UnAufgefordert Nr. 56

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56 .-«Hm» -v »•, -»» 'i Die Studentenzeiiung der Humboldt-Uni zu Berlin 6. Jahrgang 11. Mai 1994

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Das ist Ausgabe Nummer 56 der Studentenzeitung der Humboldt-Universität zu Berlin vom 11. Mai 1994.

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56• . -«Hm» - v »•, - » » 'i

Die Studentenzeiiung der Humboldt-Uni zu Berlin 6. Jahrgang

11. Mai 1994

Inhaltsverzeichnis!

StuPa die Zweite / l 3

Alternative Ringvorlesung 5

betr.: DieZehn Gebote 6

Nachschlag 7

Flugblattbomben:Widerstand an der Uni 8

GuteNacht! 10/11

Fleischbeschau 12

Zone abgesoffen:Die Flut in Halle 13

Mob-Magazin und Hatz:Obdachlosenzeitungen 15

Buch:"Warten auf den Führer" .16

Mensaessen und anderekulinarische Genüsse 17

Theater - Kartoffelsalat 18

Leserschimpfe 19

Spezielle Hetze 20

Editorial

Nach vier Wochen Schweigen erscheint nun endlich wieder eine neueUnAUFGEFORDERT. Das hatte seine Gründe: Wir haben ein neuesKonzept für unsere Zeitung entworfen. Und wir haben unsere Vergan-genheit nach einem eigens für diesen Zweck entwickelten Verfahrenaufgearbeitet. Es heißt Political Correctness. Wir schreiben ab sofortnicht mehr, daß es Ahnväßinhaitzlißten gibt. Andere politisch inkor-rekte Sachen schreiben wir auch nicht mehr. Bei folgenden Personenmöchten wir uns entschuldigen:

Dr. Rudolf BahroBurschenschaftLerProf. Dr. Marlis DürkopProf. Dr. Manfred ErhardtProf. Dr. EwaldProf. Dr. Heinrich FinkProf. Dr. Volker GerhardtRolf Jürgen GrafDr. Gregor GysiProf. Dr. Wolfgang HardtwigDr. Volker HassemerProf. Dr. Andreas HerrmannProf. Dr. Karin HirdinaKaiser HiroithoPapst Johannes Paul II.Dr. Helmut Kohl

Dr. Andre KuhringProf. Dr. Karl-Hans LaermannRudi LübbersProf. Dr. Herfried MünklerProf. Dr. Martin NichelmannProf. Dr. Rainer OrtlebHolm PaulingDr. Kajo PieperAda SasseMalte SieberDr. Lothar SpäthStudentenratProf. Wolfgang UllmannSven VollrathProf. Dr. H.-August Winkler.

Hiermit erklären wir: UnAUFGEFORDERT ist ab sofort politischkorrekt.Über das Studentenparlament werden wir ernste und tiefgehendeBerichte schreiben. Besonders am Herzen liegen uns Naturkatastro-phen aller Art, Lobgesänge auf Katholische Fakultäten, Kartoffelsa-lat, Rindfleisch, Spätzle und Thüringer Wurzeleintopf. Nie wiederwerden wir das große I und die Innen vergessen...

ImpressumD n A U F G E F O R D E R T Die Studentenzeitung der Berliner Humboldt-Uni. Erstmals erschienen am 17. November 1989.

Redaktion: Arlett Albrecht. Juliane Kerber (Chefredakteure), Franziska Ahles, Ingo Bach, Klaus Kallenberg, Anke Kautz, Alexandra Kolle, Georg Linde,Hannah Lund, Ulrich Miksch, Rüdiger Neick, Jens Schley *

Kontakt: Humboldt-Universität zu Berlin, Unter den Linden 6, 10 099 Berlin; Hauptgebäude Raum 3022, Tel.: 2093 2288, fax: 2093 2770Redaktionsschluß: 3. Mai 1994Satz: Roody Druck: Contrast. Tempelhofer Damm 210. 12099 Berlin gedruckt auf Recycling-PapierMachdruck, auch auszugsweise, ist ausdrücklich erwünscht. Wir bitten aber um Quellenangabe und Belegexemplar.Für alle Fakten besteht das Rechtauf Gegendarstellung in angemessenen Umfang. Namentlichgekennzeichnete Artikelgeben nicht in jedem Fall die Meinungder Redaktion wieder. Kürzel werden nur von Redaktionsmitgliedern verwendet.UnAUFGEFORDERT Nr.57 erscheint voraussichtlich am 1 . Juni 1994 (Das glaube ich nicht! -säzza).Die Redaktionssitzungen sind öffentlich: jeden Montag, 18.00 Uhr, HG 3022.

Redaktionsschluß für die nächste Nummer: 25. Mai 1994

Die erste Sitzung des zweitenStudentenparlaments der

Humboldt - Universität„Am 21.04.1994 traf sich das neugewählte Studentinnenparlament der Humboldt-Universität zu Berlin zu

seiner konstituierenden Sitzung. Das Referat Finanzen gab mit den anderen Referaten eine Erklärung zurArbeit in der vergangenen Legislaturperiode ab."

So kurz und inhaltslos sind Artikel überkonstituierende Sitzungen vom Stud.-parl.in tagesaktuellen Zeitungen und keinerweiß, wie aufregend konstituierende Sitz-ungen vom Stud.-parl. sein können. Ichwerde daher einen tiefergehenden und in-haltsvollen Artikel über die konstituieren-de Sitzung des Stud.-parl. der Humboldt-Universität schreiben.

Nachdem das Stud.-parl. sich konstituierthatte und damit einen ganz wichtigen Teilder Arbeit vom Stud.-parl. erledigt hatte,gab es noch einige aufregende Punkte zuklären.

"Gleichgestellt demAsTA laut BerlHG §..."

Die Aufregung fing zum Beispiel bei demNamen an. Vor einem Jahr hatte das Stud.-parl. nämlich beschlossen, daß seine Re-

gierung nicht AStA, sondern RefRat heißt.Das geht aber laut Gesetz nicht, und somuß der RefRat in Zukunft „in offiziellenSchreiben immer klarstellen, daß er gleich-bedeutend dem AStA laut BerlHG existiert",erklärte MdSP Anja Mittermaier. Wennalso das Finanzreferat des Stud.-parl., mitdem die UnAUF eine tiefe und herzlichebeiderseitige Freundschaft verbindet, ir-gend jemandem einen Brief schickt, heißtdas darin:,,Finanzreferat imRefRat (gleich-gestellt dem AStA laut BerlHG §...) desStud.-parl. der Humboldt-Universität zuBerlin ...". Eine schwierige Sache, und daich jetzt hinter RefRat auch immer schrei-ben müßte ("gleichgestellt dem AStA..."usw.), denn ein Artikel ist zweifelsohneein offizielles Schreiben, werde ich fürdiesen Artikel den RefRat in AStA umbe-nennen, denn ich habe nur eine Seite(Quatsch, Du hast zwei Seiten -säzza).

Nachdem sich das Stud. -pari, über diesesProblem verständigt hatte, beriet es sehrausführlich über „die Problematik des

"Licht auf die tatsächlichen Lebensumstände der Studenten"

Entscheidungsortes der Genehmigung vonFinanzanträgen". Die Verteilung von Gel-dern ist nämlich die wichtigste Aufgabedes Stud.-parl., und das Finanzreferat, mitdem die UnAUF eine tiefe und herzlichebeiderseitige Freundschaft verbindet (sie-he den letzten "RejRat-Kurier" -säzza),muß genau aufpassen, daß hier alles richtignach Gesetz und Ordnung läuft.

Kernrefferate undandere

In Zukunft darf der AStA über alle Finanz-anträge von Studenten bis zu 5.000,-DMentscheiden; alles weitere muß vom Stud.-parl. entschieden werden. Gelder an sichselbst verteilt das Stud.-parl. auch: DieReferenten der vier Kernreferate (Öffent-lichkeitsarbeit, Finazen, Hochschulpolitikund Soziales) erhalten den vollen BAföG-Höchstsatz (795,-DM) für ihre Arbeit unddie Referenten der anderen Referate

(Antifa, Flüchtlin-ge, Sport, Frauen,Interkulturelles,Ökologie, Kulturund Fachschaften)bekommen einenhalben Bafög-Höchstsatz für ihreArbeit. Das istziemlich viel undfür die BerlinerUniversitäten unddarüber hinaus inostdeutschen Lan-den meines Wis-sens einmalig. Da-für müssen die Re-ferenten aber auch12 (in Wortenzwölf) Stundenbzw. 6 (in Wortensechs) Stunden inder Woche Diensttun und jederzeit

Foto: Fisahn dem Studentenpar-

5ÄS? E Ll EBT

Rechtsberatung eingerichtet

Ab 02.05.1994 gibt es eine studentische Rechtsberatungan der HUB, die von Studenten der Humboldt-Universi-tät kostenlos in Anspruch genommen werden kann.Durchgeführt wird sie von der Rechtsanwältin JuttaHerrmanns, die bereits an der TU die studentischeRechtsberatung betreut.Nähere Informationen über Sprechzeiten erteilt das Prä-sidium des Studentenparlaments der HUB, Tel.: 20932603.

Finanzanträge

Finanzanträge an das Studentenparlament sind an dasFinanzreferat des Studentenparlaments zu richten (Tel.:2093 2613). Über Finanzanträge bis 5.000,-DM entschei-det der RefRat auf seinen Sitzungen (jeweils Dienstags,19.30Uhr). Alle darüber hinaus gehenden Fianzanträgewerden vom Studentenparlament entschieden.Der aktuelle Haushaltsplan des Studentenparlamentsist beim Finanzreferat einzusehen oder kann bei derUnAUF als Kopie abgeholt werden.

Wähler über seine Ar-beit informiert. Daswissen natürlich dieMdSP und geben des-halb den „RefRat-Ku-rier" (eigentlich AStA-Kurier) heraus.

"Flame - Ex-press"

lament rechenschaftspflichtig sein. Das istkeine leichte Aufgabe und ist ihr Geldwert. Es gab dann noch eine Diskussionüber die Struktur des AStA in Kern-, nor-male, besondere und andere Referate, dieich hier aber wegen ihres kompliziertenhochschulpolitischen Inhalts nicht wieder-geben kann.

Niederungen desAlltags?

Über die Einrichtung eines Referates Leh-re und Studium konnte man sich nicht rechteinigen, will aber später darüber noch ab-stimmen. MdSP Remo Rohs (2. Legisla-turperiode) meinte, ein solches Referatsei sein Geld nicht wert, denn es sei nichtvon Dauer. Andere sahen das auch so, eini-ge nicht, und es wurde das schwierige Pro-blem von Politik und Realtität deutlich, diesich oft verfehlen. Aber das ist den MdSPnicht übel zu nehmen, denn in ihrem schwie-rigen Amt können sie oft die Niederungendes Alltags schwer erkennen. Daher seiihnen von dieser Stelle des Alltags im Na-men der Studenten hilfreich zugerufen:Ein solches Referat ist sehr wichtig! Ichglaube, man muß den MdSP helfen, wennsie manchmal nicht weiter wissen. Deswe-gen ist es wichtig, daß das Stud.-parl. seine

In diesem Faltblatt,welches die UnAUFder Kunst wegen nichtauf seiner Mittelseiteabdrucken wollte und esjetzt wegen dieser Ver-weigerung wahrschein-lich gar nicht mehr ab-drucken darf, stehenwichtige Sachen wiez.B. die Aktion Warn-streik „Flame - Ex-press". Da geht es umeinen „Flammen-Ex-press", der „Licht aufdie tatsächlichen Le-

bensumstände der Studenten werfen soll"und vom Stud.-parl.veranstaltet wird. Soerfährt der Studentwichtige Sachen überdie Arbeit des Stud.-parl. und weiß immerbescheid, wo demMdSP der Schuhdrückt. Ich habein ei-nen Kasten auf die-ser Seite noch einigewichtige Informatio-nen geschrieben, dienicht im AStA-Kurierstehen.

