Von dem - Thienemann-Esslinger Verlag · aus dem Zoo ausgebrochen ist, um seine Großfamilie in...

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IMMER DIE BESTEN GESCHICHTEN. T H I E N E M A N N Von dem BESTSELLER- Autor

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BESTSELLER-Autor

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Zum Vorlesen und allerersten Selberlesen

Bestsellerautoren und vielversprechende Debüts

Mit vielen farbigen Illustrationen von bekannten Künstlern

Unverwechselbare Geschichten

IMMER DIE BESTEN

GESCHICHTEN.

Liebe Kolleginnen und Kollegen im Handel,

nach dem großen Erfolg von „Wir sind nachher wieder da, wir müssen

kurz nach Afrika“, jetzt auch mit Musik-CD, möchte ich Ihnen in

diesem Frühjahr gleich drei unverwechselbare Geschichten in ver-

gleichbarer Ausstattung präsentieren. Die liebenswerten Hauptfiguren

bestehen als kleine Fusselwesen Abenteuer in einer kunterbunten

Filzwelt, schließen Freundschaft mit einem etwas durchgedrehten

Aufräumroboter und entdecken das Besondere im Alltäglichen. Üppig

bebildert garantieren diese Bücher besonders gemütliche Vorlesestun-

den. Welche Welt wollen Sie als erste entdecken?

Eine vergnügliche Lektüre wünscht Ihnen

Ihre Katharina Ebinger

Programmleitung Thienemann Verlag

wir sind nachher wieder da, wir müssen kurz nach afrika (neu: mit musik-cd)

emma ist eben doch ein glückskind

eddi error – unser roboter krempelt alles um

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fussel und flocke die retter von filz

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Der Bestseller von Oliver Scherz jetzt mit Musik-CD

Was tut man, wenn spätabends ein Elefant ans Fenster klopft? Wenn dieser Elefant

aus dem Zoo ausgebrochen ist, um seine Großfamilie in Afrika zu besuchen? Und

wenn er gar nicht weiß, wo Afrika überhaupt liegt? Man packt Äpfel, Kekse und

einen Globus in den Rucksack und begleitet ihn. Genau das tun Joscha und Marie.

So weit wird Afrika nicht sein, denken sie und erleben eine Reise, die alles über-

trifft, was sie sich vorgestellt haben.

Erscheint im Februar 2017 · Ab 6

Oliver Scherz

Wir sind nachher wieder da, wir müssen kurz nach Afrika (Buch mit Musik-CD)

Illustrationen: Barbara Scholz112 Seiten · Format: 17,0 x 24,0 cm Gebunden mit farbigen IllustrationenEUR-D 12,99 · EUR-A 13,40ISBN 978-3-522-18463-2

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„Eine traumschöne Abenteuer- und Freundschaftsgeschichte, in deren

Verlauf man sich so manches Mal fragt, ob sie nicht doch nur im Zimmer und in den Herzen

der Kinder stattfindet. Wunderschön als Vorlese-buch, aber auch zum Selbstlesen total

spannend […].“Gießener Allgemeine

„Los geht’s in ein unvergess- liches (Lese)Abenteuer!“

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Barbara Scholz, 1969 in Herford geboren, machte zunächst eine Ausbil-dung zur Druckvorlagenherstellerin. Anschließend studierte sie in Münster Grafik Design mit dem Schwerpunkt Illustration. Seit 1999 arbeitet sie als freie Illustratorin für verschiedene Verlage.

Oliver Scherz, geboren 1974 in Essen, ist Schauspieler und Kinderbuch-autor. Er möchte Kinder und Erwachsene gleichermaßen mit seinen Ge-schichten berühren. Das Vorlesen ist ein wichtiges Ereignis für die ganze Familie, findet er. Und ein gutes Kinderbuch kennt kein Höchstlesealter.

www.oliverscherz-autor.de

Von dem

BESTSELLER-Autor

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Leseprobe

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EMMA MAG PAUL

Wuschel hört fast immer gut

Es ist Punkt drei, da klingelt es an der Tür. Emma springt los. Auch

Linus und Leo stürzen aus ihrem Zimmer und reißen die Tür schon

auf. »Da bist du ja!«, rufen sie und tun so, als wäre Paul ihr Freund

und nicht Emmas. »Na!« Ganz lieb gucken sie ihn beide an. »Wir

wollen jedenfalls mit. Egal, wohin ihr geht.«

»Wie?«, wundert sich Paul. »Was?« Er guckt von Linus zu Leo und

schließlich zu Emma.

Die schüttelt entschieden den Kopf. »Was fällt euch ein?«, sagt sie

schnell. »Zum Mitgehen seid ihr noch zu klein.« Sie schnappt sich die

Leine und zieht an Pauls Arm. »Komm!« Wuschel muss sie gar nicht

erst rufen. Der weiß sowieso längst, dass er gleich ausgeführt wird.

Mit lautem Gebell springt er an Paul hoch und leckt ihn ab.

»Ist ja gut«, beruhigt Emma ihn kichernd.

Auch Paul kichert und gluckst.

»Ihr seid blöd«, maulen Linus und Leo. »Außerdem wollen wir gar

nicht mehr wissen, wohin ihr überhaupt geht.«

»Das verraten wir euch auch nicht«, erklärt Emma.

»Nicht für eine Million.« Sie stößt Paul an.

Der nickt und sagt: »Tut uns echt leid.«

Emma geht am liebsten rückwärts. Aber nur mit Paul. Er passt auf und ruft „Stopp“,

wenn ein Hindernis auftaucht. Paul ist Emmas bester Freund. Sie gehen immer

zusammen in die Schule. Und nachmittags führen sie gemeinsam Wuschel aus. Wu-

schel ist Emmas Hund. Auch der von Papa und Mama natürlich. Und von Amelie.

Und der von ihren kleinen Brüdern. Und ein bisschen sogar von Luna, obwohl Luna

eine Katze ist und Hunde eigentlich nicht mag. Paul hätte auch gerne einen Hund.

