Wenzelsplatz in Prag, Postkarte - Sudeten-Bayern · Deutsches Kasino, mit großem Garten Am Graben...

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Wenzelsplatz in Prag, Postkarte

Herausgeber: Sudetendeutsche Landsmannschaft

Landesgruppe Bayern e.V.

Verantwortlich: Dr. Christian Weber, Studienrat (RS) i. K.,

Landeskulturreferent

Am Buchenacker 14

D-94252 Bayerisch Eisenstein

Tel. 09925 / 270 oder 08702 / 4534596

oder Handy: 0177 / 6307401

E-Mail: [email protected]

Auflage: Oktober 2015

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Dr. Christian Weber

Oktober 2015

Liebe Landsleute !

Liebe Freunde !

Es freut mich sehr, dass ich Ihnen nun eine weitere Ausgabe des Kulturbriefes

der SL-Landesgruppe Bayern präsentieren kann.

Prag hatte immer große Bedeutung für das deutsche Geistesleben, als Schul- und

Bildungsstätte und in der Literatur. Jedoch verlor das deutsche Element

zunehmend an Bedeutung. Die gegenseitigen Animositäten wurden seit Mitte

des 19. Jahrhunderts immer größer. In der Zeit nach dem ersten Weltkrieg kam

es zu einer offensichtlichen erheblichen Benachteiligung der Deutschen in der

Ersten Tschechoslowakischen Republik. Das Münchner Abkommen, die

Annexion von Böhmen und Mähren, sowie die Errichtung des Protektorats

Böhmen und Mähren am 16. März 1939 und die Zeit unter dem Protektorat

vertieften den Graben in der Beziehung zwischen den beiden Völkern. Die

Entrechtung und Vertreibung der Deutschen 1945/1946 waren dann der

Schlussstrich unter ein über viele Jahrhunderte gegenseitiges befruchtendes

Zusammenleben.

Ich möchte in diesem Kulturbrief, anhand von Belegstücken aus meiner

Sammlung, die deutschen Spuren in Prag nachverfolgen und präsentieren. Es

soll Ihnen einen Einblick über das Leben der Deutschen in Prag in der

Vergangenheit gegeben werden. Auch die jüngere Vergangenheit und die

Gegenwart werden einbezogen. Es wird auch auf Sehenswürdigkeiten, die Prag

zu bieten hat, eingegangen.

In heimatlicher Verbundenheit

Ihr

Dr. Christian Weber

Landeskulturreferent,

Landesgruppe Bayern der

Sudetendeutschen Landsmannschaft

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Deutsche Spuren in Prag

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Deutsche Spuren in Prag

Von Dr. Christian Weber

Prag war die Hauptstadt Böhmens, nach dem ersten Weltkrieg und dem Untergang der

Österreichisch-ungarischen Monarchie im Jahre 1918 der Tschechoslowakei. Prag liegt zu

beiden Seiten der Moldau. Nach Ankunft der Slawen herrschten nach der Unterwerfung der

anderen „tschechischen“ Stämme ab dem 9. Jahrhundert die Przemysliden in Prag. Die

tschechischen Herrscher orientierten sich seit Herzog Wenzel immer mehr nach dem Westen.

Deutsches Kulturgut gelangte durch Geistliche,

Mönche, Kaufleute und Handwerker, aber auch

durch deutsche Prinzessinnen, die mit Herrschern

des Landes verheiratet wurden, nach Böhmen. Mit

den Prinzessinnen kam auch deutsches Gefolge

nach Böhmen. Die Prager Altstadt bekam

Nürnberger Recht und die Kleinseite

Magdeburger Recht. Unter Karl IV. wurde 1348

in Prag die erste deutsche Universität gegründet.

Die Deutschen, welche als Träger des

Fernhandels nach Prag kamen, schlossen sich zu

einer Genossenschaft zusammen, deren

kirchlicher Mittelpunkt das Gotteshaus St. Peter

am Pořič war. Vor dieser Kirche schworen sie

auch ihre Eide. Im sozialen Gefüge kam dem

deutschen Kaufmann immer mehr Bedeutung zu.

Aufnahmeverzeichnisse der Altstädter Neubürger

im Zeitraum von 1324 bis 1393 zeigen, dass das

Zuwanderungsgebiet der Prager Altstädter

Deutschen neben Böhmen und Mähren

hauptsächlich die benachbarten Länder Ober- und

Abbildung 1: Andenkenglas mit

Ansicht des Nationalmuseums in Prag.

Nicht geeicht (0,1 – 0,2 l) um 1910.

Dick emailliert. Höhe ca. 9 cm.

Das Nationalmuseum wurde zwischen

1885 und 1890 vom Architekten Josef

Schulz (*1840 in Prag, †1917 in

Spindlermühle) am oberen

Wenzelsplatz gebaut.

Niederösterreich, Bayern, Sachsen und Schlesien umfasste. Des Weiteren kamen auch viele

Deutsche aus dem Rheinland nach Prag. Die deutschen Zuwanderer aus den Gebieten

außerhalb des Sudetenlandes überwogen nur leicht die deutschen Zuwanderer aus Böhmen.

Zwischen 1424 bis 1436, also in der Hussitenzeit, wurden insgesamt 466 Neubürger gezählt,

davon trugen 277 tschechische und 28 deutsche Namen. In der nachhussitischen Zeit ging der

Zuzug von Deutschen nach Prag stark zurück. Dies änderte sich später wieder.

