Wenn das Image zu wackeln beginnt

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Management 13.—19. Februar 2008 | HANDELSZEITUNG | Nr. 7 | 23 CHEFSACHE Spinnerei oder geschäftskritische Grundlage? Roger Semprini, CEO, Fujitsu Siemens Compu- ters AG Schweiz; Regionenverantwortlicher Vice President, Region Alps, Regensdorf. G reen IT» ist als Schlagwort in vieler Munde, und es ist anzunehmen, dass auch die Cebit den Hype noch ver- stärken wird. Ist Green IT das Stichwort für die Zukunft der Bran- che oder nur ein Modebegriff? Dass das Umweltbewusstsein der Bevölkerung und damit der Kund- schaft Entscheide mit beeinflusst, erkennen die meisten IT-Anbieter, auch wenn über die Auswirkun- gen kontrovers diskutiert wird. Dass die Energiekosten aber, über die Lebensspanne eines IT-Pro- dukts betrachtet, inzwischen ein ernstzunehmender Kostenfaktor sind, kann keinen CEO mehr kalt lassen. Umweltaktivisten konsta- tieren, dass der weltweite CO 2 - Ausstoss der IT-Industrie mittler- weile genauso hoch ist wie jener der weltweiten Luftfahrt. Und ein Ende ist nicht in Sicht, der Bedarf an Rechnerleistung und damit auch an Hardware nimmt weiter zu. Damit wird die Forderung nach «Green IT» zur Chefsache! Ressourcen müssen also bestmög- lich genutzt werden, um die Be- triebskosten zu senken. Neue, energiesparende, wenig Abwärme erzeugende Hardware wird sich aufgrund der besseren «Total Cost of Ownership» (TCO) mehr und mehr durchsetzen, und bei der Klimatisierung von Rechenzen- tren werden sich genauso ener- gie- und damit kostensparende Lösungen durchsetzen wie bei der Produktion der Geräte. Die Kun- den achten inzwischen genauso auf die Energiebilanz eines Pro- dukte wie auf ethische Aspekte der Herstellung. Aus einer neuen Untersuchung von Gartner geht hervor, dass in den letzten zwei Jahren rund 50% der Konsumenten ein Produkt wegen seiner Um- weltfreundlichkeit bevorzugten. Der angenehme Nebeneffekt der Massnahme: Die unternehme- risch «weisse Weste», eine vorbild- liche Corporate Responsibility. Der Kunde – egal ob Business- oder Privatkunde – bezieht auch das Umwelt-Image – inklusive Pro- duktionsland – des Anbieters in seinen Kaufentscheid ein. Eine «saubere» Produktion, ethisch vertretbare Arbeitsverhältnisse, die Verpflichtung der Zulieferer auf präzise Standards und eine glaubwürdige Kommunikation sind heute entscheidende, image- prägende Faktoren. Nicht selten stellen Hersteller fest, dass ihr Bestreben nach der be- sagten «weissen Weste» verbes- serte Prozesse und Services, mo- bilere Lösungen oder innovativere Produktionsverfahren ans Licht bringt, die sich oft erst noch posi- tiv auf der Kostenseite auswirken können. «Green IT» muss also, wie immer man sie betrachtet, zur rundum «sauberen Sache» fürs Unternehmen werden. THOMAS PFISTER W ir kommunizieren in der Regel nicht über Kom- munikation», antwortet UBS-Kommunikationsprofi Axel Langer vielsagend auf die Frage, wie die UBS denn verhindere, dass ihre Mitarbeitenden die gegenwär- tig vielenorts herrschende schlech- te Stimmung gegen aussen tragen. Denn gegenüber Freunden und Be- kannten nehmen zurzeit viele kein Blatt vor den Mund und machen ih- rem Ärger über ihre Arbeitgeberin Luft. Das schadet dem Image erheblich. Manche UBS-Mit- arbeitende nehmen die aktuelle Situation als Tropfen, der das Fass nun endgültig zum Überlaufen bringt, und konkreti- sieren ihre langge- hegten Abgangspläne. «Die Arbeitgeberat- traktivität der UBS leidet», wie Alexander von Preen, Geschäftsfüh- rer der Managementberatungsun- ternehmung Kienbaum, feststellt. Das Reputationskonto leert sich Kienbaum registriert denn auch «in den letzten Wochen bereits ei- ne deutlich verstärkte Absetzungs- bewegung – sowohl im Investment wie im Private Banking». Diese lässt sich selbst durch einen über- raschend hohen Bonifluss nicht umkehren, wird dieser doch auch intern nicht nur positiv gewür- digt. Roman Geiser, CEO der Kom- munikationsberaterin Burson- Marsteller Schweiz, relativiert zwar: «Die UBS befand sich lange Zeit