Wald. Deine Natur. Die Eichen · Mythologie, Brauchtum Eichen nehmen einen besonderen Platz in der...

4
Wald. Deine Natur. Die Eichen | Quercus robur / Quercus petraea

Transcript of Wald. Deine Natur. Die Eichen · Mythologie, Brauchtum Eichen nehmen einen besonderen Platz in der...

Page 1: Wald. Deine Natur. Die Eichen · Mythologie, Brauchtum Eichen nehmen einen besonderen Platz in der Mythologie ein. Die nordische und germanische Götterwelt sowie die grie-chische

Wald. Deine Natur.

Die Eichen | Quercus robur / Quercus petraea

Page 2: Wald. Deine Natur. Die Eichen · Mythologie, Brauchtum Eichen nehmen einen besonderen Platz in der Mythologie ein. Die nordische und germanische Götterwelt sowie die grie-chische

Die Eichen I Quercus robur / Quercus petraea

Die weltweit verbreiteten etwa 600 Arten der Gattung Eiche gehören zur Familie der Buchen-gewächse (Fagaceae). Als gemeinsames Merkmal weisen sie alle die Fruchtform der Eichel auf. Stieleiche (Quercus robur) und Traubeneiche (Quercus petraea) sind die heute in Deutschlandverbreiteten heimischen Arten. Allerdings stellen sie mit rund zehn Prozent einen nur geringen Anteil am Wald.

Ihr Name „eih“ war im germanischen Sprachraum weit verbreitet. Das keltische „Kaer“ (schön) und das lateinische quer-cus (Baum) haben sich im botanischen Na-men ebenfalls erhalten. Vom lateinischen esca (Speise) soll sich die Bedeutung der Eicheln für die Schweinemast herleiten. Die Artunterscheidung Stieleiche/Trau-beneiche erklärt sich aus dem Fruchtan-satz: einmal an langen Stielen, zum an-deren am Zweig traubenartig gehäuft. Vertrieben durch die Eiszeiten traten in der Eichenmischwaldzeit etwa von 5.500 bis 2.500 v. Chr. Eichen waldbildend vor allem mit Linden, Ulmen und Eschen wie-der auf. Bedingt durch den Wechsel zu ei-nem kühleren und feuchteren Klima ver-drängte aber die später einwandernde Rotbuche die bisherigen Laubbaumarten. Eichenbestände galten schon im frühen Mittelalter als Bau- und Brennholzreser-voir. Im Nieder- und Mittelwaldbetrieb wurde das Stockausschlagvermögen lan-ge Zeit auch zur Gewinnung von Lohrinde zum Ledergerben genutzt. Der Schweine-eintrieb in den Eichenwald war bis zur Ein-führung der „geregelten“ Forstwirtschaft von großer Bedeutung.

VerbreitungIn Mitteleuropa treten beide Eichenarten gemeinsam auf: Die Stieleiche besiedelt jedoch ein größeres Areal, südlich bis Si-zilien und Anatolien, östlich bis zur Step-pengrenze. Ihr Schwerpunkt ist der mit-teleuropäische, gemäßigt kontinentale Klimabereich. Als typischer Baum der Au-engebiete kommt sie an den großen mit-teleuropäischen Flüssen Rhein, Donau und Save vor. An vielen Flüssen wurden Auenwälder durch Flussbegradigungen zerstört und damit auch Stieleichenstand-orte für immer beseitigt. Die Hauptver-breitung der Traubeneiche liegt im tiefe-ren Bergland. Sie wächst im Bereich der deutschen Mittelgebirge bis in die Süd-

alpen. Schwerpunkte bilden Mittelfrank-reich und der Wienerwald, Slowenien und Rumänien.

