Von der Schuldenbremse zur Sparregel

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    V Shs SaAs i Hashasksii

    Jan Schnellenbach

    PositionLiberal 113

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    Von der ScHuldenbremSezur SpArregel

    As i Hashasksii

    Jan Schnellenbach

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    Inhalt

    1. Einleitung 5

    2. Die grundstzliche Anwendbarkeit der Sparregel 6

    2.1. Vernderung des Budgetprozesses 6

    2.2. Wahl des Reerenzwertes der Sparregel 7

    2.3. Zusammenspiel mit der Steuerregel 9

    2.4. Die Glaubwrdigkeit von Spar- und Steuerregel 11

    3. Unmittelbare Eekte au die Finanzpolitik des Bundes 12

    4. Weiterreichende fnanzpolitische und gesamtwirtschatlicheAuswirkungen 23

    4.1. Die Entwicklung langristiger Budgetspielrume 23

    4.2. Der zustzliche Investitionsspielraum 25

    5. Fazit 27

    Literatur 29

    ber den Autor 31

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    1. Einleitung

    Der diesem Kurzgutachten zugrunde liegende Autrag besteht darin, einen

    Vorschlag r eine einachgesetzliche Haushaltsregel au seine praktische Um-setzbarkeit sowie seine fnanzpolitischen und gesamtwirtschatlichen Auswir-kungen hin zu untersuchen. Diese Haushaltsregel (im Folgenden: Sparregel)soll wie olgt ausgestaltet sein:

    a) Die Ist-Einnahmen des vorangegangenen Kalenderjahres sollen als Obergren-ze r die zulssigen Ausgaben im aktuellen Haushaltsjahr herangezogenwerden.

    b) Falls sich in der Steuerschtzung zum Novembertermin des lauenden Jahresherausstellt, dass die Steuereinnahmen dieses Jahres voraussichtlich hhersein werden als im vorangegangenen Jahr, dann sind diese zustzlichen Ein-nahmen entweder zur Schuldentilgung zu verwenden oder zur Finanzierungvon Investitionen in Bildung und Forschung.

    Die Sparregel soll ergnzt werden durch Begrenzungen des Besteuerungs-spielraumes (im Folgenden: Steuerregel). Die Steuerregel sieht ein Moratorium

    ber die bisherige Belastung der Steuerpichtigen vor, d.h., Erhhungen vonSteuerstzen werden ausgeschlossen. Vielmehr werden in der EinkommensteuerTariabsenkungen zur Bekmpung der kalten Progression geordert. Darberhinaus soll der Halbteilungsgrundsatz gesetzlich verankert werden.

    Der Schwerpunkt dieses Kurzgutachtens liegt au der Untersuchung der Spar-regel. Dabei ist die Steuerregel als komplementre institutionelle Restriktionzu bercksichtigen, sie ist aber selbst nicht Gegenstand detaillierter Analysen.

    Darber hinaus beschrnken sich die olgenden Untersuchungen au eine ko-nomische Analyse; insbesondere eine Diskussion von rechtswissenschatlichenAspekten kann hier nicht geleistet werden.

    Im zweiten Abschnitt wird zunchst die grundstzliche Anwendbarkeit der vor-geschlagenen Sparregel diskutiert. Kleine Modifzierungen zur besseren prak-tischen Anwendbarkeit werden vorgeschlagen. Im dritten Abschnitt olgt eineAbschtzung der unmittelbaren haushaltspolitischen Folgen. Es wird gezeigt,dass die Sparregel grundstzlich zu einem stark beschleunigten Abbau der

    Staatsverschuldung beitragen wrde. Im vierten Abschnitt schlielich werdendie lngerristigen gesamtwirtschatlichen Auswirkungen diskutiert, bevor imnten Abschnitt das Fazit die Untersuchung abschliet.

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    2. Die grundstzliche Anwendbarkeit der Sparregel

    2.1. V s bsss

    Der Haushaltsprozess des Bundes beginnt ormal au der Ebene der einzel-nen Fachressorts, die au das Austellungsrundschreiben des Bundesfnanz-ministeriums mit einem Budgetvoranschlag r ihre Ressorts antworten. DieErarbeitung dieser Voranschlge erolgt in der Regel im ersten Quartal eines

    jeden Jahres r das darau olgende Haushaltsjahr. Darau olgen im zweitenQuartal Verhandlungen zwischen dem Finanzministerium und den Fachressorts.Nach der ersten Lesung des Haushaltsentwurs in Bundestag und der erstenBeratung im Bundesrat olgen die Beratungen des Haushaltsausschusses. Inder Regel im Dezember wird der Haushalt r das olgende Jahr in Bundestagund -rat beschlossen.

    Mit der Anwendung der Sparregel ergeben sich gegenber der bisherigenPraxis der Haushaltsaustellung einige grundstzliche nderungen. Der bishe-rige Haushaltsprozess ist ein iteratives Verahren, in dem das Bundesfnanz-ministerium zwar eine starke Stellung einnimmt es ist an die Vorschlgeaus den Fachressorts nicht gebunden aber in der Regel doch Kompromisse

    zwischen den Positionen des Finanzministeriums und denen der Fachressortsgeunden werden. Diese Kompromisse werden je nach politischem Gewichtder handelnden Personen und je nach den sonstigen politischen Umstndenunterschiedlich ausallen. Ein politisch sehr schwacher Finanzminister knnteim Extremall soweit an Verhandlungsmacht verlieren, dass ihm die Kontrolleber die Gre des Gesamtbudgets entgleitet.

    Mit der Sparregel wird diese Art von Einssen au die Hhe der Ausgaben

    aber weitgehend ausgeschlossen, da die Steuereinnahmen des vergangenenJahres eine verbindliche Deckelung der Gesamtausgaben darstellen. Der Ge-samtumang des Budgets ist institutionell estgelegt, die Stellung des Finanz-ministers in den Budgetverhandlungen damit nochmals gestrkt, soern die-ser ein Interesse an der Durchsetzung einer sparsamen Haushaltspolitik hat.Einem hhere Ausgaben prerierenden Finanzminister hingegen sind nun dieHnde gebunden. Damit trgt die Sparregel zu einer Verstetigung der Haus-haltspolitik bei. Steigende Ausgaben als Folge einer nderung der politischenWetterlage sind nicht mehr zu erwarten. Insoern stellt die Sparregel einen

    plausiblen Lsungsansatz r das Problem der fskalischen Allmende dar, alsor die Geahr, dass die Fachressorts jeweils hohe Ausgabenwnsche uern,aber dabei negative Eekte hoher Steuerlasten au die Leistungshigkeit und

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    -willigkeit der Steuerpichtigen nur unvollstndig in Rechnung stellen (siehez.B. Wagner 1992, Velasco 2000, Buchanan und Yoon 2004).

    Zu beachten ist jedoch, dass die neue Haushaltsregel nicht die einzelnen Ressorts

    daran hindern wird, hohe Ausgabenwnsche zu uern sie kanalisiert diesenur anders. Whrend es bisher r Ressortpolitiker eine ot sinnvolle Strategieist, den Finanzminister zur Bewilligung zustzlicher und ot defzitfnanzierterMittel zu drngen, steht nun der horizontale Wettbewerb der Fachministerienum fnanziellen Spielraum im Vordergrund. Es ist daher nicht auszuschlieen,dass eine Sparregel unerwnschte Nebenwirkungen au die Kollegialitt undden Modus der Zusammenarbeit in einem Bundeskabinett hat.