punkto Reputation in der obersten Liga – und sie hat immer- hin bereits zwei Abschreibungs- phasen unbeschadet überstan- den.» Der Kommunikationsstrate- ge geht deshalb davon aus: «Die UBS profitiert nun vom soliden Glaubwürdigkeitskonto aus der Vergangenheit.» Doch die Reputationskonti sind nicht die einzigen, die sich leeren: Die einschlägigen Blogs und die Leserbriefseiten sind voll von Bei- trägen verunsicherter und verär- gerter Anleger, Sparer, Kunden. Und die melden sich auch direkt bei der Grossbank. Axel Langer: «Sicher sind manche Mitarbeiten- de mit Aussenkontakt, wie zum Beispiel Kundenberater, mit Un- mutsbezeugungen konfrontiert.» Und denen müssen sie adäquat begegnen. Die Loyalität der Mitar- beitenden ist dabei schwer abzu- schätzen. Die Kader müssen ge- schult sein, wie man in einer Krise kommunikativ umgeht. Sie brau- chen Fingerspitzengefühl und Sensibilität. Es gehe auch nicht an, dass die Kunden mit einer Stan- dardantwort abge- speist werden. «Das lässt sich schlecht zentralisieren», be- stätigt Axel Langer. Die momentane Situation wird in der offiziellen UBS- Sprachregelung nicht als dramatisch einge- stuft. «Es ist nicht so, dass die Kunden rei- henweise davonlau- fen», sagt Axel Lan- ger, «wir haben Kunden verloren, aber nicht in beträchtlichem Um- fang. Gleichzeitig gewinnen wir natürlich auch neue Kunden.» Im- merhin betreue die Grossbank al- lein in der Schweiz 3 Mio Kunden. Und auch von Geldabflüssen will die offizielle Medienstelle nichts wissen. Dies, obwohl die Zahlen über das 4. Quartal erst am 14. Februar auf den Tisch kommen und Vertreter anderer Banken sich bereits lautstark über den Kunden- und Neugeldzufluss freuen. Mit einer Stimme sprechen Dass Mitarbeiter ihrem Unmut gegen aussen Ausdruck verleihen, lässt sich nie flächendeckend ver- hindern. Dass wenigstens bei den Schlüsselstellen keine kontrapro- duktiven Aussagen raussickern, ist von der Loyalität des Manage- ments abhängig. Auch die lässt sich in der Belastungssituation nur dann abrufen, wenn sie vorher ge- festigt worden ist. Oder aber, den Mitarbeitern und selbst dem Kader wird vor- sorglich der Mund verboten – und die offiziellen Aussagen zum Bei- spiel gegenüber den Medien kom- men ausschliesslich entsprechend gefiltert aus der Kommunikations- abteilung – wie es auch bei der UBS Praxis ist. Aber selbst wenn ein Unterneh- men versuchen sollte, eine ge- meinsame Sprachregelung zu fin- den, damit die Mitarbeitenden ge- gen aussen quasi mit einer Stimme sprechen, lässt sich dies nur dann umsetzen, wenn die Mitarbeiten- den auch von den eingeleiteten Massnahmen überzeugt sind und davon ausgehen, dass die Pro- bleme bewältigbar sind – sprich: Wenn sie Vertrauen zu ihrem Ma- nagement haben. «Nur wenn die Mitarbeitenden an ihr Unternehmen emotional und rational glauben, können sie auch glaubwürdig gegen aussen auftreten», ist Roman Geiser von Burson-Marsteller überzeugt. Das Vertrauen allgemein ist tief Doch mit der Vertrauenswür- digkeit des eigenen Arbeitgebers ist es nicht gerade zum Besten be- stellt. Nur 42% der Angestellten halten ihr Unternehmen für ver- trauenswürdig, zeigt eine aktuelle europäische Studie des internatio- nalen Trainings- und Coaching- unternehmens Krauthammer. «Die Vertrauenswürdigkeit von Unternehmen ist ein grundle- gender Aktivposten, eine Quelle des Wettbewerbsvorteils für ein Unternehmen, und ein Mangel an Vertrauen kann eine klare Bedro- hung für das langfristige Überle- ben eines Unternehmens darstel- len», kommentiert Ronald Meijers, Executive Board Member bei Krauthammer. Kein zusätzliches Marketing Dennoch: «Im Moment sind keine zusätzlichen Marketingakti- vitäten im Gang, um einen allfäl- ligen Imageverlust aufzufangen. Ein Image zu entwickeln, ist eine langfristige Angelegenheit», sagt Axel Langer von der UBS. Jetzt kurz- fristig zu reagieren, wäre verfehlt. Das Problem wird auch nicht überall gleich wahrgenommen: «Für die Schweiz ist die Situation aktuell sicher ein grosses ema – international stellt sich das Ganze