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Deutsche Spuren in Prag

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Im Folgenden wird die zunehmende deutsche Zuwanderung von 1516 bis 1621 aufgezeigt:

Stadtteil Zeitraum Zahl der Neu-

bürger in Prag

Davon

Deutsche

Deutsche

in %

Altstadt 1516 - 1526 688 26 4

1527 - 1537 465 52 11

1538 - 1548 403 87 21

1549 - 1560 426 121 28

1561 - 1570 424 149 35

1571 - 1580 412 180 43

1581 - 1590 618 281 45

1591 - 1601 574 304 52

1602 - 1611 476 243 51

1612 - 1621 582 268 46

Kleinseite 1550 - 1565 100 55 55

1590 - 1601 300 188 62

1602 - 1611 184 134 72

1612 - 1621 338 241 71

Neustadt 1526 - 1550 1007 78 7

1550 - 1621 2129 469 22

Hradschin 1566 - 1574 26 15 57

1585 - 1620 194 148 76

Von den in der Zeit zwischen 1526 bis 1620 in Prag aufgenommenen 9599 Bürgern waren

3215 Deutsche, also ca. 33 Prozent. Die oben angeführten Zahlen erfassen aber nicht die

Deutschen, die nur unter dem Schutz der Stadt lebten, ohne das Bürgerrecht zu besitzen.

Am 10.11.1859 fand in Prag auf dem Kleinseitner Wallensteinplatz eine Feier des hundertsten

Geburtstages Schillers statt. Diese Feier wurde von deutschen und tschechischen Studenten

durchgeführt. Diese Veranstaltung hatte historische Bedeutung, denn zum letzten Male kamen

Tschechen und Deutsche zu einer großen Kundgebung zusammen. Um 1860 verlor Prag seine

seit dem Mittelalter bestehende deutsche beziehungsweise deutschsprachige

Bevölkerungsmehrheit. 1861 erlangten die Tschechen die Mehrheit in der Stadtvertretung.

1869 wurde die Technische Hochschule und 1882 die Universität in deutsche und

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tschechische Einrichtungen getrennt. Der deutschen Karlsuniversität wurde durch das

Schulgesetz jeder Titel aberkannt und die tschechische als direkter Nachfolger der von Karl

IV. gegründeten erklärt. Es studierten Ende der zwanziger Jahre über 4500 Studierende an der

deutschen und 6500 an der tschechischen Universität. Nach dem Umsturz wurde das deutsche

Schulwesen in Prag stark mitgenommen. Viele Schulen wurden geschlossen und andere zu-

sammengelegt. 1921/22 gab es nur noch

sechs deutsche Volksschulen und zwei

Bürgerschulen. Die Tschechen hatten 164

Volksschulen und 95 Bürgerschulen.

Auf einer tragbaren Verdienstmedaille

des Freiwilligen Rettungs Corps in Prag

vor 1860 ist auf der Vorderseite die

Schrift in Deutsch. Auf der Medaille des

Rettungscorps nach 1860 lautet auf der

Vorderseite nun die Umschrift oben in

tschechisch „PRAZSKY DOBROVOLNY

OCHRANNY SPOR“ und unten auf

Deutsch „PRAGER FREIWILLIGES

RETTUNGSCORPS“. Auch daran zeigen

sich die sich ändernden Machtverhältnisse

in Prag um 1860. Um 1900 war Prag als

Stadt des Vielvölkerstaates Österreich-

Ungarn durch einen regen Austausch

Abbildung 2: Tragbare Verdienstmedaille aus

Silber des Freiwilligen Rettungs Corps in Prag

vor 1860 (Vorder- und Rückseite).

Durchmesser: 40 mm. Am weißen Trageband.

zwischen den Nationalitäten geprägt. Länger als in der Prager Stadtvertretung behaupteten die

Deutschen ihre dominierende Stellung in der 1850 gegründeten Handelskammer Prag. Diese

war zuständig für die Hauptstadt Böhmens und den größten Teil des östlichen Böhmens. Erst

1884 bekamen die Tschechen in der Handelskammer die Mehrheit.

Als Prager Deutsch wird jene Form der deutschen Schriftsprache bezeichnet, die in Böhmen

und dort vor allem in Prag gesprochen wurde. In den großen Städten Böhmens, vor allem in

der Hauptstadt, wurde dieses Prager Schriftdeutsch immer mehr auch zur mündlich

verwendeten Sprache des Bürgertums und der Verwaltung. Deutsch und Tschechisch

existierten in Böhmen seit dem Mittelalter in gesprochener Form nebeneinander. Latein war

die Schriftsprache der Gebildeten, der Kurie und der kaiserlichen Verwaltung. Im Laufe der

Zeit entwickelte sich das Deutsche immer mehr zur Bildungssprache. Das Prager Deutsch

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genoss ab dem 17. Jahrhundert im ganzen deutschsprachigen Raum ein hohes Prestige. Es galt

als besonders „reines“ Deutsch.

Das Vermächtnis der Prager deutschen Literatur ist ebenfalls beeindruckend. Die wichtigsten

Vertreter der deutschen Literaturszene waren:

Rainer Maria Rilke: einer der wichtigsten Poeten deutscher Sprache.

Geboren 1876 in Prag und 1926 in der Schweiz gestorben.

