegen wei terhin einfach als Bactericidine bezeichnen

wol len , eine au/3erordentlich hohe Thermoresistenz. Selbst ffinf- minu ten langes Erh i tzen im Wasserbad brauch t die Wirksam-

Klinische Wochenschrift, 7. Jahrg.

kei t nur auf die H~tlfte herabzusetzen, und sogar nach halb- s t f indigem Kochen war die Wi rkung einzelner s ta rk wi rksamer SAfte noch keineswegs ganz verschwunden. Be im Veraschen des Saftes verschwindet die Wi rkung allerdings v611ig. Anderer- seits bewi rk t aber bisweilen schon halbstf indiges Erh i t zen auf 56 o eine Abschw/ichung der Wirkung, und selbst das 24 stfindige Verweilen bei 37 ~ ha t einen gewissen Wirksamke i t sve r lus t zur Folge. Es konnte daran gedacht werden, dab enzymat i sch bedingte auto ly t i sche Prozesse diese Abschw~chung bewirk- ten, doch war diese auch bei gekoch tem Safte festzustellen. I m Eisschrank n i m m t die Wi rkung meis t nur sehr langsam ab, doch verha l ten sich die einzelnen S~fte in dieser ]3eziehung, wie fibrigens auch beinl Erhi tzen, recht verschieden, ohne dab wir einen Grund daffir anzugeben verm6gen.

Be im Eintroeknen im V a k u u m bleibt die Wi rkung unver - minde r t erhalten, ebenso ist be im Filtrieren durch Berkefeld- oder Seitzfi l ter meis t kein oder nur ein geringer Wirkungs- ver lus t zu verzeichnen. Hierbe i sei erw~hnt, dab auchbak te r i en - hal t ige S~tfte nach F i l t r a t ion sich d o c h als bacter ic id erweisen k6nnen.

Sehr bemerkenswer t ist das Verha l ten bei der Dialyse. Dialys ier t man Duodena l sa f t in Schleicher-Schfil lschen Perga- menthf i lsen gegen wiederhol t gewechselte groBe Mengen desti l- l ier ten Wassers - - wegen der Notwend igke i t des s ter i len Arbei tens konnte n icht gegen s t r6mendes Wasser d ia lys ier t werden -- so ist nach 24 S tunden die bacter ic ide Wi rkung nur wenig verminder t , nach 48 S tunden deutl ich, nach 72 S tunden erheblich herabgesetz t . Aus diesen Versuchen d a r f m a n schlieBen, dab die wirksamen StoJ/e keine Elektrolyte oder son- stige Krystalloide yon kleinem Moleki~l sind, da diese, wie die Un te r suchung der AuBenflfissigkeit ergab, berei ts nach 24 S tunden zum groBen Teil die Membran passier t ha t ten .

Die al lm~hliche Abschw~chung war en tweder du tch einen langsam vor sich gehenden D u r c h t r i t t such der Bacter ic idine durch die Membran oder durch ihre al lm~htiche Zers t6rung zu erkl~ren. Sprach schon die sonstige Resis tenz dieser Stoffe gegen die zweite Deutung , so b rach te doch die sichere En t sche idung erst ein Versuch, in dem wir I ecru Duodena l sa f t 7 Tage lang gegen 5 ccm dest i l l ier ten Wassers, das n ich t gewechsel t wurde, dialysier ten. Die Bes t immung der bacter ic iden Wi rkung der Innen- und AuBenflfissigkeit ergab, dab diese innen auf den v ie r ten Teil gesunken war, w~Earend die AuBenflfissigkeit mi t i h rem ffinfmal gr6Beren Volumen e twa ha lb so s tark wi rk te wie die Innenflfissigkeit . Berf icksicht igt man die Verdfinnungs- verh~ltnisse, so ergibt sich, dab in der Zei t von 7 Tagen mehr als die H~lf te der wi rksamen Stoffe (etwa tfinf Achtel) nach auBen gelangt und nu t ein ganz geringer Ver lus t zu verzeich- nen war.