Es gab dann auf derSitzung des Stud.-parl noch eine wich-tige Meinungsbefra-gung über die Mehr-heitsverhältnisse beiA b s t i m m u n g e nzwecks Satzungsän-derungen. Da lautPräsident des Stud.-parl. und MdSP(2.LP) Stephan Poh-ner im vergangenenJahr kaum mehr als2/3 der Mitgliederanwesend waren,könnte es Schwie-rigkeiten bei solchen

Entscheidungen geben. Der noch unerfah-rene MdSP (l.LP) Stefan Meier (HDS)schlug dann die Mischzahl 3/5 vor, wasaber überhaupt nicht geht. Daran erkenntman, daß die MdSP noch an ihrer Selbst-disziplin arbeiten müssen, um öfter beiihren Sitzungen anwesend zu sein, damitsie auch etwas entscheiden können.

Fast am Ende gaben noch die Mitgliederdes Finanzreferates ihren Rücktritt bekanntund suchten dringend Nachfolger, sonstwürden sie ihre Arbeit einstellen. Auf-grund der tiefen und herzlichen Freund-schaft, die uns mit dem Finanzreferat ver-bindet, hoffen wir, daß sich hier Nachfol-ger finden. Denn es ist wichtig für dasStud.-parl., weiterhin Geld zu verteilen.Sonst gerät es vielleicht in Vergessenheit.

Das Ende der konstituierenden Sitzungdes Stud.-parl. habe ich leider nicht mehrerlebt, denn ich wollte den Abend nochzum Aufsuchen eines ernsten und einfühl-samen Films nutzen.

Aber man erkennt auch so: Konstituie-rende Sitzungen können, wenn sie tieferbetrachtet werden, von hohem Mitteilungs-gehalt sein.

jot

D i e g o l d e n e M i t t e

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Marshallplan fürosteuropäischenWirf Schaftsnachwuchs

Im Rahmen des ERP/MOE-Programmsdes Bundeswirtschaftsministers, einesaus Mitteln des ehemaligen Marshall-plans finanzierten Sonderprogramms fürMittel- und Osteuropa, vergibt der DAADerstmals zum WS 94/95 36 Stipendien anStudierende der Wirtschafts-, Staats- undSozialwissenschaften aus Rußland undBulgarien zu einjährigen Studienaufent-halten an deutschen Universitäten undFachhochschulen.

Das ERP/MOE-Programm ist ein neuesProgramm zur Unterstützung des Re-formprozesses in Mittel- und Osteuropa,das auf einer bereits mehrjährigen Erfah-rung des DAAD mit Programmen für Stu-dierendeausdiesenLändernbasiert. Grund-gedanke dieses neuen Programmtyps istdie Forderung junger Studierender in be-treuten Gruppen („Tutorien"), möglichsteingebettet in die bilaterale Kooperationzwischen zwei Hochschulen.

Gefordert werden vor allem Studierendein den Fächern mit dem größten Reform-bedarf, d.h. in Wirtschafts-, Gesellschafts-und Staatswissenschaften. Abweichend vonden sonstigen Gepflogenheiten des DAADwerden in diesen Ländern vor allem jünge-re Studierende gefördert, von denen amehesten erwartet werden kann, daß sieunbefangen an marktwirtschaftlich / de-mokratisch geprägte Inhalte herangeführtwerden können.

Zur Verbesserung der erworbenen Sprach-kenntnisse und zur Anpassung an die Ver-hältnisse in Deutschland absolvieren dieStudierenden zuerst einen zweimonatigenSprachkurs undnehmen dann am normalenFachstudium ihrer deutschen Kommili-tonen teil. Parallel dazu folgen sie einemfür sie von ihrem deutschen Hochschul-lehrer aufgestellten Studienplan. EinFirmenpraktikum in einem deutschen Un-ternehmen ist obligatorischer Bestandteil;es wird die theoretische Hochschul-ausbildung durch erste praktische Erfah-rungen und Kontakte mit der deutschenWirtschaft ergänzen.

DEUTSCHERAKADEMISCHERAUSTAUSCHDIENSTKENNEDYALLEE 50D-53175 BONN TEL.: (0228) 882 0

I IChe" zwischen Mark!und Plan?

Die Alternative Ringvorlesung an der BerlinerHumboldt-Uni geht in ihr zweites Semester

Der jüngst (Dienstag, 19.4., d.J.) statt-gefundene Auftakt zu zweiten Semesterder „Alternativen Ringvorlesung", dieweiterhin das Studierendenparlament derBerliner Humboldt - Universität veran-staltet, war wiederum ein spektakulärer.Allerdings nicht im Sinne der alles ande-re als alternativen Medienkampagnen(„Stalin an der Uni" hatte es bei „BILDam Montag" geheißen). Sondern weil alsGast Professor Dr. Carlos Tablada vonder Universität la Habana im vollbesetz-ten großen Hörsaal (2002) über die Lageund die Aussichten des besonderen, trmzallem wohl immer noch alternativen ku-banischen Gesellschaftsprojektes zu-nächst kurz sprach und dann lang disku-tierte.

Der 46jährige promovierte Ökononomverfügt auch über Hochschulabschlüssein Philosophie und Soziologie, war einstals Wirtschaftsleiter eines Staatsbetrie-bes tätig arbeitet heute im Welt-wirtschaftsinstitut CIEM. Er hat sich vorallem mit dem ökonomischen ModellErnesto „Che" Gueveras befaßt. Tabladacharakterisierte dieses Mu-ster (zu dessen permanentenAnhängerner -für mich kaumschlüssig - auch Fidel Castrozählt) als durchaus marxisti-sche Alternative zum „ortho-doxen" SowjetischenWirtschaftsgefügeund zu denmehr marktorientierten Ver-suchen in (Titos) Jugoslawi-en. Alternativ deshalb, weildieses Denken erfordert(-e),sich in der Produktion ebennicht (nur) nach dem Wert-gesetz, dem Maßstab der ver-gegenständlichten Arbeitalso, zu richten. Statt dessengehe es darum, dasüberkommene kapitalistische,wesentlich Waren bzw.Tauschwerte produzierendeWirtschaftssystem eher evo-lutionär, politisch und kultu-rell von innen bzw. von untendurch die Schaffung und den

Ausbau neuartiger sozialer Beziehungenabzulösen. Nach dieser theoretischenGrundlegung drehte es sich in der quali-fizierten und kulturvollen Debatte abermehr um die unmittelbar erfahrbaren,um nicht zu sagen: existentiellen Pro-bleme der Karibikinsel. Tablada verstandes, mit einer für Wissenschaftler seinesSchlages offensichtlich eigenen Mi-schung von Intellekt und Sentiment, zweiDebattierstunden im Fluge vergehen zulassen. Angenehm in seinen präzisenAntworten war vor allem, daß er dieHauptursache der wesentlich ökonomi-schen Krise in inneren Faktoren sieht.Was ihn nicht davon abhält, den Zusam-menbruch des „Sowjetischen Blockes"und die verschärfte US - amerikanischeBlockade als das zu benennen, was siesind - nämlich mindestens die Ursachenzwei und drei für die gegenwärtige Notsehr vieler der elf Millionen Insel-kubaner. Der Analytiker Tablada ließ sichnach - keine Frage zurückweisender >Vergangenheits- und Gegenwartsdia-gnose auch auf Prognosen ein. Aufsich

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NjuhsEraänzungsf udium am Se-minar für Landwirtschaft-lich« Entwicklung

Das Seminar für LandwirtschaftlicheEntwicklung bietet seit 1962 ein einjäh-rigesErgänzungsstudium an. Aufgabe desSeminars ist die Vorbereitung vonUniversitätsabsolventen und -absol-ventinnen auf eine Projekttätigkeit in derbi- und multilateralen Entwicklungs-zusammenarbeit.

Die Ausbildung ist besonders aufDiplom-Agraringenieure und Absolven-ten und Absolventinnen aus dem Bereichder Wirtschafts- und Sozialwissenschaf-ten ausgerichtet.

Ein fundiertes Fachwissen wird voraus-gesetzt. Im Ergänzungsstudium erarbei-ten sich die ca. 20 Teilnehmer/innen dieGrundlagen, die sie zur Konzeption, Pla-nung und Durchführung von Projektender ländlichenEntwicklung in der DrittenWelt befähigen. Besonderer Wert wirdauf die interdisziplinäre Gruppenarbeitund eine kritische Reflexion der späterenBerufsrolle gelegt. Eingeschlossen istein dreiwöchiger Intensivsprachkurs so-wie ein dreimonatiges Studienprojekt inAfrika, Asien oder Lateinamerika.

Über 80 % der deutschen Absolventenund Absolventinnen sind heute beibi- undmultilateralen Organisationen der Tech-nischenZusammenarbeitimln-und Aus-landtätig.

Jede/r Teilnehmer/in erhält ein Stipen-diuminHohevonz.Zt.um 1.200,- monat-lich, das einen Darlehensanteil ein-schließt.

Der Bewerbungsschluß für den33. Lehr-gang (Januar - Dezember 1995) ist der31. August 1994.

Nähere Informationen und Bewerbungs-unterlagen können angefordert werdenbei:SEMINAR FÜRLANDWIRTSCHAFTLICHE ENT-WICKLUNGHumboldt-Universität zu BerlinPodbielskiallee 66, D-14195 BerlinTelefon: (030) 314-71334Telefax: (030) 314-71409

allein gestellt, könne die kubanischeRevolution freilich „a largo plazo - aufDauer" nicht überleben. Was nicht nurMarx und Engels, sondern auch Castround Guevara stets betont hatten. Insofernsei Optimismus bezüglich des Fort-bestehens oder gar Ausbaus dieses so-zialen Projektes eines - wenn auch be-scheidenen -"Wachstums in Gleichheit"fehl am Platze. Aber es gebe manch'guten Grund zur Annahme, daß sich (bes-ser: mensch) die Entwicklung entschie-den anders als im verschiedenen „camposocialista" gestalten werde. Denn vieleKubaner ahnten schon und etliche wuß-ten sogar recht genau, daß sie etwas bzw.was sie zu verlieren hatten.

Das Programm der Alternativen Ring-vorlesung umfaßt in diesem Semesterzwei Themenkreise: zur „Neuen (alten?)Rechten" und zu Gesellschaftsanalyseund -Kritik samt denkbarer Gegenposi-tionen. Sprechen werden u.a. RobertKurz, Ernest Mandel, Jens Reich, ToniHahn und Hans-Heinz Holz.

Dienstags 20.15 Uhr,Hauptgebäude Unter den Linden 6Hörsaal 2002

Sebastian Köhler

fFFC öre KACboLrscbe FAKULCÄC,ore o u p enoqüLcfq KOOWK

öeR

vor)i "Heilige Jungfrau, almamatcr. r ^

gib die katholische Fakultät.I Denn es will der heilige Vater

daß an der roten Uni "tatein reiner Professor den Weihrauch schwenkt.

ein Gottesgeschenk, ein Gottesgeschenk!"

So flehten, und wurden erhört, wie es schiendie zehn Katholiken von Berlin.

Sonst will es niemand, und wurde gefragt.die Hochschule selbst hat ..nein, danke" gewagt.Das w ird sie. bei Manfred, noch bitter bereun-

wer sonst nichts geschenkt kriegt, der soll sich doch freiin.wenn sich die Schale der Gnade so senkt

(die Bibel sagts auch: Mensch denkt, doch Gott lenkt).Ein Gottesgeschenk'.' Ein Gottesgeschenk:

Es kam als Erleuchtung dem Bischof von Rom.den Lehrstuhl zu pflanzen zwischen Hedwig und Dom.

