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Die Villa befindet sich in der Nähe von Paris (nordwestlich), in ländli- cher Umgebung im Ort Poissy. Dazu wäre noch zu sagen, dass diese etwas hochgelegen, umgeben von Laubbäumen auf einer Grünfläche liegt, um die Atmosphäre/den Bezug der Natur zu erhalten. Adresse: Chemin de Villiers 8 Poissy, Department 78 (Yvelines) Ursprünglich wurde sie als Landsitz geplant, der einen etwas parkar- tigen Eindruck hinterlässt, dies entsprach jedoch nicht dem Gefallen bzw. Ansprüchen der Auftraggeber, wodurch sie im Laufe der Jahre stark vernachlässigt und unterschiedlichen Nutzungen ausgesetzt war. Jahrzehnte später besann man sich dieser einzigartigen Architektur und stellte die Villa noch zu Lebzeiten Le Corbusiers unter Denkmal- schutz. Heute ist sie saniert und beherbergt ein Museum. Die Villa Savoye kann man im Grunde keiner Analyse unterziehen, da Corbusiers „fünf Punkte“ , sein Verlangen nach transparenter aber leidenschaftlicher Ratio, das Zelebrieren von Bewegungsabläufen bei Rampe oder Treppe es beinahe unmöglich machen. Die Rampe bringt das Strukturgerüst in ein Durcheinander, sodass Le Corbusier die Stützen im Inneren als Metapher und nicht als echte Tra- gelemente verwenden konnte. Die Autos spielen eine große Rolle. Er integrierte das Automobil in die Architektur der Villa Savoye, als Art bzw. Symbol des Fortschritts. Die Lage der Villa unweit von Paris erforderte, dass die Bewohner der Villa die 30km Distanz nach Paris mit dem Wagen zurückzulegen muss- ten. Dieses „Außerhalb-der-Stadt-wohnen“, das „neue“ Wohnen, be- deutet Flexibilität auf Grund von Beweglichkeit, die Ortsgebundenheit erscheint mit dem Auto aufgehoben, und der Mensch hält sich nur noch zeitweise, geradezu flüchtig auf. Diese Bedingung, eine vollkommen neue Einstellung zum Wohnen und ein neues Lebensgefühl auf Grund der Mobilität, ist ein zentraler Be- griff innerhalb des Aufbaus des Entwurfs, der einen „mobilen Charak- ter“ zelebriert: Im Erdgeschoß befindet sich eine Rundung unterhalb des aufgeständerten Baukörpers für die direkte Vorfahrt der Autos, die schräg, also jederzeit abfahrbereit aufgestellt werden. Diagonalwände suggerieren Dynamik. Doch stellt die Rundung na- türlich eine willkommene, zum kantigen Kubus des Obergeschosses kontrastierende Figur dar, wie bei früheren Entwürfen, so dass unklar bleibt, ob die Funktion zur Form führte oder umgekehrt. Die fünf Punkte einer neuen Architektur, die Le Corbusier 1923 in sei- nem Buch „Vers une architecture“ veröffentlichte, fanden unter ande- rem Anwendung bei seinen Bauten Villa Savoye, Haus Cook, Doppel- haus La Roche und Jeanneret. VILLA SAVOYE ANALYSE

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Die Villa befindet sich in der Nähe von Paris (nordwestlich), in ländli-cher Umgebung im Ort Poissy. Dazu wäre noch zu sagen, dass diese etwas hochgelegen, umgeben von Laubbäumen auf einer Grünfläche liegt, um die Atmosphäre/den Bezug der Natur zu erhalten. Adresse: Chemin de Villiers 8 Poissy, Department 78 (Yvelines)

Ursprünglich wurde sie als Landsitz geplant, der einen etwas parkar-tigen Eindruck hinterlässt, dies entsprach jedoch nicht dem Gefallen bzw. Ansprüchen der Auftraggeber, wodurch sie im Laufe der Jahre stark vernachlässigt und unterschiedlichen Nutzungen ausgesetzt war.Jahrzehnte später besann man sich dieser einzigartigen Architektur und stellte die Villa noch zu Lebzeiten Le Corbusiers unter Denkmal-schutz. Heute ist sie saniert und beherbergt ein Museum.

Die Villa Savoye kann man im Grunde keiner Analyse unterziehen, da Corbusiers „fünf Punkte“ , sein Verlangen nach transparenter aber leidenschaftlicher Ratio, das Zelebrieren von Bewegungsabläufen bei Rampe oder Treppe es beinahe unmöglich machen. Die Rampe bringt das Strukturgerüst in ein Durcheinander, sodass Le Corbusier die Stützen im Inneren als Metapher und nicht als echte Tra-gelemente verwenden konnte.

