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Universität Hamburg Fakultät für Rechtswissenschaften Maximilian Kock (Institut für Kriminalwissenschaften, Abteilung Kriminologie) Rechtshaus, Zimmer 125 Tel.: 040-42838-7630 email: [email protected] Sprechstunde: nach Vereinbarung Materialien zur Veranstaltung finden Sie unter: http://www2.jura.uni-hamburg.de/instkrim/kriminologie/L ehre/Lehre.html

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Universität Hamburg Fakultät für Rechtswissenschaften

Maximilian Kock(Institut für Kriminalwissenschaften, Abteilung Kriminologie)

Rechtshaus, Zimmer 125

Tel.: 040-42838-7630

email: [email protected]

Sprechstunde: nach Vereinbarung

Materialien zur Veranstaltung finden Sie unter:

http://www2.jura.uni-hamburg.de/instkrim/kriminologie/Lehre/Lehre.html

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Aufgabe 1

a) 1 WP

Vorüberlegungen:

Was ist gefragt?

Form der Entscheidung

Einfach:

Gem. § 453 I S. 1 StPO

Beschluss

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b) 2 WP

Vorüberlegungen:

Was ist gefragt?

Hier Rechtsmittel und Rechtsmittelinstanz

Einfach:

Gem. § 453 II S. 3 StPO ist gegen die Entscheidung die sofortige Beschwerde (§ 311 StPO) möglich.

Zuständig ist das OLG gem. § 121 GVG

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c) 3 WP

Vorüberlegungen:

Was ist gefragt?

Stellungnahme

Zentrales Problem:

Prognose

Widerruf der Strafaussetzung

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Probleme hier: Das Mitführen von Waffen auf dem Oktoberfest steht in keinem Zusammenhang mit dem Einbruchsdiebstahl.

Die beiden Taten liegen bereits längere Zeit zurück – Prognosezeitpunkt ist aber der Zeitpunkt der Entscheidung –

Sanktionen waren nicht schwerwiegend

Vorliegend wäre in der Summe auch eine weitereVerlängerung der Bewährungszeit möglich gewesen; Auch wenn das Gericht hiervon absieht, muss es sich dazu verhalten

Prognose:Weiterbildung fast abgeschlossen

Positive Entwicklung

Verdachtsmomente der Polizei

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Aufgabe 2

a) 2 WP

Gem. § 55 StGB sind bei nachträglicher Bildung einer Gesamtstrafe die Regelungen der §§ 53, 54 StGB anzuwenden.

Voraussetzung einer nachträglichen Gesamtstrafenbildung ist, dass das einzubeziehende Urteil noch nicht vollständig erledigt ist und die Tat vor der einzubeziehenden Verurteilung begangen wurde.

Die Zäsurwirkung des Urteils ist zu beachten (ggfs. zeichnen die Kand. hier einen Zeitstrahl, aus dem das erkennbar wird.)

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b) 3 WP

Die Urteile zu Nr. 2. und Nr. 4. sind gesamtstrafenfähig.

Die Entscheidung zu 1 ist bereits vollständig erledigt, die Strafvollstreckung ist hier bereits beendet.

Das Urteil zu 2. entfaltet eine Zäsurwirkung hinsichtlich der Tat 3.

Die vom Kand. gebildete Gesamtstrafe muss größer als 10 Monate sein und darf 11 Monate und 1 Woche nicht überschreiten.

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c) 2 WP

Nein, das wäre nicht möglich. Die Vollstreckung obliegt gem. § 451 StPO der StA als Vollstreckungsbehörde. Das Nachholen einer Gesamtstrafenbildung erfolgt nach § 460 StPO; es handelt sich hier um eine gerichtliche Entscheidung, die nicht die StA treffen kann.

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Aufgabe 3

a) 2 WP

Vorüberlegungen:

Was ist gefragt?