Mit zwanzig Millionen und viel Professoren.ohne Studenten ... doch für Senatoren

den Beichtstuhl, wenn sie Studenten entmannen.und Rosenkränze für Bildungst)rannen ...So spendete Segen in Brandenburgs Land

nichtsahnend, doch nützlich die päpstliche Hand.Ob der Allmächtige daran wohl denkt"'

Das war mal ein richtiges Gottesgeschenk.

Locce LeofA

Eine Chance für Erneuerung?Ein Nachtrog zu unserem Interview mit Prof. Dr. Volker Gerhardt in

„UnAUFGEFORDERT" Nr. 55

"Sehr geehrte Damen und Herren,

die Aufmachung meines Interviews in Ihrer letzten Ausgabe könntezu dem Eindruck fuhren, daß ein Zwillingsbruder von mir gleich mitberufen worden ist. Tatsächlich aber haben Sie nur zwei Bilder vonmir auf einander gegenüberliegenden Seiten zum Abdruck ge-bracht. Das finde ich zwar überflüssig, könnte es aber verschmer-zen, wenn Sie nicht zugunsten des überflüssigen Bildes den wich-tigsten Teil meines Interviews geopfert hätten. So aber fehlt ausge-rechnet die Passage, in der ich meine derzeitige Unzufriedenheit

begründe. Da die Philosophie wesentlich an Gründen interessiertist, würde ich es als eine Höflichkeit gegenüber meinem Fachbegreifen, wenn Sie ihren Lesern diese Gründe auch zur Kenntnisgeben könnten. Anders wird nämlich nicht verständlich, warum ichtrotz der geäußerten Enttäuschung gleichwohl die Hoffnung habe,daß die Humboldt-Universität alsbald unter neuen Bedingungen zuihrer alten Bedeutung zurückfindet.

Mit freundlichem Grußgez. Volker Gerhardt"

Ungewohnt ist es ja wahrlich nicht, wenn nach dem Erschei-nen der neuesten Nummer von „UnAUFGEFORDERT" diehalbe Redaktion wie im Fieber das gedruckte Produkt schweiß-treibender Arbeit liest und dabei immer wieder hochschrecktüber gerade entdeckte Fehler, die wieder im Streß des Redak-tionsschlusses passiert sind. Doch geriet uns unser Abdruckdes Interviews mit dem geschäftsführenden Direktor des Insti-tuts für Philosophie zu einem besonders pikanten technischbedingten Mißgeschick, denn war noch richtungsweisend inder Überschrift von unserer Chance die Rede, die in derErneuerung liege, so wurde im abgedruckten Text davon ei-gentlich gar nicht direkt gesprochen. Zwei Fragen verschwan-den völlig bei der drucktechnischen Bearbeitung und eineAntwort brach unmotiviert ab, um dann mit einigen Zeilen einerAntwort auf eine gänzlich andere Frage fortzufahren.

Hier nun der fehlende Teil, eingebettet in die bereits abge-druckten Textpassagen:

...UnAUF: Vor einem Jahr haben Sie sich in der "BerlinerZeitung" ziemlich optimistisch geäußert. Ist da nicht einWiderspruch?

Gerhardt: Ich habe damals gesagt, daß ich "nur mit den Studentenrichtig zufrieden" sei. Davon nehme ich nichts zurück. Im Gegen-teil: Zu den positiven Eindrücken in meinen Lehrveranstaltungen,in denen wir den Schmutz, die überheizte und verbrauchte Luft inden viel zu engen Räumen rasch vergessen, sind nun auch die gutenErfahrungen in der Gremienarbeit hinzugekommen. Außerdemsind von den Philosophiestudenten ernsthafte Vorschläge zurVerbesserung des Studiums gekommen. In Einführungs-veranstaltungen für die Studienanfänger und in zwei Modell-seminaren werden die neuen Ideen jetzt erprobt.

Und über Ihre Kollegen läßt sich nichts Gutes sagen?Im Gegenteil: Nur Gutes! Mit den Kollegen und Mitarbeitern im

Institut bin ich wirklich zufrieden. Da ist auch die Ost-West-Integration auf einem guten Weg; wir kooperieren nicht nur gut,sondern wir verstehen uns sogar. Ja, wir können uns schon gegen-seitig die Meinung sagen! Nach allem, was ich sonst so in dergeistigen Auseinandersetzung mit ostdeutschen Kollegen erfah-re, ist das bemerkenswert und wohltuend. Hier ist man nicht gleichbeleidigt, nur weil jemand eine andere Meinung hat.

Worüber klagen Sie dann noch?Erstens darüber, daß nur so wenige begreifen, daß die Chance der

Humboldt-Universität in der Erneuerung liegt. Seit 1991 ist

gewiß Beachtliches geleistet worden. Aber das kann doch nur derAnfang gewesen sein! Jetzt muß die Reorganisation zügig voran-gebracht werden. Und sie darf sich nicht auf die personelleErneuerung beschränken. Der Neuaufbau muß zur Reform genutztwerden. Auch die Alte Berliner Universität hat nur als Reform-Universität ihre überragende Bedeutung erlangt. Aber wer hatheute Interesse daran? Wer trägt auch nur Ideen vor? Mit welcherKonzeption begegnen wir den Kürzungen im Etat? Hier herrschtdas Schweigen der Lämmer. Man wartet ab, um dann, wenn anderehandeln, empört oder weinerlich zu reagieren. Eine eigenständigeHochschulpolitik einer Universität, die wahrlich Grund hat, selbst-bewußt zu sein, stelle ich mir anders vor.

Sie hatten noch weitere Gründe für Ihre Enttäuschungangekündigt.

Der zweite wesentliche Grund bezieht sich auf den BerlinerSenat. Der Regierende Bürgermeister und der zuständige Senatorhaben die Humboldt-Universität in der jüngsten öffentlichenAuseinandersetzung allein gelassen. Erst nach Vorlage des Prü-fungsberichts hat Staatssekretär Thies wieder zum Ton der Ko-operation zurückgefunden. In der Senatsbehörde wußte man seitlangem, wie prekär die Lage in unserer Personalabteilung ist.Außerdem wußte man, daß selbst bei fristgerecht erfolgter Kün-digung die Situation nicht schlagartig besser wird. Auch in derschwierigen Wahlordnungsfrage hat man die Universität alleingelassen, so daß schließlich die.Gerichte entscheiden mußten.Statt zu helfen und durch tätige Mitwirkung für günstigere Bedin-gungen zu sorgen, hat man sich im Innenverhältnis auf Anfragenbeschränkt und im Außenverhältnis kaum etwas dazu beigetragen,den publizisischen Feuerbrand einzudämmen. Allerdings muß icheinräumen, daß die Präsidentin durch ihre öffentlichen Erklärun-gen die Sache eher verschlimmert hat.

Wer trägt die Verantwortung für die Krise?Um diese Frage beantworten zu können, müßte ich mehr von den

internen Vorgängen wissen. Deshalb muß ich mich auf den Hin-weisbeschränken, daß die Lage für alle Beteiligten extrem schwie-rig war und ist. Niemand konnte erwarten, daß die Humboldt-Universität mit dem Auslaufen des Ergänzungsgesetzes wie einPhönix aus der Asche steigt. Ausbau und Reform unserer Univer-sität sind ein Prozeß, der noch einige Jahre in Anspruch nehmenwird. Und er kann nur gelingen, wenn die Politik, die Verwaltungund die Wissenschhaft in dieser Stadt sich nicht durch ein paarRückschläge von der anfänglichen Zielsetzung abbringen lassen...

Flugblattbomben in den LesesaatStudentischer Widerstand qeqen das Dritte Reich

Wir schreiben das Jahr 1933 - der Großteil der Berliner Studentenschaft liegt fest am Boden der unfreiheitlichundemokratischen Unterordnung des sogenannten Dritten Reiches. NurwenigeAusnahmen aufrechteren Geistes wurdenspäter im Zuge der "Vergangenheitsbewältigung" zur Ehrenrettung der Berliner Universität herangezogen. Von diesenAusnahmen soll im folgenden die Rede sein.

Schaut man in die Geschichtsbücher derBerliner Uni, die in der ehemaligen DDRerschienen, wird man unweigerlich auf eineumfassende Würdigung des Widerstandeskommunistischer Studenten gegen denrechten Terror stoßen. Dabei war derenphysische Präsenz an der Uni eher unbe-deutend. Das lag zum einen an dem man-gelnden Einfluß der linken Studenten-gruppen auf die Studentenschaft, offen-sichtlich z.B. daran, daß diese seit den AstA-Wahlen im Sommersemester 1929 keineSitze mehr in der Studentenvertretung derBerliner Uni ergattern konnten (sieheUnAuf 48/49). Zum anderen waren im Zugeeiner Verfügung des preußischen Bildungs-ministers vom 29. Juni 1933, in dem diesofortige Relegation kommunistisch -spä-ter auch sozialdemokratisch- engagierterStudenten angeordnet wurde, 94 Stu-dentinnen von der Universität entfernt wor-den, unter ihnen die 193 8 wegen "Hochver-rats" hingerichtete Liselotte Herrmann (sie-he UnAuf 54)

Illegales Gedenken

Und doch hinterließen sie Spuren, dieheute noch Respekt abnötigen über denMut, der Staunen macht. Ende Februar 193 3,als der braune Terror längst schon unüber-sehbar durch Berlins Straßen schwappte,lud die "Sozialistische StudentenschaftBerlin" mit öffentlichen Aushängen zu ei-nem Vortragsabend aus Anlaß des 50. To-destages von Karl Marx in die Berliner Uni.Erstaunlich daran ist, daß trotz massiverProteste des Nationalsozialistischen Stu-dentenbundes (NSDStB) u.a. beim Rektorgegen diese "linken Umtriebe", diese Ver-anstaltung stattfinden konnte. Schon weni-ge Tage später, am 14. März, war eine Ge-denkfeier kommunistischer Studenten ausgleichem Anlaß im Foyer der Uni nur nochillegal möglich.

Auch nach der obengenannten Relegationlinker Studenten ließen deren Aktionen denRektor nicht ruhig schlafen, war dieser doch

gezwungen, seine Unfähigkeit bei der "Säu-berungsaktion" nach oben einzugestehen.So ist in einem seiner Berichte an denzuständigen Minister vom August 1933 zulesen: "Offiziell sind kommunistischeoder... sozialdemokratische Organisatio-nen hier nicht mehr bekannt Dagegenbesteht offenbar noch tatsächlich ein Zu-sammenschluß kommunistischer Studen-ten. Das beweisen einwandfrei die in letz-ter Zeit wiederholt gefundenen Flugblät-ter. "

Ftuqblattbomben

Auch ein Jahr später, die KPD war längstin die Illegalität gehetzt und auf deren Fähr-te der Bluthund Gestapo gesetzt worden,machte die kommunistische Studenten-gruppe mit Aktionen von sich reden, u. a.mit sogenannten Flugblattbomben im gro-ßen Lesesaal der Universitätsbibliothek undum die Weltöffentlichkeit auf die deut-

schen Zustände aufmerksam zu machen,auch auf der internationalen Funkausstel-lung. Zumindest das letztere Ziel wurdeerreicht, berichteten doch u. a. die "BaselerNachrichten" und die "Chicago Tribüne"über diese Aktionen. An der Uni dagegenblieb die Resonanz bescheiden, ein paarFlugblätter ändern noch nicht die Gesin-nung, und wie im allgemeinen das deutscheVolk ob der ersten "Erfolge" des neuenRegimes jubelten, taten dies auch die mei-sten Studenten.

Im darauffolgenden Jahr gelang es derGestapo zunächst endgültig, die Kommu-mstische Widerstandsorganisation an derBerliner Universität auszuschalten. Aus Do-kumenten der in der Illegalität wirkendenKPD geht hervor, daß die Hauptform deskommunistischen studentischen Wider-standes nun in der Zusammenarbeit mitArbeitern in berliner Großbetrieben be-stand. Nichtsdestotrotz verbreitete manOptimismus, heißt es doch in einem Be-richt der KPD an die Kommunistische In-ternationale 1935: " ...Dem Faschismus

1.251/56.

