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Vision. Genie. Leidenschaft. EIN FILM VON PETER SEHR UND MARIE NOËLLE MATERIAL FÜR DIE SCHULISCHE UND AUSSERSCHULISCHE BILDUNG AB KLASSE 8/14 JAHRE

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Vision. Genie. Leidenschaft.

EIN FILM VON

PETER SEHR UND

MARIE NOËLLE

MATERIAL FÜR DIE SCHULISCHE UND AUSSERSCHULISCHE BILDUNG AB KLASSE 8/14 JAHRE

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König Ludwig II. von Bayern wird seit anderthalb Jahrhunderten

von Literatur, Postkarten, Filmspots, Shows, Münzen und Kaffee -

tassen als „Märchenkönig“, als „Hanswurst“ und auch als „Ikone“

benannt und erfolgreich vermarktet. Man glaubt bei so vielen

Veröffentlichungen – insbesondere zum letztjährigen 125. Todes -

tag – schon eine Menge über ihn als Träumer, Wahnsinniger,

Schlossbaumeister, Wagnerianer zu wissen und könnte den

menschenscheuen Monarchen des 19. Jahrhunderts wohl von

heute aus auch als Frauenliebling, Medienstar und Aussteiger

bezeichnen. – Eine Menge Zuschreibungen und historischer Gossip

um einen Herrscher, der jungen Leuten im 21. Jahrhundert eher

fremd ist und nicht gerade im Zentrum von Lehrplänen steht.

Der Film von Marie Noelle und Peter Sehr möchte Ludwig, dem

Menschen, hinter all den äußeren Labels nahekommen, eher ein

Psychogramm zeichnen als Zeitkolorit und Politik thematisieren.

Dabei steht das allgemeinmenschliche Thema vom Widerspruch

zwischen unseren Träumen und der oftmals auch bitteren

Anpassung an die Realität im Zentrum. Dass das nicht nur bei

einem Opern- und Schlösser-Freak oder auch anderen Träumern,

die keine Königspflichten erfüllen mussten, problematisch war,

sondern bei jedem Jugendlichen in jeder Zeit zu Konflikten

führt, liegt auf der Hand. – Deshalb ein deutscher Königsfilm

für Fans, Neugierige, Eltern, Großeltern, Lehrerinnen und Lehrer,

Schülerinnen und Schüler, der einlädt zu Diskussionen über

Politik, Musik, historische und aktuelle Popkultur, Welt- und

Selbstbilder gleichermaßen.

Königliches Vergnügen dabei wünscht

Cornelia Hermann

IMPRESSUM

Text & Redaktion: Cornelia Hermann

[email protected]

Gestaltung: Propaganda B

Filmlänge: 136 Minuten

FSK-Freigabe: Ab 6 Jahre

FÄCHER

Geschichte, Politikwissenschaft, Musik, Kunst, Deutsch, Ethik,

Religion, Philosophie, Psychologie

THEMEN

Kunst und Politik, Ideal und Wirklichkeit, Deutsche Einheit im

19. Jahrhundert, Richard Wagner, Schlösserbau im 19. Jahrhundert,

Selbst- und Weltverständnis eines Königs in Umbruchszeiten,

Ich-Bewusstsein, Krankheit und Gesundheit im Bewusstsein der

Öffentlichkeit

VORWORT

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4 Die Filmhandlung

9 Ludwig II. – Stationen seines Lebens

12 Die historischen Figuren in seinem Umfeld

14 Richard Wagner und Ludwig

16 Ludwigs Welt- und Kunstbild

20 Die politische Realität zur Zeit Ludwigs II.

23 Das Ende Ludwigs II. und seine Wirkung

25 Arbeitsaufgaben

25 Vor dem Film

29 Fragen zum Film

30 Nach dem Film

34 Quellen und weiteres Lesenswertes

INHALTSVERZEICHNIS

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Bayern, 1864: Mit gerade 18 Jahren ist Kronprinz Ludwig eine

auffällige Erscheinung. Er ist sehr groß, gut aussehend und

begeistert sich mit der ganzen Kraft seiner Seele für die Werke

Richard Wagners. Eine Leidenschaft, die sein Vater König Max II.

als Schwäche abtut und mit allen Mitteln unterdrücken will.

Max II. trägt seine Emotionen nicht nach außen und erzieht

Ludwig und seinen jüngeren Bruder Prinz Otto streng. Seine

höchste Aufgabe sieht er darin, sich den Anforderungen seines

Amtes zu stellen – die auch darin bestehen, seinem Land eine

kraftvolle Armee zu sichern. Ludwig dagegen ist der Gedanke

an Krieg und Waffen völlig fremd.

Als Max II. unerwartet stirbt, wird Ludwig zum König von Bayern

proklamiert – viel zu früh, denn er ist auf dieses schwere Amt

noch nicht vorbereitet. Voller Zweifel hadert er mit seiner

neuen Aufgabe, stellt sich aber dennoch der Bürde. Und sein

Volk dankt es ihm und lässt den jungen König als Hoffnungs-

träger hochleben. Trotz seiner Unerfahrenheit werden die

Schwerpunkte von Ludwigs Regentschaft rasch erkennbar: Er

glaubt an eine bessere Welt und möchte seine Macht dafür

einsetzen, dass sein Volk in Frieden und Glück leben kann. Sein

Reich soll zum Mittelpunkt der Schönheit werden, Kunst und

Kultur sollen aufblühen, statt in Waffen möchte er in Theater,

Musik und Bildung investieren. Zum Unmut seines ihn zu Realis -

mus mahnenden Bruders Otto und der von ihm im Amt bestä-

tigten Minister, die darüber erzürnt sind, dass ihr neuer König

den von seinem verstorbenen Vater befürworteten notwendigen

Ankauf moderner Kriegstechnologie ablehnt.

Gar Entsetzen bereitet den Ministern, dass der junge König

davon träumt, seine Untertanen ausgerechnet gemeinsam mit

Richard Wagner durch Musik und Poesie zu besseren Menschen

zu erziehen und so dauerhaften Frieden zu schaffen. Denn Ludwig

verehrt den Komponisten, seine musikalischen Werke und

deren Sagenwelten schon seit seiner Kindheit – und teilt diese

Begeisterung mit seiner zwei Jahre jüngeren Cousine Sophie

Herzogin in Bayern, mit der er eng befreundet ist. Seine Minister

hingegen sehen in dem Komponisten allein den politischen

Revolutionär, der auf der Flucht vor seinen Gegnern und Gläubi-

gern bereits vor Jahren untergetaucht ist. Dennoch beauftragt

DIE FILMHANDLUNG

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Ludwig Kabinettssekretär Johann Lutz, einen seiner loyalsten

politischen Vertrauten, mit der Suche nach Wagner. Diese verläuft,

sehr zur Freude des Königs, erfolgreich. Dank des jungen Stall-

meisters Richard Hornig, der bald ebenfalls zu Ludwigs treuen

Weggefährten zählen wird, gelingt es Lutz den Komponisten

nach München zu bringen.

Für den mittellosen Wagner ist Ludwigs bedingungslose Zu nei -

gung ein Geschenk Gottes. Er nutzt Ludwigs Verehrung und

Großzügigkeit, um seine Opern mit großem Aufwand zu reali-

sieren und auf politischer Ebene Einfluss auf ihn zu nehmen.

Letzteres beargwöhnt vor allem Minister präsident von der

Pfordten, ein Erzfeind des Komponisten. So dauert es nicht lange,

bis durch von der Pfordten Berichte über Ludwigs Ausgaben

für Wagner an die Presse gelangen, und eine Hetzkampagne

gegen den Komponisten auch Ludwig ins Fadenkreuz der

öffentlichen Kritik bringt. Ein schwerer Schlag für den jungen

König, der seine kostspieligen Visionen mit Wagners Hilfe

verwirklichen wollte, nun aber die ganze Welt gegen den Kom-

ponisten und damit gegen sich und seine Ideen aufgebracht

sieht. Als aber die Drohkulisse eines am Horizont aufziehenden

Kriegs an der Seite Österreichs gegen Preußen die Anfeindungen

weiter befeuert, und der Druck auf Ludwig wegen mangelnder

militärischer Investitionen weiter wächst, bleibt ihm trotz der

erfolgreichen Uraufführung von „Tristan und Isolde“ nichts ande-

res übrig, als Wagner schweren Herzens des Landes zu verweisen.

Ludwig hält jedoch an seiner Vision von Frieden fest – unge achtet

der Warnungen von Kaiserin Elisabeth von Österreich, die eine

Eskalation befürchtet. Elisabeth („Sisi“), Sophies Schwester, ist

fast zehn Jahre älter als Ludwig; bei ihr sucht Ludwig seit seiner

Thronbesteigung immer wieder politischen Rat.

Als der Krieg nicht mehr abzuwenden ist, muss Ludwig sich ein-

gestehen, dass er mit seiner Idee des Friedens gescheitert ist.

Unter immensem Druck auch von seinem Bruder Otto ringt er

sich dazu durch, die für ihn so unerträgliche Mobil machung gegen

Preußen an der Seite Österreichs anzuordnen. Desillusioniert

und gesundheitlich schwer angeschlagen zieht er sich auf die

Roseninsel im Starnberger See zurück. Unter dem Einfluss ärztlich

verordneter Medizin und von Albträumen geplagt, weil er die

Toten und Verletzten des Krieges nicht verhindern kann, droht

er im Schlaf zu ersticken, als ihm Richard Hornig zu Hilfe eilt.

Dabei nähern die beiden sich auf eine Weise an, wie es Ludwig

sich möglicherweise schon oft gewünscht hatte – wie es nach

seiner tiefsten Überzeugung aber nicht sein und nie wieder

geschehen darf. Verzweifelt mit sich ringend stößt er Hornig

zurück und leistet Buße.

Als Ludwig vom sichtlich aufgewühlten Lutz die Nachricht über

die Niederlage Bayerns und den hohen Blutzoll des Krieges

überbracht wird, kehrt er bestürzt augenblicklich nach München

zurück. Dort gerät er außer sich, als von der Pfordten ihn vor die

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ungeheuerliche Tatsache stellt, dass dieser bei den Verhandlungen

mit Preußen bereits in ein geheimes Schutz- und Trutzbündnis

eingewilligt hat: ein Pakt, mit dem Bayerns Armee im Falle eines

Krieges von nun an unweigerlich an Preußens Seite steht. Von

der Pfordtens Alleingang empört Ludwig so sehr, dass er ihn

des Amtes enthebt und Lutz zu seinem neuen Minister ernennt.

So niedergeschlagen Ludwig wegen der vielen Rückschläge

auch ist, möchte er sich nun mehr denn je den Pflichten seines

Amtes stellen. Auf Anraten von Lutz zeigt er sich endlich seinem

Volk und begibt sich auf seine erste – und letzte – politische

Reise, die ihn durch das vom Krieg schwer getroffene Franken

führt. Seine Untertanen bejubeln ihn bei seinen öffentlichen

Auftritten, und nach seiner Rückkehr nach München sorgt er mit

einer Nachricht für noch mehr Begeisterung: Er wird sich mit

seiner Cousine Sophie Herzogin in Bayern verloben. Die Euphorie

der Bevölkerung und sein eigener Enthusiasmus sind es auch, die

Ludwig ermutigen, Richard Wagner wieder nach München zu holen.

Gleichzeitig spitzt sich die politische Situation für das König reich

Bayern wegen der zunehmenden Spannungen zwischen Preußen

und Ludwigs geliebtem Frankreich weiter zu. Tief besorgt wegen

des preußischen Expansionsdrangs reist Ludwig nach Paris, um

Gespräche mit Kaiser Napoleon III. zu führen.

Ludwig bringt allerdings nicht nur politische Eindrücke aus

Paris mit: Die Schönheit von Versailles hat ihn so sehr inspiriert,

dass er nach seiner Rückkehr höchste Ansprüche an die prunk-

volle Ausstattung seiner Hochzeit stellt – darunter eine goldene

Kutsche, die eigens für den großen Tag gefertigt werden soll.

Doch tief im Inneren seiner Seele hadert er mit sich, ob die

Entscheidung für die Heirat richtig war. Zwar stürzt er sich

parallel zu den Hochzeitsvorbereitungen in die Mitarbeit an der

Neuinszenierung von Wagners Oper „Lohengrin“, seine Zweifel

aber kann er nicht besiegen. Nachdem Sophie während einer

„Lohengrin“ Probe mehr Zuneigung einfordert und Ludwig sie

dabei schwer brüskiert, muss er sich und Sophie eingestehen,

dass ihn mit ihr nicht mehr als innige Freundschaft verbindet.

