Wastun beiWildsch den? - RVEJ · SONDERDRUCK LZ6 ·2011 3...

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LZ 6 · 2011 1 Sonderdruck aus LZ Rheinland Ausgabe 6/2011 In jüngster Vergangenheit ist wieder ein zunehmender Anstieg von Wildschäden in vielen Regionen Deutschlands zu beob- achten. Insbesondere das Schwarzwild ist dabei als Hauptverursacher von erhebli- chen Schäden in Feld- und Wiesenfluren hervorgetreten. Wildschäden können das Verhältnis zwischen dem geschädigten Landwirt und dem Jagdpächter, der im Re- gelfall für den Ersatz der Schäden heran- gezogen wird, stark belasten. Hin und wie- der werden Schadensfälle daher begleitet von gegenseitigen Schuldzuweisungen. Eine gütliche Einigung ist dann erheblich erschwert. Um es nicht so weit kommen zu lassen und sich auch nach Abwicklung des Schadens weiterhin in die Augen schauen zu können, ist es wichtig, seine Rechte, aber auch seine Pflichten im Rahmen des Wildschadenersatzverfahrens frühzeitig zu kennen. Nachfolgend geben wir einen Überblick über wichtige Problembereiche, die im Falle eines Wildschadens zu beach- ten sind. Gleichzeitig soll aufgezeigt wer- den, welche Maßnahmen zur Vermeidung von Wildschäden sowohl Landwirt als auch Jagdpächter zu ergreifen haben. Grundsätzliche Ersatzpflicht Das Bundesjagdgesetz (BJG), das Landes- jagdgesetz Nordrhein-Westfalen (LJG NRW), die hierzu erlassenen Verordnun- gen sowie das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) bilden die rechtlichen Grundlagen für den Ersatz von Wildschäden. Wildschä- den müssen demnach gemäß § 29 BJG er- setzt werden, wenn der Schaden durch Schalenwild (Schwarz-, Reh-, Rot-, Dam-, Gams-, Muffel-, Sika-, Steinwild, Elch, Wi- sent), Wildkaninchen (nicht Feldhasen) oder Fasane (nicht Wildtauben und der- gleichen) verursacht wurde und die ge- schädigten Kulturflächen zum Jagdbezirk zählen. Etwaige Schäden aller übrigen Wildarten sind demgegenüber nach den gesetzlichen Bestimmungen nicht ersatz- pflichtig. Für eine andere Wildart kann so- mit eine Ersatzpflicht nur dann bestehen, wenn eine solche ausdrücklich im Jagd- pachtvertrag zwischen Verpächter des Jagdbezirks (Jagdgenossenschaft oder Eigenjagdbesitzer) und dem Jagdaus- übungsberechtigten (Jagdpächter) verein- bart wurde. Nur Feldgewächse ersatzpflichtig Der Geschädigte kann Schadenersatz für Wildschäden verlangen, wenn es sich bei der geschädigten landwirtschaftlichen Kul- tur um ein Feldgewächs handelt. Anders sieht es hingegen bei Schäden an Garten- gewächsen aus. Hier besteht eine Verpflich- tung des Anbauers, diese Kulturen bereits im Vorfeld – etwa durch Einzäunung der Parzellen – vor Wildschäden besonders zu schützen. Bei einem feldmäßigen Anbau ist oftmals aber nicht ganz klar, ob nun ein Feld- oder Gartengewächs im jagdrechtli- chen Sinne geschädigt wurde. Handelt es sich um ein Gartengewächs, geht der Ge- schädigte regelmäßig leer aus, falls er die für die Wildschadensersatzpflicht erforder- liche Schutzvorrichtung unterlassen hat. Die Zuordnung zu Garten- oder Feldgewäch- sen ist somit richtungweisend, ob ein – dazu nicht selten hoher – Wildschaden zu ersetzen ist. Was tun bei Wildschäden? Rechte und Pflichten im Wildschadenersatzverfahren Wildschäden auf Grundstücken, auf de- nen die Jagd nicht ausgeübt werden kann – etwa auf Hofstellen, in Wohn- und Gar- tenanlagen oder auf Friedhöfen – sind grundsätzlich nicht zu ersetzen, würde der Jagdausübungsberechtigte doch an- derenfalls für einen Raum zur Verantwor- tung gezogen, auf den er keinen Einfluss auf die Wildregulierung nehmen kann (vgl. BGH, Urteil vom 4. März 2010, Az.: III ZR 233/09). Ebenfalls nicht ersetzt wer- den müssen Schäden, die zwar auch an den Erzeugnissen entstehen, im Wesent- lichen aber eine auf dem Grundstück be- findliche „lose“ Sache – etwa eine Ab- deckfolie – betrifft. Gerade diese zur Be- schleunigung des Reifeprozesses einge- setzten Folien können von durchzie- hendem Wild beschädigt werden. Meist sind diese Schäden dann in der Summe um ein Vielfaches höher als der mittel- bare Schaden an der angebauten Kultur. Bei der Beschädigung einer Abdeckfolie handelt es sich jedoch weder um Grund- stücksschäden noch um Schäden an we- sentlichen Bestandteilen. Diese Auffas- sung wird insbesondere darauf gestützt, dass etwa Folien nur vorübergehend auf dem Grundstück aufgebracht sind und damit nicht als wesentliche Bestandteile des Grundstücks angesehen werden kön- nen. Ein Ersatzanspruch ist daher ausge- schlossen (AG Jülich, Urteil vom 22. Juni 1998, AZ: 4 C 225/98). Q Grenzen der Ersatzpflicht In diesem Maisbestand waren Wildschweine aktiv. Beim Schadenersatz für Wildschäden müssen eine Reihe von Rechten und Pflichten beachtet werden. Foto: landpixel RHEINLAND