    2.2. Wah s rfws Sa

    Eine nicht unwesentliche praktische Schwierigkeit ergibt sich aus der Dauerund dem rhen Beginn des Budgetprozesses. Unterstellen wir beispielsweise,dass im Dezember 2014 die Austellungsrundschreiben r die Haushaltsplanungr das Jahr 2016 verschickt werden und dass im ersten Quartal 2015 mit dereigentlichen Haushaltsplanung begonnen wird. Zu Beginn dieses Prozesses istdas Bundesfnanzministerium ber die Ist-Steuereinnahmen des Jahres 2013inormiert. Fr die Jahre 2014 und 2015 kann es au die Ergebnisse der Steuer-

    schtzung aus dem November 2014 zurckgreien. Es ist daher nicht mglich,bei der Planung des Haushaltes r das Jahr 2016 die Ist-Steuereinnahmen desvorangegangenen Haushaltsjahres, also 2015, zugrunde zu legen. Will man aus-schlielich mit Ist-Daten als Reerenzwert arbeiten, so knnte man zu Beginnder Haushaltsplanung nur au diejenigen aus dem Jahr 2013 zurckgreien.

    Auch die Daten aus der Steuerschtzung knnten herangezogen werden, dier das jeweils aktuelle Jahr (im Beispiel r das Jahr 2014) in aller Regel sehr

    zuverlssig sind. Tatschlich betrgt in den Jahren 1991 bis 2011 die Abwei-chung der November-Steuerschtzungen vom Ist-Wert des gleichen Jahresnur einmal mehr als ein Prozent der tatschlichen Steuereinnahmen, in derRegel aber deutlich weniger als ein Prozent, wie in Tabelle 1 zu sehen ist.Eine plausible Strategie wre es daher auch, die Haushaltsplanung r 2016mit den Schtzungen r das Haushaltsjahr 2014 zu beginnen und im Lauedes Planungsjahres 2015 die dann bekannt werdenden Ist-Zahlen r 2014heranzuziehen. Die November-Schtzung r das eigentliche Vorjahr des zuplanenden Haushaltsjahres, im Beispiel das Jahr 2015, ist dagegen naturgem

    noch mit grerer Unsicherheit behatet. Darber hinaus werden die Ist-Datenr 2015 erst im Laue des Haushaltsjahres 2016 bekannt. Insoern erscheintes wenig praktikabel, die Steuereinnahmen des jeweils direkten Vorjahres des

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    zu planenden Haushaltsjahres als Reerenzwert heranzuziehen. Eine Verzge-rung von zumindest zwei Jahren wre hinzunehmen.

    Jah S-

    iah(sh)

    S-

    iah(ashih)

    diff Awih

    i %

    1991 161,8 162,5 0,7 0,414492308

    1992 179,8 180,4 0,6 0,319174058

    1993 181,2 182 0,8 0,436967033

    1994 193,4 193,7 0,3 0,168477026

    1995 188,5 187,2 -1,3 -0,703157051

    1996 174,1 173 -1,1 -0,6640346821997 168,8 169,2 0,4 0,217931442

    1998 173,6 174,6 1,0 0,551271478

    1999 191,4 192,4 1,0 0,530358628

    2000 201,8 198,8 -3,0 -1,514139839

    2001 194,7 193,8 -0,9 -0,464396285

    2002 190,7 192 1,3 0,677083333

    2003 191,9 191,9 0,0 0

    2004 186,6 186,9 0,3 0,160513644

    2005 188,5 190,1 1,6 0,841662283

    2006 202,3 203,9 1,6 0,784698382

    2007 231,9 230,1 -1,8 -0,782268579

    2008 238,7 239,2 0,5 0,2090301

    2009 227,0 227,9 0,9 0,3949100482010 223,7 225,8 2,1 0,930026572

    2011 246,7 247,9 1,2 0,484066156

    Tabelle 1: Gte der Steuerschtzungen seit 1991.Die geschtzten Daten stammen aus der Herbst-Steuerschtzung r das je-weilige Jahr (z.B.: November 1991 r 1991). Alle Betrge in Milliarden Euro.

    Quelle: Eigene Berechnungen au der Grundlage von Daten des Bundesministeriums derFinanzen.

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    Gegen die Wahl des jeweils letzten Jahres, r das von Beginn an die Ist-Da-ten vergbar sind, scheint die lange Verzgerung von drei Jahren zwischenHaushaltsjahr und Reerenzjahr zu sprechen. Drei Jahre alte Steuereinnahmensind in einer nicht stagnierenden Volkswirtschat zunchst einmal kein guter

    Indikator r die aktuelle fskalische Leistungshigkeit. Mchte man einensolchen Indikator verwenden, so wre man allerdings mit der Steuerschtzungr das Jahr 2016 am besten bedient. Eine Sparregel, die dies als Reerenzwertwhlt, wrde jedoch einach eine Haushaltsplanung ordern, die nach bestemWissen einen Budgetausgleich herbeihren wird. Da es eine im Grundgesetzverankerte Schuldenbremse gibt, welche den Verschuldungsspielraum schondrastisch einengt, wre eine solche Sparregel aber wohl berssig.

    Wenn das Ziel dagegen darin besteht, dem Bund in Ergnzung zur Schulden-bremse zustzliche Ausgabendisziplin auzuerlegen, dann wren tatschlich dieletzten bekannten Ist-Einnahmen der Reerenzwert der Wahl, und zwar geradewegen der dreijhrigen Verzgerung. Bei im Trend steigenden Steuereinnahmenin einer wachsenden Volkswirtschat erzwingt die Sparregel in diesem Fall imDurchschnitt Budgetberschsse, die dann entsprechend der Regel zur Tilgungder bestehenden Schuldenlast oder zur Finanzierung spezifscher Investitionengenutzt werden knnen. Die beiden anderen denkbaren Reerenzwerte sindmgliche Kompromisse zwischen einer unter der Schuldenbremse redundanten

    einachen Budgetausgleichsregel au der einen und der im Durchschnitt hoheBudgetberschsse erzielenden dreijhrigen Verzgerung au der anderen Seite.Je nach politischen Prerenzen wre die in der Einleitung skizzierte Sparregelalso in diesem Punkt zu przisieren.

    2.3. zsasi i S

    Betrachtet man die weiteren Anreize r die Finanzpolitik, so olgt aus der

    Sparregel selbst eine Strkung der Anreize r die Politik, Steuern zu erhhen.Wenn der Ausgabenspielraum von vergangenen Steuereinnahmen abhngt undein Ausweichen au die entliche Verschuldung grundstzlich ausgeschlossenist, dann besteht die einzige Mglichkeit zur Ernung neuer ausgabenpoli-tischer Freirume in vorausschauenden Steuererhhungen. Unterstellt maneine Neigung von entlichen Organisationseinheiten zur Ausweitung ihrerdiskretionren Ausgabenspielrume (z.B. Niskanen 1968, 1994; Carnis 2009)dann olgt daraus soort, dass au eine Sparregel mit einem hheren politischenDruck zu Steuererhhungen reagiert werden wird.

    Mchte man eine hhere Steuerbelastung der Brger vermeiden, so ist esdann grundstzlich sinnvoll, zustzlich zur Sparregel auch eine komplemen-

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    tre Steuerregel zu implementieren. Die vorgeschlagene ormale Verankerungdes Halbteilungsgrundsatzes wrde hier vor allem die Rolle eines individuellenAbwehrrechtes spielen. Der einzelne Brger htte die Gewissheit, dass sein Ein-kommen mit direkten Steuern nicht strker als zur Hlte belastet wird. Dies

    wre gerade auch im Hinblick au immer wieder einsetzende politische Gedan-kenspiele zur Reaktivierung der Vermgensteuer ein deutliches Signal, denn beiden aktuellen Spitzensteuerstzen bliebe unter einem Halbteilungsgrundsatzkaum ein Spielraum zur zustzlichen Besteuerung von Vermgen.

