„Was braucht die professionelle - Über uns ... · • Positives Beispiel: ... • Gute Lern- und...

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„Was braucht die professionelle Pflege in Zukunft, um den Bedarf und die Bedürfnisse der Bevölkerung zu decken?“ DBfK Südwest e.V. Eduard-Steinle Straße 9 70619 Stuttgart Tel.: 0711/475061 Email: [email protected]

Transcript of „Was braucht die professionelle - Über uns ... · • Positives Beispiel: ... • Gute Lern- und...

„Was braucht die professionelle Pflege in Zukunft, um den Bedarf

und die Bedürfnisse der Bevölkerung zu decken?“

DBfK Südwest e.V. Eduard-Steinle Straße 9 70619 Stuttgart Tel.: 0711/475061 Email: [email protected]

Entwicklung der Altenpflege

In den letzten 20 Jahren

• Starker inhaltlicher Aufbruch hin zu aktivierender Pflege, Milieutherapie, Steuern des Pflegeprozesses, Palliative Care, integrativer Validation und anderen Konzepten seit Ende der 1980er-Jahre

• Starke Professionalisierung des Bereiches Altenhilfe (Einführung der ersten Pflegedokumentation ab 1990er-Jahre)

• Stationäre Altenhilfe in den 1990er-Jahren geprägt von angelernten Pflegekräften, die fast alle Aufgaben in der Grund- und Behandlungspflege übernahmen

• Heimpersonalverordnung 1993

• Pflegeversicherung SGB XI 1995/1996

• Abgrenzung der Aufgaben, die Fachkräften vorbehalten sind, durch Gesetze und Verordnungen

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Entwicklung der Altenpflege

• Pflegerisches Handeln wurde Ende der 1980er-Jahre in Frage gestellt: 1989 belegt Neander in der Zeitschrift „Krankenpflege“, dass Eisen und Fönen schädlich ist, es folgten Forschungen zur Wirkung der Antidekubitushilfs-mittel usw.

• Entwicklung der Stösser Standards 1992

• Verstärkte Entwicklung der Pflegewissenschaft und Akademisierung der Pflege in der 1990er-Jahren

• Expertenstandards ab 2000 (Dekubitus)

• Qualitätsmanagement, festgeschrieben im damaligen § 80 SGB XI und heutigen § 112-115

• In den 2000er-Jahren wurden Fort- und Weiterbildungen (z.B. Palliative Care, Kinästhetik, Validation) sowie berufsbegleitende Studiengänge erheblich ausgebaut

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Einführung des SGB XI

• Zunächst viele Bewohner/innen finanziell unabhängig

• Leistungen nicht dynamisiert, auf Kostenminimierung ausgerichtet

• Veränderte Bewohnerstruktur durch Ausbau der ambulanten Versorgung (vermehrt Palliativpflege und höherer Qualifizierungsbedarf)

• Bei Begutachtungen werden die tatsächlichen Bedarfe nicht erfasst und teilw. unrealistische Werte angenommen

• Nur geringfügige Berücksichtigung von Demenz und psychischen Erkrankungen

• Enorm gestiegener Dokumentationsaufwand

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Politische Rahmenbedingungen

• Hoher Aufwand für Mitarbeitende bei Überprüfungen der stationären Altenhilfeeinrichtungen durch den Medizinischen Dienst der Krankenkassen, Beratungs- und Prüfbehörden, die Gesundheitsbehörden, die Gewerbeaufsicht und die nationale Antifolterstelle

• Ausfalltage für Fort- und Weiterbildung, Anleitung von Altenpflegeschüler/innen sowie Supervision gehen zu Lasten der Einrichtungen/Mitarbeitenden sowie der Bewohner/innen

• Pflegeschlüssel entsprechen nicht den wesentlich höheren Anforderungen an die Dokumentation und das QM

• Der auf körperliche Verrichtungen eingeengte Pflegebe-dürftigkeitsbegriff hält den Anteil der Pflegebedürftigen klein

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Politische Rahmenbedingungen

Auswirkungen auf Praxis

• Ethische Dilemmata nehmen stark zu

• Minutenpflege; Aufwand entspricht häufig nicht den im Gutachten festgelegten Pflegeminuten

