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Veröffentlicht in

WPg Die Wirtschaftsprüfung

23/2012

„Damodarans Länderrisikoprämie - Eine Ergänzung zur Kritik von Kruschwitz/Löffler/Mandl aus

realwissenschaftlicher Perspektive“ S. 1252-1264

Mit freundlicher Genehmigung der WPg-Redaktion,

IDW Verlag GmbH, Düsseldorf

(www.wpg.de) (www.idw-verlag.de/)

Ein Service von: FutureValue Group AG eMail: [email protected] Internet: www.FutureValue.de

FA 1007

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Damodarans Länderrisikoprämie – Eine Ergänzungzur Kritik von Kruschwitz/Löffler/Mandl ausrealwissenschaftlicher PerspektiveVon Prof. Dr. Dr. Dietmar Ernst und Dr. Werner Gleißner

Die Diskussion über die Behandlung von Länderrisiken in der internationalen Unterneh-mensbewertung wird in der Wissenschaft und in der Unternehmensbewertungspraxis in-tensiv geführt. Kruschwitz/Löffler/Mandl zeigen in ihrem Beitrag „Damodarans CountryRisk Premium – und was davon zu halten ist“ (WPg 2011, S. 167 ff.) logisch stringent, dasssich keines der Konzepte von Damodaran rechtfertigen lässt und das CAPM keine Län-derrisikoprämie verträgt. Damodaran ist damit vorzuwerfen, dass er in unangemessenerWeise versucht hat, das CAPM durch eine Modifikation zu retten, die zu Inkonsistenzenführt. Während für Formalwissenschaftler das Problem „Länderrisikoprämie“ damiteliminiert ist, fängt für Bewertungspraktiker und Realwissenschaftler damit die Heraus-forderung überhaupt erst an. Sollten erwartete Renditen bzw. Preise von Unternehmenaus den Emerging Markets durch das traditionelle CAPM falsch eingeschätzt werden,besteht Bedarf für ein besseres Bewertungsmodell. Kruschwitz/Löffler/Mandl haben(einmal mehr) bewiesen, dass das CAPM aufgrund seiner restriktiven Annahmen dafürkeinen adäquaten Modellrahmen bildet. Sollte das Phänomen der „Länderrisikoprämie“empirisch bestätigt werden, kann nur mit größter Besorgnis zur Kenntnis genommenwerden, wenn dieses in der Bewertungspraxis ignoriert würde. Man kann verstehen,wenn ein pragmatischer Bewertungspraktiker Damodarans Gleichung mit der Länder-risikoprämie solange nutzt, wie damit bessere (plausiblere) Bewertungsergebnisse her-geleitet werden können als mit dem traditionellen CAPM. Neben dem Ansatz von Damo-daran gibt es weitere Modelle zur Berechnung von Länderrisikoprämien und von Eigen-kapitalkosten unter Berücksichtigung einer Länderrisikoprämie. Aus wissenschaftlicherPerspektive akzeptabel sind nicht-CAPM-basierte Bewertungsansätze – wie die expliziteErfassung von Länderrisiken in einer simulationsbasierten Bewertung –, die eine Länder-risikoprämie herleiten (als Differenz der Kapitalisierungszinssätze mit und ohne länder-bezogene Risiken eines Unternehmens).

1. Damodarans Country Risk Premium– und was davon zu halten ist

In der Bewertungspraxis werden zu-nehmend Länderrisikoprämien bei derBerechnung von Kapitalkosten berück-sichtigt.1 Das IDW hat eine Stellung-nahme zum Thema „Länderrisiko“veröffentlicht, in der grundsätzlich dieBedeutung von Länderrisiken in derUnternehmensbewertung anerkanntwird.2

„Für die Existenz solcher Länderrisi-ken im konkreten Bewertungsfall

können Risikoprämien von Staats-anleihen (d. h. Renditeaufschläge imVergleich zu (quasi-)sicheren Anla-gen) der für das operative Geschäftrelevanten Länder Ansatzpunkte ge-ben.“3

Die Bewertungspraxis lehnt sich beider Ermittlung von Länderrisiken oftan Damodarans Konzept zur „CountryRisk Premium“ an.4, 5 Damodarannimmt an, dass Länderrisiken durchdas CAPM nicht ausreichend erfasstwerden, und schlägt daher verschiede-ne Modifikationen des CAPM vor:

Beiträge

1252 Die Wirtschaftsprüfung 23 | 2012

Prof. Dr. Dr. Dietmar Ernst

Deutsches Institut für CorporateFinance (DICF) und Hochschule fürWirtschaft und Umwelt (HfWU)Nürtingen-Geislingen

Dr. Werner Gleißner

Vorstand FutureValue Group AG,Leinfelden-Echterdingen, undLehrbeauftragter an der TU Dresden

1 Einen Überblick über verschiedene Verfahrender Länderrisikoprämie findet sich bei Ernst/Amann/Großmann/Lump, Internationale Un-ternehmensbewertung, München 2012,S. 175 ff.

2 Vgl. IDW, Fragen und Antworten zur prakti-schen Anwendung des IDW Standards: Grund-sätze zur Durchführung von Unternehmensbe-wertungen (IDW S1 i.d.F. 2008) (www.idw.de,Mitgliederbereich, Meldung vom 25.06.2012,S. 7; Stand: 14.07.2012).

3 IDW, a. a.O. (Fn. 2), S. 7.4 Siehe Damodaran, Estimating Equity Risk Pre-miums, 1999 (http://archive.nyu.edu/bitstream/2451/26918/2/wpa99021.pdf; Stand: 05.07.2012); Damodaran, Journal of Applied Finance2003, S. 64 ff., und Damodaran, Financial Mar-kets, Institutions & Instruments 2009, S. 289 ff.

5 Das Modell präsentiert Morngingstar im jährli-chen Report „Ibbotson International Risk Pre-mia“ bzw. bei „Ibbotson International Cost ofCapital“.

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Zu nennen sind:6

1. die „Holzhammer-Methode“, beider unter der Annahme, dass alleUnternehmen eines Landes demLänderrisiko im identischen Um-fang ausgesetzt sind, die CountryRisk Premium (CRP) addiert wird(vgl. Formel (1));

2. die „Beta-Methode“, bei der unter-stellt wird, dass das Länderrisiko desUnternehmens proportional zumMarktrisiko ist (vgl. Formel (2));

3. die „Lambda-Methode“, die durchden unternehmensspezifischen Fak-tor Lambda λ eine differenzierteWirkung des Länderrisikos auf dieerwartete Eigenkapitalrendite derUnternehmen zulässt (vgl. Formel(3)).

Kruschwitz/Löffler/Mandl können inihrem Beitrag „Damodarans CountryRisk Premium – und was davon zu hal-ten ist“ (WPg 2011, S. 167 ff.) logischstringent zeigen, dass sich keines derKonzepte von Damodaran rechtferti-gen lässt. Sie zeigen,7 dass sich imMarktportfolio M weder risikoloseWertpapiere des Landes A noch desLandes B befinden können. In ihremModellansatz betrachten die Verfasserzwei Länder, die unterschiedliche lan-desspezifische Renditen der risikolosenWertpapiere (rf

a sowie rfb) aufweisen.

Bei verschiedenen Währungen derLänder A und B und damit verbunde-ner Wechselkursrisiken ist für einenInvestor aus dem Land A lediglich rf

a

risikolos – nicht aber rfb, wenn keine

Sicherungsgeschäfte abgeschlossenwerden. Kruschwitz/Löffler/Mandl zei-

gen, dass auch unter Berücksichtigungdes Wechselkursrisikos die grundsätz-liche Struktur der CAPM-Rendite-Gleichung erhalten bleibt und vor al-lem keine additive Länderrisikoprämieauftritt.8 Die Verfasser erläutern zu-dem, dass man Damodarans Modelleauch nicht sinnvoll als Zwei-Faktoren-Modelle im Sinne der Arbitrage-Pri-cing-Theorie (APT) von Ross erklärenkann.9 Des Weiteren führen Krusch-witz/Löffler/Mandl aus:

„Und interpretiert man Gleichung(1) als Mehrfaktoren-Modell im Sin-ne eines empirischen Modells, dasauf multipler linearer Regression be-ruht, so ist ihre lineare Strukturnicht wie im CAPM oder in derAPT nachgewiesen. Vielmehr wirdsie schlicht angenommen.“10

Kruschwitz/Löffler/Mandl kritisierenzudem – gut nachvollziehbar – die„Fülle phantasiereicher Ideen“11 Damo-darans zur empirischen Bestimmungder Länderrisikoprämien, die beispiels-weise von beobachteten Credit Spreadsausgehen.

Fazit: Damodarans Versuch, dasCAPM um eine Länderrisikoprämie zuergänzen, ist gescheitert. Kruschwitz/Löffler/Mandl fassen dies wie folgt zu-sammen:12

„Es kann nicht davon gesprochenwerden, dass die Idee der Länderri-sikoprämie modelltheoretisch fun-diert sei. Im Rahmen des traditio-

nellen CAPM ist eine solche Fundie-rung unmöglich.“

und weiter:„Die Tatsache, dass das Konzept sichbei Investmentbanken und Wirt-schaftsprüfungsgesellschaften zu-nehmender Beliebtheit erfreut, kanndaher nur mit größter Besorgnis zurKenntnis genommen werden.“

Das Konzept „Länderrisikoprämie“ istdamit also nachweisbar tot? Nein.

Kruschwitz/Löffler/Mandl habennicht mehr – aber auch nicht weniger– gezeigt, dass das CAPM keine Län-derrisikoprämie „verträgt“. Da die Fol-gerungen (vermutlich) unangreifbardeduziert wurden, ist das „Bewertungs-problem“ aus formal-wissenschaftli-cher Perspektive geklärt.

Aus realwissenschaftlicher Perspek-tive sind wir damit aber erst am Beginnder Herausforderung, worauf nachfol-gend eingegangen wird.