Allgemeine Bedeutung des Geständnisses

Strafzumessungsrelevanz

Was spricht dafür bzw. dagegen

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Aufgabe 3

Geständnis gehört zum Nachtatverhalten

Möglichkeit, positive Schlüsse auf das Maß der persönlichen Schuld und Gefährlichkeit des Täters zu ziehen. Geständnis als Indiz für die Schuldschwere, Gefährlichkeit und Unrechtseinsicht des Täters

drei Fallgruppen:innere Umkehr (Distanz zu eigenen Taten, Läuterung)

Schadenswiedergutmachung

Kooperation bei der Wiederherstellung des Rechtsfriedens.

Bei erdrückender Beweislage oder rein taktisch motivierten Einlassungen soll das Geständnis nicht berücksichtigungsfähig sein.

Geständnis darf nicht zu Strafmilderung führen, die nicht dem Unrechts- und Schuldgehalt der Tat entspricht.

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b) 3 WP

§ 257c Abs. 2 Satz 2 StPO:

Geständnis ist exemplarisch aber Verständigung ohne Geständnis-(gegen-)leistung ist zulässig.

Man könnte sagen, Geständnis ist Conditio-sine-qua-non einer Verständigung, andernfalls ist Strafmilderung nicht zu rechtfertigen. Aber Strafmilderung ist nur regelmäßige, nicht zwingende Folge einer Verständigung.

Neben Geständnis hat ein das Opfer schonendes Prozedieren oder ein Beitrag zur Sachverhaltsaufklärung strafmildernde Bedeutung

Problem: Aufklärungshilfe ist per se schuldindifferent ist. (Zusatzpunkt)

„Soll-Vorschrift“ verleitet zur Ablegung von Formalgeständnissen

strafmildernde Berücksichtigung eines Formalgeständnisses verbietet sich

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c) 1 WP

- §§ 160b, 202a, 212 StPO (Dokumentation von Vorerörterungen),

- § 243 Abs. 4 Satz 1 StPO (Mitteilung über Vorerörterungen bzw. Negativmitteilung),

- § 257c Abs. 4 Satz 4 StPO (Mitteilung über Abweichung),

- § 257c Abs. 5 StPO (Belehrung über Bindungswirkung),

- § 267 Abs. 3 Satz 4 StPO (Vermerk über Verständigung im Urteil),

- § 273 Abs. 1a StPO (Protokollierung der Verständigung bzw. Negativattest).

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d) 4 WP

Gefahr:Mitteilungspflichten über Vorerörterungen entstehen, wenn lediglich Möglichkeit oder Umstände einer Verständigung im Raum stehen

Problem: Beteiligte verzichten ggf. auf die Erörterung (Anliegen des § 257b StPO würde torpediert)

Gegenwehr:Akteure nutzen informelle Absprachen (Flucht in die Formlosigkeit)

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BVerfG:Missachtungen der Belehrungs-, Transparenz- und Dokumentationsvorschriften begründeten die Rechtswidrigkeit einer getroffenen Absprache. Verstöße gegen die flankierenden Formvorschriften bilden faktisch einen absoluten Revisionsgrund im Sinne des § 338 StPO – sonst folgenlose Umgehung möglich

Im Hinblick auf das Negativattest gemäß § 273 Abs. 1a Satz 3 StPO führt die Entscheidung unter Durchbrechung sonstigen Revisionsrechts die Möglichkeit einer Protokollrüge ein. Dogmatische Bedenken werden preisgegeben, um die Durchsetzungskraft der Vorschrift zu erhöhen.

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Aufgabe 4

a) 1 WP- § 136 Abs. 1 S. 2 Var. 1

Aussagefreiheit des Beschuldigten wird nicht begründet, aber „denknotwendig“ voraussetzt.

- § 136a StPO Freiheit der Willensentschließung des Beschuldigten durch Zwang oder Täuschung zu beeinträchtigen.

- § 163a (Abs. 3 S. 2 und Abs. 4 S. 2 StPO)für richterlichen Vernehmung geltenden §§ 133 gelten für staatsanwaltschaftliche und polizeiliche Vernehmungen

- § 243 Abs. 5 S. 1 StPO

- §§ 136 Abs. 1 S. 1, 136 Abs. 1 S. 2 Var. 2 und § 136 Abs. 2 StPO Informationen über den konkreten Tatvorwurf, Gelegenheit, einen Strafverteidiger hinzuzuziehen, sind Bedingungen eines verständigen Gebrauchs von der Aussagefreiheit. 136 Abs. 2 StPO schützt den Beschuldigten vor der Umgestaltung des rechtlichen Gehörs in ein Verhör (Zusatzpunkt).