• Ständige Rationalisierungsmaßnahmen, sinkende Gehälter, stark zergliederte Arbeitsabläufe, Taylorismus

• Stark differierende Stellenschlüssel nach Kassenlage in den verschiedenen Bundesländern

• Seit 1990 in Wellen verlaufender Fachkräftemangel

• Flickschusterei ohne Gesamtkonzept (z.B. kurzfristige Aktionen wie Anwerbung von Pflegefachkräften aus Vietnam, Pressemitteilung BM für Wirtschaft und Technologie, Philipp Rösler 29.08.2013)

• Pflegende stehen unter enormen Zeitdruck, versuchen meist die Mehrbelastungen irgendwie zu bewältigen

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Öffentliche Bekundungen aus der Politik:

– (Alten-)Pflege ist eine gesellschaftlich sehr wichtige Aufgabe

– Das könnte ich selbst nicht

– „Altenpfleger ist härter als Bundeskanzlerin zu sein“ titelt Bild im März 2013

– Bevölkerung schätzt die Aufgaben der Pflegenden zu gering ein

– Pflegende verdienen mehr Anerkennung, die sich monetär und in der Veränderung der Organisation ausdrücken muss

– Die Bürokratie muss verringert werden

• Nach jedem Pflegeskandal wird jedoch von einigen politisch Verantwortlichen nach noch schärferen Kontrollen gerufen

• Dies steht konträr zu den o.g. öffentlichen Solidaritätsbekundungen

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Gesellschaftliche Wahrnehmung

Darstellung des Berufes in den Medien

• Starke Fokussierung auf Negativbeispiele in der Praxis

• Verallgemeinerung von Pflegeskandalen

• Kriminalisierung eines gesamten Berufstandes

• Kaum Berichte über positive Arbeit; Ausnahme Sven Kunze in der ARD 2007, „Altern wie ein Gentleman“

• Berufsbild der Pflegefachkraft wird ausschließlich negativ dargestellt

• Pflegende belastet die öffentliche Darstellung

• Berichte über Lösungsansätze zur Verbesserung der Situation beruflich Pflegender fehlen vollkommen

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Gesellschaftliche Wahrnehmung

Wahrnehmung durch die Bevölkerung/Angehörige

• Schwerpunkt der Pflegearbeit leisten Angehörige/AD

• Trotzdem oder gerade deshalb fehlendes Bewusstsein, dass professionelle Pflege ausreichend entlohnt wird? Kann jede/r pflegen?

• Wertschätzung meist nur so lange zu spüren, bis Angehörige die Pflegekosten tragen müssen

• 75% der Angehörigen halten die Entgelte in Pflegeheimen für zu hoch (WISO Diskurs, Auf der Highroad, der skandi-navische Weg zu einem zeitgemäßen Pflegesystem, 2012)

• Misstrauen gegenüber beruflich Pflegenden

• Feilschen um eine leistungsgerechte Pflegestufe

• Angehörige ändern ihr Blickfeld häufig, wenn sie Einblick in Einrichtungen bekommen

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Gesellschaftliche Wahrnehmung

Strategien

Einrichtung einer Pflegekammer

• Jahrzehntelange Forderung des DBfK

• Sehr lobenswerte Initiative des Ministeriums für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Demografie in RLP

• Pflegende haben dieses Signal außerordentlich positiv wahrgenommen; Aufbruchstimmung!

• Sicherstellen einer sach- und fachgerechten Pflege

• Entwicklung von einheitlichen Fort- und Weiterbildungs-standards und Vergabe von Berufs- und Weiterbildungs-abschlüssen

• Anerkennung ausländischer Berufsabschlüsse

• Einbindung in Gesetzgebungsverfahren und Anhörungen

• Eigene Gutachter/innen unabhängig von der Medizin

• Sicherstellen von Forschungsergebnissen

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Strategien

Weiterentwicklung des Pflegebedürftigkeitsbegriffes

• Vorgelegt durch den Expertenbeirat am 23.06.2013

• Bessere Berücksichtigung demenzieller und psychischer Erkrankungen sowie geistiger Behinderungen ist sehr wichtig