2. Länderrisikoprämie ausrealwirtschaftlicher Perspektive

Realwissenschaften möchten dazu bei-tragen, die Realität besser zu ver-stehen. Der Ausgangspunkt realwis-senschaftlicher Arbeiten sind damit(empirische) Beobachtungen, „Proto-kollsätze“. Ohne die „Korrektheit“ hieruntermauern oder falsifizieren zu wol-len, scheint die Diskussion über Län-derrisikoprämien in der Bewertungs-praxis von zwei Beobachtungen auszu-gehen:1. Die Anwendung des traditionellen

CAPM auf Unternehmen in Emer-ging Markets führt tendenziell zu(gemessen an den beobachtbarenPreisen/Börsenkursen) zu hohenmodellbasiert berechneten Werten.Um berechnete Werte und beobach-tete Preise in Einklang zu bringen,wären demnach höhere Diskontie-rungszinssätze notwendig, und derentsprechend notwendige Zuschlag(Z CRP) wird als „Länderrisikoprä-mie“ bezeichnet.

2. Eine zunehmende Zahl von Invest-mentbanken und Wirtschaftsprü-fungsgesellschaften begegnet dem„Bewertungsproblem“ (gemäß Be-obachtung 1.), indem sie (u. a.) Da-modarans Länderrisikoprämien-Konzept nutzen, uma. berechnete Werte undb. beobachtete Börsenkurse oder

Transaktionspreisewieder in Einklang zu bringen.

Beiträge

Analyse | Ernst/Gleißner | Damodarans Länderrisikoprämie Die Wirtschaftsprüfung 23 | 2012 1253

���� �� � � �� � � �� (1)

���� �� �� � ��� �� � � � (2)

���� �� � � �� � � �� � � (3)

6 In Anlehnung an Kruschwitz/Löffler/Mandl,WPg 2011, S. 170.

7 Unter der Annahme, dass sich im Gleichge-wicht die Wertpapiere im Status „Zero NetSupply“ befinden, d. h. die Summe aller risiko-losen Anlagen ebenso groß ist wie die Summealler risikolosen Kredite.

8 Vgl. Kruschwitz/Löffler/Mandl, WPg 2011,S. 171 f.

9 Siehe die grundlegende Kritik von Kruschwitz/Löffler, zfbf 1997, S. 644 ff. Dort wird vor allemgezeigt, dass ein beliebiges APT-Mehrfaktoren-Modell auch durch einen einzigen Faktor dar-gestellt werden kann.

10 Kruschwitz/Löffler/Mandl, WPg 2011, S. 171.11 Kruschwitz/Löffler/Mandl, WPg 2011, S. 172.12 Siehe zu den beiden folgenden Zitaten Krusch-

witz/Löffler/Mandl,WPg 2011, S. 176.

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Unternehmensbewertungstheorie (mitihren Bewertungsmodellen) kann manbei präskriptivem wissenschaftstheore-tischen Verständnis als Hilfsmittel auf-fassen, um „bessere Entscheidungen“zu treffen.13 Die Unterstützung bei Ent-scheidungen, die Wirtschaftssubjektetreffen wollen – speziell Kauf- oderVerkaufsentscheidungen von Unter-nehmen –, erfordert die Berechnungsubjektiver Entscheidungswerte – Kon-zessionsgrenzen – und damit die Be-rücksichtigung des individuellen Infor-mationsstands, der Handlungsmög-lichkeiten und Restriktionen desBewertungssubjekts.14, 15

Aus Sicht des deskriptiven Wissen-schaftsverständnisses soll ein – allge-mein gesprochen – „Bewertungsmo-dell“ oder eine „Bewertungstheorie“beobachtbare Preise möglichst gut „er-klären“.16 Unter den Prämissen einesvollkommenen und vollständigenMarkts ist eine Unterscheidung zwi-schen (fundamentalem bzw. intrinsi-schem) Wert und Marktpreis (Börsen-kurs) sowieso nicht erforderlich.

Ohne auf die verschiedenen Preis-bzw. Bewertungskonzepte hier vertie-fend eingehen zu wollen, scheint dieempirische Beobachtung darin zu be-

stehen, dass mit Hilfe des CAPM (tra-ditionell) „zu niedrige“ Kapitalkosten(Diskontierungszinssätze) geschätztund damit gemessen an den beobach-teten Preisen „zu hohe“ Werte ausge-wiesen werden. Stark vereinfacht kannman das Bewertungsproblem – dieDiskrepanz von berechnetem Wert(W) zum beobachteten Preis (P) – wiein Formel (4) und (5) gezeigt, erläutern(bei dieser massiven didaktischen Ver-einfachung wird von einem Rendite-modell mit zeitinvariatem Erwartungs-wert �(��) der zu bewertenden Zah-lung �� ausgegangen).

�(��) ist hier der Ertragswert der zubewertenden Zahlungen (Cash-Flows)des Unternehmens und z die „Länder-risikoprämie“. Trifft diese Einschät-zung zu, so muss sich ein „Bewertungs-praktiker“ ebenso wie ein deskriptiv ar-beitender „Realwissenschaftler“ dieFrage stellen, mit welchem Modell erdie beobachtete Realität (besser) erklä-ren kann.

Es ist interessant festzustellen, dasssich Kruschwitz/Löffler/Mandl nichtmit der Frage beschäftigt haben, obaufgrund empirischer Daten eine Er-setzung des CAPM erforderlich ist,weil im Mittel es zu Fehlbewertungenkommt. Genau dies ist aber die zentra-le Frage aus Sicht einer Realwissen-schaft.

Notwendig ist es, aus empirischenResultaten zu lernen. Es sind Modellezu entwickeln, die die beobachtbareRealität möglichst gut beschreiben.

Was wären die Konsequenzen,wenn tatsächlich Damodarans Länder-risikomodell die empirisch beobacht-baren Preise tatsächlich besser erklärtals das traditionelle CAPM? Krusch-witz/Löffler/Mandl haben dann nur be-wiesen, dass dieses Modell aufgrundder Inkonsistenz zum CAPM keineVariante oder Weiterentwicklung desCAPM ist. Für die Bewertung im Sinneder Bestimmung (potenzieller) Markt-preise (Transaktionspreise) wird (und

sollte) ein Bewertungspraktiker undein Realwissenschaftler dann „Damo-darans Länderrisiko-Heuristik“ dem„traditionellen CAPM“ vorziehen, weiles sich bei (Falsifikations-)Tests bezo-gen auf reale Daten besser bewährt.

Dem Bewertungspraktiker mag essogar gleichgültig sein, welche theoreti-sche Fundierung ein „funktionieren-des“ Bewertungsmodell – präziser:„Preisschätzmodell“ – hat. Dem Real-wissenschaftler reicht dies sicherlichnicht. Er wird versuchen (müssen),auch eine tragfähige (logisch konsis-tente) Grundlage zu entwickeln. Daaus Perspektive der Behaviour-Fi-nance-Forschung mit ihrer Abkehrvom Homo-Oeconomicus-Konzept17

ein begrenzt-rationales, speziell auchheuristisches Verhalten der Kapital-marktteilnehmer als empirisch gut be-währte Annahme gilt, mag aus dieserPerspektive schon eine empirisch be-währte Heuristik zur Erklärung vonBörsenpreisen18 oder Renditeerwartun-gen (Kapitalkosten) ausreichend sein.19

Aber auch unabhängig von ver-haltenswissenschaftlich orientiertenPreisschätzungsmodellen zeigt eineLänderrisikoprämie möglicherweise in-teressante Ansatzpunkte für die Wei-terentwicklung der Bewertungstheorie.Allgemein wird offenbar angenommen,dass Unternehmen in den EmergingMarkets im Durchschnitt ein höheresRisiko tragen als Durchschnittsunter-nehmen in den entwickelten Ländern.Als Ursachen angegeben werden hierbeispielsweise höhere Nachfrage-schwankungen, größere Unsicherhei-ten über Zins-, Inflations- und Wäh-rungsentwicklung und Unsicherheitenaus dem rechtlichen Umfeld. Aus Sichtdes CAPM wird man viele dieser Risi-ken als diversifizierbare (unsystemati-sche) Risiken ansehen. Und damit be-

Beiträge

1254 Die Wirtschaftsprüfung 23 | 2012 Analyse | Ernst/Gleißner | Damodarans Länderrisikoprämie

Entwickelte Länder:

� ����) =����)

��� �(4)

Emerging Markets:

� ����) =����)

��� � �(5)

13 Im Sinne der Erwartungsnutzentheorie vonNeumann/Morgenstern gesprochen: „Besser“ist ein höherer erwarteter Nutzen.

14 Vgl. Matschke/Brösel, Unternehmensbewer-tung, Wiesbaden 2005; Dirrigl, Unternehmens-bewertung für Zwecke der Steuerbemessung imSpannungsfeld von Individualisierung und Ka-pitalmarkttheorie (http://vg07.met.vgwort.de/na/5b50 f2 f7 c12a4 f399 cadfa6 f9d06 f943?l=http://www.arqus.info/mobile/paper/ar-qus_68.pdf; Stand: 05.07.2012); Laux/Schabel,Subjektive Investitionsbewertung, Marktbewer-tung und Risikoteilung, Berlin 2008.

15 Zum Vergleich verschiedener Bewertungsan-sätze aus konzeptioneller Sicht siehe Ballwieser,Unternehmensbewertung, 3. Aufl., Stuttgart2011.

16 Vgl. Spremann/Ernst, Unternehmensbewer-tung, München 2011, S. 8.

17 Siehe dazu beispielsweise das Editorial vonOckenfels in WPg 15/2011, S. I.

18 Siehe hierzu die in der Praxis beliebten Multi-ple-Modelle.

19 Siehe zu diesbezüglichen Erklärungsmodellenz.B. Shleifer, Inefficient Markets – An Intro-duction to Behavioral Finance, Oxford Univer-sity Press, New York 2000; De Bondt/Thaler,in: Jarrow/Maksimovic/Ziemba (Hrsg.), Hand-books in Operations Research and Manage-ment Science, Amsterdam 1995, S. 385–410;De Long/Shleifer/Summers/Waldmann, Journalof Political Economy 1990, S. 703–738; DeLong/Shleifer/Summers/Waldmann, The Jour-nal of Business 1991, S. 1–19.

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einflussen sie weder den Betafaktornoch die Eigenkapitalkosten.