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b) 2 WP

Bei richterlichen, staatsanwaltschaftlichen oder polizeilichen Vernehmungen:

Ohne vorangehenden Hinweis auf die Aussagefreiheit (§§ 136 Abs. 1 S. 2, 163a Abs. 3 S. 2, Abs. 4 S. 2), dürfen Äußerungen des Beschuldigten grundsätzlich nicht verwertet werden.

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c) 3 WP

Verwertungsverbot, weil:Aussagefreiheit ist anerkanntes Prinzipien des Strafprozessrechts, Menschenwürdegarantie des Art. 1 Abs. 1 GG, notwendiger Bestandteil eines fairen Verfahrens.

Verbreitete Unkenntnis prozessualer Rechte.

Beitrag zum „fairen Verfahren“

Vergleich mit der bisherigen höchstrichterlichen Judikatur

Beschränkung des Verwertungsverbot bei richterlichen Vernehmungen ist sachwidrig, weil der Beschuldigte bei der ersten Vernehmung durch Polizeibeamte in größerem Maße als bei der richterlichen Vernehmung der Gefahr ausgesetzt sei, sich unbedacht selbst zu belasten.

Vergleich des § 136 I 2 mit § 136a. Abs. 3 StPO:

Missachtung der Aussagefreiheit bei § 136a ist aktives Tun und wiegt schwerer als Unterlassung beim Verstoß gegen § 136 Abs. 1 S. 2

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d) 3 WP

Ausnahmen: Lässt sich nicht klären, ob der Hinweis gegeben wurde, darf der Tatrichter die Einlassung verwerten.

Rechtskundige, die um ihre Aussagefreiheit wissen, sind nicht im gleichen Maße schutzbedürftig wie der „ahnungslose Beschuldigte“.

wenn der verteidigte Angeklagte der Verwertung der Aussage zustimmt oder der Verwertung bis zu dem in § 257 StPO genannten Zeitpunkt nicht widerspricht.

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Aufgabe 5

a) 2 WP

Vorüberlegung:

Eigentlich überflüssig, Aufgabensteller stellt detaillierte Frage

Antwort:

Rückfalluntersuchung basiert auf der Analyse von BZR-Daten. Es liegen zwei bundesweite Rückfallstatististiken vor. Die erste zum Basisjahr 1994 die zweite zum Basisjahr 2004. Berücksichtigt wurden alle Personen, die in diesem Jahr aus der Haft entlassen oder zu einer nicht stationären Sanktion verurteilt wurden. Der Beobachtungszeitraum war in der ersten Rückfallstatistik 4 Jahre und in der zweiten drei Jahre.

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Als Rückfall gilt ein erneuter Eintrag im BZR.

Im Fokus steht die Frage, wie viele Personen sind innerhalb des Beobachtungszeitraumes rückfällig geworden. Gibt es Zusammenhänge mit Alter, Geschlecht, Anzahl der Vorverurteilungen oder Sanktionsart der Bezugsverurteilung.

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b) 3 WP

Vorüberlegungen:

Was sind „einige“?

Mehr als 1 oder 2 – aber weniger als 10

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Insgesamt ca. 35% Rückfall.

hohe Rückfallraten bei stationären Bezugsentscheidungen. Z.B. 70% Rückfall bei JS o.B. und etwa 50% bei FS o.B..

Rückfall nach ambulanten Maßnahmen in Jugendbereich deutlich geringer

Besonders hohe Rückfallraten für den Jugendarrest.

Die Rückfallraten der zweiten Untersuchung unterscheiden sich nur unwesentlich von den Raten aus der ersten Untersuchung (2003).

Rückfallraten bei Gewalt- und Sexualdelikten eher niedrig.

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c) 4 WP

BZR-Daten stellen lediglich das Hellfeld des Rückfalls dar.

