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BEGLEITENDES Material zur Vorlesung Allgemeine Chemie II, WS 2004/05 für Studierende mit Organischer Chemie als Nebenfach ACHTUNG: die Betonung liegt auf begleitend; ein SKRIPTUM erstellen Sie sich bitte selbst an Hand der Vorlesung. ÜBERSICHT zum INHALT der Vorlesung 1. Grundlegendes Historisches, Einfach-, Doppel- und Dreifachbindungen und räumlicher Bau von Molekülen; Einteilung von Kohlenwasserstoffen; Zeichenweisen. 2. Homologe Reihen und Nomenklatur Alkane, Alkene, Alkine, Substituenten, Reste, Funktionelle Gruppen, Stoffklassen. 3. Hybridisierung; Struktur und Reaktivität π- und σ-Bindungen, Grundlagen der Quantenmechanik; freie Drehbarkeit um Einfachbindungen, cis- trans-Isomerie. 4. Isomerie und Stereochemie Konstitution, Konformation, Konfiguration; optische Aktivität, Chiralität 5. Reakionsprofile, reaktive Zwischenstufen

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BEGLEITENDES Material zur Vorlesung Allgemeine Chemie II, WS 2004/05

für Studierende mit Organischer Chemie als Nebenfach

ACHTUNG: die Betonung liegt auf �begleitend�; ein SKRIPTUM erstellen Sie sich bitte selbst

an Hand der Vorlesung.

ÜBERSICHT zum INHALT der Vorlesung 1. Grundlegendes Historisches, Einfach-, Doppel- und Dreifachbindungen und räumlicher Bau von Molekülen; Einteilung von Kohlenwasserstoffen; Zeichenweisen. 2. Homologe Reihen und Nomenklatur Alkane, Alkene, Alkine, Substituenten, Reste, Funktionelle Gruppen, Stoffklassen. 3. Hybridisierung; Struktur und Reaktivität π- und σ-Bindungen, Grundlagen der Quantenmechanik; freie Drehbarkeit um Einfachbindungen, cis- trans-Isomerie. 4. Isomerie und Stereochemie Konstitution, Konformation, Konfiguration; optische Aktivität, Chiralität 5. Reakionsprofile, reaktive Zwischenstufen

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Thermodynamik und Kinetik; Reaktionsordnung und Molekularität von Elemtarreaktionen; Übergangszustand, Zwischenstufen, Radikale, Carbokationen, Carbanionen 6. Radikalische Halogenierung von Alkanen Radikalkettenmechanismus, Regioselektivität; Reaktionsmechanismen. 7. Physikalische Eigenschaften von Alkanen und Halogenalkanen, Zwischenmolekulare Kräfte I-Effekte, Elektronegativität 8. Cycloalkane, Konformationsanalyse Newman-Projektion 9. Nucleophile Substitution SN1 und SN2: Herstellung von Akloholen und Ethern 10. Alkohole und Ether Nomenklatur, H-Brücken, u.a. 11. Aldehyde, Ketone und Kohlenhydrate Nomenklatur, mesomere Effekte, Mesomerie (Resonanz), nucleophile Addition an die C=O-Doppelbindung, Hydratisierung, Halbacetal- und Acetalbildung, N- und C-Nucleophile, Aldolreaktion; CH-Acidität, pKa-Werte; Keto-Enol-Tautomerie; Stammbaum der Aldosen, Glycosid-Bildung, Oligo- und Polysaccharide; Biopolymere

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12. Carbonsäuren und Carbonsäurederivate u.a. Ester, Amide, Acyclierungsvermögen, Protonenkatalyse bei der Veresterung, Seifen, Fette, Micellenbildung, Lipiddoppelschicht (Überstrukturbildung, Selbstanordnung); Chrialität der Milchsäure 13. Alkene, Alkine, Polymere [siehe auch Lehrbücher] 14. Aromaten [siehe auch Lehrbücher] 15. Amine und Alkaloide Basizität, primäre, sekundäre, tertiäre Amine 16. Aminosäuren , Peptide, Proteine Proteinogene L-Aminosäuren, Peptidbindung, Primär-, Sekundär-, Tertiär- und Quartärstuktur, Funktionen von Proteinen 17. Nukleinsäuren Doppelhelix und H-Brückenbindungen

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STICHWORTESAMMLUNG zur Vorlesung Chemische Bindung: Einfach-, Doppel- und Dreifachbindungen, Bindungslängen, Bindungswinkel, Hybridisierung, Atom- und Molekülorbitale, gesättigte und ungesättigte Verbinungen Isomerie: Konstitution, Konformation, Konfiguration; cis- trans-Isomerie, Chrialität, optische Aktivität, Regioselektivität, Stereoselektivität, Enantiomere, Diastereomere, Racemat Nomenklatur: Kohlenwasserstoffe, Stoffklassen, Funktionelle Gruppen, Substituenten, Alkylreste, Trivialnamen, homologe Reihe, Suffix, Präfix Reaktionen und Reaktivität: Reaktionsmechanismen, Thermodynamik, Kinetik, Reaktionsordnung, Molekularität, Elementarreaktion; Übergangszustand, Zwischenstufen, Radikale, Carbokationen, Carbanionen, induktive und mesomere Effekte, Konjugation von Doppelbindungen, Nucleophilie, Elektrophilie, CH-Acidität, pKa-Werte, Aromatizität Reaktionstypen: Reaktionsmechanismen; Radikalkettenmechanismus, Addition, Substitution, Eliminierung

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Carbonylverbindungen und Carboxylreaktivität: Mesomerie (Resonanz), O-, C-, N-Nucleophile nucleophile Addition an die C=O-Doppelbindung, Hydratisierung, Halbacetal- und Acetalbilung, N- und C-Nucleophile, Aldolreaktion; Keto-Enol-Tautomerie; Acyclierungsvermögen; Stammbaum der Aldosen, Glycosid-Bildung, Oligo- und Polysaccharide Zwischenmolekulare Wechselwirkungen: van der Waals-Kräfte, Dipol-Dipol-Wechselwirkungen, elektrostatische Wechselwirkungen, Wasserstoffbrückenbindungen Überstrukturen: Sekundär-, Tertiär- und Quartärstuktur, Doppelhelix, α-Helix, β-Faltblatt, Komplementarität von Nukleobasen, molekulare Erkennung, “indfuced fit“ statt Schlüssel-Schloss-Prinzip Naturstoffe: Ester, Seifen, Lipide (Fette), Wachse, Micellen, Lipiddoppelschicht, Amide und Peptide, Proteine, Enzyme, Kohlenhydrate, Glycocalix, Mono-, Oligo- und Polysaccharide, Halbacetale, Acetale, Glycoside Polymere: Polyethylene, Polyester, Polyamide, Biopolymere

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BEGLEITENDES Material zum Inhalt der Vorlesung:

Organische Chemie ist die Chemie der Kohlenstoffverbindungen

Folgende Elemente kommen mehr oder weniger häufig

in Organischen Verbindungen vor:

H Li B C N O F Na Mg Al Si P S Cl As Se Br Sb Te I

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Kohlenwasserstoffe

enthalten nur zwei Elemente, Kohlenstoff und Wasserstoff

Aliphaten Aromaten nicht aromatische Verbindungen Sonderfälle werden als aliphatisch bezeichnet ungesättigter Kohlenwasserstoffe z.B. Benzol, C6H6

Alkine

Alkane Alkene Cycloaliphaten

Gesättigte Verbindungen enthalten nur Einfachbindungen, keine Doppelbindungen und keine Dreifachbindungen.

Ungesättigte Verbindungen enthalten Doppel- und/oder Dreifachbindungen.

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Molekül- bzw. Formeldarstellungen am Beispiel des Ethans Summenformel: C2H6 ausführliche Formeldarstellungen: H3C-CH3

Linienformel: Strichenden (bzw. Ecken) bedeuten C-Atome, die Wasserstoffatome, die für die Absättigung der Kohlenstoffvalenzen erforderlich sind, werden nicht gezeichnet (Heteroatome werden eingetragen). Dreidimensionale Formeldarstellungen: ♦ Keilstrichformel: fette Bindungsstriche weisen aus der Papierebene heraus, gestrichelte weisen hinter die Papierbene ♦ Sägebockformel: Fischer-Projektion Newman-Projektion Eine C-C-Bindung wird senkrecht zur Papierbene gelegt, das vordere C-Atom wird als Punkt, das hintere als Kreis dargestellt (bzw. das hintere ist vedeckt und der Kreis symbolisiert die Elektronendichte der σ-Bindung).

→→→→ Konformationsanalyse

C C

H

HH

H

HH

C C

H

H

H

H

H

H

HH

H H

H H

H

H H

H

HH

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Substituenten und Alkylgruppen

!Alle Gruppen, die an ein Kohlenstoffatom gebunden sind (mit Ausnahme von Wasserstoff) bezeichnet man als Substituenten.

!Kohlenwasserstoff-Substituenten werden als

Alkylgruppen (allg. "Rest" R) bezeichnet. !Alkylreste werden benannt, indem man an den

Wortstamm die Endung "-yl" anfügt.

!Für die kleineren Alkylreste sind Trivialnamen gebräuchlich:

CH3

R

CH2Allyl

VinylAlkyl

Isopropyl Phenyl

BenzylMethyltert-Butyl

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Nomenklatur: Benennung von Molekülen nach IUPAC (=International Union of Pure and Applied Chemistry)

Einige Trivialnamen bleiben offiziell in Gebrauch PRÄFIX – STAMMNAME – SUFFIX

Substituenten (und deren entsprechend bezeichnet Anzahl und Position) in Stammalkan Hauptfunktion alphabetischer Reihenfolge

" Der Stammname ist meist lateinischen oder griechischen Ursprungs und gibt die Anzahl der Kohlenstoffatome der Kette an. Zur Bennennung einer Verbindung sucht man die längste lineare Kette im Molekül, die Bezeichnung für das entsprechende Stammalkan liegt dann dem Namen der Verbindung zu Grunde. (siehe homologe Reihe der Alkane).

