Verkehrswesen anno dazumal

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Feldkirch aktuell /2.2006 A U S A L T E N Z E I T E N ...................................................... Verkehrswesen anno dazumal TEIL 1 - VON STADTARCHIVAR MAG. CHRISTOPH VOLAUCNIK Die Verkehrsproblematik ist in Feld- kirch ein aktuelles tagespolitisches Thema. Blickt man in Stadtchroni- ken, historische Akten und alte Zei- tungen sieht man, dass die Geschich- te der Stadt auf das engste mit dem Verkehr verbunden ist. Die Grafen von Montfort haben im Hochmittelalter sicherlich bewusst hier, an diesem Schnittpunkt der Straßenverbindungen vom Bodensee nach Süden und aus Tirol in die Schweiz, die Stadt Feldkirch gegrün- det. Vom Verkehr lebten zahlreiche Hand- werker, vom Hufschmied bis zum Sattler, aber auch die Stadt Feldkirch hatte be- achtliche Einnahmen wie das Pflaster- und das Lagergeld aus den Lagerhäu- sern. Aus der facettenreichen, fast noch unerforschten Verkehrsgeschichte unse- rer Stadt sollen einige Aspekte kurz an- gerissen werden. Straßenstation Clunia Eines der wichtigsten Mittel zur Ver- waltung und Verteidigung des riesigen römischen Reiches waren die Straßen- bauten. Das ganze Reich war mit einem dichten Straßennetz verbunden, wobei diese Fernstraßen vor allem militärischen Zwecken, als Aufmarschlinien und Nach- schubwege für das Heer dienten. Die Rö- mer kannten bereits Straßenkarten, von denen eine in Form einer mittelalterli- chen Abschrift, der Tabula Peutingeria- na, in der Österreichischen Nationalbi- bliothek liegt. Auf dieser nur 35 cm ho- hen, aber sieben Meter langen Karte ist auch die römische Straßenstation Clunia eingetragen, die von Archäologen auf Altenstädter Gebiet lokalisiert wurde. Bei einem solchen römischen Rasthaus be- fanden sich Ställe um die Pferde zu wechseln, war eine Station der kaiserli- chen Post, ein Straßenposten und ein Bad untergebracht. Leider konnten bei den Ausgrabungen im vergangenen Jahr die vermuteten Straßenreste nicht gefun- den werden. In ganz Vorarlberg sind bis jetzt noch keine römischen Straßen ge- funden werden, lediglich bei Hard, in unmittelbarer Nähe der Rheinbrücke wurde ein römischer Meilenstein gefun- den. Der Mensch als Transportmittel Heute nicht mehr vorstellbar ist der Mensch als Transportmittel. Menschen trugen auf ihrem Rücken, in einem Holz- gestell, im Dialekt als Reff (Räff) bezeich- net, Waren über weite Distanzen. Sie nahmen am Transitverkehr teil, versorg- ten aber auch entlegene Gebirgstäler mit Nahrungs- und Konsumgütern. In Vorarl- berg waren hauptsächlich Hohenemser Juden als Hausierer tätig. Menschen wa- ren auch als Überbringer von Briefen und Paketen, als hauptberufliche Boten tätig. Die Stadt Feldkirch hatte einen ei- genen Boten in ihren Diensten, der ne- ben seinem Lohn eine Dienstkleidung und Schuhe erhielt. So erhielt beispiels- weise 1687 der Bote Johann Teutsch- mann „auf sein Wohlverhalten hin“ ei- nen Rock und ein Paar Schuhe, als Dienstausweis hatte er ein silbernes Bo- tenzeichen. Der Feldkircher Bote kam einmal im Jahr nach Wien, wobei er neben Briefen manchmal auch besondere Waren quer durch Österreich schleppte, wie ein Inse- rat in der Wiener Zeitung 1725 beweist: „Es Wird Jedermänniglich zu wissen ge- macht, dass der sonsten alle Jahr anhero kommende Feldkircher Bott nächst der Schweiz wiederum anhero kommen und hat mit sich einen sehr köstlichen und ge- rechten Kirschengeist mitgebracht, wer solchen verlanget zu erkauffen kann sich in dem Wirtshaus zur Hl. Dreyfaltigkeit melden.“ 1730 findet sich in dieser älte- sten österreichischen Zeitung neuerlich ein Inserat des Feldkircher Boten, nun wird sein Name auch genannt, Johann Graß. Wiederum hat er eine Vorarlber- ger Spezialität dabei: „eine Menges köstlichen schwarzen Kirschengeist.“ Seite 50 Die Heilig Kreuz Brücke auf einem Stich aus dem 18. Jh.

