Über komplex zusammengesetzte Spieβglanze III. Zur Struktur des Diaphorits, Ag 3 Pb 2 Sb 3 S 8

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Zeitschrift für Kristallographie, Bd. 110, S. 169-174 (1958) Über komplex zusammengesetzte Spießglanze III. Zur Struktur des Diaphorits, Ag3Pb2Sb3S8 Von Erwin Hellner Mit 1 Abbildung im Text (Eingegangen am 31. Oktober 1957) Abstract The cell constants and the space group of diaphorite has been determined. Diaphorite is monoclinic with a0 = 15.849, 60 = 32.084, c„ = 5.901 A, y0 = 90°10'; G\h-C\\a or after a transformation a = 15.849, b = 17.914, c = 5.901 A, y = 116°25.5'; G\h P2Ja. The [001] direction is chosen as the two-fold axis. Number of molecules Ag3Pb2Sb3S8(Me8S8) = 8 or 4 respectively. An "ideal" structure for diaphorite is proposed, which can be deduced from the Pbs (NaCl) structure in a simple way. The "substructure" (Buebgee, 1956) is a body centered cell with as ~ 68 ~ i ana ]/2 and cs ~ apba = 5.92. Auszug Gitterkonstanten und Raumgruppe des Diaphorits wurden bestimmt: Dia- phorit ist monoklin mit a0 = 15,849, b0 = 32,084, c0 = 5,901 Â, y0 = 90°10'; 0%h—G21]a oder, nach einer Transformation, mit a = f5,849, b = 17,914, c = 5,901 A, y = 116°25,5'; C52h P2Ja, wobei [001] als Richtung der Digyre gewählt wurde. Zahl der Moleküle Ag3Pb2 Sb3S8 (Me8S8) = 8 bzw. 4. Eine Ideal-Struktur des Diaphorits ist vorgeschlagen, welche in einfacher Weise vom PbS-(NaCl-)Typ abgeleitet wurde. Die ..substructure" (Bubeobb, 1956) ist ein /-Gitter mit as ~ bs ~ ^aL,bi |/2und cs ~ ai>b4 = 5,92. Ch. Palache, W. E. Richmond und H. Winchell berichteten 1938 über morphologische und röntgenographische Untersuchungen an Diaphorit-Eiiüa'istahen. Auf Grund von Weissenberg- und Dreh- aufnahmen bestimmten sie die Gitterkonstanten der Elementarzehe z. Kristallogr. Bd. 110, 3 12

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Zeitschrift für Kristallographie, Bd. 110, S. 169-174 (1958)

Über komplex zusammengesetzte SpießglanzeIII. Zur Struktur des Diaphorits, Ag3Pb2Sb3S8

Von Erwin Hellner

Mit 1 Abbildung im Text

(Eingegangen am 31. Oktober 1957)

AbstractThe cell constants and the space group of diaphorite has been determined.

Diaphorite is monoclinic with

a0 = 15.849, 60 = 32.084, c„ = 5.901 A, y0 = 90°10'; G\h-C\\aor after a transformation

a = 15.849, b = 17.914, c = 5.901 A, y = 116°25.5'; G\h—

P2Ja.The [001] direction is chosen as the two-fold axis. Number of molecules

Ag3Pb2Sb3S8(Me8S8) = 8 or 4 respectively.An "ideal" structure for diaphorite is proposed, which can be deduced from

the Pbs (NaCl) structure in a simple way. The "substructure" (Buebgee, 1956)is a body centered cell with as ~ 68 ~ i ana ]/2 and cs ~ apba = 5.92.

AuszugGitterkonstanten und Raumgruppe des Diaphorits wurden bestimmt: Dia-

phorit ist monoklin mit

a0 = 15,849, b0 = 32,084, c0 = 5,901 Â, y0 = 90°10'; 0%h—G21]aoder, nach einer Transformation, mit

a = f5,849, b = 17,914, c = 5,901 A, y = 116°25,5'; C52h—

P2Ja,wobei [001] als Richtung der Digyre gewählt wurde. Zahl der Moleküle Ag3Pb2Sb3S8 (Me8S8) = 8 bzw. 4.

Eine Ideal-Struktur des Diaphorits ist vorgeschlagen, welche in einfacherWeise vom PbS-(NaCl-)Typ abgeleitet wurde. Die ..substructure" (Bubeobb,1956) ist ein /-Gitter mit as ~ bs ~ ^aL,bi |/2und cs ~ ai>b4 = 5,92.

Ch. Palache, W. E. Richmond und H. Winchell berichteten1938 über morphologische und röntgenographische Untersuchungenan Diaphorit-Eiiüa'istahen. Auf Grund von Weissenberg- und Dreh-aufnahmen bestimmten sie die Gitterkonstanten der Elementarzehe

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zu a0 = 15,83; b0 = 32,23 und c0 = 5,84 Â. Als Auslöschungsregelnwurden errnittelt: hkl nur vorhanden mit k = 2n, hkO mit h = 2nund k = 2n,h0l mit h = 2n, 0kl mit ä; = 2n. Mit diesen Ergebnissenwurde auf die Raumgruppe Dl\

Gmma geschlossen. Aus zweiAnalysen von Helmhackee (1864) und Moeanski (1878) wurde diechemische Formel ermittelt.