Nur leider bekommt er keinen. Dafür darf er Wuschels Leine manch-

mal halten. Doch dann interessiert sich Paul plötzlich nur noch

für Fußball und hat keine Zeit mehr für Emma und Wuschel …

Eine warmherzige Freundschaftsgeschichte aus dem Kinderall-

tag – mit kurzen Kapiteln und vielen bunten Bildern bestens zum

Vor- und Selberlesen geeignet!

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Dann machen sie sich mit Wuschel auf den Weg. Sie ziehen die

Tür hinter sich zu. Aber sie können noch hören, wie Linus und Leo

schimpfen: »Bestimmt regnet es gleich! Dazu blitzt es und donnert.

Vielleicht gibt es auch eine Überschwemmung, dann kommt ihr nie

mehr zurück. Ihr werdet schon sehen!«

»Von wegen«, murmelt Emma. Heute hat sie so viel Glück, da pas-

siert so was nicht. Heute erlebt sie nur schöne Sachen. Zusammen

mit Paul und Wuschel, mit denen sie jetzt die Straße hinunterläuft.

Um die Ecke herum. Und noch ein Stück weiter. Bis Wuschel ein Bein

heben muss und die halbe Laterne nass macht.

Emma und Paul schimpfen natürlich nicht. Schließlich ist Wuschel

ein Hund und ein Klo gibt es für ihn nicht. Für Wuschel gibt es

nur den Bürgersteig und den Weg und den Wald. Deswegen gehen

Emma und Paul manchmal mit ihm. Wo Paul sich ja auch einen Hund

wünscht. Nur leider bekommt er keinen. Dafür hält er jetzt die Leine,

die Emma ihm in die Hand gedrückt hat.

»Später werde ich vielleicht Hundeerzieher«, sagt Paul. Er zieht

Wuschel hinter sich her, weil der an einem Busch schnuppern muss

und gerade nicht so gut hört. »Dann trete ich im Zirkus auf und führe

Kunststücke mit ihnen vor.«

»Echt?«, fragt Emma. »Und was ist mit mir?«

»Du kannst dich um die Löwen kümmern«, sagt Paul. »Oder du

wirst Seiltänzerin. Such dir was aus.«

Emma bleibt einen Augenblick stehen. Weil es schön ist, was Paul

gerade gesagt hat. Emma mag Löwen. Und über ein Seil balancieren

und sich darauf drehen mag Emma auch. »Willst du mal was sehen?«,

fragt sie und klettert auf eine Mauer. Den Hund auf der anderen

Straßenseite sieht Emma auch. Und sie denkt kurz an Wuschel und

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an die Leine, die Paul immer noch hält. Und dass Paul guckt, wie sie

balanciert. Schon geht es los. Vorwärts. Und rückwärts. Dazu nimmt

sie die Arme hoch wie eine Ballerina und dreht sich um sich selbst.

»Mmmh«, murmelt Paul. »Schon mal ganz gut.«

Emma streckt sich und steht plötzlich auf einem Bein. Das andere

hebt sie so hoch, wie sie kann. Eines Tages werden sie vielleicht beide

berühmt. Emma und Paul. Dann treten sie in der ganzen Welt auf

und sind sogar im Fernsehen zu sehen …

»Von mir aus kannst du Wuschel jetzt auch mal was beibringen«,

sagt sie. Da passiert s. Vor lauter Zugucken und Staunen und Hö-

ren, was Emma sagt, vergisst Paul die Leine in seiner Hand. Und

schwupp – ist sie mit dem ganzen Wuschel daran auch schon weg.

»Stopp!«, ruft Paul, weil Wuschel bereits am Straßenrand ange-

langt ist.

Ein Auto bremst mit quietschenden

Reifen. Wuschel bleibt stehen.

»Stoooopp!«, ruft Paul jetzt noch mal.

Emma starrt auf Wuschel. Dann auf

das Auto. Und sie vergisst, dass sie im-

mer noch auf einem Bein balanciert.

Sie kann sich nicht mehr halten.

Schon rutscht sie ab und merkt, wie

es in ihrem Bein plötzlich brennt.

Der Fahrer des Autos hupt laut. Dann

fährt er wieder los. Wuschel steht immer noch

am Straßenrand. Kein bisschen ist er zum Hund auf der anderen

Straßenseite gerannt. Klar, Wuschel hört eben gut. Und er weiß, dass

er nicht auf die Straße darf.

Paul ist jetzt bei ihm. Er wickelt die Leine fest um sein Handgelenk,

damit Wuschel ihm nicht noch mal entwischt. »Brav, Wuschel«, sagt

er und streichelt sein Zottelfell. Dann sieht er Emma, die nicht mehr

auf der Mauer steht. Emma liegt auf dem Boden und hält sich jam-

mernd das Bein.

»Hast du dir wehgetan?«, fragt Paul und schaut sich ihr blutendes

Knie an.

»Was denkst du denn?«, schluchzt Emma.

Tröstend streicht Paul ihr übers Haar und murmelt: »Bald ist es

bestimmt wieder gut.«

Emma nickt. »Dabei hatten wir ja noch Glück«, seufzt sie. »Aber

halt die Leine demnächst besser fest.«

»Wird gemacht«, murmelt Paul. Er hilft Emma hoch. »Kannst du

gehen?«, fragt er sie.

Emma macht einen Schritt und bleibt wieder stehen. Paul könnte

sie tragen, überlegt sie. Oder gleich einen Krankenwagen für sie be-

stellen. Emma ist noch nie mit einem Krankenwagen gefahren und

sie hätte doch auch so gern mal einen Gips.

Aber Humpeln und Auf-einem-Bein-

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Hüpfen und Nicht-mehr-rennen-können ist irgendwie blöd. Deswe-

gen geht Emma doch lieber wieder neben Paul her.

»Hauptsache, Wuschel ist nichts passiert«, sagt sie.

»Dafür aber dir«, murmelt Paul.

»Ist ja wieder gut«, tröstet sie ihn und stößt ihn an.

Paul nickt. Dann laufen sie eine Weile still nebeneinander her.

Emma überlegt schon, wie sie ihren Freund wieder aufmuntern kann.

Vielleicht könnte sie etwas singen.

Da kommen sie an einer Eisdiele vorbei und Paul fragt: »Willst du

ein Eis?«

»Was?« Emma ist überrascht. Paul hat manchmal Geld dabei.