• Messen der Selbstständigkeit in den pflegerelevanten Bereichen des täglichen Lebens; Minutenpflege auflösen

• Insbesondere die Lage der Menschen mit Demenz verbessern, die derzeit nur in sehr geringem Umfang Leistungen erhalten, aber bei herausforderndem Verhalten intensivste Betreuung benötigen

• Einführung von fünf Pflegegraden für eine flexiblere Abstufung

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Strategien

Politische und gesellschaftliche Rahmenbedingungen

Politisch Verantwortliche müssen sich der Herausforderung

nicht nur verbal, sondern praktisch durch Veränderung der

Rahmenbedingungen stellen:

• Bedarfsgerechte und einheitliche Personalanhaltszahlen

• Personalausgleich für Aufgaben des QM, für die Anleitung der Auszubildenden, für den Aufwand in der Dokumentation

• Gerechte Bezahlung (würde auch mehr Männer motivieren in der Altenpflegetätig zu werden)

• Familienfreundliches Umfeld schaffen (Kinderhäuser für Kinder jedes Alters mit besonderen Betreuungszeiten)

• Bevölkerung über die Notwendigkeit der Maßnahmen und die Mehrkosten für alle informieren

• Alle Steuerzahler in die Pflegeversicherung einzahlen lassen

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Strategien

Politische und gesellschaftliche Rahmenbedingungen

Teilhabe praktisch erlebbar machen:

• Barrierefreies Umfeld im städtischen und ländlichen Quartier umsetzen (Bahnhöfe, ÖPNV, Arztpraxen, öffentliche Einrichtungen, Wohnungsbau usw.)

• Kultur- und Theaterveranstaltungen für demente, sehbehinderte und mobilitätseingeschränkte Menschen anbieten

• Stadtteile auf die Lebenssituation Pflegebedürftiger ausrichten (quartiernahe Angebote, Vernetzung, Hilfemix)

• Positives Beispiel: Stadtführungen in Mainz für mobilitätseingeschränkte und sehbehinderte Menschen

• Es bedarf einer kommunal gesteuerten Infrastrukturplanung mit Care-Orientierung (KDA 2013)

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Strategien

Prävention

• Für beruflich Pflegende durch Berufsgenossenschaften, Krankenkassen und Arbeitgeber

• Im Vorfeld von Pflegebedürftigkeit und bei eingetretener Pflegebedürftigkeit durch Krankenkassen

• Hierfür benötigen die Einrichtungen Fachkräfte mit physio- oder ergotherapeutischer Ausbildung, die Pflegende in ihren Aufgaben ergänzen (aktuelle Diskussion über Strategien zur Bewegungsförderung und Kontrakturenprophylaxe)

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Strategien

Ausbildung/Weiterbildung/Studium

• Weiterentwicklung des Berufsbildes mit verschiedenen Qualifikationsmodellen

• Qualifizierung von langjährig in der Pflege tätigen, z.B. das in Rheinland-Pfalz entwickelte Modell von „INBAS“ zur Kompetenzbilanzierung

• Freigestellte Praxisanleiter/innen für die Aufgaben der Anleitung

• Unterstützung der Einrichtungen bei der Rückgewinnung „ausgestiegener“ Pflegefachkräfte

• Förderung der gesamten Ausbildungsdauer durch Arbeitsagentur („WeGebAU“)

• Berufsbegleitende/duale Studiengänge ausbauen, die gute Entwicklungsmöglichkeiten sicherstellen

• Begabtenförderung/Stipendien stärker in den Fokus stellen

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Strategien

Anwerbung aus dem Ausland

• Beachten der Situation in den Herkunftsländern, vermeiden von „Care drain“

• Berufsspezifische Sprach- und Integrationskurse vor dem ersten Einsatz als staatliche Aufgabe (Bsp. nordische Länder)

• Auf kulturspezifische Besonderheiten muss im Vorfeld konzeptionell eingegangen werden, damit die gewonnenen Menschen auch dauerhaft bleiben