Gustav Meyrink (1890-1932): Kam von Wien nach Prag und war

fasziniert von den düsteren Straßen aus Kopfsteinpflaster im

jüdischen Ghetto. Das Ghetto dient als Szenerie für sein bekanntes

mystisches Meisterwerk „Der Golem“.

Franz Werfel (1890-1945): Werfel war Journalist, Autor und ein

Freund Kafkas. Er wird oft als Erfinder des Expressionismus

bezeichnet. Verheiratet war er mit Alma Mahler-Werfel, der Witwe

von Gustav Mahler.

Egon Erwin Kisch (1885-1948): Kisch war ein umtriebiger und

begeisterter Journalist und bekennender Kommunist. Er beleuchtete

die Prager Gassen und Nächte und seine Reportagen führten ihn

später in alle Teile der Erde.

Max Brod (1884-1968): Franz Kafkas engster Freund. Er ignorierte

Kafkas Wunsch, seine unveröffentlichten Werke zu verbrennen.

Die deutsche Bühnenkunst hatte Ende des

19. Jahrhunderts unter dem Direktor Angelo

Neumann ihren Höhepunkt. Eifrig wurden

die Werke Richard Wagners gepflegt. Seit

1888 dient das „Neue deutsche Theater“ als

Aufführungsort.

In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts

begannen die Deutschen und die Tschechen

immer mehr um die Erhaltung ihrer Eigenart

zu kämpfen. Ende der achtziger Jahre des

19. Jahrhunderts zeigte sich im Prager

Abbildung 3: Zeitungsausschnitt „Neues

deutsches Theater“ (E 4 im Stadtplan auf

S. 20/21).

Deutschtum eine immer stärker werdende völkische Bewegung. Die beiden Völker lehnten

sich immer mehr ab, sie wurden sich immer fremder, und ein tschechisches und deutsches

Prag standen sich kulturell und gesellschaftlich zunehmend feindlich gegenüber.

Rainer Maria Rilke,

um 1900

Franz Werfel

Foto: Carl van

Vechten, 1940

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Im Jahre 1926 hatte die Metropole insgesamt

725196 Einwohner, davon etwa 50000 Deutsche.

Diese Deutschen Prags zählten damals zur

gebildeten und wirtschaftlichen Oberschicht und

waren in der Innenstadt im Bankwesen und

Handel anzutreffen. Die Deutschen Prags waren

in erster Linie Gelehrte, Geschäftsleute,

Rechtsanwälte, Ärzte und Beamte. Dadurch

entstand der Eindruck einer gemischtsprachigen

Stadt, in der viel Deutsch gesprochen wurde.

Auch ein Verbot des Stadtrates, dass seit 1918

keine deutschen Aufschriften auf den Firmen und

Schildern gestattet wurden, änderte daran nichts. In der Zwischenkriegszeit weigerte sich oft

die tschechische Bevölkerung Prags, die meist zur Genüge Deutsch verstand, aus nationalem

Fanatismus generell die deutsche Sprache zu verwenden. Schon vor 1918 waren die Prager

Straßentafeln ausschließlich tschechisch, doch waren die deutschen Namen ebenso

gebräuchlich wie die tschechischen. Seit 1918 sind nur die tschechischen

Straßenbezeichnungen zulässig. Die Ächtung des Deutschtums in allen Bereichen des Lebens

führte dennoch zu keiner Abwanderung der Deutschen. Prag war mit 41701 Deutschen im

Jahr 1930 nach Brünn die zweitgrößte deutsche Siedlung im Tschechoslowakischen Staat.

Von 1939 bis 1945 war Prag als Hauptstadt des Protektorates Böhmen und Mähren vom

Deutschen Reich besetzt. Unmittelbar nach Kriegsende im Mai 1945 wurden die Prager

Deutschen fast ausnahmslos vertrieben. Viele von ihnen wurden zunächst interniert, viele

wurden ermordet.

Der Stadtplan von Prag aus dem Jahre 1929, auf den Seiten 20 und 21, mit den ehemals

deutschen Straßennamen ermöglicht ein leichtes Auffinden ehemals „deutscher Orte“ in Prag.

Deutsches in Prag (Beispiele) Baujahr Adresse (Karte)

Deutsches Landestheater 1782 Eisengasse 13 (D 3)

Neues Deutsches Theater 1888 Hooverstraße (E 4)

Deutsche Turnhalle 1881 E 4

Deutsches Haus Ehemals Graf Przichowskysches

Palais, Sammelpunkt der Prager

Deutschen, Eigentum des Vereins

Deutsches Kasino, mit großem Garten

Am Graben 26

(D E 3 auf S. 20/21)

Abbildung 4: Abzeichen des Vereins

der Prager Geschäftsreisenden für

25jährige Mitgliedschaft, emailliert und

vergoldet, auf der Rückseite die

Aufschrift "Der Verein der Prager

Geschäftsreisenden seinem treuen

Mitgliede". Maße: 3,2 x 4 cm.