" Besitzt eine Verbindung mehrere Ketten gleicher Länge, wird diejenige zu Grunde gelegt, welche die meisten Substituenten enthält.

" Die Namen der einzelnen Substituenten werden bestimmt, mit dem Suffix –yl versehen und in alphabetischer Reihenfolge als Präfixe vor den Namen geordnet [praefigere (lat.) = vorne anheften]

" Die längste Kette wird von dem Ende her nummeriert, das einem der Substituenten am nächsten ist. Wenn zwei Substituenten vom jeweiligen Kettenende gleich weit entfernt sind, dann ist derjenige für die Nummerierung relevant, dessen Anfangsbuch-stabe im Alphabet vorne steht.

" Der IUPAC-Name der Verbindung ergibt sich nun, indem man zunächst die Namen der Substituenten in alphabetischer Reihenfolge mit der Nummer des C-Atoms, an das er gebunden ist, auflistet und dann den Stammnamen zufügt.

" Treten Substituenten mehrfach auf, werden die Präfixe Di-, Tri-, Tetra- usw. verwendet. Bei cyclischen Verbindungen wird das Präfix Cyclo- verwendet. Diese Präfixe werden bei der alphabetischen Reihung nicht berücksichtigt. Verzweigte Seitenketten: dort trägt dasjenige C-Atom, die Nummer 1, das mit der Hauptkette verbunden ist.

Der Stammname enthält eine Endung [Suffix von suffigere (lat.) = anhängen], die auf die Stoffklasse hinweist um die es sich handelt: -an für Alkane -en für Alkene -in für Alkine -ol für Alkohole usw.

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Die homologe Reihe der Alkane (CnH2n+2)

Homologe sind strukturell sehr eng verwandte Sub-stanzen, welche im Extremfall die gleiche allgemeine Summenformel besitzen und sich jeweils durch eine Methylengruppe (eine CH2-Einheit) unterscheiden

Methan CH4

Ethan H3C-CH3

Propan H3C-CH2-CH3

Butan H3C-(CH2)2-CH3

Pentan H3C-(CH2)3-CH3

Hexan H3C-(CH2)4-CH3

Heptan H3C-(CH2)5-CH3

Octan H3C-(CH2)6-CH3

Nonan H3C-(CH2)7-CH3

Decan H3C-(CH2)8-CH3

Undecan H3C-(CH2)9-CH3

Dodecan H3C-(CH2)10-CH3

Tridecan H3C-(CH2)11 -CH3

Tetradecan H3C-(CH2)12-CH3

Pentadecan H3C-(CH2)13-CH3

Hexadecan H3C-(CH2)14-CH3

Heptadecan H3C-(CH2)15-CH3

Octadecan H3C-(CH2)16-CH3

Nonadecan H3C-(CH2)17-CH3

Eicosan H3C-(CH2)18-CH3

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Homologe Reihen der

Alkane Alkene Alkine n CnH2n+2 CnH2n (bei einer

Doppelbindung) CnH2n-2 (bei einer Dreifachbindung)

1 Methan 2 Ethan Ethen Ethin 3 Propan Propen Propin 4 Butan Buten Butin 5 Pentan Penten Pentin 6 Hexan Hexen Hexin 7 Heptan Hepten Heptin 8 Octan Octen Octin 9 Nonan Nonen Nonin

10 Decan Decen usw. 11 Undecan Undecen 12 Dodecan Dodecen 13 Tridecan Tridecen 14 Tetradecan Tetradecen 15 Pentadecan Pentadecen 16 Hexadecan Hexadecen 17 Heptadecan Heptadecen 18 Octadecan Octadecen 19 Nonadecan Nonadecen 20 Eicosan Eicosen

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Orbitale und chemische Bindung: Zusammenfassung

Die Bewegung von Elektronen um den Atomkern wird durch Wellengleichungen (Schrödinger-Gleichungen) beschrieben. Die Lösungen dieser Wellengleichungen (Wellenfunktionen) lassen sich als Atomorbitale auf-fassen, die sich anschaulich als räumliche Bereiche um den Atomkern darstellen lassen, in denen die Elektronen eine hohe Aufenthaltswahrscheinlichkeit (ψ2) haben.

Atomorbital niedrigster Energie: 1s-Orbital: kugelsymmetrisch, keine Knotenebene in Richtung höherer Energie: 2s-Orbital: kugelsymmetrisch, eine Knotenebene, größer als 1s 2p-Orbital: hantelförmig, d.h. zwei Orbitallappen mit einer Knotenebene 3s, 3p: ähnlich, aber diffuser, eine Knotenebene mehr ___________________________________________________________________________

Eine kovalente Bindung kommt durch Überlappung von Atomorbitalen verschiedener Atome, bzw. deren Linearkombination zu Molekülorbitalen zustande. In den bindenden Molekülorbitalen sind die Elektronen stärker delokalisiert als in den Atomorbitalen, aus denen sie hervorgehen, und damit energetisch bevorzugt. Hybridisierung: Die Linearkombination von Atomorbitalen desselben Atoms führt zu Hybridorbitalen. _____________________________________

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Hydridisierung des Kohlenstoffatoms: sp3-Hybridisierung: es entstehen vier sp3-Hybridorbitale sp2-Hybridisierung: es entstehen drei sp2-Hybridorbitale, es bleibt ein p-Orbital sp-Hybridisierung: es entstehen zwei sp-Hybridorbitale, es bleiben zwei p-Orbitale

2s

2p 2p

spsp2

2p

sp3

E sp3-Hybridisierung sp2-Hybridisierung sp-Hybridisierung

± = +

sp-Hybridisierung

± = +± +

sp2-Hybridisierung

± ± ± =

sp3-Hybridisierung

TETRAEDER !!

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Hybridisierung des Kohlenstoffatoms in Alkanen, Alkenen und Alkinen

Der Kohlenstoff ist vierbindig

Alkane Alkene Alkine CnH2n+2 CnH2n CnH2n-2

Ethan Ethen Ethin

H3C-CH3 H2C=CH2 HC≡CH

sp3- Hybridisierung

sp2- Hybridisierung

sp- Hybridisierung

eine C-C-σ-Bindung eine C-C-σ-Bindungeine C-C-π-Bindung

eine C-C-σ-Bindungzwei C-C-π-Bindgen.

tetraedrisch trigonal planar linear

Bindungswinkel

109°28'

120°

180°

Konformations-

isomerie

cis-trans-

Isomerie

gesättigte

Kohlenwasserstoffe

ungesättigte

Kohlenwasserstoffe

ungesättigte

Kohlenwasserstoffe

C-C-Bindungslänge: ca. 153 pm

ca. 134 pm

ca. 121 pm

C-C-Bindungsenergie: ca. 348 kJ/mol

ca. 611 kJ/mol

ca. 873 kJ/mol

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Verbindungsklassen Alle Gruppen, die an die Kohlenstoffkette (R) gebunden sind (mit Ausnahme von H), bezeichnet man als Substituenten. Reaktionsfähige Stellen in einem Molekül nennt man funktionelle Gruppen. Funktionelle Gruppen beeinflussen wesentlich die Struktur, die chemischen und die physikalischen Eigenschaften einer Verbindung. Funktionelle Gruppe (an R)

Verbindungs-klasse

Allgemeine Formel

IUPAC-Silbe Beispiel

Halogen F, Cl, Br, I

Halogenalkane R-X Fluor-, Chlor-, Brom-, Iod-

Fluorethan H3C CH2 F

Doppel-bindung, C=C

Alkene CnH2n -en 2-Methylpropen

Dreifach-bindung, C≡C

Alkine CnH2n-2 -in 2-Butin

Hydroxy-gruppe, -OH

Alkohole R-OH -ol Ethanol

Mercapto-gruppe, -SH

Thioalkohole R-SH -thiol Propanthiol

Alkoxygruppe, -OR'

Ether R-O-R' -oxy- Ethoxyethan (Diethylether)

Alkylthio-gruppe, -SR'

Thioether R-S-R' -sulfid Ethylmethyl-sulfid

Carbonyl-gruppe -C=O

Aldehyde -C(O)H -al -carbaldehyd

Ethanal (Acet- aldehyd)

Ketone -C(O)R' -on Propanon (Aceton)

H3C C CH2

H3C

H3C C C CH3

H3C CH2 OH

H3C CH2 CH2 SH

H3C CH2 O CH2 CH3

H3C CH2 S CH3

H3C

O

H

H3C

O

CH3

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Carboxyl-gruppe -C(X)=O

Carbonsäuren

R-COOH -säure -carbonsäure

Ethansäure (Essigsäure)

Ester

R-COOR' -oat Methylethanoat (Essigsäure-methylester)

Amide

R-C(O)NH2 R-C(O)NRR'

-amid Propanamid

Säurechloride R-C(O)Cl -oylchlorid -carbonylchlorid

Ethanoyl-chlorid

Säure-anhydride

R-C(O)-O-(O)CR'

-säureanhydrid Propansäure-anhydrid

Aminogruppe Amine R-NH2(RR') Amino- N-Methylamino-ethan

Nitrilgruppe -C≡N

Nitrile R-CN -nitril Propannitril

-CNO, -CNS (Thio)Cyanate R-CNO, R-CNS -(thio)cyanat Phenylisocyanat

-NCO, -NCS Iso(thio)-cyanate

R-NCO, R-NCS -iso(thio)cyanat

aromatische Verbindungen

Arene Methylbenzol (Toluol)

H3C

O

OH

O

NH2

H3C

O

O O

H3C CH2 CH2 CN

NCO

H3C CH2 NH(CH3)

CH3

H3C

O

OCH3

H3C

O

Cl

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Konstitution, Konformation, Konfiguration ... Summenformel gibt an, welche und wieviele Atome in

einem Molekül vorhanden sind.