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Feldkirch aktuell /2.2006 A U S A L T E N Z E I T E N . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

Verkehrswesen anno dazumalTEIL 1 - VON STADTARCHIVAR MAG. CHRISTOPH VOLAUCNIK

Die Verkehrsproblematik ist in Feld-kirch ein aktuelles tagespolitischesThema. Blickt man in Stadtchroni-ken, historische Akten und alte Zei-tungen sieht man, dass die Geschich-te der Stadt auf das engste mit demVerkehr verbunden ist.Die Grafen von Montfort haben imHochmittelalter sicherlich bewussthier, an diesem Schnittpunkt derStraßenverbindungen vom Bodenseenach Süden und aus Tirol in dieSchweiz, die Stadt Feldkirch gegrün-det.

Vom Verkehr lebten zahlreiche Hand-werker, vom Hufschmied bis zum Sattler,aber auch die Stadt Feldkirch hatte be-achtliche Einnahmen wie das Pflaster-und das Lagergeld aus den Lagerhäu-sern. Aus der facettenreichen, fast nochunerforschten Verkehrsgeschichte unse-rer Stadt sollen einige Aspekte kurz an-gerissen werden.

Straßenstation CluniaEines der wichtigsten Mittel zur Ver-

waltung und Verteidigung des riesigenrömischen Reiches waren die Straßen-bauten. Das ganze Reich war mit einemdichten Straßennetz verbunden, wobeidiese Fernstraßen vor allem militärischenZwecken, als Aufmarschlinien und Nach-schubwege für das Heer dienten. Die Rö-mer kannten bereits Straßenkarten, vondenen eine in Form einer mittelalterli-chen Abschrift, der Tabula Peutingeria-na, in der Österreichischen Nationalbi-bliothek liegt. Auf dieser nur 35 cm ho-hen, aber sieben Meter langen Karte istauch die römische Straßenstation Cluniaeingetragen, die von Archäologen aufAltenstädter Gebiet lokalisiert wurde. Bei

einem solchen römischen Rasthaus be-fanden sich Ställe um die Pferde zuwechseln, war eine Station der kaiserli-chen Post, ein Straßenposten und einBad untergebracht. Leider konnten beiden Ausgrabungen im vergangenen Jahrdie vermuteten Straßenreste nicht gefun-den werden. In ganz Vorarlberg sind bisjetzt noch keine römischen Straßen ge-funden werden, lediglich bei Hard, inunmittelbarer Nähe der Rheinbrückewurde ein römischer Meilenstein gefun-den.

Der Mensch als Transportmittel

Heute nicht mehr vorstellbar ist derMensch als Transportmittel. Menschentrugen auf ihrem Rücken, in einem Holz-gestell, im Dialekt als Reff (Räff) bezeich-net, Waren über weite Distanzen. Sienahmen am Transitverkehr teil, versorg-ten aber auch entlegene Gebirgstäler mitNahrungs- und Konsumgütern. In Vorarl-berg waren hauptsächlich HohenemserJuden als Hausierer tätig. Menschen wa-ren auch als Überbringer von Briefen

und Paketen, als hauptberufliche Botentätig. Die Stadt Feldkirch hatte einen ei-genen Boten in ihren Diensten, der ne-ben seinem Lohn eine Dienstkleidungund Schuhe erhielt. So erhielt beispiels-weise 1687 der Bote Johann Teutsch-mann „auf sein Wohlverhalten hin“ ei-nen Rock und ein Paar Schuhe, alsDienstausweis hatte er ein silbernes Bo-tenzeichen.