ÖkologieBeide Eichen sind typische Lichtbaumar-ten, unterschiedlich ist ihr Anspruch an die Wasserversorgung. Generell braucht die Stieleiche mehr Feuchtigkeit und mehr Nährstoffe als die Traubeneiche. Letztere bevorzugt wärmere Lagen. Auf gut wasserversorgten und nährstoffkräf-tigen Böden des Tieflandes ist die Stielei-che vergesellschaftet mit Esche, Ahorn und Vogelkirsche. Im bodentrockenen, felsigen Hügelland sind der Traubeneiche Hainbuche, Winterlinde und verstärkt die Rotbuche beigemischt. Reine Eichenwäl-der existieren praktisch nicht mehr. Der Waldumbau in Deutschland zielt auf den Eichenmischwald, der natürlicher Lebens-raum vieler Pflanzen- und Tierarten ist. Das natürliche Alter der Eichen wird mit bis zu 800 Jahren angegeben, wobei auch höhere Alter einzelner Exemplare nicht selten sind. Im Alter zwischen 20 und 40 Jahren blühen die Eichen erstmals. Dann folgen unregelmäßig Mastjahre. Darun-ter versteht man einen überreichen Be-hang an Eicheln. Stieleichen blühen im April/Mai, Traubeneichen ungefähr zwei Wochen später. Beide windbestäuben-den Eichen kreuzen sich leicht miteinan-der. Die Früchte reifen ab Ende Septem-ber bis Anfang/Ende Oktober. Früher lag der Abstand zwischen Blühjahren bei fünf bis sieben Jahren, derzeit fruchten Eichen fast jährlich. Eichen sind intensive Tiefwurzler. Die sich zunächst ausbilden-de Pfahlwurzel wandelt sich mit zuneh-mendem Alter in ein senkerartiges Herz-wurzelsystem. Dichte Tonböden können so von der Stieleiche erschlossen werden. Selbst auf Staunässeböden erschließen einzelne Wurzeln den verdichteten Bo-den und sorgen so für Drainage und damit

langfristig für eine biologische Verbesse-rung. Aufgrund ihrer Ansprüche gelten die beiden Eichenarten als gut gerüstet für den Klimawandel. Ein wesentlicher Hel-fer für die Mischwaldgestaltung ist der Eichelhäher. Für seine eigene Vorratshal-tung versteckt er Eicheln im Waldboden, findet aber nicht alle wieder. Werden die-se nicht von anderen Tieren gefunden, keimen sie zu Eichen heran. Über 500 In-sektenarten, davon 400 Schmetterlinge, leben mehr oder weniger von der Eiche. Besondere Bedeutung hat sie für die im zersetzenden Holz lebenden, oft sehr sel-tenen Käferarten. Der prächtigste Käfer im Alteichenwald ist der Hirschkäfer. In al-ten morschen Stöcken oder stärkerem lie-genden Totholz entwickeln sich über mehr als fünf Jahre die weißen bis elf Zentime-ter langen Larven. Zum Erhalt der glänzen-den heimischen Großkäfer, wie Heldbock, Großer Rosenkäfer oder Eremit, ist Altei-chenschutz die einzige Möglichkeit.

Quercus petraea, www.euforgen.org

Quercus robur, www.euforgen.org

Page 3: Wald. Deine Natur. Die Eichen · Mythologie, Brauchtum Eichen nehmen einen besonderen Platz in der Mythologie ein. Die nordische und germanische Götterwelt sowie die grie-chische

GefahrenStiel- und Traubeneiche sind spätfrost-gefährdet, vor allem die relativ früh aus-treibende Stieleiche, die dafür gegen Winterfrost unempfindlicher ist als die Traubeneiche. An Stämmen der Stielei-che treten Frostrisse auf, die Wundstel-len schaffen. Wegen ihrer Rindenstruktur kann man Blitzeinschläge an Eichen gut erkennen, was der Volksmund mit dem Spruch „vor Eichen sollst du weichen“ quittiert. Das bedeutet jedoch nicht, dass man unter anderen Bäumen sicherer ist. Schmetterlinge wie Eichenwickler, Frost-spanner, Eichenprozessionsspinner und Schwammspinner können ausgetriebe-ne Eichenbestände vollständig kahlfres-sen. Schwarzwild und Mäuse haben es auf die Eicheln abgesehen. Auch Reh- und Rotwild verbeißen Eichenpflanzen, -trie-be und -knospen. Sie schaden zusätzlich durch Fegen und Schlagen mit Gehörn bzw. Geweih.