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ist die Ausrottung'des Marxismus an denHochschulen nicht gelungen. Im Gegen-teil, die revolutionären Studenten habenZellen in der SA, in der SS und imNSDStB."

'UnerfreulicheZustände"

Aber es gab eben nicht nur die kommuni-stisch initiierten Aktionen. Und so ver-stummte der studentische Widerstand ander Berliner Uni auch nach 1935 nicht - derBoykott von Lehrveranstaltungen konntebeispielsweise beredter Ausdruck einerGrundeinstellung sein. Nichtkommunistensorgten für Wirbel in national gesinntenHirnen. Empört über die "enge Verbunden-heit von liberalistischen Studenten und li-beralistischen Professoren" an der Land-wirtschaftlich-Tierärztlichen Fakultät derBerliner Uni verfaßte der Hochschul-gruppenführer des NSDStB am 4. Juli 1935einen Bericht an das preußische Erziehungs-ministerium, in dem er die "unerfreulichenZustände" wie folgt schilderte: "...DieseVorlesungen (nationalsozialistisch geson-nener Lehrkräfte-d. A.) werden lediglichvon einem kleinen Teil der Studentenbesucht... Während jedoch die Vorlesun-gen wie z.B. von Prof. Ritter und Prof.Zörner ...einen wesentlich stärkeren Be-such aufzuweisen haben. ...(Es) sei dar-aufhingewiesen, daß die beiden genann-ten Professoren vor der Machtergreifungoffen für den Liberalismus und damit fürden jüdischen Ungeist eingetreten sind."

"KioWände streichen istWie Bücher Verbrennen!"

Klowände streichen ist wie Bücher ver-brennen! Dieser mehr oder weniger geist-reiche Spruch unserer Tage erhielt in denTagen der Bücherverbrennung an der Unieine geradezu bitteren Beigeschmack. Ineiner untertänigsten Meldung - Denunzia-tion trifft's wohl eher - an die GeheimeStaatspolizei berichtete der Verwaltungs-direktor der Uni über Aufschriften, die kurzvor den Reichstagswahlen im März 1936 ineiner Toilette des Hauptgebäudes ange-bracht worden waren. Dabei kam er auchnicht umhin, den Inhalt anzugeben: " 'FürKultur gegen Unkultur! Deutscher Stu-dent sei dir am 29.3. bewußt: Deine Wahlein entscheidendes Nein! ... Wir habenein SA-Hochschulamt, NS-Studentenbund,Beseitigung der brauchbarsten Lehr-kräfte ... die Schikanen von SA-Strolchen,

den Rektor samt seinen Banditennoch längst nicht vergessen!"Seine Diensteifrigkeit unterstrei-chend, fügte der Verwaltungs-direktor hinzu: "Die Aufschriftensind sogleich entfernt worden. "

Auch in der Theologischen Fa-kultät gibt es untertänigen Be-richtseifer an die Obrigkeit, der -sicher ungewollter Weise - dafürsorgte, daß derMutvon Studenten,gegen Anordnungen der braunenMachthaber anzugehen, auf dieNachwelt überliefert wurde. Soschrieb der Dekan der theologi-schen Fakultät 1937 an den zustän-digen Reichsminister, daß "die il-legalen Kurse der Bekenntnis-kirche stattgefunden (haben) und... von einem Teil der Studentenbesucht worden (sind). Die Ge-heime Staatspolizei hat inzwi-schen einige 40 Namen festge-stellt. "

Das Regime ist zunehmend we-niger bereit, wie auch immer gear-tete Oppostion zu dulden. Sichtbarz. B. im vorgenannten Beispiel, wodie Gestapo zur Ermittlung derTeilnehmer herangezogen wurde.Welche Folgen diese Ermittlun-gen für die Betroffene hatte, läßtsich angesichts der Kenntnisseüber dieses Staatswesen leicht aus-malen. Diejenigen, die "nur" vonder Hochschule relegiert wurden,waren vergleichsweise glimpflichdavongekommen. Andere traf es härter. Soist der Fall eines Studenten der BerlinerUni überliefert, der aufgrund von Mißfal-lensäußerungen am Hitlersystem 1940/41im KZ Sachsenhausen einsitzen mußte.

DünnhäutigeReaktionen

Je mehr der Krieg auf die Lebenssituationder Deutschen im allgemeinen und der Stu-denten im besonderen (siehe UnAuf 51)zurückschlug, desto mehr Widerstand reg-te sich - und im Gegenzug wurde das Re-gime immer dünnhäutiger und griff zu dra-konischen Strafen.

Eine der bekanntesten und am besten or-ganisierten Widerstandsorganisation wardie "Rote Kapelle", die unter Leitung vonArvid Harnack und Harro Schulze-Boysendeutschlandweit operierte. Zentrum wardabei die Berliner Universität, an der beideLeiter als Lehrkräfte wirkten. Diese Orga-nisation hatte mehrere hundert Mitglieder,

unter ihnen auch viele Studenten der Berli-ner Uni, besonders am Bereich Auslands-wissenschaften. Es wurden Flugblattaktio-nen durchgeführt, Geld und Lebensmittelfür Verfolgte des Nazi-Regimes gesam-melt, Zettel geklebt... Dabei war ihnen dieGestapo ständig auf den Fersen; 1942schließlich gelang es ihr, die "Rote Kapel-le" zu zerschlagen. Es hagelte Todesurteilewegen "Vorbereitung zum Hochverrat,Kriegsverrat, Zersetzung der Wehrkraft undSpionage", unter anderem wurden fünf Stu-denten der Berliner Uni hingerichtet. Überweitere Mitglieder der Gruppe wurden lang-jährige Zuchthausstrafen verhängt.

Der Mut und die Hingabe, die aus denvorgenannten Beispielen spricht, fordertHochachtung und Bewunderung. Es wirftein kurzes Schlaglicht des Andersseins aufdie Berliner Universität während des Na-tionalsozialismus, zur Ehrenrettung viel-leicht der Universität, nicht aber der Masseder Mitläufer und Täter eben auch an jenerUniversität.

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FleischbeschauOder: Eine Anleitung, mit Geld und Tieren glücklich zu sein

Neulich saß ich in der Uni-Bibliothek.Manchmal muß man da sitzen weil dieBücherfrauen sich nicht trauen, ein Buchganz herauszurücken, aus Angst, es könnteaugenblicklich zu Staub zerfallen. Jeden-falls ich saß da, gelangweiltvon meinem staubigen Buch,bis mich ein Rücken enormfesselte. Ein Buchrücken*lachte mich an. Lachte? Erschrie förmlich, brüllte inNeongelb mit neongrünerAufschrift sein „Tierproduk-tion" in den Saal. TierPRO-DUKTION? Das Neongelbtat seine Wirkung. Tiere sindja auch immer nett, früherhatte ich eine Riesensamm-lung Stofftiere, Bären, Gi-raffen, Nilpferde... Schwei-ne hatte ich nie. Also, wassagt mir dieses Buch überSchweine? Luft brauchensie. Soundsoviel Kubikme-ter pro Schwein, nebst An-leitung zum Lüften fenster-loser Ställe, damit die Kon-zentration von Ammoniak ;und anderen Stinkgasen nicht jins unerträgliche steigt. Ver- ;nünftig, denke ich, zumal erstjüngst die zulässigen Kon-zentrationen per Rechtsver-ordnung gesenkt wurden.Ursprünglich waren sie sobemessen, daß der Stallauf-seher in der Viertelstunde,die er da war, sich nicht nie-derlegte auf Dauer. Bis manauf den Gedanken kam, daßdie Schweine ihr ganzes Le-ben in diesem Mief verbrin-gen. Arme Schweine. Über-haupt, wo sie leben: In „Buch-ten". Immer so drei, vier,fünf Schweine in einer Buch-te. Und weil sie wachsen,werden sie zwischendurchein oder zweimal „umge-buchtet", in eine größere Buchte. Ganz amAnfang, so folgere ich, wurden sie einge-buchtet. Arme Schweine. Gefangenschaft.Vergitterte Fenster. Lebenslänglich. Knast.

*E. Grenz u.a „Tierproduktion", 1 l.völligneubearbei-tete Auflage, Berlin u. Hamburg 1990, 56,-; zu bewun-dern im Lesesaal der ÜB, Sign. 45.7.50.

Knast. Ogottogottogott. Darf man das?Nach dem Gesetz schrie ich. (Hatte ichmich doch irgendwann einmal beschlos-sen, dem Gesetz mein Leben zu widmen...).Das Gesetz also ist auch erwähnt in dem

Buch. Das Kapitel fängt an mit der Vor-schrift, daß kein Tier sinnlos getötet wer-den darf. (Bei Mastvieh klingt das dochfast nach ökonomischer Notwendigkeit.)Und daß vorgeschrieben ist, daß Tiere Platzbrauchen. Und daß der Landwirtschaftsmi-nister da irgendwelche Vorschriften über

die Unterbringung erlassen kann. (Ob erdas auch macht?) Auf der selben Seiteendet das Kapitel. Entspricht ungefähr demGewicht, das das Tierschutzgesetz im wirk-lichen Leben hat, wenn es nicht gerade um

die elende Schinderei vonSchlittenhunden geht oder ummausgerechte Mausefallen.Dafür erfahren wir mehr überdie „Gewährleistung beimTierkauf': Rotz, Dummkoller,Dämpfigkeit und Kehlkopf-pfeifen bei Pferden etwa kannmanbinnen vierzehn Tagen re-klamieren.

Aber wen interessiert dasschon in allen Einzelheiten?Sind Gesetze nicht in aller Re-gel eher langweilig? (Von ei-ner gewissen Dämpfigkeit,Gewährfrist seit 1900 über-schritten.) Deshalb wollte ichschon oft auswandern. NachNeuseeland. Schafe züchten.Schafe: „1. Die Schafe wer-den ineingezäunten Grünland-koppeln gehalten..." Schön,grünes Land! „Die Ernährungstützt sich also vorwiegendauf Rindviehfutter..." Na so-was. „Nach den Begriffen derBetriebswirtschaftler handeltes sich um Hauptfutterflä-chen, die in der Bundesrepu-blik mit einem mehr oder we-niger hohen Anteil an festenKosten vorbelastet sind." Dar-an hatte ich noch gar nichtgedacht. Schön, daß das Bucheine so deutliche Sprachespricht. So vermerkt es zurPaarung, daß beim „'Sprungaus der Hand'...- wie beimSchwein - ein zweimaligerSprung sicherer ist." Kommtes dann zur Ablammung, istdie „Aufzucht mit Mutter-milch nicht nur die natürlich-ste, sondern auch kostengün-

stigste Lösung." Welch netter Einklangmit der Natur, zumal bei Lämmern, die vorWeihnachten geboren wurden. Man mästetsie flugs, „um die höheren Lämmerpreisewährend der Osterzeit mitnehmen zu kön-nen." - Ostern ist nicht umsonst dreiein-halb bis viereinhalb Monate nach der Läm-

UnGEWOHNT

mergeburt. Ob das aber auch in Neusee-land so ist, wo Weihnachten ja immernoch im Sommer stattfindet...

Hühner sind da nicht so anfällig. „Umden Legerhytmusunabhängigvon den Jah-reszeiten zu machen, werden die Ställeohne Fenster eingerichtet (Kunstlicht-ställe), und die Legetätigkeit wird mitHilfe eines Beleuchtungsprogramms ge-steuert." Dazu verwendet man „Hybrid-hühner, die von kapitalkräftigen Zucht-unternehmen als Markenartikel angebo-ten werden", „...einseitig auf die Eier-leistung gezüchtete und vom Brutinstinktweitgehend befreite Rassen...". In fried-licher Eintracht leben sie zusammen, wes-halb es „sinnvoller (ist), den gesamtenStall vor Ablauf der ersten 12 Legemonategeschlossen die Federn wechseln zu las-sen. Diese sogenannte Zwangsmauser er-zielt man durch Abdunkelung des Stallessowie Wasser- und Futterentzug für 2Tage". „Auszusortieren sind Hennen, dieträge und teilnahmslos herumsitzen unddie aus matten Augen mit verschwomme-ner Pupillenabgrenzung blicken." Man be-merke: „In der Eierproduktion entschei-det der letzte Pfennig über Erfolg oderNichterfolg." - Aber das hatte ich ja allesschon tausendmal vorher gehört. Jetztweiß ich wenigstens, woher.