Der Feldkircher Bote kam einmal imJahr nach Wien, wobei er neben Briefenmanchmal auch besondere Waren querdurch Österreich schleppte, wie ein Inse-rat in der Wiener Zeitung 1725 beweist:„Es Wird Jedermänniglich zu wissen ge-macht, dass der sonsten alle Jahr anherokommende Feldkircher Bott nächst derSchweiz wiederum anhero kommen undhat mit sich einen sehr köstlichen und ge-rechten Kirschengeist mitgebracht, wersolchen verlanget zu erkauffen kann sichin dem Wirtshaus zur Hl. Dreyfaltigkeitmelden.“ 1730 findet sich in dieser älte-sten österreichischen Zeitung neuerlichein Inserat des Feldkircher Boten, nunwird sein Name auch genannt, JohannGraß. Wiederum hat er eine Vorarlber-ger Spezialität dabei: „eine Mengesköstlichen schwarzen Kirschengeist.“

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Die Heilig Kreuz Brücke auf einem Stich aus dem 18. Jh.

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SchifffahrtEs ist heute kaum mehr vorstellbar,

dass der Rhein einst schiffbar war, alsVerkehrsweg diente. Der Fluss war da-mals noch kein Kanal mit hoher Fließge-schwindigkeit, sondern hatte einen natür-lichen Lauf, floss ruhig, gemächlich, invielen Schleifen dahin. Er konnte dahermit Schiffen mit geringem Tiefgang undFlössen von Chur bis Rheineck bzw.Fußach befahren werden. Auch dieStadt Feldkirch nutzte den Rhein als Ver-kehrsweg, ja hatte in Altach-Bauren eine1469 erstmals urkundlich genannte An-legestelle und ein Gasthaus.

Die Feldkircher nutzten den Bodenseeund den Rhein als Verkehrsweg für dieGetreidetransporte aus Süddeutschland.Sie verluden das Getreide in Überlingenauf Schiffe und fuhren damit bis Altach-Bauren, von dort karrten Fuhrwerke dieGetreidesäcke bis zum Feldkircher Korn-haus. Mit Schiffen transportierten Feld-kircher Baumeister den für den Bau desKapuzinerklosters benötigten Rorscha-cher Sandstein. Diese Schiffe steuertenSchiffsleute aus Höchst und Lustenau. Dieim Stadtarchiv verwahrten Dienstverträ-ge dieser Rheinschiffer mit der StadtFeldkirch harren auf eine tiefschürfendeAuswertung.

Der Rhein war natürlich auch ein Ver-kehrshindernis, das es zu bewältigengab. Bei Niedrigwasser war ein Durch-waten bei Furten möglich, bequemerwar natürlich die Benützung von Fährenwie beispielsweise jene zwischen Bangsund Lienz-Oberbüchel, die von 1392 biszum Brückenbau im Jahre 1909 von derFamilie Büchel betrieben wurde. Bei denzahlreichen Fähren am Rhein gab eszwei Schiffstypen, einen kleineren,Weidling genannt, für den Transport von10 Personen sowie einen größerenBootstyp, der Platz für einen Wagenund/oder Tiere bot.

