Vernetztes Leben - Wirtschaft und Forschung in der Region Berlin
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Studie 2010
Vernetztes LebenWirtschaft und Forschung in der Region Berlin
e-Wohnen Mobile Services e-Work
TSB Innovationsagentur Berlin GmbH
Fasanenstraße 85
10623 Berlin
Telefon: +49 (0)30 46302 500
E-Mail: [email protected]
www.tsb-berlin.de
Studie 2010
Vernetztes LebenWirtschaft und Forschung in der Region Berlin
Autoren:
Dr. Peter Apel
Udo Panoscha
TSB Innovationsagentur Berlin GmbH
Dr. Martin Fornefeld
Alexander Sobiech
MICUS Management Consulting GmbH
Markus Wabersky
Arild Eichbaum
Wabersky Projektberatung
Dieses Vorhaben/Projekt der TSB Innovationsagentur Berlin GmbH wird aus Mitteln der In-
vestitionsbank Berlin gefördert, kofinanziert von der Europäischen Union - Europäischer
Fonds für Regionale Entwicklung.
Investition in Ihre Zukunft!
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Inhaltsübersicht
1. Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .7
2. Einleitung und Handlungsfeld . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .9
3. Wirtschaft in der Region Berlin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .13
3.1 Unternehmensbefragung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .13
3.2 Fazit und Kernaussagen der Befragung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .21
4. Forschung und Bildung in der Region Berlin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .25
4.1 Themengebiete . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .25
4.2 Arbeitsfelder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .28
4.3 Experteninterviews Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .30
5. Aktivitäten in Deutschland und der Hauptstadtregion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .33
6. Zusammenfassung und Handlungsempfehlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .35
6.1 Arbeitsfelder und Leitthemen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .38
6.2 Wirtschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .39
6.3 Forschung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .41
6.4 Bildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .42
6.5 Standortfaktor Berlin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .43
6.6 Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .45
6.7 Nächste Schritte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .47
7. Impressum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .49
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Kapitel 1
1. Vorwort
Die TSB Innovationsagentur Berlin GmbH wurde von der Senatsverwaltung für Wirtschaft,
Technologie und Frauen mit der Entwicklung und dem Management des Handlungsfeldes
„Vernetztes Leben“ im Kompetenzfeld Informations- und Kommunikationstechnologien/
Medien beauftragt. Zur Bestimmung der Ziele und wirtschaftlichen Potenziale im Bereich
„Vernetztes Leben“ haben die MICUS Management Consulting GmbH und die Wabersky Pro-
jektberatung im Auftrag und enger Kooperation mit der TSB Innovationsagentur Berlin GmbH
eine Analyse der Unternehmens- und Forschungslandschaft in der Region Berlin durchge-
führt. An dieser Stelle möchte ich mich für die gute Zusammenarbeit und die interessan-
ten Ergebnisse bedanken.
Die demografische Entwicklung in der Hauptstadtregion, generationsübergreifende Le-
bensräume, die bessere Vereinbarkeit von Arbeit und Familie sowie einfache und lei-
stungsfähige Informationssysteme für private und berufliche Kontakte erfordern eine
stärkere Vernetzung aller Lebensbereiche.
Mit der vorliegenden Studie werden die Potenziale der in der Region ansässigen innova-
tiven Unternehmen, Forschungseinrichtungen und Verbände im Bereich „Vernetztes Leben“
aufgezeigt und Schlussfolgerungen abgeleitet, wie sich durch den Einsatz von modernen In-
formations- und Kommunikationstechnologien die Lebensqualität der Menschen in ihrem
Wohn- und Arbeitsumfeld nachhaltig verbessern lässt.
Ein Vergleich der Aktivitäten mit anderen Regionen in Deutschland hat ergeben, dass
überdurchschnittlich viele und leistungsfähige Unternehmen und Forschungseinrichtun-
gen im Bereich „Vernetztes Leben“ in Berlin vorhanden sind. Damit sind gute Vorausset-
zungen gegeben, um innovative und wirtschaftlich tragfähige Lösungen zu erarbeiten.
Berlin gilt als junge, dynamische Stadt und bietet als politisches und mediales Zentrum
beste Voraussetzungen, sich als Leitregion zu profilieren. Es wird daher darauf ankommen,
dass an beispielgebenden Projekten, insbesondere beim Neubau und der Sanierung von
Wohnquartieren, die Möglichkeiten und Vorteile der Vernetzung in allen Lebensbereichen
aufzeigt werden. So wird zukünftig sowohl das Angebot als auch die Nachfrage nach Lö-
sungen für eine bessere Vernetzung im Wohn- und Arbeitsumfeld steigen. Hierbei können
die Akteure aus Wirtschaft und Forschung auf die Unterstützung des von der TSB Innovati-
onsagentur Berlin GmbH initiierten Netzwerkes „Vernetzt Leben“ zurückgreifen, um den
Transfer von Know-how zwischen Forschung und Unternehmen sowie die Entwicklung von
Geschäftsmodellen und Kooperationen zu unterstützen.
Ingrid Walther
Referatsleiterin Kommunikation, Medien, Kulturwirtschaft in der Senatsverwaltung
für Wirtschaft, Technologie und Frauen
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Kapitel 2
2. Einleitung und Handlungsfeld
In der Hauptstadtregion haben sich die Informations- und Kommunikationstechnologien in
den letzten Jahren zu einem etablierten Zukunftsfeld entwickelt.
Das „Internet der Dinge und der Dienste“ durchdringt immer stärker das Alltagsleben der
Verbraucher. Die Trennung von Wohnen, Arbeiten und Leben wird immer weiter aufgeho-
ben, die Bereiche verschmelzen miteinander – vor allem in Ballungsräumen. Objekte mit
eigener, dezentraler Intelligenz werden vernetzt, Informationen werden ausgetauscht.
Charakteristisch hierfür ist die zunehmende Ausstattung auch von Alltagsgegenständen mit
immer kostengünstiger verfügbarer „Intelligenz“. Diese Entwicklungen sind eine zentrale
Basis für das Handlungsfeld „Vernetztes Leben“.
Das neue Handlungsfeld formierte sich als Folge auf Ergebnisse des 2. Expertenge-
sprächs zur IT-Standortstrategie der Senatsverwaltung für Wirtschaft, Technologie und
Frauen zum Jahresbeginn 2009 im Kompetenzfeld IKT/Medien. In den Vorträgen und
thematischen Workshops wurde sichtbar, dass die Entwicklung und der Einsatz von Infor-
mations- und Kommunikationstechnologien zur Verbesserung der Arbeits- und Lebensbe-
dingungen eine zunehmende wirtschaftliche und gesellschaftliche Bedeutung erlangt.
Im Handlungsfeld „Vernetztes Leben“ werden Informations- und Kommunikationstechno-
logien thematisiert, die das Ziel haben, den Menschen in seiner alltäglichen Wohn- und Ar-
beitsumgebung zu entlasten.
Eine der ersten Aufgaben des Handlungsfeldmanagements bestand darin, das Feld in
seiner Ausdehnung zu analysieren. Diese Analyse wurde durch die TSB Innovationsagen-
tur Berlin in Auftrag gegeben. Es wurden die relevanten Akteure aus Unternehmen, For-
schung & Lehre, Netzwerken/Verbänden identifiziert. Grundlage für die vorliegende Studie
bildeten die Analysen der MICUS Management GmbH (Analyse der Unternehmen/Verbände)
und der Wabersky Projektberatung (Analyse der Forschungslandschaft) in der Hauptstadt-
region.
Das Berliner Handlungsfeld „Vernetztes Leben“ wird durch die TSB Innovationsagentur
Berlin GmbH inhaltlich geführt und ist eines von mehreren Handlungsfeldern in Berlin
unter Leitung des Kompetenzfeldmanagements IKT/Medien der Senatsverwaltung für Wirt-
schaft, Technologie und Frauen.
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Vernetztes Leben in der Hauptstadtregion
Der wachsende Einsatz von Informations- und Kommunikationstechnik im täglichen mo-
bilen Leben, im Wohnumfeld sowie in der Arbeitswelt stellt Unternehmen und For-
schungseinrichtungen vor neue Herausforderungen und bietet ihnen zugleich neue
Chancen. Der Begriff „Vernetztes Leben“ umfasst dabei diesen zunehmenden Einsatz der In-
formations- und Kommunikationstechnologie in nahezu allen Lebensbereichen zur Ver-
besserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen.
In Deutschland hat sich in der Hauptstadtregion eine Konzentration von Aktivitäten um
das Handlungsfeld „Vernetztes Leben“ herausgebildet. Da „Vernetztes Leben“ jedoch ein re-
lativ breit gefasster Begriff ist und bisher kaum Daten bzw. konkrete Aussagen über die tat-
sächlichen Potenziale, technologische Entwicklungen und zukünftige Trends vorhanden
sind, aber bereits viele Akteure in diesem Bereich aktiv sind, ist es wichtig, dieses Hand-
lungsfeld besser abzugrenzen und mit Daten und Fakten beschreiben zu können. Im
Vorgriff auf die Ergebnisse der Studie wurde das Handlungsfeld seitens der TSB Innovati-
onsagentur Berlin GmbH in die drei Kernbereiche Wohnen, Arbeit und mobile Anwen-
dungen eingeteilt und in die Bewertung einbezogen. Jeder der Kernbereiche bietet eine
Vielzahl an potenziellen Anwendungsmöglichkeiten in unterschiedlichen Themenfeldern.
Themenbeispiele, die zu den jeweiligen Kernbereichen gehören:
• Wohnen/Leben: energieeffizientes Wohnen (z.B. Smart Metering), Sicherheit und Kom-
fortsteigerung durch z.B. Fernzugriff auf die Haustechnik, Entertainment, etc.
• Arbeit: Homeoffice, Telearbeit, (Fern-) Instandhaltung/-Instandsetzung, Nachweisfüh-
rung zu erbrachten Leistungen (z.B. im Pflegedienst), etc.
• Mobile Anwendungen: verbindende Elemente, Anwendungen auf Smartphones, wie Na-
vigation/Location Based Services (LBS), E-Ticketing, ÖPNV-Ticketing, e- Shops etc.
Im Fokus aller Betrachtungen steht aber der räumliche Bereich des Wohnumfeldes, der Le-
bensraum des Menschen, die Wohnung.