Den Rindern dagegen gehts besser. DasRind ist nämlich mein Freund. Es hilft mir.„Wie andere landwirtschaftliche Nutztiereauch sollen die Rinder dem Betriebsleiterhelfen, das Betriebseinkommen zu verbes-sern..." Danke, Du Rindvieh. Aber nichtfaul sein, Du wirst geprüft: Leistungsprü-fungen können Stationsprüfungen oderFeldprüfungen sein, Nachkommen- oderVollgeschwister- oder Halbgeschwis-terprüfung, es gibt Probanden und auchInformanten. Hingewiesen sei auf dieMilchleistungsprüfung, die Melkbarkeits-prüfung und die Prüfung auf Mastleistungund Schlachtkörperwert (Fleischleistungs-prüfung). Und wenn Du Kuh oder Rinddurchfällst: Friß Hormone! Oder Antibio-tika, organische Säuren, Probiotika, Emul-gatoren, Coccidiostatica und was es sonstnoch alles gibt, damit Du gesund bleibst,groß und stark wirst, aber schnell, dennZeit ist Geld. „Das Skelett steckt auch dieGrenzen für das Wachstum." Mehr gehtohnehin nicht. Man muß es nur wissen, alldas, um Theorie und Praxis (= Betriebs-wirtschaft und Produktionstechnik) ver-binden zu können - um 103,5 kg Fleischpro Kopf und Jahr (1987/88, BRD) erzeu-gen zu können. Und um sich die Wurst aufdem Brot selbst leisten zu können.

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Ich glaube fast, mit Stofftierenhätte sich leichter Geld verdienenlassen. Außerdem sind die nicht soanstrengend, seelisch anstrengend,meine ich. „Tierproduktion hat mitTieren zu tun und unterscheidet sichdeshalb grundlegend von anderenProduktionsbereichen (z.B. Textiloder Stahlproduktion).... Wer Tier-produktion betreibt, sollte Freudeam Umgang mit Tieren haben. Ermuß sich für ihre Lebensbedingun-gen interessieren und ihr Verhaltenbeobachten; und er muß seine Ein-sichten in tiergerechtes Handelnumsetzen. Dabei kann es zu Ziel-konflikten zwischen Ökonomie undder Forderung nach verhaltens-gerechter Unterbringung und Be-treuung der Tiere kommen. DerTierhalter steht dann vor schwerenEntscheidungen. Deshalb sollte ermitdenken und mithelfen bei derEntwicklung von neuen Produk-tionsverfahren, die gleichzeitig tier-gerecht und kostengünstig sind", be-hauptet das erste Kapitel. Aber dasist dann wohl ein anderes Buch.

-k-

Der Zone stand dasWasser bis zum Hals ##

. . .

Ein Katastrophentourist berichtet aus Sachsen-AnhaltNachdem einige kleinhirnige Ostdeutsche im Dezember noch dachten, das

Hochwasser am Rhein wäre die gerechte Strafe für den Dünkel der besserenHälfte Deutschlands gewesen, wurden sie in den vergangen Tagen eines Besserenbelehrt.

Kaum hatten die Russen den höchstenHarzgipfel geräumt, ließen es sich dieWolken nach jahrzehntelanger Teilung nichtnehmen, sich endlich auch wieder im Ost-harz abzuregnen. Die Natur hatte diemeteorologische Einheit Deutschlandsvollzogen und bereitete weiten Teilen Thü-ringens und Sachsen-Anhalts einen feuch-ten Alptraum. Die Bode führte soviel Was-ser, daß den Staßfurter Fernsehgeräten dieBildröhren beschlugen. Kleine Harz-flüßchen, seit Generationen nur noch di-rekten Anwohnern bekannt, machten sichüber Nacht wieder einen Namen in derRegion flußabwärts. Die Unstrut, sonst nur

zur besseren Identifizierung eines Weinan-baugebietes genutzt, weitete sich beträcht-lich und verschaffte zusammen mit anderenhochmotivierten Flüssen auch der Saalebei Weißenfels einen Pegelstand von übersechseinhalb Metern, von dem sie bei ei-nem Normalpegel von 2,50 Metern nichteinmal zu träumen wagte.

Immerhin, der befürchtete große Ver-kehrsinfarkt blieb aus. Die Saalebrücke inWeißenfels wie auch die in Bad Dürren-berg mußten im Gegensatz zu denen inNaumburg/Henne und Merseburg nicht ge-sperrt werden. So blieb es bei dem alltägli-chen Stau, der sich über die gesamte

Weißenfelser Innenstadt erstreckt und dieAutofahrer konnten aufatmen, obwohl dasWasser für einige Zeit bereits die Zufahrtzur Brücke umspült hatte. Doch für vielewar das Glück nicht von langer Dauer, da siemehrere Tage auf liebgewordene Gewohn-heiten wie Duschen nach der Arbeit, Du-schen vor dem Sex, Duschen nach dem SexundDuschen vor der Arbeitverzichten muß-ten - das untere Wasserwerk war als einesder ersten Bauwerke abgesoffen. Das kenntman von Bonn...

Zugegeben, das Chaos hielt sich in Gren-zen. Es gab auch nicht mehr Todesfälle alszu Zeiten mit normalen Wasserstand. Daswar nicht überall einem Katastrophenma-nagement mit intelligenten Einsatzplänenzu verdanken. Mancherorts hatte man dieVorzeichen nicht wahrhaben wollen und inden Tag hineingelebt - die Saale stand seitDezember ständig über Normalpegel - undeinfach nochmal Glückgehabt.

Einer in Weißenfelshatte das Hochwasserschon vor Jahren kom-men sehen. Carsten E.wollte sich nicht aufsein Glück verlassen. Erhandelte, um für den„schwarzen Freitag vonWeißenfels", vorberei-tet zu sein.

Es begann vor einigenJahren, als ihm eine in-nere Stimme den Tipgab, sich eine Wohnungin Weißenfels zu su-chen, die nicht an dasuntere Wasserwerkangeschlossen sei. Spä-ter erwarb er ein altes,fast zerfallenes Holz-kanu und präparierte esin langen Winternächten für den kommen-den Einsatz. Verfaulte Planken mußtendurch harte Tropenhölzer ersetzt und alteFarbschichten mühselig abgetragen wer-den. Anschließend wurde das Boot mit denSegnungen der modernen Chemie unemp-findlich gegen den natürlichen Säuregehaltder Saale gemacht. Carsten E. wurde dasäußerste abverlangt, als er das Kanu zuguter Letzt mit einem speziellen Zweikom-ponentenlack versiegelte. Ein perfektesKanu und drei Tage Durchfall waren dasResultat.

Das Material stimmte. Nun mußte harttrainiert werden. Jahr für Jahr opferte E.seinen wohlverdienten Jahresurlaub, um denErnstfall mit dem Kanu in den wilden Ge-wässern von Kanada und Norwegen zu te-sten. Und während andere Weißenfelser in

den Tag hineinlebten und sich im Urlaubseelenruhig vor ihrem Fernseher erholenkonnten, paddelte Carsten E. sich mühsamvon Fjord zu Fjord, von Stromschnelle zuStromschnelle, immer mit dem Ziel, opti-mal für die Zukunft gerüstet zu sein.

Am Donnerstag, den 14. April 1994 wardie Welt in Weißenfels noch leidlich inOrdnung. Carsten E. fuhr wie jeden Tag inden Werkstattstützpunkt des staatlichenUmweltamtes, direkt neben einer Saale-schleuse gelegen. Die Saale führte Hoch-wasser, aber es war nicht dramatisch. Aberim Laufe des Tages stieg das Wasser wei-ter. Erste Katastrophenmeldungen trafenein: In den Schrebergärten ertranken in denStällen Hühner und Kaninchen in den an-steigenden Fluten. An der Schleuse lief dasWasser über die Schleusentore. DieWerkstattbesatzung begann Sandsäcke be-reitzustellen; natürlich leere, wie sollte man

die sonst auch transportieren. Gegen Abendwar der Stadtpark an der Saale geflutet unddie Männer mußten ihn mit ihrem Ruder-boot durchqueren, um nach Hause zu kom-men. Am Morgen des „schwarzen Freitags"an dem die Spitze des Hochwassers erwar-tet wurde, kam die Werkstattbesatzung auchwieder mit dem Kahn stromab zur Werk-statt zurück. Als diese auch unter wisserstand, mußte der Rückzug angetreten wer-den. Aber der sonst so friedliche Stadtparkmit seinen Kinderspielplätzen und stillenWegen hatte sich durch die ständig steigen-den Fluten in schäumendes Wildwasser ver-wandelt. Das Ruderboot erwies sich als zuschwerfällig. Die Männer konnten nichtgegen die Strömung ankämpfen. Die Trak-toren waren längst im Schlamm steckenge-blieben. Nun war guter Rat teuer. Sollte

man tagelang ausharren, bis das Wasserwieder gesunken war? Nie hätte man dieseUnmengen von Überstunden abfeiern kön-nen! Blieb nur die Möglichkeit, sich vonder Feuerwehr evakuieren zu lassen. Aberdas ging gegen die Ehre der Männer vomstaatlichen Umweltamt. Schließlich warensie zu DDR-Zeiten alle gestandeneWasserwirtschaftler. Und einWasserwirtschaftler läßt sich nicht von derFeuerwehr aus dem eigenen Flußbereichretten!

Das war der große Moment für Carsten E.und sein Kanu. Mit einem Mann im Kanufuhr er aus dem ruhigen Kehrwasser hinterden Werkstattgebäuden heraus und in dieStrömung hinein, kämpfte sich um die Bäu-me herum, gegen die Strömung voran.Harmlose Klettergerüste und Kinderrut-schen mutierten zu tückischen Hindernis-sen mit gefahrlichen Strudeln. Sperrmüll-

container, gingen,wie aller deutscherMüll, ihre eigenenWege, rauschtenknapp am Bootvorbei und bra-chen sich don-nernd ihren Wegdurch das Ge-büsch. Doch E.hatte nicht um-sonsttrainiert. Einpaar schnelle Aus-weichmanöver,gefolgt von einemharten Sprint ausder Stromzungeheraus und dasKanu befand sichim ruhigeren Was-ser am Ufer. Mannfür Mann für er-

Foto: Enke r e i c h t e s o d e n hö-hergelegenen, trockenen Teil des Parks.Ehre und Feierabend waren gerettet, Car-sten E. und sein Kanu wurden als die Heldendes Tages gefeiert.

Ab Sonntag war Weißenfels aus dem Gröb-sten heraus. Die Schleusenfrau konnte ih-ren Posten verlassen und sich auf wichtige-re Dinge besinnen. Sie ging zu ihrem Feier-abendfriseur. In Wathosen. Auf den über-schwemmten Feldern normalisierte sichdie Lage. Die Bauern disponierten um undpflanzten Reis. Sie rechnen mit zwei bisdrei Ernten im Jahr, dank des gut angerei-cherten Saale-Schlammes. Findige Land-maschinenhändlerführenjetztauch Wasser-büffel. Dank der spontanen Hilfe von Katas-trophentouristen aus nah und fern beginntder wirtschaftliche Aufschwung nun auchin Weißenfels. Nicht nur die Traktoren-

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händler, sondern auch Fotografen und an-dere Fachhändler haben die stimulierendenImpulse des Hochwassers auf die Wirt-schaft erkannt. Pannen, wie die, daß es inWeißenfels keinen einzigen Film mehr zukaufen gab, während es von malerischen

Foto: Enke

Motiven nur so wimmelte, wird es in Zu-kunft nicht mehr geben. Die Lager sindgefüllt mit Fotomaterial, Notstromaggre-gaten, Pumpen u.a.m. Weißenfels' Wirt-schaft setzt auf das nächste Hochwasser.