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Sonderdruckaus LZ RheinlandAusgabe 6/2011

In jüngster Vergangenheit ist wieder einzunehmender Anstieg von Wildschäden invielen Regionen Deutschlands zu beob-achten. Insbesondere das Schwarzwild istdabei als Hauptverursacher von erhebli-chen Schäden in Feld- und Wiesenflurenhervorgetreten. Wildschäden können dasVerhältnis zwischen dem geschädigtenLandwirt und dem Jagdpächter, der im Re-gelfall für den Ersatz der Schäden heran-gezogen wird, stark belasten. Hin und wie-der werden Schadensfälle daher begleitetvon gegenseitigen Schuldzuweisungen.Eine gütliche Einigung ist dann erheblicherschwert. Um es nicht so weit kommen zulassen und sich auch nach Abwicklung desSchadens weiterhin in die Augen schauenzu können, ist es wichtig, seine Rechte,aber auch seine Pflichten im Rahmen desWildschadenersatzverfahrens frühzeitigzu kennen. Nachfolgend geben wir einenÜberblick über wichtige Problembereiche,die im Falle eines Wildschadens zu beach-ten sind. Gleichzeitig soll aufgezeigt wer-den, welche Maßnahmen zur VermeidungvonWildschäden sowohl Landwirt als auchJagdpächter zu ergreifen haben.

Grundsätzliche Ersatzpflicht

Das Bundesjagdgesetz (BJG), das Landes-jagdgesetz Nordrhein-Westfalen (LJG

NRW), die hierzu erlassenen Verordnun-gen sowie das Bürgerliche Gesetzbuch(BGB) bilden die rechtlichen Grundlagenfür den Ersatz vonWildschäden.Wildschä-den müssen demnach gemäß § 29 BJG er-setzt werden, wenn der Schaden durchSchalenwild (Schwarz-, Reh-, Rot-, Dam-,Gams-, Muffel-, Sika-, Steinwild, Elch, Wi-sent), Wildkaninchen (nicht Feldhasen)oder Fasane (nicht Wildtauben und der-gleichen) verursacht wurde und die ge-

schädigten Kulturflächen zum Jagdbezirkzählen. Etwaige Schäden aller übrigenWildarten sind demgegenüber nach dengesetzlichen Bestimmungen nicht ersatz-pflichtig. Für eine andere Wildart kann so-mit eine Ersatzpflicht nur dann bestehen,wenn eine solche ausdrücklich im Jagd-pachtvertrag zwischen Verpächter desJagdbezirks (Jagdgenossenschaft oderEigenjagdbesitzer) und dem Jagdaus-übungsberechtigten (Jagdpächter) verein-bart wurde.