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Kapitel 2
Die Bewertung der drei Kernbereiche erfolgte durch Marktrecherchen, Interviews und
Literaturauswertungen. Neben den Marktrecherchen, Interviews und Literaturauswertun-
gen gingen die Antworten von ca. 270 Umfrageteilnehmern der Region ein. Im Ergebnis
zeigt sich, dass diese Kernbereiche eine gute Kategorisierung für die Umfrage darstellen,
da sie zum einen inhaltlich klar voneinander abgegrenzt werden können und zum ande-
ren die Recherchen ergeben haben, dass in diesen Bereichen bereits Best-Practice-
Lösungen und erfolgreiche Anwendungen von Unternehmen der Region vorhanden sind.
Folgende Abbildung stellt die Vielschichtigkeit der Akteure durch die Adressaten der Studie
in dem breiten Handlungsfeld beispielhaft dar.
Adressierte Unternehmen und Institutionen
Abbildung 1
IT Telekommunikation Immobilien Verbände/Vereine HochschulenInitiativen/Netzwerke
Software-Entwicklung Leitungsgebundene Wohnungbau- IT In Berlinund -programmierung gesellschaften
Datenverarbeitung Drahtlose TK Wohnungsbau- Telekommunikation In Brandenburggenossenschaften
Hosting Sonstige TK Wohnungs- Immobilienunternehmen
Hardware-Entwicklung Internetservice MedienProvider
IT Beratung Korrespondenz- und HandwerkNachrichtenbüros
Web-Portale Energie
Sonstige-IT KonsumelektronikDienstleistungen
Gesundheit
Transport undVerkehr
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Die Problematik der Definitionen und Abgrenzung von Themen und Bereichen stellt aber
auch für die „Branche“ ein zentrales Problem dar, da notwendige, kooperative Entwick-
lungen damit ebenso erschwert sind, wie z.B. die Etablierung einer erfolgreichen Öffent-
lichkeitsarbeit für die avisierten Nutzergruppen.
Für eine erste Kategorisierung des breiten Spektrums lässt sich aber an dieser Stelle fest-
halten, dass die Auswahl der drei Bereiche von „Vernetztes Leben“ sowie die Bezeichnung
des Handlungsfeldes sich als richtig und marktverständlich erwiesen haben und die Teil-
nehmer die drei Kernbereiche klar differenzieren konnten. Im weiteren Verlauf wurden für
eine Präzisierung die Begriffe e-Wohnen, e-Work und Mobile Service gewählt.
Auch bei weiteren Recherchen und Gesprächen mit den Experten wurde immer wieder
klar, dass diese Begriffe als erste Kategorisierung dieses breiten Spektrums korrekt wider-
gespiegelt werden. Zum Beispiel hat die Deutsche Telekom AG einen Bereich „Vernetztes
Leben und Arbeiten“ gegründet.
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Kapitel 3
3. Wirtschaft in der Region Berlin
3.1 Unternehmensbefragung
Struktur der Unternehmen
Strukturell stellen sich die Unternehmen im Bereich „Vernetztes Leben“ in der Haupt-
stadtregion wie folgt dar. Das Ergebnis der ersten Befragung ist noch nicht repräsentativ, bil-
det aber einen Trend (Abbildung 2) ab:
• 60% der Unternehmen sind bereits heute schon im Bereich „Vernetztes Leben“ aktiv.
• Weitere 40% geben an, ein hohes Interesse an der Thematik zu haben bzw. sich künf-
tig diesem Handlungsfeld unternehmerisch öffnen zu wollen.
• Das Handlungsfeld „Vernetztes Leben“ wird zu über 58% durch Alleinunternehmer und
Firmen mit bis zu fünf Mitarbeitern geprägt.
• Nur 20% der untersuchten Unternehmen beschäftigen mehr als 15 Mitarbeiter.
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Obwohl das Themenfeld erst kurze Zeit besteht, erzielen bereits mehr als ein Drittel der
befragten Unternehmen mehr als 30% ihres Unternehmensumsatzes im Bereich „Vernetz-
tes Leben“.
„Vernetztes Leben“ ist dabei kein überwiegend regionales Geschäft (Abbildung 4). Die
befragten Unternehmen sind hauptsächlich (58%) deutschlandweit aktiv. Jeweils ein Fünf-
tel der Unternehmen generiert ihr Geschäft in Europa bzw. international. Diese Darstellung
zeigt, dass „Vernetztes Leben“ nicht nur auf einen regionalen Markt beschränkt ist, sondern
auch international Potenzial besteht.
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Kapitel 3
Hauptbetätigungsfelder
Fast 40% betreffen momentan den Bereich Software und Applikationen (in der Grafik:
Software-Entwicklung, Web- und mobile Anwendungen). Dies spiegelt die starke IT-Bran-
che in der Region wider. Die Hauptstadtregion ist nach dem Großraum München der zweit-
größte IT-Standort in Deutschland mit dem Schwerpunkt Software und Anwendungen, wie
der „IT-Report Berlin“ von September 2009 der Senatsverwaltung für Wirtschaft, Techno-
logie und Frauen feststellt.
Etwa 15% der Unternehmen sind in der Entwicklung und Produktion von Hardware tätig.
Hierzu zählen die Felder Hardware-Entwicklung, Telekommunikationsgeräte, medizinische
Geräte und Haushaltsgeräte.
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Zielgruppen
So vielschichtig wie die Hauptgeschäftstätigkeiten, sind auch die Zielgruppen/Kunden,
die angesprochen werden. Folgende Abbildung verdeutlicht das Potenzial von „Vernetztes
Leben“, künftig ein bedeutender Wirtschaftssektor sein zu können. So spricht „Vernetztes
Leben“ nicht nur eine kleine oder spezielle Kundengruppe an, sondern erreicht Kunden
aus vielerlei Branchen:
Etwa 40% der Kunden kommen bereits heute aus dem Kernbereich Arbeit. Dazu zählen
Handwerk/Kleingewerbe, Maschinen-/Anlagenbau, Handel, Medienproduktion und Pfle-
gedienste.
25% der angesprochenen Kunden entfallen auf den Bereich Wohnen/Leben (Privathaus-
halte, Energieversorgung und Wohnungsunternehmen).
Weitere ca. 20% der Kundengruppen entfallen derzeit auf die mobilen Anwendungen.
Dazu zählen die Kategorien Sonstige (Tourismus, Gastgewerbe, Banken und Verlage), Trans-
port und Verkehr sowie ÖPNV.
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Kapitel 3
Hemmnisse
Im Ergebnis zeigt sich, dass mehr als 20% der Befragten fehlende Geschäftsmodelle und
mangelnde Finanzierung als Hemmnisse sehen (Abbildung 7). Dies ist ein typisches Pro-
blem von innovativen Lösungen, die angebotsgetrieben entwickelt werden. Die Herausfor-
derung für Unternehmen besteht darin, die Gewinnzone zu erreichen, also einen Umsatz
zu generieren, der den Aufwand rechtfertigt. Dieser Aufwand ist dann auch noch ggf. durch
Fremdkapital zu finanzieren, was dem Mittelstand immer noch nur schwer gelingt.
Mangelnde Standards werden von 15% der Befragten als Hemmnis genannt. Dies ist
insbesondere in den Schwerpunkten Arbeit und Wohnen/Leben relevant, denn nur stan-
dardisierte Lösungen haben in diesen Segmenten i.d.R. Chancen auf eine schnelle Markt-
durchdringung.
Weitere Hemmnisse werden in der mangelnden Information über die Machbarkeit, feh-
lendes Fachpersonal und ungeklärte Rechtsfragen gesehen.
Das fehlende Fachpersonal hat bei „Vernetztes Leben“ zwei Dimensionen:
• Zum einen gibt es das generelle Problem der Verfügbarkeit hoch qualifizierter Absolven-
ten auf dem Markt.
• Zum anderen ist „Vernetztes Leben“ keine Ausbildungs- oder Studienrichtung, so dass die
Anwerbung geeigneter Fachkräfte nur eingeschränkt möglich ist.
Nur sehr gering werden die Hemmnisse politische Einflüsse und fehlende Anwendun-
gen bewertet. Das politische Umfeld in Berlin und Brandenburg hat die Marktpotenziale
für das Handlungsfeld „Vernetztes Leben“ erkannt und die TSB Innovationsagentur Berlin
GmbH mit der Bearbeitung dieser Thematik beauftragt. Auch fehlende Anwendungen, die
beispielsweise schon für andere Kundengruppen entwickelt wurden, sind nicht die Hürde,
die für den Standort relevant wäre.
Die von den Unternehmen genannten Hemmnisse decken sich im Wesentlichen mit den
von den Verbänden genannten Hemmnissen.
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Wachstumspotenziale
Um diese Potenziale zu ermitteln, wurde zunächst gefragt, wie die Region deutschland-
und europaweit als „Vernetztes Leben“- Standort von den Teilnehmern eingeschätzt wird.
Das Ergebnis ist zunächst ernüchternd. Die Unternehmen können bisher nicht erkennen,
dass die Region als „Vernetztes Leben“-Standort wahrgenommen wird. Betrachtet man
nur die Antworten der Verbände, so ist die Einschätzung bereits sehr viel positiver. Die
durchschnittliche Schulnote deutschlandweit sehen die Verbände bei 2,9 (europaweit 3,9).
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Kapitel 3
Obwohl die Region Berlin für das „Vernetzte Leben“ zurzeit noch nicht als Top-Standort
wahrgenommen wird, besteht dennoch ein großes Potenzial. Hierbei gilt es, die Haupt-
stadtregion mit ihren Vorteilen für das „Vernetzte Leben“ mit entsprechenden Maßnahmen
zu befördern. Geeignete Maßnahmen sind:
• Aufbau von Leuchtturmprojekten im Bereich „Vernetztes Leben“ mit Strahlkraft über die
Landesgrenzen hinaus.
• Zusammenziehung der in Berlin schon ansässigen exzellenten Forschung, der meist klei-
nen, innovativen und kreativen Berliner Unternehmen unter Einbeziehung der in Ber-
lin ansässigen Großunternehmen aus den hier stark vertretenen Branchen wie Mobili-
tät (BVG), Telekommunikation (DTAG), IT (Microsoft) und Energie (Vattenfall).
• Nutzung der Vorteile Berlins als Hauptstadt (politisches und mediales Zentrum, Bal-
lungsraum von Menschen) und des Images (Stadt der Jungen und Kreativen – „Berlin ist
sexy”).