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Deutsche Spuren in Prag

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Abbildung 6: a) Marke zum Turnhallenbau

des Deutschen Männnerturnvereins Prag;

b) Tragbare Medaille zur Eröffnung der

Deutschen Turnhalle in Prag am 9.10.1881

(Vorderseite und Rückseite). Durchmesser

31 mm. Am pentagonalen Trageband mit

den Farben schwarz/rot/gold. Auf der

Vorderseite ist das Emblem des Deutschen

Turnerbundes und auf der Rückseite die

Deutsche Turnhalle zu sehen (E 4). ▼

Abbildung 5: ▲

Postkarte mit der

Abbildung des

Deutschen Hauses

am Graben. Nicht

gelaufen.

a)

b)

In Prag hatten zahlreiche deutsche Vereine ihren Sitz. Beispiele sind „Deutsches Kasino“ Am

Graben 26 (Karte: D E 3), „Der Bund der Deutschen“ Krakauergasse 11 (E 4), „Deutscher

Handwerkerverein“ Smetschkagasse 22 (E 4), „Verein Schlaraffia“ Stefansgasse 36 (D E 4 5),

„Deutscher Turnverein“ Lützowgasse 22, „Concordia Verein deutscher Schriftsteller und

Künstler in Böhmen“ Deutsches Haus, Am Graben 26 (D E 3). Prag hatte darüber hinaus noch

weit über 400, teils wissenschaftliche, teils humanitäre und sportliche deutsche Vereine.

a)

b)

c)

Abbildung 7: Abzeichen verschiedener Vereine in Prag. a) „Deutscher Turnerbund

DMTV Jahn Prag“, emailliert und vergoldet, Maße: 5 x 4 cm; b) „Deutscher Lawn Tennis

Club Prag“, emailliert; Durchmesser 2 cm; c) „Klub Deutscher Buchdrucker in Prag“,

emailliert und vergoldet, Größe: 3 x 3,5 cm

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Deutsche Spuren in Prag

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Abbildung 8: Abzeichen des Vereins "Schlaraffia Prag". Anlass:

Gründungsjubiläum im Jahr 1934, Emailliert und vergoldet. Maße:

3,7 x 2,5 cm.

Die Schlaraffia ist eine am 10. Oktober 1859 in Prag gegründete,

weltweite deutschsprachige Vereinigung zur Pflege von Freund-

schaft, Kunst und Humor. Als 1859 der Direktor des Deutschen (Landständischen) Theaters,

Franz Thomé, einen seiner jungen Künstler, den Bassisten Albert Eilers, in die Prager

Künstlervereinigung „Arcadia“ einführen wollte, wurde dieser wegen seiner Mittellosigkeit

als ein angeblicher Proletarier abgelehnt. Aus Protest gründeten seine Theaterkollegen einen

Stammtisch, den sie spöttisch „Proletarier-Club“ benannten. Daraus entwickelte sich nach

manchen Umwegen und Rückschlägen die heutige weltumspannende „Schlaraffia“.

Der deutsche Club „Concordia“ wurde 1871 gegründet. Absicht der Gründer war, deutsche

literarische und künstlerische Persönlichkeiten zu unterstützen und zu fördern. Die

„Concordia“ bildete lange Zeit ein Bollwerk des Deutschtums. Ihre Vortragszyklen waren ein

fester Bestandteil des kulturellen Lebens des „deutschen Prag“. So war Hugo Salus

(*3. August 1866 in Böhmisch-Leipa; †4. Februar 1929 in Prag), ein böhmischer Gynäkologe

und deutschsprachiger Schriftsteller, Mitglied im deutschen Club „Concordia“.

Abbildung 9: Mitgliedsabzeichen vom Verein „Deutscher Ballspiel Club

(D.B.C.) "STURM" Prag“, emailliert, Durchmesser: 1,3 cm

Der D.B.C. STURM Prag wurde 1898 gegründet und gehörte ab 1900 dem

Verband der Prager Deutschen Fußball Vereine an. In der Vereinsgeschichte

spiegelt sich die politische Entwicklung der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts

wider: 1904 wurde der Verein dem Österreichischen Fußball Verband (Ö.F.V.)

eingegliedert. 1911 wurde der Deutsch-Böhmische Fußball Verband gegründet,

der einen Teilverband im Ö.F.V. bildete.1919 trat der Verein zum Tschechischen Fußball

Verband „Český Svaz Fotbalový“ (Č.S.F.) über, welcher nach der Gründung der

Tschechoslowakischen Republik 1921 in „Československý Svaz Fotbalový“ (ČS.S.F.)

umbenannt wurde. Ab 1923 existierte darüber hinaus eine Dachorganisation „Československá

associace footballová“ (ČS.A.F.), und der D.B.C. STURM Prag gehörte darin dem

Teilverband „Deutscher Fußball Verband“ (D.F.V.) an. 1939 wurde er mit allen anderen

deutschen Vereinen dem „Gauverband Sudetenland (XVIII)“ eingegliedert, 1940 erfolgte der

Anschluss an die Nationalsozialistische Turngemeinde (N.S.T.G.) Prag. 1945 erfolgte die

Auflösung des Vereins.

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Deutsche Spuren in Prag

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Abbildung 10: Sammelbild (Zigarettenbild) mit der

Mannschaft des Deutschen Fußballclubs Prag.

Der DFC war der Fußballverein der deutschen jüdischen

Bevölkerung (Gründung 1896) und zählte Anfang des 20.

Jahrhunderts zu den besten Fußballvereinen Europas.

Der Fußballverein der deutschen nichtjüdischen Bevölkerung war der DFC Germania Prag, der

1899 gegründet wurde.