Nicht alles wird im BZR erfasst (nicht Einstellungen gem. § 153 ff StPO, wohl aber gem. § 45 JGG).

Das Erziehungsregister wird mit Erreichen des 24. Lebensjahrs gelöscht.

Auf Antrag können Einträge vorzeitig gelöscht werden.

Mangelnde Meldemoral und fehlerhafte Einträge im BZR.

Spätere Rückfälle werden gar nicht erfasst

Eine Analyse von Rückfallbeeinflussenden Determinanten (z.B. Kontrollen während der Führungsaufsicht) ist nur begrenzt möglich.

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d) 3 WP

Hier wäre zu erwarten dass differenziert wird nach Rückfälligkeit bezogen auf jede Straftat,

einschlägige Rückfälligkeit mit Bezug zu Vorverurteilungen und Delikt,

schwerwiegende Rückfälligkeit mit Bezug zur neuerlichen Verurteilung und deren Intensitätsgrad,

im Hellfeld erkannte Rückfälligkeit vs. im Dunkelfeld verbliebene Rückfälligkeit.

Rückfallgeschwindigkeit und Rückfallintensität sowie Rückfallhäufigkeit

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Aufgabe 6

a) 1 WP

Zwei Normen sind zu nennen:

Begutachtung der Gefährlichkeit und Rückfallgefährdung in Fällen, in welchen die Anordnung einer Maßregel gem. § 63 StGB, § 64 StGB, § 66 StGB, § 66 a StGB;

Entlassung zur Bewährung aus der Maßregel

Entlassungsprognosen, insbesondere im Kontext der Entlassung aus der lebenslangen Freiheitsstrafe (hier wäre § 454 StPO einschlägig)

Entlassung zur Bewährung bei zeitigen Strafen, wenn Taten aus dem Katalog des § 66 StGB im Raum stehen

Entlassungsprognosen, Lockerungsprognosen, Prognosen zum Zeitpunkt der Anordnung einer Maßnahme, Legalbewährungsprognosen,

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b) 2 WP

falsch positive: Gefährlichkeit/Rückfallrisiko wird bejaht obschon sie real nicht vorliegt. Folge Sicherungsverwahrung: weiterer, über das Maß der Schuld hinausgehender Eingriff in Freiheitsrechte, obschon real dafür keine Grundlage besteht. Kosten für die Allgemeinheit

falsch negative: Gefährlichkeit/Rückfallrisiko wird verneint, obwohl sie real vorliegtFolge: Personen werden trotz Gefährlichkeit entlassen und begehen in dieser Zeit ggfs. Delikte, schädigen damit Einzelpersonen und/oder die Allgemeinheit. Kosten im Sinne verursachter Schäden und verursachten Leids

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c) 3 WP

Basisrate ist allgemein die Häufigkeit des Vorkommens des Merkmals in einer Population.

Im Hinblick auf Prognosefragestellungen: Rate der Rückfälligkeit in einer Population

 

Die Basisrate bestimmt wie hoch Prognosefehler ausfallen können. Je geringer die Basisrate, desto höher sind die falsch-positiven Fehler.

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d) 4 WP

Das Problem der falsch positiven Prognosen ist, dass die so prognostizierten Personen im Regelfall weiter in Haft bleiben und somit die Frage, ob die Prognose falsch war, nicht empirisch geprüft werden kann.

Bsp für ein mögliche Prüfung:

Baxström 1974 und Dixon 1979Stichproben dieser Patienten wurden nachuntersucht und es fanden sich Rückfallraten von 14,3% bzw. 14,5% im Verlauf von drei Jahren.

Alex: Entlassungen trotz ungüpnstiger Gefährlichkeitsprognose niedrige Rückfallrate, die in der Gruppe mit ungünstiger Prognose

Problem: erhöhte soziale Kontrolle nach Entlassung

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Aufgabe 7

5 WP

Vorüberlegung:

Kotz!!!

Diese Aufgabe müsste euch eigentlich zu den Ohren wieder rauskommen.

Wir zusammen haben die bereits dreimal oder noch mehr besprochen

Aber weil es so schön war:

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Vorüberlegungen:

Was ist gefragt?

