Gedankengang 2020Weg von Coesfeld zum Kloster Gerleve

Von Dr. Melanie Kolm, Schulseelsorgerin am St.-Pius-Gymnasium Coesfeld

Im März 2020

StartEigentlich wollten wir in diesem Jahr ganz verschiedene Weg gemeinsam gehen.

Aber 2020 ist es anders: Die sogenannte „Corona-Krise“ zwingt dazu, das alltägliche Leben herunterzufahren: Schulen bleiben geschlossen, Homeoffice heißt es für viele, Veranstaltungen aller Art fallen aus und auch Gottesdienste müssen unterbleiben.

Das Schild „Betreten verboten“ ist wie eine Überschrift über diese Tage.

Das beutetet : Die geplanten Angebote in der Vorbereitungszeit auf Ostern fallen aus.

Oder sie fallen in diesem Jahr einfach „anders“ aus…

AufbruchEs ist halb 8.

Die Sonne geht auf am Coesfelder Berg.

Vor uns liegt ein Weg, den viele Coesfelder kennen: hier geht es am Kloster Annenthalvorbei hinaus zum Kloster Gerleve.

Und weil das so ist, können wir ihn mit Hilfe der Bilder auch in Gedanken mitgehen.

Vielleicht kann er uns gerade in dieser Zeit etwas für unseren Alltag unter diesen neuen Bedingungen mitgeben.

Vielleicht einen kleinen friedlichen Moment. Das wäre doch ein Anfang.

MöglichkeitenWir gehen hier immer rechts.

Wir machen viele Dinge immer so.

In diesem Jahr sind wir gezwungen, es anders zu machen.

Wir müssen angesichts der Krise neue Wege gehen und die sind längst nicht so gut geteert wie dieser hier.

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Wir gut bin ich darin, mich auf neue Wege einzulassen?

SonnenaufgangNur einige Schritte weiter zeigt sich uns dieses Bild.

Das Tröstliche ist, dass auch unter diesen neuen Umständen die Sonne aufgeht.

Wir dürfen vertrauen, dass Gott bei uns ist -auch in dieser Zeit.

ÜppigDas satte Grün auf dem Feld leuchtet fast im Sonnenlicht.

Es ist fast wie ein Hoffnungszeichen, dass sich alles zum Guten wenden wird.

Das möchte ich gerne glauben.

OsterglockenAn den aktuellen Konsequenzen für die diesjährige Vorbereitungszeit auf Ostern wird aber schon deutlich, wie tief die Krise in unser Leben eingreift:

- auf die Begegnungen

- auf die Vorbereitung

- auf die Gottesdienste

- auf die Ferien

- auf die Familie

- auf das Fest selbst.

VordergründigDas, was brach liegen muss, das müsste man in den Hintergrund schieben können.

Dann würde vielleicht sichtbar, welche Schönheit in dem liegt, was ganz schlicht vor unserer Nase ist.

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Den Fokus verändern: Kann ich das? Bringt mir das etwas?

DurchkreuztDie Spuren zeigen den durchkreuzten Weg.

Im Leben sind die Wege nicht immer so, wie wir uns das wünschen.

Davon kennt jeder und jede von uns Beispiele.

Wie viele Leben werden aktuell durch diese Krise massiv durchkreuzt.

In der Fastenzeit erinnern wir uns an den durchkreuzten Weg, den Jesus gehen musste.

Mit schweren Wegen kennt er sich aus.

Deshalb geht er unsere mit.

Genau hinsehenWer ganz nah an das Bild rückt kann sie sehen: Tautropfen.

Sie funkeln in der Sonne.

Genau auf dem Feld mit den gekreuzten Wegen leuchten sie urplötzlich in der Sonne auf.

Ein Foto kann das kaum auffangen.

Das muss man gesehen haben

Das aus Schwerem Gutes wird, das muss man erlebt haben.

Das ist fast wunderbar.

Beengter RaumEin Hochsitz bringt die Gedanken wieder zur Zeit des Rückzugs in die eigenen vier Wände.

Wie kann das gelingen?