Nur Feldgewächse ersatzpflichtig

Der Geschädigte kann Schadenersatz fürWildschäden verlangen, wenn es sich beider geschädigten landwirtschaftlichen Kul-tur um ein Feldgewächs handelt. Anderssieht es hingegen bei Schäden an Garten-gewächsen aus. Hier besteht eineVerpflich-tung des Anbauers, diese Kulturen bereitsim Vorfeld – etwa durch Einzäunung derParzellen – vor Wildschäden besonders zuschützen. Bei einem feldmäßigen Anbauist oftmals aber nicht ganz klar, ob nun einFeld- oder Gartengewächs im jagdrechtli-chen Sinne geschädigt wurde. Handelt essich um ein Gartengewächs, geht der Ge-schädigte regelmäßig leer aus, falls er diefür die Wildschadensersatzpflicht erforder-liche Schutzvorrichtung unterlassen hat.Die Zuordnung zuGarten- oder Feldgewäch-sen ist somit richtungweisend, ob ein –dazu nicht selten hoher – Wildschaden zuersetzen ist.

Was tun bei Wildschäden?Rechte und Pflichten im Wildschadenersatzverfahren

Wildschäden auf Grundstücken, auf de-nen die Jagd nicht ausgeübt werden kann– etwa auf Hofstellen, in Wohn- und Gar-tenanlagen oder auf Friedhöfen – sindgrundsätzlich nicht zu ersetzen, würdeder Jagdausübungsberechtigte doch an-derenfalls für einen Raum zur Verantwor-tung gezogen, auf den er keinen Einflussauf die Wildregulierung nehmen kann(vgl. BGH, Urteil vom 4. März 2010, Az.: IIIZR 233/09). Ebenfalls nicht ersetzt wer-den müssen Schäden, die zwar auch anden Erzeugnissen entstehen, im Wesent-lichen aber eine auf dem Grundstück be-findliche „lose“ Sache – etwa eine Ab-deckfolie – betrifft. Gerade diese zur Be-schleunigung des Reifeprozesses einge-

setzten Folien können von durchzie-hendem Wild beschädigt werden. Meistsind diese Schäden dann in der Summeum ein Vielfaches höher als der mittel-bare Schaden an der angebauten Kultur.Bei der Beschädigung einer Abdeckfoliehandelt es sich jedoch weder um Grund-stücksschäden noch um Schäden an we-sentlichen Bestandteilen. Diese Auffas-sung wird insbesondere darauf gestützt,dass etwa Folien nur vorübergehend aufdem Grundstück aufgebracht sind unddamit nicht als wesentliche Bestandteiledes Grundstücks angesehen werden kön-nen. Ein Ersatzanspruch ist daher ausge-schlossen (AG Jülich, Urteil vom 22. Juni1998, AZ: 4 C 225/98). Q

Grenzen der Ersatzpflicht

In diesem Maisbestand waren Wildschweine aktiv. Beim Schadenersatz für Wildschäden müsseneine Reihe von Rechten und Pflichten beachtet werden. Foto: landpixel