Eine Bes t~t igung in gewisser Bez iehung fanden diese Ero gebnisse du tch einen Elektroosmoseversuch, den Her r Dr. ORN- STEIN ftir uns auszufi ihren die groBe Freundl ichke i t ha t te . Es ergab sich bei diesem, dab die W i r k s a m k e i t des zwecks E n t - fe rnung des gr6Bten Tells der E lek t ro ly te berei ts 2 4 S tunden vord ia lys ie r ten und dabei k a u m abgeschwgchten Saftes un te r der E inwi rkung eines Stromes yon I iO Vol t E lek t roden- spannung, der in einer ha lben S tunde alle E lek t ro ly t e ent- Iernte, nur e twa auf die H~lf te v e r m i n d e r t wurde. Auch hier also wieder der Beweis, dab E lek t ro ly te an der bacter ic iden Wi rkung n ich t nennenswer t bete i l ig t sind.

LieBen sich berei ts aus diesen Versuchen gewisse Schlfisse a u f die Teilchengr6Be der wi rksamen Stoffe ziehen, so wurden entscheidende Ergebnisse mi t HiKe der UltraJiltration du tch K o l l o d i u m m e m b r a n e n nach dem Verfahren yon BECHHOLD ge- wonnen. Es ergab sich, dab die wi rksamen Stoffe mi t i op roz . Eisess igkol lodium hergeste l l te Fi l ter , die nach BECHHOLD nicht nur na t ive EiweiBstoffe, sondern such Proteosen zurfick- hal ten, u n g e h e m m t passieren. Die wasserklaren Fi l t ra te , die m i t Sulfosalicyls{ture keine Spur einer Trf ibung und auch keine B iu re t r eak t ion gaben, zeigten nur wenig herabgese tz te oder ganz u n v e r m i n d e r t e Wi rksamke i t .

Aus diesen Ul t ra f i l t r a t ionsversuchen folgt, dab die Bac- tericidine ein verh~iltnism~flig kleines d~Vloleki~l besitzen, also ]eden]alls Kolloide yon erheblieher Teilchengr6fle nicht sein k6n- nen. Anderersei ts h a t sich wieder aus den Dia lys ie rversuchen

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ergeben, dab das Molelcfd nicht allzu lclein sein Icann; daft dem- naeh die wirksamen Sto]]e entweder Krystalloide yon groflem _~loleki~l oder Kolloide von kleiner YeilchengrSfle sein mi~ssen.

Wit glauben, dab sich hiermit bereits gewisse M6glich- kei ten bezfiglich der Natur der bacterieiden Stoffe ausschlieBen lassen, so ihr EiweiBcharakter, gegen den ja auch die relative Thermostabili t~t spricht, andererseits aber auch die Annahme yon S. COgN, dab Salzwirlcungen eine wesentliche Rolle spielen und die Behauptung A R N O L D S , dab die Wassersto]]ionenkon- zentration der mal3gebende Faktor sei, zwei ])eutungen, die schon mit der nicht absoluten Thermostabili t~t der bactericiden Wirkung kaum vereinbar w~ren.

Weitere Versuche, bei denen im Vakuum eingetrocknete SXfte mit Alkohol extrahiert wurden, ergaben, dab die wirk- samen Sto]]e alkoholunl6slich sin& ])amit scheiden neben son- stigen Lipoiden auch Seifen und gallensaure Salze aus, mit denen ja nach der Herkunft des Materials zu rechnen w~tre und yon denen bactericide Wirkungen, allerdings geringeren Grades, bekannt sind.