Im Freiheitsbrief für die Prager Deutschen von Herzog Sobieslaus II von Böhmen um 1176

wurde die Rechtsstellung der Deutschen festgelegt. Diesem kann entnommen werden, dass

die Deutschen ursprünglich in mehreren geschlossenen Vierteln zusammenwohnten. Eines

war bei dem Gotteshaus St. Peter am Pořič angesiedelt. Die anderen lagen wahrscheinlich in

der Nähe des Marktes und der wichtigen Zollstätte, dem Teinhof, da die Deutschen meistens

Kaufleute und Gewerbetreibende waren.

Bevor das Bistum Prag im Jahre 973 errichtet wurde, hatte Regensburg für Prag in kirchlicher

Hinsicht überragende Bedeutung. Von den geweihten 15 Bischöfen von 973 bis 1182 sind

sieben nachgewiesen deutscher Herkunft, zum Beispiel Thiddag (998 – 1017), Ekkehard

(1017 – 1023) und Hizzo (1023 – 1030). Später wurden Deutsche im Bischofsamt immer

seltener. Auch in den Klöstern Prags und im Klerus sind deutsche Namensträger überliefert.

Abbildung 11: Bescheinigung mit

der Aufschrift „am 21. Januar

1791 wurden am Korn - Thor der

königlichen Stadt 24 Kreuzer für

die Einfuhr von 2 Fässern Bier

bezahlt“

Vorgedrucktes Wasserzeichen-

papier mit handschriftlichen

Ergänzungen, Größe: ca. 9 x 10

cm, mit Unterschrift vom

zuständigen Steuereinnehmer am

Tor.

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Deutsche Spuren in Prag

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Abbildung 12: Postkarte mit Abbildung der

Deutschen evangelischen Kirche St. Michael und

Schule in der Gerbergasse (D 4 im Stadtplan auf

S. 20/21) in Prag anlässlich des 100. Jahrestages der

Errichtung der Gemeindeschule. Gelaufen 1927.

Abbildung 13: Postkarte mit Abbildung der k. k.

deutschen Lehrerinnenbildungsanstalt Prag in der

Karmelitergasse (B 3 im Stadtplan auf S. 20/21).

Nicht gelaufen.▼

Abbildung 14: Postkarte mit dem

Altstädter Ring mit Teynkirche.

Gelaufen 1918. (Lage: D 3 im

Stadtplan auf S. 20/21)

Der Altstädter Ring ist mit über

9000 m2 der zentrale Marktplatz der

Prager Altstadt. Dort befindet sich

u.a. das Altstädter Rathaus mit der

astronomischen Uhr, das Palais

Kinsky, das heute die graphischen

Sammlungen der Nationalgalerie

beherbergt, sowie die heute

tschechisch-hussitische St. Nikolaus-

kirche aus dem 18. Jahrhundert. Die römisch-katholische Teynkirche (eigentlich Mariä

Himmelfahrt am Teyn) wurde zwischen dem 14. und 16. Jahrhundert errichtet. Der Bau

wurde in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts von deutschen Kaufleuten begonnen. Von

den zahlreichen, überwiegend im Barockstil gehaltenen Sehenswürdigkeiten seien erwähnt:

die Kanzel aus dem 15. Jahrhundert und das Taufbecken aus dem Jahr 1414. Die noch immer

vorhandene Orgel stammt von dem deutschen Orgelbaumeister Hans Heinrich Mundt (1632 -

1691) aus den Jahren 1670 - 1673.

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Deutsche Spuren in Prag

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Abbildung 16 (rechts): Postkarte mit

Abbildung des Karolinum in der

Altstadt (D 3 im Stadtplan auf

S. 20/21). Nicht gelaufen. ►

◄ Abbildung 15: Postkarte mit Abbildung des

Pulverturms am Rand der Altstadt. Gelaufen 1929

(Lage: E 3 im Stadtplan auf S. 20/21).

1475 errichtet, bekommt er sein heutiges Aussehen

durch die Restaurierung im Jahr 1875 durch den

böhmischen Architekten und Dombauer Josef

Mocker (*1835 in Zittolieb, †1899 in Prag).

▲Abbildung 17: Siegel der philoso-

phischen Fakultät der Deutschen

Universität Prag von 1937.

Abbildung 18: Meldungsbuch eines

Studenten an der philosophischen

Fakultät der Deutschen Universität Prag

von 1926. ►

Die Deutsche Universität in Prag wurde

von Kaiser Karl IV. 1348 gegründet und

ist damit die älteste Universität im

deutschen Sprachraum. 1882 wurde

diese in eine deutsche und eine

tschechische Universität geteilt. Die

Deutsche Universität wurde 1945

aufgelöst. Prag hatte auch die älteste

Technische Hochschule in Mitteleuropa.

Diese wurde 1806 von Franz Joseph

Ritter von Gerstner gegründet.

▲ Abbildung 19:

Abzeichen des

Vereins „Lese &

Redehalle der

deutschen Studenten“

Die Lese- und

Redehalle wurde

1848 gegründet und

war ein wichtiger ge-

sellschaftlicher wie

wissenschaftlicher Punkt des Studentenlebens. Die

Bibliothek der Lese- und Redehalle umfasste

23519 Bände, sowie mehr als 200

wissenschaftliche Zeitschriften und mehrere

Tageszeitungen.

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Deutsche Spuren in Prag

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Abbildung 20:

Jahresmitgliedskarte

für das Jahr 1907

der Adelsressource

in Prag für Eugen

Graf Czernin. Sitz

der Kassa-Verwal-

tung war am

Wenzelsplatz Nr.46.

