Unzertrennlich (Lieblingstuecke)

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HINZ&KUNZT 188/OKTOBER 2008 18 LIEBLINGSSTÜCKE Meisterstück: Gerrits warme Lederjacke Unzertrennlich Fast jeder hütet ein Kleidungsstück fürs Leben – und sei es noch so abgewetzt. Mauricio Bustamante hat Menschen in ihren Lieblingsstücken fotografiert 18 18

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Unzertrennlich Fast jeder hütet ein Kleidungsstück fürs Leben – und sei es noch so abgewetzt. Mauricio Bustamante hat Menschen in ihren Lieblingsstücken fotografiert

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Meisterstück: Gerrits warme Lederjacke

Unzertrennlich Fast jeder hütet ein Kleidungsstück fürs Leben – und sei es noch so abgewetzt. Mauricio Bustamante hat Menschen in ihren Lieblingsstücken fotografiert

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Erinnerungsstück: Torstens Fußballtrikot

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Kunststück: Peters Zwirn mit Kellnerfliege

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Erbstück: Peter Stapelfeldts Arbeitsweste

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Schmuckstück: Lauras Tiroler Tracht

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Strickstück: Erichs malerischer Pullunder

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Meisterstück: Gerrits warme Lederjacke. regenschutz, kopfkissen, hundedecke – das alles ist Gerrit keitels Lederjacke für ihn und seine hündin nic. „Länger und weiter hat mich nichts begleitet“, sagt der 33-Jährige. „einen tag nach meinem 18. Geburtstag hab ich sie second-hand in Amsterdam gekauft. eine echte Männerjacke – sieht man ja. richtig schwer ist sie auch. wer trotzdem versucht, sie mir abzunehmen, kriegt ein Problem mit mir.“

Erinnerungsstück: Torstens Fußballtrikot. kopenhagen 2007. bei der Fußball-wM der wohnungslosen kassiert das deutsche team eine grausame Abfuhr: das Match gegen brasilien verliert die Mannschaft haushoch. Stürmer tor-sten Meiners nimmt’s nicht allzu schwer. er nutzt die Mi-nuten nach dem Abpfiff zum trikottausch – mit einer Frau. „das musst du erst mal hinkriegen“, sagt torsten. Sein Lieblingsstück ist seitdem das blaue Shirt von Michele da Silva, der besten Spielerin des turniers. Für den 44-Jährigen mehr als ein Souvenir: „das trikot ist für mich ein Symbol für dieses erlebnis ,homeless world Cup‘– sportlich, emo-tional und ein echter höhepunkt in meinem Leben.“

Kunststück: Peters Zwirn mit Kellnerf liege. „dieser Anzug ist mein heiligtum“, sagt Peter. Vom hinz&kunzt-Verkauf hat er Geld gespart und den dreiteiler günstig in einem kaufhaus erstanden. nur die passende Fliege gab es da nicht. die kaufte der 55-Jährige in einem Fachgeschäft für berufsbekleidung. tanzen ist schon seit 40 Jahren Peters große Leidenschaft – bis in die zweithöchste Amateurklasse hat er es geschafft. Auf der Straße habe er Genügsamkeit gelernt, sagt er: „ich kann auf vieles verzichten.“ nur nicht auf das Glück, eine Frau im Arm zu halten und mit ihr im Slow Foxtrott übers Parkett zu schweben. und selbst wenn Peter gerade nicht tanzt: Sein Anzug macht überall einen tänzer aus ihm.

Erbstück: Peter Stapelfeldts Arbeitsweste. eigentlich ist die weste ganz unscheinbar, eine Arbeitsweste eben, außen Leder, innen Fell. Aber für Peter Stapelfeldt ist sie mehr als nur ein Lieblingsstück. Sie ist ein erbstück und sein Glücksbringer. „Mein Opa hat sie mir kurz vor seinem tod geschenkt“, sagt der ehemalige bürgernahe beamte. Seinem Großvater hat die weste sogar das Leben gerettet: er saß einmal hoch oben in den wipfeln eines baumes, um die Äs-

te zu beschneiden. „da verlor er plötzlich das Gleichgewicht und fiel“, sagt Peter Stapelfeldt. Aber die weste verhakte sich in einem Ast, und der Opa konnte sich wieder fangen. Gerettet! das hat der Opa nie vergessen: „diese weste soll dir immer Glück bringen“, hatte der alte Mann seinem damals 15-jährigen enkel gewünscht. Stapelfeldt zieht die weste seither immer an, wenn er im Garten oder am haus arbeitet. neulich wollte er auf dem dach etwas reparieren. da rutschte er aus: „ich wär mit Sicherheit vom dach gefal-len, aber die weste verhakte sich in der Leiter – und ich war gerettet.“ Aber irgendwie wusste er, dass die Geschichte nur gut ausgehen konnte. „ich habe das Gefühl, wenn ich diese weste anhabe, kann mir nichts passieren.“

Schmuckstück: Lauras Tiroler Tracht. ihr Professor hat-te Laura zum wittgenstein-kongress ins österreichische kirchberg geschickt. hier lauschte die junge Philosophie-studentin in den 70er-Jahren nicht nur Vorträgen, son-dern lernte auch Land und Leute kennen und lieben. „die trachten haben mir besonders gut gefallen“, sagt sie. Auf einem bauernmarkt stellte sie sich nach ihrem Geschmack selbst eine zusammen. einige teile hat sie bis heute, das sind ihre absoluten Lieblingsstücke. rock und weste trägt die 60-Jährige, wenn sie tanzen geht: „bei griechischer und internationaler Folklore-Musik kann ich mit jungen Mäd-chen immer noch mithalten.“

Strickstück: Erichs malerischer Pullunder. kunst war für erich heeder schon immer Lebensinhalt, schon als er noch nicht obdachlos war und noch mit seiner Frau und den beiden töchtern zusammenlebte. „kann man kunst stri-cken?“, fragte er eines tages sich und vor allem seine Frau. die war ganz sicher: „und ob das geht!“ die beiden setzten sich zusammen und entwarfen ein bild, das verblüffend den Linien und Mustern ähnelt, die erich sonst immer auf die Leinwand bringt. die Farben: hellblau, Gelb und Schwarz. der Pullunder begleitet ihn jetzt schon seit mehr als 20 Jah-ren. der 56-Jährige trägt und liebt ihn, auch wenn andere finden, dass er längst nicht mehr in diese zeit passt. Aber das stört erich heeder nicht weiter. Liebevoll dreht er sein Lieblingsstück auf die linke Seite und streichelt die Fäden, die dort kreuz und quer laufen. „diese kunst gerät nie aus der Mode“, sagt er dann. Protokolle: Beatrice Blank, Birgit Müller

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