    Dieses Signal wrde durch ein glaubhates Steuermoratorium natrlich nochuntersttzt. Es wre damit klar, dass keine Wege zur Einnahmenverbesserungam Halbteilungsgrundsatz vorbei gesucht werden, etwa durch Erhhungen in-direkter Steuern. Auch die Forderung nach Tariabsenkungen zur Kompensationder kalten Progression ist r sich genommen vernntig, um zu verhindern,dass bereits Brger mit einem moderaten realen Einkommen in Tarizonen mithohen Grenzsteuerstzen rutschen. Tatschlich knnen negative Eekte kal-ter Progression au das Arbeitsangebot und die Ersparnisse dazu hren, dassdas Bruttoinlandsprodukt sinkt (Heer und Sssmuth 2003). Als Folge einer In-ationsindexierung der Einkommensteuer wre also langristig ein positiverEekt au das BIP zu erwarten.

    Hinzu kommt, dass die Vermeidung der kalten Progression natrlich unmittelbardas Wachstum des Steueraukommens bremst. Es ist auch kaum zu erwarten,dass der oben angesprochene positive Eekt au das BIP so gro wre, dasshierdurch das Abbremsen des Einnahmenwachstums durch Absenken des Tariskompensiert werden knnte. Damit kme es zu zwei Eekten: Einerseits wirddas Wachstum des entlichen Sektors strker restringiert, was durchaus vonden Urhebern dieses Vorschlags beabsichtigt sein drte. Andererseits aberwird so der durch die Sparregel ernete Spielraum r Schuldentilgung und

    Investitionen wieder reduziert; die durchschnittlich zu erwartenden Budget-berschsse sinken und der in Abschnitt 3im Detail beschriebene Prozess derschrittweisen Schuldentilgung wird entsprechend ausgebremst.

    Der Zielkonikt zwischen enger Beschrnkung des diskretionren Spielraumszur Besteuerung und einem schnellen Abbau des Schuldenstandes des Bundesist nicht zu vermeiden. Hier ist eine politische Entscheidung darber n-tig, welchem Ziel man den Vorrang gibt. Da augrund des Trendwachstumsder Steuereinnahmen mit dem Wirtschatswachstum auch bei Ausschaltung

    der kalten Progression und Vermeidung zukntiger Steuererhhungen dasSteueraukommen weiter ansteigt, wird aber auch bei einer vollstndigen Im-plementierung der Steuerregel zusammen mit der Sparregel ein Spielraum zur

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    Schuldentilgung erhalten bleiben. Zustzlich sichert man sich die Vorteile einerregelgebundenen Finanzpolitik (siehe z.B. Kydland und Prescott 1977; Buchananund Brennan 1985), die auch dem Brger grere Verlsslichkeit bietet.

    2.4. di gawiki v Sa- S

    Das Ausma der von den Regeln geschaenen Verlsslichkeit hngt wesent-lich davon ob, wie glaubwrdig die Spar- und Steuerregeln in der Praxis sind.Zahlreiche Erahrungen, nicht zuletzt diejenigen mit dem Stabilitts- undWachstumspakt au europischer Ebene, zeigen, dass es sich bei Fiskalregelnhufg um Lippenbekenntnisse handelt, die im Ernstall von politischen Ent-scheidungstrgern schlicht ignoriert oder kunstvoll umgangen werden (siehebereits Kopits 2001). Selbst die deutsche Schuldenbremse wird ihre langristigeWirksamkeit in der Praxis erst noch unter Beweis stellen mssen.

    Ein wesentliches Element zur Strkung der Glaubwrdigkeit von Fiskalregelnbesteht in einer expliziten Strakomponente (Drazen 2004). Potenzielle Regel-brecher sollten von vornherein wissen, dass sprbare politische Kosten au siezukommen, alls die Fiskalregeln verletzt werden. Idealerweise sollte die Stra-e selbst dem politischen Prozess entzogen sein, also automatisch erolgen.Eine entsprechende Sanktionskomponente sollte den beiden hier vorgeschla-

    genen Regeln daher noch hinzugegt werden. Denkbar wre etwa, dass imFall einer Verletzung der Sparregel alle Fachressorts im Folgejahr automatischeAusgabenkrzungen in gleichem prozentualen Umang nach der Rasenmher-methode hinzunehmen htten.

    Ein Problem besteht darin, dass die hier diskutierten Fiskalregeln einachgesetzliche Regelungen sein sollen und damit jederzeit mit einacher Mehrheitauer Krat gesetzt werden knnen. Grundstzlich wre im Hinblick au ihre

    Glaubwrdigkeit eine nur mit qualifzierter Mehrheit zu ndernde grundge-setzliche Regelung vorzuziehen (Brennan und Buchanan 1980). Jedoch ist diesangesichts politischer Restriktionen wohl ein utopischer Vorschlag, so dass einanderes Fundament die Stabilitt der Haushaltsregeln auch bei wechselndenParlamentsmehrheiten gewhrleisten sollte.

    Ein Ansatzpunkt hierzu besteht darin, dass es sich hier nicht um eine rein nu-merische Haushaltsregel handelt, wie es etwa bei den sogenannten Maastricht-Kriterien der Fall war, sondern um eine den Budgetprozess selbst verndernde

    Regel. Wie oben bereits diskutiert, strkt die Regel tendenziell die Rolle desFinanzministers gegenber den Fachressorts. Empirische Evidenz deutet da-rau hin, dass gerade solche prozeduralen Regeln erolgreicher als numerische

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    Budgetregeln sind (siehe etwa Fabrizio und Mody 2006; von Hagen und Har-den 1995). Dies knnte auch im Hinblick au die Stabilitt gelten: Man kanndavon ausgehen, dass kein Finanzminister ein Interesse daran hat, dass seineRolle wieder geschwcht wird. Es gibt also ein in der Regel einussreiches,

    mit politischem Gewicht ausgestattetes Kabinettsmitglied, das ein prinzipiellesInteresse am Erhalt der Regel haben sollte.

    Dieses Argument gilt jedoch mehr r die Spar- als r die Steuerregel. Letzterekann auch von einem Finanzminister mit entsprechenden politischen Pre-renzen leicht als unerwnschte Restriktion wahrgenommen werden, whrendsie nicht wesentlich dazu beitrgt, seine Stellung im Budgetprozess zu strken.Schnrt man also das Paket au, so scheint eine langristige Durchsetzung derSparregel wahrscheinlicher als ein dauerhater Bestand der Steuerregel. Unterdem Strich bleibt die Frage der Stabilitt einer einachgesetzlichen Regel aberin beiden Fllen die Achillessehne des Vorschlages. Stabilitt ist aus den obengenannten Grnden mglich, aber doch unsicher. Diese Unsicherheit ist au derEbene einer einachgesetzlichen Regelung aber kaum zu beseitigen.

    3. Unmittelbare Eekte au die Finanzpolitik des Bundes

    Den olgenden berlegungen liegt die Annahme zugrunde, dass die Sparregelzuverlssig angewendet wird. Ein weiteres praktisches Problem besteht dannaber noch in der Frage, wie neben den Steuereinnahmen die sonstigen Einnah-men (z.B. Bundesbankgewinne, Erlse aus der LKW-Maut, sonstige Einnahmenaus Wirtschatsttigkeit) gehandhabt werden sollen, die ebenalls einen sub-stanziellen Beitrag zur Finanzierung des Budgets leisten in manchen Jahren

    deutlich ber 10 Prozent der Ausgaben. In den olgenden Szenarien wird un-terstellt, dass r diese Einnahmen stets der letzte im Laue der Haushaltspla-nungen bekannte Ist-Wert als Reerenzwert herangezogen wird, so dass hier

    jeweils mit einem um zwei Jahre verzgerten Wert gerechnet wird.

    Tabelle 2zeigt die Ergebnisse im ersten Szenario ber einen Zeitraum von 15Jahren von 1997 bis 2011.