So entschließt er sich, die Verlobung zu lösen – und damit ihre

Schwester Elisabeth, ihre Familien und das ganze bayerische

Volk zutiefst zu enttäuschen. Für den jungen König, der sich

mit der Hochzeit auch innerlich befreien wollte, eine schwere

persönliche Niederlage. Und er verliert noch mehr, denn auch

mit Wagner kommt es zum endgültigen Bruch: Nach einem

wütenden Streit über die Besetzung des „Lohengrin“ verlässt

der tief enttäuschte Komponist München für immer. Nieder -

geschlagen zieht sich Ludwig mit Richard Hornig und Lakai

Mayr in die Alpen zurück.

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Drei Jahre später, 1870, bricht zwischen Frankreich und Preu-

ßen der Krieg aus, der sich so lange angekündigt hatte. Das

Schutz- und Trutzbündnis zwingt Bayern an die Seite Preußens,

und es dauert nicht lange, bis Frankreich kapituliert. Die Bildung

des Deutschen Reichs unter Führung Preußens steht unmittelbar

bevor, und der gesundheitlich immer schwerer angeschlagene

Ludwig entsendet Johann Lutz und Graf Max Holnstein als Ver-

treter zu den Verhandlungen nach Versailles. Ludwig wird dazu

gedrängt, seine rechtmäßigen Ambitionen auf die deutsche

Kaiserkrone aufzugeben und stattdessen mit der Unterzeich-

nung eines von Bismarck verfassten Briefes dem preußischen

König Wilhelm I. die Kaiserwürde anzu tragen. Tatsächlich wird

Wilhelm I. in Versailles zum Deutschen Kaiser proklamiert, und

Bayern muss sich der preußischen Vorherrschaft unterwerfen.

Seine Ideale nicht verwirklicht und sein geliebtes Königreich

nicht mehr frei zu sehen ist eine solch bittere Niederlage und

ein so großes Unglück für Ludwig, dass er endgültig an sich,

seinem Königtum und an der Welt verzweifelt. Er denkt sogar

daran, zu Gunsten seines Bruders abzudanken. Doch Otto ist

durch den Krieg und dessen Folgen so schwer traumatisiert,

dass er nach seiner Rückkehr nach München einen Zusammen-

bruch erleidet und von nun an vom Psychiater Dr. Bernhard von

Gudden behandelt wird.

So fasst Ludwig den Beschluss, dass er zwar König bleiben, sich

aber so weit wie möglich aus München zurückziehen wird. Alle

Ministerberichte und notwendigen Unterschriften sollen von

nun an durch Mittelsmänner überbracht werden. Entsetzt von

Ludwigs Vorhaben sieht Lutz die Ausübung der königlichen

Herrschaftspflichten und seine eigene politische Durchsetzungs -

kraft gegen Ludwigs Widersacher in ernsthafter Gefahr. Doch

Ludwig lässt sich nicht zurück halten, zu tief sitzt der Wunsch,

sich in eine eigene Welt zurückzuziehen – eine Welt nach seinem

Ideal, fernab von München und all den grässlichen Menschen,

die ihn zwingen wollen, ein anderer zu sein als er ist.

Zeitsprung ins Jahr 1886. Ludwig, nun 40 Jahre alt, hat sich stark

verändert, er hat deutlich zugenommen und sich seit Jahren nicht

mehr seinem Volk gezeigt – selbst die Menschen, die ihn direkt

umgeben, dürfen ihm nicht mehr mit ihrem bloßen Antlitz ent-

gegentreten. Seinen Plänen, sich eine eigene Welt zu erschaffen,

hat er Taten folgen lassen: Neben prachtvollen Bauten wie

Schloss Linderhof und Herrenchiemsee verwirklicht er mit Neu-

schwanstein auf eindrucksvolle Art und Weise auch seine Vision

von einem Schloss auf der Spitze eines Felsens. Hier lebt er

verschwenderisch mit Lakai Mayr, der ihn von der Außenwelt

abschirmt, Marstallfourier Karl Hesselschwerdt, seinem Frisör

Hoppe und einem Hofstaat nach Vorbild Louis’ XIV. Gelebt und

getafelt wird auf Neuschwanstein nur noch nachts. Geschlafen

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am Tag. Und der Ludwig weiterhin treu ergebene Richard Hornig

kümmert sich um die Bautätigkeiten seines Königs.

Der ganze Prunk seiner Schlösser und die von Ludwig darin

inszenierten nächtlichen Prozessionen wie aus „1001 Nacht“

können jedoch nicht verbergen, dass ihn eine tiefe Einsamkeit

umgibt. Zwar hat ihn der Rückzug in sein eigenes Reich und

seine Fantasie von den täglichen Pflicht er füllungen befreit,

seine Welt aber steht an einem gefährlichen Abgrund: Ludwig

hat sich mit seinen prächtigen Bauten finanziell übernommen;

die ersten Gläubigerfirmen wollen gar gegen den König vor

Gericht klagen, es droht die Insolvenz. Auch seine Minister tragen

die finanziellen Eskapaden ihres Königs nicht mehr mit und

befürworten keine weiteren Gelder. Zwar hat Lutz Pläne für eine

Sanierung der königlichen Finanzen entwickelt. Doch weil ihm

von Lakai Mayr der Zugang zu seinem König verwehrt wird, und

Ludwig allen Warnungen zum Trotz an der Vollendung Neuschwan -

steins und Herrenchiemsees festhält – und sogar den Bau eines

chinesischen und eines byzantinischen Palastes mitten in den

Alpen plant –, lässt der ernüchterte Lutz die Bauarbeiten durch

Graf von Holnstein mit einer bewaffneten Eskorte einstellen.

Daraufhin eskaliert der Konflikt zwischen dem König und seinen

Ministern. Ludwig ist außer sich wegen Lutz’ Vorgehen. Und Lutz,

dem bis dahin vor allem der zunehmende politische Einfluss

von Ludwigs Vertrauten Lakai Mayr und Frisör Hoppe ein Dorn

im Auge ist, muss nun eine Entlassung durch den aufgebrachten

König fürchten. Um dem zuvorzukommen, bittet er Dr. Bernhard

von Gudden eine psychiatrische Ferndiagnose zu erstellen, die

Ludwig Geisteskrankheit attestieren soll. Das für seine Zeit nicht

alltägliche Verhalten Ludwigs ermöglicht es von Gudden, inner -

halb weniger Stunden und nur mit Hilfe von Zeugen aussagen

ein Gutachten mit der gewünschten Diagnose anzufertigen.

Damit veranlasst ausgerechnet Lutz – Ludwigs engster politischer

Verbündeter und der Mann, der dem König wie kein anderer

seine Karriere zu verdanken hat – nichts weniger als Ludwigs

Entmündigung und Entmachtung.

Als Ludwig mit der Nachricht seiner Absetzung von einer

bewaffneten Eskorte auf Neuschwanstein in eine Falle gelockt

wird, ist jeder Widerstand zwecklos. Ludwig weiß genau, dass

dies für ihn das Ende bedeutet. Unter der Anteilnahme seiner

Vertrauten und Bediensteten wird er in Gewahrsam genommen,

aus Neuschwanstein geleitet und nach Schloss Berg gebracht.

Er leidet entsetzlich darunter, dass er, seines gesamten Hab und

Guts entledigt, in eine karge Zelle gesperrt wird – doch nach

außen lässt er sich erstaunlich wenig anmerken. Tatsächlich

gelingt es ihm auch weiterhin die Menschen um ihn herum für

sich einzunehmen. Ludwig kann sogar von Gudden davon über-

zeugen, dass er sich binnen weniger Tage auf dem Wege der

Besserung befindet – und überredet ihn zu einem Pfingstspazier -

gang. Gemeinsam und ohne Bewacher machen sich die beiden

Männer am 13. Juni 1886 auf zum Ufer des Würmsees, dem

heutigen Starnberger See...

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25. August 1845: Geburt Ludwigs als ältester Sohn des Kronprin-

zen Maximilian und seiner Frau Marie im Schloss Nymphenburg

(München). Am folgenden Tag Taufe auf den Namen Otto Ludwig

Friedrich Wilhelm.

20. März 1848: Abdankung Ludwigs I. Ludwigs Vater Maximilian

wird neuer König von Bayern und Ludwig Kronprinz.

27. April 1848: Geburt von Prinz Otto Wilhelm Luitpold, dem

jüngeren Bruder Ludwigs.

2. Februar 1861: Kronprinz Ludwig erlebt mit „Lohengrin“ im

Münchner Hof- und Nationaltheater erstmals eine Oper von

Richard Wagner.

10. März 1864: Tod von Ludwigs Vater. Ludwig wird als Ludwig II.

zum bayerischen König ernannt.

27. März 1864: Ludwig II. eröffnet erstmals den bayerischen

Landtag.

4. Mai 1864: Wagner trifft in München ein, nachdem Ludwig

seinen Kabinettssekretär auf die Suche nach ihm geschickt

hatte.

10. Juni 1865: Die Uraufführung von „Tristan und Isolde“ im

Münchner Nationaltheater wird für Wagner zum Triumph.

10. Dezember 1865: Auf zunehmenden Druck von Presse,

Bevölkerung und Ministern muss Ludwig Wagner bitten München

zu verlassen. Wagner lässt sich in der Schweiz am Vierwald-

stätter See nieder.

27. Mai 1866: Eröffnung des bayerischen Landtags durch Ludwig

mit Anordnung der Mobilisierung der Armee gegen Preußen.

9. Juni 1866: Einmarsch Preußens in Holstein und Austritt aus

dem Deutschen Bund.

Juni/Juli 1866: Krieg Preußens gegen den Deutschen Bund

unter Führung Österreichs. Bayern steht auf Seiten des Bundes

und damit Österreichs.

3. Juli 1866: Sieg Preußens über Österreich in der Schlacht bei

Königgrätz. Gründung des Norddeutschen Bundes unter Führung

Preußens im August. Abgabe der Grenzgebiete Bayerns an

Preußen mit Abschluss des „Berliner Friedens“. Zudem wird die

bayerische Armee durch ein geheimes Schutz- und Trutzbündnis

in einem zukünftigem Kriegsfall Preußen unterstellt.

LUDWIG II. – STATIONEN SEINES LEBENS

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November/Dezember 1866: Ludwig reist zum ersten und letzten

Mal durch Bayern und besucht die vom Krieg betroffenen

Städte in Franken.

22. Januar 1867: Ludwig verlobt sich mit Sophie Herzogin in

Bayern. Am 10. Oktober des selben Jahres hebt er die Verlobung

wieder auf.

20. – 29. Juli 1867: Bei einem Besuch der Weltausstellung in

Paris trifft Ludwig sich mit Napoleon III. Wegen seiner nationalen

Gesinnung lehnt er ein süddeutsches Bündnis mit Frankreich ab.

1869: Ludwigs Wohnung in der Münchner Residenz ist nach

ihrer Neugestaltung fertiggestellt.

5. September 1869: Grundsteinlegung für Schloss Neuschwan-

stein.

Juli 1870: Aufruf zur Mobilmachung der Armee durch Ludwig.

Nach der Kriegserklärung Frankreichs an Preußen übernimmt

Preußen das Kommando der bayerischen Truppen.

1. September 1870: Niederlage Frankreichs gegen Preußen in

der Schlacht von Sedan, Napoleon III. gelangt in Gefangenschaft.

30. September 1870: Baubeginn für Schloss Linderhof.

23. November 1870: Versailler Verträge – Beitritt Bayerns zum

neuen deutschen Bund, mit Gewährung von föderativen Sonder -

rechten.

30. November 1870: Mit dem „Kaiserbrief“ bietet König Ludwig

König Wilhelm I. von Preußen im Namen aller deutschen Fürsten

die Kaiserkrone an.

18. Januar 1871: Proklamation des Deutschen Reichs im Spiegel -

saal von Schloss Versailles. Wilhelm I. wird zum Deutschen Kaiser

ernannt. Ludwig ist selbst nicht anwesend, sondern wird durch

seinen Bruder Otto vertreten. Ottos Gesundheitszustand ver-

schlechtert sich.

26. September 1873: Kauf der Herreninsel im Chiemsee durch

Ludwig.

August 1874: Reise Ludwigs nach Paris.

Mai 1875: Nach einer Erstellung eines Gutachtens über den

Geisteszustand von Prinz Otto durch Dr. Bernhard von Gudden

wird Otto nach Schloss Schleißheim gebracht.

Mai 1876: Trotz drohender Zahlungsunfähigkeit der Kabinetts-

kasse erwirbt Ludwig den „Maurischen Kiosk“ für den Schloss-

park Linderhof.

6. – 9. August 1876: Uraufführung von Wagners „Der Ring des

Nibelungen“ in Bayreuth. Besuch der Generalproben durch

Ludwig.

