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Werkstoffe I Teil 1 Mechanische Eigenschaften Prof. Dr. Ingo Burgert, ETH Zürich, IfB Bauingenieurwissenschaften – Bachelor, Skript zur Vorlesung

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Werkstoffe I

Teil 1 – Mechanische Eigenschaften

Prof. Dr. Ingo Burgert, ETH Zürich, IfB

Bauingenieurwissenschaften – Bachelor, Skript zur Vorlesung

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Das Skript „Werkstoffe I, Teil 1 – Mechanische Eigenschaften“ behandelt den Vorlesungsstoffder ersten drei Doppelstunden der Vorlesung Werkstoffe I im Studiengang Bauingenieurwis-senschaften der ETH Zürich. Im Skript wurden Teile des früheren Vorlesungsskripts zur Ver-formbarkeit und Festigkeit übernommen. Ferner wurde zur Erstellung des Skripts haupt-sächlich auf folgende Lehrbücher zurückgegriffen:Ashby MF & Jones DRH (2006) Werkstoffe I: Eigenschaften, Mechanismen und Anwendungen(3. Auflage), Elsevier, Heidelberg Ashby MF (2007) Materials Selection in Mechanical Design (3. Auflage), Elsevier, HeidelbergHornbogen E, Eggeler G, Werner E (2012) Werkstoffe: Aufbau und Eigenschaften (10. Auflage),Springer Heidelberg

Mein Dank gilt Frau Silvana Uttinger und Herrn Tobias Keplinger für die grosse Unterstüt-zung bei der Erstellung des Skripts, meiner Frau Katja Geis-Burgert für den Satz und dasLayout sowie John Dunlop, Silvana Uttinger, Markus Rüggeberg und Samuel Ammann fürkritisches Korrekturlesen.

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1 Einleitung

Für den Bauingenieur ist das grundlegende Verständnis von Werkstoffeigenschaften für einsicheres aber auch innovatives Konstruieren unerlässlich. Das optimale Material für ein be-stimmtes Bauteil muss aus über 50.000 Werkstoffen identifiziert werden können. Gleichzeitiggilt es, die Fortschritte in der Materialforschung zu nutzen, um so neue Anwendungen undMöglichkeiten des Konstruierens zu realisieren. Entwicklungssprünge sind oft mit technischenFortschritten bei der Materialentwicklung und Verarbeitung verbunden. Die Bedeutung derEntwicklung von Werkstoffen für den Menschen wird auch daran deutlich, dass die WerkstoffeNamensgeber für ganze Epochen waren und sind. Die zugrundeliegende Dynamik veran-schaulicht Abbildung 1.1, welche die Entwicklung und bevorzugte Nutzung von Werkstoffenin der Menschheitsgeschichte aufzeigt.

Für eine detaillierte Darstellung einzelner Werkstoffentwicklungen ist in Tabelle 1.1 der je-weilige Zeitpunkt der umfangreichen technischen Nutzung angegeben. Dabei werden ver-schiedene Kategorien hinsichtlich der Materialentwicklung unterschieden.

Beim Optimieren von Entwürfen istder Werkstoffaspekt ein entschei-dendes Kriterium, da er den Pla-nungsrahmen und wichtige Rand-bedingungen vorgibt. Eigenschaftenund die daraus resultierenden Mög-lichkeiten und Grenzen eines Werk-stoffs müssen dem Ingenieur be-kannt sein, um Risiken zu vermeidenund Potentiale für Innovationen zunutzen.

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Studiengang Bauingenieurwissenschaften Werkstoffe I Teil 1 – Mechanische Eigenschaften

Abb 1.1: Entwicklung und Nutzung der Werkstoffe(aus: Ashby (2007) Materials Selection in Mechanical Design)

Tab. 1.1: Entwicklung ausgewählter Werk-stoffe (nach Hornbogen et al. (2012)Werkstoffe, modifiziert)

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1.1 Beschreibung und Kategorisierung von WerkstoffenFür den optimalen Einsatz eines Materials ist die genaue Kenntnis seines Eigenschaftsprofilsnotwendig. Manchmal kann nur ein einziger Eigenschaftsaspekt (z. B. Thermoschockbestän-digkeit), den Einsatz eines in vielen Bereichen optimalen Materials für den spezifischenEinsatz in einer Konstruktion ausschliessen. Zur Kategorisierung der Vielzahl von Eigenschaftenwerden Eigenschaftsklassen definiert, anhand derer ein Material bewertet und mit anderenMaterialien verglichen werden kann. Zudem kann eine Einteilung in Werkstoffklassen vorge-nommen werden, welche auf Struktur, Chemismus und Bindungstypen der Werkstoffe be-ruht.