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Wahrscheinlich ist er ja reich. Ame-

lie, Emmas große Schwester, hat mal

so was gesagt. Manchmal fährt er sogar

nach Ibiza. Wo Ibiza genau ist, weiß Emma

nicht. Aber sie fragt lieber auch nicht. Sie will

nämlich nicht, dass Paul über sie lacht.

»Ja, ja, ja, ja«, sagt sie, bevor Paul seine Frage wieder vergisst. Wu-

schel springt und bellt. Der denkt vielleicht, auch für ihn gäbe es was.

Dabei ist Eis für Hunde zu kalt. Und so viel Geld hat Paul vielleicht

auch wieder nicht. »Sitz!«, sagt Emma streng.

Wuschel bellt noch mal und jault. Dann sitzt er da und guckt Emma

mit lieben Augen an. »Braaaav!« Sie streicheln ihn beide und überle-

gen, welche Sorten sie nehmen.

Emma kann sich gar nicht entscheiden. Paul hat seine drei Kugeln

längst ausgesucht, da weiß sie es immer noch nicht. Ob sie statt Ap-

rikose vielleicht doch lieber Stracciatella will? Oder eine Kugel Kau-

gummi-Eis? Oder Pfefferminz? Oder …

Paul wartet geduldig. Und im letzten Moment zeigt Emma dann

doch auf das Joghurt-Eis, das bestimmt am allerleckersten ist.

»Was macht das?«, fragt Paul und bezahlt für sie beide. Emma ist

stolz. Weil Paul ihr fast schon wie Papa vorkommt. Nur nicht so groß.

Und natürlich auch nicht so alt. Sie setzen sich auf eine Mauer. Lecken

an ihrem Eis. Ein bisschen tropft auch auf ihre Knie. Aber dafür ist

Wuschel ja da. Der leckt alles wieder blitzblank. Dann legt er seinen

Kopf zwischen Emma und Paul und guckt sie an.

Emma ist froh. Ihr Knie tut ja auch fast nicht mehr weh. Und Paul ist

mindestens so nett wie Papa. Auch wegen dem Eis. »Vielleicht«, sagt er

plötzlich, »heirate ich dich später.« Er beißt seine Eiswaffel ringsherum ab.

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GESCHICHTEN AUS DEM ALLTAG EINER LIEBENSWERTEN FIGUR

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Auch Emma knabbert an ihrer Waffel und muss aufpassen, dass sie

sich nicht verschluckt.

»Echt?«, sagt sie. »Ich glaube, ich heirate dich später auch.« Paul ist

doch ihr Freund. Dann muss sie sich wenigstens keinen Mann mehr

suchen, den sie noch nicht kennt. Und sie muss auch nicht wieder

erklären, wie man Wuschels Leine am besten hält.

Der Rest vom Eis schmeckt Emma jedenfalls noch mal so gut. Wo

Paul Emma zum Glück auch nicht küsst. Das macht nur der Verliebte

von Amelie, wenn er sie abholen kommt. Emma, Linus und Leo kichern

dann immer. Und sie stellen sich vor, wie eklig es ist. Emma ist jeden-

falls froh, dass Paul das lässt und auch nicht seinen Arm um sie legt.

Als sie ihr Eis gegessen haben, gehen sie noch ein Stück. Wuschel

läuft vor ihnen her. Sich Küssen und Arm-in-Arm-Gehen ist sowieso

Quatsch. Wo Emma nicht mal genau weiß, ob Paul überhaupt ihr

Verliebter ist. Hauptsache, er heiratet sie später. Und sie ihn. Und sie

bekommen ungefähr sieben Kinder. Aber das ist geheim. Nicht mal

Paul weiß davon. Das weiß nur sie.

SaBine Büchner arbeitete einige Jahre als Sozialpädagogin im Kin-derheim und studierte später Kommunikationsdesign in Wuppertal und Animation an der HFF in Babelsberg.2006 erhielt sie das Troisdorfer Bilderbuchstipendium und ist seit-dem für verschiedene Verlage tätig.

Erscheint im Februar 2017 · Ab 6

Sigrid Zeevaert

Emma ist eben doch ein Glückskind

Illustrationen: SaBine Büchner 112 Seiten · Format: 17,0 x 24,0 cm Gebunden mit farbigen Illustrationen und SpotlackEUR-D 12,99 · EUR-A 13,40ISBN 978-3-522-18431-1

Sigrid Zeevaert, 1960 in Aachen geboren, begann schon wäh-rend des Lehramtsstudiums mit dem Schreiben, dem sie sich sehr bald ganz widmete. Neben Kurzgeschichten und Hör-funkbeiträgen, entstanden dabei vor allem zahlreiche Kinder- und Jugendbücher, die vielfach übersetzt und ausgezeichnet wurden. Eins ihrer Bücher wurde für das ZDF verfilmt. Sigrid Zeevaert lebt mit ihrem Mann und ihren Kindern in Aachen.

www.sigridzeevaert.de

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Leseprobe

Am nächsten Tag hatten es alle eilig, nach Hause zu kommen. Sie woll-

ten aufräumen. Als Jule und Niels die Tür aufstießen, gleichzeitig und

mit solcher Wucht, dass sie gegen die Wand donnerte, waren ihre Eltern

schon da. Jule warf ihren Ranzen in den Flur und ließ im Gehen ihre Jacke

fallen. Niels eilte hinterher. Er versuchte, Ranzen und Anorak gleichzeitig

auszuziehen, aber der Reißverschluss klemmte. Der klemmte doch immer,

wenn Niels es eilig hatte! Und schon wieder war Jule schneller.

Eddi stand im Flur, fast an derselben Stelle wie gestern.

„Guten Tag, Eddi“, sagte Jule und griff seine Hand.

Niels zog mit beiden Händen am Reißverschluss. Er war mit einem Mal sehr

wütend und stampfte mit dem Fuß auf. „Der ist kaputt!“, schrie er, „dieser

Scheiß-Reiß…“ Tränen stiegen ihm in die Augen. Mama half ihm, Ranzen und

Anorak über den Kopf auszuziehen. „Sag’ doch erst mal guten Tag“, sagte sie.