HolzeigenschaftenDie Eiche gehört zu den ringporigen Laub-bäumen mit charakteristischen Früh- und Spätholzzonen. Die Jahrringgrenzen sind gut erkennbar. Farblich abgesetzt sind Splint- und Kernholz. Typisch für das Holz-bild sind die sogenannten Markstrahlen, die auf den Radialflächen als „Spiegel“ zu sehen sind. Das harte, schwere Eichen-holz hat ausgezeichnete Festigkeitseigen-schaften und einen hohen Abnutzungswi-derstand. Es lässt sich leicht und sauber bearbeiten, gut spalten und sägen und problemlos zu Furnieren aufarbeiten. Ei-chenholz lässt sich gut hobeln, profilieren, bohren und verarbeiten.

HolznutzungEichenholz galt früher als das klassische Holz für den Hausbau (Fachwerk). Seine biologischen und technischen Eigenschaf-ten wie Festigkeit, Dauerhaftigkeit und das leichte Bearbeiten des Holzes haben dazu beigetragen, dass Eichenholz heute noch gesucht ist. Das gilt für den Außen- wie für den Innenausbau und die Ausstattung mit formschönem und/oder rustikalem Mobi-liar. Im Garten- und Landschaftsbau fin-det die Eiche wieder eine stärkere Nach-frage. Der Wasser- und Schiffsbau ist traditionell eine Domäne der Eiche. Seit

der Antike wurde Eichenholz für Handels-, Kriegs-, und Entdeckerschiffe verwendet. Auch die heutigen Segler und Yachten sind vielfach aus Eichenholz. Für gute Weine, Brände und Whiskys sind Eichenfässer un-erlässlich. Abgelagertes Eichenholz ist als Brennholz oder in Form von Holzkohle be-gehrt.

Kulturgeschichte, Mythologie, BrauchtumEichen nehmen einen besonderen Platz in der Mythologie ein. Die nordische und germanische Götterwelt sowie die grie-chische Zeusmythologie kennen Eichen-haine oder Einzelbäume. Mit Fällung der heiligen Eiche Irminsul durch Bonifazius erreichte die Zwangschristianisierung der Sachsen einen Wendepunkt. Für Cäsars Rheinbrücken war Eiche nicht nur wegen ihrer Dauerhaftigkeit das richtige Bauholz, sondern auch, weil es als dämonenab-weisend galt. Mühsam aus Stämmen ge-hauene Einbäume aus Eiche waren in der Frühzeit Transportmittel und oft Sarg der Krieger und Fürsten. Die eichenen Dra-chenschiffe der Wikinger galten als be-sonders seetüchtig. Sie waren zugleich götterfreundliches Machtsymbol. Als Symbol mit mythischem Charakter gelten die vielen „1.000-jährigen“ Eichen. Diese bildeten u.a. heilige Haine und Einfriedun-gen von Höfen oder Gütern. Eichenalleen kennen wir aus nördlichen und östlichen Ländern sowie aus den Niederlanden. Ei-chen- und Eichenmischwälder haben Jahr-hunderte als Bannwälder für Schutz- und Jagdgebiete gestanden. Pflanzungen von Eichen zu besonderen Anlässen „für die Ewigkeit“ sind bekannt. Die so genann-ten Eichen-Urwälder, wie beispielsweise an der Sababurg (Hessen), sind nur dem Namen nach Urwälder, da in Mitteleuropa keine vom Menschen nicht beeinflussten Wälder existieren. Weise Frauen, „Kräu-terweiber“ und „Hexen“ kannten die Wir-kungen von Eichen in Volksmedizin und täglichem Leben. Magie spielte damit hin-ein, wenn es um Pflanzen ging, die auf der heiligen Eiche wuchsen. Das beste Beispiel dafür ist die Eichenmistel. Sie half nicht nur als Tee oder Aufguss, sondern ebenso gegen den „bösen Blick“ und sollte Dämo-nen von den Stallungen des Viehs abhal-ten. Tee, Aufgüsse, Gurgelwasser, Bäder und Umschläge mit Eichen-Extrakten oder