Umsatzerwartungen im Betätigungsfeld
Zwischen 68% und 80% der befragten Unternehmen erwarten in allen drei Bereichen von
„Vernetztes Leben“ künftig steigende Umsätze. Die Ergebnisse zeigen, dass die Unterneh-
men bereits das Potenzial von „Vernetztes Leben“ für sich erkannt haben.
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Stand der Kooperationen
Kooperationen finden zwar bereits in geringem Umfang statt, werden aber künftig für
das Handlungsfeld „Vernetztes Leben“ in erheblich größerem Umfang gewünscht. Das ist
ein sehr positives Ergebnis, denn ein Handlungsfeld, das durch kleine mittelständische Un-
ternehmen geprägt ist, kann nur dann erfolgreich sein, wenn bei den Beteiligten eine hohe
Kooperationsbereitschaft und der Wunsch nach Austausch vorhanden sind.
Bereits heute finden Kooperationen in Verbundprojekten statt (ca. 20% der Unterneh-
men). Allerdings wünschen sich fast 50% der Unternehmen künftig gemeinsame Ver-
bundprojekte. Die Region Berlin-Brandenburg weist traditionell eine hohe Kooperations-
bereitschaft in Verbundprojekten auf, da gerade die kleineren Unternehmen nur so den
internationalen Markt bedienen können. Auch Forschungs- und Entwicklungskooperatio-
nen werden künftig verstärkt gewünscht.
Besonderes Augenmerk sollte auf den Wunsch nach Vertriebskooperationen gelegt wer-
den. Hier wird von allen Unternehmen noch das größte Potenzial gesehen. Darunter sind
verschiedene Aspekte zu subsumieren:
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Kapitel 3
• Gerade kleinere Unternehmen sind nicht in der Lage, aufwändige vertriebliche Akti-
vitäten zu planen und zu finanzieren. Auch die Bearbeitung größerer Ausschreibungen
ist häufig nur in Kooperationen möglich.
• Häufig sind einzelne Lösungen oder Ansätze erklärungsbedürftig und nicht allein ver-
marktbar.
• Der Markt ist neu und noch nicht genau greifbar.
Vertriebskooperationen helfen, den Markt besser kennenzulernen, Ressourcen zu bün-
deln und potenzielle Kunden zu identifizieren. Gerade bei erklärungsbedürftigen Produk-
ten, wie IT-Lösungen oder -Services ist es hilfreich, ganze Pakete, z.B. für eine Lebenslage
im Bereich Wohnen/Leben, zu schnüren, um somit größere Aufmerksamkeit zu erlangen
und z.B. auch auf Messen und Fachveranstaltungen potenzielle Kunden lösungsorientiert
ansprechen zu können. In den USA ist dies mittlerweile die gängigste Vertriebsform im IT-
Bereich.
Dieser Aspekt wird von den Verbänden mit anderen Schwerpunkten gesehen. Sie for-
dern vor allem Kooperationen in den Bereichen Entwicklung und Verbundprojekte.
3.2 Fazit und Kernaussagen der Befragung
Der wachsende Einsatz von Informations- und Kommunikationstechnik im täglichen mo-
bilen Leben, im Wohnumfeld sowie in der Arbeitswelt stellt Unternehmen und Forschungs-
einrichtungen vor neue Herausforderungen und bietet ihnen zugleich neue Chancen.
Die Auswahl der drei Bereiche von „Vernetztes Leben“: Arbeit, Wohnen/Leben und mo-
bile Anwendungen sowie die Bezeichnung des Handlungsfeldes hat sich als richtig und
marktverständlich erwiesen, wie die Ergebnisse der Studie zeigen.
Der Kernbereich Arbeit wird von der Hälfte der befragten Unternehmen als der Bereich mit
dem höchsten Marktpotenzial gesehen, gefolgt von Wohnen/Leben. Etwa ein Fünftel der
befragten Unternehmen sieht die Marktpotenziale im Bereich der mobilen Anwendungen.
Die Teilnehmer konnten die drei Bereiche klar differenzieren. In der Umfrage wurde le-
diglich der Bereich Gesundheit vermisst. Dieser Bereich wird bereits im Handlungsfeld „Life
Science” behandelt und deshalb bei „Vernetztes Leben“ nicht weiter berücksichtigt. Da aber
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der Bereich Gesundheit und Pflege, insbesondere wenn man den zukünftigen 3. Gesund-
heitsstandort Wohnung berücksichtigt, massiv an Bedeutung auf Grund der demografi-
schen Entwicklung erfährt, sind die entsprechenden Akteure in Berlin in weitere Vorhaben
einzubinden.
„Vernetztes Leben“ wird als eigenständige Anwendungsgruppe wahrgenommen, die
durch einen großen Facettenreichtum gekennzeichnet ist. So vielschichtig wie die Ziel-
gruppen (Kunden) sind, sind auch die Unternehmen, die hier aktiv werden.
Dadurch, dass in der Hauptstadtregion die Industrie bzw. die Großunternehmen wenig
besetzt sind, müssen diese Unternehmen in die Entwicklung des Standortes mit einbe-
zogen werden. Damit kann erreicht werden, dass technologische Hürden besser genom-
men werden (strategische Ausrichtung, Standardisierung). Gleichzeitig können durch die
Einbeziehung der Industrie/Großunternehmen Anziehungseffekte auf weitere Unterneh-
men erfolgen. Zu diesem Zweck sind die regional ansässigen Großunternehmen wie z.B.:
• Deutsche Telekom AG (Telekommunikation)
• Microsoft Deutschland (IT)
• Berliner Verkehrsbetriebe (Mobilität)
• Vattenfall (Energie)
in die Ausgestaltung der Handlungsfeldaktivitäten mit einzubeziehen.
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Kapitel 3
Als größte Hemmnisse, die einem Wachstum von „Vernetztes Leben“ entgegenstehen,
werden hauptsächlich fehlende Geschäftsmodelle, mangelnde Finanzierung und man-
gelnde Standards beklagt. Die Verbände hingegen sehen die Hemmnisse eher bei politi-
schen Einflüssen und fehlenden Anwendungen. Um die fehlenden Geschäftsmodelle zu
initiieren, sind bereits Maßnahmen seitens des Berliner Handlungsfeldes, wie die Gründung
eines vorrangig wirtschaftsgetriebenen regionalen GRW-Netzwerkes mit dem Titel: „Ver-
netzt Leben“, entstanden. In diesem Netzwerk werden stark am Anwender orientierte,
prototypische Lösungen im Bereich der Heimvernetzung zu wirtschaftlich tragfähigen, in
der Masse anwendbaren Konfigurationen entstehen. Dadurch soll die Akzeptanz moder-
ner, preiswerter „Unterstützungssysteme“ in der Bevölkerung erhöht werden. Durch er-
höhte Akzeptanz wird Wahrnehmung beim Nutzer/Kunden erzeugt. Dieses wiederum
belebt den Markt und die Preise am Markt werden mehr und mehr sinken, was den Absatz
verstärkt.
Um diese Ziele zu erreichen, sind die Dachverbände der deutschen Wohnungswirtschaft
GdW und der BBU und die zugehörigen regionalen Wohnungsbaugesellschaften als größte
potenzielle Anwender noch mehr zu adressieren, denn über 80% der Berliner Wohnungen
sind Mietwohnungen.
Der Standort Berlin ist noch unterrepräsentiert, wenn es um „Vernetztes Leben“ und Ar-
beiten geht, hat aber nach Meinung der Unternehmen ein bedeutendes Potenzial. So wer-
den in allen drei Kernbereichen von 70% bis 80% der Unternehmen steigende Umsätze
erwartet.
Um diese Erwartungen zu realisieren und um „Vernetztes Leben“ nachhaltig zu stärken
und zu fördern, werden dabei insbesondere der Breitbandausbau, Förderungsintensivie-
rung, Regulierungsverbesserungen und Dialogstärkung von den Umfrage-Teilnehmern fa-
vorisiert.
Darüber hinaus werden für das Handlungsfeld „Vernetztes Leben“ künftig Kooperatio-
nen in einem erheblich größeren Umfang von den Unternehmen gewünscht. Dies betrifft
speziell die Zusammenarbeit in Verbundprojekten und im Vertrieb. Letzter Umstand ist
ein hervorragender Beweis, dass die Bestrebungen nach Geschäftsmodellen für bereits vor-
handene Lösungen unvermindert groß sind.
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Kapitel 4
4. Forschung und Bildung in der Region Berlin
Die Berliner Forschungslandschaft zeigt mit circa 20 Instituten und circa fünf interme-
diären Organisationen, die sich teils sehr intensiv und in einer Vielzahl von Projekten mit
dem Thema beschäftigen, viele Facetten und Aspekte des Themas. Bei den Forschungs-
projekten wird in vielen Fällen an prototypischen Lösungen gearbeitet, während eine in-
tegrative Betrachtung meist nur eingeschränkt erfolgt. Die Projekte zielen vor allem auf
technische Aspekte, Entscheidungsunterstützung und soziale Interaktion. Die Betrach-
tung der gesamten Wertschöpfungskette, der Marktmechanismen und ethischer Fragestel-
lungen scheint dabei eher vernachlässigt. Dies muss nicht unbedingt Aufgabe der
Forschungsinstitute im Bereich Software und Technologie sein, es ergibt sich aber die un-
bedingte Notwendigkeit, potenzielle Anwender, Sozialforscher und marktorientierte In-
stitutionen in die Entwicklungen einzubinden.
4.1 Themengebiete
Für die Berliner Forschungslandschaft lassen sich drei Themen skizzieren, an denen in
mehreren Instituten und Projekten gearbeitet wird und die nachfolgend kurz beschrieben
werden. Darüber hinaus gibt es noch einige weitere interessante Themen, die vereinzelt in
Berlin bearbeitet werden. Die Auswahl zeigt nur stärkere Aktivitäten in Berlin und urteilt
keinesfalls über qualitative Aspekte oder Zukunftspotenziale:
1. e-Wohnen
Das Thema e-Wohnen kann in nachfolgende drei Themen aufgeteilt werden, wobei eines
der zentralen Ziele bei e-Wohnen sicherlich der nutzer-, alters- und anwendungsüber-
greifende Aufbau von technischen Infrastrukturen in Wohnungen ist. Aufgrund der enor-
men Investitionen ist eine flächendeckende Versorgung mit entsprechender technischer
Infrastruktur auch langfristig eher unrealistisch. Entsprechende Projekte werden sich daher
auf singuläre Haus- und Wohnprojekte konzentrieren, deren avisierte Nutzergruppen ge-
zielt die technischen Angebote suchen und nutzen wollen.