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Das Landgericht Trier (LG) hat hierzu mit Ur-teil vom 14. August 2007 (AZ: 1S91/07) ent-schieden, dass etwa Futtererbsen als Feld-gewächse anzusehen sind und demnachWildschäden auch ohne Schutzvorrichtun-gen in vollem Umfange ersetzt werdenmüssen. Das Oberlandesgericht Köln (OLG)hat am 28. Januar 2008 (AZ: 16U 27/07) ge-urteilt, dass es sich bei Buschbohnen – zu-mindest im Rheinland – nicht um Feldge-wächse handelt. Demnach sind Wildschä-den an Buschbohnen nicht zu ersetzen,wenn die Herstellung von üblichen Schutz-vorrichtungen unterblieben ist. Nach Auf-

fassung des Senats handelt es sich beimAnbau von Buschbohnen im Rheinland umden Anbau von Gartengewächsen. Busch-bohnen seien nur dann als Feldgewächsanzusehen, wenn in der betreffenden Regi-on in einem größeren Gebiet, jedenfalls ineinem Bereich, der über einen Landkreiserheblich hinausgehe, der feldmäßige An-bau von Buschbohnen derart im Vorder-grund stehe, dass der gartenmäßige Anbaudort kaum eine Rolle spiele.

Verwendung der Kultur maßgebend

Vergleichtman die beiden angeführten Ent-scheidungen (LG Trier/OLG Köln), so dürftefür die Frage der Einstufung als Feldge-wächs zunächst entscheidend sein, ob essich um eine Pflanze handelt, die für Futter-zwecke oder für den menschlichen Verzehrangebaut wurde. Wird die Pflanze für Fut-terzwecke verwendet, ist in der Regel voneinem Feldgewächs auszugehen, unabhän-gig vom Umfang des Anbaus in der Region.Handelt es sich hingegen um eine Pflanze,die für denmenschlichen Verzehr bestimmtist, kommt es zusätzlich entscheidend da-rauf an, in welchem Umfang diese Pflanzein der jeweiligen Region angebaut wird.

In einer Entscheidung vom 3. Dezember2009 (AZ: III ZR 139/09) hat sich der Bun-desgerichtshof (BGH)mit der Frage befasst,ob die Schädigung von Spargelkulturenwildschadensersatzpflichtig ist. Wie in denEntscheidungen des Landgerichts Trier unddes Oberlandesgerichts Köln ging es dabeiebenfalls um die Frage des Vorliegens ei-nes Feldgewächses. Zwar bestätigt der BGHim Ergebnis die eine Wildschadensersatz-pflichtung abweisende Entscheidung desLandgerichts Mönchengladbach aus derBerufungsinstanz. Gleichwohl ist damitnicht generell darüber entschieden, dassSchäden an Spargelkulturen keinen Wild-schadensersatz auslösen.

Wie der BGH ausgeführt hat, hängt einemögliche Wildschadensersatzverpflich-tung des Jagdpächters beim feldmäßigenAnbau eines Gartengewächses von ver-schiedenen Voraussetzungen ab. Es sei

erforderlich, dass der feldmäßige Anbauin einem größeren regionalen Bereich, derüber das Gebiet eines Kreises hinausrei-che, derart im Vordergrund stehe, dass dergartenmäßige Anbau des Gemüses eben-dort kaum noch eine Rolle spiele. Diesdürfte in einigen wenigen Regionen desRheinlandsbeimSpargelanbau in Betrachtkommen. Zusätzlich ist nach Auffassungdes BGH jedoch auch noch erforderlich,dass dem feldmäßigen Anbau der Kultur ineiner solchen Region als Teil der landwirt-schaftlichen Erzeugung einiges Gewichtzukommt.

Nicht zu beanstanden sei es aber, so derSenat, wenn bei der richterlichen Abwä-gung dieser Frage alleine auf den flächen-mäßigen Anteil der Kultur „Spargel“ an derGesamtackerfläche oder sogar der gesam-ten landwirtschaftlichen Nutzfläche abge-stellt werde. Da die Spargelanbaufläche im

Anmeldung eines Wildschadensgemäß §§ 29 und 35 Bundesjagdgesetz

1. Angaben zu Geschädigten

Name, Vorname ____________________________________________________

Straße, Hausnummer ____________________________________________________

Postleitzahl, Ort ____________________________________________________

Telefon, Telefax, E-Mail ____________________________________________________

2. Angaben zum Schaden

Der Wildschaden ist auf folgendem Grundstück entstanden:

Gemarkung (genaue Lage angeben) ____________________________________________________

Größe des Grundstücks ____________________________________________________

Der Wildschaden wurde am _____________ / in der Zeit _____________ bis _____________

angerichtet durch folgende Tiere: ____________________________________________________

Geschätzte Schadenshöhe ____________________________________________________

Von diesem Schaden habe ich Kenntnis erhalten am _____________ .