1.1.1 EigenschaftsklassenIn den Eigenschaftsklassen muss das gesamte Eigenschaftsprofil eines Materials abgebildetwerden. Dabei kann in unterschiedliche Kategorien unterteilt werden. Im Folgenden ist eineder gebräuchlichen Einteilungen für die Eigenschaftsklassen gewählt, die ohne Anspruchauf Vollständigkeit durch eine Auswahl typischer Parameter näher gekennzeichnet werden:

Mechanische EigenschaftenMit den mechanischen Eigenschaften können Materialien hinsichtlich des Verhaltens unterLast (kurzfristig, langfristig) charakterisiert und unterschieden werden.

Physikalische Eigenschaften Physikalische Eigenschaften beschreiben die Wechselwirkungen von Materialien mit Licht,Temperatur, Elektrizität, Feuchte etc.

Wechselwirkung mit der UmweltWechselwirkungen mit der Umwelt beschreiben das Verhalten eines Werkstoffs unter be-stimmten Umweltbedingungen (z. B. Atmosphäre, Innenraum, Kanalisation,…)

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• Steifigkeit • Festigkeit • Fliessgrenze • Härte

• maximale Dehnung • Zähigkeit • Dämpfung • zeitabhängiges Verhalten…

• Oxidation• Korrosion

• Verschleiss• …

• (Dichte)• Schmelzpunkt • thermische Leitfähigkeit • spezifische Wärmekapazität • Thermoschockbeständigkeit • spezifischer elektrischer

Widerstand

• Dielektrizitätskonstante• Lichtdurchlässigkeit • Brechungsindex • Kapillarität • Diffusionswiderstand• …

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ProduktionDie Produktion beschreibt übergeordnete Aspekte bzgl. des Umgangs mit einem Werkstoffsowie Voraussetzungen und Auswirkungen der Verwendung.

Wirtschaftliche EigenschaftenDie wirtschaftlichen Eigenschaften beschreiben Stellung und Bedeutung eines Werkstoffsim wirtschaftlichen Umfeld, in Abhängigkeit von z. B. Nachfrage, Vorkommen, globaler Lage(Rohstoffe), Infrastruktur, Politik.

1.1.2 WerkstoffklassenBasierend auf Struktur, Chemismus und Bindungstypen lassen sich Werkstoffe in sogenannteWerkstoffklassen einteilen. Eine übliche Einteilung unterscheidet:

Metalle und Legierungen sind gute elektrische Leiter und reflektieren Licht. Sie sind plastischverformbar und chemisch meist nicht beständig. Beispiele sind Eisen, Stahl oder Kupfer.

Keramiken und Gläser sind schlechte elektrische Leiter und spröde, sodass sie plastisch nicht verformt werden können. Eine hohe chemischeBeständigkeit und ein hoher Schmelzpunkt sind weitere wichtige Aspektedes Eigenschaftsprofils. Beispiele sind Zement, Quarzgläser oder Alumi-niumoxid.

Kunststoffe sind schlechte elektrische Leiter mit einer ausgeprägten Abhängigkeit der Ver-formbarkeit von der Temperatur und einem niedrigen Schmelzpunkt. Beispiele sind Polyethylen(PE), Polyvinylchlorid oder Epoxidharze.

Verbundwerkstoffe stehen für eineKombination von Eigenschaftspro-filen, wodurch den Grenzflächeneine besondere Bedeutung zu-kommt. Sie sind meist anisotrop (Fa-serverbundwerkstoffe). Beispielesind kohlefaserverstärkte Kunst-stoffe (CFK), glasfaserverstärkteKunststoffe (GFK), Partikelverbund-werkstoffe oder Holz.