• In der Anwerbung von osteuropäischen Pflegefachkräften besteht eine Möglichkeit, Menschen aus prekärer „Privatpflege“ in eine geordnete Beschäftigung zu bringen

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Strategien

Messen der Ergebnisqualität

• Derzeitige Pflegetransparenzkriterien ungeeignet (Klaus Wingenfeld)

• Projekt zur „Entwicklung und Erprobung von Instrumenten zur Beurteilung der Ergebnisqualität in der stationären Altenhilfe“, Klaus Wingenfeld, Bericht Juni 2013

• Indikatoren ermöglichen Gesundheitsberichtserstattung, interne Qualitätsentwicklung und externe Qualitätsbeur-teilung

• 15 gesundheitsbezogene Indikatoren

• 15 Indikatoren zur Erfassung der Lebensqualität

• Ergebnis wird in das Verhältnis zu denen anderer Einrichtungen gesetzt

• Fairer Wettbewerb; gute Pflege erfährt Wertschätzung

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Strategien

Aufgaben der Arbeitgeber

• Betriebliches Gesundheitsmanagement

– Betriebsklima

– Ausstattung (Hilfsmittel usw.)

– Organisation (verl. Dienstpläne)

– Alternsgerechte Arbeitsplätze

• Personalentwicklung

– Qualifizierung des gesamten interdisziplinären Teams (Palliativ, Demenz, für MA in EZ, Studium usw.)

– Langjährig Beschäftigte ohne Ausbildung ausbilden

– Anwerbung von osteuropäischen Pflegefachkräften

– Beispiel: sog. „Magnetkrankenhäuser“ in den USA, die es schaffen durch ihre positiven Bedingungen das Pflegepersonal dauerhaft an die Einrichtung zu binden

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Strategien

Aufgaben der Arbeitgeber

• Familienfreundliches Umfeld unterstützen (Bsp. Netzwerk Betriebliche Gesundheitsförderung Speyer, Kontaktpflege zu Mitarbeitenden in der Elternzeit, Betriebskinderhäuser für Kinder aller Altersstufen)

• Gute Lern- und Ausbildungssituation schaffen und die Praxisanleiter/innen angemessen für ihre Aufgaben freistellen

• Verbindliche Konzepte zur Gewinnung von Personal und Gestaltung der Ausbildung

• Authentische Wertschätzung, die nicht auf Effekthascherei und kurzfristige Erfolge, sondern auf Nachhaltigkeit setzt

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Ausblick

• Ale Beteiligten müssen ohne Kompetenzgerangel an einer Verbesserung der Situation im Pflegebereich arbeiten

• Einrichtung einer Pflegekammer

• Verantwortung der Politik

• Gestaltung durch Kommunen

• Altenpflege ist ein wunderbarer Beruf, in dem jeden Tag neue Dinge auf alle dort Beschäftigten zukommen

• Es kommt sehr viel von den Pflegebedürftigen zurück, was sich in der Zufriedenheitsbewertung der Bewohner/innen mit der Note 1,0 landesweit bestätigt wird

• Motivation an den Zukunftsaufgaben zu arbeiten

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Ausblick

• Entlastung statt kriminalisieren (PflegeGesellschaft Rheinland-Pfalz 21.08.2013)

• Hoffnung auf glaubwürdige Politiker/innen, die nach den Wahlen an die Umsetzung der Versprechen gehen

• Recht aller Menschen auf Schutz und Würde ist uneinge-schränkt bis zum Lebensende in der Verfassung verankert.

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Zum Schluss…

Was mich persönlich motiviert

„Auch bedanke ich mich insbesondere im Namen meines Vaters für 8 Monate wunderbare und liebevolle Pflege. Mein Vater war in den besten Händen und ich habe größte Hochachtung vor der gesamten pflegerischen Leistung im Heim. Nie habe ich Ungeduld oder Unwillen beobachtet, sondern immer Wärme und Herzlichkeit. Dafür waren wir sehr dankbar!“

„Liebe Menschen, herzlichen Dank für die Liebe und Zuwendung. Ihr seid die wahren Helden dieser Welt. Gott segne euch alle.“

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