aber weniger intensiv dar.» Dies deshalb, weil sich die UBS im inter- nationalen Umfeld in guter Gesell- schaft befindet. Wenn auch die Grössenordnungen nicht ver- gleichbar sind, so haben doch die meisten global tätigen Institute aus der amerikanischen Kreditkrise ei- nen Schuh voll rausgezogen. Im Schweizer Markt kann jedoch nach Ansicht von Kommunika- tionsprofis wie Roman Geiser durchaus von einem Imageschaden gesprochen werden. «Die grund- sätzliche Frage ist dabei, was das Unternehmen in normalen Zeiten tut. In beschwerdefreien Zeiten gilt es, in die Mitarbeitenden zu inves- tieren, um in schweren Zeiten vom Reputationskonto zu zehren.» Und diese Grundregeln (siehe Kasten) gelten nicht nur für die UBS, sondern – zumindest ansatz- weise – ebenso für jedes KMU. MEHR ZUM THEMA • Aderlass beim Kundenstamm der UBS Seite 31 Wenn das Image zu wackeln beginnt KOMMUNIKATION Die Reputation auch eines Grossinstituts wie der UBS leidet, wenn Mitarbeitende ihre Unzufriedenheit nach aussen tragen. Mitarbeiter- und Kundenloyalität im Ernstfall ist eine Frage der Vertrauensbildung in ruhigen Zeiten. ROGER SEMPRINI Fred Kindle Jeder mag den ABB-CEO, weil er trotz Erfolg diszipliniert bleibt und auf luxuriöse Auftritte verzichtet. Seite 25 «Der CO 2 -Ausstoss der IT ist so hoch wie der der Luftfahrt – und der Bedarf an Rechnerleistung steigt weiter.» W. M. WEBER/TV-YESTERDAY Verunsicherte Kunden und Mitarbeitende machen der UBS zu schaffen – die während langer Zeit aufgebaute Reputation gegen innen wie gegen aussen gerät in Gefahr. Auch die Loyalität des Managements lässt sich unter Belastung nur dann abrufen, wenn sie vorher gefestigt wurde. ZEHN GRUNDREGELN So funktioniert die Kommunikation besser 1. In Friedenszeiten in die in- terne Kommunikation investieren, damit man in struben Zeiten vom angesammelten Glaubwürdig- keitskapital zehren kann. 2. Nicht warten, bis ein Ereig- nis dramatische Formen ange- nommen hat – sonst sind Sie be- reits in der Defensive. Also poten- zielle Grossereignisse definieren, bevor sie auf die eigene Organisa- tion einwirken. Keine Über- raschungen zulassen. 3. Alle Anspruchsgruppen gleich behandeln: Aktionäre z.B. nicht bevorzugt informieren bzw. die Mitarbeitenden nicht vernach- lässigen oder gar vergessen. Denn sie tragen einen guten Teil der Re- putation nach aussen und ihre Haltung wirkt im Freundes- und Bekanntenkreis. Mitarbeitende sollten die (bad) News niemals von aussen erfahren. 4. Eine interne Kultur etab- lieren, die den Dialog zulässt. Gerade die Web 2.0-Generation ist es gewohnt, Dialoge zu führen. 5. Proaktiv handeln und kom- munizieren – also: «Raus mit der Geschichte und dann get over it», sagt Roman Geiser, CEO von Bur- son-Marsteller Schweiz. Negativ auf die Kommunikationswirkung schlägt eine «Informationskaska- de, die laufend nachkorrigiert werden muss». 6. Zum Dilemma stehen. Un- klarheiten kommunizieren. Die sogenannte Dilemma-Kommuni- kation meint: Zugeben, dass man im Moment noch nichts Genaues weiss – bzw. nichts sagen kann. Damit kann Spekulationen even- tuell vorgebeugt werden. 7. Erst durch die Verharmlo- sung, die Beschönigung, kurz: Das Lügen, entsteht der eigentliche Schaden an der Glaubwürdigkeit. 8. Die bad News isolieren. Das heisst: Auch das, was gut läuft, kommunizieren. Nicht dass sämtliche Mitarbeiter in allen Ab- teilungen unter der Situation zu leiden haben. Es gibt immer Ab- teilungen, die ausgezeichnete Ar- beit leisten. Diese entsprechend belohnen (Boni). 9. Es bedarf einer starken Führung. Das muss nicht heissen: «Köpferollen». Wichtig ist, dass der Führung Zukunftsfähigkeit, Glaubwürdigkeit und Sicherheit attestiert wird. In der Krise ge- hört der Kapitän auf die Brücke und muss Zuversicht ausstrahlen, ehrlich sein/bleiben/werden. 10. «Es gibt keinen grund- sätzlichen Unterschied zwischen interner und externer Kommuni- kation. Hier wie dort geht es um Werte wie Echtheit und Wert- schätzung. Es geht um Haltungen, nicht um Rezepte», sagt Christian König, CEO der PR-Agentur Farner.