Gunnar Seidel

„Neues von der Straße"Endlich ist der Journalismus auch zum Sprachrohr für die Obdachlosen geworden.

Seit einigen Wochen gibt es in Berlin zwei Obdachlosenzeitungen, die einem ausFrankreich kommenden erfolgreichen Projekt nach ähnlichem Prinzip nachziehenwollen.

Der Frühling hat begonnen, die Menschentummeln sich wieder gerne auf den Straßenund vertrödeln ihre Zeit in Cafes oder beimBummeln. Doch tausende von diesen Men-schen leben auf der Straße. Nachdem dieNotunterkünfte flir den Winternun geschlos-senwurden, sieht man SIE wieder gehäuft inFußgängerzonen, inParks und in Bahnhöfen,an Stellen, wo SIE jeden Tag erneut um ihrExistenzminimumkämpfen. Wir nennen SIEObdachlose, Menschen „ohne Unterkunft".Eigentlich eine recht harmlose Umschrei-bung. Denn diesen Menschen fehlt nicht nurein Dach über dem Kopf, sie sind gesell-schaftlich Marginalisierte, ein Nichts, Pen-ner, Personen, die nichts mehr zu verlierenhaben.

Mit diesem Früjahr jedoch wagten einigeBerliner Obdachlose einen großen Schritt,der viele von ihnen Mut und Überwindungkostete. Sie gingen auf den „Rest" dieserstädtischen Gemeinschaft zu, indem sie mitzwei Zeitungen eine riesige Distanz durch-drangen. Diese beiden Zeitungen bereicher-ten das Pressefeld dieser Stadt um vieles.Seit März gibt es die Haz und das MOB

Magazin. Beide Blätter erscheinen unabhän-gig voneinander und sind für den Preis vonzwei Mark erhältlich. Nein, nicht am Kiosk,sondern direkt auf der Straße, aus den Hän-den eines Obdachlosen, dem die Hälfte desKaufpreises zu Gute kommt. Was damit be-zweckt wird, ist klar: Diese Tätigkeit bietetden Obdachlosen eine Möglichkeit, wiederFuß zu fassen in den Mühlen unserer Gesell-schaft. Allein die Tatsache, daß es dort drau-ßen eine Beschäftigung für sie gibt, steigertsicherlich um vieles. Hinzu kommt, daß siedirekt in der Öffentlichkeit auftreten, gera-dewegs in die Mitte treten und aus ihrerRandposition heraus auf diejenigen zugehen,die auf sie hinunter- oder über sie hin-wegblicken. Vielleicht gelingt es ihnen mitHilfe dieser Zeitungen uns aus unserer Igno-ranz, und dem häufig aufgesetzten Mitleids-getue zu einem aufgeklärteren Bewußtseinzu führen, das möglicherweise einen Bogenhin zur Akzeptanz und Zusammenarbeit zuschlagen vermag.

Es ist eine Schande, daß diese Gesellschaftmeist rücksichtslos über die Obdachlosig-keit hinwegsieht und sie unberührt in irgend-

(populär« Musik, was auch immer du i t i )

md studiert »be i bei «der umgekehrt)an e i n e r B e r l i n e r U n i v e r s i t ä t ;

MACHT,,. MUSIKund ist interessiert mit seinerBAND und/oder PERSONsieh e inzubr ingen in eine

UeranstaltungsReihevoraussichtlich 14-ta'gig ib WS 94 im

UNIversellen Club in der HumboldtUnivenität

in Z u s a m m e n a r b e i t m i t dem

Uerei« zar Förderung der populäre« Muikkultar e.V.)

von und fürBerlinerStudentenBands

(i.w.S.)

(( Geld ist knapp wie immer, damit können wiralso nicht vordergründig locken ) )Spielwut und tatkräf t ige Hi l fe ,Ideen und Uorschlagenehmen entgegen:Heike Mildner / Brunnens!riße 143 / 10115 Berlin(Adresse für die dielte« DEMO-Pikete, Tel. 2832186und Frank M e i n h a r d t , T e l . 4 2 1 6 7 6

( EILTI)

einer Ecke gedeihen läßt."Auf dem Rückenaller Schwachen sieht man sie Furore ma-chen", so heißt es in einem Gedicht in MOB.Um so beeindruckender ist es, daß diese„Schwachen", wenn es ansich auch nur weni-ge sind, die Beine selbst in die Hand nehmenund damit ihre Probleme und Meinungenpublik machen.

Falls Ihr noch keinen Blick in eine derbeidenZeitungengeworfen habt, dann solltetIhr das bald tun. Es loht sich! Darüberhinausunterstützt Ihr mit eurem Kauf eine großarti-ge Kampagne. Damit reagiert Ihr zudem aufeine bedingungslose, schmähvolle Aussagedes Herrn Innensenator von Berlin, Heckel-mann: "Aggressive, aufdringliche oder be-trunkene Bettler beeinträchtigen zuneh-mend nicht nur die Lebensqualität in derInnenstadt, sondern auch das Rechtsempfin-den und das Sicherheitsbewußtsein unsererBürger." (Herbst 1993, zitiert in der erstenHAZ-Ausgabe)

* Übrigens: Mitte Mai findet in Berlin eine Aktions-woche unter dem Motto „Gegen Ausgrenzung" statt, diefür und mit Obdachlosen und Flüchtlingen aus aller Weltund vielen weiteren Gruppen veranstaltet wird. Ihr seidherzlich eingeladen.

Alex

0,6. UnPOUTISCH

'Warten auf den Führer"Diskussionen über Neonazis

Sich bemühen, Menschen zu verste-hen? Sich in Menschen ohneAnsehung der Ideologie einfühlen? -

Klingt nach ganz vernünftigen Forderungenfür Diskussionen in einem demokratischenGemeinwesen. Stattdessen: „...und immerzureden gute Menschen, die zusammenkom-men, über böse Menschen. Das Ergebnis isteine heile Welt. Allerdings mit Kopfschmer-zen.", schreibt Bodo Morshäuser in seinemBuch „Warten auf denFührer"- Gemeint sindDiskussionen über „Neonazis", die Rechten,die Brandbomben schmeißen, "Ausländer'raus" brüllen und Schlimmeres anstellen.(Erst jüngst brannte in Lübeck die Synago-ge). Ihm sind diese Diskussionen zuwider.Nicht, weil „rechtsextreme Gewalt" etwa keinThema mehr sei, sondern weil diese Diskus-sionen nichts weiter seien als eine Flucht,Ausdruck allgemeiner Ratlosigkeitund eben-so Ausdruck der Unkenntnis über den Ge-genstand derDiskussion. Geschwätz. Ein (...)weitabgewandtes, gebildetes Quasseltum, dasman wie eine Endlosschleife um die Tage

*Bodo Morshäuser: Warten auf den Führer. SuhrkampTB, Frankfurt a. M., Frankfurt 1993,15,80 DM

wickeln kann, die mit Milchkaffee begonnenund mit Chianti beendet werden." Niemandwisse genau, worüber er rede, wenn er überNeonazis rede. Einig sei man sich nur in derAblehnung dieser Anderen, und daß man übersie reden müsse. Und das gehe so weit, daßin all den Talkshows, Fernsehinterviews undso weiter nie ein Vertreter dieser anderen zuWort kommt. Bis auf einige Ausnahmen:das Frauenmagazin Mona Lisa, das (1991)eine NPD-Politikerin eingeladen hatte zusagen, was sie denkt. Dort saßen andere, dieihr widersprachen. Es könnte das Normalstesein; es war eine Ausnahme." Ähnliches istihm sonst nur in Diskussionen mit Schülernpassiert.

Erklärungen hat er dafür gleich zwei.Erstens tut es einem selbst gut, das

Schlechte in anderen zu finden. Wie derKönig, den man auf der Bühne vor allem andem Gebaren seiner Untertanen erkenne, diesich wie Untertanen verhalten, am Kontrast.Den ärgste Kontrast sieht er in einem ver-breiteten „Anti-Deutschtum": Brüllen die ei-nen „Ausländer raus!" schreien die anderen„Ausländer rein! /Rheinländer raus".Die ei-

nen propagieren übertriebenen Fremdenhaß,die anderen Fremdenliebe. ÜbertriebeneFremdenliebe, wie Morshäuser meint: „Na-tionalismus stellt die eigene Nation überandere. Negativer Nationalismus stellt dieeigeneNation unter andere. Beide Haltungenwerden getragenvom Gedankender Ungleich-heit. Ungleichheitsideologien sind die Grund-lage jedes Extremismus." Und: „Wie kannich ausdrücken, daß ich gegen dies und dasbin, ohne zum Pyromanen zu werden, ohneBrandsätze oder Kerzenanzuzünden?Zufin-den ist die zivil lebbare Position."

Aber davon sind wohl viele weit ent-fernt, weil sie vielleicht etwas zu verlie-

ren haben. Hier findet sich in dem Buch eininteressanter Rückblick auf die 80er Jahre,„Neulich, als das Hakenkreuz keine Bedeu-tung hatte": DAF sang das Lied „Tanz denAdolf Hitler", es gab in Berlin Pullover zukaufen, in die unter anderem kleine Haken-kreuze eingestrickt waren. Und ganz am An-fang konnte man Punks und Skins politischnoch nicht auseinandethalten.Undeben dar-um sei es gegangen: Um Provokation einer-seits, um das „...spielerische Unterlaufen der

Ilko-Sascha Kowalczuk (Hg.)

Paradigmen deutscherGeschichtswissenschaft

Ringvorlesung an der Humboldt-Universität zu Berlinim Wintersemester 1991/92

Mit Beiträgen von J. Kocka, O.G. Oexle, W. Schulze, H. Zwahr,H. Mommsen, H.G. Hockerts, H. Weber, H. Bausinger, K. Hausen.L. Niethammer, W. KUttler, B. Florath, R. Eckert, H.U. Wehler.

^ ^ ^ ^ ^ ^ ^ ^ H Berliner Debatte ^ H

Für Studenten der Geschichte und der Gesellschaftswis-senschaften, besonders für Lehrer, gibt es kaum eine bes-sere Möglichkeit, sich einen Überblick über die deut-sche Geschichtswissenschaft zu verschaffen. Elf renom-mierte Historiker aus West- und Ostdeutschland stell-ten ihr Fachgebiet in einer Vorlesung vor. Die Themenreichen von „Mittelalter und Moderne" (O. G. Oexle)und „Frühe Neuzeit" (W. Schulze) über „Frauenge-schichte" (K. Hausen), „Sozialgeschichte" (J. Kocka) und„Weimarer Republik/Nationalsozialismus" (H. Mom-msen) bis zu „Oral History" (L. Niethammer), „Geschich-te der DDR" (H. Weber) und „Marxistische Geschichts-wissenschaft heute" (W. Küttler).

Eine Podiumsdiskussion dokumentiert kontroversePositionen zur Geschichtswissenschaft der DDR unddem Umgang mit dieser Hinterlassenschaft. BerndFlorath äußeit sich zur Debatte um das historische In-stitut der Humboldt-Universität zu Berlin, seine Ver-gangenheit und seine Mitarbeiter.