1877: Trotz weiterhin bestehender finanzieller Probleme der

Kabinettskasse weigert Ludwig sich, die Bautätigkeiten einzu-

stellen. Im August wird die „Venusgrotte“ im Schloss park

Linderhof fertiggestellt.

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21. Mai 1878: Grundsteinlegung für Schloss Herrenchiemsee.

März 1880: Ernennung des Kultusministers Johann (Freiherr

von) Lutz zum neuen Vorsitzenden des Ministerrates.

Verlegung von Prinz Otto nach Schloss Fürstenried. Hier bleibt

er bis zu seinem Tod am 11. Oktober 1916.

26. Juli 1882: Uraufführung von „Parsifal“, dem letzten musik-

dramatischen Werk Wagners.

13. Februar 1883: Tod Richard Wagners in Venedig.

Mai 1884: Ludwig wohnt erstmals in Neuschwanstein. Mit

Aufnahme einer Bankanleihe von 7,5 Millionen Mark hält er am

Weiterbau seiner Schlösser fest.

1885: Ludwigs Schulden wachsen, er weigert sich jedoch weiter -

hin, seine Bautätigkeit zu reduzieren. Seine Minister versuchen,

seine Finanzen zu ordnen, jedoch erfolglos. Im Herbst 1885

kommt es zur Einstellung der Bautätigkeiten an Schloss Herren -

chiemsee.

Januar 1886: Ludwig plant einen Sommerpalast in chinesi-

schem Stil.

März 1886: Dr. Bernhard von Gudden willigt ein, ein ärztliches

Gutachten zur Bescheinigung von Ludwig Geistes krankheit zu

erstellen.

Mai 1886: Ludwig wird durch seinen Ministerrat aufgefordert,

zur Regelung der Finanzen nach München zu kommen. Ludwig

reagiert nicht.

8. Juni 1886: Ein von Minister Lutz initiiertes Gutachten durch

Dr. Bernhard von Gudden erklärt Ludwig II. für geisteskrank.

12. Juni 1886: Ludwig wird auf Neuschwanstein durch von Gudden

und eine Regierungskommission in Gewahrsam genommen und

nach Schloss Berg verbracht. Ludwigs Onkel Prinz Luitpold

übernimmt die Regentschaft.

13. Juni 1886: Nach einem gemeinsamen Spaziergang von

Guddens mit Ludwig im Park von Schloss Berg werden gegen

22.30 Uhr die Leichen der beiden Männer im Würmsee, dem

heutigen Starnberger See, gefunden.

19. Juni 1886: Beisetzung Ludwigs unter großer Anteilnahme

der bayerischen Bevölkerung in der Gruft von St. Michael in

München.

Mit dem Tod Ludwigs ist sein Bruder Otto als König Otto I. bis zum

Ende seines Lebens Bayerns Monarch. Für ihn regiert weiterhin

Prinz Luitpold, der von nun an den Titel Prinzregent Luitpold trägt.

1. August 1886: Die Schlösser von König Ludwig II. werden zur

Besichtigung freigegeben.

16. August 1886: Einer Tradition der Wittelsbacher folgend wird

das Herz von König Ludwig II. nach Altötting überführt und findet

dort in der Wallfahrtskapelle neben dem Herzen seines Vaters

und seines Großvaters die letzte Ruhe.

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KÖNIG MAXIMILIAN II. (1811 – 1864)

Ludwigs Vater. König von Bayern. Ein Mann mit gestrecktem

Schnurrbart und stoischem Gesicht. Er ist ein Gelehrter, der

seine Emotionen wenig Preis gibt, seine Kinder asketisch

erzieht und mit seinem fantasiebegabten Sohn Ludwig wenig

anfangen kann. Die strenge Erziehung und die Kälte der väter-

lichen Gefühle wird Ludwig ein Leben lang prägen.

KÖNIGIN MARIE (1825 – 1889)

Ludwigs Mutter. Prinzessin von Preußen, dann Königin von

Bayern. Als junge Frau eine Schönheit, später eine leicht korpu-

lente Bigotte, die für kulturelle Raffinesse wenig Sinn hat. Lieber

wandert sie in den Bergen oder strickt, was Ludwig geistlos

findet. Ratschläge und Bitten seiner Mutter ignoriert er.

PRINZ OTTO (1848 – 1916)

Ludwigs jüngerer Bruder, ein hübscher, fleißiger Offizier, der

Ludwigs Fantasie bewundert. Nach den Erfahrungen des Krieges

gegen Frankreich und der Gründung des Deutschen Reiches in

Versailles ist er nach 1871 auffallend melan cholisch und furcht-

sam, so dass man ihn für geisteskrank erklärt und isoliert. Nur

Ludwig kann einen vertrauten Zugang zu ihm finden.

KAISERIN ELISABETH VON ÖSTERREICH (1837 – 1898)

Kaiserin von Österreich, Königin von Ungarn und Sophies Schwes-

ter. Sie ist fast zehn Jahre älter als Ludwig und stets eine Art

Vorbild für ihn. Bei gemeinsamen Ausritten sucht er ihren Rat.

Beide teilen die Vorliebe für Schönheit und einen Hang zur

Exzentrik, und beide leiden unter den Bürden der Regentschaft.

SOPHIE HERZOGIN IN BAYERN (1847 – 1897)

Tochter von Herzog Maximilian in Bayern, jüngere Schwester

der Kaiserin Elisabeth und Cousine von Ludwig. Sie ist zierlich

und anschmiegsam. Sehr gerühmt wurde ihr reiches Haar und

die Eigenart ihrer Augen unter den dunklen Wimpern. Doch hinter

ihrem schüchternen Blick verbirgt sich eine große Lebenslust.

Seit ihrer Kindheit ist sie mit Ludwig eng befreundet und teilt mit

ihm uneingeschränkt seine Liebe zu Richard Wagner. Zu ihrem

20. Geburtstag verlobt sich Ludwig mit ihr. Doch die geplante

Hochzeit kommt nicht zu Stande.

DIE HISTORISCHEN FIGURENIN SEINEM UMFELD

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PRINZ LUITPOLD (1821 – 1912)

Ludwigs Onkel und Bruder von Max II. Ein stämmiger Mann, dessen

feine Gesichtszüge unter dem Bart fast völlig verschwinden.

Eine in sich gekehrte, nie ganz durchsichtige Erscheinung, kalt

und auf Abstand bedacht. Nach Ludwigs Entmündigung und Tod

wird er zum Prinzregenten von Bayern.

RICHARD WAGNER (1813 – 1883)

Wurde in Leipzig geboren und wirkte schon mit 20 Jahren als

Chordirektor in Würzburg. Nach Aufgaben in Riga, Paris und London

siedelte er 1842 nach Dresden über, wo er Hofkapellmeister

wird. Doch durch seine aktive Beteiligung an der Revolution

1848/49 wird er zu einer lebenslangen Kerkerstrafe verurteilt

und muss nach Wien, Venedig, Moskau, Petersburg, in die Schweiz

und schließlich nach Stuttgart fliehen. Dort wird er 1864 von

König Ludwig II. aufgespürt und als Künstler hofiert. Politische

und persönliche Unstimmigkeiten lassen Wagner 1865 wieder

in die Schweiz ziehen, jedoch keine materielle Not mehr leiden.

Er erfüllt sein hohes Kunstideal in seinen Opern insbesondere

im neu erbauten Festspielhaus in Bayreuth und erfährt auch

von anderen Monarchen, Philosophen und Künstlern über seinen

Tod 1883 hinaus viel Anerkennung.

LUDWIG FREIHERR VON DER PFORDTEN (1811 – 1880)

Schon Ministerpräsident unter König Max II., wird er durch Ludwig

in seinem Amt bestätigt. Ein reifer, souveräner Mann von hoher

und breiter Gestalt. Seine Feindschaft mit Wagner hatte bereits

in den 1840er Jahren begonnen und führt zu seiner Entlassung

nach der Niederlage Bayerns im Deutschen Krieg 1866.

GRAF MAXIMILIAN VON HOLNSTEIN (1835 – 1895)

Oberstallmeister Graf Maximilian von Holnstein entstammt

einer Nebenlinie des Hauses Wittelsbach. Ein derb gesunder

Herkules, der als der „markanteste Mann am Hof“ galt. Er tritt

immer wieder hervor und hat seine Hände überall. Oft Vermittler

und Vertrauter Ludwigs, wird er später treibende Kraft im

Entmündigungsverfahren gegen Ludwig sein.

JOHANN (FREIHERR VON) LUTZ (1826 – 1890)

Erst Staatssekretär, später Minister und von Ludwig in den Adels -

stand erhoben. Er verfügt über einen geschliffenen Verstand,

breites Wissen und große Debattierkunst. Nach Ludwigs Rück-

zug in seine eigene Welt übernimmt Lutz fast alle königlichen

Aufgaben. Da es ihm jedoch nicht gelingt Ludwigs Schulden in

den Griff zu bekommen und er befürchten muss, seines Amtes

enthoben zu werden, initiiert der Politstratege und genaue

Kenner der Bayerischen Verfassung gezielt die Entmündigung

seines Königs.

RICHARD HORNIG (1841 – 1911)

Stallmeister, später in den Adelsstand erhoben. Ein auffallend

schöner, aber auch taktvoller und gebildeter Mann. Er wird Ludwigs

ständiger Begleiter und löst in seiner Seele Gefühle aus, gegen

die er sein Leben lang immer wieder kämpfen wird. Hornig

bleibt jedoch derjenige, der Ludwigs Wünsche und Fantasie zur

Wirklichkeit werden lässt. Und er übernimmt die Beaufsichtigung

seiner zahlreichen Baustellen.

KARL HESSELSCHWERDT (1840 – 1902)

Erst Reitknecht, dann Marstallfourier, aus niederem Stand, klug,

geschickt, intrigant und außerordentlich energisch. Über seine

offizielle Funktion hinaus wird er zum Begleiter des Königs, der

ihn mit all seinen privaten, geheimen und intimen Aufträgen

betraut. Aus Geldgier verrät er am Ende den König und be-

schleunigt damit dessen Entmündigung.

ALFRED GRAF VON DÜRCKHEIM (1850 – 1912)

Ein junger, gut aussehender Offizier. Vital, frohmutig und von

unfehlbarem, tapferem Anstandsgefühl dient er Ludwig bis zu

seinem Lebensende und unterstützt seine ungewöhn lichen

Pläne. In ihm hat Ludwig einen wirklichen Freund gefunden, der

den König auch im Unglück und Untergang nie verlassen wird.

DR. BERNHARD VON GUDDEN (1824 – 1886)

Obermedizinalrat, Professor der Psychiatrie. Er pflegt schon

seit mehreren Jahren Ludwigs Bruder, als er am 8. Juni 1886

das Gutachten vorlegt, das die Entmündigung Ludwigs zur

Folge hat. Am 13. Juni 1886 findet man seine Leiche und die von

Ludwig im Würmsee, dem späteren Starnberger See.

NAPOLEON III. (1808 – 1873)

Kaiser von Frankreich, mit Ludwig befreundet. Durch Bismarcks

Provokationen sieht er sich gezwungen, Deutschland 1870 den

Krieg zu erklären. Doch er verliert den Kampf und wird nach

der Schlacht von Sedan von den Preußen gefangen genommen.

Der Krieg endet für Frankreich mit einer erschütternden Nieder -

lage. Napoleon III. wird abgesetzt und stirbt kurze Zeit später.

OTTO VON BISMARCK (1815 – 1898)

Ministerpräsident von Preußen, wird 1871 zum ersten Reichs-

kanzler des Deutschen Reiches ernannt. Sein Talent für die Politik

wird von der Liebe für die Macht durchdrungen. Er setzt mit

dem Sieg über Österreich die preußische Vorherrschaft in

Deutschland durch. Als treibende Kraft im Krieg gegen Frankreich

beteiligt er sich maßgeblich an der Gründung des Deutschen

Reiches in Versailles. Er hat großen Respekt vor Ludwig, unter-

hält jahrelang eine Korrespondenz mit ihm und weigert sich,

dessen Entmündigung zu unterstützen.

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Nach dem Besuch seiner ersten Wagner-Oper, dem „Lohen grin“,

1861 am Münchner Hoftheater war Ludwig ein Fan von Wagners

Musik, sagt man. Er spielte zunächst dieses Bühnenweihfestspiel

mit entsprechendem Kostüm nach und las Wagners theoretische

Schriften wie „Das Kunstwerk der Zukunft“ und „Oper und Drama“.