ExperimentellesFür die Untersuchungen waren Proben aus Pfibram (Böhmen),

Hiendalaencina (Spanien) und Freiberg (Sachsen) von Herrn Prof.Ramdohe zur Verfügung gesteht. Herr Prof. Frondel übersandte dievon Palache, Richmond und Winchell für ihre Untersuchungenverwandten Originalkristalle (Pfibram). Pulveraufnahmen (Gulniee-Kamera) und Einkristallaufnahmen wurden mit monochromatischemRöntgenhcht hergesteht, welches durch Reflexion an gebogenen Quarz-monochromatoren erhalten wurde.

Ergebnisse der bisherigen StrukturuntersuchungenDie von Palache, Richmond und Winchell angegebenen Aus-

löschungen sind für eine C-zentrierte Elementarzehe nur dann charak-teristisch, wenn die Auslöschungsregel lautet:

h kl nur mit h -f- k = 2n vorhanden.Wahrscheinlich ist die Angabe von Palache, Richmond und Win-chell auf einen Druckfehler zurückzuführen.

weissenbekg-Aufnahmen um [001] ergaben im Gegensatz zu denErgebnissen von Palache, Richmond und Winchell eine monoklineIntensitätsverteihmg, die aber nurbei der Verwendung kleiner Kristallenachweisbar ist. In größeren Kxistahen dürften Verzwihigungen vor-

liegen, so daß eine rhombische Symmetrie vorgetäuscht wird. Diegroßen Kristalle, die Palache, Richmond und Winchell für ihreAufnahmen verwendeten, zeigen keine eindeutig monokline Inten-sitätsverteilung, zumal durch den Absorptionsfaktor eine zusätzlicheIntensitätsverfälschung auftritt.

Aus der Indicesstatistik ergeben sich folgende Auslöschungsregelnfür die Elementarzehe, wie sie von Palache, Richmond und Win-chell bestimmt wurde :

hkl nur mit h -f- k = 2nhkO nur mit h = 2n und k = 2n001 nur mit l = 2n.

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Daraus resultiert die Raumgruppe G\h—

G21/a mit [001] als Richtungder 2-zähligen Achse1. Aus Guinibe,-Aufnahmen wurden die Gitter-konstanten neu bestimmt. Dabei zeigte sich, daß einige Reflexe, wiez. B. (480) in zwei Linien aufgespalten sind, welche mit (480) und (480)indiziert werden müssen. Die Abweichung vom rechten Winkel beträgt10'. Somit bestätigen auch die Guinier-Aufnahmen, daß die Kristalledes Diaphorits im monoklinen Kristallsystem beschrieben werdenmüssen2. Die neu bestimmten Gitterkonstanten weichen nur wenigvon denen ab, welche von Palache, Richmond und Winchell be-stimmt wurden :

a0 = 15,849±4 A, b0 = 32,089±3 A, c0 = 5,901±i À,y0 = 90°10' ± 2'.

Die Indices an den Zahlen geben jeweils den „mittleren Fehler" an.

Aus den starken Interferenzen der Guinier-Aufnahme war bereitszu erkennen, daß sich die Struktur des Diaphorits als Deformationeines PbS-Gitters auffassen läßt. Die patterson-Projektion auf (001)bestätigte diese Vermutung (Abb.l); sie enthält nur Maxima mit„speziellen" Parametern, wie z. B.

oi, 03, i-Ar. £ A, io, H usw.

Palache, Richmond und Winchell gaben die Formel Ag3Pb2Sb3S8an und errechneten, daß acht Moleküle in der Zelle enthalten sind.Faßt man für eine erste Strukturdiskussion die Metallatome zusam-

men, so erhält man die Formel Me8S8 mit Z = 8. Aus der Patterson-Projektion auf (001) folgt, daß die 64 Me-Atome auf 8-zählige Punkt-lagen mit folgenden „idealen" Parametern aufgeteilt werden können:Me: bis Mevm in 8 (e) mit xyz = A A i (I), A A t (H), A A f(III),rVÄ{ (IV), à A I (V), xV A I (VI), AAi (VII), AA i (VIII).Die S-Atome besetzen ebenfalls 8-zählige Punktlagen und haben diegleichen x- und ^/-Parameter, wie die Me-Atome, liegen aber um c / 2

1 In einer Diskussionsbemerkung zum Vortrag: G. Leineweber, und E.Hellner, Über die Struktur des Bournonits und Seligmannits, Fortschr.Mineral. 34 (1956) 48—51, wurde für den Diaphorit die Raumgruppe C\h

P2/aangegeben, weil ein ganz schwacher Reflex (005) auf einer Weissenberg-Aufnahme gefunden wurde. Im weiteren Verlauf der Untersuchungen konntedieser Reflex jedoch nicht bestätigt werden.