Wie kann das friedlich gelingen?

Wie halten wir das aus?

StandsicherDer Baum steht da ganz standfest.

Wahrscheinlich steht er da schon viele Jahre.

Was gut verwurzelt ist, das haut so leicht nichts um.

Das wünsche ich uns allen auch.

Ich wünsche uns Halt und Sicherheit in den Wirrnissen von neuen Nachrichten, finanziellen Sorgen, gesundheitlichen oder anderen Bedrängnissen.

Und wer weiß: Vielleicht verwurzeln wir dadurch noch etwas tiefer.

Lichte MomenteVielleicht gibt es in dieser Zeit zwischen den Menschen, die zusammengehören, Lichtmomente.

Vielleicht dann, wenn man gar nicht damit rechnet.

____________________________________Was hatte ich in der letzten Zeit für Lichtmomente mit den Menschen neben mir?

VorbereitungEin Osterfeuer wird es in diesem Jahr wohl nicht geben.

Aber die Vorbereitung war nicht umsonst.

Aufgeschoben ist nicht aufgehoben.

Das gilt sicher auch für innere Vorbereitungen auf dieses Fest.

Es wird gefeiert werden.

Wir stimmen uns ein, wie es eben geht.

Holz sammeln heißt in diesem Jahr nur etwas anderes: Kerzen in Fenster stellen, …

Irgendetwas wird sicher angezündet werden durch das Licht der Osternacht.

GestutztDiese Kopfweide wurde zurechtgestutzt.

Ich fühle mich derzeit auch wie gestutzt.

Was eben noch normaler Alltag war, liegt jetzt am Boden:

• mein Wochenrhythmus

• Freizeitbeschäftigungen

• geplante Besuche

• Ferienplanungen

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Neues wachsen lassen ist erstmal nicht leicht. Kann ich vertrauen, dass die Kraft dafür in mir steckt?

AufwärtsWie auch immer – der Weg geht weiter.

Der Coesfelder Berg hat manchen Anstieg parat.

Manche gehen ihn zügig.

Manche brauchen etwas länger ...

So ist das eben.

DistelnInteressant.

Während vieles sich in der Natur nach dem Winter erst berappeln muss ist diese Distel schon gut dabei.

Man sieht es ihr förmlich an, wie widerstandsfähig sie ist.

Ich wünschte mir das in diesen Tagen auch.

Die Nachrichten am Fernsehen oder auch aus der näheren Umgebung setzen mir zu.

Berührbar sein ist eine Herausforderung.

____________________________________Was wäre die Alternative?

NachbarschaftWie hinter einem dichten Zaun sieht man dieses Haus.

Die Nachbarschaft zu anderen Menschen soll nun in Distanz gestaltet werden.

Nähe und Distanz.

Nähe in Distanz.

Wer Menschen kennt, die man aktuell nicht mehr besuchen soll, wird wissen, wie schwer das fällt.

Was bleibt ist, zwischen den Vorgaben nach Möglichkeiten zu suchen.

Alternative Nähe.

VorfreudeDa tauchen die Spitzen der Türme hinter dem Berg auf.

Das Kloster Gerleve wird sichtbar.

Jetzt fällt der Weg schon etwas leichter.

Ein kleiner Ausblick kann uns neue Kraft geben für das, was noch zu bewältigen ist.

Vorfreude.

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Worauf freue ich mich, wenn ich an morgen denke? Wenn ich an die Zeit „danach“ denke?

VerzweigtUnsere Beziehungen sind verzweigt.

Unser Arbeitsleben ist digital verbunden.

Unsere ganze Welt ist vernetzt.

Die Komplexität der Verbindungen ist unglaublich dicht.

Das fällt in diesen Tagen auf.

Es scheint, als kommen all diese Verbindungen jetzt auf den Prüfstand.

Was läuft, was ist wichtig, was hat Vorrang?

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Inventur.

PauseEine Einladung,

• mal auszuruhen

• innezuhalten

• Frieden finden

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• den eigenen Gedanken nachzuhängen…

Wieder ein kleines Stück geschafft„Ein Weg entsteht, wenn man ihn geht.“

So lautet der Spruch an meiner Pinnwand.