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• Fertigungsprozesse• Verarbeitbarkeit • Liefer-/Einbauform • Transportfähigkeit

• Energieverbrauch und Emissionen

• …

• Metalle/Legierungen• Keramiken/Gläser

• Kunststoffe• Verbundwerkstoffe

• Preis• Marktabhängigkeit (Preis-

schwankungen)

• Verfügbarkeit• …

Abb. 1.2: Werkstoffklassen

siehe: 1.2 Struktur der Werkstoffe

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1.2 Aufbau der WerkstoffeDie Werkstoffeigenschaften werden im Wesentlichen durch den atomaren und molekularenAufbau der Werkstoffe bestimmt. Dabei sind insbesondere die Masse und der Durchmesserder Atome, deren interatomare Bindungen und Anordnung, sowie die inter- und intramole-kularen Bindungen und Anordnungen der Moleküle ausschlaggebend. Bei den Atom- undMolekülbindungen werden Primär- und Sekundärbindungen unterschieden. Bei den Primär-bindungen handelt es sich um feste Bindungen mit einem hohen Schmelzpunkt. Zu ihnengehören Ionenbindungen, kovalente Bindungen und Metallbindungen. Bei den Sekundär-bindungen handelt es sich um schwache Bindungen mit einem niedrigen Schmelzpunkt. Zuihnen gehören Wasserstoffbrückenbindungen und Van-der-Waals-Bindungen. Auch wennjede einzelne dieser Bindungen schwach ist, führt deren Vielzahl zu einer starken Prägungdes Eigenschaftsprofils vieler Materialien. Nach Ashby & Jones (2006) haben die einzelnenBindungstypen folgende Bindungssteifigkeiten:

Die Werkstoffe der verschiedenen Werkstoffklassen unterscheiden sich sehr deutlich im ato-maren und molekularen Aufbau. So bestehen Metalle aus Kristallen mit vorwiegend dichtestenPackungen von Atomen. Auch viele keramische Stoffe bestehen aus einer Kristallstruktur mitregelmässiger Anordnung, allerdings mit einer weniger dichten Packung der Atome. Bei Glä-sern hingegen handelt es sich aufgrund der regellosen Anordnung der Atome bzw. ihrer feh-lenden Fernordnung um amorphe Feststoffe. Kunststoffe entstehen bei der Polymerisationvon Monomeren zu Molekülketten. Dabei können beispielsweise thermoplastische Kunststoffe

sowohl kristallisierte als auch un-geordnete Bereiche enthalten. De-taillierte Informationen zu Strukturund Chemismus der einzelnenWerkstoffklassen werden material-spezifisch in den jeweiligen Vorle-sungssteilen vermittelt.

Die Dichte ist ein wichtiger Ei-genschaftsparameter, welcher sichaus dem atomaren, molekularenund strukturellen Aufbau der Ma-terialien ergibt und eine Vielzahlvon Werkstoffeigenschaften beein-flusst. Abbildung 1.3 zeigt wie sichdie einzelnen Werkstoffklassen miteiner Auswahl von Vertretern in derDichte unterscheiden.

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• Kovalente Bindung (z. B. C-C) 20 – 1000 GPa• Metallbindung (z. B. Cu-Cu) 60 – 300 GPa• Ionenbindung (z. B. Na-Cl) 32 – 96 GPa• H-Brückenbindung (z. B. H2O-H2O) 8–12 GPa• Van-der-Waals (z. B. zwischen Polymeren) 2– 4 GPa

Abb. 1.3: Dichte verschiedener Werkstoffe,geordnet nach Werkstoffklassen(aus: Ashby & Jones (2006) Werkstoffe 1)

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2 Verhalten unter Last

Die mechanischen Eigenschaften eines Werkstoffs ergeben sich aus seiner Elementzusam-mensetzung, den Bindungstypen sowie aus seiner Struktur in Abhängigkeit von den Umge-bungsbedingungen. Die Materialantwort unter Last wird mit den Oberbegriffen der Ver-formbarkeit und der Festigkeit beschrieben. Die Kenntnis beider Eigenschaften ist zurmechanischen Charakterisierung notwendig, denn sie beschreiben verschiedene Aspektedes mechanischen Verhaltens. Die Verformbarkeit zeigt an, wie ein Material durch Formän-derung auf eine mechanische Beanspruchung reagiert, während die Festigkeit für die Grenzender Belastbarkeit steht. In vielen Fällen geht eine geringe Verformbarkeit mit einer hohenFestigkeit einher, aber es gibt keinen direkten Zusammenhang zwischen den beiden mecha-nischen Eigenschaften.