Es handelt sich um

einen gesellschaft-

lichen Unterhal-

tungsverein. Grün-

dungsjahr: 1805.

Der Zweck war, „in

gewählter und ange-

nehmer Gesellschaft, durch freundschaftliche Gespräche, durch Musik, erlaubte Spiele, Lesen

der besten Journale und Zeitungen, durch Bekanntschaft mit ausgezeichneten Fremden, eine

Erholung zu genießen“ (Benimmregel §1 der Adels Ressource aus dem Jahre 1829).

Der Veitsdom in Prag

Abbildungen 21 a (links) und b (oben): Alte

Postkarten mit Abbildungen des Veitsdomes (B 2 im

Stadtplan auf S. 20/21)

Der Veitsdom auf der Prager Burg ist die Kathedrale

des Erzbistums Prag und das größte Kirchengebäude

Tschechiens. Das Gebäude in seiner heutigen Form als

Kathedrale im gotischen Stil wurde ab dem Jahr 1344

auf Anweisung Karls IV. errichtet. Der Hauptturm der

Kathedrale ist 99 m hoch. Der Dom war einst die Krönungskirche der böhmischen Könige. Es

handelt sich wohl um das bedeutendste Denkmal Böhmens, dies sowohl in architektonischer,

künstlerischer und kunsthandwerklicher Hinsicht, als auch als wertvollste Grabstätte

Böhmens, in welcher die wichtigsten Landespatrone, weltlichen Herrscher, bedeutende

Adelige und auch die beiden wichtigsten Baumeister des Domes, Matthias von Arras (1290 -

1352) und Peter Parler (1330 – 1390), ein deutscher Bildhauer, begraben sind. Der

unvollendete gotische Dom erfuhr dann in der Renaissance und im Barock einige

Veränderungen und Anbauten, sowie zahlreiche Restaurierungen und Anbauten in der

Neuzeit, endgültige Fertigstellung war erst im Jahr 1929. Die Kathedrale war Schauplatz

wichtiger Zeremonien im Leben und in der Amtsausübung des jeweiligen Herrschers.

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Deutsche Spuren in Prag

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Abbildung 22: Postkarte

mit der Karlsbrücke. Im

Hintergrund der Hradschin.

Gelaufen.

Die Karlsbrücke verbindet

die Altstadt und die

Kleinseite. Die Brücke

wurde auf 16 Pfeilern

erbaut und ist 520 m lang

und 10 m breit. Der Bau

wurde unter Karl IV. 1357

von Peter Parler begonnen,

aber erst 1503 unter der Re-

gentschaft Wenzel IV. voll-

endet. Die Türme an beiden Ufern dienten der Verteidigung. Die Brückenarchitektur ist

gotisch, der reiche Skulpturenschmuck barock. (C 3 im Stadtplan auf S. 20/21)

Abbildung 23 Postkarte mit

dem Wenzelsplatz in Blick-

richtung Nationalmuseum.

Gelaufen.

Unter Karl IV (* 14. Mai 1316

in Prag; † 29. November 1378

in Prag) wurde der Platz bei

der Gründung der Neustadt als

Roßmarkt angelegt. Seinen

jetzigen Namen bekam er

1848. Der Wenzelsplatz ist

750 m lang und 60 m breit.

Zusammen mit den Straßen Na

přikopé (Am Graben), Na

Můstku (Brückel), 28. Řijna (Obstgasse) und Národni třída (Straße der Nation, früher

Ferdinandstraße) bildet er das „Goldene Kreuz“. Hier entwickelte sich das Geschäfts- und

Gesellschaftsleben der Hauptstadt am stärksten. Ereignisse der jüngeren Geschichte waren

hier die Selbstverbrennung von Jan Palach 1969 und regimekritische Demonstrationen 1989.

Am Südostende des Wenzelsplatzes befinden sich das bronzene Wenzelsdenkmal und das

Nationalmuseum (Lage des Wenzelsplatzes: D3/E4 im Stadtplan auf S. 20/21).

Ende der 20er Jahre des 20. Jahrhunderts gab es folgende Deutsche Tageszeitungen:

Prager Tagblatt (fortschrittlich, Herrengasse 12

Bohemia (deutsch-demokratisch), Annahof

Deutsche Presse, Organ der christlich-sozialen Partei, Na Slupy 14

Sudetendeutsche Tageszeitung, deutschnationales Organ

Der Sozialdemokrat, Zentralorgan der deutschen sozialdemokratischen Arbeiterpartei

in der tschechoslowakischen Republik

Prager Zeitung, Prager Abendblatt: Nebovidgasse

Montagsblatt (deutsch-demokratisch)

Prager Presse, deutsches Presse-Organ der tschechoslowakischen Regierung,

Jungmannsgasse (Jungmannova ul)

Page 16: Wenzelsplatz in Prag, Postkarte - Sudeten-Bayern · Deutsches Kasino, mit großem Garten Am Graben 26 (D E 3 auf S. 20/21) Abbildung 4: Abzeichen des Vereins der Prager Geschäftsreisenden

Deutsche Spuren in Prag

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Abbildung 24: Postkarte

mit Abbildung der

Königlichen Burg in Prag.

Gelaufen 1904. Ansicht

vom Hradschiner Platz. Im

Vordergrund ist der Erste

Burghof zu sehen. Ganz

links befindet sich das

Erzbischöfliche Palais. Die

Prager Burg ist das größte

geschlossene Burgareal der

Welt (bedeckt eine Fläche

von 7 Hektar).

