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von Dr. Stephan Schauhoff Rechtsanwalt/Fachanwalt für Steuerrecht Vorlesung Steuerberatung Rechtssicherheit im Steuerrecht 14. April 2011

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vonDr. Stephan Schauhoff

Rechtsanwalt/Fachanwalt für Steuerrecht

Vorlesung Steuerberatung

Rechtssicherheit im Steuerrecht 14. April 2011

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Vorlesungsbegleitende Literatur

Tipke/Lang, § 21, § 5 A.; Birk § 5

Rechtssicherheit im Steuerrecht

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● Die Höhe der Steuer hängt vom Sachverhalt und den sich daran anknüpfenden Rechtsfolgen ab

● Sachverhalte sind gestaltbar

● Sachverhalte können verschieden gewürdigt werden

- Streng nach abgeschlossenen Verträgen- Wirtschaftlich (wirtschaftliches Eigentum)- als Missbrauch- was ist eine voraussichtlich dauernde Wertminderung?

● Rechtsnormen können verschieden interpretiert werden zu verschiedenen Zeitpunkten

- Finanzverwaltung- Rechtsprechung- Literatur, Steuerpflichtiger selbst- wann ändert sich die Rechtsprechung wegen Europarecht/-

Verfassungswidrigkeit

I. Einführung

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Immobilieninvestition

Körperschaftsteuer und Gewerbesteuer

Einkommensteuer und Gewerbesteuer

Wegfall Gewerbesteuer bei KöSt echte Ersparnis, bei ESt (nur) Verminderung Anrechnungspotential

Erweiterte Kürzung: § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG

Ausschließlich eigenen Grundbesitz verwalten

I. Einführung

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Beispiel: A will Immobilie kaufen und bald wieder verkaufen oder ver-mieten, je nach Marktlage. Wie investieren? Selbst, über GmbH, über GmbH & Co. KG?

Vorteilhaftigkeit hängt auch an der Gewerbesteuerfreiheit

§ 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG (erweiterte Kürzung):vgl. BFH BStBl. II 2001, 359))

● Gewerbesteuerfreiheit, wenn „ausschließlich eigener Grundbesitz verwaltet oder neben eigenem Grundbesitz eigenes Kapitalver-mögen“ verwaltet wird● Vermietung der Waschmaschinen an die Mieter schädlich● Betriebsvorrichtungen verkaufen, Dritter vermietet● Grenze zwischen Projektentwicklung (originär gewerbliche Tätigkeit) und Erwerb zur Vermögensverwaltung fließend, Betriebsprüfung würdigt ex post

I. Einführung

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1. Schutz vor Gesetzesänderung?

Vertrauen in Fortbestand der Gesetzeslage geschützt? → Wegfall erweiterte Kürzung

2. Schutz vor abweichender Sachverhaltswürdigung

Betriebsprüfung vermutet, dass von vornherein bedingte Veräus-serungsabsicht bestand, daher keine erweiterte Kürzung (BFH BStBl. II 2004, 73): Veräußerungsbestimmung im Rahmen eines einheitlichen Betätigungswillens → Reicht Sondierung von Ver- kaufspreisen aus? Genügt gelegentliches Angebot am Markt?

II. Herstellung von Rechtssicherheit, um vor Investition Rendite nach Steuern abschätzen zu können

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3. Schutz vor abweichender rechtlicher Beurteilung

Antrag auf verbindliche Auskunft (§ 89 Abs. 2 ff. AO)

a) Sachverhalt schildern,wahrheitsgemäß und vollständig, missbrauchsverdächtige Gestaltungen können nicht abgefragt werden (unvollständige Anträge können zur Steuerfahndung führen)

b) Klärungsbedürftige Rechtsfrage mit Meinungsstand darstellenc) Antrag, wie Rechtsnorm im Fall ausgelegt werden solld) Grenzen des Antrags:

● nur für erst noch geplante Sachverhalte, nicht bei Rechtsun-sicherheit über vollzogene Sachverhalte

● widerruflich mit Wirkung für die Zukunft, automatisch außer Kraft bei Gesetzesänderung

e) Gebührenpflichtig: Nach begehrtem Steuervorteil, Bsp: Streitwert 500 T€ Gebühr 2.956 €