Auszügen - häufig auf deren Gerbsäure-gehalt basierend - empfehlen Naturme-diziner auch heute noch. In Kriegszeiten dienten Eicheln geröstet und gemahlen als Kaffee-Ersatz. Geschrotet und gemah-len ist die Verwendung zum Strecken von Mehl beim Brotbacken bekannt. Mit dem Ausspruch, dass „der beste Schinken auf der Eiche wächst“, meint man, dass die Ei-cheln besonders wertvolles Futter für die Schweine waren, die früher in den Wald getrieben wurden. Der Begriff „Vollmast“ hat sich im forstlichen Sprachgebrauch für einen besonders starken Behang an Ei-cheln ins 21. Jahrhundert erhalten. Histo-risch zu werten ist die Verwendung von urkundenechter Eichen-Gallus-Tinte. Da-

Alte Eiche

D.Schütz, pixelio.de

Impressum: Herausgeber: Schutzgemeinschaft Deutscher Wald

Bundesverband e. V. (SDW) Meckenheimer Allee 79 · 53115 Bonn Tel. 0228-945983-0 · Fax: 0228-945983-3 [email protected] · www.sdw.deSpendenkonto: Sparkasse KölnBonn Konto.Nr. 31 019 995 BLZ 370 501 98 Gefördert mit Mitteln des Bundesministeriums

für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucher-

schutz aufgrund eines Beschlusses des Deutschen

Bundes tages

Text: SDW Bundesverband,Lothar GössingerTitelfoto und Poster: blickwinkel.de

Page 4: Wald. Deine Natur. Die Eichen · Mythologie, Brauchtum Eichen nehmen einen besonderen Platz in der Mythologie ein. Die nordische und germanische Götterwelt sowie die grie-chische

für wurden Eichengallen gesammelt, die durch den Stich von Gallwespen an Ei-chenblättern entstanden und reich an Tannin sind. Eichenanbau und Eichennut-zung verraten lokale Namen und Flurbe-zeichnungen wie Eichstätt, Dreieichen-hain, Eichenberg und Eichenzell. Mit dem Namen Eiche werden häufig Vorstellun-gen von Kraft, Stärke, Dauer, Standhaftig-keit oder Ewigkeit verbunden.

Das Holz

SDW

Die Blüte

S. Geißler, pixelio.de

Die Rinde

Triopack, pixelio.de

Die Blätter

JUREC, pixelio.de

Die Frucht

A. Eberle

Steckbrief | Traubeneiche I Stieleiche

Name: →

Familie: →

Alter: →

Höhe: →

Durchmesser: →

Rinde: →

Blüte: →

Blätter: →

Früchte: →

Gefährdung: →

Holz: →

Verwendung: →

Traubeneiche (Quercus petrea) Stieleiche (Quercus robur),

Buchengewächse (Fagaceae)

bis 800 Jahre

bis 40 m

2 m und mehr

dick, längs- und tiefgefurcht, graubraun

verkehrt eiförmig

Blattstiel 1 bis 2 cm; 8 bis 12 cm lang; 5 bis 7 cm breit; wenig eingebuchtet; am Grunde keilförmig

Blattstiel bis 1 cm; 10 bis 12 cm lang; 7 bis 8 cm breit; tief eingebuchtet; am Grunde geöhrt

einhäusig (männliche und weibliche Blüten befinden sich auf dem gleichen Baum)

Eichel; walzig

2 bis 3 cm lang und 1 bis 1,5 cm dick; 3 bis 7 an kurzen Stielen

2 bis 3,5 cm lang und 1 bis 2 cm dick; 2 bis 3 an an langen Stielen

Wildverbiss, Spätfrost, Eichenwickler, Frostspanner, Eichenprozessionsspinner

Splint: weißlich; Kern: gelblichbraun; ringporig; sehr fest; Markstrahlen

Haus- und Möbelbau, Brücken- und Schiffsbau, (Wein)Fässer, Parkett

Buchengewächse

dick, längs- und tiefgefurcht, graubraun

(Fagaceae)

dick, längs- und tiefgefurcht, graubraun