Von „Pontilles“ zur Felsenau: Brücken in Feldkirch

Eine viel bequemere Art einen Flusszu überqueren war die Benützung vonBrücken. Die älteste Brücke in der Regi-on Feldkirch und der wichtigste Über-gang über die Ill bestand bei Heilig-kreuz. Diese Brücke gab der benachbar-ten Ortschaft Heiligkreuz den ursprüngli-chen Namen „PONTILLES “(= Illbrücke).Sie wird bereits im Rätischen Urbar desJahrs 842 genannt. Der ganze Verkehraus der Stadt in Richtung Liechtensteinund über die Letze in den Walgau muss-te über diese Brücke. Auf den zahlrei-chen Stadtansichten des 18. Jahrhun-

derts ist diese Brücke mit einem gemau-erten Bogen und einem hölzernenSchutzdach dargestellt. 1891 wurden ir-reparable Schäden am Gewölbe festge-stellt und 1894 mit dem Neubau derheute noch bestehenden Brücke begon-nen.

Die in den Jahren 1536 bis 1539 er-baute Felsenaubrücke erschloss die bisdahin unzugängliche Schlucht in der Fel-senau für den Verkehr. Damit konntensich die Fuhrleute und Reisenden denzeitraubenden und mühsamen Umwegüber die Letze ersparen. Aus den nocherhaltenen Werkverträgen mit den Hand-werkern kann entnommen werden, dassder Davoser Martin Bitschin die Spreng-arbeiten in der Schlucht und die Maurer-arbeiten an der Brücke durchführte. EineVorgabe war, dass die Kurve, der„Rank“, zur Brücke hin so ausgelegt war,dass man mit einem von sechs Pferdengezogenen Fuhrwerk „ungefarlich ren-ken und varen mug.“

Mit den Zimmermannsarbeiten be-traute die Stadt den aus Schwarzenbergstammenden Valentin Schmied. DieSpannbreite zwischen den Widerlagernwar ca. 39 Meter und die Nutzbreite in-nen ca. 2,45 Meter. Trotz dieser beacht-lichen Ausmaße genügte die BrückeEnde des 18. Jahrhunderts nicht mehrden Verkehrsanforderungen, konkret dieHöhe des Daches wurde kritisiert, da

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Die Rheinfähre in Bangs um 1900 (auf der Fahre auch ein Zöllner)

Die Brücke in der Felsenau Ende des 18. Jh.

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größere Fuhrwerke gegen die das Dachtragenden Kreuzhölzer stießen.1788/89 wurde ein neue Brücke erstellt,die aber keinen langen Bestand hatte.Am 14. Juli 1800 setzten auf dem Rück-zug vor dem anrückenden französischenFeind befindliche österreichische Solda-ten die Brücke in Brand. Die Franzosenließen dann innerhalb kürzester Zeit dieBrücke wieder aufbauen. 145 Jahre spä-ter erlitt diese Brücke, mittlerweile aus Ei-sen gebaut, das selbe Schicksal. Die aufdem Rückzug befindliche Wehrmachtbzw. die Waffe-SS sprengte am3.5.1945 die Felsenaubrücke wenigeMinuten nach dem Einmarsch der fran-zösischen Befreier in Feldkirch. Marok-kanische Pioniertruppen erbauten da-nach eine als Provisorium gedachte Er-satzbrücke, die dann aber bis 1980ihren Dienst tat. An diese Pioniertruppeerinnert bis heute noch der in den Felseneingravierte Stern, der leider von kletter-freudigen Malern mit roter Farbe ver-schandelt wurde. Dieser Stern ist Be-standteil der marokkanischen Flaggeund müsste eigentlich grün sein.

Nach der Eingemeindung des Wei-lers Heiligkreuz zu Feldkirch 1891 botsich die Gelegenheit im damals noch un-verbauten Reichenfeld Verwaltungs- undWohngebäude zu errichten und eineNeutrassierung der Staatsstraße durch-zuführen. 1903 wurde als Verbindung indas neue Stadtviertel die Kaiser Franz Jo-sephs-Brücke gebaut, die 1973/75durch die jetzige Montfortbrücke ersetztwurde. Heute erinnert nur noch eine aufeinem Steinsockel stehende originaleStraßenlampe an die alte Brücke.