II. Herstellung von Rechtssicherheit, um vor Investition Rendite nach Steuern abschätzen zu können

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4. Schutz vor Änderung der Verwaltungsauffassung/Recht-sprechung

a) Wirkung von Änderungen der Verwaltungsauffassung/Recht-sprechung

● typische Veranlagung: § 164 AOFolge: Finanzamt kann bis zum Ablauf der

Festsetzungsfrist Steuerbescheid wieder ändern ● Festsetzungsfrist, Berechnung

- Beginn § 170 AO- Frist § 169 Abs. 2 AO- Ablaufhemmung Betriebsprüfung

II. Herstellung von Rechtssicherheit, um vor Investor Rendite nach Steuern abschätzen zu können

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II. Herstellung von Rechtssicherheit, um vor Investition Rendite nach Steuern abschätzen zu können

● Betriebsprüfung berücksichtigt Rechtsstand, der bis ca. sieben Jahre nachläuft

● Vertrauen auf frühere Betriebsprüfung → nur § 204 AO

● Vertrauen auf Rechtsprechung → § 176 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AO, aber nur, wenn Veranlagung darauf beruht, vgl. BFH v. 10.6.2008 VIII R 79/05; BStBl. 2008 II, 863; FG Ba-Wü v. 24.4.2008, EFG 2008, 1677: Rechtsprechungsänderung wird von Weiterentwicklung unterschieden

b) Vertrauen auf Richtlinienbestimmung(GewStR, EStR, KStR etc.):§ 176 Abs. 2 AO:Nur, wenn allgemeine Verwaltungsvorschrift von einem

obersten Gerichtshof als nicht mit dem geltenden Recht in Einklang stehend bezeichnet worden ist und bereits darauf beruhende Veranlagung vorliegt; verbindliche Auskunft weitergehend

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II. Herstellung von Rechtssicherheit, um vor Investition Rendite nach Steuern abschätzen zu können

Abgrenzung: Sachverhaltstypisierende Verwaltungsvorschriften werden geändert

vgl. BFH BStBl. II 1999, 46 (47)II 2002, 840 (841)

Finanzbehörde lag Nichtanwendungserlass vor, Steuerpflichtiger erklärte nach BFH-Rechtsprechung: § 176 Abs.1 Satz 2 AO

c) Selbstbindung der Verwaltung?Tipke/Lang § 21 A. IV., BFH/NV 1996, 733BFH/NV 2000, 1196 (1198f).

In Bezug auf Schätzung (Wert Milchlieferungsrechte)

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1. § 164 AO

2. § 165 AO

● Liebhaberei, Prognosezeitraum, Absichten ex post beurteilen (BFH BStBl. II 1988, 234 f.)

● Verfassungswidrigkeit von Steuernormen, Bsp.: Höhe des Existenzminimums, KinderfreibetragVerwaltung erklärt Punkte für ungewiss, BMF-Schreiben v. 10.03.2008

III. Offenhalten von Steuerbescheiden bei ungeklärten Rechts- oder Sachverhaltsfragen

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A lebt in Partnerschaft, möchte gerne Splittingtarif haben, hält Regelung des § 26 EStG für verfassungswidrig:

● Einspruch: Finanzverwaltung kann nach ihrer Auffassung festsetzen● Aussetzen der Vollziehung (§ 361 AO)

ernstlich zweifelhaftSicherheitsleistung(siehe Entfernungspauschale)

3. Einspruch und Ruhenlassen (§ 363 AO)

Finanzverwaltung kann Verfahren von sich aus zum Ruhen bringen bei vorgreiflich anhängigem VerfahrenBei Entscheidung der Verwaltung: Nur Klage möglich

III. Offenhalten von Steuerbescheiden bei ungeklärter Rechts- oder Sachverhaltsfragen

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1. Mit Wirkung für die Vergangenheit

● Steuerfahndungsfälle● Verhandlungsergebnis Betriebsprüfung

Vorteil Rechtssicherheit für beide Seiten:

Tatsächliche Verständigung: Tipke/Lang § 21 Rz. 19 ff.:Voraussetzung:- zutreffende Sachverhaltsermittlung schwierig, Würdigung des

Sachverhaltes, Gericht wird eigene Würdigung entzogen- schriftlich- zuständiger SGBL

Telefonische Auskunft genügt nicht (s. aber BFH BStBl. II 1996, 625 (626))

Keine Verständigung über Rechtsfragen!