3. Angaben zum Ersatzpflichtigen

Name, Vorname ____________________________________________________

Straße, Hausnummer ____________________________________________________

Postleitzahl, Ort ____________________________________________________

Ich bestätige die Richtigkeit und Vollständigkeit der vorstehenden Angaben und beantrage Schadensersatz.

______________________________________ ______________________________________(Ort, Datum) (Ort, Datum)

Anlagen: _______ Foto(s) _______________________

Absender

Hinweis: Die Anmeldefrist beträgt nach § 34 Satz 1 BJagdG bei landwirtschaftlichen Schäden eine Woche (ab Kenntnis).Bei Schäden an forstwirtschaftlich genutzten Grundstücken genügt es nach § 34 Satz 2 BJagdG, wenn zweimal im Jahr, jeweils zum1. Mai (Winterschäden) und 1. Oktober (Sommerschäden), die Meldung erfolgt.

An

Eingangsstempel

Aktenzeichen/Geschäftszeichen

Landwirte müssen Wildschäden innerhalb voneinerWoche ab Kenntnis beim zuständigen Ord-nungsamt anzeigen. Foto: Dr. Elisabeth Legge

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maßgeblichen Jahr in ganzNordrhein-West-falen lediglich einen Anteil von 0,23 % ander Gesamtackerfläche und in den Regie-rungsbezirken Köln und Düsseldorf von0,43 % hatte, wurde die Revision zurückge-wiesen. Allerdings weist der Senat auch da-rauf hin, dass für die Frage des Vorliegensdes Feldgewächses ebenso andere Kriteri-en als der flächenmäßige Anteil herangezo-gen werden können. Die damit verbundeneTatsachenwürdigung bliebe allerdings demTatrichter überlassen.

Diese Entscheidungsgründe des oberstenZivilgerichtes sind nur schwer nachvollzieh-bar, vielleicht sogar widersprüchlich, wennder BGH letztlich doch für seine Entschei-dung alleine auf den Anteil der Kultur Spar-gel an der Gesamtackerfläche abstellt. Im-merhin kann den Urteilsgründen des BGHaber entnommen werden, dass Wildschä-den an Spargel nicht von vorneherein voneinem Wildschadenersatzanspruch ausge-schlossen sind. Entscheidend wird es infol-gedessen darauf ankommen, welcher Ein-stufungdiegeschädigteKulturalsFeld-oderGartengewächs nach richterlicher Würdi-gung unterliegt.

Wer muss ersetzen?

Gesetzlich ist die jeweilige Jagdgenossen-schaft verpflichtet, Wildschäden auf land-wirtschaftlich genutzten Flächen zu erset-zen. Die Jagdgenossenschaft überträgtdiese Verpflichtung jedoch regelmäßig imRahmen des Jagdpachtvertrages auf denJagdpächter, der diese Schäden dann ge-genüber dem Geschädigten auszuglei-chen hat. Dann muss die Jagdgenossen-schaft den Wildschaden nur in dem Fallersetzen, dass der Geschädigte vom Jagd-pächter keinen finanziellen Ausgleich er-halten kann (§ 29 Abs. 1 Satz 4 BJG). Manbezeichnet dieses als eine Ausfallhaftung

der Jagdgenossenschaft, die einer Bürg-schaft gleich kommt.