Säumer und RodfuhrÜber Jahrhunderte hinweg war we-

gen der schlechten Straßen in den mei-sten ländlichen Regionen Vorarlbergs,auch im Klostertal und über den Arlberg,ein Warenverkehr nur mittels Saumpfer-den möglich. Auf speziellen Sätteln wur-den die Güter festgeschnallt, mit Leder-schürzen vor Regen geschützt. Flüssig-keiten wurden in kleinen Holzfässchen,Lägelen, abgefüllt und auf dem Rückender Pferde transportiert. Besonders vomMontafon aus gingen ganze Säumerko-lonnen bis ins Veltlin, von wo aus sie gu-ten Rotwein zurückbrachten. Diese Tradi-tion möchte das Montafoner Heimamt-museum gemeinsam mit den Graubünd-ner Kollegen wieder aufleben lassen.

Für Feldkirch war jedoch das Rod-fuhrsystem wichtiger. Während heute einTransporteur vom Nordkap bis Sizilien

seinen LKW (fast) ungehindert fahren las-sen kann, waren früher die Transport-strecken so eingeteilt, dass ein Fuhrwerkin einem Tag Waren transportierte.Abends erreichte er eine Abladestation,„Zuschg, Sust“, genannt. Dort lud er dieGüter ab, stellte sie unter und am näch-sten Tag konnte ein anderer Fuhrwerkerdie nächste Wegstrecke, von Feldkirchaus gesehen Maienfeld anfahren. DieBauern aus Altenstadt, Tosters und Tisishatten mit diesem Rodfuhrsystem natür-lich ein gutes Nebeneinkommen. Aberauch Feldkircher Bürger, die über einFuhrwerk verfügten, konnten als Fuhrleu-te tätig sein. Der Begriff „Rod“ bedeutetetwas der Reihe nach machen, be-schreibt den Charakter dieses Verkehrs-systems deutlich. Jeder Bauer, jeder Fuhr-werker, bekam die Gelegenheit eineFahrt durchzuführen. Solche „Susten, Zu-schgen“, der rätoromanische Begriff be-deutet Stall, Lager, sind in Feldkirch1400 erstmals genannt und gab esauch in Altenstadt bis 1662.

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Säumer mit Saumpferd am Schlossgraben in der ersten Hälfte des 19. Jh.; Neben dem Dom

das Bregenzertor

Der Salzstadel um 1905, kurz vor dem Abbruch.

Der Markt mit zahlreichen Leiterwagen am Leonhardsplatz um 1900; im Hintergrund die Stella Matutina sowie die Brückenwaage

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Beim Churertor befand sich zur Einla-gerung von Tiroler Salz ein Lagerhaus,der Salzstadel. Dieses mittels Saumpfer-den nach Feldkirch gelieferte Salz wurdevon hier aus in die Schweiz weiter gelie-fert. Im Bereich der heutigen Marok-kanergasse befand sich ein Lagerhaus,im Volksmund als Dogana bezeichnet, inder Waren über Nacht gelagert wur-den.

Dieses System des Warentransporteswar natürlich sehr zeitraubend und teu-er, da man den Fuhrmann immer wiederzu bezahlen hatte.

Für gewisse, bedeutende Waren gabes aber Ausnahmen von diesem System.Sie durften von bestimmten „Stracksfuhr-leuten“ ohne Wechsel durchgängigtransportiert werden. Aus dem Kreis die-ser privilegierten „Stracksfuhrleute“ ent-wickelten sich Ende des 18. Jahrhun-derts die Spediteure, wie beispielsweisedie Gebrüder Weiss in Fußach. Das al-tertümliche Wort „Stracks“ hat sich bisheute nur im Begriff „schnurstracks“ er-halten.