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    Jah eiaha

    Asa rf-w 1

    diff Asa-ki

    i %

    1997 193,5 225,9 218,2 7,7 3,4

    1998 204,7 233,6 207 26,6 11,4

    1999 220,6 246,9 197,3 49,6 20,1

    2000 220,5 244,4 199,3 45,1 18,5

    2001 220,2 243,1 202,8 40,3 16,6

    2002 216,6 249,3 214,1 35,2 14,1

    2003 217,5 256,7 225,2 31,5 12,3

    2004 211,8 251,6 218,4 33,2 13,22005 228,4 259,9 217,6 42,3 16,3

    2006 232,8 261 216,8 44,2 16,9

    2007 255,7 270,5 225,2 45,3 16,7

    2008 270,5 282,3 219 63,3 22,4

    2009 257,7 292,3 229,5 62,8 21,5

    2010 259,3 303,7 261,4 42,3 13,9

    2011 278,5 296,2 269 27,2 9,2

    Tabelle 2: Sparregel Szenario 1. Alle Betrge in Milliarden Euro.

    Quelle: Ist-Werte in den ersten beiden Spalten Bundesministerium der Finanzen, Spalten 3-5eigene Berechnungen.

    Der hier angewandte Reerenzwert 1 r die zulssigen Ausgaben wird berech-net, indem der zu Beginn der Haushaltsplanungen letzte bekannte Ist-Wertr die Steuereinnahmen zugrunde gelegt wird (r 1997 also der Wert von1994 und so weiter) und r die sonstigen Einnahmen der Wert mit zweijh-riger Verzgerung. Der Grund r diesen Unterschied liegt wie oben bereitsdiskutiert in der Intention des Schuldenabbaus durch Ausnutzung des Trend-wachstums des Steueraukommens ber drei Jahre. Fr die sonstigenEinnahmen ist ein hnlicher, klarer Trend nicht zu erkennen; diese Einnahmenschwanken vielmehr eher zyklisch.

    Das Ergebnis zeigt, dass es tatschlich zu einer drastischen Reduktion der zuls-sigen Ausgaben kommt. In einigen Jahren wre gegenber dem Status quo etwa

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    ein Fntel der Ausgaben einzusparen. Im Hinblick au den politischen Prozesswre aber anzumerken, dass natrlich nicht in jedem Jahr wieder eine neue,massive Sparpolitik notwendig wre. Vielmehr wre eine einmalige Absenkungdes Ausgabenniveaus anzustreben und dieses relativ zum Status quo niedrigere

    Ausgabenniveau dann dauerhat beizubehalten, bis das gewnschte Ausmader Reduktion des Schuldenstandes erreicht ist. Es ist jedoch auch unstrittig,dass diese Niveauabsenkung kaum ber Nacht zu erreichen wre.

    Plausibel wre es, die Sparregel hnlich wie schon die Schuldenbremse ersteinige Jahre nach der Verabschiedung des entsprechenden Gesetzes wirksamwerden zu lassen. ber ein solches Einschleichen der Regel knnte eine lang-same, politisch leichter durchsetzbare Absenkung des Ausgabenniveaus relativzum Status quo erolgen. Stellt man sich etwa vor, dass man die Sparregel imJahr 2005 beschlossen und im Jahr 2010 htte wirksam werden lassen, dannhtte man ber diese n Jahre die Ausgaben lediglich konstant halten ms-sen, um schlielich eine regelkonorme Politik zu betreiben. Drastische Ein-sparungen in kurzer Frist wren hingegen nicht notwendig gewesen. Selbstdieses sehr wirksame Regelszenario wre insoern nicht vllig utopisch undmsste bei seiner Einhrung nicht mit einer drastischen, unmittelbaren Aus-gabenreduktion verbunden sein.

    In Tabelle 3 werden die Eekte der Sparregel au die Nettokreditaunahmeund den Schuldenstand des Bundes deutlich. Die Eekte au den Schulden-stand sind dabei uerst konservativ berechnet und enthalten nur den un-mittelbaren buchhalterischen Eekt. Weitere Zins- und Zinseszinseektesind in dieser einachen berschlagsrechnung nicht enthalten, wrden denschuldendmpenden Eekt aber nochmals verstrken. Es wird deutlich, dassdie jhrlichen Nettokreditaunahmen reduziert und in zwei Drittel der Jahrein Budgetberschsse transormiert werden. Insgesamt wird der Anstieg des

    Schuldenstandes in den hier betrachteten 15 Jahren zum Halten gebracht,es fndet aber zwischen 1997 und 2011 in diesem Szenario kein signifkanterAbbau des Schuldenstandes statt. Verantwortlich sind hierr Sondereektewie die bernahme der Schulden von Sondervermgen in den Bundeshaus-halt im Jahr 1999 und (mit wesentlich geringerer Bedeutung) des SonderondsFinanzmarktstabilisierung SoFFin im Jahr 2008. Betrachtet man die Zeitreihenur ab dem Jahr 1999 und lsst man damit den ersten Sondereekt aueracht, so wird deutlich, dass die Sparregel zu einem deutlichen Schuldenabbauhrt.Relativ zur aktuellen Situation sinkt der Anteil der Schulden des Bundes

    am BIP im Jahr 2011 von 50,1 Prozent au 22,5 Prozent; die Schuldenquotedes Gesamtstaates sinkt von 81,2 Prozent au 53,5 Prozent.

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    Jah rf-w 1

    n-kiaf-

    ah

    n-kiaf-ah

    Sh-sa

    Sh-sa

    1997 218,2 32,6 24,9 521,0 513,3

    1998 207 28,9 2,3 547,9 513,61999 197,3 26,2 -23,4 770,3 686,4

    2000 199,3 23,9 -21,2 774,9 645,9

    2001 202,8 22,8 -17,5 760,2 590,9

    2002 214,1 31,9 -3,3 784,7 580,2

    2003 225,2 38,6 7,1 826,6 590,6

    2004 218,4 39,5 6,3 869,4 600,2

    2005 217,6 31,2 -11,1 901,6 590,1

    2006 216,8 27,9 -16,3 933,5 577,8

    2007 225,2 14,3 -31 940,1 539,1

    2008 219 11,6 -51,7 966,2 501,9

    2009 229,5 34,1 -28,7 1033,0 505,9

    2010 261,4 44 1,7 1075,4 506,0

    2011 269 17,3 -9,9 1081,3 484,7

    Tabelle 3: Sparregel Szenario 1. Alle Betrge in Milliarden Euro.

    Quelle: Nettokreditaunahme Bundesministerium der Finanzen, Schuldenstand Sach-verstndigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschatlichen Entwicklung,andere Spalten eigene Berechnungen. Negative Nettokreditaunahme entsprichtSchuldentilgung.

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    16

    Jah eiaha

    Asa rf-w 2

    diff Asa-ki

    i %

    1997 193,5 225,9 211,7 14,2 6,3

    1998 204,7 233,6 192,8 40,8 17,5

    1999 220,6 246,9 193,5 53,4 21,6

    2000 220,5 244,4 204,7 39,7 16,2

    2001 220,2 243,1 220,6 22,5 9,3

    2002 216,6 249,3 220,5 28,8 11,6

    2003 217,5 256,7 220,2 36,5 14,2

    2004 211,8 251,6 216,6 35,0 13,92005 228,4 259,9 217,5 42,4 16,3

    2006 232,8 261 211,8 49,2 18,9

    2007 255,7 270,5 228,4 42,1 15,6

    2008 270,5 282,3 232,8 49,5 17,5

    2009 257,7 292,3 255,7 36,6 12,5

    2010 259,3 303,7 270,5 33,2 10,9

    2011 278,5 296,2 257,7 38,5 13,0

    Tabelle 4: Sparregel Szenario 2. Alle Betrge in Milliarden Euro.

    Quelle: Ist-Werte in den ersten beiden Spalten Bundesministerium der Finanzen, Spalten 3-5eigene Berechnungen.