Begründeter Vorschlag zur Rechtsfolgenentscheidung

Bedeutet:

Feststellen was für ein SV, welche Taten

Rechtsfolge eingrenzen

Hier Problem um das Aufeinandertreffen von § 3 JGG und §§ 30, 21 StGB

Es gibt vier mögliche Konstellationen

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1. Handelt es sich bei der Störung im Sinne von § 20 StGB um eine Folge eines noch nicht abgeschlossenen Entwicklungsprozesses und ist zu erwarten, dass diese Störung im Reifungsprozess noch ausgeglichen wird, bestimmen sich die Folgen allein nach § 3 JGG.

2. Liegt eine krankhafte Störung vor, die zwar zu einer Beeinträchtigung der geistigen und sittlichen Reife führt, bei der aber ein Ausgleich mit fortschreitendem Entwicklungsprozess nicht zu erwarten ist, bestimmen sich die Folgen ausschließlich nach §§ 20, 21 StGB.

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3. Weist der Jugendliche sowohl Merkmale einer Reifungsverzögerung als auch einer entwicklungsunabhängigen pathologischen Störung auf, ist die Rechtsfolge umstritten:

Rechtsprechung (BGHSt 26, 67) und Teile der Literatur:Jugendstrafrechtliche Entscheidung (nicht nur Entscheidung gem. § 3 S. 2 JGG). Unterbringungsanordnung gem. §§ 63, 64 StGB

andere Ansicht Literatur:Vorrang von § 3 JGG nur Maßnahmen gem. § 3 S. 2 sind zulässig

andere Ansicht Literatur:Entscheidung nach Zweckmäßigkeitsgesichtspunkten

Wie wird ein Streit aufgebaut?

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4. Bei Zweifel, ob nur entwicklungsbedingte Störungen oder auch zugleich krankheitsbedingte Störungen vorliegen, dann „in dubio pro reo“ § 3 JGG (weniger eingriffsintensiv).

Erwartet wird konsistente Auseinandersetzung mit dieser Problematik.

Der Fall lässt mehrere Optionen zu: Variante 4 ist eindeutig nicht gegeben; gegen Variante 1 spricht der SV). Varianten 2 und 3 sind vertretbar.

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Aufgabe 8

a) 3 WP

Hier ist die Vorgehensweise nach § 105 JGG zu beschreiben (Jugendverfehlung und Entwicklungsverzögerung).

Dabei sollte erwähnt werden, dass die Jugendverfehlung zuerst zu prüfen ist, dass prinzipiell alle Delikte eine Jugendverfehlung sein können.

Der Prüfungsmaßstab der Entwicklungsverzögerung ist der Grad der Herausbildung einer stabilen Persönlichkeit.

Im vorliegenden Fall kann wegen der situativen Umstände (Dynamik des Fußballspiels, Zusammentreffen gegnerischer Fans, Alter des T) durchaus Jugendstrafrecht zur Anwendung kommen.

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b) 1 WP

Keine Unterschiede, denn nach § 108 JGG gelten die Vorschriften für die Zuständigkeit des Gerichtes auch für Verfehlungen Heranwachsender.

c) 3 WP

Hier liegt ein Fall der Einheitsstrafenbildung vor.

Es ist hier ebenfalls von schädlichen Neigungen des T auszugehen. Hinweise darauf, dass die schädlichen Neigungen entfallen sein könnten, liegen nicht vor. Insoweit liegt durchaus auch Bedarf für eine stationäre Gesamterziehung vor.

Ggfs. sind hier die Bewährungsauflagen auszuweiten und zu präzisieren.

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d) 4 WP

Hier liegt ein Fall vor, in dem in zwei getrennten Verfahren gegen P einmal nach Jugendstrafrecht (erstes Verfahren, T war 17) und einmal nach Allgemeinen Strafrecht (lt. SV) vorgegangen wurde.

Damit sind weder § 31 JGG noch § 32 JGG anwendbar.

Lt. Entscheidung des BGH ergibt sich auch keine analoge Anwendung des § 32 JGG oder des § 55 StGB.