Die Autos spielen eine große Rolle. Er integrierte das Automobil in die Architektur der Villa Savoye, als Art bzw. Symbol des Fortschritts. Die Lage der Villa unweit von Paris erforderte, dass die Bewohner der Villa die 30km Distanz nach Paris mit dem Wagen zurückzulegen muss-ten. Dieses „Außerhalb-der-Stadt-wohnen“, das „neue“ Wohnen, be-deutet Flexibilität auf Grund von Beweglichkeit, die Ortsgebundenheit erscheint mit dem Auto aufgehoben, und der Mensch hält sich nur noch zeitweise, geradezu flüchtig auf. Diese Bedingung, eine vollkommen neue Einstellung zum Wohnen und ein neues Lebensgefühl auf Grund der Mobilität, ist ein zentraler Be-griff innerhalb des Aufbaus des Entwurfs, der einen „mobilen Charak-ter“ zelebriert: Im Erdgeschoß befindet sich eine Rundung unterhalb des aufgeständerten Baukörpers für die direkte Vorfahrt der Autos, die schräg, also jederzeit abfahrbereit aufgestellt werden.

Diagonalwände suggerieren Dynamik. Doch stellt die Rundung na-türlich eine willkommene, zum kantigen Kubus des Obergeschosses kontrastierende Figur dar, wie bei früheren Entwürfen, so dass unklar bleibt, ob die Funktion zur Form führte oder umgekehrt.

Die fünf Punkte einer neuen Architektur, die Le Corbusier 1923 in sei-nem Buch „Vers une architecture“ veröffentlichte, fanden unter ande-rem Anwendung bei seinen Bauten Villa Savoye, Haus Cook, Doppel-haus La Roche und Jeanneret.

VILLA SAVOYEAnALYSE

Das Haus auf SäulenDer Stahlbeton schenkt uns die Säulen. Das Haus schwebt nun in der Luft, ist vom Boden getrennt und der Garten setzt sich unter ihm fort. Le Corbusier trennt konsequent tragende und nicht tragende, raumab-schließende Elemente. Er zerlegt die massive Mauer in ein Gerippe aus Eisenbetonpfosten, die durch dünne Membrane ausgefacht wer-den. Die Pfosten werden statisch optimiert, die Membran ebenfalls auf das erforderliche Minimum reduziert. Dadurch wird unter anderem das Aufheben des gesamten Gebäudes ermöglicht. Es wird dadurch der Feuchtigkeit entzogen und ein leichteres Erscheinungsbild geschaffen, zusätzlich kann dadurch die ansonsten verbaute Gartenfläche unter dem Gebäude genutzt werden. Die Trennung der Bauteile nach ihrer Funktion geht mitunter so weit, dass auch das Dach von dem übrigen Baukörper getrennt wird, der sich als Kubus unter einer mehr oder we-niger frei schwebenden Schirmkonstruktion entwickelt.Auf dem Dach befindet sich ein Garten.

Der DachgartenDie bebauten Flächen eines Grundstückes kann durch ein flaches Dach zurückgewonnen werden. Dieses muss einerseits bewohnbar gemacht werden, andererseits bedarf das Dach eines Schutzes. Der Dachgarten wird zum bevorzugtesten Aufenthalt des Hauses und be-deutet außerdem für eine Stadt den Wiedergewinn ihrer ganzen be-bauten Fläche.

Der freie GrundrissDas Säulensystem trägt die Decke aller Stockwerke. Die Trennungs-wände können in jedem Geschoss beliebig aufgestellt werden, ohne dass die Säulen der freien Grundrissgestaltung hinderlich wären.

Die freie FassadeDurch Vorschieben der Decken vor die tragenden Pfeiler, wodurch eine Art rings um das Gebäude führender Balkon entsteht, wird die Fassade von allen tragenden Bauteilen befreit. Die Fenster können beliebig ausgedehnt werden, zum Vorteil der Gliederung im Inneren.

Das lange FensterZwischen Decken und Säulen entstehen im Fassadenbild rechteckför-mige Öffnungen, welche den Räumen eine vollkommene Beleuchtung ermöglichen. Man erhält von Pfeiler zu Pfeiler langgezogene Fenster, sodass die Zimmer von Wand zu Wand gleichmäßig beleuchtet wer-den.

Le Corbusier beschäftigte sich in der Architektur auch besonders in-tensiv mit der Innenraumgestaltung. Für ihn war die Farbgebung eines Gebäudes ebenso wichtig wie Grundriss und Form. In den 1920er Jah-ren experimentierte le Corbusier mit Farben und der architektonischen Wirkung. Basis seiner Farblehre waren 80 Farbpigmente aus denen er 63 harmonische Farbtöne entwickelte. Die 63 Farben kategorisierte er in 14 harmonische Farbreihen. Als Vorbild für seine Farblehre diente le Corbusier die Natur.

Die Variationsmöglichkeiten machten Le Corbusiers Farbreihen beliebt bei Architekten und Designern. Wie bereits die Pläne zeigen, ist die Villa von einem Art Raster durchzogen, das Gebäude hat größtenteils seine Ordnung.