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KOMMUNIKATION Die Reputation auch eines Grossinstituts wie der UBS leidet, wenn Mitarbeitende ihre Unzufriedenheit nach aussen tragen. Mitarbeiter- und Kundenloyalität im Ernstfall ist eine Frage der Vertrauensbildung in ruhigen Zeiten.

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Management13.—19. Februar 2008 | HANDELSZEITUNG | Nr. 7 | 23

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Spinnerei oder geschäftskritische Grundlage?

Roger Semprini, CEO, Fujitsu Siemens Compu­

ters AG Schweiz; Regionenverantwortlicher

Vice President, Region Alps, Regensdorf.

Green IT» ist als Schlagwort in vieler Munde, und es ist anzunehmen, dass auch

die Cebit den Hype noch ver­stärken wird. Ist Green IT das Stichwort für die Zukunft der Bran­che oder nur ein Modebegriff?

Dass das Umweltbewusstsein der Bevölkerung und damit der Kund­schaft Entscheide mit beeinflusst, erkennen die meisten IT­Anbieter, auch wenn über die Auswirkun­gen kontrovers diskutiert wird. Dass die Energiekosten aber, über die Lebensspanne eines IT­Pro­dukts betrachtet, inzwischen ein ernstzunehmender Kostenfaktor sind, kann keinen CEO mehr kalt lassen. Umweltaktivisten konsta­tieren, dass der weltweite CO2­Ausstoss der IT­Industrie mittler­weile genauso hoch ist wie jener der weltweiten Luftfahrt. Und ein Ende ist nicht in Sicht, der Bedarf an Rechnerleistung und damit auch an Hardware nimmt weiter zu. Damit wird die Forderung nach «Green IT» zur Chefsache!