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270 Seiten, 29 DM, ISBN 3-929666-09-X

Bestellungen im Buchhandel oderBerliner Debatte/GSFP, PF 158, 10412 Berlin

±1^GENIEßBARWertvorstellungen der Nächstälteren" ande-rerseits. So wurde in den Achtzigern mitSymbolen gespielt, wurde ihnen jeder Inhaltgenommen - als Reaktion auf eine übertrie-bene Inhaltsgläubigkeit der Generation vor-her. Und als solche will Morshäuser sie auchrechtfertigen (War er doch fast selbst nochein „Achtzigerjahrejugendlicher"). Nur kehr-ten jetzt die Symbole zurück, und zwar mit-samt Inhalt. Vorbereitet nicht nur durch ei-nen lockeren Umgang mit Symbolen, auchdurch eine Politik, politische Anschauun-gen, die er weniger als Rechtsruck als als"Schleichen" nach Rechts beschreibt: An-werbestopp, Zuzugsbegrenzung, Zuzugs-sperre und schließlich sogar Rückkehr-

prämien für „Gastarbeiter"; der Satz „DasBoot ist voll" wird langsam salonfähig;schließlich als Höhepunkt die Asylrechts-debatte. Angesichts dieser Geschichte sei eswenig angebracht, den Rechtsextremismusder Neunziger als eine neue Erscheinungauszugeben. Dies täten aber die, die in denAchtzigern jung waren, um die zu schelten,die in den Neunzigern jung sind. Sie sagen:Du bist ein schlechter Mensch! Anstatt: Wasbist Du überhaupt für ein Mensch?

A uf gut hundertvierzig Seiten schreibtx\Morshäuser über seine Ansichten, esrinden sich neben Vor- und Nachwort einDialog und zwei, na, sagen wir Essays. Nicht

dröge, nicht belehrend.

TV ^ a n ist nicht gut, weil man sichIVAdafür hält, auch nicht, weil man anderefür schlecht erklärt. Gut ist, selbst nachzu-denken, auch selbstkritisch zu sein, zuhörenkönnen, ehrlich sein. Im Ganzen eine sehreigene Kritik unserer „Demonstrations"-und„Diskussionskultur". Esklingt unangenehm,was Morshäuser da sagt, manchmal vielleichtetwas abwegig, und eine Lösung bietet erauchnichtan. Nur einen Weg dahin schlägt ervor:...

-k-

Triumpf derkulinarischen Genüsse

Neues vom Werk der Studenten

Wer nur den Frühling hervorbrechen sah in diesen Tagen,der konnte wahrlich glauben, die neue Kraft der Sonne

hätte Scharen jungen Volkes aus den Grüften des Winter-schlafs zu den Futtertrögen des Studentenwerkes in derMitten Berlins getrieben. Doch wer sich im studenti-schen Kalendarium erkundigte, hatte triftigereGründe anzugeben für die Flut der Hungri-gen, die über die preiswerten Kalorienherfielen: Das SOMMERsemester hat-te begonnen! Und nach der erstenWoche Lehrbetriebes, die ja immereher vom Geist der Besinnung vordem erwarteten Ausbruch der nochschlummernden Kräfte geprägt ist, botdie zweite Studienwoche Anlaß, auch fürdas Srudentenwerk Aktivität zu versprühen:Eine kulinarische Spezialitätenreise iv>;durch die neuen Bundesländer ward ver- sikündet!

Sofort bemerkt haben es vielleicht nichtalle Esser am mittäglichen Mensatisch. Waskein Wunder ist, denn gehört man erst einmal zur Schar be-drängter Wartender im wimmelnden Pulk, bleibt einem kaumdie Sicht, um zu erkennen, was zur Auswahl steht. Und wennman dann erst mit empfangenem Teller einen Platz gefundenhat, gilt nur noch eins: Die Kalorien jetzt schnell hinein-geworfen, denn die nächsten warten schon begierig auf dasfreiwerdende Fleckchen Tisch und den Stuhl...

So sei denn hier beschrieben, was stattgefunden hat. Heimli-che Rezeptsammlungen, die wohl schon längere Zeit in derDDR als verschollen galten, wurden von den Essenskreateurengesucht und wahrlich auch gefunden. Sie wurden gesichtet undfür gut befunden. Und da stand das repräsentative Menü-programm: VomNiederlausitzer Backobst biszum ChemnitzerTruthahnbraten, vom Suhler Wurzeleintopf, den bestimmt keinThüringer kennt, bis zum Mecklenburger Gemüseeintopfund

noch viel mehr... Doch blieb, wie immer bei solchen Aktionender Mensa SÜD, welche die des Hauptgebäudes Unter denLinden ist, wieder nur ein Mauerblümchendasein. Die viel zu

kleine Küche und die zu geringe Zahl an Kochgerätenbeschränkten die Gestaltungsmöglichkeiten wohl nur

auf ein Gericht am Tag, das dieser Präsentation bei-gegeben werden konnte. Und so wurde aus der

Not eine Tugend gemacht. Man reicherte dasAngebot mit herkömmlichem an. Eine chine-

sische Gemüsereispfanne kam zu ihremRecht, vertreten zu sein. Und da ja so-wieso die Neubundland-Studenten ihreGerichte der Heimat nicht wiederer-kennen würden und die Altbundland-

studenten die Geographie der Neufünfländernur fehlerhaft beherrschen sollen, kam da eben

noch ein Schweinegoulasch "Szegediner^ Art" (Szeged / Ungarn) und 2 Stück Kö-

nigsberger Klopse (Kaliningrad/ Ruß-land) hinzu.

Ein Segen, daß da die Köchin noch nichtBundeskanzlerlN geworden ist...

Bleibt einem da mehr zu sagen?Doch halt. Nun wissen zwar all um die Tausende, die die Mensa

kürzlich bevölkerten, was sie bei aller Hatz an Genüssen überihre Zungen schoben. Doch alle Neuankömmlinge, denen dieMensa noch nie begegnet ist, schauen noch ganz wirr undunAUFgeklärt, die altehrwürdigen Mauern des Hauptgebäudesziellos entlang: Waaaas, Studentenwerk? Waaaas, billigEssen inder Mensa? Aber wo denn?

Für diejenigen hat das Studentenwerk jetzt große blaue Hin-weisschilder mit weißer Schrift anbringen lassen! Ob da derallmittägliche Strom der knurrenden Mägen, der wilde, verfüh-rerische Duft gekochten Einerleis oder der weit hörbare Pulkder Schlangestehenden nicht schon ausgereicht hätte?

Ulli

I I^TUCATPAI

NjuhsV*ranstaltungsr*ih* der

AbteilungBeratungsdienst*

„Gewalt gegen Behinderte"Uschi Aurien, Redakteurin der

Zeitschrift „Randschau", berichtetüber aktuelle Vorkommnisse, Hin-tergründe, strukturelle Gewalt undmögliche Gegenstrategien.

19.5.1994, 17.00-18.30 Uhr„The Abnormais"Vorführung des Kinofilms mit an-

schließender Diskussion16.6.1994, 17.00-18.30 Uhr

„Brauchen wir einAntidiskriminicrungsgesetz?"

Martin Marquart, Mitglied des„Spontanzusammenschlusses Mobi-lität für Behinderte", Mitglied desLandesbehindertenbeirates und Mit-glied des Berliner Behinderten-verbandes stellt die aktuelle Dis-kussion der Kampagne für ein Anti-diskriminierungsgesetz dar undzieht Vergleiche zur Situation in denUSA

14.7.1994, 17-18.00 UhrVeranstaltungsort: TU-Mensa, Har-

denbergstraße 34Weitere Auskünfte: Beratung für

behinderte Studierende, Tel. 3112-311 oder 83002-402

Lesbisch-Schwule Filmtag*

vom 26.5. bis 5.6.1994im Kino "Camera" im Tacheles(Oranienburger Straße 54-56)

Das Tacheles und die lesbisch-schwuleInteressenvertretung an der Humboldt-Universität mutvilla verantalten ein Film-festival, auf dem 11 Filme und 10 Kurzfil-me um das Thema "Minderheiten innerhalb:iner Minderheit" gezeigt werden. Als be-onderer Höhepunkt ist für den 29.5.12Uhr) ein Kino-Frühstück geplant, zu

lern die Lieblings-Kurzfilme des Publi-oims präsentiert werden - mit Diskussio-len und Büfett.

Die KartoffelsalatschlachtPension Schöller/Die Schlacht an der Volksbühne

Nein haben wir gelacht! Alte Berliner Klamotte. Hätte Ihnen och plaisiert! WatVolksbühne? Na wissen Se, wir hamja schließlich och intellektuell jdacht, man isjaschließlich wer! Nur im hinteren Drittel, da ham se 'n bißchen viel rumjemacht, newissen Se, das wird dann och mal langweilig.

Der Führer hat Geburtstag. Seinen 50.!Überall ist Um Lei Tung (ja ja, japanischerVerkehrsminister - ha ha ha). Zur Jubelfei-er angetreten ist das ganze behämmerteVölkchen, das er beherrscht. Die blondenZöpfe in Dirndl, die blauen Augen in derKrachledernen und die ganze Kunturnationmit dem kneien Sprachfehner. Das ganzeIrrenhaus feiert mit Hakenkreuz und Kano-nendonner, Striptease und Schlangen-beschwörung. Alles alte Bekannte, der inder braunen Uniform mit den kompensier-ten Komplexen, der gelbe schwule Jude,der durch alle Welt jagt und die asiatischeGefahr ankündigt, der Onkel aus der Pro-vinz, der Klapproth heißt - an ihren nacktenBäuchen erkennen die Klischees, daß sieMenschen sind. Und dann rutschen sie aufdem geburtstäglichen Kartoffelsalat aus,werden von mannstollen Schriftstellerin-nen angefallen und aus allen deutschenRohren kommt ein guter deutscher Bums -diss is Berlin!

Das Boulevardtheater als Entlarvung deut-scher Kleinbürgerlichkeit, die Welt derEinfalt wird mit ihren eigenen Mitteln ge-schlagen. Stereotype und Schablonen to-ben über die Bühne. Im Hause Deutschlandsind die Verrückten ganz normale Leute.Ihr Irrsinn, ausgestellt bei Schlachten mitKartoffelsalat, ist der Irrsinn, mit dem derMichel die Welt erobern wollte, doch ei-gentlich kann er nie über die Mauern sei-nes beschränkten Heimes schauen. Damitman sich aber nicht nur ob der Lächerlich-keit der gemütlichen Pension und derprovinziellen Gäste amüsiert, knallen ge-legentlich Flak-Schüsse ohrenbetäubend

ins Publikum, damit auch der letzte dieböse Dimension begreift. Bei solcherDröhnung darf man dann auch über flam-mende Hakenkreuze und die Mutter imgestreiften Kleid mit rotem Winkel la-chen, der dieblondePerücke und das Dirndlviel besser stehen. Der Abend in der Volks-bühne war eine Reise durch den reichenFundus deutscher Vorurteile und Tabus:Juden, Nazis, Schwule, KZ, die deutscheFrau, der deutsche Mann, das deutscheSchunkellied, das Hakenkreuz. Alles wur-de aus dem bierernsten "sowas-sagt-man-nicht" gerissen. Die Akteure bewiesen sichbeim Schlachten der heiligen Kühe alswahre Komödianten, wenn auch die Slap-sticks aus altbekannten Filmbüchsen ge-klaut waren, Charlie Chaplin und MonthyPython ließen grüßen. Dann die großeSchlacht: minutenlanges Bumsen, Stöh-nen und drei verschiedene Stellungen aufweißem Bettuch. Wer da die Katastrophenicht erkennt...

Also: böse Vergangenheit, viele Gagsund noch mehr Holzhammer - was soll's?Dem Rezensenten jedenfalls kamen keinegroßen Gedanken, aber dafür umso mehrGelegenheiten zum kollekiven Ablachen.Auch mal was?

Studentenciub BiesdorfEs geht Meiler !

Im Sommersemester '94 ab Sonntag, dem 17.4., wieder geöffnet!So findet Ihr zu uns: Bis S-Bahnhof BIESDORF - weiter mit Bus

Richtung Marzahn (192/292-4 Stationen) -STUDENTENWOHN-HEIM Oberfeldstr. 111/Haus II.