In der Summenformel werden immer zuerst die Kohlenstoffatome, danach die Wasserstoffatome und darauffolgend die anderen enthaltenen Atome in alpha-betischer Reihenfolge aufgelistet.

Konstitutionsformel beschreibt die Konnektivitäten der Ato-me, d.h. sie gibt an, wie die Atome in ein-em Molekül miteinander verknüpft sind.

Stereochemie befasst sich mit der dreidimensionalen (räumlichen) Struktur von Molekülen.

-Strukturisomere- Konstitutions-isomere

besitzen die gleiche Summenformel, unterscheiden sich aber in Aufeinander-folge der Atome.

Stereoisomere

Konformere

Enantiomere Diastereomere

besitzen die gleiche Summenformnel und Konstitution, unterscheiden sich aber in der räumlichen Anordnung der Atome im Molekül.

Konformere lassen sich duch Drehung um Einfachbindungen ineinander umwandeln.Enantiomere verhalten sich wie Bild und Spiegelbild. Enantiomere und Diastereomere sind chiral. Cirale Verbindungen unterscheiden sich von ihrem Spiegelbild.

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Chemische Verbindungen

gleicher Summenformel unterscheiden sich in ihrer Struktur

Isomere

unterscheiden sich nach unterscheiden Art der Verknüpfung sich in der (Konnektivität) der Raumanordnung vorhandenen Atome der Atome

Konstitutionsisomere Stereoisomere

lassen sie sich durch Drehung um Einfachbindungen ineinander überführen

Ja Nein

Konformere Konfigurationsisomere

verhalten sie sich wie Bild und Spiegelbild zueinander

Ja Nein

Enantiomere Diastereomere

(dazu gehören auch cis-, trans- bzw. Z-, E-Isomere)

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Cartoon eines Enantiomerenpaares (angedeutet ist ein Molekül mit sp3-hybridisiertem

Kohlenstoffatom, das mit 4 verschiedenen Substituenten verbunden ist. Bild und Spiegelbild sind dann nicht identisch).

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Begriffe zur Stereochemie

Chiralität: z.B. Zentrochiralität: ein C-Atom ist ein stereogenes Zentrum, wenn es sp3-hybridisiert und an vier verschiedene Substituenten gebunden ist. Damit ein Molekül chiral ist, darf es keine Drehspiegelachsen als Symmetrieelement besitzen. Konfiguration: verschiedene räumliche Anordnung der Gruppen in einem chiralen Molekül Optische Aktivtität: die Fähigkeit chiraler Moleküle, die Schwingungsebene linear polarisierten Lichtes zu drehen. Drehwert: der Winkel, um den eine optisch aktive Substanz die Ebene linear polarisierten Lichtes dreht; nach rechts => (+), nach links => (-). Inversion der Konfigration: Umkehr der Konfiguration Retention der Konfiguration: deren Erhalt Racemisierung: aus einem enantiomerenreinen Edukt entstehen beide Isomere Racemat: ein 1:1-Gemisch zweier Enantiomere Epimerisierung: nur eine einziges von mehreren stereogenen Zentren wird in seiner Konfiguration invertiert.

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Beispiele für Unterschiede zwischen der links- und rechtsdrehenden Konfiguration chiraler Substanzen

Substanz linksdrehende Form

rechtsdrehende Form

Aminosäure Asparagin schmeckt bitter schmeckt süß

Barbitursäure ein Derivat löst Krampfanfälle aus wirkt narkotisch

Schlafmittel Contergan

extrem teratogen (fruchtschädigend)

ruft keine Missbildungen hervor

Naturstoff Limonen riecht nach Zitronen riecht nach Orangen

Arzneistoff Ethambutol

wirkt gegen Tuberkulose führt zu Blindheit

Arzneistoff Penicillamin wirkt gegen Rheuma wirkt extrem toxisch

Aminosäure Thyroxin Schilddrüsenhormon senkt den

Cholesterinspiegel

Arzneistoff Propranolol

wirkt gegen Bluthochdruck

wirkt empfängnisverhütend

CONTERGAN (Thalidomid):

N

O

O

NH

O

O

H

(S)-konfiguriert:teratogen

verursacht Missbildungen

N

O

O

NH

O

O

H

(S)

(R)-konfiguriert:mildes Beruhigungsmittel

(R)

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Reaktionsprofile Die Aktivierungsenergie Ea ist die minimale Energie, die ein Molekül besitzen muss, um zu reagieren. Diese Barriere wird durch die destabilisierenden Kräfte erzeugt, die durch Annäherung der Reaktionspartner oder durch Konformationsänderungen eintreten. In der folgenden Abbildung ist das Reaktionsprofil einer exergonischen Reaktion dargestellt:

Übergangszustand: Ein Punkt höchster Energie auf der Reaktionskoordinate. Ein Übergangszustand existiert nur unmeßbar kurz.

Zwischenstufe: Zwischenprodukte (Zwischenstufen) sind energetisch bei Minimas angesiedelt, die von Übergangszuständen flankiert sind. Ihre Lebensdauer ist unterschiedlich lang.

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Zwischenmolekulare Wechselwirkungen

van der Waals-Kräfte:

schwache Bindungskräfte zwischen inerten Atomen und gesättigten, unpolaren Molekülen,

deren Energie mit der 6. Potenz des Molekülabstandes abnimmt.

(schwächste der zwischenmolekularen Kräfte) Jedem Atom wird ein bestimmter Wirkungsradius gegenüber anderen, nicht gebundenen Atomen zugeschrieben, der als van der Waals-Radius bezeichnet wird. Beträgt der Abstand zweier Atome die Summe ihrer beiden van der Waals-Radien ist die van der Waals-Anziehung maximal. Sollen die Atome noch weiter "zusammengepresst "werden, kehrt sich die Anziehung in die sogenannte van der Waals-Abstoßung um.

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Physikalische Eigenschaften von Alkanen

Alkanstrukturen sind regelmäßig gebaut und nehmen unter anderem eine Zickzackanordnung ein.

Alkanmoleküle sind unpolar (die Elektronen sind gleichmäßig im Molekül verteilt) und werden nur von den schwachen van der Waals-Kräften zusammengehalten, deren Energie mit der 6. Potenz des Molekülabstandes abnimmt. Van der Waals-Kräfte wirken zwischen den Moleküloberflächen und sind daher um so stärker, je größer das Molekül ist. Also nehmen die Schmelz- und Siedepunkte und die Dichte der Alkane mit steigender Molmasse aufgrund der zunehmenden Anziehungskräfte zwischen den Molekülen zu. Bei verzweigten Alkanen sind wegen der kleineren Oberfläche die van der Waals-Kräfte geringer als bei geradkettigen Isomeren. Die Höhe der Schmelzpunkte wird auch von der Packungsdichte im kristallinen Zustand beeinflusst. Alkane mit geradzahliger Kohlenstoffzahl sind besser gepackt und schmelzen daher relativ etwas höher als Alkane mit ungerader C-Zahl.

H

C

C

C

C

C

C

H

H

H H HH H H

H HH HH

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Ethan und Konformationsanalyse

Die Newman-Projektionen ist für Konformationsanalysen sehr hilfreich. Dazu betrachtet man das Molekül entlang der Achse, um die die Rotation erfolgt:

H

HH

H

H

H

H

H HH

HH

Newman-Projektion

θ

Keilstrich-Schreibweise

θθθθ : Diederwinkel: gibt den Winkel der beiden Ebenen an, welche durch die C-C-H-Bindungen verlaufen. Wenn θ = 0° ist, sind die Substituenten verdeckt (oder ekliptisch, engl. eclipsed), wenn θ am grössten ist, sind sie gestaffelt (engl. staggered):

H

H HH

HHH

H HH

H

H

gestaffelt verdecktekliptisch

Die H-Atome sind groß genug, um die gegenseitige Abstoßung ihrer Elektronen zu spüren. Je näher sie sind, desto instabiler ist das System. Die möglichen relativen Anordnungen werden als Konformationen bezeichnet. Die Energieminima eines solchen Diagramms heißen Konformere, die Maxima Übergangszustände.

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Cyclohexan

D

HH

Die Ringinversion verläuft über eine Serie von Konformeren;

die Twist-Konformere sind metastabil.

ie Wanne (Boot) ist wesentlich instabiler als der Sessel; zwei Arten destabilisierender Wechselwirkungen:

H H

HH

flagpole H/H-Wechselwirkungen

HH H

HH

H

4 Pitzer-Spannungen (Fahnenstange, Flaggenmast)

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Dissoziationsenergien Wenn sich Atome zu Molekülen vereinigen, wird Energie frei. Zur Spaltung eines Moleküls bzw. einer Bindung muß eine äquivalente Menge Energie aufgebracht werden. Die Energie, die verbraucht oder freigesetzt wird, wenn eine Bindung gespalten oder gebildet wird, bezeichnet man als Dissoziationsenergie DH0

Eine Bindung kann homolytisch oder heterolytisch gespalten werden. Dissoziationsenergien beziehen sich

auf homolytische Spaltungen! homolytische Spaltung: A-B $ A. + B. heterolytische Spaltung: A-B $ A- + :B+

Teilchen mit ungepaarten Elektronen am C: kohlenstoffzentrierte Radikale R.

sp2-hybridisiert Teilchen mit positiver Ladung am Kohlenstoff: Carbeniumionen RC+ sp2-hybridisiert Teilchen mit negativer Ladung am Kohlenstoff: Carbanionen RC- (sp2) sp3-hybridisiert Je stabiler ein Radikal, umso kleiner ist seine Dissoziationsenergie.

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Die Stärke von C-H- und C-C-Bindungen ist von der Molekülstrutur abhängig.