Mit seiner späteren Verlobten Sophie fühlte er sich schon zu

Jugendzeiten als „Elsa“ und „Heinrich“ innig in der Verehrung

dieses Kunstwerkes verbunden und bezeichnete sich zeitweise

selbst wie Wagners Helden z.B. nannte Wagner ihn „mein Parcifal“.

Er gestaltete seine eigenen Wohn- und Repräsentationsräume

gleichsam wie Bühnenbilder dieser mittelalterlichen Settings.

Auch „Die Meistersinger“ und den gesamten „Ring des Nibelungen“

kannte und verehrte der Kronprinz bereits als Libretti wegen

ihrer „hohen“ Text-Sprache und der Sagen-Handlungen, die seiner

eigenen Fantasie wohl sehr nahe kamen. Wagner reflektierte

in diesem Mega-Opus zeitlos gesellschaftspolitische und

philosophische Aspekte und schuf einen damals modernen

Mythos der Gesellschaftskritik. Leider haben Regent Ludwig

und Revolutionär Wagner nie als Programm aufgeschrieben,

wie aus dem wahren Kunstwerk auf der Bühne eine neue

Gesellschaft entstehen sollte. Sie glaubten nur beide an einen

entsprechenden göttlichen Auftrag.

Am 4. Mai 1864 stand der junge König seinem 32 Jahre älteren,

tief verehrten Idol endlich persönlich gegenüber, nachdem er

den flüchtigen und inzwischen amnestierten Revolutionär

lange hatte suchen lassen und ihm ein großzügiges Angebot

als Förderer seiner Kunst in München unterbreitet hatte. Doch

Ludwig wollte nicht nur der ersehnte Mäzen für den in wirt-

schaftliche Not geratenen Musiker sein; er wollte so eine Art

Produzent seiner Werke mit Mitspracherecht werden. In der

Tat erwarb der König durch seine großzügigen finanziellen

Zuwendungen die Rechte an den Opernwerken. Demgegenüber

erhoffte sich der anspruchsvolle Komponist bei der ersten

Begegnung die Verwirklichung seiner kreativen Wünsche an die

Gestaltung von musikalisch-architektonischen Gesamtkunst-

werken und wollte sich auch gerne in die bayerische Politik

einmischen, d.h. sich an Personalentscheidungen auf Minister-

ebene beteiligen. Schließlich fühlte er sich als Sozialrevolutionär

mit politischem Ethos: Aktiv kämpfte er zunächst für Aufklärung,

RICHARD WAGNER UND LUDWIG

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Selbstbestimmung und gegen Unterdrückung, er wetterte in

diversen Aufsätzen und Pamphleten gegen die industrielle Aus-

beutung von Mensch und Natur, gegen falsche Moral. Später

verstand er sich eher als Reformator: Mit seiner Kunst wollte

Wagner die Welt retten und erlösen – durch Liebe. Bereits 1865

erlebte man in München die Uraufführung von „Tristan und Isolde“.

Ludwig finanzierte dem Komponisten, mit dem er in einer sehr

gefühlsbetonten, emphatischen Weise über Briefe und Tele-

gramme kommunizierte, großzügigen Wohnraum und Lebens-

unterhalt und plante ein neues adäquates Festspielhaus gemäß

Wagners Idee in München unter Leitung des Architekten Gottfried

Semper. Mit ihm gemeinsam war Wagner am Mai-Aufstand 1849

gegen den sächsischen König beteiligt gewesen und danach

verbannt worden. Das Groß-Projekt dieses Opernhauses in

München ließ sich nicht finanzieren, nachdem Wagner wegen

seiner Einmischungen in die Kabinettsgeschäfte und wegen

Verschwendungssucht in Ungnade gefallen war. Stattdessen

beteiligte sich Ludwig am Bau eines kleineren Festspielhauses

in Bayreuth, das 1876 eröffnet wird. Der Schöpfer theatraler

Gesamtkunstwerke bedankte sich bei seinem Gönner, indem er

vor seinem Wohnhaus, der Villa Wahnfried, in Bayreuth dessen

Büste aufstellen ließ.

Der Monarch hatte sich bereits 1865 dem Druck der Öffentlichkeit

gebeugt und Wagner des Landes verwiesen – die Minister hatten

dazu geschlossen mit Rücktritt gedroht. Der Komponist wanderte

in die Schweiz aus, wo ihn Ludwig weiterhin mit seinem Jahres -

gehalt unterhielt und ihn 1866 einmal zu dessen Geburtstag

besuchte. 1868 sahen sie sich bei der Uraufführung der „Meister -

singer von Nürnberg“ in München wieder. Gegen den Willen

Wagners wurde auf Befehl König Ludwigs 1869 „Das Rheingold“

in München uraufgeführt, 1870 folgte „Die Walküre“. Doch das

ehemals so vertrauensvolle Band zwischen dem König und dem

Komponisten ließ sich nicht wieder knüpfen; es hatte auch vorher

bereits wegen unterschiedlicher Besetzungswünsche und

antisemitischer Äußerungen Wagners Unmut zwischen ihnen

gegeben. Sie begegneten sich erst 1880 anlässlich einer neuen

„Lohengrin“-Aufführung in München wieder, frischten aber ihre

kreative Partnerschaft nicht wieder auf. Der König ließ jedoch

alle Opern Wagners im Verlauf von 28 Jahren nacheinander auf-

führen. Als Wagner am 13. Februar 1883 in Venedig stirbt, nahm

Ludwig nicht an der Beerdigung teil, schickte aber einen üppigen

Kranz „dem Dichter in Wort und Ton“. Er bezeichnete Richard

Wagners Musik als „göttlich“, ebenso wie der Philosoph Friedrich

Nietzsche wenig später Wagner als „göttlich“ bezeichnete. Ohne

Ludwig hätte er sein Gesamtkunstwerk nicht vollenden können.

Folgende Opernzitate werden bei Proben und Aufführungen

innerhalb der Filmhandlung wiedergegeben:

1) „Lohengrin“: 1. Aufzug „Lebwohl mein lieber Schwan“

2) „Lohengrin“: „Hochzeitsmarsch“

3) „Lohengrin“: 1. Aufzug, 3. Szene „Frageverbot“ oder „Nie sollst

Du mich befragen“

4) „Lohengrin“: 3. Aufzug, 3. Szene „Dies Horn soll in Gefahr

ihm Hilfe schenken“

5) „Tristan und Isolde“: 2. Aufzug, 1. Szene „Warten auf Tristan“

6) „Tristan und Isolde“: 3. Aufzug, 3. Szene, 2. Teil „Liebestod“

7) „Lohengrin“: 3. Aufzug, 3. Szene, 1. Teil „In fernem Land“

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Ludwig II. verstand sich als Herrscher von Gottes Gnaden, d.h.

in seinem Wirken von Gott berufen und ihm verantwortlich.

Diesem christlichen Ethos fühlten sich die Wittelsbacher seit

Jahrhunderten verpflichtet. Und der völlig unerfahren ins Herr-

scheramt gedrängte Monarch stützte sich auf diese Tradition

als dem ihm vertrauten sicheren Boden. Dazu bekannte er sich

immer wieder in Briefen und Tagebuchnotizen. Es ging ihm

nicht um – insbesondere durch Waffengewalt – eroberte und

gesicherte Macht wie manchen absolutistischen Herrschern

früherer Zeiten, sondern um das Streben nach einer integren,

verantwortlichen, friedlichen, menschlichen Gesinnung und

Handlung. Sein Ideal war geradezu deren Vervollkommnung,

wo er schmerzliche Verluste, harschen Erziehungsstil, Krieg und

gesellschafliche Pflichten als schwere Lasten des Lebens erlebte.

Solche Gedanken fand er auch – verankert in dem Ideal der

unabhängigen menschlichen Vernunft statt der Verantwortung

vor Gott – bei Kant, Schiller und Goethe weitergedacht. Hier traf

sich sein Anspruch auch mit dem ästhetischen und politischen

Ideal Wagners. Dieses hohe Ziel hätte sich möglicherweise als

ein sehr persönliches Regierungsprogramm des jungen Königs

weiterentwickeln können, stieß jedoch auf Unverständnis bis

Verurteilung in seinem Umfeld und wurde ihm tragischerweise

sogar als krankhaftem Wahn ausgelegt aufgrund seiner indivi-

duellen Umsetzung.

In dem französischen König Louis XIV. verehrte der bayerische

Monarch wohl weniger den absolutistischen Staatsmann als

dessen bewusste Selbstinszenierung als Sonnenkönig und seinen

Kunstsinn. Er wollte ebenso Oper und Theater fördern wie der

Franzose und den gleichen Traum von Schönheit und Poesie in

der Realität erfüllen. Dass der französische Absolutist das

Feindbild schlechthin im national und liberal sich orientierenden

Deutschland dieser Epoche war, übersah der bayerische König.

Entsprechend orientierte sich Ludwig II. sowohl an dem fran-

zösischen Prachtschloss Versailles als Vorbild, als auch an den

Theater ambitionen und -geschmäckern. Den Versailler Spiegel-

saal baute er in Herrenchiemsee noch aufwendiger nach. Dies

bedeutete in seinem politischen Kontext der Zeit einen völligen

Anachronismus: Louis XIV. galt als unmoralischer Herrscher mit

übersteigerten Machtansprüchen und der Glanz seiner Reprä-

sentationsräume als unpassend. Insofern fand auch Ludwigs

ästhetischer Anspruch in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts

LUDWIGS WELT- UND KUNSTBILD

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– insbesondere mit dem hohen finanziellen Aufwand – kaum

Verständnis. Dies galt auch, obwohl die Gelder für Ludwigs

Kunstanspruch nicht – wie oft missverständlich verbreitet – aus

der Staatskasse, sondern seiner ihm zugeteilten Kabinettskasse,

der sogenannten „Zivilliste“ stammten. Hof- und Staatshaushalt

waren strikt getrennt. Jedoch fanden seine Minister den Prunk

und Luxus in jedem Fall unangemessen, noch bevor es zu Schulden

in Millionenhöhe für den König und damit zur Staatskrise und

Kritik an der Monarchie kam.

Ludwigs Schlossbauten sollten jedoch nicht die vergangene

absolutistische Macht, sondern die absolute Macht der Schön-

heit repräsentieren und feiern ebenso wie Wagners große Opern

als Gesamtkunstwerke mit dem Bezug zu allbekannten mittel-

alterlichen Sagen. Darin fand sich der eher schüchterne König,

der Repräsentationspflichten selbst hasste, in seiner Vorstellung

von Macht wieder. Der bildnerische, erzieherische Wert von

Kunst – sowohl als Architektur, als auch als Theater und Musik –

für sein Volk war ihm übrigens dabei nicht vordergründig. Es ging

ihm um die Pflege der Kunstwerke selbst. Jedoch bildeten sich

in der Preisermäßigung von Theaterkarten und damit Zugang

für ein größeres Publikum auch seine Ambitionen von Bildung ab.

Das „Vertiefen in vergangene Jahrhunderte“, in mittelalter liche

Sagen- und Symbolwelten durch Lektüre und räumliche Insze-

nierung erschien ihm über sein persönliches Ideal hinaus auch

als Fluchtmöglichkeit aus der anstrengenden Gegenwart. Er

hielt an einer „spätromantischen Theaterwelt“ und an einem

historisierenden Nachbauen vergangener Vorstellungen und

Epochen fest.

Seine Schlösser Linderhof, Neuschwanstein und Herrenchiemsee

ahmten in eigenwilliger Weise den Stil des französischen Rokoko

und Barock nach, sowie auch italienische Renaissance, englische

Landschaftsanlagen und spanischen Brunnenbau. Versailles war

zwar zunächst großes Muster und Vorbild, wurde aber über die

langen Jahre der Bauperioden von Ludwig individuell weiter-

entwickelt zu einem ganz eigenen Stil.

Ludwig bewohnte diese Schlösser gar nicht, wie viele heute

noch von dem sogenannten „Märchenkönig“ vermuten. Er hielt

sich weitgehend in seiner mit einem aufwendigen Wintergarten

umgebauten Münchner Wohnung in der Residenz, in dem kleinen

Schloss Berg am Starnberger See oder in diversen abgelegenen

Berghütten auf, wo er wirklich Abgeschiedenheit und Ruhe suchte.

Seine Schlösser waren für ihn zeitlebens Baustellen der Kunst,

an denen er ästhetisch und auch technisch experimentierte.

Sie sind bis heute der anschauliche Ausdruck seiner Ambitionen

von Läuterung durch Kunst und Schönheit, von machtvollem

Ausdruck menschlicher Kreativität. Dazu gehörte für Ludwig

auch der Glauben an Frieden unter den Menschen oder allenfalls

Erlösung im Tod. Für ihn bedeutete Gottes gnadentum auch in

einer unvollkommenen, oft leidvollen Welt auszuschöpfen,

wozu einen Gott als Mensch geschaffen und begabt hatte.