Eine Länderrisikoprämie lässt sichjedoch leicht erklären, wenn auch (zu-mindest ein Teil) der nicht diversifi-zierten (unternehmensspezifischen) Ri-siken als bewertungsrelevant aufgefasstwird. Bekanntlich erfordert es sehrrestriktive Annahmen, unternehmens-spezifische Risiken als nicht bewer-tungsrelevant beurteilen zu können.Notwendig ist es, von Konkursen mitKonkurskosten zu abstrahieren, Ra-ting- und Finanzierungsrestriktionenzu vernachlässigen und von einem per-fekt-diversifizierten Investor auszuge-hen.20 Da diese Annahmen in der Rea-lität ganz sicher nicht erfüllt sind, ist eszumindest naheliegend zu vermuten,dass auch unsystematische Risiken be-wertungsrelevant sind, was in ihrer ex-tremen Ausprägung zum Total-Betaführt.21

3. Modelle zur Berücksichtigung desLänderrisikos in den Eigenkapital-kosten

Folgt man den Ausführungen vonKruschwitz/Löffler/Mandl, kann manleicht den Eindruck gewinnen, dass dieBerücksichtigung einer Länderrisiko-prämie ausschließlich von Damodaranvertreten wird. Dies ist keineswegs derFall. Es gibt in der Unternehmensbe-wertungsliteratur und aus der Unter-nehmensbewertungspraxis eine Viel-zahl ernstzunehmender Beiträge, diesich mit der Länderrisikoprämie be-schäftigen. Die Tatsache, dass die gro-ßen Investmentbanken und Wirt-schaftsprüfungsgesellschaften mit eige-nen Modellen zur Berücksichtigungder Länderrisikoprämie arbeiten, zeigtdie Bedeutung dieses Phänomens inder Praxis. Im Folgenden soll der ak-tuelle Forschungsstand in diesem Be-reich gezeigt werden.

Die Berücksichtigung des Länderrisi-kos bei der Bestimmung der Kapital-kosten kann einerseits mittels CAPM-basierter Modelle, andererseits aufGrundlage nicht-CAPM-basierter Mo-delle ermittelt werden. Wissenschaftlerund Praktiker haben eine Reihe von

Varianten zum CAPM vorgeschlagen,welche die empirisch beobachtbareBepreisung von Länderrisiken bei derErmittlung der Eigenkapitalkosten be-rücksichtigen. Neben den CAPM-ba-sierten Modellen wurden aber auchnicht-CAPM-basierte Modelle als alter-native Möglichkeit der Kapitalkosten-bestimmung entwickelt. Zunächst wirdauf die CAPM-basierten Modelle einge-gangen (Abschn. 3.1.). Im Anschlusswerden die nicht-CAPM-basierten Mo-delle vorgestellt (Abschn. 3.2.).22 EinVergleich der CAPM-basierten Modellemit den nicht-CAPM-basierten Model-len (Abschn. 3.3.) schließt dieses Kapi-tel ab.

3.1. Ermittlung der Eigenkapitalkostenmittels CAPM-basierter Modelle

Grundlage der CAPM-basierten Mo-delle bildet – wie der Name bereits ver-muten lässt – das klassische CAPM.Da jedoch das klassische CAPM – wiebereits erwähnt – nicht ohne Bedenkenauf die Emerging Markets übertragenwerden kann, wurden folgende Varian-ten und Abwandlungen vorgeschlagen,welche im Anschluss kurz erläutertwerden sollen:23

• globales CAPM,• lokales und adjustiertes lokales

CAPM,• hybride CAPM-Modelle:

– (adjustiertes) hybrides CAPM,– Lessard-Modell,– Godfrey-Espinosa-Modell,– Goldman-Sachs-Modell,– Damodaran-Modell,– Salomon-Smith-Barney-Modell.

In der Praxis werden diese Modellemeist den nicht-CAPM-basierten Mo-dellen vorgezogen, da sich die Daten-beschaffung für die einzelnen Parame-ter aufgrund der weiten Verbreitungdes CAPM häufiger als einfacher ge-staltet, als dies bei den nicht-CAPM-basierten Modellen der Fall ist. Aufdas Problem, die Länderrisikoprämie

durch Modifikation des CAPM in dieEigenkapitalkostenberechnung zu in-tegrieren und das CAPM durch eineLänderrisikoprämie zu erweitern, ha-ben Kruschwitz/Löffler/Mandl zu Rechthingewiesen.

3.1.1. Globales CAPM

Das globale CAPM wurde erstmals vonSolnik eingesetzt.24 Teilweise findet sichim Schrifttum auch die BezeichnungInternational CAPM oder internatio-nales CAPM.

Das globale CAPM25 basiert auf derAnnahme, dass die Märkte weltweit in-tegriert sind und ein freier Kapital-und Informationsfluss auch über Län-dergrenzen hinweg gegeben ist. Inter-nationale Investoren sind folglich inder Lage, mit Leichtigkeit jeglichenMarkt zu betreten und auch wieder zuverlassen. Dies können sie jeweils mitminimalen Transaktionskosten errei-chen. Ein Investor, welcher die Annah-men integrierter Kapitalmärkte undfreien Kapital- und Informationsflussesakzeptiert, kann das globale CAPM an-wenden. Sind diese Annahmen hinge-gen nicht erfüllt – existieren beispiels-weise Barrieren für internationale Ka-pitalströme –, eignet sich das globaleCAPM nicht zur Bestimmung der Ei-genkapitalkosten. Da derlei Barrierenhäufig für Emerging Markets und an-dere noch junge Märkte vorliegen, eig-net sich das Modell eher für die Ver-wendung in entwickelten Märkten,welche den Bedingungen eines perfek-ten Kapitalmarkts wesentlich näherkommen.26

Das globale CAPM ergibt sich nachFormel (6).

Beiträge

Analyse | Ernst/Gleißner | Damodarans Länderrisikoprämie Die Wirtschaftsprüfung 23 | 2012 1255

20 Siehe Gleißner, FB 2005, S. 217–229; Akerlof/Shiller, Animal Spirits, Frankfurt/New York2009.

21 Siehe hierzu Damodaran, Damodaran on Va-luation, 2. Aufl., New Jersey 2006, S. 58.

22 Vgl. Ernst/Amann/Großmann/Lump, a. a.O.(Fn. 1), S. 215 ff.

23 Die im Folgenden verwendete Notation in denFormeln entspricht weitestgehend der Notationvon Pereiro; vgl. Pereiro, The Practice of In-vestment Valuation in Emerging Markets: Evi-dence from Argentina, in: http://papers.ssrn.com/sol3/papers.cfm?abstract_id=1874151(Stand: 23.11.2012), S. 39 ff. Damit soll einebessere Vergleichbarkeit mit den Originalquel-len ermöglicht werden.

24 Vgl. Solnik, Journal of Economic Theory 1974,S. 500–524; Solnik, Journal of Finance 1977,S. 503–512.

25 Grundlegende Ausführungen zum globalenCAPM können folgenden Publikationen ent-nommen werden: O’Brien, Journal of AppliedCorporate Finance 1999, S. 73–79; Stulz, Jour-nal of Applied Corporate Finance 1999, S. 8–25; Schramm/Wang, Journal of Applied Corpo-rate Finance 1999, S. 63–72.

26 Vgl. Pereiro, Valuation of Companies in Emer-ging Markets: A practical Approach, New York2002, S. 107.

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3.1.2. Lokales CAPM und adjustierteslokales CAPM

Das lokale CAPM geht auf Pereiro27

zurück und stellt wie das globaleCAPM eine Variation des klassischenCAPM dar. Im Schrifttum wird das lo-kale CAPM teilweise auch als DomesticCAPM oder Segmented CAPM be-zeichnet.

Das lokale CAPM stellt gewisserma-ßen die Gegenseite des globalen

CAPM dar. Während das globaleCAPM von integrierten Märkten aus-geht, setzt das lokale CAPM segmen-tierte Märkte voraus. In segmentiertenMärkten liegen erhebliche Barrierenfür den internationalen Kapital- undInformationsfluss vor. So handelt essich um ein Modell, das sich für gut di-versifizierte Investoren eignet, die je-doch auf einen lokalen Markt be-schränkt sind.

Im Gegensatz zu integrierten Märk-ten können vorhandene Länderrisiken(RC) in segmentierten Märkten nichtdurch internationale, geographischeDiversifikation eliminiert werden, wes-

halb sie innerhalb der Eigenkapitalkos-ten zu berücksichtigen sind.28

In segmentierten Märkten kann daslokale CAPM als Variante zur Bestim-mung der Eigenkapitalkosten verwen-det werden (vgl. Formel (7) und For-mel (8)).

Ein Problem des lokalen CAPM be-steht darin, dass es dazu neigt, Risikenzu überschätzen. Einer Studie von Erb/Harvey/Viskanta zufolge führt die Be-rücksichtigung des Länderrisikos imeinfachen lokalen CAPM in einem ge-wissen Umfang zu einer doppelten Be-rücksichtigung, da bereits Teile desLänderrisikos in der Marktrisikoprä-mie enthalten sind.29 Pereiro30 schlägtvor, diese doppelte Berücksichtigungdurch einen Korrekturfaktor zu neu-tralisieren, welcher dem Bestimmt-heitsmaß (Ri

2) der Regression der Vo-latilität des lokalen Aktienmarkts mitder Variation des Länderrisikos ent-spricht. Ri

2 drückt folglich den Teil derAktienvolatilität aus, welcher durchdas Länderrisiko verursacht wird. AlsMaß für die Variation des Länderrisi-kos wird der Morgan-Stanley-EMBI-Index verwendet. Mindert man daslokale CAPM folglich um den Faktor(1–Ri

2), wird das Aktienkursrisiko umdas Ausmaß der Doppelzählung ver-mindert. Es wird demnach lediglich dieAktienvolatilität einbezogen, welchenicht durch das Länderrisiko verur-sacht wird.31

Die Formel für das adjustierte lokaleCAPM ergibt sich laut Formel (9).

Außerdem erscheint am lokalenCAPM problematisch, dass sich in ei-ner globalisierten Welt, wie sie heutezumindest teilweise existiert, kaum In-vestoren finden lassen, deren gesamtesPortfolio sich nur auf einen bestimm-ten lokalen Markt beschränken lässt.Auch wenn sich noch ein gewisses„Home-Bias“ in den Portfolien vielerInvestoren nachweisen lässt, erscheintdie praktische Relevanz dieses Ansatzesdennoch fragwürdig.