Der neue Club

+Leserbriefe + + + Leserbriefe +++ Leserbriefe +++ Leserbriefe + + + Leserbriefe

zu: "Ein Fall administrativer Insuf-fizienz"in UnAUF 55

Institut für BiologiePrüfungsausschußMit Befremden habe ich in dem Artikel

"Ein Fall adminsitrativer Insuffizienz" inder oben genannten Studentenzeitung dieKritik an der Prüfungs-/Srudienordnunggelesen. Ich stelle hiermit fest, daß diesenicht den Tatsachen entspricht und falschist. Leider sind die Aussagen ohne Quellenwidergegeben. Dadurch ist es mir leidernicht möglich, diesen Sachverhalt schnellzu klären.

Ich bedaure es sehr, daß keine Rückspra-che mit dem Institut für Biologie erfolgte.Im Sinne einer vernünftigen Arbeit erwarteich, daß die Probleme - unabhängig vonihrer Richtigkeit - den verantwortlichenPersonen zumindest genannt werden. Die-ses ist nicht geschehen.

Im Interesse einer Aufklärung habe ichmich an die Fachschaft des Institutes fürBiologie gewendet. Aber auch hier wurdeder betreffende Artikel mit Unverständnisaufgenommen. Die Quelle dieser Falsch-information ist unbekannt.

Ohne Frage haben wir erhebliche Proble-me in der Absicherung von Lehre und Stu-dium. Diese sind jedoch nicht in dem Arti-kel genannt, was ich als nützlich empfundenhätte. Somit ist der Beitrag oberflächlichrecheriert. Ich halte das Vorgehen vonUnAUFGEFORDERT ais äußerst merkwür-dig und nicht förderlich für eine konstruk-tive Atmosphäre an der HUB.

Prof. Dr. Andreas Herrmann

zu: "Wohnen im PrenzlbergTeil 2"in UnAUF 55

Wohnen im PB unterscheidet sich nurunwesentlich vom Wohnen im Hansa-viertel!

Wessiland = Ossiland.Was ich im Hochhaus Bartningallee 5

erlebte, stellt UnKöniglich womöglich inden den elektronischen Sprechanlagen-schatten.

Helmut Schinkel

zu „Einschreibelisten, Anwesen-heitslisten, Schwarze Listen"in UnAUF 53 und dazugehörige

Bemerkung der Redaktion inUnAUF 55

Durch die infolge von Platzmangel ver-kürzte Darstellung des Kenntnisstandesder Redaktion zum Thema Anwesenheits-listen am Institut Anglistik/Amerikanistikin UnA UF 55 ist es zu Mißverständnissengekommen, die wir durch den Abdruckder Gegendarstellung des Datenschutzbe-auflragten Kuhring beheben wollen.'

Bei Herrn Prof. Dr. Hansen vom InstitutAnglistik/Amerikanistik möchten wir unsan dieser Stelle för die falschen Behaup-tungen entschuldigen.

GegendarstellungIn der Studentenzeitung der Humboldt-

Uni, UnAUFGEFORDERT Ausgabe Nr. 55vom 12. April 1993 ist auf Seite 23 einBeitrag unter der Überschrift Leserbriefezu „Einschreibelisten, Anwesenheitslisten,Schwarze Listen" der Redaktion Un-AUFGEFORDERT enthalten, bei dem Ih-nen einige Fehler unterlaufen sind, die ichhiermit richtigstelle:

1 .Wahr ist, daß ich aus Anlaß der ArtikelinUnAUFGEFORDERT Nr. 53 und 54 eineBegehung am Institut für Anglistik/Ameri-kanistik durchgeführt habe. Unrichtig istdie Behauptung, daß ich hierbei Listen ge-funden hätte und diese beschlagnahmt undvernichtet hätte. Richtig ist, daß wederAnwesenheitslisten noch Schwarze Listengefunden wurden.

2. Wahr ist, daß Prof. Dr. Hansen zu kei-nem Zeitpunkt Schwarze Listen gefuhrt hat.

3.Unwahr ist, daß ich Prof. Dr. Hansengebeten hätte, in Zukunft jede Erwähnungfiktiver Schwarzer Listen gegenüber Stu-denten zu unterlassen. Zu dieser Behaup-tung ist zu ergänzen, daß eine solche Bittegegen Artikel 5 Abs. 1 Grundgesetz versto-ßen würde. Danach hat jeder das Recht,seine Meinung in Wort, Schrift und Bildfrei zu äußern. Hierbei ist das Recht derfreien Meinungsäußerung von dem Verbotunwahrer Tatsachenbehauptungen zu unter-scheiden.

4.Unrichtig ist, daß Prof. Dr. Hansen ge-genüber dem Datenschutzbeauftragten ei-

'ini Verweis auf § 10 Landespressegesetz

desstattlich versichert habe, in Zukunft kei-nerlei Anwesenheitslisten zu führen. Wahrist, daß Prof. Dr. Hansen eine eidesstattli-che Versicherung darüber abgegegben hat,daß Anwesenheitslisten, die er angelegthatte, vernichtet worden sind und das dar-über hinaus keine weiteren Listen bei ihmvorhanden sind.

Hierzu ist zu ergänzen, daß dieseeidesstattliche Versicherung ein gebräuch-liches Beweismittel für die Vernichtungvon Datenträgern ist und somit das obliga-torische Vernichtungsprotokoll ersetzt.Auch an anderen Fachbereichen wurdenAnwesenheitslisten geführt und ab Kennt-nisderfehlenden Rechtsgrundlage vernich-tet. Grundsätzlich ist bei jeder Vernichtungvon Datenträgern ein Vernichtungs-protokoll anzulegen.

Ferner ist zu der Behauptung, daß Prof.Dr. Hansen genüber dem Datenschutz-beauftragten eidesstattlich versichert habe,in Zukunft keinerlei Anwesenheitslisten zuführen, zu ergänzen, daß eine solche Eides-stattliche Versicherung absolut untauglichwäre, um eine Unterlassung zu erreichen.Im Rahmen einer Unterlassungserklärungwürde ich eine solche Eidesstattliche Ver-sicherung niemals akzeptieren.

5. Unrichtig ist die Behauptung, daß derDatenschutzbeauftragte, Herr Kuhring,Herrn Prof. Dr. Hansen, einen Bescheidmit Rechtsbelehrung zugestellt habe. Rich-tig ist, daß jedes Verwaltungsverfahren ineinem Bescheid mündet, wobei dem ge-genüber Prof. Hansen ergangene Bescheidnicht eindeutig ist, ob es sich hierbei umeinen Organisationsbescheid oder einenVerwaltungsakt mit Regelungscharakterhandelt. Unabhängig davon ist festzustel-len, daß nach der Verwaltungsgerichts-ordung weder eine Verpflichtung zur Ertei-lung einer Rechtsbehelfsbelehrung besteht,noch daß diese verwaltungsintern erfor-derlich ist. Da das Verfahren einvernehm-lich mit HerrnProf. Hansen beendet wer-den konnte, gab es keinerlei Veranlassungfür eine Rechtsbehelfsbelehrung.

Insgesamt ist zu den Behauptungen zu„Einschreibelisten, Anwesenheitslisten,Schwarze Listen" zu ergänzen, daß ich fest-gestellt habe, daß zu keinem Zeitpunkt einstrafbares Verhalten von Prof. Dr. Hansenvorgelegen hat.

Berlin, den 18. 04. 1994Kuhring, behördlicher Datenschutz-

beauftragter

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Liebe Neu-Neufünfländerund

liebe Alt-Altbundländer!Schon beim letzten Mal war ich nicht be-sonders gut drauf, aber diesmal bin ichunerträglich. Zum einen liegt das daran,daß heute Donnerstag ist (Und ob heuteDonnerstag ist. Natürlich ist heute Don-nerstag.), und seit einem Jahr hab ich don-nerstags immer Muskelkater. Woher derkommt, hat Euch nicht zu interessieren.Zum anderen stehen wir vor dem konkre-ten Problem, daß wir (der Setzer und ich)nachher zu einem Seminar müssen, wasnicht unbedingt etwas mit dem Donnerstagzu tun haben muß, abervöllig ausschließenwill ich das nicht. Es passiert mir öftermal, daß ich mich plötzlich in einem Semi-nar wiederfinde; da hab ich mich schondran gewöhnt. Ich hab mir heute vormittagbereits zwei Seminare angetan und möchtenur noch sagen: Leggt mi doch am Aarsch,aber greizweis! Das ist Schwäbisch undheißt zu deutsch ungefähr: Heute ist einwunderschöner Tag, nicht wahr? Schwä-bisch ist jetzt sowieso in. SchwäbischeSeminarleiter kommen besser als sächsi-sche. Sie sind vor allem häufiger. Mir wur-de grad vorgeschlagen,den Artikel doch aufSchwäbisch zu schreiben,aber ich hab mein Wör-terbuch zu Hause liegenlassen. Ich kann nur hoch-deutsch und ein wenigwernerbeinhart. Als Lin-guist gebe ich zu, daßSchwäbisch gut klingt.Verstehen tu ich das nicht.Aber es klingt gut. Drol-lig. Ich habe ein schlech-tes Gewissen, weil ich ei-nen Artikel schreiben mußund mich stattdessen inunfairer Weise über dieSchwaben amüsiere. Einweiterer Redakteur meint,daß das doch schön seiund die das mögen. Fest-halten muß man, daß die-se Antwortvoneinem Re-dakteur aus Aachen (Dasist nicht in Schwaben, aberim Westen.) kommt undich ihm deshalb zugeste-

hen muß, daß er vielleicht etwas kompe-tenter ist als ich. Der Setzer äußert sichjetzt aber sehr unqualifiziert zu dem The-ma und gibt zu, daß er keine Schwabenkennt. Mit anderen Worten: Er besuchtkeine Seminare bei West-Dozenten, dennalle West-Dozenten sind Schwaben. Ichhab auch schon einen aus Bielefeld gese-hen. Bielefeld liegt nicht in Schwaben. Esist schon erstaunlich, daß es auch außer-halb von Schwaben Schwaben gibt. Diemeisten Schwaben gibt es in Berlin (Vonallem gibt es in Berlin am meisten!). Abernoch sehr viel mehr Schwaben gibt es ander Humboldt-Uni. Aus der Redaktion kamvom Finanzchef soeben der hilfreiche Hin-weis, daß Schwaben vor allem Häuser bau-en. Sie schaffen. Schwaben ernähren sichvon Weißwurst, behauptet der Finanzchef.Schwaben essen Spätzle, erwidert derMensch aus Aachen, der es, wie bereitsfestgestellt, ja besser wissen muß. Spätzlewird aus Eiern gemacht und von einemHolzbrett gekratzt. Alle Schwaben sind ver-schnupft und haben viel Zeit. Oder besser,

man muß viel Zeit haben, wenn man sichmit einem Schwaben unterhalten will. Odermuß. Humor haben sie nicht. Der Setzermeint, Schwaben können schön singen undschleppen lange Spieße mit sich nun, umkleine Hasen damit zu fangen. Sie tretengebündelt zu je sieben Stück auf. Schwabentragen keine Lederhosen, denn das tun dieBayern. Als ich noch ganz klein war, hieltich den gesamten Süden der BRD für Bay-ern, aber dem ist ja nicht so. Und dann kennich noch die Augsburger Puppenkiste. Undwas lernen wir aus diesem Artikel? Er-stens, daß -2a donnerstags besser nichtsschreibt, weil Pro-Wessi-Artikel politischnicht korrekt sind, zweitens, daß es Schwa-ben gibt und man sie als solche akzeptierensollte und daß sie so sind, wie sie sind.

El Em Ah Ah! minus tswei ah

PS: Ihr müßt mir jetzt keine Briefe schik-ken. Ich brauch nur einen starken Cafe.