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A. Alters- und behindertengerechtes Wohnen, auch in Verbindung mit Telemedizin.
Viele Berliner Forschungsinitiativen beschäftigen sich mit diesem Thema. Auch unter dem
Aspekt, dass die Berliner Forschungslandschaft bei telemedizinischen Anwendungen starke
Projekte aufzuweisen hat, kann diesem Sektor in Berlin das größte Potenzial zugebilligt
werden.
B. Energieeffizienz und Elektrogerätesteuerung. Diesem Thema wird ein Milliardenmarkt
prophezeit, international forschen und entwickeln hunderte Unternehmen und
Institute, es wird ein starker Konkurrenzkampf vorausgesagt. Die Berliner Forschungsland-
schaft scheint unter diesen Aspekten schlecht aufgestellt, um eine langwierige und teure
Marktentwicklung finanzieren zu können. Das Rennen werden eher international tätige
Konzerne und üppig ausgestattete Venture-Capital-Start-ups machen.
C. Steuerungen, die Komfort- und Luxusbedürfnisse befriedigen. Produkte und Dienst-
leistungen in diesem Bereich benötigen insbesondere in der Anfangszeit technikaffine und
wohlhabende Nutzer, die bereit sind, für entsprechende Lösungen höhere Investitionen zu
tätigen. Die Berliner Hochschulen und Forschungseinrichtungen haben zu diesem Thema
bisher nur wenige Angebote.
2. Telemedizin, Vitaldatenübertragung und e-Health
Die medizinischen Möglichkeiten des Themas „Vernetztes Leben“ sind enorm und kön-
nen Teile der medizinischen Versorgung revolutionieren. Die Potenziale für Kostensen-
kungen und Krankheitsvermeidung im Gesundheitswesen sowie die finanziellen und
organisatorischen Möglichkeiten der Gesundheitsindustrie könnten diesen Bereich zu einem
Innovationstreiber der Branche „Vernetztes Leben“ machen.
Dazu kommen medizinische Versorgungsprobleme, auch in eng besiedelten Industrie-
ländern wie Deutschland. In Brandenburg beispielweise ist die medizinische Versorgung,
speziell in strukturschwachen Regionen, teilweise nicht mehr sichergestellt und führt vor
allem für unbewegliche Kranke und Ältere zu echten Problemen.
Die demografische Entwicklung mit einer überalternden Gesellschaft und der zuneh-
mende Wunsch von Älteren, dezentral, unabhängig und selbstbestimmt alt zu werden, wird
27
Kapitel 4
das Thema weiter beschleunigen. Dazu kommen – neben der Finanzkraft der Gesund-
heitsindustrie – auch die Bereitschaft von insbesondere wohlhabenden Kranken und Älte-
ren, viel von ihrem Vermögen in lebensverlängernde und -erleichternde Maßnahmen zu
investieren.
Die starke Präsenz von Medizin- und Biotechnologie in Berlin sowie das Potenzial des
sehr großen und heterogenen Medizinsektors, auch Insellösungen für spezielle Themen zu-
zulassen, kann dazu führen, dass die Berliner Branche in einzelnen Feldern eine – sogar
international – führende Funktion übernehmen kann.
3. Interfaces und geräteübergreifende Schnittstellen und Bediensysteme
An dem Querschnittthema „Interfaces und geräteübergreifende Schnittstellen und Be-
diensysteme“ arbeiten viele der analysierten Institute. Die technische Standardisierung,
eine bessere Nutzbarkeit und die Vereinfachung der Bedienung stehen dabei meistens
im Mittelpunkt der Betrachtungen und Forschungen.
Die problemlose und einfache Handhabung sowie die technische Zuverlässigkeit spie-
len sicherlich eine wichtige Rolle bei der Marktentwicklung für breite Nutzergruppen. Die
Vielzahl von gegenwärtig vorhandenen Standards und Schnittstellen ist außerdem auch für
die beiden anderen Berliner Schwerpunktthemen e-Wohnen und Telemedizin ein zentra-
les Problem.
Die hohe Zahl der Projekte lässt aber auch die Frage aufkommen, wie viele Standardi-
sierungen und geräteübergreifende Schnittstellen überhaupt gebraucht werden. Im
Idealfall wären es einige Wenige, sonst macht dieses Thema wenig Sinn. Dazu kommt, dass
speziell dieses Thema eine mindestens nationale, besser internationale Betrachtung und
entsprechende Einbeziehung weiterer überregionaler Akteure erfordert, um mittel- bis
langfristig wirklich zu Lösungen für eine breite Anwendung zu entwickeln.
Eine singuläre Betrachtung und Schwerpunktsetzung auf einzelne Themen, wie beispiels-
weise e-Wohnen oder Telemedizin, macht nur begrenzt Sinn, wenn man das Thema „Ver-
netztes Leben“ wirklich als EIN Thema begreifen und behandeln will. Insbesondere bei
Produkten für Ältere und Kranke müssten beispielsweise die Themen e-Wohnen und Te-
VERNETZTES LEBEN
28
lemedizin auch zusammenlaufen. Weiterhin scheint es eher realistisch, dass bestimmte
marktdominierende Unternehmen und Produkte, wie das iPhone von Apple, in Zukunft
Standards und auch Angebote vorgeben – zumindest für Produkte und Dienstleistungen für
den Massenmarkt.
4.2 Arbeitsfelder
Die nachfolgende Grafik zeigt die Aktivitäten der analysierten Institute in den von uns ge-
wählten Arbeitsfeldern e-Wohnen, e-Work und Mobile Service. Besonders deutlich wird,
dass die Fraunhofer-Institute überwiegend Querschnittthemen behandeln und in allen drei
Arbeitsfeldern tätig sind.
29
Kapitel 4
iZ connected: Innovationszentrum Vernetztes Leben – Connected Living
Ein gutes Praxisbeispiel für ein erfolgreich gefördertes Verbundprojekt, an denen Berli-
ner Forschungseinrichtungen beteiligt sind, ist das iZ connected unter der fachlichen Lei-
tung des DAI-Labors der TU Berlin. In diesem bundesweit aktiven Projekt sind zahlreiche
Unternehmen eingebunden, wie beispielsweise AOK, Deutsche Messe AG, Deutsche Tele-
kom, EnBW AG, Loewe AG, Vattenfall Europe AG und Weitere.
Das iZ connected hat sich aus dem Projekt „SerCHo - Service Centric Home“ gegründet.
Das „SerCHo-Projekt“ ist eines der Gewinnerprojekte des Technologiewettbewerbs „Next
Generation Media“ vom Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit (BMWA). Das Haupt-
ziel des „SerCHo-Projekts“ ist die Entwicklung einer offenen Service-Plattform zur Steige-
rung der Lebensqualität im „Heim der Zukunft“.
Ziele von iZ connected
Das Innovationszentrum „Vernetztes Leben - Connected Living“ soll maßgeblich dazu
beitragen, die für die erfolgreiche Markteinführung solcher Systeme benötigte Verbreitung
der grundlegenden Technologien zu erreichen und Innovationen im Heimbereich zu för-
dern. Um die Vision des vernetzten Heims Realität werden zu lassen, wurden vier Kernthe-
men für das Innovationszentrum identifiziert:
1. Die Weiterentwicklung und Bündelung offener, geräteübergreifender Standards und
Schnittstellen zur Förderung der Interoperabilität zwischen verschiedenen Herstellern. Es
sollen branchenübergreifende Geschäftsentwicklungen ermöglicht werden, die auch
Marktinteressenten mit einschließen, die bisher keinen oder nur schwer Zugang hatten,
wie kleine und mittelständische Unternehmen. Durch offene Standards wird auch die
Zukunftssicherheit der Investitionen der Konsumenten gewährleistet.
2. Die Förderung von Innovationen durch Kooperation, Dialog, Wissenstransfer, Weiterbil-
dung und Beratung.
3. Die Erschließung des Marktes für vernetzte Dienste im Heim, um so die Entstehung eines
neuen Mittelstandes für vernetzte Systeme zu fördern.
VERNETZTES LEBEN
30
4. Die technologische Integration aktueller und zukünftiger Geräte zur Entwicklung gerä-
teübergreifender Mehrwertdienste durch horizontale und vertikale Integration.
4.3 Zusammenfassung der Experteninterviews
Im Rahmen der Erarbeitung der Studie wurden Experten aus Forschung, Lehre, Verbän-
den und Kammern zum Thema „Vernetztes Leben in der Hauptstadtregion“ interviewt. Die
nachfolgende Zusammenfassung gibt einen Überblick zu den Ergebnissen der Expertenbe-
fragung.
Die Berliner Forschungslandschaft hat zum Thema „Vernetztes Leben” eine Vielzahl
von Projekten und Vorhaben vorzuweisen.
Das Thema „Vernetztes Leben“ ist – aus technischer und sozialer Sicht - so groß und viel-
fältig, dass keine konzentrierte Schwerpunktsetzung in Zukunft alles abdecken kann. Die
Vielzahl von Projekten und Vorhaben wird als Chance gesehen, die Hauptstadt als Schwer-
punktregion zum Thema „Vernetztes Leben“ zu etablieren. Die Notwendigkeit von inter-
disziplinären und themenübergreifenden Kooperationen ist unumgänglich.
Die Komplexität und Interdisziplinarität des Themas erfordert Vernetzung und Koope-
rationen der Forschungseinrichtungen, um zu ganzheitlichen und praxisnahen Lösungen
zu kommen.
Die Komplexität und Interdisziplinarität des Themas „Vernetztes Leben“ erfordert umfang-
reiche und branchenübergreifende Kooperationen – eine Feststellung, die als ebenso rich-
tig wie verbesserungswürdig anerkannt werden muss. Die Kooperationen haben sich in den
letzten Jahren verbessert, nicht zuletzt durch die verschiedenen Kooperationsprojekte und
Vereinigungen. Der Bedarf an größeren Projekten mit entsprechender Strahlkraft ist ge-
nauso groß wie der an kleineren, die sich speziellen Themen widmen können. Eine über-
geordnete Koordination und eine gemeinsame strategische Ausrichtung, die auch die
Einbindung der Wirtschaft und der Anwenderinteressen beinhalten sollte, ist absolut not-
wendig.
Der Wissens- und Technologietransfer von der Forschung in die Wirtschaft ist eine
wichtige Unterstützung für die Schaffung von Wirtschaftskraft und Arbeitsplätzen. Um
das Thema „Vernetztes Leben“ zu einer wirtschaftlichen Zukunftsbranche für die Region
31
Kapitel 4
auszubauen, müssen Voraussetzungen geschaffen werden, damit der Transfer beschleu-
nigt und verbessert wird.