Ressourcen müssen also bestmög­lich genutzt werden, um die Be­triebskosten zu senken. Neue, energiesparende, wenig Abwärme erzeugende Hardware wird sich aufgrund der besseren «Total Cost of Ownership» (TCO) mehr und mehr durchsetzen, und bei der

Klimatisierung von Rechenzen­tren werden sich genauso ener­gie­ und damit kostensparende Lösungen durchsetzen wie bei der Produktion der Geräte. Die Kun­den achten inzwischen genauso auf die Energiebilanz eines Pro­dukte wie auf ethische Aspekte der Herstellung. Aus einer neuen Untersuchung von Gartner geht hervor, dass in den letzten zwei Jahren rund 50% der Konsumenten ein Produkt wegen seiner Um­weltfreundlichkeit bevorzugten.

Der angenehme Nebeneffekt der Massnahme: Die unternehme­risch «weisse Weste», eine vorbild­liche Corporate Responsibility. Der Kunde – egal ob Business­ oder Privatkunde – bezieht auch das Umwelt­Image – inklusive Pro­duktionsland – des Anbieters in seinen Kaufentscheid ein. Eine «saubere» Produktion, ethisch vertretbare Arbeitsverhältnisse, die Verpflichtung der Zulieferer auf präzise Standards und eine glaubwürdige Kommunikation sind heute entscheidende, image­prägende Faktoren.

Nicht selten stellen Hersteller fest, dass ihr Bestreben nach der be­sagten «weissen Weste» verbes­serte Prozesse und Services, mo­bilere Lösungen oder innovativere Produktionsverfahren ans Licht bringt, die sich oft erst noch posi­tiv auf der Kostenseite auswirken können. «Green IT» muss also, wie immer man sie betrachtet, zur rundum «sauberen Sache» fürs Unternehmen werden.

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Wir kommunizieren in der Regel nicht über Kom­munikation», antwortet

UBS­Kommunikationsprofi Axel Langer vielsagend auf die Frage, wie die UBS denn verhindere, dass ihre Mitarbeitenden die gegenwär­tig vielenorts herrschende schlech­te Stimmung gegen aussen tragen. Denn gegenüber Freunden und Be­kannten nehmen zurzeit viele kein Blatt vor den Mund und machen ih­rem Ärger über ihre Arbeitgeberin Luft. Das schadet dem Image erheblich.

Manche UBS­Mit­arbeitende nehmen die aktuelle Situation als Tropfen, der das Fass nun endgültig zum Überlaufen bringt, und konkreti­sieren ihre langge­hegten Abgangspläne. «Die Arbeitgeberat­traktivität der UBS leidet», wie Alexander von Preen, Geschäftsfüh­rer der Managementberatungsun­ternehmung Kienbaum, feststellt.

Das Reputationskonto leert sichKienbaum registriert denn auch

«in den letzten Wochen bereits ei­ne deutlich verstärkte Absetzungs­bewegung – sowohl im Investment wie im Private Banking». Diese lässt sich selbst durch einen über­raschend hohen Bonifluss nicht umkehren, wird dieser doch auch intern nicht nur positiv gewür­digt.

Roman Geiser, CEO der Kom­munikationsberaterin Burson­Marsteller Schweiz, relativiert zwar: «Die UBS befand sich lange Zeit punkto Reputation in der obersten Liga – und sie hat immer­hin bereits zwei Abschreibungs­phasen unbeschadet überstan­den.» Der Kommunikationsstrate­ge geht deshalb davon aus: «Die UBS profitiert nun vom soliden Glaubwürdigkeitskonto aus der Vergangenheit.»

Doch die Reputationskonti sind nicht die einzigen, die sich leeren: Die einschlägigen Blogs und die Leserbriefseiten sind voll von Bei­trägen verunsicherter und verär­gerter Anleger, Sparer, Kunden. Und die melden sich auch direkt

bei der Grossbank. Axel Langer: «Sicher sind manche Mitarbeiten­de mit Aussenkontakt, wie zum Beispiel Kundenberater, mit Un­mutsbezeugungen konfrontiert.»

Und denen müssen sie adäquat begegnen. Die Loyalität der Mitar­beitenden ist dabei schwer abzu­schätzen. Die Kader müssen ge­schult sein, wie man in einer Krise kommunikativ umgeht. Sie brau­chen Fingerspitzengefühl und Sensibilität. Es gehe auch nicht an, dass die Kunden mit einer Stan­

dardantwort abge­speist werden. «Das lässt sich schlecht zentralisieren», be­stätigt Axel Langer.