Legt man sich die Frage vor, welcherlei bekannte Stoff~ sonst noch in Frage kommen, so sind die M6glich- keiten recht gering. Da das Ultrafi l trat noch Stickstoffmengen yon 3o--60 mg auf ioo cem enth~lt, so konnte an Eiweiflspalt- produkte als Tfitger der bactericiden Wirkung gedacht werden. Wir haben eine Reihe von AminosXuren gepriift, aber in l)ber- einstimmung mit den Angaben der Literatur keine bactericide Wirkung feststellen k6nnen. Auch Witte-Pepton erwies sich, wie yon vornherein zu erwarten war, als wirkungslos. Natfir- lich wird hierdurch jedoch nicht ausgeschlossen, dab die Bac- tericidine dennoch EiweiBabbauprodukte best immter Art sind.

Wir versuchten nunmehr mit Hilfe der Adsorptionsanalyse Aufschliisse fiber die Natur der bactericiden Stoffe zu gewin- nen. Bekanntlich hat diese Methode, die yon L. ~V[ICHAELIS zuerst I fir die Charakterisierung von Enzymen angewandt wurde, sich in der Hand von WILLST-&TTER und EULER und ihren Mitarbeitern bei der Reinigung und Isolierung von Enzymen als aul3erordentlich fruchtbar erwiesen. Unsere bis- her in dieser Richtung angestellten Versuche hatten jedoch ein negatives Ergebnis.

Weder die Behandlung mit der elektrisch indifferenten Tierkohle noch die mit negativ geladenem Kaolin und Kiesel- gur oder elektropositiv geladenem Aluminiumhydroxyd ver- minderten die bactericide Wirkung des Duodenalsaftes selbst, wie die des Ultrafiltrates. Die Versuche zeigen, dab die Bac- tericidine nut geringe Ober]lgchenaktivitgt besitzen k6nnen und scheinen auch darauf hinzudeuten, dab es nicht Kolloide yon positiver oder negativer Ladung sind. Wir m6chten aber diese letztere Schlul3folgerung einweilen noch nicht ziehen, da unsere Versuche wohl noch zu wenig variiert sind und daher vielleicht d ie optimalen Bedingungen ftir die Adsorption nicht getroffen wurden.

Alle unsere bisherigen Feststellungen bezfiglich der Natur der Bactericidine haben einen negativen Charal~ter gehabt, in- dem sie die Zugeh6rigkeit zu bestimmten Klassen yon Stoffen ausschlossen ~der unwahrscheinlich machten. Leider verftigen wir bezfiglich positiver Eigenscha]ten nur fiber eine einzige Beobachtung. Es hat sich n~mlich ergeben, dab EiweiBk6rper, und zwar sowohl SerumeiweiB wie Casein, wie auch besonders stark EiereiweiB eine erhebliche Hemmungswirkung gegenfiber den bactericiden St0ffen ausfiben. Die gleiche Wirkung zeigt auch Pept0n*, Und es scheint, dab aueh einzelne AminosXuren, diese allerdings ~vesentlich schw~tcher, hemmend wirken. Im Gegensatz dazu fib~n Kolloide auderer Art, wie Gelatine und Dextrin, ferner ChoIesterinsol, keine Hemmungswirkung aus.

Weitgehende Schlfisse lassen sich allerdings aus diesem Ver- ~halten nicht ziehen. Eine ~thnliche Hemmungswirkung yon seiten der Eiweit3k6rper ist gegenfiber der h~imolytischen ,Wirkung yon Seifen und gallensauren Salzen bekannt, Und so konnte zuniichst vermutet werden, dab diese Substanzen, die ja im Duodenalsaft, aus der Galle stammend, reichlich vor- handen sind, seine bactericide Wirkung bedingen. Es stellte

* Dahe~ kommt die bactericide Wirkung in Bouillon nur sch,~'er zum Ausdruck, und so erkliirt es sieh wohI, dab sic BOGENDORFER, der mit Bouillonkulturen arbeitete, eatgangen ist.

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sich aber. bald heraus, dab bactericide und h~imolyfisclm Wir- kung des Saftes nicht parallel gehen, und die Alkoholunl6slich- keit, die geringe Oberfi~ichenaktivit~it und die leichte Ultra- filtrierbarkeit schlieBen ja ohnehin die Fett- und Gallenseifen- natur der bactericiden Stofie aus.