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Dem französischen Sonnenkönig Louis XIV. huldigte er im

Symbol der SONNE und der Farbe ROT, die er für sich ebenfalls

als Herrschaftssymbole annahm. Sich selbst als Nachtmensch

fand er in der Farbe BLAU wieder, nach deren Perfektion er z.B.

in einem blauen Licht einer Grotte auf Schloss Linderhof mit Hilfe

von Physikern und Chemikern sowie Lichtdesignern jahrelang

forschen ließ – aber vergeblich. Diese Suche nach dem wahren

Blau erinnert andeutungsweise an die Suche des Dichters Novalis

nach der „blauen Blume“ als romantischem Sinnbild oder auch

an das bildnerische Blau des Künstlers Yves Klein. Blau versinn-

bildlicht in jedem Fall seine Sehnsucht nach Perfektion und

Reinheit wie der heilige GRAL, von dem in den Wagner-Opern

erzählt wird. Ludwig strebte unbedingt nach Reinigung und

Läuterung, fühlte sich ungenügend und wohl sogar schmutzig

für das Ideal seiner Welt. In diesen Zusammenhang gehört sicher

auch der gesellschaftliche Ruf als unrein, den Homosexuelle

zu damaliger Zeit noch hatten: Ludwig verspürte homosexuelle

Neigungen und verurteilte sich gleichzeitig dafür. Auch die häufig

verwendeten Symbole des SCHWANS und der LILIE für Unschuld

und Reinheit übernahm er einerseits aus dem französischen

Königswappen, andererseits aus Wagners „Lohengrin“. Der PFAU

galt ihm als Symbol der Auferstehung, wie er sie auch in seinem

letzten Schloss-Plan zur Burg Falkenstein auf einem Felsen

„nahe an den Wolken“ versinnbildlichen wollte.

Zwei orientalische Bauten und zwei Hütten als Zitate von Wagners

Bühnenbildern vervollständigten die Parkbauten um Linderhof

und repräsentierten Ludwigs Sehnsüchte nach Ferne, Exotik,

Weltläufigkeit und weihevoller, symbolhafter Mystik in der

Kunst. Gleiches setzt er auch in der Gestaltung Neuschwansteins

mit entsprechenden räumlichen Zitaten fort. In der Nachahmung

der Hagia Sophia Konstantinopels, einer byzantinischen Kirche

in GOLDfarben, in seinem Thronsaal gestaltete Ludwig seine

Vorstellung von Gottesgnadentum und der Macht des Grals als

Einheit (Unter dem Heiligen Gral ist in den Sagen und Legenden

des Mittelalters eine heilige Reliquie zu verstehen, deren Besitz

höchstes irdisches Glück und ewige Jugend verheißt.)

Seine Bauplanungen gaben Ludwig Lebenssinn und Erfüllung,

wie er sie offenbar im Kontakt mit Menschen nicht fand. Insofern

stellte diese Art von Architektur keine Machtdemonstration

nach außen, sondern für ihn auch Trutzburg und Reflexion

nach innen dar – so erklärt sich auch der ganz und gar eigene

Stil- und Symbolmix. Die Schlösser Linderhof, Herrenchiemsee,

Neuschwanstein und auch die nur geplanten Paläste – auch der

chinesische und der byzantinische – liegen insofern nicht eigent -

lich im bayerischen Voralpenland und repräsentieren deshalb

auch nicht das bunte, kunstsinnige Bayern, wie es die Tourismus -

in dustrie bis heute feiert. Diese Prachtbauten sind mit ihrer

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abgelegenen Natur-Umgebung (Insel, hohe Felsen, am Hang)

und Bühnenhaftigkeit vor allem von Thronsälen und Schlafge-

mächern Teile seelisch-geistiger Landschaften eines idealis-

tischen Menschen – überzeitliche, dabei individuelle Denkmäler

einer Lebensweise und -haltung von Grenzüberschreitung und

Enthusiasmus, „Paradiese“, wie Ludwig sie selbst nennt. Diese

Absicht vermittelt sich weiter bis heute, wo insbesondere

Neuschwanstein immer noch in der ganzen Welt als das Modell

eines Märchenschlosses angesehen wird, globalisierte bayerische

Sehnsucht und Wertarbeit.

Dieser Rückzug Ludwigs stand den Erwartungen der Öffent -

lichkeit an Präsenz und Repräsentanz eines konstitutionellen

Monarchen in ihrer Mitte völlig entgegen. So fremd es dem König

schien, dass Minister sein Land regierten, so sehr überließ er

ihnen praktisch mehr und mehr die Regierungsverantwortung.

Dabei erledigte er auch von Ferne sehr aufmerksam die Amts-

geschäfte, zeigte sich sehr gut informiert in politischen Fragen

und vertrat einen eigenen klaren Standpunkt. Für sein Streben

„seinem Volke der wahrhaft treueste Freund zu sein“ fand er

offenbar nicht die geeigneten Mittel der Kommunikation.

Der König war – wie die obengenannten Symbole und Ideale zei-

gen – tief gläubig, hatte immer einen Reisealtar und Betschemel

bei sich. Jedoch bestand er auf einer strikten Trennung von

Glaube und Kirche, was ihm in seiner freiden kerischen Religio-

sität beim Klerus wenig Freunde machte.

So rückwärtsgewandt Ludwig in seinen ästhetischen Idealen

teils war und so orientierungslos als monarchischer Herrscher,

so modern nützte er die technischen und handwerklichen

Errungenschaften seiner Zeit aus und unterstützte sie weiter:

So gründete er 1868 in München die Polytechnische Lehranstalt,

die spätere Technische Universität und forcierte die Ingenieurs-

leistungen in Bayern in hohem Maße. Denn Technik war für ihn

selbstverständliches Mittel zu Erfüllung seiner Ideen: z.B. Kutschen

und Schlitten nach modernster Technik, ein Pfauenwagen als

Flugmaschine, ein schwebender Transport-Tisch zwischen Küche

und Esszimmer, Stahlträger für die komplizierte Statik und Heiß -

luftzentralheizung in Neuschwanstein, eine hochmoderne Winter -

garten-Überdachung, elektrische Lichteffekte, Projektoren und

Wellenma schinen in künstlichen Grotten und Sternenhimmeln.

1878 wurde die erste permanente elektrische Beleuchtung

Bayerns für Schloss Linderhof installiert und später auch in

öffentlichen Gebäuden verwendet. Das erste Elektrizitätswerk

Bayerns entstand damit bei Linderhof.

Sicherlich gab es bescheidenere, politisch geschicktere und

bürgernähere Herrscher im 19. Jahrhundert. Doch bei aller

Konzentration auf Kunst und Schönheit war Ludwig keineswegs

der weltabgewandte schrullige und lebens entrückte Regent,

als der er oft hervorgehoben wird: Er investierte aus seiner Kasse

nicht nur in Kunst und moderne Technik, sondern auch in Natur-

und Landschaftsschutz, sowie allgemeine und individuelle soziale

Hilfsprojekte. Sein Idealismus war keinesfalls nur Fantasterei.

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Die Filmhandlung spielt im Zeitraum zwischen dem Tod von

Ludwigs Vater, Maximilian II., im Frühjahr 1864 und Ludwigs Tod

am Pfingstsonntag 1886. Historische Ereignisse in diesem Zeit-

raum markieren entweder deutlich herausragende Einschnitte

innerhalb der Handlung (wie z.B. das Auffinden Wagners, der

verlorene Krieg, Ludwigs Reise durch das zerstörte Land) oder

werden nur nebenbei angedeutet (wie z.B. die Amnestie, die

Verhandlungen mit Bismarck und die Abkehr von Frankreich).

Deshalb sollen die realen historischen Ereignisse im Folgenden

zusammengefasst werden, soweit sie für die fiktionale Story

des Filmes – auch als Hintergrundgeschichte bzw. als Folgen –

relevant sind:

Seit 1818 hatte Bayern als Herrschaftsform die konstitu tionelle

Monarchie. Eine Ausweitung des demokrati schen Gedankens

auf weitere Schichten der Bevölkerung fand statt und damit

war unweigerlich eine Machtabnahme des herrschenden Adels

zu erwarten. Jedwede Majestäts vorstellung eines Monarchen

wurde durch die Verfassungswirklichkeit des Ministeriums, der

Ministerialbürokratie und vom Parlament beschränkt, vom

Kabinettssekretär teilweise gelenkt.

1848 breitete sich eine national-liberale Bewegung über ganz

Europa und auch in Deutschland aus. Am 18. Mai 1848 versam-

melten sich in der Frankfurter Paulskirche die Mitglieder des

ersten gesamtdeutschen Parlaments, um über eine freiheitliche

Verfassung und die Bildung eines deutschen Nationalstaats

zu beraten. Am 21. Dezember 1848 wird das „Reichsgesetz

betreffend die Grundrechte des deutschen Volkes“, und am

27. März 1849 die Reichsverfassung für einen föderalen deut-

schen Einheitsstaat verabschiedet. Doch als im April 1849 der

von der Nationalversammlung zum „Kaiser der Deutschen“

gewählte preußische König Friedrich Wilhelm IV. das ihm ange-

tragene Amt unter Berufung auf seine im Gottesgnadentum

begründete monarchische Legitimation ablehnt, waren die

Bemühungen der Paulskirche um eine Verfassung und die Errich-

tung eines deutschen Nationalstaats praktisch gescheitert.

1862 wird Otto von Bismarck Ministerpräsident von Preußen

und strebte innerhalb des Deutschen Bundes von 1851 die

Machterweiterung Preußens und die Gründung eines klein-

deutschen Nationalstaates unter preußischer Führung an. Die

Einigung Deutschlands wollte er auch gegen Österreichs Einfluss

DIE POLITISCHE REALITÄT ZUR ZEIT LUDWIGS II.

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vorantreiben. Wenige Wochen vor seinem 18. Geburtstag trifft

Ludwig 1863 in München-Nymphenburg bei einem Bankett

König Wilhelm I. von Preußen und Otto von Bismarck. Dies blieb

die einzige persönliche Begegnung, über die sich der preußische

Minister brieflich auch positiv äußerte.

Ludwigs Vater, König Maximilian II., stirbt am 10. März 1864

überraschend und so musste Ludwig seine Universitätsstudien

aufgeben und ziemlich unvorbereitet noch am gleichen Tag per

Proklamation die Königswürde und -pflichten übernehmen: Er

war im Alter von 18 Jahren Regent von Bayern.

1864 erlässt Ludwig II. die schon während der Regentschaft

seines Vaters geplante Amnestie der politisch Verurteilten des

Revolutionsjahres 1848/49. Dies wird von der Figur Elisabeths

im Film kurz als Forderung ausgesprochen.

Mit dem Austritt Preußens aus dem Deutschen Bund und seinem

Einmarsch am 16. Juni 1866 in Hannover, Sachsen und Kurhessen

zerbricht der 1815 gegründete Bund aus souveränen Staaten

und der Deutsch-Deutsche Krieg beginnt. Ludwig lehnt eine

Einmischung ab, tritt dann jedoch nach Fürsprache durch den

bayerischen Ministerrat auf der Seite Österreichs in den Kampf

ein. Die bayerische Armee beschränkt sich darauf, die eigene

Nordgrenze in Franken zu verteidigen, was nach der Beschie-

ßung der Festung Marienberg in Würzburg am 25. Juli zur

Kapitulation führt.

Bayern muss sich vom Sieger Preußen im „Frieden von Berlin“

Bedingungen diktieren lassen: 30 Mio. Gulden Kriegsentschä-

digung sind zu zahlen, die eroberten Gebiete um Nürnberg und

Mittelfranken fallen jedoch an Bayern zurück. Im „Geheimen

Bündnis-Vertrag zwischen Preußen und Bayern“ niedergeschrie-

benen Schutz- und Trutzbündnis vom 22. August 1866 muss

Bayern versprechen, im Kriegsfall unter dem Befehl Preußens

zu kämpfen. Dies war ein erster Schritt in die Reichsgründung und

damit in den gemeinsamen Kampf gegen Frankreich 1870/71.

Es bedeutet zweifellos einen schmerzlichen Souveränitätsverlust

für Bayern. Einige der wichtigsten Minister traten zurück, während

Johann von Lutz, nach und nach wichtige Ministerämter über-

nahm und bis 1886 auch behielt.

Vom 10. November bis 12. Dezember 1866 reist Ludwig II. durch

das schwer vom Krieg verwüstete Franken, das erst 1806 durch

Napoleon den Bayern zugesprochen worden war und dem

König zunächst kritisch begegnete. Doch Ludwigs Auftreten

verschafft ihm bei seinem ganzen Volk Sympathien; der Verlust

des Krieges wurde nicht ihm angelastet und er schien auf dem

Höhepunkt seiner Königswürde.