„Guten-Tag-liebe-Leute“, kam es plötzlich aus Eddis Richtung. „Ka-putt-

dieser-Scheiß-Reiß?“ Ohne eine Antwort abzuwarten, griff Eddi nach

Niels Anorak, machte einen kleinen Schwenk und ließ die Jacke in den

Regenschirmständer fallen.

Niels blieb vor Staunen der Mund offen stehen. Nicht nur, weil Eddi „Gu-

ten Tag“ gesagt hatte. Niels staunte, weil Eddi tat, was er selbst auch gern

machte. Der Regenschirmständer war einem Papierkorb ähnlich. Auch Niels

ließ gern mal Dinge im Regenschirmständer verschwinden, Apfelgriebse

oder abgerissene Schnürsenkel.

"EDDI KANN DAS!"

Niels und seine Schwester Jule sind es gewöhnt, dass ihr Vater von seinen Floh-

marktstreifzügen die verrücktesten Dinge anschleppt. Aber diesmal hat er sich

wirklich selbst übertroffen, denn wer hat schon einen Aufräumroboter? Eddi Error

soll er heißen! Eddi ist zwar noch nicht ganz ausgereift, zumindest was das Aufräu-

men angeht, aber dafür lernt er alles andere in Nullkommanix. Schon bald will ihn

niemand aus der Familie mehr hergeben, denn Eddi kommt als neuer Spielkame-

rad zum Höhlenbauen, Knallerbsenpüree anrühren und zu so manchem anderen

Abenteuer wie gerufen! Doch dann soll Eddi eines Tages verschrottet werden, weil

er sich nicht nach dem Willen seines Entwicklers programmieren lässt. Das können

die Kinder natürlich auf keinen Fall zulassen!

Eddi legt los"EDDI KANN DAS!"

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Mama sagte: „Hey, was machst du?“ Sie sah aber nicht Eddi an, sondern

drehte sich zu Papa um, der in der offenen Küchentür stand.

„Wieso ich?“, antwortete Papa. „Ich kann gar nichts machen.“

Erst da entdeckte Niels, dass Papa eine Fernbedienung in der Hand hielt,

auf der er etwas ratlos herumtippte.

„Gib mal her“, rief Niels.

Aber Papa wollte die Fernbedienung nicht hergeben. „Wart’ mal“, sagte

er nur und drehte sich weg, „ich hab’s gleich!“

Niels reckte bettelnd die Arme nach oben. Papa richtete die Fernbedie-

nung mit dem ausgestreckten Arm auf Eddi, als wolle er ihn erschießen.

Nichts passierte. Niels sprang um Papa herum. „Gib mal her!“ rief er ent-

schieden. „Ich will aufräumen!“

Und da hörte er das vertraute Schnurren. Eddi hatte sich in Bewegung

gesetzt. „Was-gibt’s-zu-tun?“ Er steuerte auf Jules Ranzen zu, der mitten

im Flur lag, prallte dagegen und fiel nach hinten um.

„Räum’ das aus dem Weg, Mann“, rief Niels.

„Ich bin kein Mann“, gab Jule pampig zurück, aber sie schnappte ihren

Ranzen und hob Eddi auf.

Eddi lief den Flur hinunter. Anders als am Tag zuvor, machte er vor der

Wand halt, drehte sich um und lief zurück.

Als er auf ein Springseil zusteuerte, schrie Jule: „Achtung, er verheddert

sich! Nimm das weg, du Heini!“

„Ich bin kein Heini“, stellte Niels klar, aber er zog das Seil

schnell aus dem Weg.

Gemeinsam verhinderten sie, dass Eddi gegen

eine geöffnete Kommodenschublade rempelte.

Mama griff ein, als er anfing, den Beutel mit

Blumenerde genauer zu untersuchen und Jule und Niels trugen den Wä-

schekorb aus dem Weg. Sie hatten alle Hände voll zu tun, auch Papa: Er war

die ganze Zeit damit beschäftigt, die Fernbedienung zu schütteln. „Die hat

wohl einen Wackelkontakt“, rief er immer wieder.

Sehr bald stellte sich heraus, dass Eddi Teppichkanten nicht mochte. Als

er den Abtreter vor der Eingangstür passierte, strauchelte er und ihm ent-

fuhr ein zischendes Geräusch, das sich anhörte wie Fluchen. Einen kleinen,

bunten Vorleger schob er vor sich her und als sich ein dicker Stoffwulst ge-

bildet hatte, stolperte er darüber und fiel. Aber jedes Mal, wenn ihn jemand

wieder aufgerichtet hatte, fragte er: „Was-kann-Eddi-als-Nächstes-tun?“

„Hier entlang“, schrie Jule und öffnete die Kinderzimmertür.

Aber Mama sagte: „Nein. Das Wohnzimmer zuerst.“

Im Wohnzimmer konnte ein Aufräumroboter gute Dienste leis-

ten. In der Ecke, wo das Sofa stand, türmte sich ein Berg aus Stüh-

len, Sesseln, Decken und Kissen. Oben ragte die Spitze der

Stehleiter heraus. In ihr klemmte ein Besenstiel, an dem

ein Geschirrtuch hing. Das war Jules und Niels Burg.

Sie stand da schon eine Weile.

„Los geht’s, Eddi“, rief Niels.

„Los-geht’s“, sagte Eddi und trat ein. Niels klatschte in die Hän-

de. Eilig steuerte Eddi auf den Sofa-Stehleiter-Burgberg zu. Aber da

erkannten alle das Problem: Das Arrangement aus Decken und Kissen

stand auf einem Teppich. Es war kein einfacher Teppich.

Mama hatte ihn früher einmal Flokati genannt. In-

zwischen hieß er Beppo, wie der Hund von der

Nachbarin obendrüber, denn er hatte dieselbe

gelblich-weiße Farbe wie Beppos Fell und

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fühlte sich ebenso weich und dick an. Wer Beppo streichelte, konnte seine

Hand kaum noch sehen. Beim Wohnzimmer-Beppo war das ähnlich, denn

er hatte lange, fusselige Fransen.