Aber auch Analogieschlfisse fiber die Struktur der wirk- samen Stoffe lassen sich aus dem gleichartigen Verhalten nicht ziehen, solange wir fiber das Wesen der Hemmungswirkung der EiweiBk6rper gegenfiber den Seifen nichts Sicheres wissen.

Fassen wir das Ergebnis unserer lJntersuchungen zusam- men, so k6nnen wir, wie bereits betont, im wesentlichen nur Negatives fiber die Natur der bactericiden Stoffe aussagen. Die Bactericidine sind keine anorganischen Substanzen, sic sind keine Eiweiflk6rper oder andere Kolloide yon erheblicher Teil- chengr6fle, sic sind keine Lipoide and zeigen geringe Ober- ]li~chenaktivit(~t. Anseheinend besitzen sic ein grofles :Yioleki~l oder sind hochdisperse Kolloide.

Auf Grund dieser Feststellung lassen sich fiber die chemi- sche Natur der wirksamen Stoffe nicht einmal vermutungs- weise bestimmtere Aussagen machen. Insofern erscheint das Ergebnis unserer Untersuchungen wenig befriedigend. Wit dfirfen uns aber vielleicht mit dem Hinweis tr6sten, dab auch bei den Bemfihungen WILLSTATTERS zur Isolierung yon En- zymen mit fortschreitender Reinigung der chemische Charakter der Enzyme immer unsicherer wurde.

Es fragt sich nun, ob die bactericide Wirkung des Duodenal- saftes zu sonstigen Wirkungen dieses Sekrets in Beziehung steht. Vergleichende Bestimmungen des bactericiden Titers einerseits, des Trypsin-, Diastase- und Lipasegehalts anderer- seits ergaben eine vollst~ndige Unabh~tngigkeit dieser Wir- kungen. Die genannten Fermente sind also offenbar all der bactericiden Wirkuug unbeteiligt, l~brigens sprach ja schon die grol3e Thermostabilit~t und Ultrafil trierbarkeit gegen die Fermentnatur des bactericiden Prinzips.

DaB h~molytische und bactericide Wirkung des ])uodenal- saftes nieht parallel gehen, haben wir bereits oben angeffihrt.

Nahe lag der Gedanke an die Wirkung von Bakteriophagen, die ja im ])arm, allerdings vorwiegend in den tieferen Ab- schnitten, in reichlicller Menge vorhanden sind. Bereits PRAUSNITZ und VAN DER Rms haben diese M6glichkeit in Er- w~gung gezogen, haben abet keine Bakteriophagen im ])uo- denalsaft nachweisen k6nnen. Wir selbst baben gleichfalls in dieser Richtung Versuehe angestellt, aber ebensowenig An- zeichen ffir eine Bakteriophagenwirkung gefunden. Obrigens spricht schon die Tatsache, dab der ])uodenalsaft regelm~13ig aueh auf Streptokokken stark bactericid wirkt, w~thrend Streptokokken-Bakteriophagen bisher nur ganz ausnahmsweise beobachtet worden sind, gegen eine Bakteriophagenwirkung. Eine solche wird auch ausgeschlossen durch die Ultrafiltrier- barkeit der Bactericidine, ganz abgesehen von ihrer grol3en Thermoresistenz, d a nach den Untersuchungen BERGERS Bakteriophagen dutch Ioproz. Ultrafilter zurfickgehalten

�9 werden. Zu den bactericiden Stoffen des Serums, sei es den thermo-

labilen Bakteriolysinen, sei es den relativ thermostabilen keim- t6tenden Substanzen PETTERSONS, scheinen die Bactericidine in keinen Beziehungen zu stehen. Es sei denn, dab man an- nimmt, dab sie im Serum an EiweiB gebunden und dadurch in ihren Eigenschaften weitgehend ver~ndert sind.