Beiträge

1256 Die Wirtschaftsprüfung 23 | 2012 Analyse | Ernst/Gleißner | Damodarans Länderrisikoprämie

C E Cost of equity capital Eigenkapitalkosten

r f, G Global risk free rate Globaler risikoloser Zinssatz

B L, G Beta of the local target

company computed against the

global market index

Globales Unternehmensbeta = lokales Unternehmensbeta

berechnet gegen globales Marktportfolio (Unternehmens-

renditen vs. Renditen des globalen Index)

r M, G Global market return Globale Marktrendite

(6)�� = �, � + ��, � � (��, � � �, �) (6)

C E Cost of equity capital Eigenkapitalkosten

r f, L Local risk free rate Lokaler risikoloser Zinssatz

r f, G Global risk free rate Globaler risikoloser Zinssatz

R C Country risk premium Länderrisikoprämie

B L, L Local company beta

computed against a local

market index

Lokales Unternehmensbeta = lokales Unternehmensbeta

berechnet gegen lokales Marktportfolio (Unternehmens-

renditen vs. Renditen des lokalen Index)

r M, L Return of the local market Lokale Marktrendite

�� = �, � + ��, � � (��, � � �, �)

� !�����, � � �, � ��

(7)

(8)

(9)

C E Cost of equity capital Eigenkapitalkosten

r f, G Global risk free rate Globaler risikoloser Zinssatz

r f, L Local risk free rate Lokaler risikoloser Zinssatz

R C Country risk premium Länderrisikoprämie

B L, L Local company beta computed against a

local market index

Lokales Unternehmensbeta = lokales

Unternehmensbeta berechnet gegen

lokales Marktportfolio (Unternehmens-

renditen vs. Renditen des lokalen Index)

r M, L Return of the local market Lokale Marktrendite

R i2 Variance in the equity volatility of the target

company i that is explained by country risk

Korrekturfaktor

�� = �, � + �� + ��, � � (��, � � �, �) � (1� �"2) (9)

27 Vgl. Pereiro, a. a.O. (Fn. 26), S. 109.

28 Vgl. Pereiro, a. a.O. (Fn. 26), S. 108.29 Vgl. Erb/Harvey/Viskanta, Journal of Portfolio

Management 1995, S. 74–83.30 Vgl. Pereiro, The valuation of Closely-Held

Companies in Latin America, Center for Entre-preneurship & Business Venturing, Universi-dad Torcuato Di Tella, Buenos Aires, in: http://faculty.darden.virginia.edu/chaplinskys/courses/GBUS_844/valatampereiro.pdf, 10.05.2010,S. 10.

31 Vgl. Pereiro, a. a.O. (Fn. 26), S. 111 f.

Page 7: Veröffentlicht in WPg Die Wirtschaftsprüfung 23/2012 ... · PDF filesich keines der Konzepte von Damodaran rechtfertigen lässt und das CAPM keine Län-derrisikoprämie verträgt.

Ferner wird kritisiert, dass aufgrundder oft schwach ausgeprägten und da-mit ineffizienten Kapitalmärkte in vie-len Emerging Markets die für den An-satz notwendigen Daten zur Berech-nung der Input-Parameter nichtvorhanden – oder wenn vorhanden:nicht besonders aussagekräftig – sind.

3.1.3. Hybride CAPM-Modelle

Die Bestimmung wichtiger Parameter– wie der lokalen Marktrisikoprämieoder des lokalen Betafaktors – wirddurch die hohe Volatilität, welche invielen Schwellenländern vorzufindenist, erheblich erschwert. Das Problem

der mangelnden Verlässlichkeit lokalerDatenreihen kann durch die Verwen-dung hybrider CAPM-Modelle verrin-gert werden, die auf eine Kombinationaus globalen und lokalen Daten zu-rückgreifen.

3.1.3.1. (Adjustiertes) hybrides CAPMund Lessard-Modell

Beim hybriden Modell32 wird die globa-le Marktrisikoprämie (rM, G – rf, G) mitHilfe eines Länderbetas (BCL, G) an denlokalen Markt angepasst (vgl. Formel(10)). Der Vorteil dieses Ansatzes liegtdarin, dass die leichter zu beschaffen-den Daten des Weltmarkts genutztwerden können.

Ein Spezialfall des hybriden CAPM,bei dem anstelle des globalen Marktsder Markt in den USA herangezogenwird, ist das Lessard-Modell.33 DasLänderrisiko wird bei diesem Modellberechnet, indem das Beta eines ver-gleichbaren Projekts in den USA mitdem Länderbeta eines projektspezifi-schen Betas multipliziert wird (vgl.Formel (11)).

Wie beim lokalen CAPM kann beimhybriden CAPM durch den Korrektur-faktor Ri

2 wiederum die Doppelberück-sichtigung des Länderrisikos eliminiertwerden. Deshalb wird auch von einemadjustierten hybriden CAPM gespro-chen. Der Name „hybrid“ – was so vielbedeutet wie „gemischt“ oder „gebün-delt“ – steht hingegen für die Tatsache,dass sowohl lokale als auch globale Ri-sikoparameter berücksichtigt werden.Das adjustierte hybride CAPM ergibtsich nach Formel (12).34

Das (adjustierte) hybride CAPMund das Lessard-Modell erscheinen füralle Bewertungssituationen geeignet, indenen teilintegrierte Märkte vorliegenund weder das globale noch das lokaleCAPM direkt angewendet werden kön-nen. Da es sich bei Emerging Markets/High Growth Markets heutzutage zu-meist um teilintegrierte Märkte han-delt, sind das (adjustierte) hybrideCAPM und das Lessard-Modell für dieBewertungspraxis empfehlenswert. DieModelle sind auch von der Datenan-forderung so definiert, dass das Prob-lem der Erhältlichkeit und der Qualität

Beiträge

Analyse | Ernst/Gleißner | Damodarans Länderrisikoprämie Die Wirtschaftsprüfung 23 | 2012 1257

C E Cost of equity capital Eigenkapitalkosten

rf , G Global risk free rate Globaler risikoloser Zinssatz

R C Country risk premium Länderrisikoprämie

BC L, G Country beta (relative sensitivity of the

returns of the local (emerging) stock

market to the global market returns)

Länderbeta = Zusammenhang zwischen

den Renditen des lokalen Markts und

demWeltmarktportfolio

B G, G Average unlevered beta of comparable

companies quoting in the global market

(relevered with the financial structure of

the target company)

Durchschnittsbeta vergleichbarer

Unternehmen im Weltmarkt =

Zusammenhang zwischen Renditen

vergleichbarer Unternehmen des Welt-

markts und demWeltmarktportfolio

r M, G Return of the global market Globale Marktrendite

�� = �, � + �� + ���, � � ��, � �(��, � � �, �) (10)

C E Cost of equity capital Eigenkapitalkosten

r f, US U.S. risk free rate Risikoloser Zinssatz der USA

R C Country risk premium Länderrisikoprämie

BC L, US Country beta (relative sensitivity of the

returns of the local (emerging) stock

market to the U.S. market returns

Länderbeta = Zusammenhang zwischen

den Renditen des lokalen Markts und dem

US-Marktportfolio

B US Beta of the U.S.-based project that is

comparable to the project

Beta eines vergleichbaren Projekts in den

USA

r M, US Return of the U.S. stock market index Marktrendite der USA

�� = �, #$ + �� + ���, #$ � �#$ �(��, #$ � �, #$) (11)

C E Cost of equity capital Eigenkapitalkosten

r f, G Global risk free rate Globaler risikoloser Zinssatz

R C Country risk premium Länderrisikoprämie

BC L, G Country beta (relative sensitivity of the

returns of the local (emerging) stock

market to the global market returns

Länderbeta = Zusammenhang zwischen

den Renditen des lokalen Markts und dem

Weltmarktportfolio

B G, G Average unlevered beta of comparable

quoting in the global market (relevered

with the financial structure of the target

company)

Durchschnittsbeta vergleichbarer

Unternehmen im Weltmarkt =

Zusammenhang zwischen Renditen

vergleichbarer Unternehmen des Welt-

markts und demWeltmarktportfolio

r M, G Return of the global market Globale Marktrendite

R i2 Variance in the equity volatility of the

target company i that is explained by

country risk

Korrekturfaktor

�� = �, � + �� + ���, � � ��, � � (��, � � �, �) �(1� �"2) (12)

32 Vgl. Pereiro, a. a.O. (Fn. 30), S. 10 f.33 Vgl. Lessard, JoACF 1996, S. 52–63.34 Vgl. Pereiro, a. a.O. (Fn. 26), S. 111 ff.

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der benötigten Daten gelöst werdenkann.

3.1.3.2. Godfrey-Espinosa-Modell

Ein weiteres Modell zur Bestimmungder Eigenkapitalkosten bildet das God-frey-Espinosa-Modell35, benannt nachihren beiden Entwicklern. Es wird wiein Formel (13) und Formel (14) veran-schaulicht bestimmt.

Eine strikte Grundannahme diesesModells ist es, dass der Korrelationsko-effizient zwischen dem Bezugsmarktund dem Markt des entsprechendenSchwellenlandes 1 betragen muss, diesefolglich perfekt korrelieren müssen.

Da ein Teil des Länderrisikos bereitsin der Marktrisikoprämie enthalten zusein scheint, werden durch Additionder Länderrisikoprämie wiederum Ri-siken teilweise doppelt berücksichtigt.Um diese Doppelberücksichtigung aus-zugleichen, modifizieren Godfrey/Espi-nosa das Beta um einen Korrekturfak-tor i.H. von 0,6. Dieser Korrekturfak-tor beruht auf einer Studie von Erb/

Harvey/Viskanta, welche belegt, dassca. 40% der Schwankungen auf denAktienmärkten durch Schwankungendes Länderrisikos erklärt werden kön-nen und demnach lediglich die restli-chen 60% zu berücksichtigen sind.36

Das Godfrey-Espinosa-Modell er-scheint aufgrund seiner strikten An-nahmen der perfekten Korrelation desBezugsmarkts und des Markts des ent-sprechenden Schwellenlandes sowieder verwendeten Größe für den „pau-schalen“ Korrekturfaktor i.H. von 0,6,der auf einer nicht für alle Schwellen-länder repräsentativen Studie beruht,als Grundmodell für die Bewertungvon Unternehmen in Emerging Mar-kets/High Growth Markets nicht geeig-net. Für die Validierung des Modellswären weitere Studien notwendig.