    Die Auswirkungen einer alternativen Regel zur Bestimmung des Reerenzwerteswerden in Tabelle 4deutlich. Hier wird davon ausgegangen, dass der Ist-Wertr die Steuereinnahmen mit einer Verzgerung von zwei Jahren noch im Bud-getprozess bekannt wird und daher als Planungsgrundlage verwendet werdenkann, wenn auch nicht von Beginn an. Im Unterschied zu Szenario 1 werdennun also z.B. r die Planungen des Haushaltsjahres 2009 die Ist-Einnahmendes Jahres 2007 als Reerenzwert gewhlt. Wie erwartet ist der Wert der ge-samten Einsparungen ber den Simulationszeitraum hier etwas geringer (562Mrd. Euro statt 597 Mrd. Euro), da mit einer krzeren Verzgerung der lang-

    ristige Trend steigender Steuereinnahmen schwcher r die Haushaltsregelausgenutzt wird. Dieser Verlust ist aber nicht dramatisch und es wre durchausvertretbar, ihn als Preis r eine hhere Aktualitt der Planungsgrundlage zu

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    zahlen. Dies spiegelt sich auch in der Entwicklung des Schuldenstandes in Ta-belle 5wider.

    Jah rf-

    w 2

    nki-

    afah

    nki-

    afah

    Sh-

    sa

    Shsa

    1997 211,7 32,6 18,4 521,0 506,8

    1998 192,8 28,9 -11,9 547,9 492,9

    1999 193,5 26,2 -27,2 770,3 661,9

    2000 204,7 23,9 -15,8 774,9 626,8

    2001 220,6 22,8 0,3 760,2 589,6

    2002 220,5 31,9 3,1 784,7 585,3

    2003 220,2 38,6 2,1 826,6 590,7

    2004 216,6 39,5 4,5 869,4 598,5

    2005 217,5 31,2 -11,2 901,6 588,3

    2006 211,8 27,9 -21,3 933,5 571,0

    2007 228,4 14,3 -27,8 940,1 535,5

    2008 232,8 11,6 -37,9 966,2 512,1

    2009 255,7 34,1 -2,5 1033,0 542,32010 270,5 44 10,8 1075,4 551,5

    2011 257,7 17,3 -21,2 1081,3 518,9

    Tabelle 5: Sparregel Szenario 2. Alle Betrge in Milliarden Euro.

    Quelle: Nettokreditaunahme Bundesministerium der Finanzen, Schuldenstand Sachverstn-digenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschatlichen Entwicklung, andere Spalteneigene Berechnungen. Negative Nettokreditaunahme entspricht Schuldentilgung.

    Die Ausschlge werden hier in beide Richtungen gedmpt; einerseits lltder Schuldenhchststand im Jahr 1999 deutlich niedriger aus, aber anderer-seits erolgt auch der olgende Schuldenabbau etwas langsamer. Die Schul-denstandsquote des Bundes im Jahr 2011 betrgt nun 24,04 Prozent, die desGesamtstaates 55,1 Prozent.

    Schlielich bietet es sich auch an, mit den Daten der letzten November-Steuer-schtzung r das Vorjahr des zu planenden Haushaltsjahres zu arbeiten. ZumBeispiel wrde also die im Dezember 2009 beginnende Budgetplanung r 2011

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    18

    mit Daten aus der Steuerschtzung im November 2009 r das Jahr 2010 ar-beiten. Die Resultate dieses Vorgehens werden in Tabelle 6ausgewiesen.

    Jah eiaha

    Asa rf-w 3

    diff Asa-ki

    i %

    1997 193,5 225,9 202,6 23,3 10,3

    1998 204,7 233,6 196,1 37,5 16,0

    1999 220,6 246,9 193,7 53,2 21,5

    2000 220,5 244,4 216,7 27,7 11,3

    2001 220,2 243,1 225,0 18,1 7,4

    2002 216,6 249,3 218,9 30,4 12,22003 217,5 256,7 223,3 33,4 13,0

    2004 211,8 251,6 224,2 27,4 10,9

    2005 228,4 259,9 222,6 37,3 14,4

    2006 232,8 261 215,6 45,4 17,4

    2007 255,7 270,5 229,0 41,5 15,3

    2008 270,5 282,3 248,1 34,2 12,1

    2009 257,7 292,3 263,8 28,5 9,8

    2010 259,3 303,7 278,2 25,5 8,4

    2011 278,5 296,2 245,5 50,7 17,1

    Tabelle 6: Sparregel Szenario 3. Alle Betrge in Milliarden Euro.

    Quelle: Ist-Werte in den ersten beiden Spalten Bundesministerium der Finanzen, Spalten 3-5eigene Berechnungen.

    Hier ergibt sich ber den simulierten Zeitraum eine ausummierte Dierenzvon insgesamt 514 Mrd. Euro, wiederum augrund des geringer ausgenutztenlangristigen Trends. Die resultierende Entwicklung des Schuldenstandes ist inTabelle 7abzulesen.

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    19

    Jah rf-w 3

    n-kiaf-

    ah

    n-kiaf-ah

    Sh-sa

    Sh-sa

    1997 202,6 32,6 9,3 521,0 497,7

    1998 196,1 28,9 -8,6 547,9 487,1

    1999 193,7 26,2 -27,0 770,3 656,3

    2000 216,7 23,9 -3,8 774,9 633,3

    2001 225,0 22,8 4,7 760,2 600,5

    2002 218,9 31,9 1,5 784,7 594,6

    2003 223,3 38,6 5,2 826,6 603,1

    2004 224,2 39,5 12,1 869,4 618,52005 222,6 31,2 -6,1 901,6 613,4

    2006 215,6 27,9 -17,5 933,5 599,9

    2007 229,0 14,3 -27,2 940,1 565,0

    2008 248,1 11,6 -22,6 966,2 556,9

    2009 263,8 34,1 5,6 1033,0 595,2

    2010 278,2 44 18,5 1075,4 612,1

    2011 245,5 17,3 -33,4 1081,3 567,3

    Tabelle 7: Sparregel Szenario 3. Alle Betrge in Milliarden Euro.

    Quelle: Nettokreditaunahme Bundesministerium der Finanzen, Schuldenstand Sachverstn-digenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschatlichen Entwicklung, andere Spalteneigene Berechnungen. Negative Nettokreditaunahme entspricht Schuldentilgung.

    Die Haushaltsregel sieht vor, dass eine positive Dierenz zwischen der Novem-ber-Steuerschtzung r das lauende Jahr und den r dieses Jahr erlaubtenAusgaben r zustzliche Investitionsausgaben genutzt werden kann. Wie grodieser Spielraum unter den drei verschiedenen Reerenzwerten ist, kann inTabelle 8 abgelesen werden. Wie nach den bisherigen berlegungen zu er-warten, ergibt sich der grte zustzliche Investitionsspielraum mit Reerenz-wert 1, der den Trend steigender Steuereinnahmen am strksten nutzt. Erhebli-che Spielrume ergeben sich aber in allen drei Szenarien. Dies wirt die Frage

    nach der praktischen Durchhrbarkeit dieses Teils der Sparregel au.

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    Ssh-

    Ivsiis-sia r1

    Ivsiis-sia r2

    Ivsiis-sia r3

    1997 193,1 0,0 0,0 0,0

    1998 203,7 0,0 10,9 7,6

    1999 219,6 22,3 26,1 25,9

    2000 223,5 24,2 18,8 6,8

    2001 221,1 18,3 0,5 0,0

    2002 215,3 1,2 0,0 0,0

    2003 217,5 0,0 0,0 0,0

    2004 211,5 0,0 0,0 0,0

    2005 226,8 9,2 9,3 4,2

    2006 231,2 14,4 19,4 15,6

    2007 257,5 32,3 29,1 28,5

    2008 270,0 51,0 37,2 21,9

    2009 256,8 27,3 1,1 0,0

    2010 256,8 0,0 0,0 0,0

    2011 277,1 8,1 19,4 31,6

    S 208,3 171,8 142,1

    Tabelle 8: Investitionsspielraum nach Steuerschtzung im lauenden Jahr.Alle Betrge in Milliarden Euro.