„Achtung!“, schrie Papa und fuchtelte hektisch mit der Fernbedienung

herum. Niels war nicht klar, ob er Eddi vor dem Teppich oder den Teppich

vor Eddi warnte.

Doch da war es schon passiert. Eddi war nur kurz an der Teppichkante

entlanggeschnurrt, da hatten sich die Fransen im Förderband verheddert.

Es blockierte. Das sanfte Roboter-Schnurren ging in einen schrillen Ton

über. Eddi stürzte. Mit dem Gesicht nach unten landete er im Teppich. Doch

da verwickelten sich die Fransen auch mit dem rechten Fuß und zu allem

Unglück mit der Hummerschere und der Greifhand.

Immer wieder heulte Eddi schrill auf. Je mehr sich seine Füße und Hände

im Teppich verfingen, umso schneller zappelte er mit Armen und Beinen.

Er sah richtig verzweifelt aus.

„Mach ihn aus, Till“, rief Mama.

„Das versuche ich ja“, schrie Papa zurück.

Sie stürzten zum Teppich. „Er hat sich vor Beppo erschrocken!“

Anders konnte sich Niels kaum erklären, was passiert war.

„Hülfe-Eddi-braucht-Hülfe“, hörten sie Eddi in den Tep-

pich keuchen. Dann hörte er plötzlich auf zu zappeln.

Und mit einem Mal war es sehr still.

„Eddi! Armer Eddi“, sagte Niels. Er war den Tränen

nahe. Eddi lag da wie tot.

„Beppo! Dieses Miststück!“, schimpfte Jule.

Papa warf die Fernbedienung zur Seite und beugte sich über Eddi wie ein

Arzt. Die ganze Familie versammelte sich um Eddi und alle versuchten,

ihn zu befreien, indem sie an den Fransen zogen. Aber das war unmöglich.

Nichts bewegte sich. Fast schien es, als habe sich Eddi entschlossen, die

Fransen nie wieder herzugeben. Niels hätte sich nicht gewundert, wenn er

plötzlich: „Lass-das! Sie-ge-hör-en-mir!“ gesagt hätte.

Aber Eddi schwieg und schließlich holte Mama eine Schere. Sie atmete

tief ein und schnitt die Teppichfransen ab. Gemeinsam drehten sie Eddi auf

den Rücken. Reglos lag er da, in jeder Hand ein Büschel Teppichfransen.

Der grüne Knopf blinkte, auf dem Display stand „ERROR“, aber er lächelte.

Papa atmete laut aus und sagte: „Puh, geschafft.“

Sie warteten eine Weile, um sich von dem Schreck zu erholen, dann

drückte Niels Eddi fest an sich. Die Förderbänder surrten plötzlich los.

Teppichflusen schwebten nach unten. „Was-gibt’s-zu-tun?“, sagte Eddi und

es klang überhaupt nicht erschöpft.

An diesem Tag räumten sie auf, bis es dunkel wurde. Am Ende hatten

sie Schals und Jacken an Haken gehängt, Ranzen und Taschen ins Regal

gestellt. Sie hatten Decken gefaltet, Kissen durch die Wohnung geschleppt,

Stühle, Sessel und Tische gerückt und Schlafanzüge in Betten gebracht. Und

natürlich hatten sie Vorleger, Abtreter und Matten aus dem Weg geräumt,

damit Eddi durch konnte.

Hundertmal hatten sie sich gegenseitig gefragt: „Wohin damit?“, und

hundertmal wollte Eddi wissen: „Was-gibt’s-zu-tun?“

Zuletzt hatte Niels sogar im Regenschirmständer für Ordnung gesorgt.

Er war dort auf eine Bananenschale gestoßen, die so alt war, dass sie an

den Fingern kleben blieb und Niels sich die Hand am Hosenbein abwischen

musste. Niels brachte sie zum Müll.

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Als Zeit fürs Abendessen war, versammelten sich alle in der Küche.

Jule sah sich um und sagte: „Es sieht so leer aus.“

Da passierte etwas ganz Erstaunliches: Auf dem Kachelboden in der Küche

entdeckten sie ein einziges, letztes Bonbonpapier. Es fiel auf. Eddi schnurrte

auf das Papierchen zu, griff danach und fragte: „Wohin-da-mit?“

Niels stürzte los und schleppte den großen Abfalleimer aus Metall heran.

Er öffnete den schweren Deckel und streckte Eddi den Eimer entgegen.

Eddi schüttelte die Hand darüber aus und das Papier segelte direkt hinein.

Niels konnte sein Glück kaum fassen, aber, hatte er richtig gesehen? Oder

war es ihm nur so vorgekommen, als habe sich Eddi kurz die klebrige Hand

am Bein abgewischt?

An diesem Abend hatte Niels großen Appetit. Er aß viel und schnell und

als er fertig war, rülpste er. Von seinen Eltern fing er einen missbilligenden

Blick, doch der konnte seiner guten Laune nichts anhaben. Die Aussicht,

dass Eddi sich um die Bonbonpapiere kümmern würde, machte Niels froh.

Mama drohte oft damit, dass sie keine Süßigkeiten mehr bekämen, wenn

sie die Papiere überall liegen ließen. Aber sie fielen einem immer aus der

Hosentasche, wenn man etwas anderes daraus hervorholte.

Mama sagte: „Das mit dem Bonbonpapier hat mir gut gefallen.“ Sie biss

in ein Stück Brot: „Aber ist es nicht ganz schön umständlich, dass wir

immer die Vorleger aus dem Weg räumen müssen?“

„Wir sollten alle Teppiche rausschmeißen“, sagte Papa. „Eddi kann nun

mal die Beine nicht heben. Er hat ja keine Knie.“

Sie betrachteten Eddi, der mit ausgestreckten Beinen und einem Glas

Olivenöl in der Hand auf der Geschirrspülmaschine saß und lächelte.

„Aber er hat doch Knie!“, rief Niels und sprang auf. „Er benutzt sie nur

nicht.“ Tatsächlich konnte jeder, der richtig hinsah, bei Eddi Gelenke ent-

decken und zwar genau dort, wo ein Mensch seine Beine knicken kann.