Dissoziationsenergien einiger Alkane

Verbindung DH0 [kJ/mol] Verbindung DH0 [kJ/mol]

H3C-H 440 H3C-CH3 377 H5C2-H 410 H5C2-CH3 360

(H3C)2HC-H 396 H5C2-C2H5 343 (H3C)3C-H 389 (CH3)C-CH3 352

(CH3)C-C(CH3)3 301

Stabilität von Radikalen und Carbeniumionen

CH3-Radikal/Kation < primäres < sekundäres < tertiäres

STABILITÄT ⇒ ⇐ ENERGIEGEHALT

⇐ DISSOZIATIONSENERGIE

Begründung der Stabilitätsreihung durch HYPERKONJUGATION

Hierunter versteht man die Wechselwirkung zwischen einer α-C-H-Bindung und dem p-Orbital des sp2-C-Atoms (des Radikals oder Carbeniumions), die in bestimmten Konformationen möglich ist. Dadurch wird der Elektronenbedarf des elektronenärmeren sp2-C-Atoms ausgeglichen. (⇒ +I -Effekt von Alkylgruppen)

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Radikalische Chlorierung von Alkanen

der Radikalkettenmechanismus verläuft über zwei Übergangszustände

R Cl

R-H

R-ClCl2

HCl

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Elektronegativität ist eine Bezeichnung für die Fähigkeit der an chemischen Bindungen beteiligten Atome, gemeinsame Elektronen von benachbarten Atomen innerhalb des Moleküls unterschiedlich stark anzuziehen.

Die Elektronegativität bestimmt wesentlich den Charakter der Bindung!

Der Begriff Elektronegativität geht auf Pauling zurück, der 1932 die erste empirische Elektronegativitäts-Skala aufstellte und später etwas modifizierte. An den verschiedenartigen Definitionen und der willkürlichen Wahl der Skala erkennt man, daß die Elektronegativität keine wohldefinierte physikalische Größe ist.

Die Elektronegativität eines Atoms ist um so größer, je höher die Kernladung ist und je stärker sie über die Elektronenhülle hinaus wirken kann. Die Elektronegativität nimmt im Periodensystem von links nach rechts innerhalb der Periode und normalerweise von unten nach oben innerhalb einer Gruppe zu. Also:

Im Periodensystem stehen die elektronegativsten Elemente oben und rechts.

Von der Elektronegativität ist die Elektronenaffinität zu unterscheiden, die sich auf die Aufnahme eines Elektrons durch ein freies, ungebundenes Atom oder ein Molekül bezieht.

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Induktive und mesomere Effekte

Durch die unterschiedliche Elektronegativität der Elemente sind viele Bindungen polarisiert.

Die Bindungspartner tragen dadurch Partialladungen: δδδδ+und δδδδ-

♦ Diese wirken sich auch auf weitere Bindungen polarisierend aus, mit zunehmendem Abstand der betrachteten Bindung

von dem/r polarisierenden Atom/Gruppe in immer geringerem Maße: => Induktiver (I-) Effekt

Man unterscheidet Substituenten mit +I-Effekt: erhöhen die Elektronendichte am substituierten C-Atom; (gebundenes Atom hat geringere Elektronegativität als C-Atom) -I-Effekt: erniedrigen die Elektronendichte am substituierten C-Atom; (gebundenes Atom hat höhere Elektronegativität als C-Atom) Kohlenstoffreste, die stark elektronegative Elemente tragen, wie eine CCl3- oder eine CF3-Gruppe haben -I-Effekt! Alkylsubstituenten wirken einen +-I-Effekt aus! => Hyperkonjugation

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♦ Ein zweiter Effekt kommt bei sp2-hybridisierten C-Atomen zum Tragen. Er kommt durch Konjugation zwischen π-Systemen oder π-Systemen mit freien Elektronenpaaren zustande und kann durch mesomere Grenzstrukturen (Resonanzstrukturen) beschrieben werden: => Mesomerer (M-) Effekt

Je nachdem ob ein Substituent durch Mesomerie Elektronen aufnehmen oder abgeben kann, spricht man von -M- Effekt oder +M-Effekt Auch hier beschreibt das Vorzeichen (+) die Erhöhung, (-) die Erniedrigung der Elektronendichte des Zentrums an dem ein M-Substituent gebunden ist. Substituenten mit freien Elektronenpaaren sind +M-Substituenten, Substituenten mit π-Systemen, vor allem, wenn elektronegative Elemente beteiligt sind, besitzen meist -M-Charakter.

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I- und M-Effekte wichtiger Substituenten nur induktiv

-I-Effekt +I-Effekt

-NR3 + -CR3 -CF3 -SiR3 -CO2

- induktiv und -I-, -M-Effekt +I-, +M-Effekt mesomer -CN -O - -CO-R, -CO-X -NO2 -SO2R -I- < +M-Effekt -I- > +M-Effekt -NR2 -Hal -OR -NHCOR -SR -Ph

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Physikalische Eigenschaften von Halogenalkanen

C-F C-Cl C-Br C-I

zunehmende Größe des Halogenatoms

zunehmende Diffusität des Halogen-p-Orbitals

zunehmende C-X-Bindungslänge

abnehmende C-X-Bindungsstärke

zunehmende Polarisierbarkeit des Halogenatoms

van der Waals-Kräfte gewinnen an Bedeutung

zunehmende Siedepunkte CH4 CH3F CH3Cl CH3Br CH3I

-161°C -78.4°C -24.2°C 3.6°C 42.4°C

sp3-Orbital des Kohlenstoffatoms

C Xp-Orbital des Halogenatoms

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Begriffe zum Reaktionsverlauf

Übergangszustand: ein Punkt höchster Energie auf der Reaktionskoordinate. Ein Übergangszustand existiert nur unmeßbar kurz.

Zwischenstufe: Zwischenprodukte (Zwischenstufen); sind energetisch bei Minimas angesiedelt, die von Übergangszuständen flankiert sind. Ihre Lebensdauer ist unterschiedlich lang.

Elementarreaktion: Eine Stoffumwandlung, die genau über einen Übergangszustand erfolgt. Eine n-stufige Reaktion erfolgt über eine Folge von n Elementarreaktionen.

Reaktionsordnung: die Summe der Exponenten der einzelnen Reaktionsterme im Geschwin digkeitsgesetz, das die Kinetik einer Reaktion beschreibt.

Molekularität: gibt die Zahl der Teilchen an, die in einer Elementarreaktion miteinander reagieren.

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Begriffe zur Reaktivität

Substitution: Ein Atom wird durch ein anderes ersetzt. Polarität: ungleiche Verteilung von Elektronendichte Polarisierbarkeit: ein Maß für die Fähigkeit der Elektronenhülle eines Atoms auf die Änderung des elektrischen Feldes zu reagieren. Nucleophile: Elektronendonoren; haben eine negative Ladung oder ein freies Elektronenpaar; elektronenreiche Verbindungen oder Teilchen, die bevorzugt mit elektrophilen Zentren reagieren. Elektrophil: Elektronenpaarakzeptoren; haben Elektronenmangel; elektronenarme Verbindungen oder Teilchen, die bevorzugt mit nucleophilen Zentren reagieren.

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Nucleophile Substitution

Vergleich von SN1- und SN2-Reaktionen (ein Überblick)

SN1 SN2 r ~ [RX] (1. Ordnung) r ~ [RX][Nu] (2. Ordnung)2 Übergangszustände

1 Übergangszustand

nur wenn sich stabilisierte Carbeniumionen bilden können

nicht mit sterisch gehinderten Substraten

Racemisierung

Inversion; stereospezifisch

beschleunigt in polaren protischen Solventien (Ionenstabilisierung)

beschleunigt in polaren aprotischen Solventien ("nackte" Ionen)

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CH3Cl + HO-Chlormethan

CH3CH2I + H3CO-Iodethan

+ I-

+ NC-

+ H3CS -

CH3CH2I + Iodethan

CH3Br + Brommethan

CH3OH + Cl-Methanol

CH3CH2OCH3 + I-Methoxyethan

+ Br-

+ I-

+ Br -

H3C-C-CH2CH3

H

Br

H3C-C-CH2IH

CH3

Br

H3C-C-CH2CNH

CH3

H3C-C-CH2CH3

H

I

Beispiele nucleophiler Substitutionsreaktionen

2-Brombutan

1-Iod-2-methyl-propan

Bromcyclohexan

SCH3

H3CCH2 NHH

H

H3C-P-CH3

CH3

CH3

+ Br -

+ I -

Tetrammethyl-phosphoniumbromid

Ethylammoniumiodid

(Methylthio)cyclohexan

3-Methylbutan-nitril

2-Iodbutan

Abgangsgruppe Nucleophil elektrophiles Zentrum: fett

P(CH3)3

NH3

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ALKENE

cis-trans-Isomerie (geometrische Isomerie)

Diese Form der Isomerie tritt im Zusammenhang mit Doppelbindungen auf, wo es keine freie Drehbarkeit um die

C-C-Bindung gibt.

Dadurch kann es bei der Substitution von H-Atomen in Alkenen räumlich unterschiedliche Formen geben,

die cis- ([lat.], „diesseits") und

die trans-([lat.], „jenseits") Form.

cis-Konfiguration trans-Konfiguration

Benennung cis-2,3-Di-chlor-buten trans-2,3-Di-chlor-buten

Strukturformel

Schmelztemperatur [°C] -80,5 -49,8

Siedetemperatur [°C] +60,3 +47,7

Dipolmoment [Debey] 1,89*1018 0,0

Abstand zwischen den C-Atomen [nm] 0,34 0,47

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Stichworte zum Alkenkapitel Kummulierte, isolierte und konjugierte Doppelbindungen; Resonanzstabilisierung im Falle von Konjugation. Addition an C=C-Doppelbindung: elektrophil, radikalisch, nucleophil, syn-Addition. Markovnikov, anti-Markovnikov Wichtige Reaktionen von Olefinen: zu cis-Diolen mit KMnO4, zu trans-Diolen über Epoxid-Öffnung, Ozonolyse, Hydroborierung, Diels-Alder-Cycloaddition, Polymerisation. Elektrophile Addition: es wird eine kationische Zwischenstufe gebildet.