    Quelle: Steuerschtzungen Bundesministerium der Finanzen, Spalten 2-4 eigene Berechnun-gen.

    Es ist kaum zu erwarten, dass die Abgeordneten in der Lage sind, nach Ver-entlichung der November-Steuerschtzung noch im lauenden Jahr sinnvolleInvestitionsprojekte in Milliardenhhe r dieses Jahr zu beschlieen und de-ren Implementierung zu beginnen. Es wre daher sinnvoll, ein neues Investi-tionsvehikel zu schaen, etwa einen Fonds, in den allllige jhrliche ber-schsse eingezahlt und dann unter parlamentarischer Kontrolle stetig rInvestitionen verausgabt werden. Ein solcher Fonds knnte auch so gestaltet

    werden, dass ein stark antizyklischer Eekt resultiert: Konjunkturell gute Jahremit hohen Steuereinnahmen hren eher dazu, dass der Fonds augebaut wird,whrend konjunkturell schlechte Jahre mit niedrigem Steueraukommen eher

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    zu einem Abbau hren, der aber die Finanzierung antizyklischer Investitions-ausgaben ermglicht, ohne dass dies jedenalls nicht vollstndig ber eineNettokreditaunahme fnanziert werden msste.

    Anzumerken ist allerdings nochmals ausdrcklich, dass die Nutzung der in Ta-belle 8dargestellten Investitionsspielrume natrlich den Schuldenabbau ver-langsamen wrde, der in den vorhergegangenen Tabellen dargestellt ist. Hierwre stets neu zu entscheiden, ob die aktuelle politische Prioritt eher bei derFrderung entlicher Investitionen oder dem schnellen Abbau des augelau-enen Schuldenstandes liegt.

    Schlielich ist noch ein letztes praktisches Problem der Haushaltsregel zudiskutieren. Dieses besteht darin, dass alle drei Szenarien relativ groeSchwankungen der zulssigen jhrlichen Ausgaben vorsehen. Dies ist bei einerRegel, die sich an den Steuereinnahmen jeweils eines einzelnen, vergangenenJahres orientiert, auch kaum zu vermeiden. Wenn die Einnahmen schwan-ken, was sie immer tun, so werden mit Verzgerung auch die zulssigenAusgaben schwanken. Da eine Budgetregel eigentlich auch zu einer Versteti-gung der Politik beitragen sollte, wre zu berlegen, ob nicht sinnvollerweiseein Durchschnittswert mehrerer Jahre herangezogen werden sollte. Dies wrdedie jhrliche Varianz der zulssigen Ausgaben reduzieren, aber ber die ln-

    gere Frist den Zwang zur Ausgabendisziplin relativ zu den bisher diskutiertenSzenarien nicht schwchen.

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    gwihrfw 1

    gwihrfw 2

    gwihrfw 3

    1999 207,5 199,3 197,5

    2000 201,2 197,0 202,22001 199,8 206,3 211,8

    2002 205,4 215,3 220,2

    2003 214,0 220,4 222,4

    2004 219,2 219,1 222,1

    2005 220,4 218,1 223,4

    2006 217,6 215,3 220,8

    2007 219,9 219,2 222,4

    2008 220,3 224,3 230,9

    2009 224,6 239,0 247,0

    2010 236,6 253,0 263,4

    2011 253,3 261,3 262,5

    S 2839,9 2887,6 2946,5

    S (a) 2895,6 2950,5 3004,6

    Tabelle 9: Geglttete Reerenzwerte mit jeweils dreijhrigen Durchschnit-ten. Summe (alt): Summe der zulssigen Ausgaben bei einachen Reerenz-werten.

    Quelle: Eigene Berechnungen.

    Eine Mglichkeit hierzu besteht darin, gewichtete Reerenzwerte zu berech-nen, indem z.B. der Durchschnitt aus dem einachen Reerenzwert des aktuellzu planenden Haushaltsjahres und den einachen Reerenzwerten der davor-liegenden beiden Jahre gebildet wird. Grundstzlich knnten auch noch mehrJahre herangezogen werden, dies wrde die Glttung verstrken. Tabelle 9illustriert dieses Prinzip. In den hier berechneten Beispielen senkt die Glttungden zulssigen Ausgabenspielraum nochmals etwas ab. Die Ursache hierr ist,dass die Glttung den sonst ast parallelen Anstieg der zulssigen Ausgaben

    mit dem Trendanstieg der Einnahmen etwas abbremst.

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    4. Weiterreichende fnanzpolitische undgesamtwirtschatliche Auswirkungen

    Die bisherigen berlegungen haben gezeigt, dass eine Haushaltsregel, dieden zulssigen Ausgabenspielraum an den vergangenen Einnahmen bemisst,grundstzlich praktikabel ist und den erwnschten Eekt eines beschleunigtenAbbaus der entlichen Verschuldung gewhrleistet. Fr den Fall der Anwen-dung gegltteter Reerenzwerte wre auch eine Verstetigung der Finanzpolitikgewhrleistet. Bei Anwendung der strengsten Regel r den Ausgabenspiel-raum, also des gegltteten Reerenzwertes 1, und einer vollstndigen Nutzunghherer Steuereinnahmen zu Schuldentilgung, htte sich im Jahr 2011 auer-dem eine Staatsquote von 43,6 Prozent anstelle der tatschlichen 45,3 Prozentergeben. Auch hier wird nochmals deutlich, dass die Auswirkungen der Haus-haltsregel zwar sprbar, aber keinesalls r den Bundeshaushalt ruins wren.Zu bedenken sind aber stets auch die lngerristigen gesamtwirtschatlichenAuswirkungen einer solchen Durchsetzung verstrkter Haushaltsdisziplin.

    4.1. di ewik afisi bsi

    Parallel zum langristigen Anstieg der Staatsverschuldung stiegen in den letz-ten Jahrzehnten natrlich auch die jhrlichen Zinszahlungen des Bundes. Warder Bundeshaushalt im Jahr 1990 noch mit 17,5 Mrd. Euro belastet, so warenes 2011 bereits 32,8 Mrd. Euro. Dabei ist zwar die Zins-Steuer-Quote, d.h. derAnteil der Steuereinnahmen, der r Zinszahlungen augewendet werden muss,nur gering angestiegen, nmlich von 10,3 Prozent au 11,8 Prozent. Dies ist

    jedoch noch kein Grund zur Entwarnung. Trotz eines im Durchschnitt soliden,positiven jhrlichen BIP-Wachstums seit der deutschen Wiedervereinigung ist

    nmlich die Schuldenstandsquote drastisch angestiegen, von 40,4 Prozent imJahr 1991 au 81,2 Prozent im Jahr 2011. Gleichzeitig bewegte sich die Steuer-quote im hier betrachteten Zeitraum relativ konstant um 22 Prozent herum.