Meldefrist von einer Woche

Liegt ein Wildschaden vor, hat der geschä-digte Landwirt diesen innerhalb von einerWoche ab Kenntnis beim jeweils zuständi-gen Ordnungsamt anzuzeigen. Hierbeihandelt es sich um eine Ausschlussfrist mitder Folge, dass bei einer Fristüberschrei-tung der Ersatzanspruch vollständig ent-fällt. An die Einhaltung der Wochenfristwerden strenge Maßstäbe angelegt. So istder Landwirt verpflichtet, regelmäßig seineFlächen auf Wildschäden zu kontrollieren.Daher kann eine nach Entdeckung einesWildschadens sofort durchgeführte Scha-densmeldung trotzdem verfristet sein, weilder Schaden schon älter als eine Woche istund der Landwirt diesen aufgrund zu langerKontrollintervalle zu spät festgestellt hat.

Im Schrifttum sowie in der Rechtsprechungder Amts- und Landgerichte wird meist da-von ausgegangen, dass ein Landwirt nor-malerweise mindestens alle vier Wochenoder mindestens einmal im Monat seineAnpflanzungen auf Wildschäden zu kont-rollieren hat. Teilweise werden, sofern dieerkennbare Gefahr besteht, dassWildschä-den auftreten, auch kürzere Abstände – In-tervalle von zwei Wochen, unter Umstän-den sogar eine wöchentliche Begehungder Felder – gefordert. Letztlich lassen sichaber keine starren, für alle Fallgestaltun-gen geltenden Fristen festlegen. Vielmehrist es Aufgabe des Tatrichters, unter Be-rücksichtigung der Umstände des Einzel-falls, insbesondere der Schadensträchtig-keit der jeweiligen Felder, zu bestimmen,ob der Geschädigte die ihn nach § 34 Satz1 BJagdG treffende Kontrollobliegenheit er-füllt hat (BGH, Urteil vom 15. April 2010,Az.: III ZR 216/09). Zu Beweissicherungs-

zwecken sollte der Schaden jedenfallsstets schriftlich dokumentiert werden.

DieSchadensmeldung kann sowohlmünd-lich als auch schriftlich erfolgen. Sie hatdetailliert den konkreten Schaden zu be-zeichnen. Hierzu gehören unter anderemder Ort des Schadens mit genauer Parzel-lenbezeichnung, der voraussichtliche Ent-stehungs- sowie der Feststellungszeit-punkt desSchadens, die Art desSchadens,die schadensursächlicheWildart sowie dieGröße der geschädigten Fläche. Ein ent-sprechendes Musterformular zur Anmel-dung des Wildschadens (siehe S. 2) kön-nen Interessierte auf der Internetseitewww.rlv.de imMitgliederbereich unter For-mulare und Broschüren herunterladen. DieAnforderungen an die Schadensmeldungsind deshalb so streng, um eine Abgren-zung zu Folgeschäden durchführen zukönnen. Diese möglichen Folgeschädensind je eigenständig und ebenfalls binnenWochenfrist anzumelden.

Der Ersatzpflichtige haftet für den Wild-schaden auch dann, wenn ihn an der Ent-stehung kein Verschulden trifft. Die Be-weispflicht, dass ein ersatzpflichtigerWildschaden besteht, obliegt dem Ersatz-berechtigten – etwa Fährten, Losung, La-gerplätze, Schadbilder. Um einer Ersatz-verpflichtung erst gar nicht ausgesetzt zuwerden, hat jeder Jagdpächter verständ-licher Weise ein Interesse daran, durchvorbeugende Maßnahmen die EntstehungvonWildschäden möglichst zu vermeiden.Weder Landwirt noch Jagdpächter sindaber zur Durchführung solcher vorbeu-gender Maßnahmen verpflichtet. Dieskann jedoch bei Entstehung eines Wild-schadens beim schadensersatzberech-

tigten Landwirt dazu führen, dass er sichein Mitverschulden anzurechen hat unddaher nur einen Teil seines Schadens er-setzt bekommt. Allerdings kann die UntereJagdbehörde aus Gründen des Allgemein-wohls Maßnahmen zur Wildschadensver-hütung anordnen. Auch besteht die Mög-lichkeit, in den jeweiligen Jagdpachtver-trägen Maßnahmen zur Wildschadensver-hütung konkret festzulegen. Wurde einegebotene Schutzmaßnahme nicht getrof-fen, kann der Flächenbewirtschafter ein sogroßes Mitverschulden nach § 254 BGBhaben, dass überhaupt kein Wildschadenzu ersetzen ist. Schutzmaßnahmen spie-len insbesondere beim Schutz von Garten-gewächsen eine bedeutende Rolle.