3.1.3.3. Goldman-Sachs-Modell

Das Goldman-Sachs-Modell wurde vonMariscal/Hargis37 entwickelt. Es istdem Godfrey-Espinosa-Modell sehrähnlich, enthält jedoch bessere Anpas-sungen, um Doppelzählungen zu ver-meiden. Darüber hinaus wird durchdie Integration eines lokalen Unterneh-mensbeta BLL und einer unterneh-mensspezifischen Risikoprämie φId dieBerechnung unternehmensspezifischerEigenkapitalkosten ermöglicht. Die un-ternehmensspezifische Risikoprämieergibt sich aus den speziellen Charak-teristika des Unternehmens (bspw.zyklische Industrie, Anteil der Erlöseaußerhalb des Heimatmarkts).

Die unternehmensspezifischen Ei-genkapitalkosten werden wie in Formel(15) bestimmt.

Aus praktischer Sicht ist zu kritisie-ren, dass aus dem Modell nicht hervor-geht, wie bei der Berechnung der un-ternehmensspezifischen Risikoprämiekonkret vorzugehen ist. Aufgrund desgroßen Gestaltungsspielraums ergibtsich ein hohes Maß an Subjektivität.

Beiträge

1258 Die Wirtschaftsprüfung 23 | 2012 Analyse | Ernst/Gleißner | Damodarans Länderrisikoprämie

C E Cost of equity capital Eigenkapitalkosten

r f, US U.S. risk free rate Risikoloser Zinssatz der USA

R C Country risk premium Länderrisikoprämie

B Mod Modified beta Modifizierter Betafaktor

r M, US Return of the U.S. stock market index Marktrendite der USA

%�L Standard deviation of returns in the

local market

Standardabweichung der Renditen im lokalen

Markt

%�US Standard deviation of returns in the

U.S. equity market

Standardabweichung der Renditen im US-

amerikanischen Markt

�� = �, #$ + �� + ��&' � (��, #$ � �, #$)

��&' =(�

(#$

� )*+

(13)

(14)

C E Cost of equity capital Eigenkapitalkosten

r f, US U.S. risk free rate Risikoloser Zinssatz der USA

R C Country risk premium Länderrisikoprämie

B L, L Local company beta computed against local

market index

Lokales Unternehmensbeta = lokales

Unternehmensbeta berechnet gegen

lokales Marktportfolio (Unternehmens-

renditen vs. Renditen des lokalen Index)

r M, US Return of the U.S. stock market index Marktrendite der USA

%�L Standard deviation of returns in the local

market

Standardabweichung der Renditen im

lokalen Markt

%�US Standard deviation of returns in the U.S.

equity market

Standardabweichung der Renditen im US-

amerikanischen Markt

, Correlation of dollar returns between the

local stock market and the sovereign bond

used to measure country risk

Korrelation der Dollarrenditen zwischen

dem lokalen Aktienmarkt und der zur

Messung des Länderrisikos verwendeten

Staatsanleihe

, Id Idiosyncratic risk premium related to the

special features of the target firm (e.g.,

specific firm credit rating as embodied in its

corporate debt spread, industry cyclicality,

percentage of revenues coming from the

target country, etc.)

Unternehmensspezifische Risikoprämie

�� = �, #$ + �� �(�

(#$

� ��, � � (��, #$ � �, #$) � (1� -) + -.' (15)

35 Vgl. Godfrey/Espinosa, JoACF 1996, S. 80–90.

36 Vgl. Godfrey/Espinosa, JoACF 1996, S. 80 ff.;Estrada, Emerging Markets Quaterly 2000,S. 19–30.

37 Vgl. Mariscal/Hargis, A Long-Term Perspecti-ve on Short-Term Risk, Goldman Sachs Invest-ment Research, 1999.

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3.1.3.4. Damodaran-Modell

Das Damodaran-Modell38 basiert aufdem von Kruschwitz/Löffler/Mandl in-tensiv diskutierten Lambda-Ansatz.Damodaran verwendet in seinem An-satz aus dem Jahre 2002 die Berech-nung eines unternehmensspezifischenLänderrisikos. Dieses unternehmens-

spezifische Länderrisiko zeigt, dass Un-ternehmen in einem Land in Abhän-gigkeit von ihrer Branche und Größeeinem unterschiedlichen Risiko ausge-setzt sind. Das unternehmensspezifi-sche Länderrisiko wird berechnet, in-dem die Länderrisikoprämie mit demLambda-Faktor λ multipliziert wird. λsteht für den unternehmensspezifi-schen Umgang mit Länderrisiken (vgl.Formel (16)).

Das Damodaran-Modell ist eineleichte Modifikation des traditionellenCAPM. Daher ist es in der Praxis rechtproblemlos umzusetzen. Auf die Kritikvon Kruschwitz/Löffler/Mandl wurdein Kap. 2. ausführlich eingegangen.

Auch wenn aus formalwissenschaftli-cher Sicht die Kritik von Kruschwitz/Löffler/Mandl durchaus gerechtfertigtist, bieten sie indes keinen eigenen An-satz, wie die empirisch beobachtbarenLänderrisiken in Unternehmensbewer-tungen integriert werden können.Auch wenn Damodarans Ansatz zurBerechnung der Länderrisikoprämiekein geschlossenes Modell, sondern ei-nen best-practice-Ansatz darstellt, ister dennoch ein geeigneter Weg, sichder Länderrisikoprämie anzunähern.Hier erscheint der von Kruschwitz/Löffler/Mandl eingeschlagene Weg,sich auf perfekte Kapitalmärkte zu-rückzuziehen, wenig hilfreich. Es mussvielmehr im Rahmen der empirischenFinanzierungsforschung mehr über dieLänderrisikoprämie in Erfahrung ge-bracht werden. Solange es keine alter-nativen Ansätze zur Ermittlung derLänderrisikoprämie gibt, kann dieGleichung von Damodaran für die Pra-xis bei der Bewertung bzw. Preisschät-zung von Unternehmen in EmergingMarkets/High Growth Markets genutztwerden – wohl wissend, dass sie keineCAPM-Variante, sondern eine Heuris-tik darstellt.39

3.1.3.5. Salomon-Smith-Barney-Modell

Zenner/Akaydin40 haben das globaleCAPM modifiziert. In diesem Ansatzwird die Länderrisikoprämie mit un-ternehmensspezifischen Risiken multi-pliziert und wie in Formel (17) umge-setzt.

Positiv an diesem Modell ist hervor-zuheben, dass es erstmals auch das Un-ternehmen einbezieht, das die Investi-tion durchführen möchte. Dies führtdazu, dass unterschiedliche Unterneh-men für dieselbe Investition im selbenLand unterschiedliche Eigenkapitalkos-ten errechnen. Kritisch anzumerkenist, dass die Berechnung von γ1, γ2 undγ3 von den Unternehmen festzulegenist und daher auf subjektiven Einschät-zungen des Bewerters beruht. Dies er-schwert die Ermittlung eines objekti-vierten Werts. Der Ansatz bietet aberauch für die Ermittlung eines subjekti-

Beiträge

Analyse | Ernst/Gleißner | Damodarans Länderrisikoprämie Die Wirtschaftsprüfung 23 | 2012 1259

C E Cost of equity capital Eigenkapitalkosten

r f, US U.S. risk free rate Risikoloser Zinssatz der USA

R C Country risk premium Länderrisikoprämie

/ Firm-specific exposure to

country risk ranging from

zero to one

Unternehmensspezifische Abhängigkeit vom

Länderrisiko mit einem Wert zwischen Null und Eins

B L, L Local company beta

computed against local

market index

Lokales Unternehmensbeta = lokales Unternehmensbeta

berechnet gegen lokales Marktportfolio (Unternehmens-

renditen vs. Renditen des lokalen Index)

r M, US Return of the U.S. stock

market index

Marktrendite der USA

�� = �, #$ + �� � �+ �� � � (��, #$ � �, #$), (16)

C E Cost of equity capital Eigenkapitalkosten

r f, H Risk free rate of the home country of

the multi-national corporation

doing the valuation

Risikoloser Zinssatz des Heimatlandes, in dem

das multinationale Unternehmen, das die

Bewertung durchführt, sitzt

r f, G Global risk free rate Globaler risikofreier Zinsatz

R C Country risk premium Länderrisikoprämie

01 Firm-related score from 0 to 10

with a 0 indicating the best access to

capital markets

Zugang zu Kapitalmärkten (Skala von 0 bis 10,

wobei 0 den besten Zugang zu Kapitalmärkten

angibt)

02 Industry score from 0 to 10 with a 0

indicating the least susceptibility of

the industry to political intervention

Anfälligkeit des Investments für politische

Risiken (Skala von 0 bis 10, wobei 0 die geringste

Anfälligkeit für politische Intervention angibt)

03 Home country firm score from 0 to

10 with a 0 indicating that the

investment at the local level

constitutes only a small portion of

the firm’s total assets

Bedeutung des Investments für das investierende

Unternehmen (Skala von 0 bis 10, wobei 0 angibt,

dass das Investment nur einen geringen Anteil

der Assets des Unternehmens ausmacht)

B L, G Beta of the local target company

computed against the global market

index

Globales Unternehmensbeta = lokales

Unternehmensbeta berechnet gegen globales

Marktportfolio (Unternehmensrenditen vs.

Renditen des globalen Index)

r M, G Global market return Globale Marktrenditen

�� = �, 1 + �� �2

342

542

6

67+ ��, � �(��, � � �, �) (17)

38 Vgl. Damodaran, Measuring Company Expo-sure to Country Risk: Theory and Practice,Stern School of Business, Working Paper, in:http://pages.stern.nyu.edu/~adamodar/pdfiles/papers/CountryRisk.pdf (Stand: 23.11.2012),S. 18.

39 Vgl. Kruschwitz/Löffler/Mandl, WPg 2011,S. 168.

40 Vgl. Zenner/Akaydin, A Practical Approach tothe International Valuation & Capital Alloca-tion Puzzle, Salomon Smith Barney FinancialStrategy Research, 2002.

Page 10: Veröffentlicht in WPg Die Wirtschaftsprüfung 23/2012 ... · PDF filesich keines der Konzepte von Damodaran rechtfertigen lässt und das CAPM keine Län-derrisikoprämie verträgt.

ven Unternehmenswerts keine befrie-digende Lösung, da die „Score-Werte“(anders als z.B. Wahrscheinlichkeits-verteilungen für Risiken) auch ex postkaum prüfbar sind und damit die gene-relle Akzeptanz des Ansatzes leidet.