Die momentane Situation wird in der offiziellen UBS­Sprachregelung nicht als dramatisch einge­stuft. «Es ist nicht so, dass die Kunden rei­henweise davonlau­fen», sagt Axel Lan­

ger, «wir haben Kunden verloren, aber nicht in beträchtlichem Um­fang. Gleichzeitig gewinnen wir natürlich auch neue Kunden.» Im­merhin betreue die Grossbank al­lein in der Schweiz 3 Mio Kunden.

Und auch von Geldabflüssen will die offizielle Medienstelle nichts wissen. Dies, obwohl die Zahlen über das 4. Quartal erst am 14. Februar auf den Tisch kommen und Vertreter anderer Banken sich bereits lautstark über den Kunden­ und Neugeldzufluss freuen.

Mit einer Stimme sprechenDass Mitarbeiter ihrem Unmut

gegen aussen Ausdruck verleihen, lässt sich nie flächendeckend ver­hindern. Dass wenigstens bei den Schlüsselstellen keine kontrapro­duktiven Aussagen raussickern, ist von der Loyalität des Manage­ments abhängig. Auch die lässt sich in der Belastungssituation nur dann abrufen, wenn sie vorher ge­festigt worden ist.

Oder aber, den Mitarbeitern und selbst dem Kader wird vor­sorglich der Mund verboten – und die offiziellen Aussagen zum Bei­spiel gegenüber den Medien kom­men ausschliesslich entsprechend gefiltert aus der Kommunikations­abteilung – wie es auch bei der UBS Praxis ist.

Aber selbst wenn ein Unterneh­men versuchen sollte, eine ge­meinsame Sprachregelung zu fin­den, damit die Mitarbeitenden ge­gen aussen quasi mit einer Stimme sprechen, lässt sich dies nur dann umsetzen, wenn die Mitarbeiten­den auch von den eingeleiteten Massnahmen überzeugt sind und davon ausgehen, dass die Pro­bleme bewältigbar sind – sprich: Wenn sie Vertrauen zu ihrem Ma­nagement haben.

«Nur wenn die Mitarbeitenden an ihr Unternehmen emotional und rational glauben, können sie auch glaubwürdig gegen aussen auftreten», ist Roman Geiser von Burson­Marsteller überzeugt.

Das Vertrauen allgemein ist tiefDoch mit der Vertrauenswür­

digkeit des eigenen Arbeitgebers ist es nicht gerade zum Besten be­stellt. Nur 42% der Angestellten halten ihr Unternehmen für ver­trauenswürdig, zeigt eine aktuelle europäische Studie des internatio­

nalen Trainings­ und Coaching­unternehmens Krauthammer.

«Die Vertrauenswürdigkeit von Unternehmen ist ein grundle­gender Aktivposten, eine Quelle des Wettbewerbsvorteils für ein Unternehmen, und ein Mangel an Vertrauen kann eine klare Bedro­hung für das langfristige Überle­ben eines Unternehmens darstel­len», kommentiert Ronald Meijers, Executive Board Member bei Krauthammer.

Kein zusätzliches MarketingDennoch: «Im Moment sind

keine zusätzlichen Marketingakti­vitäten im Gang, um einen allfäl­ligen Imageverlust aufzufangen. Ein Image zu entwickeln, ist eine langfristige Angelegenheit», sagt Axel Langer von der UBS. Jetzt kurz­fristig zu reagieren, wäre verfehlt.

Das Problem wird auch nicht überall gleich wahrgenommen: «Für die Schweiz ist die Situation aktuell sicher ein grosses Thema – international stellt sich das Ganze

aber weniger intensiv dar.» Dies deshalb, weil sich die UBS im inter­nationalen Umfeld in guter Gesell­schaft befindet. Wenn auch die Grössenordnungen nicht ver­gleichbar sind, so haben doch die meisten global tätigen Institute aus der amerikanischen Kreditkrise ei­nen Schuh voll rausgezogen.