Anders sieht die Rechtslage hingegen beiKulturen aus, die nicht als Gartenge-wächse im Sinne des § 32 Abs. 2 BJG ein-zustufen sind. Hierbei handelt es sich imWesentlichenumGrünland, Getreide oderHackfrüchte. Bei diesen Kulturen bestehtgrundsätzlich keine Verpflichtung des Be-wirtschafters, selbst aktiv Schutzvorrich-tungen zur Vermeidung von Wildschädenzu errichten. Allerdings kann aufgrundbesonderer Umstände des Einzelfallsauch bei diesen Kulturen ein Mitverschul-den in Betracht kommen. Dies wird etwadann angenommen, wenn der Landwirtdurch sein Verhalten die Gefahr der Ent-stehung eines Wildschadens überpropor-tional erhöht hat. Q

Mitverschulden beachten

Dialog ist wichtig. Ein gutes Verhältnis zwischenJäger und Landwirt kann helfen, die Problemebei Wildschäden schnell in den Griff zu bekom-men. Foto: imago

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Gütetermin

Nach fristgerechter Anmeldung des Wild-schadenswird in der Praxis regelmäßig zwi-schen Landwirt und Jagdpächter versucht,sich über die Entschädigung des Wildscha-dens zu einigen. Kommt eine solche Eini-gung nicht zustande, ist vor Beschreitungdes Rechtsweges ein Wildschadensverfah-ren vor der zuständigen Verwaltungsbehör-de (Stadt oder Gemeinde) durchzuführen,das sich in einen Güte- und einen Feststel-lungstermin aufteilt. Verfahrensbeteiligterist neben dem geschädigten Landwirt unddem Jagdpächter von Gesetzes wegen auchdie Jagdgenossenschaft.

Auf Ladung der Kommune findet zwischenden Beteiligten zunächst ein Güteterminstatt. Dabei wird der Wildschadensschät-zer nur dann hinzugeladen, wenn ein Be-teiligter dies beantragt. Die Bewertung desWildschadensersatzes in der Praxis erfor-dert Sachverstand sowie praktische Erfah-rung. Insbesondere sind daher regelmäßigpraktizierende Landwirte für diese Aufga-be geeignet und werden folgerichtig häu-fig als Wildschadensschätzer eingesetzt.Jeder Beteiligte kann beim Gütetermin be-antragen, dass die endgültige Schadens-feststellung in einem späteren Termin kurzvor der Ernte erfolgen soll. Dem Antrag istdann stattzugeben, wenn die Schadenshö-he nicht abschließend festgestellt werdenkann, weil der Schaden herauswachsenkönnte, zum Beispiel bei Wintergetreide,Jungpflanzen oder Raps. Kommt beim Gü-tetermin eine Einigung zustande, wird ineiner von allen Beteiligten zu unterzeich-nenden Niederschrift Art, Höhe und Zeit-punkt des Schadensersatzes festgehalten.AusderNiederschrift istzudemdieZwangs-

vollstreckung gegen den Schadensersatz-pflichtigen möglich.

Feststellungstermin

Wird beim Gütetermin keine Einigung er-zielt, findet in einem weiteren Termin, demFeststellungstermin, die eigentlicheSchät-zung statt. Den Parteien wird das Ergebnisder Schätzung mitgeteilt. Auf dieser Basiswird sodann eine Einigung angestrebt.Kommt eine Einigung zustande, wird wie-derum eine Niederschrift erstellt. Scheiterteine Einigung, stellt die Behörde in derNiederschrift das Scheitern des Vorverfah-rens fest. Die Niederschrift wird anschlie-ßenddenVerfahrensbeteiligten zugestellt.Der Geschädigte hat sodann innerhalb von14 Tagen die Möglichkeit, Klage beim zu-ständigen Amtsgericht zu erheben. Beidieser Zweiwochenfrist handelt es sich umeine Ausschlussfrist mit der Folge, dassbei einer Fristüberschreitung die Klage un-zulässig ist.