Voller Eifer drückte Niels verschiedene Knöpfe. Eddi sagte: „Gu-

ten-Abend-liebe-Leute. Neun-zehn-Uhr-sieben-und-vierzig, Zeit-fürs-Bett“.

„Habt ihr gehört? Er hat ‚Guten Abend‘ gesagt!“, rief Jule begeistert und

sprang ebenfalls auf. Alle drückten sie nun auf Eddi herum. Niels war be-

sessen von der Idee, dass Eddi nicht umsonst Gelenke hatte. „Eddi muss die

Knie bewegen“, murmelte er und kaum hatte er es ausgesprochen, da fielen

Eddis Unterschenkel nach unten. Mit donnerndem Krach stießen sie gegen

die Tür der Geschirrspülmaschine. Eddi zischte. Es war wieder dieses leise

Fauchen, das an Fluchen erinnerte. „Mann-du-Heini“, sagte er.

Für einen Moment hielten alle die Luft an. „Mama“, rief Niels voller

Begeisterung, „er hat ‚du‘ gesagt!“

„Aber wen meint er?“, fragte Jule.

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Susanne Göhlich, geboren 1972 in Jena, studierte Kunstgeschichte in Leipzig. Neben dem Studium gestal-tete sie Plakate und zeichnete. Seit 2004 arbeitet sie als freie Grafikerin und Illustratorin in Leipzig.

Anne Böhme ist Journalistin und arbeitet freiberuflich für Print- und Onlinemedien sowie den ARD-Hör-funk. 2013 erhielt sie den Kinder- und Jugendliteraturpreis Eberhard. „Eddi Error – Unser Roboter krem-pelt alles um“ ist ihr erstes Buch bei Thienemann.

Erscheint im Februar 2017 · Ab 6

Anne Böhme

Eddi Error Unser Roboter krempelt alles um

Illustrationen: Susanne Göhlich 176 Seiten · Format: 17,0 x 24,0 cm

Gebunden mit farbigen Illustrationen und Spotlack

EUR-D 14,99 · EUR-A 15,50ISBN 978-3-522-18456-4

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„Und wie redet der mit uns?“, Mama schüttelte den Kopf.

Eddi saß in einer bequemen Sitzhaltung auf dem Geschirrspüler und

lächelte.

„Bestimmt meint er die Spülmaschine“, sagte Niels, „sie war im Weg.“

Doch Mama hörte nicht auf, sich zu wundern: „Woher kennt er solche

Wörter?“

Papa fuhr sich mit der Hand übers Kinn, als wolle er prüfen, wann er sich

zuletzt rasiert hatte. „Von uns“, sagte er schließlich.

Mama drehte eine Haarsträhne um den Finger, zog sie glatt und drehte

sie wieder ein: „Wie, von uns?“

„Na, kein Mensch lernt was, ohne dass man es ihm beibringt“, antwortete

Papa.

„Das ist kein Mensch“, sagte Niels. „Das ist ein Roboter.“

Papa räusperte sich. „Mensch oder Roboter. Ich bin mir sicher, dass es nur

so funktionieren kann: Er lernt die Wörter von uns.“

„Von UNS?“, rief Mama wieder, als sei sie schwer von Begriff.

„Na, wie willst du verstehen, was er sagt, wenn er NICHT unsere Wörter

benutzt?“, beharrte Papa auf seiner Idee. „Es ist doch gut, wenn er abends

um halb acht nicht ‚Guten Morgen‘ sagt.“

Da war etwas dran und als Mama es begriffen hatte, steckte sie die Haar-

strähne hinters Ohr und sagte: „Wenn das so ist, dürfen wir nicht mehr

Scheiße sagen.“

„Schade“, sagte Jule und seufzte.

Es war kurz still, weil alle nachdachten und in diese kleine Stille hin-

ein kam von der Spülmaschine ein kaum hörbares und kaum noch rostiges

Bäuerchen. Eddis Glas war leer. Eddi drehte das Glas in seiner Hand und

betrachtete es von allen Seiten: „Scha-de“, sagte er dann. „Aber-wir-dürfen-

nicht-mehr-Scheiße-sagen.“

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Die Kugel oder was war das?

„Hey, Flocke, schau mal, sieht das nicht oberfilzig entspannt aus?“

„Schon, aber jetzt bist du viel zu langsam.“

„Ph, da muss ich nur noch mal Schwung holen, hepp, und schon

läuft es wieder.“

„Aber das sieht total seltsam aus!“

Flocke steht vor seiner Filzwand und entwickelt einen seiner Pläne,

die niemand versteht. Ein Pfeil nach rechts, seltsame Zeichen, dann

wieder zurück in einen Kreis und einen langen, langen Pfeil ganz an

den Anfang.

Er kratzt sich in den Flusen. „Du müsstest deinen Schwerpunkt

verlagern.“

Franse setzt sich in seiner geliebten Filzmatte auf. „Hä? Meinen was?“

„Kannst du dich mal umdrehen? Po nach oben?“

Franse versteht gar nichts, aber immerhin möchte

er den „Wer schaukelt am längsten in seiner Filz-

matte“-Wettbewerb gewinnen. Also macht

er, was Flocke sagt. Der kennt sich aus.

Wie alle Wollingers.

Leseprobe

Wie still es auf dem Dachboden ist! Plötzlich hört Lisa ein Geräusch. Da, in der Ecke,

wo der alte Perserteppich liegt! Als Lisa sich hinunterbeugt, reißt ihr Armband. Eine

Perle hüpft davon und verschwindet im Teppich. Lisa kann sie nicht mehr finden

und ist verzweifelt.

Im Teppichland Filz sind Fussel und Flocke wie vom Blitz getroffen. Eine riesige Kugel

ist in ihr Land hineingedonnert. Filz droht großes Unheil! Da kann nur einer helfen:

die schwarze Namenlose, eine gefährliche, aber weise Spinne. Fussel und Flocke

müssen sie unbedingt finden. Doch der Weg dorthin ist gefährlich. Er führt an bösen

Silberfischen, rülpsenden Holzwürmern und fiesen Abstaubern vorbei …

Wird es Fussel und Flocke gelingen, ihr Land vor großem Unglück zu bewahren?

