Vive la Cuisine

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AUSLAND Vive la cuisine! Elsass kulinarisch? Da denkt man sofort an Flammkuchen, Sauerkraut und Wein. Doch tatsächlich gibt es in dieser Region für Gourmets noch viel mehr zu entdecken. mobil hat sich in Colmar und Umgebung umgesehen. Ausgelassenes Treiben vor historischer Kulisse: Dorffest in Ribeauvillé. mobil 09 | 2006 31 30

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DB mobil 09/2006

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AUSLAND

Vive la cuisine!Elsass kulinarisch? Da denkt man sofort an Flammkuchen, Sauerkraut und Wein. Doch tatsächlich gibt es in dieser Region für Gourmets noch vielmehr zu entdecken. mobil hat sich in Colmar und Umgebung umgesehen.

Ausgelassenes Treiben vor historischer Kulisse: Dorffest in Ribeauvillé.

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[so sprechen die Franzosen ihren Namen aus]. Als Küchengehilfinund später als Partieköchin hat sie in seinem Restaurant mitgearbei-tet, als Teil einer 24-köpfigen Brigade. Die „Auberge de l’Ill“ vor denToren Colmars im Dorf Illhaeusern ist aber nicht nur ein gutes Lokal.Die ehemalige Dorfschänke, seit über 125 Jahren im Familienbesitz,ist eines der besten Restaurants der Welt. Was sonst nur Paul Bocuse geschafft hat, gilt auch hier: Seit 1967 hält das Restaurant drei Sterne.

„Im Elsass weiß man das Leben zu genießen, ob bei einem edlenAbendessen oder traditionell in einer Weinstube bei Sauerkraut undBaeckeoffe, dem berühmten Eintopf“, sagt der Maestro der Sterne-köche. Seine Gäste reservieren lange im Voraus, um sich einmal einenganzen Trüffel im Zandermantel [145 Euro] oder die berühmte Gän-seleberpastete [46 Euro] zu gönnen. Doch auch für Marc Haeberlinmuss es nicht immer Kaviar sein: „In jedem zweiten Dorf kann ich

Küchenchefin ohnehin von ausgesuchten Lieferanten, sodass sie entspannt schauen, riechen, fühlen kann. „Kräuter brauche ich ei-gentlich immer, und dann sehe ich einfach, ob ich klassische Gerich-te mit gerade frischen Produkten neu interpretieren kann.“ Dass hierjemand besonders gut kocht – sei es Jakobsmuscheltartar mit Ingwer

oder Taubenbrust auf einem Hauch von Gänseleber-pastete – und dass Michaela Peters ihr kleines Kü-chenteam im Restaurant „Le Rendez-vous de Chasse“zu führen weiß, hat sich bis zu den kritischen Testerndes Guide Michelin herumgesprochen: Die jungeDeutsche wurde als einzige Frau im Elsass mit einemStern ausgezeichnet.

„Das freut mich natürlich unglaublich. Gleichzei-tig ist es aber auch eine große Verantwortung“, sagtMichaela Peters. Heute hat sie sich den Tag frei ge-nommen, um wieder einmal die Menschen zu besu-chen, die ihr frische Ware ins Haus liefern. Auf einerSerpentinenstraße geht es die Berge der Vogesen hin-auf nach Lapoutroie, wo Gaspard Schmitt auf 800 Me-ter Höhe Ziegenkäse reifen lässt. Ein paar Kilometerweiter züchtet Monsieur Guidat Bachsaiblinge und Fo-rellen. „Mir ist es wichtig, die Leute zu kennen, die

sich mit Herzblut für ihre Produkte einsetzen“, meint die Köchin, dieursprünglich aus dem Münsterland stammt. Kein Wunder: Einst hatdie 34-Jährige selbst Metzgerin gelernt und weiß, was gutes Fleischausmacht. Später war sie Verkäuferin in einem Feinkostgeschäft, be-vor sie den Entschluss fasste, sich zur Köchin ausbilden zu lassen.

„Eine sehr tüchtige Kollegin“, sagt Marc Haeberlin mit einemfreundlichen Lächeln. Natürlich erinnere er sich an „Mickaela“

Meisterin der Küche: Michaela Peters, ausgezeichnet mit einem Stern.Elsass idyllisch: Wie viele der kleinen Orte bietet auch Colmar verträumte Winkel mit viel historischem Flair.