Welche Güter wurden damals durchFeldkirch, einer Station auf der wichtigenFernhandelsroute von Deutschland nachItalien, transportiert? Aus Deutschland,aus Schwaben kamen Leintuch, Leder, Ei-senwaren und vor allem Kupferwaren.Diese Kupferprodukte werden übrigens

bereits im Stadtrecht von 1399 genannt.Aus Italien kamen Luxusartikel, Sei-dentücher, Gewürze und als DelikatesseReis aus der Lombardei. Ein wichtigesExportgut waren auch Pferde, die nachItalien getrieben wurden. Auch ein Feld-kircher ist als Pferdehändler nachweis-bar. 1479 fühlte sich der FeldkircherHans Erhart in Italien bei einer Zollstati-on schlecht behandelt und legte seine Be-schwerdeschrift in Urkundenform vor.

Ochs, Ross und Leiterwagen

Das wichtigste Fahrzeug der Landbe-völkerung war der Leiterwagen, der sei-nen Namen von den aus schräg gestell-ten Leitergerüsten bestehenden Seiten-wänden hatte. Es war dies ein Univer-salfahrzeug, das für alle landwirtschaftli-che Arbeiten und Transporte aller Arteingesetzt wurde. Ein Problem waren dieschmalen Felgen der Holzräder, die beischwerer Last sich in das nur aus Schot-terlagen bestehende Straßenbett eingru-ben und dies zerstörten. Mit diesen Lei-terwagen kamen die Bauern auf dieFeldkircher Märkte, stellten die Wagenam Straßenrand ab und brachten dieZugtiere in Ställen unter. Auf zahlreichenFotos aus der Jahrhundertwende sinddiese geparkten Leiterwagen zu sehen.Eine Schwierigkeit war die schlechteLenkbarkeit dieser Fuhrwerke. Die Feld-kircher Hausbesitzer schützten ihre Haus-ecken, die Hausbögen durch die Aufstel-lung von Pöllern, großen abgerundetenSteinen, vor möglichen Beschädigungendurch Fuhrwerke. Heute noch sind in derMarktgasse solche Pöller zu sehen.

Als Zugtiere verwendete man in un-serer Region hauptsächlich Rindvieh,Ochsen wie auch Kühe und Pferde. Aufzahlreichen Fotos, wie beispielsweise imjüngst erschienen Gisinger Fotoband,sind hauptsächlich Ochsen als Zugtierevor den Fuhrwerken zu sehen. Man

Ein Ochse mit Zuggeschirr auf der Baustelle des E-Werks (Leonhardsplatz) um 1905

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Wie sich das Radfahren in Feldkirchentwickelt hat, wie die Bahn und dasAuto Einzug hielt, darüber erfahren Siemehr in der Juni Ausgabe von Feldkirchaktuell.

Der Markt in der Neustadt; links vorne im Bild das

Fuhrwerk des Rankweiler Boten

kannte früher die Vorteile und Unter-schiede der Tiere recht genau. Rinderwaren wesentlich billiger als Pferde, beider Anschaffung wie beim Unterhalt.Kühe galten als trittsicher, Ochsen alsgenügsam, aber langsam. Ihre Zugkraftwar geringer als die der Pferde, zweiPferde galten im Gespann als gleichstarkwie vier Ochsen. Beim Rindvieh als Wie-derkäuer musste natürlich auch eine ge-wisse Pause nach dem Fressen einge-plant werden. Rinder hatten gerade beiden Bauernhöfen entscheidende Vortei-le. Sie gaben einen besseren Mist, undkonnten schließlich noch für den Metz-ger gemästet werden, wenn sie als Zug-tiere unbrauchbar wurden. Für das Rind-vieh gab es auch ein eigenes Zugge-schirr. Das Pferd hatte auf sogenanntenKunststraßen, die einen guten Aufbauhatten, Vorteile.

Den älteren Lesern sind sicherlichnoch die kleinen, handgezogenen Leiter-wägelchen in Erinnerung, mit denenman, unter großem Gepolter, kleinereWarenmengen nach Hause zog. Heutezieren die letzten Exemplare diesesTransportmittels des kleinen Mannes somanchen Ziergarten.