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Ab 1866 kam es neben anderen Reformen auch zu einer Neu-

ordnung des Wehrsystems, die 1869/70 zum Abschluss gebracht

wurde – rechtzeitig vor Mobilmachung gemäß dem Schutz- und

Trutzbündnis: 1870/71 führt Bayern neben Preußen Krieg

gegen Frankreich (19. Juli: französische Kriegserklärung), der

mit dem Versailler Vertrag am 18. Januar 1871 im Beisein aller

deutschen Fürsten – ohne Ludwig – seinen Abschluss fand. Hier

in der Errichtung des Deutschen Reiches lag für Deutschland

Zündstoff für die beiden Weltkriege im 20. Jahrhundert. Am

30. November 1870 hatte Ludwig an den preußischen König

einen von Bismarck vorformulierten Brief, den sogenannten

„Kaiserbrief“, geschrieben mit dem Angebot der Kaiserwürde

im Deutschen Reich. Am 18. Januar 1871 wird König Wilhelm I.

von Preußen in Versailles zum Kaiser ausgerufen, woran Ludwig

nicht teilnimmt. Er betrachtete seine notwendige Aufforderung

an den preußischen König als Selbsterniedrigung. Der Preis

wäre jedoch die Isolierung Bayerns von den übrigen deutschen

Staaten gewesen. Bismarck erkannte Ludwigs schweren Schritt

an und entschädigte ihn mit einer Zahlung von 3 bis 4 Millionen

Goldmark aus dem konfiszierten Welfenfonds.

Während seines Besuches der Weltausstellung in Paris 1867

war Ludwig Kaiser Napoleon III. begegnet. Eine Abwendung von

seinem so geschätzten Frankreich zugunsten Preußens kostete

ihn Überwindung und er bedauerte nach deren Niederlage

am 1. September 1870 in der Schlacht bei Sedan „die armen

Franzosen“.

Am 16. April 1871 kommt es – gut einen Monat nach dem Friedens -

schluss in Frankreich – zur Verfassung des Deutschen Reiches.

1877 gibt es eine einheitliche Gerichtsverfassung; Bayern

erhält 1879 ein oberstes Landesgericht. 1881 wird in einer Wahl-

rechtsreform die geheime Wahl eingeführt. Karl Grillenberger

wird der erste bayerische Sozialdemokrat im Reichstag.

Am 10. Juni 1886 wird zwei Tage nach Entmündigung Ludwigs

II. Prinz Luitpold, sein Onkel, zum Regenten ernannt an Stelle

des ebenfalls wegen Krankheit entmündigten Bruders Ludwigs,

König Otto I. von Bayern.

1918 wird der Freistaat Bayern proklamiert und damit endet

die Herrschaft der Wittelsbacher (1180 – 1918).

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Richard Wagner formulierte bereits 1867 brieflich seine Sorge

darüber, dass sich Ludwig mit seinem Regierungsstil unbeliebt

macht bei seiner Familie und seinen Ministern: Ludwig, egal ob

er in den Bergen wanderte, auf Reisen war oder auf Schloss

Berg bei Starnberg weilte, erledigte täglich in sehr guter kom-

munikativer Vernetzung seine Amtsgeschäfte und bearbeitete

im Jahr ca. 700 Anträge zur Entscheidung. Dennoch kritisierte

man seine fehlende Präsenz im Regierungssitz München, seine

Publikumsscheu bei öffentlichen Auftritten und insgesamt seine

mangelnde Repräsentanz als König. Man fürchtete wohl vor

allem den Ansehensverlust der Monarchie in diesen liberalen

Zeiten. Mancher – aus der eigenen Familie – sagte ihm bereits

in den Anfangsjahren eine erzwungene Abdankung voraus. Als

sich der Regent nach dem Verlust des Deutsch-Deutschen

Krieges, den er in der Tat von Anfang an ablehnte, mehr und

mehr zurückzog, wuchs die Kritik an ihm auch im Ausland und

möglicherweise auch die Motivation einzelner in seinem Umfeld,

eigene Machtinteressen nach und nach ins Spiel zu bringen.

Dazu finden sich in der Fachliteratur und der damaligen Presse

diverse Zitate z.B. aus dem Familienrat, der bereits 1866 eine

Untersuchung des Geisteszustands Ludwigs II. geplant haben

soll. Andererseits haben etwaige Herrschaftsambitionen im

weiteren Familien kreis sich aber auch noch 20 Jahre Zeit ge-

lassen, so dass man von einer gezielten Entmachtung im Hause

Wittelsbach nicht sprechen kann.

Mit dem vermehrten Rückzug Ludwigs in seine Schlösser

abseits der Residenzstadt, seinem stetig wachsenden Schulden -

berg – die 14 Mio. Mark werden bis 1901 restlos getilgt – und den

zunehmend als Schrulligkeiten bewerteten Verhaltensweisen

wie Maskentragen, die Nacht zum Tage zu machen und seinen

Perfektionismus bei der Ausstattung seiner Bauten wuchs jedoch

offenbar der Eindruck in seinem nahen politischen Umfeld, der

König sei nicht mehr ernst zu nehmen und damit nicht mehr

regierungsfähig. In der Tat initiierte Minister Lutz mit Absegnung

durch Prinz Luitpold ein psychiatrisches Blitzgutachten des

angesehenen Arztes und Psychiaters Prof. von Gudden: Allein

aufgrund von Zeugenbefragungen Untergebener des Königs

wurde dieses Gutachten innerhalb von einem Tag erstellt und

dann pro forma von vier Fachkollegen von Guddens mitunter-

zeichnet. Diese Praxis, die zum Befund unheilbarer Paranoia,

wahnhafter Geisteskrankheit, und damit zu Ludwigs Entmündi -

gung führte, galt schon damals und umso mehr heute in Fach-

kreisen als unvertretbar und missbräuchlich. Denn man hatte

den – offenbar bereits vorverurteilten – Patienten noch nicht

einmal selbst untersucht.

DAS ENDE LUDWIGS II.UND SEINE WIRKUNG

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Die Tatsache, dass Ludwig kurzerhand gegen seinen Willen

festgenommen, als Geisteskranker eingesperrt und fremdbe-

stimmt wurde, bedeutete für ihn als Herrscher einen hohen Sturz

von Macht zu Ohnmacht, für ihn als Mensch in jedem Fall bittere

Entwürdigung. Eine freiwillige Abdankung wurde von seinen

Beratern gar nicht erwogen. Dies kann – so wie es die fiktionale

Filmhandlung erzählt – zur Selbstmordabsicht bei Ludwig

geführt haben, der nur noch im Tod Freiheit zu finden glaubte.

Diese These wird von historischer wie aktueller Fachliteratur

immer wieder diskutiert und erscheint auch dem Nicht-Experten

glaubwürdig. Jedoch gibt es ebenfalls seit damals bis heute

nachvollziehbare Spekulationen über einen möglicherweise

gewaltsam herbeigeführten Tod während des Spazierganges

im Park am Starnberger See. Schließlich gab es genug Motive

verschiedener Nahestehender, die von Ludwigs Ableben Vorteile

hatten. Dies können persönlich politische wie auch staatspoli-

tische Interessen gewesen sein, die man sachlich untersuchen

kann. Dazu gehören sowohl individuelle Machtambitionen Ein-

zelner als auch globale Interessen, das Land Bayern zu erhalten

einerseits oder einen nicht enden wollenden Schuldenstrom zu

instrumentalisieren unter Beschädigung der konstitutionellen

Monarchie. Der Film von Marie Noelle und Peter Sehr spekuliert

nicht in diese Richtungen. Ohne seriöse wissenschaftliche

historische Untersuchung sprengt dies auch den Rahmen des

vorliegenden Heftes. Die Möglichkeiten sind allenfalls in

Diskussionen auszuloten.

Der Wirkung König Ludwigs II. als „Märchenkönig“, Pop-Idol

oder „celebrity“ bis heute mit Schlossbesuchen von Millionen

von Gästen jedes Jahr und Käufern unzähliger Devotionalien

spielen solche Spekulationen um seinen Tod nur zu: Er ist in

jedem Fall eine tragische Figur mit hoher dramatischer Fallhöhe,

unabhängig von Sympathien, die man für ihn hegen mag oder

nicht. So sehr er jedenfalls zu Lebzeiten kritisiert wurde, so

sehr wurde er nach seinem Tod zu einem Heros verklärt.

Er gibt mit seinen sehr individuell ausgestatteten Schlössern

an ungewöhnlichen exponierten Orten nachhaltig Zeugnis von

einer ganz bestimmten Herrschafts-Epoche in Deutschland, von

künstlerischen und hohen technischen Ambitionen und Leis-

tungen und von großen Idealen eines Menschen, die nicht nur

als vergangen und altmodisch zu bewerten sind. Mit dem, was

Ludwig an Schau- und auch Hörwerten als Mäzen von Richard

Wagner hinterlassen hat, ist er ein Herrscher zum Immer-noch-

Anschauen, beinahe zum Anfassen – bunt, spektakulär, sinnlich,

prunkvoll, groß, geprägt von sehr deutlichen Höhen und Tiefen

in seinem Leben.

Dies macht ihn bis heute zu einer interessanten Figur auch für

Fiktionen wie seinerzeit Romane, Theaterstücke, auch Groschen-

heftchen und heute Performances und Filme. Parallelen seiner

Fallhöhe als Politiker und Mensch zur Gegenwart werden immer

wieder gesucht in den letzten 40 Jahren.

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Die folgenden Aufgaben können einzeln in den jeweiligen

Fächern bearbeitet oder zu fächerübergreifenden Projekten

zusammengestellt werden. Selbstverständlich sind – je nach

Schwierigkeitsgrad – die Teilaufgaben für die Sekundarstufe I

bzw. II nach Bedarf auszuwählen und auch neu zu kombinieren.

ARBEITSAUFGABEN

a) Welche Herrscher kennen Sie in Deutschland im 19. Jahrhun-

dert? Ergänzen Sie dazu in Gruppenarbeit und Recherchedie Landkarte Deutschlands durch Bilder von den Monarchen

in den einzelnen Ländern.

b) Berücksichtigen Sie dabei auch die europäischen Nachbar-

länder Deutschlands.

c) Welche konkrete Funktion hatten die jeweiligen Machthaber?

Untersuchen Sie nach groben Stichworten für die deutschen

Länder und europäischen Nachbarn insbesondere die

Monarchie in Ihrer Region und listen die Funktion(en) in

einer anschaulichen Übersicht auf.

d) Recherchieren Sie anhand der Biographie Ludwigs II. den

Vergleich zur „politischen Karriere“ des Monarchen Ihrer

Region und stellen dies in einem Schaubild gegenüber.

e) Definieren Sie konkret aus Ihren Recherchen und bisherigen

Analysen den Begriff der „Konstitutionellen Monarchie“.

Diskutieren Sie die gefundenen und in einer Mindmapzusammengestellten Merkmale: Was war neu gegenüber

dem alten Modell der Monarchie? Wohin weist diese Herr-

schaftsform?

f) Versuchen Sie möglichst genau die Gründung des Deutschen

Reiches und der Kaisererhebung Wilhelms I. 1870/71 nach-

zuzeichnen mithilfe der oben bereits erwähnten Karte und

einer von Ihnen erstellten Timeline.

VOR DEM FILM

LUDWIGS POLITISCHES SCHICKSAL ALS EXEMPLARISCH FÜR DIE UMBRUCHSZEIT IM 19. JAHRHUNDERTGESCHICHTE, POLITIKWISSENSCHAFT, KUNST

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a) Recherchieren Sie Herrscher der Vergangenheit und

Gegenwart, die sich zum Thema KUNST äußerten/betätigten/

verhielten und stellen diese und ihre Haltung dazu in Refe-

raten vor (z.B. die Ptolemäer in Alexandria, die Attaliden von

Pergamon, Kaiser Nero, die Medici, Philipp II. von Spanien,

Kaiser Friedrich II. von Preußen, Friedrich VIII. von Dänemark).

b) Diskutieren Sie die besondere Rolle der Kunst in verschie-

denen, Ihnen vertrauten historischen Kontexten: Welche Rolle

sollte die Kunst jeweils erfüllen? Welche erfüllte sie in ihrer

Wirkung? Legen Sie dazu Ihre Quellen dar und unter scheidenund bewerten Sie diese (z.B. Bildquellen, konventionelle

und digitale Lexika, literarische Werke, historische Aufsätze

und Fachliteratur, Blogs).

c) Dokumentieren Sie die Ergebnisse in Schaubildern, Plakaten,

evtl. Kurz-Videos vor der Gruppe/Klasse.

d) Führen Sie eine Podiumsdiskussion in den Rollen jeweiliger

Experten (z.B. Journalist, Kultusminister, Künstler verschie-

dener Kunstformen, Lehrer, Schüler): Welche Rolle spielt die

Kunst heute in der Gesellschaft, in der politischen Diskussion,

in der Bildung jeweils nach Absicht und Wirkung?

e) Formulieren Sie ein Programm in Gruppenarbeit, mit dem

Sie als „Kunst-Partei“ für die nächste Wahl antreten würden.