Die große Bedeutung von Kooperationen zwischen Forschung und Wirtschaft steht ebenso
im Mittelpunkt wie die notwendige Verbesserung des Wissens- und Technologietransfers.
Punktuell gibt es bereits entsprechende Projekte, insgesamt sind Wirtschaft und Handwerk
aber noch nicht so aufgestellt, dass sie die Potenziale der Forschungsprojekte auch umset-
zen können. Ein zentrales Problem dabei sind die hohen Investitionskosten und die
langen Zeiträume für Markt- und Projektentwicklung. Der Einbeziehung von Anwenderin-
teressen, der Wirtschaft und dem Handwerk wird bereits in den Forschungsprojekten große
Bedeutung beigemessen.
Berlin bietet mit seiner Größe, seinen repräsentativen Einrichtungen und dem hohen
Besucheraufkommen eine ideale Plattform, um Neuheiten und Pilotprojekte gerade zum
Thema „Vernetztes Leben“ öffentlichkeitswirksam in Szene zu setzen. Es müssen Voraus-
setzungen durch die öffentlichen und intermediären Institutionen in Berlin geschaffen
werden, damit Berlin als Kommunikationsplattform besser genutzt werden kann.
Die Entwicklung von öffentlichkeitswirksamen Pilotprojekten, in denen potenzielle An-
wender die Angebote und Dienste auch konkret ausprobieren und nutzen können – am
besten kostenlos – stellt eine Notwendigkeit dar. Die Chance des Standortes Berlin als wich-
tiges Zentrum des politischen, kulturellen und gesellschaftlichen Lebens in Deutschland
wird dabei ebenso gesehen wie die Notwendigkeit einer Unterstützung oder Federführung
durch den Senat und intermediären Einrichtungen. Ergänzend müssen Themen und Pilot-
projekte durch klassische Kommunikations- und Marketingmaßnahmen wie Pressearbeit,
Messen/Ausstellungen, Internetplattformen etc. bekannt gemacht werden.
Das Thema „Vernetztes Leben“ verfügt kaum über einheitliche und etablierte Begriffe
und Definitionen, die jedoch Voraussetzung für eine bewusste Verankerung in breiteren
Bevölkerungskreisen sind.
Die wohl am häufigsten verwendeten Begriffen wie „AAL - Ambient Assisted Living“ oder
„Vernetztes Leben“ werden zwar als übergeordnete Begriffe der Fachwelten anerkannt, für
die breite Öffentlichkeit und die Anwender jedoch als wenig durchsetzungsfähig einge-
schätzt. Die Vielzahl der möglichen Anwendungen und Nutzergruppen sollten durchaus mit
mehreren, nutzwertorientierten Begriffen aus Anwendersicht kommuniziert werden. Die
einfache und schnelle Verständlichkeit muss im Mittelpunkt stehen, der wichtigste Aspekt
ist, dass keine technischen Begriffe verwendet, sondern die Inhalte mit Themen des tägli-
chen Lebens assoziiert werden.
VERNETZTES LEBEN
32
Es muss eine stärkere Verankerung des Themas „Vernetztes Leben“ in der Aus- und
Weiterbildung an den Hoch- und Fachschulen sowie in der Berufsausbildung entstehen.
Ein möglicher, einfacher Schritt wäre, das Thema stärker in bereits bestehende Studien-
gänge zu integrieren, was auch eine größere und schnellere Verbreitung sicher stellen
würde, als bei der Etablierung von nur einem oder zwei Studiengängen möglich ist. Von
entscheidender Bedeutung für eine größere Verbreitung des Themas ist, neben der aka-
demischen Ausbildung, vor allem die Etablierung bei den Handwerksberufen. Wenn die
Handwerker die Technik nicht installieren können oder wollen, wird das technisch Mach-
bare nur sehr verzögert im Alltag der Anwender ankommen.
33
Kapitel 5
5. Aktivitäten in Deutschland und der Hauptstadtregion
Zur Ermittlung der aktuellen Aktivitäten im Bereich „Vernetztes Leben“ in Deutschland
wurden von der TSB Innovationsagentur Berlin GmbH Online-Recherchen und Befragun-
gen mit den Projektverantwortlichen und Betreibern durchgeführt. Die Untersuchung er-
hebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit und bezieht nur solche Vorhaben ein, die einen
hohen Bezug zu den in der Studie vorgeschlagenen Kernbereichen des „Vernetzten Lebens“
haben.
In Deutschland haben sich einige Schwerpunktregionen mit Aktivitäten im Bereich „Ver-
netztes Leben“ in einigen Bundesländern etabliert. In Nordrhein-Westfalen und der Haupt-
stadtregion Berlin sind in den letzten Jahren zahlreiche Einzelprojekte und Initiativen von
Unternehmen und Forschungseinrichtungen entstanden. Der Aufbau von Unternehmens-
netzwerken bis hin zu einem Cluster „Vernetztes Leben“ in diesen Regionen steht noch am
Anfang und bedarf einer stärkeren politischen Unterstützung und Wirtschaftsförderung.
Siehe Abbildung Seite 34: Übersicht Initiativen und Projekte „Vernetztes Leben“ in Deutschland
Die in der Abbildung dargestellten Muster-, Pilot- und Projektbeispiele verdeutlichen das
breite Spektrum der Vorhaben in Deutschland. Die Hauptstadtregion weist eine Vielzahl von
Pilotprojekten und Forschungsvorhaben im Bereich „Vernetztes Leben“ auf, wie der Detail-
karte zu entnehmen ist. Die Pilotprojekte, wie auch die Forschungsvorhaben, sind viel-
schichtig angelegt. So werden im Berliner Kompetenzzentrum SANE – FhG Fokus Berlin
sektorspezifische Technologien, entsprechende Infrastrukturen, Dienste und Anwendungen
als Prototypen und Laboraufbauten realisiert. Im Connected Living e.V. wird u.a. die Ent-
wicklung branchenübergreifender Standards zur Gewährleistung der Interoperabilität von
Geräten und Diensten thematisiert. Dem gegenüber wird in dem Forschungsprojekt Smart-
Home – (GEWOBA Potsdam und FH Wildau) die Präsentation von einfachen, marktnahen
Technologien in einer erlebbaren Wohnung bereitgestellt. Bereits am Markt sind die zahl-
reichen Aktivitäten des privatwirtschaftlich geführten Projektes „e-Wohnen der Zukunft“ zu
nennen, in denen moderne Wohntechnologien für den Premiummarkt in modernisierten,
auf bestimmte Mindeststandards beruhende Wohneinheiten Anwendung finden.
Mit diesem Potenzial von Forschungseinrichtungen und Beispiellösungen sollte es mit
weiterer politischer und wirtschaftlicher Unterstützung gelingen, Berlin in den nächsten
Jahren zu einer national und international anerkannten Leitregion im Bereich „Vernetztes
Leben“ zu entwickeln.
VERNETZTES LEBEN
34
Forschungseinrichtungen
Projekte „Vernetztes Leben“
Übersicht Initiativen und Projekte
„Vernetztes Leben“ in Deutschland
35
Kapitel 6
6. Zusammenfassung und Handlungsempfehlungen
Das Thema „Vernetztes Leben“ ist ein ausgesprochen vielfältiges und komplexes Markt-
und Forschungsfeld, bei dem nicht nur eine umfassende Standardisierung von Hard- und
Software notwendig ist, sondern vor allem die Entwicklung und Markteinführung von
sinnvollen und verständlichen Produkten und Dienstleistungen. Das große Potenzial, dass
dem Thema für die Zukunft voraus gesagt wird, steht im Widerspruch zu den gegenwärti-
gen Wünschen, Bedürfnissen und Gewohnheiten der potenziellen Anwender. Es gibt sie
noch nicht, sie müssen sich erst noch entwickeln. Der Markt ist noch nicht soweit, wie For-
scher und Unternehmer sich das wünschen. Bei allen Forschungsprojekten und Marktent-
wicklungsvorhaben ist die Gefahr groß, am Bedarf, an den Anwendern „vorbei“ zu
entwickeln. Ob die Anwender die Entwicklungen wirklich annehmen und bereit sind, Geld
dafür zu bezahlen, wird vor allem der finanzielle, organisatorische oder gesundheitliche
Nutzen entscheiden. Es muss ein Mehrwert entwickelt werden, den die Anwender verste-
hen und nicht mehr missen möchten.
Die Vielfalt und Komplexität des Themas erschwert es, eindeutige Definitionen, Standar-
disierungen und größere, öffentlichkeitswirksame Projekte zu entwickeln und zu beför-
dern. Das zeigt schon alleine die Vielzahl der Begrifflichkeiten wie „Vernetztes Leben“,
„Ambient Assisted Living“, „e-Wohnen“, „Mobile Services” etc., die dazu noch unter-
schiedlich definiert werden.
Begriffsdefinitionen und Kommunikation
Die Forschungsergebnisse der micus GmbH und der Wabersky Projektberatung zeigen al-
lerdings, dass der Begriff „Vernetztes Leben“ als Themenbezeichnung ebenso wie die Un-
tergliederung in e-Wohnen, e-Work und Mobile Services verstanden und für gut befunden
wird. Diese Bezeichnungen und die entsprechenden Klassifizierungen sind zumindest für
die weitere Entwicklung des Handlungsfeldes und die Beförderung der Arbeitsgebiete für
die Branche und Fachöffentlichkeit brauchbar. Die Entscheidung für die drei Bereiche und
Begriffe beruhte auch auf bisherigen Entwicklungen.
Die Grenzen sind allerdings fließend und einige Projekte können auch in allen drei Be-
reichen verortet werden. Die Problematik der Definitionen und Abgrenzung von Themen
und Bereichen stellt dann auch für die „Branche“ ein zentrales Problem dar, da notwen-
VERNETZTES LEBEN
36
dige, kooperative Entwicklungen damit ebenso erschwert sind, wie die Etablierung einer er-
folgreichen Öffentlichkeitsarbeit für die avisierten Nutzergruppen.
Dazu ist es eher schwierig, von der Fachwelt akzeptierte Bezeichnungen und Klassifizie-
rungen benutzerfreundlich für eine breite Öffentlichkeit aufzubereiten. Da sich Markt und
konkrete Produkte bisher kaum entwickelt haben, konnten sich auch taugliche Begriffe bis-
her kaum etablieren.