Auch die Lysozyme ~ ' L E M I N G S , jene in vielen tierischen uud pflanzlichen Flfissigkeiten enthaltenen hoch wirksamen bac- tericiden Stoffe, kommen als wirksames Prinzip nicht in Frage, da sic nur gegenfiber grampositiven Bakterien ihre \Virkung entfalten.

Was die Herlzun]t der Baetericidine betrifft, so kommen mehrere M6glichkeiten in Frage, da sich der ])uodenalsaff aus Darmsekret, Pankreassaft und Galle zusammensetzt. Die Galle ist als Quelle sicher auszuschalten, da sic, wenigstens gegenfiber Colibacillen, keine bactericide Wirkung, vor allem in den in Frage kommenden Verdfinnungen, besitzt. Zudem haben wit auch bei fast gallefreien S~ften starke keimt6tende Wirkuug beobachtet.

Bezfiglich der bactericiden Unwirksamkeit des Pank'reas- saJtes miissen wir uns auf die Angaben der Literatur verlassen,

2o. MAI 1928 K L I N I S C H E ~ V O C H E N S C H R I F T . 7. J A H R G A N G . Nr. 21 98 7

da wir keine. Gelegenheit batten, reines Pankreassekret zu untersuehen. Die v611ige Unabh~ngigkeit der bactericiden Wirkung des Duodenalsaftes yon dem Gehalt an Pankreas- fermenten macht ihre Herkunft aus dem Pankreas jedoch ebenfalls sehr unwahrscheinlich.

Wir werden daher annehmen dtirfen, dab die bactericiden Sto//e ein Sekret der Darmschleimhaut sind, zumal sie, wie W. L0WE.~-BERG gezeigt hat, auch im sdure]reien Magensa]t ellthalten sein k6nnell. Den Angaben ]~OGt~NDORFERS fiber die bactericide \u alkoholischer Ext rakte aus der Dfinn- darmschleimhaut, die wir iibrigens nicht best~tigen konnten, verm6gen wit allerdings in dieser Beziehung keinerlei Beweis- kraft zuerkeunen, da die Bactericidine, wie wir gesehen haben, alkoholunl6slieh sind. Eine sichere Entscheidung kann nur die Untersuchung des Darmsaftes aus einer isolierten Darm- sehlinge bringen.

Es wird yon h te resse sein, ~estzustellen, oh ~hnliche bac- tericide Stoffe auch in allderen Schleimhautsekreten .oder auch im Inneren parenchymat6ser Organe vorkommell. Ihr Nachweis wiirde ffir die Kl~rung des Problems der Orgall- sterilit~t yon groBer Bedeutung sein.

Einstweilen glauben wir dutch den sieheren Nachweis so fiberaus wirksamer bacterieider Substanzen im Darmsaft eille Erklgirung Ji~r die Keimarmut der oberen Darmabschnitte unter normalen VerhXltnissen gegeben zu haben. Welche Bedeutung diesen Stoffen in der Abwehr intestinaler InJelctionen (z. B. des Typhus) zukommt, wie ihr Versiegen eine pathologisehe Bakteriena~siedlung ill den oberen Darmabschnit ten erm6g- licht (regelmS, Big z. B. bei der pernizi6sen An~mie), wie eine solche abuorrne ]3akterienansiedlung ihrerseits wieder zu In- ]elctionen der Gallenwege f/ihren kann, ist bereits yon dem einen roll uns (L.) frfiher er6rtert worden. Wir wollen uns da- her an dieser Stelle llur mit dem Hinweis auf diese Arbeiten begntigen.