Was sind Ihre Anliegen und Ihre Ziele?

„WENN DIE KUNST DIE WELT BESTIMMT, WIRD SIE DIE POLITIKERSETZEN.“ KUNST UND POLITIK DAMALS UND HEUTEPOLITIKWISSENSCHAFT, KUNST, DEUTSCH, ETHIK

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a) Recherchieren Sie – eventuell ergänzend zu den auf den

Seiten 9 –11 genannten Lebensstationen – in KleingruppenLudwigs BIOGRAPHIE nach lokalem, politischem und gesell-

schaftlichem Umfeld und präsentieren diese in einem

Plakat mit den wichtigsten Personen und Stichworten zu

seiner Person und Zeit.

b) Spontane Straßenumfrage unter Passanten: „Was wissen

Sie über König Ludwig II.?“ – Zeichnen Sie diese Umfrage

eventuell per Handy/Diktiergerät auf.

c) Ergänzen Sie die Ergebnisse der Umfrage in Stichworten zu

Ihrem Plakat.

d) Hängen Sie diesem Plakat das auf dieser Seite abgebildeteMotiv gegenüber und vergleichen Sie ganz spontan die

Figur Ludwig auf beiden Präsentationen: Was zeichnet ihn

aus? Was sind offensichtlich die wichtigsten Informationen,

die man mit ihm verbindet?

e) Formulieren Sie ausgehend von dem aktuellen Filmplakat

(siehe Cover) Ihre Erwartungen an den Film und tragen

diese zu einer Liste zusammen.

f) Diskutieren Sie insbesondere die Rolle einer Figur wie

Ludwig II. in den Medien der Gegenwart: Was repräsentiert

er für Sie? Welche ähnlichen Figuren kennen Sie? Welche

aktuellen literarischen, bildnerischen, filmischen Werke

kennen Sie zu ähnlichen „Promis“ und was bedeuten sie

Ihnen heute? Ziehen Sie dazu sowohl fiktional literarische,

künstlerische Medien, sowie auch Klatschpresse und –portale

heran.

WER WAR KÖNIG LUDWIG II.?GESCHICHTE, KUNST, POLITIKWISSENSCHAFT

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a) Recherchieren Sie die ROLLE BAYERNS in der Zeit zwischen

1864 und 1886 in Bezug auf Frankreich und Preußen, ergänzt

durch Österreich und stellen Sie diese auf einer kurzen

Timeline dar.

b) Personifizieren Sie die politischen Territorien in einem Wand -bild durch die FIGURENKONSTELLATION von Napoleon III.,

Ludwig II., Otto von Bismarck und Kaiserin Elisabeth von

Österreich zu Beginn von Ludwigs Herrschaft und beachten

Sie in Ihrer Anordnung Hierarchien und Sympathien/Anti-

pathien zum konkreten Zeitpunkt.

c) Präsentieren Sie deren jeweilige Interessen in einem

Rollenspiel – jeweils in Kleingruppen. Beziehen Sie darin

historische Momente wie z.B. den sogenannten Kaiserbrief,

Kriegserklärungen, Friedensschlüsse, wichtige Verträge und

Beschlüsse mit ein. Entwickeln Sie daraus spontan oder

auch nach vorheriger schriftlicher Skizze ein POLITISCHES

SZENARIO wie z.B. Kriegs-Vorbereitung, Kriegs-Vermeidung,

Diplomatisches Gespräch.

d) Fixieren Sie die Figurenkonstellation bzw. die Grenzen der

Territorien – wie in b) vorbereitet – nun zur Zeit von Ludwigs

Tod. Wer hatte welche Macht zu dieser Zeit? Was waren die

Perspektiven? Diskutieren Sie diesen politischen „Status quo“.

e) Formulieren Sie abschließend Ludwigs Bedeutung in dieser

Konstellation, wie im Wandbild dargestellt.

LUDWIG II. UND SEINE POLITISCHE ZWISCHENSTELLUNGGESCHICHTE, POLITIKWISSENSCHAFT

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Folgende Fragen können teils – auf Gruppen aufgeteilt – ins Kino

mitgegeben werden, teils als Impulsfragen für die unmittelbare

Diskussion nach der Sichtung genutzt werden. Sie zielen auf

spontane persönliche Eindrücke ohne Anspruch auf sachliche

Bestätigung durch etwaige Recherche wie ansonsten in den

Aufgaben vor oder nach dem Film.

- Welchen Ton setzt der Beginn des Films mit dem Gegen-

schnitt des schnellen Ritts durch die Landschaft und der

Unterschrift in Großaufnahme (z.B. Figur im Vordergrund;

Identität, Flucht, Wildheit, Fröhlichkeit; Wichtigkeit der

Rolle/Unterschrift; Ich-Identität, Selbstbewusstwerdung;

Königsdrama, Psychogramm)?

- Welche Rolle spielt die Verfolgung und das Verstecken

Ludwigs in dieser Anfangssequenz (z.B. gleichsam Ouvertüre

zum Thema Verfolgung und Verstecken im gesamten Film;

Protagonist und Antagonisten; Rollenverteilung; Kindlichkeit

des Versteckspiels; Bewegung und Innehalten; Unruhe)?

- Das Motiv des Reitens im gesamten Verlauf der Filmhand-

lung: Konkrete Handlung, Bedeutung, Symbolik in einzelnen

Szenen?

- Welche Charaktereigenschaften erleben Sie von Ludwig

als Hauptfigur des Films? Welche können Sie aus Ihrer Re-

cherche oder Vorkenntnis der historischen Figur ergänzen?

Was wird gezeigt, was wird ausgeblendet?

- Was wünschen Sie dem jungen Ludwig?

- Was erzählt die Figurenkonstellation: D.h. wer begegnet

Ludwig in welcher Absicht und in welcher Rolle (z.B. Freund-

schaft, Hierarchien, Spitzeleien, Verfolgung)? Welche Nähe

oder Distanz wird mit welchen erzählerischen (d.h. z.B. Dia-

log, Freundschaftsdienst, Auftragannahme/-verweigerung,

Abwehr oder Zuwendung) und welchen bildnerischen (z.B.

wer steht wie zu wem im Raum; wer bewegt sich weg oder

zu Ludwig; Interaktionen zwischen wem; Bildgröße, Bildaus-

schnitte) Mitteln dargestellt?

- Welche Gefühle werden Ihnen vermittelt? Zur Hauptfigur

Ludwig, zu seiner Lebenssituation, zu seinen Ambitionen,

den ihm begegnenden Widerständen, seinem Ende…

- Wie empfinden Sie den Wechsel vom jungen zum älteren

Ludwig durch den Wechsel des Schauspielers? Welche

Bedeutung messen Sie dem bei?

- Welche Bedeutung haben die Traumbilder im Gesamtkontext

von Ludwigs Psychogramm?

- Welche Aussage treffen die Filmemacher in Ihren Augen

über Ludwig?

FRAGEN ZUM FILM

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a) Erinnern Sie sich an die ersten Bilder und die letzten Bilder

des Filmes: Was für einen Menschen lernen Sie hier kennen?

Ergänzen Sie in Text und/oder Bild frei assozierend auf-

grund ihrer Recherche oder ihres persönlichen Eindrucks

weitere Eigenschaften oder Taten, die Sie der Figur zu-

schreiben. D.h. variieren Sie frei bildnerisch oder textlich

die Exposition und das Ende des filmischen Psychogramms.

b) Sammeln Sie aus Ihrer Erinnerung an die filmische Darstel-

lung und in freier Assoziation Schlagworte,

- mit denen Ludwig sich selbst charakterisiert,

- die andere ihm zuschreiben,

- die Sie ihm zuschreiben würden.

c) Diskutieren Sie, was daran zeittypisch war und was über-

zeitlich für ihn als Person gilt.

d) Welche Attribute würden Sie einer solchen Persönlichkeit

heute zuschreiben? Entwerfen Sie ein Porträt einer ähn-

lichen heutigen Figur und entsprechende Events mit ihr/

durch sie, die Sie Ihren Freunden in sozialen Netzwerken

vorstellen würden.

NACH DEM FILM

REITER, SCHWANENRITTER, GRALSHÜTER, LIEBENDER,MÄZEN, PRODUZENT, KÖNIG – SELBST- UND FREMDBILDEINER PROMINENTEN PERSÖNLICHKEITDEUTSCH, PHILOSOPHIE, PSYCHOLOGIE, ETHIK, POLITIKWISSENSCHAFT, KUNST

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a) Welche Aussagen zu „Liebe“ erinnern Sie aus dem Film?

Berücksichtigen Sie dabei sowohl die direkten Aussagen im

Dialog („Die Liebe, nach der ich mich sehne, die gibt es

offenbar nicht.“; „Bruderliebe“ statt Liebe in der Ehe für

Sophie, Liebe zum Volk/zur Kunst/zur Musik), als auch die

in der Bildsprache (Liebe zur Natur) und in der gesamten

Narration (z.B. Vaterliebe, Liebe zu Jesus am Kreuz/zu Gott,

Bruderliebe, Verehrung/innige Freundschaft zu Wagner;

Kuss mit Hornig).

Tragen Sie diese in einer übersichtlichen gemeinsamen

Collage mit entsprechender Grafik oder auch bildnerischerGestaltung zusammen – mit Ludwig im Zentrum – und

präsentieren diese vor der Klasse/Gruppe.

b) Welche Rolle spielen die einzelnen Anteile von Liebe für

Ludwig als Persönlichkeit? Welche Wertigkeit besitzen sie

für ihn? Würden Sie ihn als liebende Person charakterisieren?

Was macht ihn daran glücklich/was eher unglücklich? Haben

die einzelnen Aussagen und Handlungen zur Liebe etwas

mit ihm selbst zu tun oder übernimmt er eventuell Vorbilder/

Modelle/Erwartungen? Diskutieren Sie dies in der großen

Gruppe.

c) Erleben Sie ihn als liebenden Menschen? Wenn ja, wo/mit

wem/mit welchem persönlichen Ausdruck? Wenn nein, warum

nicht/wegen welcher Hindernisse? Stellen Sie dies bild-nerisch dar.

d) Im Film spielen ganz bestimmte Liebesszenen aus Wagner-

Opern eine Rolle: z.B. 2. Akt, 2. Szene aus „Tristan und

Isolde“ und 3. Akt, 2. Szene aus „Lohengrin“. Hören Sie sich

diese Duette jeweils an und ordnen Sie diese textlich undmusikalisch ein: In welchem Zusammenhang stehen diese

Szenen und ihre Aussagen zum Liebesideal Ludwigs?

e) Tragen Sie Beispiele aus der Bildenden Kunst für die

Liebesvorstellungen Ludwigs zusammen – gerne aus unter-

schiedlichen Stil- und Kunstrichtungen und ergänzen Sie

damit Ihre Collage vom Anfang.

f) Kann Liebe ein Programm sein, ein Lebensplan oder eine

fixierte Aufgabe? Vergleichen Sie religiöse, ethische,

individuelle Aussagen in unserer Kultur mit Ludwigs und

diskutieren dies in der Gruppe.

g) Hätte eine Form von Liebe Ludwig vor dem Tod retten

können? Oder starb er gar einen Liebestod? ResümierenSie dazu Bilder aus dem Film und begründen Sie damit

Ihren Eindruck.