Potenzielle Nutzergruppen müssen die Themen verstehen
Für konkrete und benutzerbezogene Themengebiete, Produktgruppen und Dienstlei-
stungen sollten für Berliner Schwerpunktthemen instituts- und unternehmensübergrei-
fend Namen, Begriffe und Beschreibungen entwickelt werden, die von den avisierten
Zielgruppen auch adaptiert werden können. Im Mittelpunkt der kommunikativen Etablie-
rung müssen bevölkerungsnahe und einfach zu verstehende und bedienende Lösungen
stehen, die möglichst die Sichtweise der Anwender berücksichtigen.
Die Entwicklung und Etablierung von Begriffen und Kommunikationsmaßnahmen sollte
von übergeordneten Institutionen aktiviert und unterstützt werden. Mögliche Instru-
mente sind beispielsweise öffentlichkeitswirksame Pilotprojekte wie z.B. das e-wohn-
Haus, zielorientierte Medien- und Öffentlichkeitsarbeit, interdisziplinäre Workshops und
Seminare sowie Veranstaltungen auf Messen und Kongressen.
Thema berührt verschiedene Themen- und Handlungsfelder
Die hohe Interdisziplinarität und Komplexität des Themas erfordert auch die aktive Ein-
bindung und Kooperation weiterer Themen- und Handlungsfelder, wie beispielsweise
Open Source Berlin, Location Based Serviced (z.B. Smartphone-Anwendungen), Internet
der Dienste (z.B. Streaming-Angebote) oder insbesondere den Bereich Telemedizin/
E-Health, der in Berlin durch diverse Initiativen bereits stark unterstützt wird.
Datenschutz
Bei allen Vorhaben müssen, mit Blick auf die avisierten Nutzergruppen, auch die Themen
Datenschutz und soziale Fragen berücksichtigt werden. Das große gesellschaftliche und
wirtschaftliche Potenzial, das in einer umfassenden Vernetzung von Bevölkerungsgruppen
37
Kapitel 6
steckt, führt zwangsläufig auch zu Themen wie Überwachung, Kontrolle und Persönlich-
keitsrechte. Damit werden nicht nur gesetzliche Auflagen berührt, auch können mögliche
Vorbehalte bei einzelnen Nutzergruppen zu einer Ablehnung führen und die weitere Ent-
wicklung des „Vernetzten Lebens“ behindern.
Technische Infrastrukturen
Bei Lösung der schwierigen und komplexen Frage einer flächendeckenden technischen
Infrastruktur für die Berliner City würden sich je nach Umfang und Möglichkeiten sehr in-
teressante Tätigkeitsfelder und Wertschöpfungsketten für die Berliner Forschung und Wirt-
schaft ergeben. Da in der Berliner City eine sehr große Vielfalt an Bürgern, Vertretern aus
Politik und Wirtschaft sowie unzählige nationale und internationale Touristen wohnen, ar-
beiten und im öffentlichen Raum unterwegs sind, ergeben sich einige Potenziale für eine
zukunftsweisende Positionierung Berlins als urbaner Technologieführer.
Typische Beispiele für technische Infrastrukturen, die das Thema „Vernetztes Leben“ tan-
gieren, sind Smart Metering, RFID, webbasierte Dienste und zukunftsfähige Datenüber-
tragungssysteme.
Nach Definition und Entwicklung von Berliner Schwerpunkten sollte auch eine Konkreti-
sierung und Planung einer Weiterentwicklung und gezielter Schwerpunktsetzung von
Maßnahmen der technischen Infrastruktur stehen. Wenn bestimmte Projekte umgesetzt
werden sollen und Berlin in einigen Feldern eine Voreiterrolle übernehmen soll, müssen für
eine glaubwürdige Präsentation auch die technischen Voraussetzungen gegeben sein.
In den folgenden Kapiteln sind einzelne Schwerpunktthemen explizit zusammengefasst
und mit entsprechenden Handlungsempfehlungen ergänzt.
Alle Ausführungen sind Zusammenfassungen und Schlussfolgerungen aus den einzelnen
und gemeinsamen Analysen der TSB Innovationsagentur Berlin GmbH, der micus GmbH
und der Wabersky Projektberatung.
Im letzten Kapitel findet sich ein Fazit mit den naheliegenden Optionen, die für eine
Weiterentwicklung als sinnvoll betrachtet werden.
VERNETZTES LEBEN
38
6.1 Arbeitsfelder und Leitthemen
Aus der vorliegenden Potenzialanalyse kann abgeleitet werden, dass sich die definierten
Arbeitsfelder als sinnvoll erwiesen haben und für eine Strukturierung geeignet sind:
1. e-Wohnen
2. e-Work
3. Mobile Services
Für den Aufbau spezifischer Cluster für die einzelnen Arbeitsfelder ist es notwendig, über-
greifende, fachspezifische Gespräche zur Festlegung von Leitthemen möglicher Koopera-
tionsprojekte zu initiieren.
Für das Arbeitsfeld e-Wohnen könnte ein Leitthema die intelligente Vernetzung der
Technologien im Wohnumfeld sein (Entertainment, Haushaltsverbrauch, Telekommunika-
tion/Web), sowie die Integration bisher im Wohnumfeld vorhandener Insellösungen.
Für das Arbeitsfeld e-Work kann das Leitthema Telearbeit und Telepräsenz sein. Unter
dem Leitthema Telearbeit bieten sich Anwendungen zur besseren Verzahnung von Arbeits-
welt und Wohnumfeld an. Für den Ausbau der Anwendungen Telepräsenz wird es darum
gehen, virtuelle und reale Welten einander näher zu bringen.
Der Arbeitsschwerpunkt bei Mobile Services könnte in den Location Based Services (LBS)
liegen. Sie bieten dem Nutzer standortbezogene Informationen an, verknüpfen diese mit
sozialen Netzwerken oder ermöglichen Navigationsfunktionalitäten. Durch die Integration
von GPS-Empfängern in mobile Endgeräte ist eine schnelle und präzise Verortung möglich
geworden. LBS-Anwendungen sind somit günstiger und für ein breites Publikum interes-
sant. Die Trends lassen sich wie folgt unterscheiden:
• Anwendungen für Smartphones (mobile Datenterminals), für die die Nutzungsmöglich-
keiten und das Marktpotenzial noch lange nicht erschöpft sind.
• Content-Plattformen (Software, Magazine, Bücher, Videos, Audios … online beziehen), die
einen sehr großen Markt darstellen, der sich aber noch ganz am Anfang befindet. Hier
sind die großen Treiber bereits etablierte Content-Anbieter.
39
Kapitel 6
6.2 Wirtschaft
„Vernetztes Leben“ ist ein wichtiger Innovationstreiber der Wirtschaft und der Forschung.
Wie in dieser Studie aufgezeigt, ist die Bandbreite sowohl der Geschäftstätigkeit der Un-
ternehmen, die sich hiermit befassen als auch die Bandbreite der Zielgruppen, die damit
erreicht werden, außerordentlich hoch. So gesehen gibt es kaum eine Branche, die nicht von
„Vernetztes Leben“ berührt ist. Die Vielfalt zeigt die umfänglichen Verflechtungen und damit
auch die hohe wirtschaftliche Bedeutung, die sie bereits heute hat. Im Fokus des Hand-
lungsfeldes stehen aber insbesondere innovative Technologieunternehmen der Branche.
Noch hat die Region, nach Ansicht der befragten Unternehmen, keine Vorreiterrolle bei
„Vernetztes Leben“, jedoch sehen alle Unternehmen die Chance, dass die Region Berlin
eine Schlüsselfunktion in diesem Bereich einnehmen kann.
Die Studie hat allerdings auch gezeigt, dass es zwar viele Unternehmen gibt, die das
Thema theoretisch berühren und Zukunftspotenzial darin sehen, in der Praxis aber nur We-
nige zu den Innovationstreibern gehören und gezielt an wirklich neuen und marktfähi-
gen Produkten arbeiten – zumindest in der analysierten Region Berlin. Insofern gibt es
einerseits Entwicklungsprobleme für die notwendigen Innovationen durch fehlendes Pro-
duktmanagement, andererseits haben sich noch keine tragfähigen Wertschöpfungsket-
ten am Markt gebildet.
Die notwendigen Kompetenzen und Kapazitäten der Berliner Forschungslandschaft für
eine Unterstützung von Wirtschaft und Industrie sind, bei einer stärkeren Vernetzung und
einer konsequenteren Ziel- und Anwendungsorientierung, sicherlich vorhanden.
Problematischer scheint eher die konkrete Umsetzung von Wirtschaftsmodellen, die vor
allem von folgenden Aspekten behindert wird:
• Intensive, langwierige und kostenintensive Marktentwicklung und –bearbeitung,
Entwicklung von Geschäftsprozessen und –modellen sowie fehlende geschäftsfeldüber-
greifende Kooperationen zwischen Wirtschaftsunternehmen untereinander und mit For-
schungseinrichtungen. Die Entwicklung von kostengünstigen Lösungen mit Hinblick auf
Massenanwendungen sollte dabei im Mittelpunkt stehen.
• Notwendige kommunikative Etablierung von Begriffen, Themengebieten und Produkt-
gruppen bei einer breiteren Öffentlichkeit und Endnutzern.
VERNETZTES LEBEN
40
• Mangelnde Anzahl von Servicefirmen und Fachkräften, die dazu in der Lage sind, schnell
und kompetent neue Produkte und Dienstleitungen zu installieren und zu betreuen. Hier
bestehen allerdings große Chancen für die langfristige Entwicklung von neuen Märkten
und regional gebundenen Arbeitsplätzen.
Die Einbeziehung von potenziellen Anwendern ist bei allen drei Aspekten von großer Be-
deutung. Ohne Einbeziehen der Wünsche und Gewohnheiten der potenziellen Anwender
wird es nicht gelingen, Lösungen für einen breiten Markt zu entwickeln.
Handlungsempfehlungen
1. Wenn Berlin ein Innovationsraum für neue Formen des sozialen Lebens sein will, ist es
notwendig, alle Prozessbeteiligten einzubinden. Das sind gleichermaßen Unternehmen,
Wohnungsbaugesellschaften, Hochschuleinrichtungen und außeruniversitären For-
schungsinstitutionen. Die Anforderungen, vor allem der Arbeitgeber, der Wohnungswirt-
schaft und damit auch der Bürgerinnen und Bürger, werden hierzu in den Vordergrund
gerückt. Zur Realisierung von Leitprojekten sollte die regionale IKT-Wirtschaft in die Vor-
haben stärker einbezogen werden. Dies gilt insbesondere für die KMU, die sich in Zukunft
dem globalen Wettbewerb noch stärker stellen müssen, aber zugleich auch die Chance
haben, von diesen neuen Entwicklungen zu profitieren.