3.1.4. Zwischenergebnis

Alle CAPM-basierte Modelle bergendas Problem, dass sie als Ergänzungzum CAPM die Länderrisikoprämieberücksichtigen wollen, die Abbildungvon Marktunvollkommenheiten unterBezug auf das CAPM die Modelle je-doch ad absurdum führt. Folgt mander Ansicht, dass die BewertungspraxisModelle benötigt, die Marktunvoll-kommenheiten z.B. in Form von Län-derrisiken abbilden, so sind eigenstän-dige Modelle zu entwickeln, die keinenBezug auf das CAPM nehmen.

3.2. Ermittlung der Eigenkapitalkostenmittels nicht-CAPM-basierterModelle

Die Ergebnisse bei Anwendung derCAPM-Varianten in Emerging Mar-kets/High Growth Markets konntenbislang empirisch weder vollständigbestätigt noch widerlegt werden41. Auf-grund der teilweise methodischen undkonzeptionellen Schwächen des CAPMhaben Praktiker und Wissenschaftlerjedoch weitere, nicht-CAPM-basierte

Modelle für die Berechnung der Eigen-kapitalkosten entwickelt. Im Folgendensollen vier dieser Modelle vorgestelltwerden:• Estrada-Modell,• Erb-Harvey-Viskanta-Modell,• Arbitrage Pricing Theory,• simulationsbasierte Bewertungsan-

sätze.Während das Estrada-Modell hinsicht-lich der Datenbeschaffung in der Pra-xis als durchaus praktikabel und folg-lich als interessante Alternative zu denCAPM-basierten Modellen angesehenwerden kann, trifft dies nicht auf dasErb-Harvey-Viskanta-Modell (EHVM)und die Arbitrage Pricing Theory(APT) in vollem Umfang zu.

Beim EHVM und der APT handeltes sich um sog. Mehrfaktorenmodelle,welche versuchen, die vorhandenen Ri-siken durch mehrere Faktoren abzubil-den. Die Bestimmung dieser Faktorensetzt häufig einen erheblichen Mehr-aufwand bei der Datenbeschaffungvoraus. Die erforderlichen Daten sindbei den in Emerging Markets/HighGrowth Markets herrschenden Proble-men und Herausforderungen jedochhäufig nicht zu ermitteln. Der Zusatz-nutzen rechtfertigt oft nicht den Mehr-aufwand.42 Der simulationsbasierte An-satz kann grundsätzlich die methodi-schen Probleme, die zwischen CAPM-

basierten und nicht-CAPM-basiertenModellen bestehen, überwinden unddie Länderrisiken in die Cash-Flowseinbauen. Als problematisch erweisensich jedoch die Datenbeschaffung undder in der Unternehmensbewertungs-praxis noch wenig verbreitete Umgangmit Monte-Carlo-Simulations-Model-len.

Ein Vorteil der nicht-CAPM-basier-ten Modelle liegt in ihrer Gesamtrisi-kobetrachtung, weshalb sie häufig auchals Gesamtrisikomodelle bezeichnetwerden. Im Gegensatz zu CAPM-ba-sierten Modellen, welche per definitio-nem lediglich systematische Risikenberücksichtigen, beziehen die nicht-CAPM-basierten Modelle zumindestteilweise vorhandene unsystematischeRisiken in die Berechnung der Eigen-kapitalkosten ein.43

3.2.1. Estrada-Modell

Das Estrada-Modell – benannt nachdem spanischen Ökonomen Javier Est-rada – ähnelt auf den ersten Blick demklassischen CAPM (vgl. Formel (18)und Formel (19)).44

Der entscheidende Unterschied liegtdarin, dass Estrada anstelle des Beta-faktors ein sog. Downside-Risikomaß(RMi) verwendet. Dies begründet erdamit, dass rationale Investoren nor-malerweise lediglich die negativen Ab-weichungen vom Erwartungswert alsRisiko interpretieren, die positiven hin-gegen als Chance. Im klassischenCAPM wird das Risiko hingegen alsVarianz der Renditen und demnach alspositive oder negative Abweichung in-terpretiert. Diese Form des Risikoma-ßes wurde häufig am CAPM kritisiert.Indem nun ein Downside-Risikomaßverwendet wird, wird versucht, diesesProblem des CAPM zu umgehen.

Das Downside-Risikomaß wirddurch das Verhältnis der Semi-Stan-dardabweichung der Renditen des lo-kalen Bezugsmarkts und der Semi-Standardabweichung der Renditen desWeltmarkts berechnet (vgl. bereits For-mel (14)). In der Semi-Standardabwei-chung wird lediglich die negative Ab-weichung vom Erwartungswert be-rücksichtigt.45

Beiträge

1260 Die Wirtschaftsprüfung 23 | 2012 Analyse | Ernst/Gleißner | Damodarans Länderrisikoprämie

C E Cost of equity capital Eigenkapitalkosten

r f, G Global risk free rate Globaler risikofreier Zinssatz

r M, G Global market return Globale Marktrendite

RM i Downside risk measure, the ratio

between the semi standard deviation of

returns with respect to the mean in

market i and the semi standard deviation

of returns with respect to the mean in the

world market

Maß für das Downside-Risiko (Verhältnis

zwischen der Semi-Standardabweichung

der Renditen in Bezug auf den Mittelwert

des Markts i und der Standardabweichung

der Renditen in Bezug auf den Mittelwert

des Weltmarkts)

89� :% L, M Semi standard deviation of returns with

respect to the mean in market i

Semi-Standardabweichung der Renditen

des Markts i

89� :% G Semi standard deviation of returns with

respect to the mean in the world market

Semi-Standardabweichung der Renditen

des Weltmarkts

�� = �, #$ + (��, � � �, �) � ��"

��" =;<=":(�, �

;<=":(�

(18)

(19)

41 Vgl. Pereiro, a. a.O. (Fn. 26), S. 113.

42 Vgl. Pereiro, a. a.O. (Fn. 26), S. 113, und diegrundsätzliche Kritik von Kruschwitz/Löffler anRoss’ APT, zfbf 1997, S. 644.

43 Analog „Total-Beta-Modelle“.44 Vgl. Estrada, a. a.O. (Fn. 36), S. 19 ff.45 Vgl. Estrada, a. a.O. (Fn. 36), S. 19 ff.; Pereiro,

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Studien von Estrada (2000), Harvey(1995) und Erb/Harvey/Viskanta(1996) haben auf der einen Seite ge-zeigt, dass systematische Risiken inSchwellenländern häufig nicht signifi-kant mit den Aktienrenditen korreliertsind, was vermutlich auf die mangeln-de Integration dieser Märkte in denWeltmarkt zurückzuführen ist. Auf deranderen Seite wurde eine signifikanteKorrelation des Downside-Risikos mitden Aktienrenditen festgestellt, wasEstradas Modell rechtfertigte.46

Weiterhin fanden Harvey und Estra-da heraus, dass die mittels CAPM er-mittelten Betafaktoren häufig zu kleinschienen, um auf Eigenkapitalkostenzu schließen, welche Investoren beidurchgeführten Transaktionen für an-gemessen hielten.47 So argumentierteEstrada, dass sein Modell die teilweisesegmentierten Märkte innerhalb vonEmerging Markets besser wiedergibt,da es Ergebnisse liefert, welche zwi-schen den zu niedrigen Werten desCAPM und den zu hohen Werten an-derer Gesamtrisikomodelle liegen.48

3.2.2. Erb-Harvey-Viskanta-Modell(EHVM)

Für Volkswirtschaften ohne Aktien-markt schlagen Erb/Harvey/Viskantadie Verwendung eines auf Länderkre-ditratings basierenden Modells vor. Indiesen Länderkreditratings werden u.a.politische Risiken, Wechselkursrisiken,Inflation und andere typische Länderri-siken berücksichtigt (vgl. Formel (20)).49

Da es sich beim EHVM um einGesamtrisikomodell handelt, sei nocherwähnt, dass in der Regel die ermittel-ten Eigenkapitalkosten höher sind alsdie des Downside-Risikomodells vonEstrada.50

Die Kritik an diesem Modell kon-zentriert sich im Wesentlichen aufzwei Punkte. Zum einen werden beiVerwendung von Länderkreditratingsunternehmensspezifische Risiken nichtberücksichtigt; zum anderen stellendiese Ratings häufig sehr subjektive Ri-sikomaße dar, da bei ihrer Bestimmungoft qualitative Inputs verwendet wer-den und eine willkürliche Gewichtungder Einflussgrößen erfolgt.51

3.2.3. Arbitrage Pricing Theory (APT)

Die APT kann als eine allgemeinereForm des CAPM betrachtet werden, dasie mehrere Faktoren zur Bestimmungder Risikoprämien zulässt.52 Die APTwird folglich auch als Mehrfaktoren-modell bezeichnet. Die Eigenkapital-kosten können nach der APT wie inFormel (21) bestimmt werden.

Anstelle nur eines Faktors für dassystematische Risiko (Marktrisiko), wiedies beispielsweise innerhalb desCAPM der Fall ist, kann innerhalb derAPT theoretisch eine beliebige Zahlunterschiedlicher Faktoren berücksich-tigt werden. Die Größen in Klammerngeben die Risikoprämie des jeweiligenFaktors im Modell an. Die Betas gebendie Sensitivität der Rendite gegenüberdem jeweiligen Faktor wieder. Könnendie Faktoren aus den verfügbaren Da-ten jeweils extrahiert werden, kann dieAPT die Eigenkapitalkosten theore-tisch genauer bestimmen als dasCAPM bzw. die „Werttreiber“ der Ei-genkapitalkosten transparent machen.