Wenn sich der Vorhang der Nacht über Ribeauvillé senkt, kann dasSpiel beginnen. Die Tageshitze hat sich ins Tal verzogen, unter demhalben Mond flattern die Fahnen, und hoch oben auf den Stadttorenverwandeln sich die brütenden Störche in unbewegliche, aus Stein gemeißelte Statuen. Zu ihren Füßen aber drehen sich erst die Kin-der, dann die Jugendlichen auf dem Kopfsteinpflaster,bauchfrei und mit lachenden Augen. Eine Band spieltauf, Song für Song zieht sie immer mehr Menschen an,erst trauen sich die Mittelalten, dann wippen auch dieGreise mit der Baskenmütze zum Rhythmus der Mu-sik. Fast das ganze Dorf tanzt an diesem Abend auf dem Marktplatz, feiert mit dampfender Bratwurst undprickelndem Crémant, die ganze Nacht lang, bis sichfrühmorgens die Männer von der Müllabfuhr ans Auf-räumen machen. Ein Sommernachtstraum.

All diejenigen, die Gourmets davon überzeugenwollen, dass es sich immer wieder aufs Neue lohnt, vonweit her ins Elsass zu pilgern, der Lebensart und derKüche wegen, sind am nächsten Morgen trotzdemschon früh auf den Beinen. In Ribeauvillé der Meisterder Obstbrände, in Niedermorschwihr FrankreichsMarmeladenkönigin, in Illhaeusern der Maestro derelsässischen Sterneköche, in Kaysersberg der junge Entrepreneur, dermit seinen Freunden den traditionellen Flammkuchen neu erfundenhat. Und in Colmar schlendert eine hübsche junge Frau über denMarkt, um Obst und frische Kräuter einzukaufen.

Basilikum und Estragon, reife Feigen und duftende Aprikosen: Einen Einkaufsplan hat Michaela Peters nicht, sie lässt sich vom Angebot der Bauern inspirieren. Die meisten Produkte bezieht die

Quell der „Lebenswasser“:die Destille Jean-Paul Metté.

Qualitätsprobe auf dem Markt: Die Chefin kauft gern selbst ein.

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lockt mit einem besonderen Angebot – mit Kochkursen, bei denenman die besten Tipps und Tricks der Meisterin kennen lernt.

Die Voraussetzungen sind da. Der Direktor des „Grand Hôtel Bris-tol“, in dem sich das Restaurant befindet, hat Michaela Peters jüngsteine nagelneue Küche spendiert. Neben zeitgemäßen Profiarmaturenaus Edelstahl wünschte sie sich auch einen Durchbruch in die Back-stube des Patissiers, um Bestellungen schneller durchgeben und ihmdabei auch in die Augen sehen zu können. „Das“, sagt Michaela Petersmit einem kecken Augenzwinkern, „hat natürlich nur beruflicheGründe.“ Und doch ist es kein Zufall, dass die Blaubeertörtchen vonPatissier Laurent Pellegrini besonders dann wie mit Liebe gemachtschmecken, wenn Michaela Peters sie bestellt … m Text: Helge Bendl

Schnaps. Wobei das französische Wort „eau de vie“ – Lebenswasser –wieder einmal viel freundlicher klingt.

Preiswerte Brände sind im Elsass schon für weniger als zehn Euro zu haben. Am anderen Ende der Skala steht unangefochten derFamilienbetrieb Jean-Paul Metté im Dorf Ribeauvillé. Hier lagert

jeder Schnaps mindestens sechs Jahre, die älteste Aus-lese sogar vier Jahrzehnte. „Wir nehmen nur die bestenFrüchte“, erklärt Besitzer Philippe Traber, der den Be-trieb nach dem Tod des Altmeisters übernommen hat.Der 42-Jährige erweist sich als würdiger Nachfolger.Die meisten Kunden wählen ganz klassisch Mirabel-len-, Kirsch- oder Birnenschnaps. „Hier verhält es sich wie in einer Bäckerei“, meint Traber. „Es ist eineKunst, jeden Tag aufs Neue gutes Brot herzustellen.Doch irgendwann fragt man sich: Kann es nicht einmaletwas anderes sein?“ 86 Sorten hat der Meister derBrände im Angebot – Schnäpse, die nach den Blütender Königskerze duften, nach Tannennadeln, Ingwerund Zimt, nach Mandel, Waldmeister und Trüffel.