2. Die besondere Stärke der Region ist die Vielfältigkeit der technologischen, forschenden
und kreativen Unternehmen, die zur Entwicklung übergreifender und vernetzter An-
wendungen unbedingt notwendig sind. Die Entwicklung neuer Anwendungen für „Ver-
netztes Leben“ fordert auch die wirtschaftliche Bündelung und marktfähige
Aufbereitung von Produkten und Diensten. Hierzu ist eine enge Verbindung mit den
Hochschulen und Forschungseinrichtungen der Region unabdingbar. Gleichzeitig eröff-
nen sich Chancen für innovative Start-ups oder Spin-offs.
3. Im Land Berlin ist eine Vielzahl bedeutender Großunternehmen angesiedelt, die es zu
halten gilt, ihre Potenziale zu nutzen und mit der Region enger zu verbinden, um
Standortvorteile aufzuzeigen und auszubauen. Einige dieser Großunternehmen können
das Innovationspotenzial durch Zusammenarbeit ausschöpfen und in den weiteren Pro-
zess gut eingebunden werden. Die Einbindung von großen Unternehmen in Clusterent-
wicklung und Netzwerke üben sicher eine gewisse Faszination aus, doch die Erfahrung
41
Kapitel 6
zeigt, dass sie nur eine geringe Rolle bei der Gründung von Clustern spielen, weil sie
nicht auf Partner angewiesen sind und Risiken scheuen. Die kleinen Unternehmen sind
oft innovativer und risikofreudiger, so dass von hier agilere Lösungen für den Binnen-
markt zu erwarten sind. Die großen Unternehmen müssen für die Verbreitung und die
Standortsicherung eingebunden werden. Der Fokus sollte immer auf der Zusammenar-
beit zwischen den verschiedenen Akteuren liegen.
Arbeitsfeld e-Wohnen: Für die Beförderung der Themen Smart Metering und RFID ist die
Einbindung eines Energieversorgers wie Vattenfall als Sponsor, Ideengeber und Technolo-
gielieferant zu empfehlen.
Arbeitsfeld e-Work: Für das Leitthema Telearbeit könnten große Computerunternehmen
wie Siemens, IBM, Telekom, SAP oder Microsoft eingebunden werden.
Arbeitsfeld Mobile Services: Für das Leitthema Location Based Services (LBS) könnten
junge Unternehmen wie neofonie und Etablierte, wie beispielsweise die BVG, die Telekom
und Motorola eingebunden werden.
6.3 Forschung
Die Berliner Forschungslandschaft hat mit fünf Universitäten und circa 70 außeruniver-
sitären Forschungseinrichtungen eine außergewöhnliche Vielfalt zu bieten. Davon beschäf-
tigen sich rund 20 Institute und circa fünf intermediäre Organisationen mit dem Thema
„Vernetztes Leben“ teils sehr intensiv und in einer Vielzahl von Projekten und zeigen damit
viele Facetten und Aspekte des Themas. Bei den Forschungsprojekten wird in vielen Fällen
an prototypischen Lösungen gearbeitet, während eine integrative Betrachtung meist nur
eingeschränkt erfolgt. Die Projekte zielen vor allem auf technische Aspekte, Entschei-
dungsunterstützung und soziale Interaktion. Die Betrachtung der gesamten Wertschöp-
fungskette, der Marktmechanismen und sozialer Fragestellungen scheint dabei eher
vernachlässigt.
Die notwendigen Kompetenzen und Kapazitäten der Berliner Forschungslandschaft für
eine Unterstützung von Wirtschaft und Industrie sind bei einer stärkeren Vernetzung und
einer konsequenteren Ziel- und Anwendungsorientierung sicherlich vorhanden.
VERNETZTES LEBEN
42
Handlungsempfehlungen
1. Damit Berlin Treiber und Modellregion für Entwicklungen im Bereich „Vernetztes Leben“
national und international werden kann, sollten die Chancen, die sich in der breiten und
vielfältigen Forschungslandschaft und der notwendigen Kooperation mit kleinen und
mittleren Unternehmen ergeben, genutzt werden. Hierzu sind eine Bündelung der An-
strengungen und eine starke finanzielle und kommunikative Unterstützung der öffentli-
chen Hand unbedingt nötig.
2. Die Vielfalt, Interdisziplinarität und Komplexität des Themas erfordert umfassende Ko-
operation zwischen den Forschungseinrichtungen. Diese Kooperationen sollten bran-
chenübergreifend sein, die Wirtschaft mit einbeziehen und gemeinsame strategische Ziele
und Ausrichtungen formulieren. Um die Anwendungsorientierung zu verbessern, ist die
Einbeziehung von Sozialforschern, Arbeitswissenschaftlern und Anwendern wichtig und
notwendig. Die interdisziplinäre Forschung und Entwicklung sollte von Institutionen ko-
ordiniert werden und starken Rückhalt von der Politik bekommen.
3. Zusätzlich zur Vernetzung von Forschung und Wirtschaft ist die pilothafte Einbeziehung
von Verbrauchern und Nutzern wichtig, um nicht an den Erfordernissen und Bedürfnis-
sen der Menschen vorbei zu entwickeln. Erst der Konsument sorgt durch seine Nutzung
und Akzeptanz für die notwendige Verbreitung und Marktdurchdringung der Produkte.
6.4 Bildung
So vielfältig und umfangreich die Forschungsaktivitäten in Berlin auch sind – in der Aus-
und Weiterbildung ist das Thema bisher kaum etabliert und berücksichtigt. Die Aktivitä-
ten sind stark vom Engagement einzelner Professoren und ihrer Bereitschaft abhängig, ent-
sprechende Forschungsinhalte und Kompetenzen zu vermitteln.
Ob die Etablierung von einem oder mehreren Studiengängen zielführend und sinnreich
ist, konnte im Rahmen dieser Studie nicht abschließend beantwortet werden. Die befrag-
ten Wissenschaftler des Experteninterviews waren diesbezüglich unterschiedlicher Mei-
nung. Langfristig wird dieses Thema aber sicherlich an Bedeutung gewinnen.
43
Kapitel 6
Handlungsempfehlungen
1. Um schneller auf einer breiteren Ebene Verbesserungen zu realisieren, scheinen vor allem
Zusatzangebote für bestehende Studiengänge und Ausbildungsberufe sinnvoller und
einfacher umsetzbar zu sein. Konkret ergeben sich hieraus Anforderungen an sozialwis-
senschaftliche und technische Studiengänge, die verschiedene Inhalte aus der Informa-
tik, Medizin, Architektur und Design bündeln. Auch könnten Studierende nach einem
Bachelor der Elektrotechnik, Informatik, Gerontologie oder Pflegewissenschaften einen
Master belegen, in dem, neben technischen Vorlesungen, auch Inhalte aus der Technik-
soziologie, Gesundheit/Pflege, Medienwissenschaften etc. integriert werden.
2. Neben der Erstausbildung sollte man jedoch auch die heute schon Berufstätigen mit
Angeboten qualifizieren: Mit Ringvorlesungen oder Abendstudiengängen wäre eine be-
rufsbegleitende Weiterbildung möglich. Auf diese Weise könnte man vor allem diejeni-
gen erreichen, die heute schon Entscheidungen treffen und so eine Beschleunigung der
Markteinführung und -akzeptanz ermöglichen.
3. Neben der akademischen Aus- und Weiterbildung sollte vor allem die Berufsausbildung
von Handwerkern und Installateuren im Mittelpunkt stehen. Die heute verfügbaren
Ausbildungsberufe sind nicht auf die Entwicklung vorbereitet. Die fehlenden theoreti-
schen und praktischen Kenntnisse werden sonst schnell zu einem Nadelöhr bei der
Marktentwicklung. Auch hier können mit berufsbegleitenden Weiterbildungsmaßnah-
men Handwerker und Installateure qualifiziert werden.
6.5 Standortfaktor Berlin
Die hohe Besucherfrequenz in Berlin verbunden mit sehr heterogenen und vielfältigen
Wohnformen kann dafür sorgen, dass Berlin national und international eine wichtige
Rolle – vor allem für die Kommunikation und Präsentation von entsprechenden Projekten
- übernehmen kann.
Berlin bietet mit seiner Größe und Bedeutung, seinen repräsentativen Einrichtungen und
dem hohen Besucheraufkommen eine ideale Plattform, um Neuheiten und Pilotprojekte
gerade zum Thema „Vernetztes Leben“ öffentlichkeitswirksam in Szene zu setzen. Die
Hauptstadtregion könnte sich als serviceorientierte Stadt präsentieren und als vorbildhaft
„vernetzte Region” auf nationaler und internationaler Ebene Aufmerksamkeit erzielen.
VERNETZTES LEBEN
44
Handlungsempfehlungen
1. Optimal wären die Organisation und Unterstützung von Pilot- und Leuchtturmprojek-
ten, die die Themen und Ressourcen der Berliner Forschungslandschaft ebenso integrie-
ren wie die Potenziale der Berliner Wirtschaft. Auch wenn sich für bestimmte globale und
Nationen übergreifende Angebote ein internationaler Markt mit wenigen führenden, fi-
nanzstarken Marktteilnehmern entwickeln wird, so kann Berlin seine Besonderheiten
und Potenziale nutzen, um sich in ausgesuchten Feldern zu positionieren und zu eta-
blieren.
Es könnte ein „Berliner Modell“ entwickelt werden, dass für bestimmte Themen und An-
forderungen überregional bekannt wird. Nachfolgend ist ein Beispiel kurz skizziert.
Aufbau eines e-Wohn-Hauses, das die Produkte und Dienstleistungen der Berliner For-
schung und Wirtschaft in einem Modellprojekt vereint. Ein Haus, in dem einerseits grund-
sätzliche Voraussetzungen wie technische Infrastrukturen und Schnittstellen vorgeführt
werden können, andererseits konkrete benutzerorientierte Musterwohnungen (Single-
haushalt, Familien mit Kindern, Generation 60+, betreutes Wohnen) und Musterbüros zu
begehen sind. Potenziale und Vielfalt des Themas könnten so anschaulich einem breiten
Publikum zugänglich gemacht werden. Ergänzend sollte das Haus als Fachforum für Wirt-
schaft, Politik und Verwaltung interdisziplinäre Funktionen übernehmen.