Reaktivität von HX steigt parallel mit Säurestärke: HI > HBr > HCl > HF

Elektrophile Addition von Halogenatomen an

Doppelbindungen: anti-Addition führt zum trans-Additionsprodukt!

HalHal

Polarisierung des Halogenmolekülsdurch die olefinische Doppelbindung

Hal+

HalHal

cyclisches Haloniumion:2-Elektronen-3-Zentrenbindun

Hal+

Hal

Haltrans-Additionsprodukt

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Radikalische Addition an Doppelbindungen: es wird eine radikalische Zwischenstufe gebildet;

Radikalkettenmechanismus. Als Radikalstarter fungieren Peroxide, R-O-O-R'

Regiochemie bei der Addition an unsymmetrisch substituierte Alkene

RR

+ X-RR X + R

X-R = Hal-Hal , H-Hal , H-SR' , Hal-CCl 3

H

R

H

Br

R

R

HH

das stabilere Carbeniumionwird gebildet

Br

Br

das stabilere Radikalwird gebildet

HBr

-Br

Br

R

HH

H

R

HBr

Anti-Markovnikoff-Produkte

Markovnikoff-Produkte

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C CH CH2

CH3

1-Butin

Alkine enthalten Dreifachbindungen sp-, sp2- und sp3-Hybridorbitale unterscheiden sich in der Zahl der beteiligten p-Orbitale. Dabei nimmt der Anteil des beteiligten s-Orbitals wie folgt ab:

sp: 50% s-Anteil sp2: 33% s-Anteil sp3: 25% s-Anteil

Da ein s-Orbital energetisch tiefer liegt als das p-Orbital (der gleichen Schale) liegt ein Hybridorbital energetisch umso tiefer, je höher sein s-Anteil ist. Acidität Kohlenstoff-gebundener Wasserstoffatome: Eine kovalente Bindung, an der ein sp-Orbital beteiligt ist, ist stärker zum C-Atom (zum Kern) hin polarisiert als im Fall einer sp2- oder sp3-Hybridisierung. Das bedingt eine erhöhte Acidität von sp-gebundenen Wasserstoffatomen.

Alkin-Wasserstoffatome sind acide:

E

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Aromaten und Mesomerie Deleokalisierung von ππππ-Elektronen führt zu besonderer Stabilisierung

Mesomerie (von griech.: mesos = zwischen und meros = Teil)

Bezeichnung dafür, daß eine real existierende Struktur durch Kombination mehrerer, nicht real existierender

Grenzstrukturen beschrieben wird.

Im angelsächsischen Raum ist der Begriff "Mesomerie" weitgehend durch "Resonanz" ersetzt.

Beispiele für die Beschreibung einer Verbindung durch

mehrere mesomere Grenzstrukturen:

Benzol Allyl-Kation

Die mathematische Behandlung der Mesomerie führt zu der Einsicht, daß dem mesomeren Zustand eine geringere Energie zukommt, wie jeder der einzelnen Grenzstrukturen. Die Energiedifferenz zwischem dem mesomeren Zustand und den Grenzstrukturen bezeichnet man als Mesomerie- bzw. Resonanzenergie. Ihr entspricht im MO-Modell (MO-Theorie) die Delokalisierungsenergie.

C C

C

H

H

H

H

H

C C

C

H

H

H

H

H1/2( )

1/2( )

H

H

H

H

H

H

H

H

H

H H

H

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X

X

E

+ E

X

E

Allgemeiner Reaktionsmechanismus derelektrophilen aromatischen Substitution

X

H E

π-Komplex

σ-Komplex

Mesomerie-stabilisierung!

π-Komplex

X

E

H+ H

Wenn das Proton deutlichleichter abgespalten wird als das Elektrophil, ist dieBildung des σ-Komplexes praktisch irreversibel.

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Sauerstoffhaltige organische Verbindungen % R-OH Alkohole % R-O-R Ether z.B. Diethylether Tetrahydrofuran Oxiran Oxetan % Verbindungen mit C(sp2)=O-Doppelbindung (Carbonylgruppe)

O

H

O

R Het1

O

Het2

O

Het

Aldehyd Keton CarbonsäurenCarbonsäure-derivate

Kohlensäure-derivate

CarbonylverbindungenCarbonylkohlenstoffCarbonylsauerstoff

CarboxylverbindungenCarboxylkohlenstoffCarboxylsauerstoff

Carbonsäuren

Carbonsäureester

Carbonsäureamide

Carbonsäurechloride

Carbonsäureanhydride

R CO

OH

R CO

Cl

R CO

NR'2 (NH2)

R CO

OR'

R CO

O

OCR

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-CARBONSÄUREN: Überblick-

In festem und flüssigem Zustand existieren Carbonsäuren weitgehend als wasserstoffbrückenverbundene Dimere:

Eckpunkte der Nomenklatur:

„Alkansäuren“ �Cycloalkancarbonsäuren�, z.B.: Die wichtigsten Trivialnamen von Carbon- und Dicarbonsäuren sollte man nicht vergessen:

Monocarbonsäuren R-COOH

Dicarbonsäuren HOOC-(CH2)n-COOH

Ameisensäure C-1

Essigsäure C-2 Oxalsäure (n = 0)

Propionsäure C-3 Malonsäure Buttersäure C-4 Bernsteinsäure

Valeriansäure C-5 Glutarsäure Capronsäure C-6 Adipinsäure Oenanthsäure C-7 Pimelinsäure Caprylsäure C-8 Korksäure

Pelargonsäure C-9 Azelainsäure Caprinsäure C-10 Sebacinsäure

Geradkettige, langkettige Carbonsäuren werden auch als �Fettsäuren� bezeichnet (sie sind Bestandteile natürlicher Fette).

R CO

O H

H O

OC R

R CO

OH1

COOH1

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Hybridisierung und Bindungswinkel: Acidität: Carbonsäuren sind mittelstarke Säuren wegen der guten Mesomeriestabilisierung von Carboxylat-Anionen: die negative Ladung ist gleichmäßig auf zwei Sauerstoffatome verteilt (während sie bei Alkoxid-Anionen, die durch Deprotonierung von Alkoholen entstehen, nur an einem einzigen Sauerstoffatom konzentriert ist).

Elektronenziehende Substituenten in Nachbarschaft zur Carboxylgruppe erhöhen die Acidität der entsprechenden Verbindung (und erniedrigen folglich ihren pKa-Wert). Je weiter die jeweiligen Substituenten von der Carboxylgruppe entfernt sind, um so schwächer wirkt sich ihr induktiver Effekt auf die Acidität aus. Beispiele: Essigsäure: pKa = 4.74

Trifluoressigsäure: pKa = 0.23

124.1°

124.9°

111.0°

106.3°

C OH

O

H

C OH

OH

Ameisensäure

sp2sp2

120.2 pm134.3

109.7

97.2

R CO

OR C

O

O

beide C-O-Bindungensind gleichlang

R CO

O

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Darstellung von Carbonsäuren: Überblick Oxidation primärer Alkohole Haloformreaktion Carboxylierung von Grignard-Verbindungen (CO2) Oxidation von Alkenen mit basischem Kaliumpermanganat Oxidation von alkylsubstituierten Aromaten mit Kaliumpermanganat (u.a., Natriumdichromat oder HNO3) Hydrolyse verschiedener Carbonsäurederivate: z.B. Ester: Verseifung Hydrolyse von Nitrilen (R-CN)

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&&&& Prinzipielle Reaktionsmöglichkeit: Additions-Eliminierungsreaktion

(säure- oder basekatalysiert) Im Fall einer Carbonsäure (RCOOH) ist dieser Reaktionsverlauf erschwert, weil (a) OH- keine gute Abgabgsgruppe ist und (b) das saure Hydroxy-Proton vom angreifenden Nucleophil abstrahiert werden kann:

R CO

NuR C

O

L

Nu

tetraedrischesZwischenprodukt

R CO

L

Nu

+ LAddition Eliminierung

R CO

O H

Nu

Nu

R C

O

OH

Nu R CO

O

(a):ungünstig fürden folgenden Eliminierungsschritt: OH- : schlechte Abgangsgruppe

(b): acides O-H

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Acylierungsvermögen von Carbonsäure(derivate)n Additions-Eliminierungsmechanismus: Die relative Reaktivität von Carbonsäure(derivate)n R-COL (L = leaving group) hängt einerseits von den Abgangseigenschaften der Abgangsgruppe „L“ ab und andererseits von ihren induktiven und mesomeren Effekten, die für die Stabilisierung der tetraedrischen Zwischenstufe entscheidend sind. Man spricht von Acyclierungsaktivität: sie ist umso höher, je besser ein Carbonsäurederivat R-COL den Acylrest R-CO auf ein anderes Molekül bzw. auf ein Nucleophil übertragen kann.