    Die Ursache r die weiterhin niedrige Zins-Steuer-Quote ist daher bei dengnstiger gewordenen Finanzierungsbedingungen des Bundes zu suchen. DieRendite r zehnjhrige deutsche Staatsanleihen betrug in den rhen 1990erJahren noch um 9 Prozent und ist seitdem stetig gesunken, bis sie im Dezember2012 noch 1,3 Prozent erreichte (Deutsche Bundesbank 2013). Die deutsche

    Finanzpolitik proftierte also in den vergangenen zwanzig Jahren von dem rsie glcklichen Umstand, dass die Nachrage nach deutschen Staatsanleihenschnell genug stieg, um die Finanzierungskosten trotz steigender Verschul-

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    dung drastisch zu senken. Dieser Trend wird allerdings kaum mehr ortgehrtwerden knnen. Zwar huten sich im Jahr 2012 einige Flle, in denen es demBund gelang, Abnehmer r kurzristigere Anleihen mit bis zu zwei JahrenLauzeit sogar zu negativen Renditen zu fnden. Dies ist aber wiederum einem

    historisch einmaligen Umstand zuzuschreiben, nmlich der Tatsache, dassdeutsche Staatsanleihen in der Eurokrise als eine der wenigen verbliebenensicheren Anlagemglichkeiten gelten und dass zahlreiche Akteure im Finanz-sektor regulatorisch gezwungen sind, einen Anteil ihres Portolios mit solchenAnleihen zu llen.

    Wenn sich nun die Krisensituation in der Eurozone normalisiert und der Statusdeutscher Staatsanleihen als sichere Fluchtanlage an Bedeutung verliert, dannwerden solche Anomalien nicht mehr autreten. Im r Deutschland besten Fallwre mit den aktuellen, niedrigen Renditen au langristige Staatsanleihen einBoden erreicht, der bis au weiteres auch nicht nach oben verlassen wird. Eswre aber auch denkbar, dass die Anleger sich nach einem Abschwchen derKrise wieder risikogeneigter zeigen und au die Suche nach hheren Renditenin anderen Lndern begeben, was die Nachrage nach deutschen Staatsanlei-hen eher sinken und ihre Renditen steigen lassen wrde.

    Kommt es schlielich gar nicht zu einer Beruhigung der Krise im Euroraum,

    dann besteht die groe Geahr, dass Risiken eintreten, die Deutschland mitder Sttzung von Krisenlndern eingegangen ist. Ein erneuter SchuldenschnittGriechenlands wrde beispielsweise vor allem entliche Glubiger betreen,also auch den Bund. Je strker sich solche Risiken r Deutschland aber mate-rialisieren, desto strker wrde dies zu einem weiteren Anstieg der immerhinbereits recht hohen Schuldenstandsquote des Bundes hren und Zweielam aktuellen Bonittsstatus hervorruen. Es besteht also die Geahr, dass eineweitere Eskalation der Eurokrise auch die Finanzierungsbedingungen Deutsch-

    lands verschlechtern wird.Welches Szenario auch immer man r wahrscheinlicher hlt eine weiteredeutliche Verbesserung der Finanzierungsbedingungen des Bundes ist in kei-nem Fall zu erwarten. Das bedeutet aber auch, dass zukntige Erhhungen derSchuldenstandsquote nicht mehr wie in den letzten beiden Jahrzehnten durchein sinkendes Zinsniveau kompensiert werden. Sie werden vielmehr in Formhherer Zins-Steuer-Quoten einen Niederschlag im Bundeshaushalt fndenund damit den Spielraum r sinnvolle Staatsausgaben jenseits der Zinsaus-

    gaben einengen. Dieses Problem wrde verschrt und sogar bei im Zeitablaukonstanten Schuldenstandsquoten autreten, wenn die Renditen au Bundes-anleihen wieder ansteigen.

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    Hinzu kommt das Problem, dass die Politik mit ihren au die Zukunt abzielendenZahlungsversprechungen, etwa in sozialen Transersystemen, eine erheblicheimplizite Staatsverschuldung augebaut hat (Moog und Raelhschen 2012).Damit wird aber der fnanzpolitische Handlungsspielraum zukntiger Gene-

    rationen noch weiter eingeschrnkt. Diese mssen, um die heute gettigtenLeistungsversprechen bedienen zu knnen, entweder die von ihnen selbst ge-wnschten entlichen Ausgaben reduzieren oder Steuern und Abgaben er-hhen. Da auch in der aktuellen Legislaturperiode durch den Beschluss neuerLeistungsversprechen die implizite Staatsverschuldung erhht wurde, erscheintes unter dem Gesichtspunkt der Generationengerechtigkeit wnschenswert,Entlastung durch einen rhzeitigen Abbau der expliziten Staatsschuld zuschaen.

    Die Gewhrleistung angemessener fnanzpolitischer Spielrume r zukn-tige Generationen, aber auch die Abwendung des Risikos schnell ansteigenderZinslasten bereits in einem relativ kurzen Zeitraum sprechen also r die An-wendung einer Haushaltsregel, die den Schuldenabbau beschleunigt.

    4.2. d sih Ivsiissia

    Wie in Abschnitt 3bereits diskutiert, ernet die Haushaltsregel auch einen

    zustzlichen Spielraum r Investitionen, die nach der Intention dieser Regelvor allem in Forschung und Bildung ieen sollten. Auch hier wren positivelangristige Eekte, insbesondere au das Wirtschatswachstum, zu erwarten,da entliche fnanzierte Bildung und Forschung private Investitionen in die-sen Bereichen sinnvoll ergnzen knnen. Beispielsweise ist davon auszugehen,dass eine solide fnanzierte universitre Forschungslandschat dazu beitrgt,Innovationsprozesse zu untersttzen (Aghion et al. 2008). Hier kommt es ins-besondere darau an, akademische Freiheit so vollstndig wie mglich zu ge-

    whrleisten, damit universitre Forschung ihre spezifschen Vorteile, nmlichUnabhngigkeit und Kreativitt bei Abwesenheit enger Kontrollmechanismen,voll zur Geltung bringen kann. So wre es etwa mglich, ber eine hhere steu-erfnanzierte Grundausstattung der Universitten und eine geringere Abhn-gigkeit von Projekt- und Drittmitteln die Innovationsrate in der universitrenForschung zu erhhen, was sich letztendlich auch im Wirtschatswachstumniederschlagen wrde.

    Aghion und Howitt (2006) argumentieren au der Grundlage empirischer Daten

    und eines Innovationen bercksichtigenden Schumpeterschen Wachstums-modells, dass Europa insgesamt stark von hheren Bildungsausgaben proftierenknnte. Dies gilt insbesondere r eine Volkswirtschat wie Deutschland, de-

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    ren erolgreiche Industrien vor allem in hoch spezialisierten Hochtechnologie-sektoren zu fnden sind. Diese sind zur Ermglichung neuen Wachstums beson-ders stark von Innovationen abhngig, die in der Regel von hoch qualifziertenForschern hervorgebracht werden, deren Umsetzung aber auch hoch qualif-

    zierte Arbeitnehmer erordert. Der damit hchst plausible positive Zusammen-hang zwischen Investitionen in Humankapital und Wirtschatswachstum hatsich in empirischen Studien insgesamt als robust erwiesen (siehe etwa Barro2001; Bassanini und Scarpatta 2002; De La Fuente und Domnech 2006).

    Whrend sich die bisher diskutierten Zusammenhnge au die Arbeitswelt be-ziehen und damit vor allem au sekundre und tertire Bildung, gibt es nocheinen weiteren, au die Eekte rhkindlicher Bildung abzielenden Wirkungs-mechanismus. Heckman et al. (2010) analysieren ber einen langen Zeitraumdie Eekte eines amerikanischen Programms zur Frderung benachteiligter

    Vorschulkinder und zeigen, dass eine solche Frderung die Wahrscheinlichkeitreduziert, dass die teilnehmenden Kinder kriminell werden. Ebenso verbessertdie Frderung die sptere Integration in den Arbeitsmarkt. Der Eekt ist gr-er, wenn die Frderung in rheren Lebensjahren einsetzt.