Solche Kreationen finden nicht nur den Weg an dieBar, sondern auch in die Küchen besonderer Chefs,weil sie beim Flambieren ganz andere Geschmäcker

hervorzaubern können. Schaut man Michaela Peters in ihrem Res-taurant beim Kochen zu, wie sie bestimmt, aber stets freundlich ihreMannschaft dirigiert, stellt sich schnell die Frage: Soll das „Rendez-vous de Chasse“ denn einmal mit einem zweiten Stern glänzen? „Daran denke ich noch gar nicht“, versichert die 34-Jährige beschei-den. „Erst einmal geht es darum, den Stern zu halten und die Kücheso zu führen, dass die Gäste immer gerne wiederkommen.“ Und sie

einen Gasthof nennen, in dem einfache, aber gute Gerichte auf denTisch kommen – ob Hecht als Klößchen, Hühnchen in Rieslingsoßeoder als Nachtisch der Gugelhupf.“ Und natürlich stammen Frank-reichs renommierteste Konfitüren auch aus der Region, hergestellt in Handarbeit von Christine Ferber in Niedermorschwihr.

Das Elsass – ein zur Freude der Touristen lebendiggebliebenes Freilichtmuseum? Es geht auch anders.Mitten im Renaissance-Dörfchen Kaysersberg hat Oli-vier Lammert mit Unterstützung einiger Freunde ausder Welt der Gastronomie im Sommer ein Restauranteröffnet, das es so auch in New York, London oderMünchen geben könnte. Lounge-Musik, Videos aufFlachbildschirmen, wechselnde Beleuchtung und eineBar geformt wie der Bug eines Schiffes: So sieht eineWeinstube im 21. Jahrhundert aus. Was es hier zu essengibt? „Flammkuchen natürlich“, strahlt Olivier Lam-mert und zeigt die Karte. Im vom Holzfeuer erhitztenOfen des „Flamme & Co“ backt indes nur eine einzigetraditionelle Variante mit Zwiebeln und Speck. Favo-riten der heutigen Kundschaft sind solche mit Hühn-chencurry und Ananas, ein Sushi-Flammkuchen [mitrohem Tunfisch], eine Version mit getrockneten Tomaten, Parmesan und frischen Kräutern oder zum Nachtisch die süße Versuchung mit kleinen Apfelstückchen.

Später am Abend wird das Restaurant zu einer Bar mit eigenemDiscjockey, und so muss es im „Flamme & Co“ auch etwas Besonde-res zu trinken geben. „Oups“ heißt der nur hier erhältliche Shot, eingekühltes Reagenzglas aus Plastik mit erfrischendem Fruchtlikör.Hergestellt hat es im Nachbarort ein Mann, der nur eines im Kopf hat:

Experimente im Ofen: Im „Flamme & Co“ wird der traditionell elsässische Flammkuchen in überraschenden neuen Varianten gebacken.

ELSASS – TIPPS FÜR GENIESSER

Kochen lernen mit Michaela Peters, Chefin des Feinschmeckerrestaurants „LeRendez-vous de Chasse“ in Colmar. Samstags von 15–17 Uhr werden Geheimnisse derfranzösischen Küche vermittelt und praktiziert. Anschließend plaudert man bei einerFlasche Wein. Am Abend erhält jeder Teilnehmer sein Menü im Restaurant. Zu-sätzlich buchbar zu einem Aufenthalt im „Grand Hôtel Bristol“ ab 2 Nächten [2 Ü/Fim DZ ab 86 € p.P., Kochkurs 139 € p.P.]. Zwischen 1. und 24.11. oder 1.1. und 1.4.2007gilt das Angebot 3=2. +++ Gourmet-Paket „Elsass für Feinschmecker“[zusätzlichbuchbar zu einem Aufenthalt im „Grand Hôtel Bristol“ ab 2 Nächten]. 1. Tag: regional-typisches Abendessen [3 Gänge] in der Weinstube „L’Auberge“. 2. Tag: vormittagsBesichtigung eines Weinkellers mit Weinprobe in Colmar oder Riquewihr, abends[oder 3. Tag] ein Gourmet-Dîner [4 Gänge] im Sternerestaurant „Le Rendez-vous deChasse“. Preis: ab 109 € p. P. >> Buchung in Reiseland – DB Reisebüros, DB Rei-sezentren und DB Agenturen. www.ameropa.de +++ www.bahn.de/elsass

Elsässer Starkoch: Marc Haeberlin in seiner „Auberge de l’Ill“.

Süßes Extra: Konfitüre vonChristine Ferber.

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