L i t e r a t u r : L. ARNOLD, I<lin. V~'ochenschr. i927, Nr. 13, S. 6o6. -- L. BOGE~D6RFER, Zeitschr. f. d. ges. exp. Med. 41, 62o. 1924. -- S. COH~r Dtsch. Arch. f. klin. Med. x5o, 112. 1926. -- G. GANTER und V. VAN DEn REIS, Dtsch. Arch. f. klin. Med. 137, 348 �9 1921. -- W. L6WENBERG, Arch. f. Verdauungskrankh. 37, 274. 1926; Klin. Wochenschr. 1926, Nr. 13, S. 548 und Nr. 4 o, S. 1868; Dtsch. reed. Wochenschr. 1926, Nr. 42, S. 1767; Zeitschr. f. ttyg. lO8, I. 1927.

N E U E B E F U N D E BEI D E R L I P O I D N E P H R O S E . Vorl~ufige Mitteilung.

Won

Dr. HANS KNAUER, Assistent der Universit~ts-Kinderklinik zu Breslau (Direktor: Prof. Dr. STOLTE).

Nachdem sich im Laufe der letzten Jahre auf Grund der Befunde zahlreicher Autoren (MUNK, VOLHARD, FAHR, SCHADE, KOLLERT, STARLINGER, L0\u U. a . ) immer mehr die Meinung herausgebildet hatte, dab es sich bei der Lipoidnephrose nicht um eine ausschlieBliehe Nierenerkrall- kung handelt, ein Standpunkt, der besonders auch yon unserer 1Klillik vertreten wurde, lag es llahe, naeh der eigellt- lichen Ursaehe dieser StSrung z u fahnden. ]Die Annahme einer EiweiB-, Fet t- und MineralstoffxvechselstSrung bei der Lipoidnephrose dfirfte heute bereits allgemeine Anerkennung gefunden haben; die Frage, worauf jedoch die bei der Lipoid- nephrose regelm~13ig zu beobachtellde Hyperlip~mie zurtick- zufiihren ist, ist noch keineswegs geklXrt; mit einiger Sicher- heir kann man wohl die iNiere als Quelle der Lipoidvermehrung ausschlieBen. Demjenigen, der sich mit der Frage der Lipoid- stSrungen eingehender befaBt, dr~ngt sich unwillkfirlich die Vermutung auf, dab die Leber in diesem Stoffwechsel eine ~uBerst wichtige Rolle spielt. Beobachten wir doch Lipoid- vermehrungen gew6hnlich dann, wenn gleichzeitig in der Leber eine organische oder funktionelle L~sion vorhanden oder zu vermuten ist. Es lag nun -- nachdem auf Grulld der Lipoidbefunde der Verdacht einer eventuellen Leber- funktionsst6rung aufgetaucht war -- der Gedanke nahe, nach weiteren Symptomen einer gestBrten Leberfunktioll zu