(Lage: B 2 im Stadtplan auf

S. 20/21)

Abbildung 25: Postkarte mit

dem Deutschen Saal in der

Burg. Nicht gelaufen.

Oberhalb des Hirschgrabens

im nördlichen Teil der Burg

war der bekannte Deutsche

Saal. Er ist 48 m lang, 11 m

breit und 8 m hoch. Hier

befanden sich früher die

Bildergalerie und Museum

Rudolfs II. deren Schätze bei

der Invasion durch die

Schweden 1632 von Johann

Georg von Sachsen zunächst

nach Dresden und später von dem schwedischen General, Graf Königsmark, nach Stockholm

gebracht wurden. In den zwanziger Jahren findet, anstatt Deutscher Saal, immer mehr die

Bezeichnung „Galerie“ Verwendung.

Abbildung 26: Briefkopf der Deutschen Landeskommission für Kinderschutz und

Jugendfürsorge in Böhmen, Adresse: Nerudagasse 19 in Prag (B 3 im Stadtplan auf S. 20/21).

Brief gelaufen im Jahr 1917.

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Deutsche Spuren in Prag

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Hans-Dietrich Genscher verkündete 1989 vom Balkon der westdeutschen Botschaft in

Prag die Ausreisegenehmigung für Tausende DDR-Flüchtlinge. Es war ein Meilenstein

auf dem Weg zur Wiedervereinigung, und der Anfang vom Ende der DDR.

Im September 1989 flohen tausende DDR-

Flüchtlinge auf das Gelände der Deutschen

Botschaft in Prag, worauf die DDR-Behörden

einlenkten und ab 30. September insgesamt 17.000

ihrer Bürger die Ausreise in die Bundesrepublik

erlaubten. Am 3. November erlaubten die ČSSR-

Behörden den DDR-Bürgern die Ausreise nach

Westdeutschland und hoben somit ihren Teil des

Eisernen Vorhanges. Dies kann man als eine der

wichtigsten Vorstufen zum Fall der Berliner Mauer

und für die folgende Deutsche Wiedervereinigung

sehen. Der heutige Sitz der Deutschen Botschaft ist

das ehemalige Palais Lobkowitz, erbaut 1703 bis

1707, in der Wälsche Gasse (Lage: B 3 im Stadtplan

auf S. 20/21).

27 a

Abbildungen 27a und b: Deutsche Botschaft in Prag (Vorder- und Rückseite), Adresse:

Vlašská 347/19, 118 00 Praha 1, Tschechische Republik, Fotos: Christian Weber (2011)

27 b

Page 18: Wenzelsplatz in Prag, Postkarte - Sudeten-Bayern · Deutsches Kasino, mit großem Garten Am Graben 26 (D E 3 auf S. 20/21) Abbildung 4: Abzeichen des Vereins der Prager Geschäftsreisenden

Deutsche Spuren in Prag

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In Prag wie auch in der gesamten tschechischen Republik gibt es nach wie vor eine

deutschsprachige Bevölkerungsminderheit, die sich sowohl aus nach der Vertreibung

heimatverbliebenen Deutschen und ihren Nachfahren, wie auch aus deutschen und

österreichischen Staatsangehörigen, die sich v.a. seit dem EU-Beitritt Tschechiens dort

niedergelassen haben, zusammensetzt. Bei der Volkszählung 2011 bekannten sich 18772

Bürger der Tschechischen Republik zur deutschen Nationalität. Sie finden in Prag ein

reichhaltiges kulturelles, politisches, schulisches und religiöses Angebot:

Die wichtigsten deutschsprachigen Medien sind die wöchentlich erscheinende Prager

Zeitung (http://www.pragerzeitung.cz/), der Radiosender Radio Prag

(http://www.radio.cz/de), sowie das Internetangebot von Prag aktuell (http://www.prag-

aktuell.cz/).

Die sudetendeutsche Landsmannschaft hat seit 2003 im

Sudetendeutschen Büro (http://www.sks-praha.com/de/?SKS_Prag)

eine Vertretung in Prag. Es dient als Kontaktbüro für jene Tschechen

und Sudetendeutschen, denen an Ausgleich und Verständigung zwischen

beiden Völkern bzw. Volksgruppen gelegen ist.

Der 1969 gegründete Kulturverband der Bürger deutscher Nationalität in der

Tschechischen Republik (http://www.kulturverband.com/de/) hat sich die Erhaltung der

Volkskultur und der deutschen Sprache der Minderheit zum Ziel gesetzt.

Die Landesversammlung der Deutschen in Böhmen, Mähren und Schlesien

(http://landesversammlung.cz/de/) vertritt die deutsche Volksgruppe in diversen

Minderheitengremien und ist Ansprechpartner für die Verwaltungsbehörden. Sie ist darüber

hinaus Trägerin einer Grundschule und eines Gymnasiums mit intensivem Deutschunterricht

(http://www.gtmskola.cz/). Sie gibt monatlich das Magazin „Landesecho – Zeitschrift der

Deutschen in der Tschechischen Republik“ (http://www.landesecho.cz/) heraus, das sich

auch die Förderung der deutschen Sprache und Kultur zum Ziel gesetzt hat.