Das Nebeneinander von Jugendstrafe und neuer Sanktion sollte im Rechtsfolgenausspruch beachtet werden.

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Zusatzaufgabe

1. spontane erste Äußerung des B ist verwertbar.

B kommt der Eröffnung der polizeilichen Vernehmung und damit einer Belehrung zuvor. Nur wenn der Vernehmende die Belehrung nicht aus Nachlässigkeit hinausgezögert hat. Hier aber nicht, weil P durch das Auftreten des B. ersichtlich überrascht wurde und keinen Anlass hatte, vorsorglich zu belehren.

„Ankündigung einer Anzeige“ lässt nicht auf das Bevorstehen einer Selbstbezichtigung schließen.

2. weitere Einlassung des B am Schreibtisch des P und in Gegenwart des Kollegen O ist nicht verwertbar

mangels vorangehenden Belehrung gem. §§ 136 Abs. 1 S. 2, 163 Abs. 4 S. 2

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3. Einlassungen des B in der Folgevernehmung, die von P mit einem Nachholen der Belehrung eröffnet wurde: FRAGLICH.

Erfordernis einer qualifizierten Belehrung?(Belehrung mit Hinweis auf Unverwertbarkeit der Vorvernehmung)Nur wenn nachträgliche Belehrung des P den Basisanforderungen des § 136 I genügt: Das ist schon fraglich:

Eröffnung des Tatvorwurfs („Ermittlung wegen eines Tötungsdelikts“) ist unvertretbar detailarm. Es fehlt an Konkretisierung des Sachverhalts.

Gilt auch für schlichten Hinweis auf das „Schweigerecht“;

Hinweis auf Zulässigkeit der jederzeitigen Konsultation eines Verteidigers ist zu kurz (Gebot aktueller Förderung)insbesondere beim Vorwurf von Kapitaldelikten: Hinweis an den Beschuldigten dass ihm ungeachtet einer Mittellosigkeit besteht Möglichkeit bei anwaltlichem Notdienst anzurufen.

Die Folge: Verwertungsverbot hinsichtlich der kompletten Einlassung,

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4. Verwertbarkeit der Blutspuren? Problem der Verbotsfernwirkung

Erfasst das Beweisverwertungsverbot nur das unmittelbar rechtswidrig erlangte Beweisergebnis (hier die ohne ordnungsgemäße Belehrung des B. gewonnenen Angaben) oder auch die daraus erzielten weiteren Erkenntnisse und Spuren?

Bei Verstößen gegen Vorschriften zum Schutze der Aussagefreiheit:Fernwirkung bisher überwiegend abgelehnt.

Hinweis auf den Gesetzeswortlaut, der allein die Verwertung der „Aussage“ tabuisiert.

Kriminalpolitisches Arg: Es kann nicht hingenommen werden, dass ein einziger Verfahrensfehler das gesamte Strafverfahren lahm legt.

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Bei Verstößen gegen Vorschriften zum Schutze der Aussagefreiheit von Kausalitätsüberlegungen abhängig:

Beruht das mittelbare Beweisergebnis auf dem vorangegangenen Verstoß oder aus einem einen eigenständigen Erkenntnisvorgang?

• Bei schwerer Kriminalität gegen eine Fernwirkung • Bei Missachtungen der Aussagefreiheit durch verbotene Vernehmungsmethoden

„prinzipienfest“ Fernwirkung • generelle Verbotsfernwirkung

(„Disziplinierung von Strafverfolgungsorgane“) als ratio eines Jeder ermittlungstaktischer Überlegung wird ein Riegel vorgeschoben

Insgesamt 5 WP

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Notenskala

Max Punkte 40   

Notenpunkteab

Wertungspunkte

 

0  1 10  2 17  3 25       4 35  5 37,5  6 40  7 42,5  8 45  9 47,5  

10 50  11 52,5  12 55  13 57,5  14 60  15 62,5  16 65  17 67,5  18 70  

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Nächste Probeklausur am

25.07.2015

9 Uhr s.t.

ESA J

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Vielen Dank und weiterhin viel Erfolg

Maximilian Kock

Rechtshaus, Zimmer 125

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email: [email protected]