2 Über die Auswertung der GuiNiER-Aufnahmen für Kristalle mit einemmonoklinen Winkel nahe 90° wird gesondert berichtet werden.

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über oder unter den Me-Atomen. Diese Atomanordnung erklärt diestarken Reflexe mit

h = 0 mod 8 und Je—

0 mod 8h = 4 mod 8 und k = 4 mod 8 und 1 = 0 mod 2

sowie mit

h = 0 mod 8 und A = 4 mod 8h = 4 und /<; = 0 mod 8 und I = 1 mod 2.

0,250

0.500Abb. 1. PATTBBSON-Projektion des Diaphorits auf (001); P(u,v)

l-^oool2

Diese Reflexe entsprechen einem innenzentrierten Gitter mitas ~ bs ~ aPbS/]/2 una cs ~ aPbs> welches nach Buerger (1956) als„substructure" oder „subceh" aufgefaßt werden kann. Auch die PbS-(NaCl-)Struktur kann

abgesehen von der kubischen Symmetrie—

als tetragonal innenzentriert aufgestellt werden und entspricht dann,bis auf die monokline Verzerrung, dieser Unterzehe. In einer späterdurchzuführenden Strukturverfeinerung sind insgesamt 48 Para-meter zu bestimmen.

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Im monoldinen Kristallsystem ist es grundsätzlich möglich, eineG-zentrierte Elementarzelle G\h

G1x\a durch eine andere Wahl derAchsen in eine einfach primitive (P-)Zehe zu transformieren, wenn

parallel zur c-Achse die 2-zählige Achse liegt. Eine dieser möglichenZehen hat folgende Abmessungen:

a = 15,849 ±4Â, b = 17,914 ± 4 A, c = 5,901 ± 1 Â,y = 116°25,5' ± 2; G\h

P\\a.Aus dieser Achsentransformation ergeben sich dann andere Para-

meter für die „ideale Struktur" des Diaphorits; die 8-zählige Punkt-lage in der C-Zelle entspricht bei der Transformation der 4-zähligenPunktlage der P-Zehe:

MeT bis MeVIII in 4 (e) mit x yz = Ä tV i (I), A tV I (H), Â fV I (HI),HAi (IV), U iV î (V), ifV tV î (Vi), ü iV i (VU), ÂM (Viii).

StrukturdiskussionDie Struktur des Diaphorits kann von einem monoklin defor-

mierten PbS-Gitter abgeleitet Averden, wenn die Pb-Punktlagen desBleiglanzes unterschiedlich mit Pb-, Ag- und Sb-Atomen entsprechendder chemischen Zusammensetzung des Diaphorits besetzt werden.Auch aus den Gitterkonstanten läßt sich die PbS-Ähnlichkeit ab-leiten: Die a0- bzw. &0-Gitterkonstanten des Diaphorits entsprechenetwa 2aP))S|/2 bzw. 4aPbSi/2 des PbS, die c0-Gitterkonstante ent-spricht etwa aPbS = 5,92. Wie beim Freieslebenit, Schapbachit undMiargyrit ist auch für den Diaphorit die PbS-Ähnlichkeit dadurch zu

beschreiben, daß die S-Atome angenähert die Punktlagen einer dichte-sten Kugelpackung einnehmen, und daß alle oktaedrischen Lückenmit Me-Atomen besetzt sind. Der Faktor /x = (Pb + Ag + Sb) / S hatden Wert 1.

Die Verzerrung des idealen PbS-Typs wird einerseits durch dieunterschiedlichen Atomradien der Me-Atome bewirkt und anderer-seits durch die Eigenschaft der Sb-Atome, drei S-Atome ihrer okta-edrischen Umgebung stärker homöopolar zu binden als die übrigendrei. Eine Einordnung des Diaphorits in die PbS-Gruppe ist bereitsfrüher (E. Hellster, 1957) kurz diskutiert worden.

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LiteraturM. J. Buerger. (1956), Partial Fourier syntheses and their application to the

solution of certain structures. Proc. Nat. Acad. Sei. 42, 776—781.Ft. Helmhacker (1864), zitiert in Ch. Palaohe, W. E. Richmond und H. Win-

chell (1938).E. Hellner (1957), Über komplex zusammengesetzte sulfidische Erze. II. Zur

Struktur des Freieslebenits, PbAgSbS3. Z. Kristallogr. 109, 284-295.Moranski (1878), zitiert in Ch. Palache, W. E. Richmond und H. Winchell

(1938).Ch. Palaohe, W. E. Richmond and H. Winchell (1938), Crystallographic

studies of sulfosalts : baumhauerite, meneghinite, jordanite, diaphorite, freies-lebenite. Amer. Mineral. 23, 821—836.

Mineralogisches Institut der Universität Marburg