LIEBE ALS PROGRAMM ODER GEFÜHLETHIK, RELIGION, KUNST, MUSIK

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Vergleichen Sie Biographien anderer bekannter Persönlich-

keiten (z.B. Künstler, Politiker, literarische Figuren) unterschied-

licher Epochen, die große Visionen oder Ideale hatten/ haben

(z.B. Jeanne d’Arc, Francesco Petrarca, Leonardo da Vinci, Jean

Jaques Rousseau, Dalai Lama, Martin Luther King, Friedrich

Nietzsche, Steve Jobs, Christoph Schlingensief; Schillers „Don

Carlos“, Goethes „Torquato Tasso“, Brechts „Galileo Galilei“)

und darin mit der Wirklichkeit in Konflikt gerieten.

a) Stellen Sie diese Persönlichkeiten in Kurzreferaten vor und

berücksichtigen Sie dabei die jeweiligen visionären Ziele

oder auch persönlichen Ideale, die eventuellen Widerstände

und deren Erfolg oder Scheitern jeweils.

b) Präsentieren Sie in Ihrer Klasse/Gruppenraum die Ergebnisse

mit Bild und Text als Galerie der Visionäre und Idealisten.

c) Diskutieren Sie die Wirkung der Persönlichkeiten zu ihren

jeweiligen Lebzeiten und heute.

d) Variieren/gestalten/verfremden/karikieren Sie die Bilderder Galerie jeweils künstlerisch so, dass die jeweiligen Ideale

und Wirkungen in/an den Figuren bzw. ihrem Hintergrund/

Umgebung sichtbar werden.

e) Versuchen Sie in der Gruppendiskussion eine Erklärung für

die Diskrepanz von Weltoffenheit – konservativer Herr-

schaftsauffassung – modernem technischen Interesse bei

Ludwig II. zu finden.

ZUFÄLLIG EIN KÖNIG ZWISCHEN IDEAL UND WIRKLICHKEITPOLITIKWISSENSCHAFT, GESCHICHTE, PSYCHOLOGIE, PHILOSOPHIE, KUNST

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a) Sammeln Sie spontan Eindrücke aus den Anfangsbildern

des Filmes in Kleingruppen: Welchen Eindruck machte die

Figur des jungen Ludwig auf Sie? Welche Eigenschaften

schreiben Sie ihm aufgrund seiner Äußerungen, seiner

Körpersprache, seines Verhaltens zu? Sammeln undskizzieren Sie Ihre Ergebnisse textlich oder auch grafisch

und präsentieren diese in Schaubildern vor der Klasse/

Gruppe.

b) Stellen Sie dem in ähnlicher Form Ihre Eindrücke des

gealterten Ludwig am Ende des Filmes gegenüber:Worüber spricht Ludwig jetzt? Wie verhält er sich; welche

Rituale pflegt er? Mit wem umgibt er sich?

c) Lesen Sie folgende Verse aus Novalis, Hymnen an die Nacht:

Der Jüngling bist du, der seit langer ZeitAuf unsern Gräbern steht in tiefen Sinnen;Ein tröstlich Zeichen in der Dunkelheit –Der höhern Menschheit freudiges Beginnen.Was uns gesenkt in tiefe TraurigkeitZieht uns mit süßer Sehnsucht nun von hinnen.Im Tode ward das ewge Leben kund,Du bist der Tod und machst uns erst gesund.

Vergleichen Sie diese Ansprache an den Tod von 1799/1800

mit Ludwigs Haltung zum Tod, wie er es am Ende des Filmes

andeutet. Wo finden sich Parallelen, wo Unterschiede?

Sammeln Sie dazu Schlagworte Ludwigs, wie sie im Film

immer wieder vorkommen: z.B. Freiheit, Frieden, Kunst,

Schönheit und auch bildliche Leitmotive wie das Reiten,

der Blick in die Baumkrone der Linde, Dunkelheit und Licht,

sowie das Motiv der geistigen Krankheit, die man Ludwig

zuletzt zuschreibt.

d) Welche Höhepunkte und Wendepunkte für die Entwicklung

der Hauptfigur Ludwig erinnern Sie aus der Filmhandlung?

Skizzieren Sie eine Handlungskurve des Filmes und mar-

kieren darauf diese Punkte: Was hat ihn geprägt? Was hat

ihn verändert? Wo wurde er als Person besonders berührt?

Wann hat er welche Entscheidung(en) getroffen?

e) Markieren Sie auf Ihrer Handlungskurve auch die jeweiligen

Aktionen/Einflüsse anderer Figuren auf Ludwig: Wann und

wo ereigneten sich diese? Was bewirkten sie?

f) Beurteilen Sie in der Gruppendiskussion als Ergebnis

Ihrer Skizzen: War Ludwigs Ende in der im Film dargestellten

Form zwingend? Würden Sie seinen Tod als selbstbestimmt

oder eher als fremdbestimmt einschätzen? Was genau hat

zu seinem Ende geführt? Orientieren Sie sich dabei an der

gemeinsam entwickelten Handlungskurve.

g) Formulieren Sie als Ergebnis Ihrer Figuren-/Handlungs-analyse einen Satz, was der Film Ihnen erzählt. Das kann

eine Aussage über Ludwig sein; das kann aber auch eine

abstrakte Aussage sein – z.B. über den historischen Zusam-

menhang, über ein Menschenbild, über Gesellschaft, über

einen Wert oder ein Gefühl.

WORAN IST LUDWIG II. ZUGRUNDE GEGANGEN? – DAS STATEMENT DES FILMES.DEUTSCH, GESCHICHTE, PSYCHOLOGIE

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Andreas Brunner: Die Wittelsbacher.

Glanz und Glorie einer Dynastie. Berlin (parthas) 2011Sehr anschauliche Übersicht mit Grafiken, Fotos und Schaubildern zu

den Sachfragen im Umfeld dieses Herrscherhauses

Berge, Schlösser, Königsträume – Auf den Spuren Königs

Ludwigs II. München (Süddeutsche Zeitung Edition) 2011Ansprechender kleiner Taschenreiseführer zum Thema

Karl Graf zu Castell-Rüdenhausen (Hrsg.): Ludwig II.

Auf den Spuren des Märchenkönigs. Köln (Helmut Lingen) 2011Großformatiges „Bilderbuch“ mit teils beschreibenden, teils

persönlichen Texten aus dem Wirkungskreis Ludwigs bis heute

Josef Lehmkuhl: Wagner Stolpersteine. Richard Wagner für

Unkundige. Würzburg (Königshausen & Neumann) 2012Eine Art Essay, der aufgrund von Originalzitaten Wagner auf die Spur

als Revolutionär, Mensch und Künstler kommt. Diskussionsstoff mit den

Text- und Bildbezügen zu heute

Klaus Mann: Vergittertes Fenster.

Novelle über die letzten Tage von Ludwig II. von Bayern.

EA Amsterdam (Querido) 1937. Enthalten in: Erzählungen.

Letztes Gespräch. S. 291 – 345. Berlin, Weimar (Aufbau) 1986Diese Novelle mit viel innerem Monolog der Figur Ludwigs schildert die

letzten Lebensstunden in Schloss Berg mit einem Lebensrückblick und

Kaiserin Elisabeths Trauer um ihn

James Monaco und Hans-Michael Bock:

Film verstehen – Das Lexikon: Die wichtigsten Fachbegriffe

zu Film und Neuen Medien. Reinbek (Rowohlt Tb) 2011Grundlagenwerk zur Filmanalyse

Hermann Rumschöttel: Ludwig II. von Bayern.

München (C.H.Beck Wissen) 2011Übersichtliches und sehr informatives kleines Bändchen für Jedermann;

insbesondere auf die Zeittafel und Genealogie ist hinzuweisen

Maria Seitz: Ludwig II. König von Bayern. Ein Wittelsbacher

zwischen Kunst und Tragik. Darmstadt (S. Toeche-Mittler) 2011Eine Fundgrube an fundiertem Text- und Bildmaterial mit einer klaren

Haltung und guter Übersicht für Laien und Experten gleichermaßen

Felix Sommer: Psychiatrie und Macht.

Leben und Krankheit König Ludwig II. von Bayern im Spiegel

prominenter Zeitzeugen. Frankfurt a.M.

(Peter Lang, Internationaler Verlag der Wissenschaften) 2009Sehr ausführliche Ausführungen zu Leben und Politik zu Zeiten Ludwig II.

für Kenner und Forscher

Marcus Spangenberg: Ludwig II. Der andere König.

Regensburg (Friedrich Pustet. kleine bayerische biographien) 2011Vor allem hinsichtlich der Politik ein sehr detailliertes übersichtliches

Bändchen

Wolfgang Till: Ludwig II. König von Bayern.

Mythos und Wahrheit. Wien (Christian Brandstätter) 2010Detailreiches, äußerst übersichtliches Buch mit vielen Bildern, aber

manchmal sehr eigenen vorausgreifenden Wertungen

Cornelia Ziegler: Bayern – Auf den Spuren von König Ludwig II.

Bielefeld (Peter Rump) 2009Eigentlich ein Reiseführer, der aber Biographie und Wirkungsgeschichte

bis heute gut und übersichtlich darstellt

Florian Zinnecker: Wagner-Check 2.0. Bayreuth (Ellwanger) 2010Praktischer aktueller Opernführer für Jugendliche beinahe im

Hosentaschenformat: flapsig, heiter, kundig

QUELLEN UND WEITERES LESENSWERTES

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www.Ludwig2-DerFilm.deDie Homepage des Filmes

www.bismarck-stiftung.de/index.php/sitemapAusführliche Informationen zu Otto von Bismarck und seinem Wirken,

teilweise mit didaktischem Material

www.bpb.de/geschichte/deutsche-geschichte/

grundgesetz-und-parlamentarischer-rat/39184/1848-1871Zu Herrschaftsformen und Revolution insbesondere in Deutschland mit

Verweisen auf vorige und spätere Ereignisse

www.dhm.de/lemo/html/reaktion/deutscherbund/index.htmlKlare Informationen zum Deutschen Bund und den Folgen

www.europa.clio-online.de/site/lang__de-DE/ItemID__238/

mid__12198/40208769/Default.aspxZu konstitutioneller Monarchie im europäischen Vergleich mit klaren

Definitionen

www.hdbg.de/bup/c/c12c.htm Zum Verhältnis zu Bismarck kurze präzise Information

www.hdbg.eu/koenigreich/web/index.php/themen/index/

herrscher_id/7/id/42Ludwigs Verhältnis zu Wagner und dessen ausführliche Biographie

www.hdbg.eu/koenigreich/web/index.php/themen/index/

herrscher_id/7/id/38Klare Zusammenfassung des historischen Kontexts der Filmstory insbe-

sondere des Verhältnisses zu Frankreich

www.historisches-forum-bayern.de/userfiles/

Archiv_und_Schule/bayern_napIII_03_material02.pdfDer historische Brief Napoleons III. und weitere Quellen inklusive

Arbeitsaufgaben

www.km.bayern.de/blz/eup/02_05_themenheft/

themenheft.asp Sehr gute Übersichtsseite zur im Film angesprochenen Politik mit

Bildmaterial

koenig-ludwig-chronik.de

koenig-ludwig.org

ludwig2bayern.de

www.metamatix.de/fileadmin/pdf/presse/

Autodesk_Virtuelles_Bayern.pdf

www.richard-wagner-web.de

Rolf Raffé: Das Schweigen am Starnbergersee.

Erstaufführung 1920. DVD (Filmmuseum München,

Goethe-Institut München) 2009

Wilhelm Dieterle: Ludwig der Zweite König von Bayern.

Erstaufführung 1930. DVD (Filmmuseum München,

Goethe-Institut München) 2009

Helmut Käutner: Ludwig II. – Glanz und Elend eines Königs.

Erstaufführung 1955. FSK: ab 12 Jahre. DVD (Studiocanal) 2004

Hans Jürgen Syberberg: Ludwig – Requiem für einen

jungfräulichen König. Erstaufführung beim ZDF 1972.

FSK: ab 16 Jahre. DVD (Filmgalerie 451) 2007

Luchino Visconti: Ludwig II. Dt. Erstaufführung 1973.

FSK: ab 12 Jahre. 3 DVDs (Studiocanal. Arthaus Premium) 2007

Christian Rischert: Im Ozean der Sehnsucht.

Erstaufführung bei ARD 1986. DVD (Filmmuseum München,

Goethe-Institut München) 2009

Donatello Dubini, Fosco Dubini: Ludwig 1881.

Dt. Erstaufführung 1994.FSK: nicht geprüft.

DVD (verfügbar über www.artfilm.ch)

Georg Ringsgwandl: Ludwig II. – Die volle Wahrheit.

Erstaufführung als Theaterstück 1998 Münchner Kammerspiele.

FSK: nicht geprüft. DVD vergriffen

Ray Müller und Matthias Unterberg: Ludwig II. – Leben und

Tod des Märchenkönigs. Erstaufführung 2005 beim ZDF.

FSK: o.A. DVD (VZ-Handelsgesellschaft) 2008

www.zdf.de/ZDFmediathek/#/beitrag/video/1195078/

Historiker-über-Ludwig-II

www.zdf.de/ZDFmediathek/#/beitrag/

bilderserie/999294/Ludwig-II:-Technik-für-Visionen

www.zdf.de/ZDFmediathek/#/beitrag/video/1179380/

Superbauten:-Schloss-Neuschwanstein

FILME CHRONOLOGISCH