Klageverfahren

Bei Durchführung eines gerichtlichen Kla-geverfahrens wird das gesamte Wildscha-densverfahren neu aufgerollt. Überprüftwerden dabei die ordnungsgemäße undfristgerechte Anmeldung des Wildscha-dens sowie die ordnungsgemäße Durch-führung des Vorverfahrens. Im Klagever-

fahren ist weiterhin zu beachten, dass dervorangegangenen Schätzung im Vorver-fahren keine Rechtsverbindlichkeit zu-kommt. Daher ist es besonders wichtig, Artund Umfang desSchadens imVorverfahrensorgfältig zu dokumentieren. Im Rahmendes Schadensersatzes ist der Geschädigteso zu stellen, als wäre das schädigende Er-eignis nicht eingetreten.

Fazit: Sorgfalt geboten

Dieser Überblick zeigt, dass die geschä-digten Landwirte bei der Geltendmachungvon Wildschadensersatz einige Verfah-rensvorschriften genauestens zu beachtenhaben. Hierzu gehören vor allem die Ein-haltung der vorgegebenen Fristen, das zurDurchsetzung des Wildschadenersatzeserforderliche Vorverfahren und eine aus-reichende Dokumentation im Hinblick aufdie eingetretenen Schäden. Ungeachtetdessen sollte jedoch immer versucht wer-den, ein gutes Verhältnis zwischen Jägernund Landwirtschaft zu pflegen, denn nurim praktischen und respektvollen Mitein-ander liegt die Chance, Probleme vor Ortdauerhaft erst gar nicht entstehen zu las-sen. Insbesondere lassen sich Wildschä-den nicht selten durch vorherige miteinan-der abgestimmte Maßnahmen oder Vor-kehrungen zumindest eingrenzen, wennnicht gar ganz vermeiden.

Ass. jur. Michael NiesenRheinischer Landwirtschafts-Verband (RLV)

So läuft einWildschadenersatzverfahren ab

Schadensmeldung bei der zuständigen Gemeinde innerhalb einer Woche

keine Einigung:FeststellungsterminErstellung eines Schätzgutachtensdurch den Wilschadenschätzer

Gütetermin: Versuch einer gütlichen Einigung zwischen Ersatzpflichtigem und Ersatz-berechtigtem, erforderlichenfalls unter Hinzuziehung eines Wildschadenschätzers

Einigung:Niederschrift mit Feststellung:W Ersatzberechtigter/-pflichtigerW Höhe des Schadensersatzes bzw.Höhe und Zeitpunkt der Ersatzleistung

W eventuelle Schätzkosten

Bekanntgabe des Schätzgutachtensan die Beteiligten

Einigung:Niederschrift

keine Einigung:Feststellung desScheiterns desVorverfahrens

KlagemöglichkeitEnde des Verfahrens

Beteiligung derJagdgenossenschaftDieBeteiligungder Jagdgenossenschaftim Wildschadenverfahren ist zwingendgeboten, kann sich aus der fehlendenBeteiligung doch ein erhebliches Folge-problemergeben. Die Durchführung desVorverfahrens wird durch das Gerichtals Zulässigkeitsvoraussetzung vonAmts wegen geprüft, so dass diese mitKlageeinreichung in jedem Fall gegenü-ber dem Gericht vorgetragen und nach-gewiesen werden muss, um eine Kla-geabweisung bereits aus diesem Grun-de zu vermeiden. Daraus folgt, dass beieiner fehlenden Beteiligung der Jagdge-nossenschaft imVorverfahrendiegegendiese selbst gerichtete Schadenersatz-klage als unzulässig angesehen wird(OLG Hamm, Urteil vom 7. Februar 1996,Az.: 11 U 111/95). Q