Und wird Lisa ihre Perle wiederbekommen?

Warmherzig, spannend und umwerfend komisch

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Er streckt seinen Po nach oben und vergräbt das Gesicht in der

Matte. „Abu dunn krug uch küne Luft.“

Flocke betrachtet nachdenklich das Hinterteil seines besten Freundes

und streicht einen Pfeil auf seinem Plan durch. „Was hast du gesagt?“

Franse taucht wieder auf und schüttelt seine lange Wolle. „So krieg

ich keine Luft, das ist noch unentspannter!“

Flocke flitzt um ihn herum, betrachtet die Matte von allen Seiten,

denkt, grübelt, überlegt. „Also, wenn wir es so machen, vielleicht ist

das … ja, oder so … Franse, stell dich mal in die Matte.“

Der stöhnt. Nicht umsonst ist er ein echter Fadenschein, die be-

kanntlich die größten Rumfilzer überhaupt sind. Das ist ihm alles

viel zu anstrengend. Aber wenn Flocke es sagt.

Franse stellt sich hin, wackelt, wankt. „Wuuuuah!“

„Jetzt noch das eine Bein in die Luft.“

„Waaas?“

„Das Bein in die Luft und die Arme so hinter den Körper, ja, sehr

gut und dann mit dem Oberkörper nach vorn …!“

In diesem Moment verliert Franse das Gleichgewicht, die Matte

überschlägt sich und er landet ziemlich unentspannt auf seinem fa-

denscheinigen Po.

„Autsch!“

„Das war es dann wohl doch nicht“, überlegt Flocke und malt einen

Pfeilkreis. „Man könnte vielleicht …“

Franse steht auf und reibt sich den Hintern. „Weißt du was, Flocke?

Jetzt ist Schluss! Ich möchte einfach nur entspannt vor mich hin

schaukeln. Davon versteht ihr Wollingers nichts.“

„Aber Franse, es geht doch um …“

„Um eine Doppelfilzmatte für uns beide. Die werde ich gewinnen

und zwar im Liegen.“ Franse haut sich in seine Matte und stöhnt

erleichtert auf. „So ist es gut!“

Die Filzer feiern jedes Jahr ein großes Fest. Da zeigen die sehr un-

terschiedlichen Familien, was sie können, ein fusseliges Hallihallo

und wildes Durcheinander.

„Der Chor der Wollinger übt ja schon fleißig“, tönt Franse aus der

Matte, „aber was machst du eigentlich, Flocke?“

„Also, ich hab mir sehr viel vorgenommen. Einmal die Filzwatte-

maschine, das ist nicht zu unterschätzen so ein Ding, bei der Dreh-

bewegung bin ich noch nicht richtig weitergekommen, genauso wie

beim Karussell für die Filz-Kinder, da muss man ja gut aufpassen. Als

ich den Pfeil endlich richtig berechnet hatte, ist mir der Angelpunkt

flöten gegangen, also …“

„… wie immer“, meint Franse und lächelt ihn an. „Aber macht ja

nichts, aufgefusselt ist nicht aufgeknusselt, nächstes Jahr ist ja auch

wieder ein Fest!“

Flocke strahlt ihn an. „Genau. Aber noch mal zurück zu deinem

Schaukelschwerpunkt.“

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In diesem Moment springt Weberhard wie aus dem Nichts auf sei-

nem Silberfisch über die beiden, so haarscharf, dass ihnen die Flusen

zu Berge stehen.

„Ein sehr gutes Hindernis seid ihr zwei. Der Faulfilz und das Flöck-

chen!“

Vor Schreck fällt Franse ein zweites Mal aus seiner Matte.

„Hey, du Angeber, mach das nicht noch mal!“, brüllt er Weberhard

hinterher.

„Und ich heiße Flocke“, beschwert sich Flocke. „F-l-o-c-k-e!“ Nichts

hasst er mehr, als wenn man ihn „Flöckchen“ nennt. Nur weil er ein

bisschen klein ist.

Weberhard reitet lachend weiter. Jedes Jahr führt er eine Dressur

auf seinem Silberfisch vor und hält sich für den größten Filzer aller

Zeiten. Die Webheimers sind eben so.

Franse rappelt sich wieder auf. „Jetzt reicht es aber wirklich. Wie soll

man sich denn da entspannen?“

„Also, wegen des Schwerpunkts …!“, will Flocke schon wieder an-

fangen, aber das ist absolut nicht der richtige Zeitpunkt. Erstens hat

Franse genug vom Aus-der-Matte-Fallen und zweitens naht da schon

das nächste Unheil.

„Achtung, Flocke, Fusselalarm!“

Fussel, die kleine Filzmeierin, marschiert an ihnen vorbei.

„Willst du etwa singen?“, ruft Flocke ihr zu.

„Was dagegen, Flöckchen?“

„Ich heiße …“

„Flöckchen, weil du so aussiehst.“ Grinsend klettert Fussel auf den

Hochflorhügel.

Hier geht sie immer hin, um ihren ganz speziellen Vortrag zu üben.

Sie wird auf dem Fest etwas vorführen, was noch nie jemand aus der

Familie der Filzmeier vorgeführt hat. Sie wird ihnen allen zeigen,

dass eine Filzmeierin mehr kann, als nur bauen und Sachen herstel-

len. Ha! Sie, Fussel Filzmeier, kann auch eine Künstlerin sein wie die

Wollingers, sie wird ihnen die alte filzische Volksweise vorsingen und

dann werden sie alle Tränen in den Augen haben.

Oben angekommen, fängt sie sofort an. „Oooooh, Filz, du schönes

Fransenland, so bunt, so weich, so friedliiiiich …!“

Franse vergräbt sich in Windeseile – auf jeden Fall viel zu schnell

für einen Fadenschein – in den Filzgrund und Flocke hält sich die

Ohren zu. Er kann nicht mehr denken, weder an Schwerpunkte noch

an sonst irgendwas. Schnell folgt er Franse, wühlt sich mit ihm, so

tief es geht, in die Borsten hinein und hofft, dass die schrägen Töne,

die aus Fussels Mund kommen, nicht bis dorthin vordringen.