IV. Verbindliche Sachverhaltsfestlegung

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2. Mit Wirkung für die Zukunft

§ 204 AO: Tipke/Lang § 21 Rz. 14 ff.

Zusage im Anschluss an Betriebsprüfung über steuerliche Behandlung eines bestimmten Sachverhaltes (Sachverhaltswürdigung und Rechts-behandlung)

3. Lohnsteueranrufungsauskunft (§ 42e EStG)

IV. Verbindliche Sachverhaltsfestlegung

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Ein Beispiel: (dazu Tipke/Lang, § 18 C.; Rödder, Beilage zu Heft 40 DStR 2007)

A will eine Immobilie kaufen, renovieren und dann verkaufen oder vermieten, je nach Marktlage. Vom Berater will er die steuergünstigste Struktur wissen.Gestaltungsmöglichkeiten:

1. A kauft selbst:

a) Veräußerungsgewinn nach zehn Jahren steuerfrei, es sei denn, Grundstückshandel

(Birk, Rn. 633; BMF v. 24.2.2004, BStBl. I 2004, 434)b) Renovierungsaufwand abziehen:

Verlust verrechenbar

c) laufendes Einkommen mit individuellem Steuersatz, Steuersatzüberlegungen

V. Beispiel für Gestaltungsanfrage

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2. A kauft über GmbH

a) Veräußerungsgewinn steuerpflichtig, 15 v.H., Ausschüttung Teileinkünfte, Gewerbesteuer?Veräußerung GmbH-Anteile AbgeltungsteuerBank will, dass A für Bankkredit an GmbH bürgt, Rechtsfolge?Kredit durch Ehefrau an GmbH, um Zinsen niedrig besteuert zu vereinnahmen (§ 32d Abs. 2 EStG)

b) Laufender Aufwand → keine Verlustrechnung privat, evtl. Zinsschranke (EUR 3 Mio.)

c) Mieteinnahmen 15 v.H.

V. Beispiel

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3. A kauft über GmbH & Co. KG

a) Veräußerungsgewinn steuerpflichtig, individueller Steuersatz mit Thesaurierungsbegünstigung (28, 25 v.H. + SoLZ)Achtung: Steuerzahlung führt zu Gewinnentnahme

b) Verlustrechnung mit privaten Einkünften, aber Grenze: § 15 a EStG

c) Mieteinnahmen steuerpflichtig (s.o)

d) bei Ausschüttung Nachbesteuerung von 25 v.H..

V. Beispiel

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4. Entscheidung über Gestaltungsmittel hängt ab von:

● Haltedauer Immobilie

● Verlustverrechnung

● Finanzierung

● Thesaurierung des Gewinns oder private Verwendung

● Einschätzung der Steuerrechtsentwicklung

V. Beispiel

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Fallbeispiel:

Immobilie EUR 1 Mio., Kredit T€ 600, Zins 5 %endfällig, EK 400 T€, AfA 3 v.H. (§ 7 IV EStG), erwartete Miete T€ 70pers. Steuersatz 30 v.H.

Variante 1: Steuerergebnis A70 T€

./. 30 T€ ./. 30 T€

10 T€ = Steuer EUR 3.000Verkauf nach 5 Jahren für T€ 800/EUR 1,2 Mio.Verkauf nach 11 Jahren

V. Beispiel

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Variante 2: Steuerergebnis GmbH70 T€

./. 30 T€ ./. 30 T€

10 T€ = Steuer EUR 1.500Ausschüttung EUR 8.500 x 25 v.H.

Steuer EUR 2.125EUR 3.625

Veräußerung nach 5 oder 11 Jahren für T€ 800/1,2 Mio. Euro

AK€ 1 Mio. 850 T€ 850 T€5x30 T€ € 0,15 800 T€ 1.200 T€Buchwert€ 0,85 ./. 50 T€ 350 T€

x 15 v.H. = 52.5 T€

V. Beispiel

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Variante 3: Steuerergebnis GmbH & Co. KG

10 T€ = Steuer 28,25 v. H. bei Thesaurierung € 2.825?Pers. Steuersatz € 3.000

Veräußerungsgewinn: ./. 50 T€ Verlust verrechenbar350 T€ x 30 v.H. 105 T€

Keine Gewerbesteuer wegen § 9 Nr. 2a GewStG

V. Beispiel