Um Pilot- und Leuchtturmprojekte zu initiieren, sind Maßnahmen auf den unterschied-
lichsten Ebenen zu koordinieren. Dabei sind auch einzelne Leitprojekte einzubinden,
die heute bereits die Innovationskraft der Branche zeigen und damit eine übergreifende
Wirkung entfalten können, indem sie Teilaspekte von „Vernetztes Leben“ aufgreifen und
integrieren. Die Leitprojekte haben so gesehen die Funktion eines Katalysators für wei-
tergehende und übergreifende Projekte.
2. Eine positive Entwicklung kann von übergeordneten Institutionen sicherlich aktiviert
und unterstützt werden. Mögliche Instrumente sind beispielsweise öffentlichkeitswirk-
same Pilotprojekte, interdisziplinäre Workshops und Seminare sowie Veranstaltungen auf
Messen und Kongressen.
Die Etablierung einer Anlauf- und Koordinationsstelle für interessierte Unternehmen
wie für interessierte Nutzergruppen scheint ebenfalls sinnvoll.
45
Kapitel 6
Um den Standortfaktor Berlin voll auszuspielen ist außerdem die Gründung eines (län-
derübergreifenden) Expertenbeirats, die Etablierung von Innovationskonferenzen
sowie die Umsetzung einer GRW-Netzwerkkonzeption sinnvoll und notwendig.
6.6 Fazit
Wenn die Region Berlin eine Schlüsselfunktion beim Thema „Vernetztes Leben“ über-
nehmen möchte und sich zumindest in Teilbereichen national und international positio-
nieren will, sind weitere öffentliche Anstrengungen notwendig. Die Forschungslandschaft
ist zum Thema gut aufgestellt, es fehlt aber an innovations- und marktorientierten Wert-
schöpfungsketten.
In der Region haben sich bereits gemeinsame Netzwerke gebildet, die das Thema auf-
greifen und einen wichtigen Beitrag zur Außendarstellung liefern. Diese vorhandenen Netz-
werke können sehr gut in das Thema „Vernetztes Leben“ eingebunden werden. Zahlreiche
Branchenverbände auf Seiten der Wirtschaft sowie themenspezifische Netzwerke sind ge-
gründet worden, jedoch fehlt diesen Verbänden und Netzwerken die spezifische Ausrich-
tung auf „Vernetztes Leben“ als übergreifendem Handlungsfeld.
Insgesamt wird in dieser Studie deutlich, dass Kooperationen, gerade der kleinen Un-
ternehmen, an Intensität und Qualität noch weiter zunehmen sollten, um die Potenziale
des Handlungsfeldes auszuschöpfen.
Zusammenfassung der notwendigen Maßnahmen in Stichpunkten:
Vernetzung
• Vernetzung der herausragenden Akteure in Berlin und Brandenburg zur umfassenden,
branchenübergreifenden Kooperation
• Stärkung und Aufbau länder- und themenübergreifender Strukturen
• Gründung eines (länderübergreifenden) Expertenbeirats
Dieser Beirat soll die verschiedenen Bereiche des „Vernetzten Lebens“ repräsentieren.
Eine der ersten Aufgaben wird die inhaltliche Vorbereitung des Fachforums e-Living auf
den Xinnovations 2010 sein
• Etablierung von Innovationskonferenzen, zu denen jeweils Vertreter der großen
VERNETZTES LEBEN
46
Unternehmen wie IBM, Telekom-Laboratories, Motorola, CISCO und Microsoft
eingeladen werden, als auch Anwendungsvertreter wie die großen
Wohnungsbaugesellschaften, Versorger und Verkehrsunternehmen. Darüber hinaus
Unternehmen der mittelständischen Wirtschaft sowie Verbände und natürlich
Vertreter der Hochschulen und Forschungseinrichtungen
• Umsetzung einer GRW-Netzwerkkonzeption mit dem Schwerpunkt einer nachhaltigen,
anwendernahen Etablierung moderner, den Menschen unterstützender Technologien
• Einbeziehung der späteren Nachfrager in die thematische Entwicklung des
Handlungsfeldes (Wohnungswirtschaft)
Integration und Standardisierung
• Verbesserung der Integration von bereits gängigen Lösungen im Bereich der Vernetzung
• Beseitigung von Schnittstellen bei den i.d.R. zu findenden Insellösungen
• Verbindung zu technologisch notwendigen Themen- und Handlungsfeldern:
• Open Source Berlin
• Location Based Serviced (z.B. Smartphone-Anwendungen)
• Internet der Dienste (Streaming-Angebote)
• Datenkommunikation und -übertragung
• Telemedizin/E-Health (Dieser Bereich ist in Berlin durch die diversen Initia-
tiven bereits stark unterstützt)
Marktentwicklung und Kommunikation
• Verbesserung der Marktsituation von schon nachhaltig ausgelegten und bereits marktfä-
higen Praxislösungen
• Initiierung von Projekten, die die Sichtbarkeit und regionale Wertschöpfung für „Ver-
netztes Leben“ stärken, um Nachfrage zu generieren
• Verbesserung der Wahrnehmung, Transparenz und des Images des Themas Vernetztes
Leben
• Herausarbeitung geeigneter Begriffe und Klassifikationen in diesem Feld
• Verstärkte Öffentlichkeitsarbeit in Fachforen, auf Messen und Kongressen
• Nutzung der Vorteile Berlins als möglicher Leuchtturmstandort (88% Mietwohnungen)
• Unterstützung beim Aufbau von Leuchtturmprojekten
47
Kapitel 6
6.7 Nächste Schritte
Initiierung von Projekten
Im Ergebnis heißt dies, dass die besondere Komplexität, die das Handlungsfeld „Ver-
netztes Leben“ an Unternehmen, Wohnungswirtschaft, Forschungseinrichtungen und Poli-
tik stellt, auch für die künftige Entwicklung des Handlungsfeldes eine besondere
Herausforderung darstellt. Die Initiierung von Projekten, die die Sichtbarkeit und regionale
Wertschöpfung für „Vernetztes Leben“ stärken, ist daher besonders wichtig. Im Ergebnis
sollen Vernetzung und Kooperation zwischen Entwicklern, Herstellern und Anwendern in
einer gemeinsamen Organisationsstruktur realisiert werden.
Kooperationen
Das Miteinander von Unternehmen, Forschung und Anwendern ist eine besondere Her-
ausforderung. Bei den Unternehmen wiederum ist zu bedenken, dass sowohl die großen
innovativen Unternehmen in der Region mit einzubeziehen, als auch die mittelständi-
schen Unternehmen zu berücksichtigen sind. Gerade die großen Unternehmen können als
Impulsgeber und Initiatoren für neue, wirtschaftlich nutzbare Projekte agieren. Die Uni-
versitäten und Forschungseinrichtungen können ihre Innovationskraft, wissenschaftliche
Kompetenzen und neuartige Methoden und Ansätze einbringen.
Innovationskonferenzen
Zum Start der drei Innovationsbereiche sollten Innovationskonferenzen veranstaltet wer-
den, zu denen jeweils Vertreter der großen Unternehmen wie IBM, Telekom-Laboratories,
Motorola, CISCO und Microsoft eingeladen werden, als auch Anwendungsvertreter wie die
großen Wohnungsbaugesellschaften, Versorger und Verkehrsunternehmen. Darüber hin-
aus Unternehmen der mittelständischen Wirtschaft sowie Verbände und natürlich Ver-
treter der Hochschulen und Forschungseinrichtungen.
Zentrale Plattform
Die beteiligten Akteure sollten unter Einbeziehung der späteren Kunden Ziele einer ge-
meinsamen Entwicklungsarbeit definieren. Dazu gehört, frühzeitige Usertests und Test-
beds unterschiedlichster Ausprägungen und Größenordnungen vorzusehen und auf dieser
Basis über verschiedene Formen der Kooperation und Beteiligung zu sprechen. Hier sollte
eine zentrale Plattform entstehen, die die unterschiedlichen Kompetenzen aus Technik-,
Markt- und Kundenwissen zusammenführt.
VERNETZTES LEBEN
48
Cluster- und Netzwerkmanagement
Der Kern der Maßnahmen liegt auf der Durchführung der oben beschriebenen Innovati-
onskonferenzen. Damit diese zu einem nachhaltigen Erfolg führen, bedarf es einer ent-
sprechenden Vorbereitung. Hierzu ist zunächst eine interne Strategierunde durchzuführen,
in der die Innovationskonferenzen vorbereitet und die Leitthemen entsprechend umrissen
werden.
Die Ergebnisse der Innovationskonferenzen sind auszuwerten und einzuarbeiten. Sie bil-
den die Basis für die Cluster- und Netzwerkbildung, die entlang der Innovationsbereiche
mit ihren Leitthemen, aber auch - da wo Synergieeffekte zu erwarten sind – vertikal mit-
einander vernetzt, aufzubauen sind. Dazu bedarf es eines entsprechenden Clustermana-
gements.
49
Kapitel 7
7. Impressum
Vernetztes Leben
Wirtschaft und Forschung in der Region Berlin
Studie 2010
Herausgeber
Herausgeber dieser Studie ist die TSB Innovationsagentur Berlin GmbH
Bereich Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT)
Dr. Peter Apel
Fasanenstr. 85
10623 Berlin
Telefon: +49 (0) 30 46302 500
E-Mail: [email protected]
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port bei den Autoren, vertreten durch den Herausgeber, liegt. Die begründeten Urheber-
rechte bleiben umfassend vorbehalten. Jede Form der Vervielfältigung z.B. auf
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Inhalt
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Studie. Die Auswahl der Inhalte ist exemplarisch für die Region und erhebt keinen Anspruch
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Redaktionelle Leitung:
TSB Innovationsagentur Berlin GmbH
Dr. Peter Apel, Udo Panoscha
Unternehmensbefragung:
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Dr. Martin Fornefeld, Alexander Sobiech
Studie zu Forschung und Bildung:
Wabersky Projektberatung, www.wabersky.com
Markus Wabersky, Arild Eichbaum
Titelbilder, Layout und Grafik:
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Druckerei:
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Quellenangaben Diagramme und Erklärungsgrafiken:
Kapitel 3: Micus Management Consulting GmbH
Kapitel 4: Wabersky Projektberatung
Kapitel 5: TSB Innovationsagentur Berlin GmbH
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