Die Vereinigung der Österreicher in der Tschechischen Republik (http://www.voet.cz)

veranstaltet jährlich im Januar den Ball der Österreicher

(http://www.ballderoesterreicher.cz/) im Palais Žofín, der sich am Wiener Opernball orientiert

und unter der Schirmherrschaft des österreichischen Bundespräsidenten steht.

Ein reichhaltiges deutschsprachiges kulturelles Angebot

bieten das Prager Literaturhaus (http://www.prager-

literaturhaus.com/), das Österreichische Kulturforum

Prag (http://www.oekfprag.at/), sowie das jährlich

stattfindende Theaterfestival deutscher Sprache

(http://www.theater.cz/de/).

Das deutsch-tschechische Café (http://www.cnkavarna.cz/de/deutsch-tschechisches-

cafe.htm) ist ein Verein der Freunde der deutschen und tschechischen Kultur. Es dient der

Konversation in beiden Sprachen, sowie dem Kulturaustausch.

Wie in vielen europäischen und weltweiten Metropolen gibt es auch in Prag eine Deutsche

Schule (Kindergarten, Grundschule und Gymnasium, http://www.dsp-praha.org/), an der alle

deutschen Schulabschlüsse wie auch die tschechische Matura erworben werden können. Das

Österreichische Gymnasium (http://www.oegp.cz) ist ein tschechisches Privatgymnasium,

das mit der Unterrichtssprache Deutsch sowohl zur tschechischen als auch zur

österreichischen Matura führt. Deutschsprachige katholische und evangelische Gottesdienste

finden in der deutschsprachigen katholischen Gemeinde in der Kirche Sankt Johannes

Nepomuk am Felsen (http://www.kathprag.cz/) und der deutschsprachigen evangelischen

Gemeinde in der Kirche Sankt Martin in der Mauer (http://www.evprag.cz/) statt.

Page 19: Wenzelsplatz in Prag, Postkarte - Sudeten-Bayern · Deutsches Kasino, mit großem Garten Am Graben 26 (D E 3 auf S. 20/21) Abbildung 4: Abzeichen des Vereins der Prager Geschäftsreisenden

Deutsche Spuren in Prag

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Kaiser Karl IV. Denkmal in Prag, Stahlstich 1862, Größe 16 cm x 12 cm, Denkmal zu

Ehren Kaiser Karls IV. in Prag, 1848, geschaffen anlässlich des 500. Jahrestages der

Gründung der Karls-Universität von dem Dresdner Bildhauer Ernst Hähnel. Den Sockel der

vier Meter hohen Statue, die neben dem Altstädter Brückenturm steht (Lage: C 3 im

Stadtplan auf S. 20/21), zieren sitzende allegorische Frauengestalten, die die vier Fakultäten

der Universität personifizieren: Theologie, Medizin, Jura und Philosophie. Der auf dem

Sockel stehende Regent hält in der einen Hand die Goldene Bulle, die Gründungsurkunde

der Universität.

Verwendete Literatur:

Woerl´s Reisehandbuch für Prag, 22. Auflage, Leipzig 1929

Sudetenland-Lexikon von Rudolf Hemmerle, 4. Auflage, 1992, Würzburg

Deutsche Literatur aus Prag, Deutsche Welle, 12.03.2010

Richard Klier, Das Deutschtum Prags in der Vergangenheit, Adam Kraft Verlag, Karlsbad und Leipzig, 1936

http://www.fussballabzeichen.at/index.php?link=galerie&cat1=02%29%20TSCHECHOSLOWAKEI&cat2=

DEUTSCHER%20F.%20V.%20der%20CSAF&cat3=PRAG%20-%20Deutscher%20Ballspiel%20Club%

20STURM&show (Abgerufen: 4. Oktober 2015, 16:00 MESZ) Verschiedene Seiten aus http://de.wikipedia.org

Baedeker Allianz Reiseführer Prag, Verlag Karl Baedeker, 7. Auflage 1994

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Deutsche Spuren in Prag – Stadtplan 1929

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Page 21: Wenzelsplatz in Prag, Postkarte - Sudeten-Bayern · Deutsches Kasino, mit großem Garten Am Graben 26 (D E 3 auf S. 20/21) Abbildung 4: Abzeichen des Vereins der Prager Geschäftsreisenden

Deutsche Spuren in Prag – Stadtplan 1929

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Page 22: Wenzelsplatz in Prag, Postkarte - Sudeten-Bayern · Deutsches Kasino, mit großem Garten Am Graben 26 (D E 3 auf S. 20/21) Abbildung 4: Abzeichen des Vereins der Prager Geschäftsreisenden

Deutsche Spuren in Prag

Straßenverzeichnis zum Stadtplan aus dem Jahr 1929

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Page 23: Wenzelsplatz in Prag, Postkarte - Sudeten-Bayern · Deutsches Kasino, mit großem Garten Am Graben 26 (D E 3 auf S. 20/21) Abbildung 4: Abzeichen des Vereins der Prager Geschäftsreisenden

Deutsche Spuren in Prag

Straßenverzeichnis zum Stadtplan aus dem Jahr 1929

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Page 24: Wenzelsplatz in Prag, Postkarte - Sudeten-Bayern · Deutsches Kasino, mit großem Garten Am Graben 26 (D E 3 auf S. 20/21) Abbildung 4: Abzeichen des Vereins der Prager Geschäftsreisenden

Kommunal-Schuldverschreibung der Centralbank der deutschen Sparkassen Prag,

1000 Kronen, aus dem Jahr 1913, 37 cm x 25 cm.