„Kann ihr nicht mal jemand sagen, dass sie nicht sin-

gen kann?“, jammert Flocke.

„Was?“ Franse versteht kein Wort,

weil er sich die Ohren zuhält.

„Kann ihr nicht mal je-

mand …!“, schreit Flocke,

so laut er kann, aber

dann passiert plötzlich

etwas ganz anderes.

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Etwas, das alles, was vorher war, unwichtig erscheinen lässt.

Erst wird es oben dunkel, dunkler als sonst. Und dann ist da so ein

Geräusch, merkwürdig, fremd. Ein seltsames Geräusch, das sogar

Fussels Gesang übertönt und sie dazu bringt aufzuhören.

„So friiiiiiiedlich …“, singt sie gerade noch, dann unterbricht sie

ein Surren, das immer lauter wird und nach großer Gefahr klingt.

Die drei schauen in den dunklen Schatten, der sich plötzlich über

das schöne Teppichland gelegt hat, und dann?

Dann landet eine riesige Kugel mit donnerndem Wumms mitten in

Filz. Erst kann man gar nichts sehen, so viel Staub hat sie aufgewirbelt,

und es dauert eine Zeit, bis er sich im Licht glitzernd wieder gelegt hat.

Es ist ganz still. Alle halten die Luft an. Erst nach einer Weile traut

sich der erste Filzer hinter einer Franse hervor. Langsam tauchen auch

die Köpfe der anderen bunten Wesen aus dichten Flechten, stacheligen

Borsten, hinter flauschigen Häusern auf. Vorsichtig schauen sie und

wundern sich. Was war das?

Als Erster traut sich Weberhard Webheimer näher an die Kugel

heran. Natürlich der schon wieder. Die Webheimers sind stark und

laufen immer breitbeinig herum. Sie haben vor nichts Angst und we-

nig Mitgefühl mit den anderen Filzern. Weberhard Webheimer bildet

da keine Ausnahme. Und dann hat er ja auch noch seinen Silberfisch,

der den anderen Respekt einflößt. Mit ausgestrecktem Finger geht er

auf die Kugel zu.

„Vorsicht!“, „In Deckung!“, „Und wenn sie platzt?“, rufen die Filzer.

Sie sind ängstlich. So ein riesiges, glitzerndes Ding haben sie noch

nie gesehen. Man kann ja auch nicht wissen, wo es hergekommen ist.

Und vor allem, warum!

Auch Flocke, Franse und Fussel wagen sich jetzt näher.

Fussel schreitet mutig vornweg. „Was ist das?“

„Bleib stehen!“, ruft Fussella. „Vielleicht ist dieses Ding gefähr-

lich!“ Sie ist die große Bestimmerin der Filzmeiers und wenn sie

etwas sagt, hält sogar Fussel den Mund.

In diesem Moment berührt Weberhard mit einem Finger die Kugel.

Es macht „pling“.

Weberhard dreht sich stolz grinsend zu den anderen Filzern um.

„Pling, sonst nichts, meine lieben Feigfilzer.“

Erleichtert kommen sie aus ihren Verstecken. Jetzt wollen sie alle

mal fühlen. Und gucken. Und sich in der riesigen Kugel spiegeln. Das

versammelte Filzervolk strebt zu dem Glitzerding, das mitten auf dem

Marktplatz gelandet ist und dort liegt wie bestellt und nicht abgeholt.

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Flocke schaut lieber erst noch aus der Ferne, denn soweit er weiß,

hat dieses Ding niemand bestellt. Woher kommt es also? Was ist es?

„Fransinierend!“, murmelt er und denkt nach.

In seinem Kopf passiert oft mehr als in denen der anderen. Er über-

legt, was alles hinter diesem Ding stecken könnte oder davor. Flocke

weiß immer, wie gefährlich etwas sein kann.

„Wollen wir auch mal gucken?“, flüstert er Franse zu.

Der kratzt sich ein bisschen ratlos die Flusen. Er versteht die ganze

Aufregung nicht so recht. Ein Fadenschein wägt genau ab, ob sich

eine Anstrengung lohnt oder nicht. Und Franse wägt am genauesten.

„Ich weiß nicht, ist doch nur eine … na ja, eine Kugel.“

Flocke kann es kaum glauben. „Aber Franse, das ist doch nicht NUR

eine Kugel. Das ist etwas, das vorher nicht da war. Es ist plötzlich

aufgetaucht, wumms! Verstehst du, was ich meine? Das hat ganz

bestimmt was zu bedeuten!“

„Hm, manchmal aber auch nicht!“

Flocke schüttelt ungläubig den Kopf. Fragt sich denn hier wirklich

niemand, woher diese Kugel plötzlich gekommen ist?

Verena Körting ist in Köln geboren und aufgewachsen. Sie stu-dierte Visuelle Kommunikation an der Fachhochschule Düsseldorf, zog danach für einige Jahre nach Hamburg und arbeitete dort als Grafikdesignerin. Doch da sie viel lieber zeichnet und Geschichten erzählt, begann sie 2010 Kinderbücher zu illustrieren. Sie lebt und arbeitet in Köln.

Anja Kömmerling wurde 1965 in München geboren. Nach dem Abi machte sie eine Friseurlehre. Das war aber nicht das Richtige, des-halb begann sie ein Studium in Frankfurt und machte dort ihre erste Bekanntschaft mit dem Kinderfernsehen.Thomas Brinx (geboren 1963) ist in Ringenberg am Niederrhein groß geworden. Nach der Schule ging er nach Landshut, um Keramiker zu werden. 1988 lernten sich Anja Kömmerling und Thomas Brinx im Urlaub kennen; seitdem schreiben sie zusammen Geschichten.

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Große Abenteuer in einer verfilzt- verfusselten

Teppichwelt

Erscheint im Februar 2017 · Ab 6

Brinx / Kömmerling Fussel und Flocke Die Retter von Filz

Illustrationen: Verena Körting 112 Seiten · Format: 17,0 x 24,0 cm

Gebunden mit farbigen Illustrationen und Spotlack

EUR-D 12,99 · EUR-A 13,40ISBN 978-3-522-18459-5

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