Anders ausgedrückt: Je höher die Elektrophilie des Carboxylkohlenstoffatoms in einem Carbonsäurederivat ist, umso leichter erfolgt der Angriff eines Nucleophils und umso besser eignet sich das betreffende Carbonsäurederivat als Acylierungsmittel! Reaktivität gegenüber nucleophilem Angriff (Acylierungsaktivität):

R CO

OR'R C

O

Cl

R CO

NR'2R C

O

OH

RC

O

O

O

CR

< < < <

< <

R CO

OR C

O

NH2

<

Ester

Amide

ChlorideAnhydride

Carbonsäuren

R CO

NuR C

O

L

Nu

tetraedrischesZwischenprodukt

R CO

L

Nu

+ LAddition Eliminierung

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Ester (R-COOR�): in Aromastoffen! Bildung von Estern: Veresterung:

R-COOH + R�-OH R-C(O)OR� + H2O

Umkehrung des Prozesses = Esterhydrolyse (Verseifung) Mechanismus: Cyclische Ester: Lactone Wachse: Ester aus langkettigen Monoalkoholen und

lankettigen Carbonsäuren

R

O

OH

R

OR'

OH

+ H R

OH

OH

+ R'OHR

OH

OH

OHR'

- H

R

OH

OH

OR'+ H

R

OH2

OH

OR'- H2O

R

OR'

OH

- HR

OR'

O

O

O

O O

αβ

γz.B.:

γ-Butyrolacton(Oxa-2-cyclopentanon)

ein Lacton(Oxa-2-cycloalkanone)

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Herstellung von Säurechloriden mit Thionylchlorid (SOCl2) Mechanismus: Reaktionen von Säurechloriden

R CO

OHR C

O

Cl+ SO2 + HCl

SOCl2

oder PCl5

R CO

OH

SOCl2

R C

O

O SO

Cl+ HCl

R C

OH

O SO

ClCl

R C

O

O SO

ClCl

H

+ SO2 + HCl

R CO

Cl

R CO

Cl

R CO

OH

R CO

OR'

R CO

NHR'

+ H2O

+ HOR'

+ HCl

+ HCl

+ HCl

+ H2NR'

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Herstellung von Carbonsäureanhydriden allg.: ' Thermische Dehydratisierung von Dicarbonsäuren führt zu

cyclischen Anhydriden, z.B.: ' Reaktion von Carbonsäurechloriden mit Carbonsäuresalzen: C6H13-C(O)Cl + C6H13-C(O)O- Na+ ( H2O + [C6H13-C(O)]2O + NaCl ' Wichtig: Essigsäureanhydrid als Acetylierungsmittel

(Ac2O und ∆ oder Ac2O, RT, Pyridin)

RO

OH

- H2OR

O

O

O

R2

Butandisäure(Bernsteinsäure) Butandisäureanhydrid

(Bernsteinsäureanhydrid)

COOH

COOH

O

O

O

300°C

- H2O

COOH

COOH

O

O

O

300°C

- H2O

Maleinsäureanhydrid

Maleinsäure

H3C O CH3

O OR OH + R O

O

CH3+

HO CH3

O

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Herstellung von Amiden allg.:

Thermische

RO

OH

- H2OR

O

O

O

R2

Butandisäure(Bernsteinsäure) Butandisäureanhydrid

(Bernsteinsäureanhydrid)

COOH

COOH

O

O

O

300°C

- H2O

COOH

COOH

O

O

O

300°C

- H2O

Maleinsäureanhydrid

Maleinsäure

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COOH

COO- Na+

Natriumdodecanoat

NaOH, H 2ODodecansäure (Laurinsäure)

Salzbildung mit Carbonsäuren:

Carbonsäuren bilden mit starken Basen, z.B. Natronlauge, Salze aus, die als �Alkanoat e� bezeichnet werden. Die Natrium- und Kaliumsalze langkettiger Carbonsäuren (�Fettsäuren�) nennt man Seifen. Diese Verbindungen sind amphiphil und bilden in Wasser Micellen; ( Tenside ! Lipide (Fette): Energiespeicher Lipid-Doppelschicht

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Öle Von Oleum (lat.: Öl) abgeleitete Sammelbez. für wasserunlösl., bei Raumtemp. flüssige org. Verb. mit relativ niedrigem Dampfdruck, deren gemeinsames Merkmal nicht die übereinstimmende chem. Konstitution, sondern die ähnliche physik. Konsistenz ist. Man unterscheidet 3 Hauptgruppen der Ö.: 1. Mineralöle aus Erdöl sowie vollsynthet. Ö. wie z.B. Siliconöle (s. Silicone); 2. Pflanzliche u. tier. fette Ö., bei denen es sich um Triglyceride mittlerer od. ungesätt. Fettsäuren handelt, s. Ölpflanzen u. Fette u. Öle; 3. Etherische Öle, bei denen es sich um duftende, flüchtige Ö. u. Riechstoffe aus verschiedenen Pflanzenteilen handelt, die im Gegensatz zu fetten Pflanzenölen auf Papier keinen bleibenden Fettfleck hinterlassen.

Etherische Öle Sammelbez. für alle duftenden Stoffe (vgl. jedoch Duftstoffe), die durch physikal., bevorzugt destillative Verf. aus Pflanzen od. Pflanzenteilen, auch Gewürzen, gewonnen werden können. Die Mehrzahl der geruchsbestimmenden Bestandteile der e. Ö. gehören den Terpenen u. Sesquiterpenen an; aufgrund ihrer funktionellen Gruppen sind viele von ihnen empfindlich gegen Luftsauerstoff, Licht u. Wärme, die Autoxidationen, Isomerisierungen, Racemisierungen od. auch Polymerisationen (Verharzung) hervorrufen können.

Mineralöle Sammelbez. für die aus mineral. Rohstoffen (Erdöl, Braun- u. Steinkohlen, Holz, Torf) gewonnenen flüssigen Dest.-Prod., die im wesentlichen aus Gemischen von gesätt. Kohlenwasserstoffen bestehen. Analog bezeichnet man mitunter die festen u. halbfesten Gemische höherer Kohlenwasserstoffe als Mineralfette; Beisp.: Ceresin, Vaseline, Paraffin. Zur Beseitigung von M.-Anschmutzungen aus Textilien s. Fleckentfernung. Im Gegensatz zu den unverseifbaren M. bestehen die in lebenden Organismen verbreiteten Fette u. Öle aus gemischten Glycerinestern von Fettsäuren. Die Analyse von Gemischen fetter u. mineral. Öle läßt sich IR-spektroskop. (Lit. ) od. durch Best. des Unverseifbaren durchführen; zum Schnellnachw. z.B. im Boden sind Testpapiere im Handel. Zu den M. bzw. M.-Prod. gehören z.B. Benzin, Dieselöle, Heizöle, Schmieröle, Leuchtpetroleum, Isolieröle, viele Lsgm., Bitumen usw., die zus. ca. 85% der Erdöl-Produktion für sich beanspruchen. Manchmal versteht man unter M. lediglich die Motorenöle. Zum Recycling der Altöle s. Altölentsorgung u. Lit. . In der BRD wurden 1988 79,7 Mio. t M. u. M.-Prod. hergestellt u. zwar (Angaben in Mio. t) Benzin 29,0, Dieselkraftstoff 11,7, Heizöle 32,7, Flüssiggas 2,4, Schmierstoffe 1,1 u. Bitumen 2,9.

Motorenöle (Motorschmieröle). Sammelbez. für Mineralöle, auch synthet. Öle (org. Ester, synthet. Kohlenwasserstoffe, Poly-a-olefine, Polyolefine) mit od. (heute nur noch selten) ohne Mineralöladditive, die als Schmierstoffe für Motoren geeignet sind. Die Additive bewirken ein günstiges Fließverhalten bei tiefen u. hohen Temp. (Verbesserung des Viskositätsindexes), sie suspendieren Feststoffe (Detergent-Dispersant-Verhalten), neutralisieren saure Reaktionsprod. u. bilden einen Schutzfilm auf der Zylinderoberfläche (EP-Zusatz, für „extreme pressure“). M. werden in verschiedenen Viskositätsklassen als Ein- od. Mehrbereichsöle hergestellt, wobei letztere mehr als eine SAE-Viskositätsklasse abdecken. Für die Aufarbeitung von Altöl – wegen des Gehalts an krebserzeugenden Pyrolyse-Prod. wurde es in die Gruppe Vd der MAK-Liste eingestuft – sind verschiedene Recycling-Verf. entwickelt worden, wobei die Beseitigung des als Abfall anfallenden sog. Säureteers gewisse Probleme aufwirft.

Fette und Öle (Triglyceride). Sammelbez. für verbreitete, feste, halbfeste od. flüssige, mehr od. weniger viskose Prod. des Pflanzen- od. Tierkörpers, die chem. im wesentlichen aus gemischten Glycerinestern höherer Fettsäuren mit gerader Anzahl von Kohlenstoff-Atomen bestehen. F. sind wasserunlöslich u. weisen stets eine geringere Dichte als Wasser (D. 0,9 bis 0,95) auf.

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Zusammensetzung u. Klassifizierung: Während pflanzliche F. praktisch ausschließlich geradkettige Fettsäuren enthält, spielen bei tierischen F. jedoch auch Fettsäuren mit ungerader Kohlenstoff-Zahl, insbes. Margarinsäure mit 17 C-Atomen, eine Rolle. Ein weiterer Unterschied besteht darin, daß die in pflanzlichen F. vorkommenden ungesättigten Fettsäuren in der cis-Form vorliegen, während tierische Fettsäuren häufig trans-konfiguriert sind (z.B. Palmitolein im Rindertalg 50%). Tierische F. enthalten ferner bis zu einer Gesamtmenge von 5% einfachverzweigte, meist ungeradzahlige gesättigte Fettsäuren mit 17 C-Atomen, die sowohl in Iso- als auch Anteiso-Form vorliegen können sowie Anteile der mehrfachverzweigten Phytonsäure, was auf einen wesentlich komplexeren Bildungsmechanismus von tierischen im Vergleich zu pflanzlichen F. hinweist. Die häufigsten in Form ihrer Glycerin-, z.T. jedoch auch Glykolester vorkommenden Fettsäuren sind Laurin-, Myristin-, Stearin-, Palmitin- u. Ölsäure, untergeordnet auch Linol- u. Linolensäure, während Buttersäure nur im Butterfett u. auch dort nur zu 2–3% vorkommt. Die physik. Beschaffenheit der F. wird durch die Kettenlänge u. die Zahl der enthaltenen Doppelbindungen in den Glyceriden bestimmt. Längerkettige u. gesätt. Fettsäuren bedingen einen höheren, kürzerkettige od. ungesätt. einen tieferen Schmelzpunkt u. ölige Beschaffenheit. Aus Ölen lassen sich höher schmelzende Anteile durch Ausfrieren (Winterisierung) abtrennen. Die Einteilung der F. erfolgt nach Iodzahl (IZ) u. dem Verhalten eines dünnen Ölaufstrichs auf Papier: Verw.: Etwa 80% der Weltproduktion an F. (1986: 59 Mio.t) dienen der Ernährung, wobei F. wie Butter, Schmalz u. Olivenöl unmittelbar genossen werden können. Viele flüssige ungesättigte pflanzliche u. tierische F. sind hingegen erst nach der von Normann 1901 entwickelten Partialhydrierung (Härtung) für den menschlichen Organismus geeignet. Hierbei werden die oft unangenehm riechenden u. dunkelgefärbten flüssigen ungesättigten F. durch katalytische Hydrierung in Ggw. von Nickel-Katalysatoren bei 200° u. 20 bar in fast geruch- u. geschmacklose F. umgewandelt.