In dieser krisenhaften Zeit wird mir klar vor Augen geführt, dass es nicht für alle Situationen im Leben Pläne und Musterabläufe gibt.

Ich muss ausprobieren, wie es (bzw. ich) gehen kann.

Und das geht nur Schritt für Schritt.

Jeden Tag ein kleines Stück weitergehen.

Und wieder ist ein kleines Stück geschafft.

Herzlicher GrußDie Sonne im Rücken stehe ich vor diesen Bänken.

Allein macht es mir heute keinen Spaß, mich hinzusetzen.

Also winke ich einmal und gehe weiter.

Das gibt´s doch nicht!Da stehe ich kurz vor dem Ziel und dann das!

Durchfahrt verboten!

Was heute alles plötzlich nicht mehr geht!

Langsam reicht es mir.

Jetzt auch das noch!

Da geht noch was…Bei näherem Hinsehen wird klar: Es führt ein Weg daran vorbei.

Ich kann weitergehen.

Ich brauche nicht umzukehren.

Ich brauche keine Umwege suchen, testen und laufen.

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Wann musste ich das letzte Mal einen Umweg in Kauf nehmen? Funktionierte er?

ZieleinlaufEine neu geteerte Straße war Grund für die Sperrung.

Und für mich ist sie heute der perfekte Untergrund für den Zieleinlauf.

Ein bisschen erhebend ist es schon, wenn man hier ankommt und weiß: Gleich ist es geschafft.

Rennen oder gehenWenn man hier ankommt, dann wird entweder gegangen oder gerannt – je nach Altersgruppe und Anlass.

Ich kann heute langsam gehen.

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Wie bin ich eigentlich im Alltag unterwegs? Was ist meine „normale“ Geschwindigkeit? Renne ich noch oder gehe ich schon?

Nur noch die TreppeGleich hab ich es geschafft, nur noch die eine Treppe hoch.

Jetzt aber langsam!

Schritt für Schritt.

Heute gehe ich einmal ganz bewusst in diese Kirche.

Hallo!Der Löwe ist mir nie aufgefallen.

Eine abschreckende Wirkung hat er gerade nicht.

Eher wie ein alter Freund:

Schön, dass du mal wieder vorbeischaust.

Komm rein.

Der Gastgeber

Der Blick nach oben zeigt mir den Gastgeber.

Ich freue mich auf die Begegnung.

Heute habe ich viel zu erzählen.

Er sieht so aus, als hätte er Zeit.

Zeit zum Gebet

RückwegSchön, dass du mitgegangen bist.

Ich hoffe, du hattest einen guten Weg, hilfreiche Gedanken, einen friedlichen Moment und eine gute Begegnung im Kloster.

Ich wünsche dir alles Gute für den Rückweg.

Komm gut an.

Ein Wort zum Weg

Die Bilderstrecke vom Weg zum Kloster Gerleve ist entstanden, weil imKollegium des St.-Pius-Gymnasiums der sogenannte „Gedankengang“ seitvielen Jahren ein Angebot in der Fastenzeit ist. In diesem Jahr musste er imZuge der Schulschließung angesichts der Corona-Krise leider entfallen. So entstand die Idee, ihn als Schulseelsorgerin zwar alleine, aber für die anderen mit zu gehen und ihn als Bilderstrecke zur Verfügung zu stellen.

Der Weg entfaltet beim Gehen eine Kraft, die hoffentlich auch in den Bildern spürbar wird. Mir persönlich hat er geholfen, meine derzeit vielenund widersprüchlichen Gedanken zu sortieren und mich wieder auf das zu fokussieren, was wichtig ist. Im Innern der Kirche angekommen war ich ganzruhig: Zeit zum Gebet. Alles Bedrängende konnte ich dort lassen.

So wurde dieser Gedankengang ein Teil meines Weges auf Ostern zu. Ich bin zuversichtlich: Ostern wird werden – auch in diesem Jahr.

Melanie Kolm