    Es sind also erhebliche positive gesellschatliche Eekte zu erwarten, wennau allen Ebenen mehr Ressourcen in Forschung und Bildung investiert wer-

    den. Gerade in der deutschen politischen Diskussion wird der Wert der Bil-dung zwar stets betont, die praktischen Folgen bleiben aber berschaubar.Die Datensammlung der OECD (2012) zeigt, dass Deutschland im Hinblick auden Anteil der Bildungsausgaben am BIP nur im unteren Mitteleld liegt. Diesspiegelt sich wider in Bildungsresultaten, etwa in relativ geringen Studieren-denquoten und einer relativ geringen sozialen Auwrtsmobilitt deutscherSchler im Bildungswesen.

    Vor diesem Hintergrund erscheint es plausibel, die Investitionen in Forschungund Bildung erhhen zu wollen. Es erscheint auch durchaus plausibel, diesregelgebunden zu tun. Wie in Abschnitt 3gesehen, werden durch die Haushalts-regel tatschlich hufg Chancen r solche zustzlichen Investitionen er-net. Allerdings ist dann in jedem Fall ber die jeweils aktuelle Zielgewichtungzwischen Schuldenabbau und hheren Investitionen zu entscheiden. Im Hin-blick au die Entlastung zukntiger Generationen sind beide Wege gangbar:Sowohl ein Schuldenabbau, als auch ein beschleunigtes Wirtschatswachstumerhhen den fnanzpolitischen Spielraum der Brger in der Zukunt. Erwar-

    tet man mit hoher Wahrscheinlichkeit einen nahenden Anstieg der Refnan-zierungskosten deutscher Staatsanleihen, so wre aber dem unmittelbaren,direkter wirkenden Schuldenabbau der Vorzug zu geben.

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    Neben dem in Abschnitt 3 bereits diskutierten Problem des Timings derInvestitionsentscheidung gibt es noch zwei weitere praktische Probleme, dieerwhnt werden sollten: Erstens ist dies die mglichst przise Defnition desInvestitionsbegris. In der Vergangenheit haben sich bereits einzelne deutsche

    Bundeslnder dadurch hervorgetan, dass sie eigentlich konsumtive Ausgabenals entliche Investitionen kategorisiert und sich so an einer politischen Ver-schnerung ihrer Haushaltsplne versucht haben. Wenn nun unter einer neu-en Haushaltsregel der Zugri au Steuermehreinnahmen davon abhngt, dassman seine gewnschten Ausgaben in irgendeiner Weise als Forschungs- oderBildungsinvestitionen kategorisieren kann, dann steigt natrlich der Anreiz,eben dies zu versuchen. Es wre daher zu empehlen, die Haushaltsregel auchin diesem Punkt von vornherein restriktiv zu ormulieren und klar estzulegen,r welche Art von Investitionen die Mittel verwendet werden dren.

    Zweitens besteht die Frage, wie die Forderung nach einer vermehrten Aktivittdes Bundes in Forschungs- und Bildungsinvestitionen sich in die derale Ord-nung der Bundesrepublik eingt. Es wre also auch rechtswissenschatlich zuberpren, inwieweit ein umangreiches Engagement des Bundes au diesemGebiet im Lichte des Kooperationsverbotes zwischen Bund und Lndern in derBildungspolitik eigentlich mglich ist und auerdem unerwnschte Neben-wirkungen in Form einer Zentralisierung der Staatsttigkeit und einer weiteren

    schleichenden Aushhlung des Fderalismus mit sich bringt.

    5. Fazit

    Zusammenassend kann zur Bewertung der vorgeschlagenen Haushaltsregel

    estgehalten werden:Die Sparregel ist grundstzlich anwendbar, soern sie dahingehend modif-ziert wird, dass die zulssigen Einnahmen r ein Haushaltsjahr sich entwederan der Steuerschtzung r das Vorjahr orientieren oder an den Ist-Wertenmit zwei- oder dreijhriger Verzgerung.

    Die Sparregel verndert den Haushaltsprozess so, dass die Stellung desFinanzministers gestrkt und das Problem der fskalischen Allmende im

    Bundeskabinett gelst wird.

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    Es sind in allen hier diskutierten Varianten der Sparregel erhebliche Ausga-benreduktionen und ein schneller Abbau des Schuldenstandes mglich.

    Dieser Eekt wird aber reduziert, je strker Investitionsspielrume genutzt

    werden und/oder je strker die in der Steuerregel georderten regelmigenTariabsenkungen in der Einkommensteuer tatschlich durchgehrt wer-den.

    Es sollte erwogen werden, eine zustzliche Verstetigung der Ausgabenpolitikdurch die Wahl gegltteter Reerenzwerte r die Ausgaben anzustreben.

    Es besteht die Geahr einer Verschlechterung der Refnanzierungsbedin-gungen des Bundes und damit auch die Geahr eines Anstiegs der Zinslastenim Budget; der Abbau der Schuldenstandsquote ist daher ein sinnvollesfnanzpolitisches Ziel.

    Im Hinblick au die Generationengerechtigkeit kann eine Entlastung zukn-tiger Generationen sowohl durch einen Abbau der Staatsschuld, als auchdurch wachstumsrdernde Investitionen erreicht werden.

    Zustzliche Investitionen in Forschung und Bildung sind grundstzlich zu

    begren und drten mit positiven Wachstumseekten verbunden sein.

    Im Rahmen der Haushaltsregel bestehen hier jedoch Probleme im Hinblickau den deralen Ordnungsrahmen und die Frage, ob der Investitionsbegriin der Haushaltsregel so przise defniert werden kann, dass er nicht alsEinallstor zur Umgehung der Haushaltsregel dient.

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    ber den Autor

    d. Ja Shah ist geschtshrender Forschungsreerent am Walter

    Eucken Institut in Freiburg und Privatdozent r Volkswirtschatslehre an derUniversitt Heidelberg. Seine Forschungsschwerpunkte liegen im Bereich derFinanzwissenschat und der konomischen Theorie der Politik.

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    [112] Grard BkenkampKIrcHe und StAAt In deutScHlAnd WelcHen SpIelrAum HAt dIe polItIK?

    [111] Tim StephanSozIAle netzWerKe und polItIScHe bASISbeWegungen Am beISpIel

    der AuSeInAnderSetzung um StuttgArt 21[110] Gebhard KirchgssnerFInAnzpolItIScHe KonSequenzen dIreKter demoKrAtIe

    [109] Theo SchillerdIreKte demoKrAtIe In deutScHlAnd.WelcHe beteIlIgungSFormen SInd AuF der bundeSebene mglIcH?

    [108] Robert NedIreKte demoKrAtIe und lIberAlISmuS non-zentrAlISmuS und meHrHeItSprInzIp

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    [106] Jan SchneiderFreIHeIt, gerecHtIgKeIt, nAtur und umWelt In etHIK-ScHulbcHern

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    dIe KnFtIgen AuFgAben deS lIberAlISmuS eIne polItIScHe AgendA[100] Grard Bkenkamp

    dAS Internet zWIScHen dAtenScHutz und InFormAtIonSFreIHeIt[99] Bodo Herzog

    HAuSHAltSlcHer und SteuerentlAStungen WAS ISt zu tun?[98] Monika Reinsch (2011)

    HocHbegAbung Im VorScHulAlter[97] Grard Bkenkamp (2010)

    dIreKte demoKrAtIe geScHIcHte, entWIcKlungen und perSpeKtIVen Fr dIebundeSrepublIK[96] Marie Popp, Ren Sternberg (Hrsg.)

    leucHttrme der deutScHen ScHullAndScHAFt[95] Alexander Wimmer (2010)

    rISIKen und cHAncen der deutScHen KrAnKenVerSIcHerer ImInternAtIonAlen VergleIcH

    [94] Kerstin Funk (2010)Kernprobleme deS geSundHeItSWeSenS In InduStrIelndern

    [91] Harald Bergsdor (2010)dIe Kultur der FreIHeIt ArgumentAtIV VerteIdIgen lIberAle geSellScHAFtgegen recHtSextremISmuS und Andere FreIHeItSFeInde