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Kerzen

Seit mehr als zwei Jahrtausenden nutzt die Menschheit Wachse und Fette, um Licht in die Dunkelheit zu bringen. Bis zur Entdeckung von Gas, Petroleum und schließlich der Elektrizität waren Kerzen noch bis vor rund 100 Jahren in jedem Haushalt als Lichtquelle unerläßlich. Allerdings ließ die Qualität lange zu wünschen übrig: Die billigen Unschlittkerzen aus tierischen Fetten stanken, rußten und brannten schlecht. Heute steht der Kerzenschein für romantische Stunden und eine besondere Atmosphäre. Damit das heimelige Licht schadstofffrei brennt, sollten Sie auf die Kerzenrohstoffe ein besonderes Augenmerk richten. Denn da gibt es gewaltige Qualitätsunterschiede.

Bienenwachs - das älteste Kerzenwachs Ob die Menschen im frühen Altertum neben Fackeln auch schon Kerzen als Lichtspender nutzten, ist aus den überlieferten schriftlichen und bildlichen Quellen nicht eindeutig zu bestimmen. Auf jeden Fall kannten sie die Brenneigenschaften von Wachsen oder Fetten und wußten sie zu nutzen: So wurde zum Beispiel bei den Römern das Mark einer Binsenart mit Wachs bestrichen oder wurden mehrere Faserdochte aus Hanf, Werg oder Papyrus zusammengedreht und mit Wachs umgeben. Als wissenschaftlich gesichert gilt, daß die Kerze in der heute bekannten Form, das heißt aus einem glatten Wachskörper mit einem Docht aus pflanzlichem Material, der das flüssig gewordene Wachs aufsaugt und am Dochtende verbrennt, in den ersten Jahrhunderten nach Christus im Zusammenhang mit der aufkommenden christlichen Symbolik entstanden ist. Das älteste bekannte und auch heute noch verwendete Wachs ist das Bienenwachs. Es war schon damals ein edles und nur begrenzt verfügbares Material - Fürsten, wohlhabenden Bürgern sowie vor allem Kirchen und Klöstern vorbehalten.

Zu kostbar für den täglichen Gebrauch Nach Christi Geburt wird auch Talg als Brennmaterial in der Literatur erwähnt. In den ärmeren Haushalten mußte man sich im Mittelalter mit Herdfeuer, Kienspan, Öllampen oder Brennäpfen, die Talg und Sägespäne enthielten, bescheiden. Bis zum 15. Jahrhundert waren Wachskerzen zu kostbar für den täglichen Gebrauch. Die über Jahrhunderte verwendete Talgkerze oder Unschlittkerze hat mit unserer romantischen Kerzenvorstellung wenig zu tun. Sie bestand aus tierischen Abfällen, den für den Menschen unverwertbaren Eingeweidefetten von Hammel, Ziege und Rind, die in der Küche nach dem Schlachten gesammelt wurden. Durch Auslassen, dem Schmelzen und Abfiltern der leichtverderblichen proteinhaltigen Substanzen, gewann man den Talg. Dabei hatte der Fäulnisprozeß oft schon begonnen, bevor die Talggewinnung vorgenommen wurde. Um die unansehnlichen Kerzen zu schönen, wurde im 17. Jahrhundert dem flüssigen Talg weißes Arsenik zugesetzt. Kaiser Leopold I., der solche Kerzen benutzte, wäre fast daran gestorben. Überhaupt war die Nutzung dieser Kerzen kein Vergnügen, sondern notwendiges Übel. Sie rochen schlecht, verbrauchten große Mengen Sauerstoff, rußten und mußten ständig "geschneuzt" werden. Unter Schneuzen verstand man das Entfernen der Spitze des verkohlten Dochtes, bevor er in das geschmolzene Wachs fiel. Die Unzufriedenheit der Menschen mit Brenndauer und -verhalten trieb sie voran, nach einer Verbesserung ihrer Lichtquelle zu suchen. Doch bis zur Kerze, wie wir sie kennen, war es ein langer Weg.

Stearin war die Entdeckung - Paraffin folgte Der Durchbruch gelang in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Die experimentelle chemische Erforschung der Fette brachte die Entdeckung des Stearins aus tierischen oder pflanzlichen Fetten. Dazu kam die Erkenntnis, daß ein geflochtener Docht das Wachs optimal verbrennt und später die Entdeckung des Paraffins als Wachsbrennstoff. So konnten innerhalb relativ kurzer Zeit brauchbare Kerzen zu erschwinglichen Preisen für alle produziert werden.

Paraffin ist am billigsten - Schadstoffe inclusive Dabei werden die meisten Kerzen aus dem preisgünstigen Rohstoff Paraffin gefertigt und ein

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weitaus geringerer Teil aus Stearin, Bienenwachs oder aus Mischungen der drei Wachse. Mit der Herstellung von rund 84 000 Tonnen Kerzen in 1992 steht Deutschland weltweit an der Spitze.

Gesundheitsgefahr durch Kerzen? Nachdem die grundsätzlichen Probleme der Kerzenfunktionalität gelöst sind, hat man sich in den letzten Jahren zunehmend mit einer eventuellen Schadstoffbelastung bei der Verbrennung auseinandergesetzt. Besonders kritisch wurden die Verbrennungsrückstände bei Paraffinkerzen beleuchtet. So sorgten Nachrichten vom Freiwerden krebsverdächtiger polyzyklischer aromatischer Kohlenwasserstoffe (PAK) und gesundheitsschädlicher Aldehyde für Verunsicherung. Billigen Kerzen wurde außerdem ein höherer Rest-Schwerölgehalt nachgesagt, der gesundheitsbedenkliche Stoffe enthalten kann. Auch die Mel- è è dung über dioxinhaltige Farbstoffe in lila Kerzen ließ die KäuferInnen aufhorchen. Der Verband Deutscher Kerzenhersteller e.V. in Frankfurt ließ daraufhin die Rohstoffe von Qualitätskerzen wissenschaftlich prüfen. Eine 1994 abgeschlossene Studie gab Entwarnung: Wissenschaftler des Bayreuther Instituts für Umweltforschung hatten unter anderem festgestellt, daß ein mit neun brennenden Kerzen bestückter Leuchter deutlich weniger Schadstoffe, wie polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK) oder Formaldehyd in die Raumluft entläßt, als eine Zigarette. Neben den Kerzenabbrandgasen wurden die Rohstoffe auf Verunreinigungen mit Schadstoffen wie Dioxin, Chlorbenzolen, -phenolen und -pestiziden analysiert. Danach enthalten Paraffin, Stearin und Bienenwachs keine toxikololgisch relevanten Anteile an den untersuchten Schadstoffen. In dem chemischen Farbmittel Chloranil, das zum Einfärben von lila Kerzen benutzt wird, ist ein Dioxin nachgewiesen worden. Eine Schädlichkeit könne aus diesem Ergebnis jedoch nicht abgelesen werden, so die beiden untersuchenden Wissenschaftler der Uni Bayreuth. Dem halten Kritiker entgegen, daß Dioxinquellen, um einer weiter zunehmenden Umweltbelastung vorzubeugen, grundsätzlich abgestellt werden sollten.

Die Rohstoffe: Aus Erdöl problematisch Paraffin wird überwiegend aus Erdöl gewonnen. Durch Destillieren werden verschiedene Produkte (Fraktionen) herausgetrennt. Die anfallende Paraffingatsche wird anschließend mit aufwendigen Verfahren Filtration, Hydrierung und weiteren Reinigungsstufen - raffiniert, bis ein weißes geruchfreies Produkt entsteht. Das Paraffin wird als feines weißes Pulver, als Pastillen oder Tafeln oder flüssig zur Kerzenherstellung verwendet. Chemisch sind Paraffine ein Gemisch gesättigter Kohlenwasserstoffe. Von ökologischer Seite wird bei den Paraffinkerzen der Rohstoff Erdöl kritisch betrachtet. Dabei spielen die Abhängigkeit der Industrieländer vom Erdöl und die vielfältigen Umweltbelastungen im Zusammenhang mit der Petrochemie eine entscheidende Rolle. Der Naturwarenhandel setzt deshalb auf Kerzen aus nachwachsenden Rohstoffen wie Bienenwachs und rein pflanzlichem Stearin.

Öko-Vorteil für Bienenwachs und pflanzliches Stearin Bienenwachs besteht, chemisch gesehen, hauptsächlich aus Wachsestern, Säuren und Kohlenwasserstoffen. Der natürliche Kohlenwasserstoffgehalt liegt bei 13 bis 18 Prozent, der Anteil Ester und Säuren bei rund 70 Prozent. Die Bausteine der Esterwachse sind durch ein Sauerstoffatom miteinander verbunden. Bienenwachskerzen riechen charakteristisch nach Honig und haben auch die typisch goldgelbe Farbe des Honigs. Die hochwertigen Kerzen werden durch "Ziehen" oder "Tauchen" gewonnen. Dabei wird der Docht solange durch die erwärmte Wachsmasse gezogen oder getaucht, bis die Wachsschicht die gewünschte Dicke erreicht hat. Das Naturmaterial gilt als besonders wertvoll, zumal es mengenmäßig nur begrenzt verfügbar ist. Bienenwachskerzen im Naturkosthandel stammen aus kleineren Betrieben, oft Imkereien, und werden meist in Handarbeit hergestellt. Die bei längerer Lagerung auftretende Graufärbung ist übrigens normal und nicht qualitätsmindernd. Den Belag können Sie einfach mit einem weichen Tuch abreiben.