Im Schweizer Markt kann jedoch nach Ansicht von Kommunika­tionsprofis wie Roman Geiser durchaus von einem Imageschaden gesprochen werden. «Die grund­sätzliche Frage ist dabei, was das Unternehmen in normalen Zeiten tut. In beschwerdefreien Zeiten gilt es, in die Mitarbeitenden zu inves­tieren, um in schweren Zeiten vom Reputationskonto zu zehren.»

Und diese Grundregeln (siehe Kasten) gelten nicht nur für die UBS, sondern – zumindest ansatz­weise – ebenso für jedes KMU.

Mehr zuM TheMa• Aderlass beim Kundenstamm der UBS seite 31

Wenn das Image zu wackeln beginntKOMMuNIKaTION Die Reputation auch eines Grossinstituts wie der UBS leidet, wenn Mitarbeitende ihre Unzufriedenheit nach aussen tragen. Mitarbeiter- und Kundenloyalität im Ernstfall ist eine Frage der Vertrauensbildung in ruhigen Zeiten.

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«Der CO2-Ausstoss der IT ist so hoch wie der der Luftfahrt – und der Bedarf an Rechnerleistung steigt weiter.»

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Verunsicherte Kunden und mitarbeitende machen der UBS zu schaffen – die während langer Zeit aufgebaute Reputation gegen innen wie gegen aussen gerät in Gefahr.

Auch die Loyalität des

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wenn sie vorher gefestigt wurde.

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so funktioniert die Kommunikation besser

1. in Friedenszeiten in die in­terne Kommunikation investieren, damit man in struben Zeiten vom angesammelten Glaubwürdig­keitskapital zehren kann.

2. Nicht warten, bis ein Ereig­nis dramatische Formen ange­nommen hat – sonst sind Sie be­reits in der Defensive. Also poten­zielle Grossereignisse definieren, bevor sie auf die eigene Organisa­tion einwirken. Keine Über­raschungen zulassen.

3. Alle Anspruchsgruppen gleich behandeln: Aktionäre z.B. nicht bevorzugt informieren bzw. die mitarbeitenden nicht vernach­lässigen oder gar vergessen. Denn sie tragen einen guten Teil der Re­putation nach aussen und ihre haltung wirkt im Freundes­ und Bekanntenkreis. mitarbeitende sollten die (bad) News niemals von aussen erfahren.

4. Eine interne Kultur etab­lieren, die den Dialog zulässt. Gerade die Web 2.0­Generation ist es gewohnt, Dialoge zu führen.

5. Proaktiv handeln und kom­munizieren – also: «Raus mit der Geschichte und dann get over it», sagt Roman Geiser, CEO von Bur­son­marsteller Schweiz. Negativ auf die Kommunikationswirkung schlägt eine «informationskaska­de, die laufend nachkorrigiert werden muss».

6. Zum Dilemma stehen. Un­klarheiten kommunizieren. Die sogenannte Dilemma­Kommuni­kation meint: Zugeben, dass man im moment noch nichts Genaues weiss – bzw. nichts sagen kann. Damit kann Spekulationen even­tuell vorgebeugt werden.

7. Erst durch die Verharmlo­sung, die Beschönigung, kurz: Das Lügen, entsteht der eigentliche Schaden an der Glaubwürdigkeit.

8. Die bad News isolieren. Das heisst: Auch das, was gut läuft, kommunizieren. Nicht dass sämtliche mitarbeiter in allen Ab­teilungen unter der Situation zu leiden haben. Es gibt immer Ab­teilungen, die ausgezeichnete Ar­beit leisten. Diese entsprechend belohnen (Boni).

9. Es bedarf einer starken Führung. Das muss nicht heissen: «Köpferollen». Wichtig ist, dass der Führung Zukunftsfähigkeit, Glaubwürdigkeit und Sicherheit attestiert wird. in der Krise ge­hört der Kapitän auf die Brücke und muss Zuversicht ausstrahlen, ehrlich sein/bleiben/werden.

10. «Es gibt keinen grund­sätzlichen Unterschied zwischen interner und externer Kommuni­kation. hier wie dort geht es um Werte wie Echtheit und Wert­schätzung. Es geht um haltungen, nicht um Rezepte», sagt Christian König, CEO der PR­Agentur Farner.