fahnden. Von der Tatsache tier iiberragenden }3edeutung der Leber im Kohlehydratstoffwechsel ausgehend, nahm ich bei mehreren (insgesamt 4) an Lipoidnephrose leidenden Kin- dern Blutzuckeruntersuchungen vor, die regelm~Big den ]3efund einer bestehenden Hypoglyk~mie ergaben. Es wurden Nfichternwerte yon o,o22--o,o58 g% gefunden; fiber 0,058 g% gingen die Werte auch bei l~ngerdauernder t~glicher Untersuchung hie hinaus, dagegen zeigte auch der Fall, bei dem der als ann~hernd normal zu bezeichnende Wert yon 0,058 rag% erhoben wurde, an anderen Tagen ausgesprochen hypoglyk~mische Werte yon 0,03--0,04 mg %. Bemerkenswert ist, dab die Kinder hierbei keinerlei hypo- glyk~mische Symptome boten. Der erste Gedanke, der einem bei der Beobachtung derartiger Werte kommt, ist der einer Hyperfunktion im Insulinapparat oder einer Hypofunktion im Adrenalinsystem. Andererseits wissen wir auch, dab noch andere innersekretorische Produkte den Zuckerstoff- wechsel beeinflussen, z. ]3. das Schilddriisenhormon. Ich m6chte an dieser Stelle nicht auf die Er6rterungen all dieser M6glichkeiten eingehen, sondern noch einen weiteren Befund anffihren, der eine St6rung in der Leber wahrscheinlich Inacht. LEICHTENTRITT hat bereits gelegentlich seiner Trypanocidie- untersuchungen die Beobachtung gelnacht, dab bei Nephrose die trypanocide Substanz fehlt, ohne dab jedoch n~her hierauf eingegangen wurde. Das Fehlen der trypanociden Substanz wird als der Ausdruck einer St6rung im reticulo- endothelialen System angesehen und von manchen Autoren, insbesondere yon ROSENTHAL, als gleichbedeutend mit ab- normer Leberfunktion angesprochen. Nach I~OSENTHAL soll die Bestimmung der trypanociden Substanz direkt den Wert einer Leberfullktionsprtifung besitzen. Es wurde des- halb in dem bakteriologischen Laboratorium unserer Klinik (Prof. Dr. LEICaTENTRITT) alas ]31ut unserer Lipoidnephrosen auf das Vorhandensein dieser Substanz untersueht, und es zeigte sich hierbei, dab das Fehlen der Trypanocidie bei Lipoidnephrose eill konstant zu erhebender ]3efund ist. Es scheint also auch diese Tatsache darauf hinzudeuten, dab bei der Nephrose eine Dysfunktion der Leber vorhanden ist. Nun wissen wir ferner dureh die Untersuchungen yon MAOT- NER, PICK, LAMSON und ROCA, welche Bedeutung die Leber ffir den Wasserhaushalt des K6rpers hat. Nach ihren Unter- suchungen scheint die Leber ffir die Diurese yon doppelter ]3edeutung zu sein, indem sie einerseits auf Inechallischem \u durch ven6se Sperrvorrichtungen die Blutkonzentration und Wasserdiurese regelt, andererseits auf hormonalem Wege durch Beeinflussung des Quellungszustalldes der Gewebe entseheidelld in den Wasserstoffwechsel des Organismus ein- greift. Auf Grund der eben angeffihrten Beobachtungen scheint es naheliegend, auch den gest6rten Wasserstoff- weehsel bei der Iqephrose mit der Leber in Zusammellhang zu bringen. Noch ein weiterer Befund lieBe sich i n diesem Sinne verwerten, der subnormale Blutdruck. Wurde doeh auch won MANN und ~V[AGATH nach Leberexstirpation bei Hunden neben Hypoglyk~mie eine Blutdrucksenkung ge- funden, ein Befund, der bereits yon zahlreiehen anderen Autoren bestgtigt wurde. DaB alldererseits die Wasser- ausseheidung unter dem EinfluB fibergeordneter nerv6ser Zentren steht, ist sicher, und man kSnnte auch die Venen- sperre der Leber mit der bei der Lipoidnephrose bestehellden ~Vagotonie, die auch wir regelmgBig feststellen konnten, erklgren. Bemerken m6chte ich lloch, dab ich bei Nephrosen, auch bei intravenSser Adrenalinzufuhr, keine oder~nur ganz vorfibergehende und kurzdauernde Blutdrucksteigerung er- zielen konnte und dab Iliemals die geringste Glykosurie auf- trat. Ich m6chte jedoch auf all diese Befunde, insbesondere auf den abnormen Verlauf der Blutzuckerkurve bei Zucker- belastung nicht eingehen ulld verweise deshalb auf eine mit HIRSCIt-KAUFFMANN demn~chst erscheinende Abhandlung. Nur lloch eine kurze Bemerkung zu den eigenartigen Blut- zuckerbefuuden. Durch zahlreiche Untersuchungen der neueren Zeit, besonders y o n GEELMUYDEN, erseheint die Kohlehydratbildung aus Fe t ten im menschlichen K6rper als erwiesen, und es dfirfte dem Fe t t die allergr6Bte Bedeutung im Kohlehydratstoffwechsel zukommen. Die Wichtigkeit der

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