Doch welche Faktoren sind ent-scheidend? Laut einer Studie vonChen/Roll/Ross sind die folgenden fünfEinflussfaktoren entscheidend für dieHöhe der Eigenkapitalkosten:53

• industrielle Produktion,• Veränderungen in den Ausfallprä-

mien,• Veränderungen der Zinsstruktur-

kurve,• unerwartete Inflation,• Veränderungen der realen Rendite.Die Hauptkritik an der APT richtetsich auf ihre schwierige praktische An-wendbarkeit. So sind die Faktoren, wel-che per definitionem nicht miteinanderkorrelieren dürfen, häufig unter hohemAufwand aus dem verfügbaren Daten-material zu extrahieren. Obwohl dieFaktoranalyse und neuere statistischeVerfahren hierfür Lösungsmöglichkei-ten anbieten und folglich eine Anwen-dung ermöglichen, findet die APT mitanalytisch konstruierten Risikofaktorenin der Praxis grundsätzlich eher wenigAnklang.54 Spezialfälle der APT – wiedas Fama-French-3-Faktoren-Modell –

Beiträge

Analyse | Ernst/Gleißner | Damodarans Länderrisikoprämie Die Wirtschaftsprüfung 23 | 2012 1261

RSemi-annual return in U.S. dollars for

country i

Halbjährliche Rendite in US-Dollar für das

Land i

00 Regression constant Regressionskonstante

01 Regression coefficient Regressionskoeffizient

CCR Country credit rating Länderkreditrating

> Regression residual Regressionsresiduum

(20�", ? + 1 = 00 + 01 � @A (���", ?) + >" , ? + 1 (20)

C E Cost of capital Eigenkapitalkosten

r f Risk free rate Risikoloser Zinssatz

r M, k Local market return of

the factor k

Rendite des lokalen Marktes, die vom k-ten Faktor abhängt

und unabhängig von allen anderen Faktoren ist

B k Sensitivity of the jth

asset to factor k

Sensibilität des j-ten Assets gegenüber dem k-ten Faktor

�� = � + (��, 1 � �) � �1 + (��, 2 � �) � �2+. . . +(��, � � �) � �� (21)

a. a.O. (Fn. 26), S. 113.46 Vgl. Estrada, a. a.O. (Fn. 36), S. 19 ff.; Gleißner,

Risiko Manager 2006, S. 17 ff.47 Vgl. Estrada, a. a.O. (Fn. 36), S. 19 ff.48 Vgl. Pereiro, a. a.O. (Fn. 26), S. 113 f.

49 Vgl. Erb/Harvey/Viskanta, Journal of PortfolioManagement 1996, S. 46–58; Erb/Harvey/Vis-kanta, Journal of Portfolio Management 1995,S. 74–83; Pereiro, a. a.O. (Fn. 23), S. 114.

50 Vgl. Pereiro, a. a.O. (Fn. 26), S. 114.51 Vgl. Estrada, a. a.O. (Fn. 36), S. 19 ff.

52 Vgl. Damodaran, a. a.O. (Fn. 21), S. 33 f. Aller-dings sind bekanntlich die Annahmen deutlichabweichend und weniger restriktiv.

53 Vgl. Chen/Roll/Ross, Journal of Business 1986,S. 384 ff.

54 Vgl. Sabal, JoACF 2003, S. 155–166.

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haben aber das CAPM in der For-schung stark verdrängt.55

Auch im Hinblick auf die Verwen-dung der APT in Schwellenländern er-gibt sich das bekannte Problem, dassdas zugrunde liegende Datenmaterialhäufig unzuverlässig ist, was die Er-mittlung der Faktoren erschwert.56

3.2.4. Simulationsbasierte Bewertungs-ansätze

Ein weiterer, nicht CAPM-basierterAnsatz zur Erfassung von Länderrisi-ken stützt sich auf simulationsbasierteBewertungsansätze.57 Bei simulations-basierten Bewertungsansätzen könnenlandesbezogene Risiken (z.B. die Unsi-cherheit über die Inflation, die Mög-lichkeit der Enteignung oder die Zah-lungsunfähigkeit des Staates) unmittel-bar bei der Simulation der unsicherenkünftigen Erträge und Cash-Flows desUnternehmens berücksichtigt werden.Ausgehend von der Unternehmenspla-nung werden mittels Monte-Carlo-Si-mulation eine große repräsentativeZahl von Zukunftsszenarien des Unter-nehmens und die Implikationen für diekünftigen Cash-Flows berechnet. Sämt-liche landesbezogenen Risiken (wie die

zuvor beispielhaft angegebenen Risi-ken) können Planabweichungen auslö-sen und werden bei der Szenariobe-rechnung berücksichtigt. Sie führenunter sonst gleichen Bedingungen zueiner größeren „Bandbreite“ der Cash-Flows �� und zu einem höheren Risiko-maß ����), also beispielsweise Stan-dardabweichung oder Value-at-Riskder Cash-Flows.58 Eine Zunahme des(nicht diversifizierten) Risikoumfangsführt dabei unter sonst gleichen Bedin-gungen zu einem höheren risikoge-rechten Diskontierungszinssatz oderRisikoabschlag (bei der Sicherheits-äquivalentmethode); damit ist eine ei-genständige Erfassung über eine „Län-derrisikoprämie“ nicht erforderlich(vgl. Formel (22)).

Der Vorteil der Ableitung des be-wertungsrelevanten Risikoumfangs ausden unsicheren Cash-Flows – ermitteltper Simulation – besteht darin, dassauch Diversifikationseffekte zwischen„länderbezogenen Risiken“ und „sons-tigen unternehmensbezogenen Risi-ken“ automatisch erfasst sind – die„künstliche“ Trennung ist nicht erfor-derlich. Zudem wird eine adäquate Be-wertung ausgehend von Wahrschein-lichkeitsverteilungen der unsicherenCash-Flows auch dann möglich, wennkeine historischen Kapitalmarktdaten(Aktienrenditen) als Grundlage der Ri-sikoqualifizierung vorliegen (wie für

die Bestimmung des Betafaktors imCAPM).59

Insgesamt ermöglicht der Ansatz,auch landesbezogene Risiken konsis-tent in der Bewertung zu berücksichti-gen. Die Bewertung ausgehend vonden unsicheren Cash-Flows nimmt da-bei die Perspektive eines langfristig en-gagierten Investors ein, der Cash-Flow-Risiken (nicht jedoch temporäre Kurs-schwankungen) zu tragen hat. Es han-delt sich also um die Perspektive einer„Unternehmensbewertung in engeremSinne“ (im Vergleich zum Risikover-ständnis eines kurzfristig engagiertenAktionärs, der sich mit „Kursschwan-kungsrisiken“ befasst60).

3.3. Vergleich der Modelle

Übersicht 1 zeigt die Vor- und Nach-teile der vorgestellten Modelle.61

In der Diskussion um das CAPMund dessen Anwendbarkeit in der in-ternationalen Unternehmensbewer-tung stimmen viele Wissenschaftlerund Bewertungspraktiker mit Kaplanüberein, der die Diskussion um dasCAPM wie folgt zusammenfasst:

„Keep in mind how lousy alternati-ves are when evaluating CAPM.“62

In dieser Hinsicht ist es auch nichtverwunderlich, dass z. B. Ballwieserdie große Bedeutung des CAPM be-gründet mit der „Handlichkeit“ derRenditegleichung und der guten Eig-nung für empirische Regressions-analysen. Zu den Modellannahmendes CAPM führt er an gleicher Stelledagegen aus:

„Das Modell, aus dem Gleichung (7)[das ist die Renditegleichung desCAPM] als Implikation gewonnenwird, hat viele restriktive Prämissen.Zu ihnen zählen ein Einperioden-kalkül, fehlende Transaktionskosten

Beiträge

1262 Die Wirtschaftsprüfung 23 | 2012 Analyse | Ernst/Gleißner | Damodarans Länderrisikoprämie

�(�B) Erwartungswert des Cash-Flows �B

�(�B) Risikomaß des Cash-Flows (z.B. Standardabweichung)

r f Risikoloser Zinssatz

�(�B) Wert von (�B)

CD�EF

G�HEI

J�EFG)mit �F= : Marktrendite („Risikopreis“)

d Risikodiversifikationsfaktor („Korrelation“), d.h. Anteil der vom (typisierten)

Bewertungssubjekt zu tragenden Risiken des Bewertungsobjekts (�B)

����) =�(��1) � / � �(��1) � '

K �

��LMNO ���

�(��1)

����1)� K �

1 + �

K � /����1)

����1)� '

� K� (22)

55 Vgl. Fama/French, Journal of Financial Econo-mics 1993, S. 3–56; Wallmeier, FB 2005,S. 744–750; Hagemeister/Kempf, DBW 2010,S. 145–164.

56 Vgl. Pereiro, a. a.O. (Fn. 26), S. 110.57 Siehe Gleißner/Wolfrum, FB 2008, S. 602 ff.;

Gleißner, FB 2005, S. 217 ff.; Gleißner, WiSt2011, S. 345 ff.; Gleißner/Kniest, BewP 2011,S. 24 f. Zu den Grundlagen (vor allem der Her-leitung der Gleichungen mittels „Replikation“)sowie zur Anwendung vgl. Ernst/Gleißner, „Si-mulationsbasierte Bewertung und Länderrisi-koprämie“ (erscheint in Kürze).

58 Durch sog. „Risikofaktormodelle“ kann auchmodelliert werden, inwieweit länderbezogeneRisiken aus Perspektive eines globalen Markt-portfolios als systematisch zu betrachten sind(also die Höhe von „d“).

59 Es kann gezeigt werden, dass unter den speziel-len Annahmen des CAPM eine simulationsba-sierte Bewertung zum gleichen Wert führt wiedas CAPM; vgl. Gleißner/Wolfrum, FB 2008,S. 602 ff.

60 Siehe zur Abgrenzung zwischen Unterneh-mens- und Aktienbewertung Gleißner/Kniest,BewP 2011, S. 28 f.

61 In Anlehnung an Hofbauer, Kapitalkosten beider Unternehmensbewertung in den EmergingMarkets Europas, Wiesbaden 2011, S. 126.

62 Kaplan, Valuation, Vortrag an der CreditSuisse First Boston International Banker’sSchool, August 1997, zitiert nach Hofbauer,a. a.O. (Fn. 61), S. 71.