Kristalline Struktur bietet beste Voraussetzungen • Stearin ist ein Gemisch von überwiegend Palmithin- und Stearinsäure. Ausgangsrohstoff für das

Naturprodukt sind Öle und Fette tierischer und pflanzlicher Herkunft. Dabei gilt Stearin unter Fachleuten als der beste Kerzenrohstoff. Das hängt zum einen mit den sehr guten Brenneigenschaften zusammen und beruht zum anderen auf der Tatasache, daß Stearinkerzen mit weit weniger Rußentwicklung und geringerem Sauerstoffverbrauch abbrennen als Paraffinkerzen. Die günstigen Brenneigenschaften liegen in der kristallinen Struktur und dem nahen Beieinanderliegen von Erweichungs- und Schmelzpunkt begründet. Durch die zwischen den Kristallen eingeschlossene Luft, die ein schlechter Wärmeleiter ist, bildet die brennende Kerze eine ausgeprägte Brennschüssel aus. Die isolierende Luft verhindert dabei ein zu rasches Abschmelzen des Schüsselrandes. Daneben sieht die Kristallstruktur sehr schön aus: Durch das Lichtbrechungsvermögen bekommt die Kerze eine schöne weiße Farbe Die Stearinkerze hat

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eine porzellanähnliche Struktur und läßt sich eher brechen als verbiegen. Die Verarbeitung von Stearin zu Kerzen ist schwierig und aufgrund der physikalischen Eigenschaften des Materials nur durch das Gießverfahren möglich. Schon deshalb ist eine industrielle Massenproduktion mit großen Stückzahlen nicht möglich. Im Naturwarenhandel gibt es reine Stearinkerzen aus 100 Prozent pflanzlichem Stearin, das aus Kokos- und Palmöl gewonnen wird. Sie enthalten keine Zusatzstoffe und sind entweder bewußt rein weiß belassen oder mit Lebensmittel-, Erd- oder Mineralfarben gefärbt.

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AMINE und ALKALOIDE ursprünglich: Substanzen mit alkali-ähnlichem Charakter heute: eine Gruppe verschiedenster Verbindungen pflanzlichen Ursprungs, die Stickstoff-Heterocyclen enthalten z.B. Morphin Der Chemiker Ludwig Knorr (1859-1921, Jena) spekulierte 1889 über die chemische Struktur des Alkaloids Morphin: „Meine Studien über das Morphin haben es wahr-scheinlich gemacht, dass diese wichtige Base und wohl auch andere dem Morphin nahe verwandte Alkaloide als Oxazine aufgefasst werden müssen. Die mir bis jetzt bekannten Thatsachen scheint die in der folgenden Formel ausgedrückte Auffassung des Morphins am besten zu erklären“:

N

H

HO

O

HO

CH3

HCH

CH

O

N

CH2

CH2

CH3

CH

(C10H5OH)

CH2

OH

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Die Wurzel von Tollkirsche (A. belladonna) enthält als Hauptalkaloid Atropin. Je nach der Menge eingenommener Tollkirsche, die wohlschmeckend ist und leicht mit der Kirsche verwechselt werden kann, werden beim Menschen Trok-kenheit des Mundes, weite Pupillen (pupillenerweiternde Wirkung !), Gesichts-rötung, Erregung, Verwirrung, Halluzinationen, Bewusstlosigkeit und Krämpfe beobachtet. Die Vergiftung kann auch tödlich verlaufen.

KOKASTRAUCH: Das Alkaloid Cocain blockiert die periphere Schmerzempfindung. Die dauernde Einnahme von Cocain macht einen ge-sunden Menschen nach einem kurzen eupho-rischen Einstieg im Laufe weniger Monate zu einem geistigen wie körperlichen Wrack.

Das Hauptalkaloid des Tabaks ist das Nikotin. Alle Tabakarten gehören zur Gattung �Nicotiana�. Diesen Namen trägt die Pflanze seit 1565 zu Ehren von Jean NICOT, der die Tabakpflanze in Frankreich populär machte. Nicotin ist ein starkes Gift. Bei Dosen zwischen 50 und 100 mg er-folgt der Tod rasch durch Lähmung des Atemzentrums im Gehirn.

N

O

O

HOHH3C

NH3CO

O

COOH

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Aminosäuren

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Aminosäure

-Rest (R) Dreibuchstaben-Kürzel

Einbuchstaben-Kürzel

Alanin

-CH3

Ala

A

Arginin -(CH2)3NHC(=NH)NH2 Arg R Asparagin -CH2-CONH2 Asn N

Asparaginsäure (aspartic acid → aspartate)

-CH2-COOH Asp D

Cystein -CH2-SH Cys C Glutamin -(CH2)2-CONH2 Gln Q

Glutaminsäure (glutamic acid → glutamate)

-(CH2)2-COOH Glu E

Glycin -H Gly G Histidin -CH2(4-imidazolyl) His H

Isoleucin -CH(CH3)CH2CH3 Ile I Leucin -CH2CH(CH3)2 Leu L Lysin -(CH2)4NH2 Lys K

Methionin -(CH2)2SCH3 Met M Phenylalanin -CH2-Ph Phe F

Serin -CH2-OH Ser S Threonin -CH(CH3)OH Thr T

Tryptophan -CH2(3-indolyl) Trp W Tyrosin -CH2(4-hydroxyphenyl) Tyr Y Valin -CH(CH3)2 Val V Prolin α-Iminosäure (5-Ring) Pro P

Posttranslational Hyp P undefiniert oder nicht-Standard X

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Ein Sekundärstrukturelemente in Peptiden und Proteinen: die α-Helix

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Wasserstoffbrückenbindungen und Überstrukturen

Wasserstoffbrückenbindungen sind als orientierende zwischenmolekulare Wechselwirkungen in Biologie und Chemie von großer Bedeutung.

Bei einer H-Brücke handelt es sich um die Bindung eines kovalent gebundenen H-Atoms R-X-H an ein zweites Atom Y-R. Dabei sind X und Y elektronegative Atome.

R-X-H + Y-R� R-X-H Y-R�

H-Donoren: -OH, -NH2, -COOH, -CONH2, H2N-C(O)-NH2 H-Akzeptoren: O-Atome in Alkohlen, Ethern; C=O, N-Atome in Aminen, Amiden und N-Heterocyclen. Starke H-Brücken bestehen zwischen: O-H...O, OH...N, N-H...O Schwächere H-Brücken bestehen zwischen: N-H...N

Sehr schwache Wechselwirkungen bestehen zwischen:

Cl2C-H...O, Cl2C-H...N, O-H...π-Systeme (Aromaten, Alkine oder Alkene)

Die dominierende Kraft, die im Fall einer H-Brücke wirkt, scheint elektrostatischer Natur zu sein. Das Akzeptor-Zentrum trägt eine negative Partialladung. Die X-H Bindung ist klar kovalent. Die H...Y Bindung ist eindeutig nichtkovalent. Das H-Atom ist deutlich positiviert. Die elektrostatischen Kräfte führen zum Zusammenhalt. Die Beschreibung der Stärke einer H-Brücke erfolgt mit dem Coulombschen Gesetz. Das Coulomb-Potential fällt sehr langsam mit 1/r ab. H-Brücken sind daher recht weitreichende Wechselwirkungen.

Man erwartet, dass eine gute H-Brücke linear ist, d.h. der Winkel D-H...A sollte ca. 180° betragen. Analysiert man Kristalle, so findet man einen Winkel von typischerweise 167±20° für O-H...O und 161±20° für O-H...N H-Brücken.

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Vergleiche Überstrukturen in der Natur:

Wasser: flüssiger Aggregatzustand, erhöhter Siedepunkt

Carbonsäuren: Dimerbildung

DNA: komplementäre Basenpaarung innerhalb der Doppelhelix

RNA: komplementäre Basenpaarung innerhalb von tRNA-Molekülen

Proteine: Stabilisierung der Sekundärstrukturen (α-Helix oder β-Faltblatt) und der Tertiärstruktur

Wasserstoffbrückenbindung sind stärker als normale Dipol-Dipol-Bindungen aber wesentlich schwächer als Atombindungen.

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Nukleobasen in den Nukleinsäuren: Jeder der vier Basen ist in der Lage eine Serie von H-Brücken auszubilden. Hierbei sind die NH-Gruppen im Ring der Basen und die exocyclischen NH2-Gruppen die H-Donoren. Die Keto-Gruppen (C=O) fungieren auf Grund der einsamen Elektronenpaare als H-Akzeptoren. Die Stärke einer H-Brücke dürfte ca. 6-10 kJmol-1 betragen. Im Doppelstrang bilden sich vor allem sogenannte Watson-Crick H-Brückenmuster aus. Adenin paart immer mit Thymin, Guanin immer mit Cytosin.

In diesen H-Brücken beträgt der Abstand zwischen den N O-Zentren zwischen 2.8 Å - 2.95 Å. Da immer eine Purin-Base mit einer Pyrimidin-Base paart, passen beide Kombinationen in den gleichen Rahmen, der durch den Abstand der Zucker-Phosphat Ketten in der Doppelhelix vorgegeben ist.

Die Purin-Basen sind in der DNA Adenin und Guanin

Die Pyrimidin-Basen sind in der DNA Thymin und Cytosin