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(inklusive Steuern), identische Er-wartungen der Marktteilnehmerüber die Renditen aus festverzins-lichem Wertpapier und riskantenAktien sowie Entscheidungen nachdem (μ, σ)-Kriterium. Keine dieser

Annahmen ist für sich betrachtetrealistisch.“63

Kruschwitz, der mit Löffler und Mandldas CAPM über Bewertungsansätzemit Länderrisikoprämie stellt, schreibtzum CAPM:

„Vor dem Hintergrund der zahlrei-chen und durchaus widersprüchli-

Beiträge

Analyse | Ernst/Gleißner | Damodarans Länderrisikoprämie Die Wirtschaftsprüfung 23 | 2012 1263

Modell Vorteile Nachteile

CAPM-basierte Modelle

Globales CAPMEinfache Anwendung

Verlässliche Daten verfügbar

Geringe Integration der Emerging Markets

Lokales CAPM

Verständlicher Ansatz Verlässliche Daten nicht verfügbar

Emerging Markets sind meist nicht vollständigsegmentiert

Adjustiertes lokales CAPM

Verständlicher Ansatz

Keine Doppelzählung von Länderrisiken

Verlässliche Daten nicht verfügbar

Emerging Markets sind meist nicht vollständigsegmentiert

Hybrides CAPM

Differenzierte Betrachtung der einzelnenRisikoarten

Berechnung eines projektspezifischen Betas

Verlässliche globale Daten verfügbar

Verlässliche lokale Daten nicht verfügbar

Adjustiertes hybrides CAPM

Differenzierte Betrachtung der einzelnenRisikoarten

Berechnung eines projektspezifischen BetasVerlässliche globale Daten verfügbar

Keine Doppelzählung von Länderrisiken

Verlässliche lokale Daten nicht verfügbar

Lessard-Modell

Differenzierte Betrachtung der einzelnenRisikoarten

Berechnung eines projektspezifischen Betas

Verlässliche globale Daten verfügbar

Verlässliche lokale Daten nicht verfügbar

Als Vergleichsmarkt USA

Godfrey-Espinosa-Modell

Differenzierte Betrachtung der einzelnenRisikoarten

Verlässliche globale Daten verfügbar

Länderrisiko nicht für alle Investments identisch

Improvisierte Multiplikation mit 0,6

Verlässliche lokale Daten nicht verfügbar

Goldman-Sachs-Modell

Berechnung unternehmensspezifischerKapitalkosten

Verlässliche globale Daten verfügbar

Berechnung der unternehmensspezifischenRisikoprämie

Verlässliche lokale Daten nicht verfügbar

Damodaran

Berechnung unternehmensspezifischerKapitalkosten

Verlässliche globale Daten verfügbar

Berechnung von λ nur durch grobe Schätzungmöglich

Verlässliche lokale Daten nicht verfügbar

Salomon-Smith-Barney-Modell

Berechnung unternehmensspezifischerKapitalkosten

Verlässliche globale Daten verfügbar

Berechnung von γ1, γ2, γ3 beruht auf subjektiverEinschätzung

Verlässliche lokale Daten nicht verfügbar

Nicht-CAPM-basierte Modelle

Estrada-ModellNur Erfassung der negativen Abweichung voneiner prognostizierten Größe (entspricht derAlltagsdefinition von Risiko)

Downside-Risikomaß noch eher unbekannt

Mangel an theoretischer Fundierung

Erb-Harvey-Viskanta Modell (EHVM)

Einfache Anwendung

Verlässliche Daten verfügbar

Anwendung auch ohne Aktienmarkt bzw.verlässliche Marktinformationen möglich

Länderrisiko nicht für alle Investments identisch

Mangel an theoretischer Fundierung

Arbitrage Pricing Theory (APT)Zum Teil höhere Erklärungskraft als CAPM Faktorauswahl schwierig

Verlässliche Daten nicht verfügbar

Simulationsbasierte Bewertung

Integration von Länderrisiken im Kontext vonPlanung und anderen Risiken des Unternehmens

Konsistenz zu CAPM als Spezialfall möglich

Simulationsmodell (Monte-Carlo-Simulation)aufzubauen

Übersicht 1: Vor- und Nachteile der (nicht-)CAPM-basierten Modelle

63 Ballwieser, WPg 2008, S. 105.

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chen Tests muss wohl die Schluss-folgerung gezogen werden, dass dasCAPM heute nur noch geringe em-pirische Unterstützung findet.“64

Werden die unrealistischen CAPM-Prämissen vollkommener Märkte an-gepasst, um die Wirklichkeit adäquaterabzubilden, geht die Geschlossenheit -man könnte auch von Abgeschlossen-heit sprechen – des CAPM verloren.Die vorgestellten CAPM-basierten undnicht-CAPM-basierten Modelle sindVersuche, empirisch beobachtbarePhänomene wie die Existenz von Län-derrisiken zu modellieren, um Antwor-ten auf eine Vielzahl von Problemender internationalen Unternehmensbe-wertung zu finden.

Die Praxis der internationalen Un-ternehmensbewertung zeigt, dass mansich gegenwärtig zum großen Teil mitModellen zufrieden geben muss, diesich stark an das CAPM anlehnen. DieBedeutung der internationalen Unter-nehmensbewertung in einer globalenWelt erfordert jedoch Modelle, die sichaußerhalb der Modellwelt des CAPMbewegen können. Der simulationsba-sierte Bewertungsansatz ist eine Mög-lichkeit, die dem Anspruch gerechtwerden kann, Länderrisiken abzubil-den, ohne in der Modellwelt vollkom-mener und vollständiger Märkte ver-haftet zu sein, welche Länderrisikennicht vorsieht. Hier besteht noch einerheblicher Forschungsbedarf.

Estrada fasst den gegenwärtigenStand im Bereich der internationalenUnternehmensbewertung mit den fol-genden Worten zusammen:

„Evaluating investment opportuni-ties in emerging markets is a mix ofart and science […] Although muchhas been published about discountrates in emerging markets, there isprobably a long way to go until aconvergence of opinions finally ari-ses.”65

4. Fazit

Kruschwitz/Löffler/Mandl haben ge-zeigt, dass die Länderrisikoprämie imCAPM keinen Platz hat. Damodaranist damit vorzuwerfen, dass er in unan-gemessener Weise versucht hat, das

CAPM durch eine Modifikation zu ret-ten, die zu Inkonsistenzen führt. Wäh-rend für Formalwissenschaftler dasProblem „Länderrisikoprämie“ damiteliminiert ist, fängt für Bewertungs-praktiker und Realwissenschaftler da-mit die Herausforderung überhaupterst an. Sollten erwartete Renditenbzw. Preise von Unternehmen aus denEmerging Markets durch das traditio-nelle CAPM falsch eingeschätzt wer-den, besteht Bedarf für ein besseres Be-wertungsmodell – wenn man dem Be-wertungsmodell die Aufgabe derErklärung der beobachtbaren Preisezuweist (Preisschätzmodell). Krusch-witz/Löffler/Mandl haben (einmalmehr) bewiesen, dass das CAPM auf-grund seiner restriktiven Annahmenoffenbar kein adäquater Modellrahmenist, um empirisch beobachtete Phäno-mene adäquat abbilden zu können. Da-mit bestehen zwei Möglichkeiten:a. Man kann empirisch zeigen, dass –

entgegen dem bisherigen Schrifttumund den Einschätzungen von In-vestmentbanken und Wirtschafts-prüfungsgesellschaften – das CAPMauch bei der Bewertung von Unter-nehmen der Emerging Markets beider Preiserklärung „funktioniert“,oder

b. man braucht einen realitätsnäherenBewertungsansatz. Die Betrachtungder Länderrisikoprämie (wie andereempirische Phänomene oder Ano-malien) legt nahe, dass ein derartigweiterentwickelter Bewertungsan-satz auch die Bewertungsrelevanz –

zumindest eines Teils – der nicht di-versifizierten (unternehmensspezifi-schen) Risiken ins Kalkül ziehenmuss. Unternehmen in den „Emer-ging Markets/High Growth Mar-kets“ weisen ein höheres Gesamtri-siko auf und rechtfertigen damit hö-here Kapitalkosten, wenn nichtallein systematische Risiken bewer-tungsrelevant sind.66

Sollte, wofür es gute empirische Indi-zien gibt, das Phänomen der „Länder-risikoprämie“ empirisch bestätigt wer-den, muss man die Warnung vonKruschwitz/Löffler/Mandl vor Damo-darans Konzept der Länderrisikoprä-mie möglicherweise etwas anders for-mulieren: Wenn Länderrisikoprämienexistieren, kann daher nur mit größterBesorgnis zur Kenntnis genommenwerden, wenn diese in der Bewertungs-praxis ignoriert würden.

Einem pragmatischen Bewertungs-praktiker kann man – in Anlehnungan Friedmans instrumentalistischeWissenschaftsposition – empfehlen,Damodarans Gleichung mit der Län-derrisikoprämie zu nutzen, solange da-mit bessere (plausiblere) Bewertungser-gebnisse hergeleitet werden können alsmit dem traditionellen CAPM – aberdiese Bewertung sollte nicht alsCAPM-Variante dargestellt werden.Und selbstverständlich ist zu hoffen,dass durch künftige wissenschaftlicheAnstrengungen auf Sicht ein Bewer-tungsverfahren vorliegt, welches theo-retisch befriedigend und empirisch be-währt ist.

Als Fazit ist zu empfehlen, dass dieBewertungstheorie sich wieder stärkerals Realwissenschaft begreift. Wie auchin anderen wissenschaftlichen Diszipli-nen ist es erforderlich, empirisch fest-stellbare Phänomene in den Mittel-punkt der Arbeit zu setzen. Es ist wenigbefriedigend, dass das CAPM weiter-hin als „das Bewertungsmodell“ gilt,wenn jede der zugrunde liegenden An-nahmen empirisch leicht falsifiziertwerden kann. In einer Realwissenschaftsollte man sich mit einer realitätsnähe-ren Modellierung der Annahmen be-fassen und weniger Energie darauf ver-wenden, noch filigranere Ableitungenzu generieren. Die Diskussion um dieLänderrisikoprämie mag ein Anstoßsein, realwissenschaftlichen Anforde-rungen im Bereich der (deskriptiven)Bewertungs- und Kapitalmarkttheoriewieder zu einem höheren Stellenwertzu verhelfen.

Beiträge

1264 Die Wirtschaftsprüfung 23 | 2012 Analyse | Ernst/Gleißner | Damodarans Länderrisikoprämie

64 Kruschwitz/Husmann, Finanzierung und In-vestition, 7. Aufl., München 2012, S. 250.

65 Estrada, JoACF 2007, S. 77.

66 So könnte die Länderrisikoprämie letztlich zu-rückzuführen sein auf die nicht explizit erfassteRelevanz (eines Teils) der unternehmensspezi-fischen Risiken oder auf die nicht adäquate Be-rücksichtigung von Unterschieden beim Rating(vgl. Gleißner, WPg 2010, S. 735 ff., und Knabe,Die Berücksichtigung von Insolvenzrisiken inder Unternehmensbewertung, Lohmar/Köln2012).