2.1 Definitionen der Kontinuumsmechanik

2.1.1 Spannung und SpannungsverteilungSpannungen, die durch Kräfte verursacht werden, die senkrecht zur beanspruchten Flächeeines Körpers wirken, werden Normalspannungen genannt. Sie berechnen sich einfach ausdem Quotient der angreifenden Kraft und der bean-spruchten Fläche des Körpers. Zugkräfte haben dabeiper Definition ein positives Vorzeichen und Druckkräfteein negatives Vorzeichen. Eine reine Druck- bzw. Zug-beanspruchung erzeugt gleichmässig über den Quer-schnitt verteilte Spannungen, d. h. der Wert der Span-nung ist unabhängig von der jeweiligen Lage imQuerschnitt. Die SI-Einheit für die Spannung ist Newtonpro Quadratmeter [N/m²]. Da diese Einheit für die Beschreibung der mechanischen Eigenschaften vonWerkstoffen zu klein ist, sind eher Newton pro Qua-dratmillimeter [N/mm²] bzw. [MPa] oder bei hohenSpannungen [GPa] gebräuchlich (Abbildung 2.1).

Neben den Normalspannungen können auch Schubspannung auf einen Körper wirken. Diedie Schubspannung verursachenden Kräfte wirken parallel zur beanspruchten Fläche des

Körpers. Auch die Schubspannung ergibt sich aus demQuotient von angreifender Kraft und beanspruchterFläche (Abbildung 2.2).

Kräfte, die nicht genau senkrechtoder parallel zur beanspruchten Flä-che des Körpers wirken, können ineine Normalkomponente und eineSchubkomponente zerlegt werden(Abbildung 2.3).

Die jeweilige Zerlegung hängt vonder Orientierung der betrachtetenSchnittebene ab. Unabhängig davon

kann der gesamte Spannungszustand im Spannungstensor zusammen-gefasst werden (wie bereits aus den Mechanikvorlesungen bekannt). Ab-weichend von der uniformen Spannungsverteilung infolge reinen Zugs,Drucks oder Schubs sind demnach auch mehrachsige Zustände oder Span-nungsverläufe über die Querschnittsgeometrie möglich.

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Abb. 2.1: Illustration der Normalspannung

Abb. 2.2: Illustration der Schubspannung

Abb. 2.3: Illustration des Zusammenwir-kens von Normalspannung σt und Schub-spannung τ

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Im Fall einer Biegespannung basiert die Beanspruchung auf einem Moment M. Es ergibt sicheine auf Druck und eine auf Zug beanspruchte Seite. Die Spannungsverteilung ist linear unddas Maximum tritt in der äussersten Faser am Rand auf:

Im Gegensatz zu den uniaxialenZug- und Druckbeanspruchungenist nicht nur die Querschnittsgrösse,sondern auch die Querschnittsformausschlaggebend, was im Flächen-trägheitsmoment Berücksichtigungfindet (Abbildung 2.4).

2.1.2 DehnungSpannungen verursachen als Materialantwort Dehnungen bzw. Verformungen (Abbildung2.5). Die Dehnung ε (dimensionslos), welche in Richtung der Beanspruchung auftritt, wird alsLängsdehnung bezeichnet (längs = Lastrichtung). Dabei handelt es sich um die Längenände-rung des Körpers Dl im Verhältnis zu seiner ursprünglichen Länge l0:

Ein weiterer Effekt der Beanspruchung ist eine Längenänderung des Körpers quer zur Last.Die sogenannte Querdehnung steht für die Längenänderung der Körpers quer zur LastrichtungDh bezogen auf die ursprünglichen Länge h0:

Der Quotient aus der Querdehnungund der Längsdehnung bei Bean-spruchung in Längsrichtung ist dieQuerdehnungszahl ν, welche auchPoissonzahl oder Querkontraktions-zahl genannt wird und eine elastis-che Konstante ist.

Bleibt bei der Verformung das Volumen konstant, ergibt sich eine Querdehnungszahl von ν = 0,5. Üblicherweise ergeben sich für die Querdehnungzahl Werte im Bereich 0 < ν < 0,5, d.hdas Volumen des Prüfkörpers vergrössert sich bei einer Zugbeanspruchung (und verkleinertsich bei einer Druckbeanspruchung).

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Abb. 2.4: Spannungsverteilung unter Biegebeanspruchung

σm = maximale Biegespannung M = MomentI = Flächenträgheitsmoment zmax = Maximaler Randfaserabstand von der neutralen Faser (2.01)

(2.02)

(2.03)

(2.04)

Abb. 2.5: Längs- und Querdehnung

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Schubspannungen resultieren in Schubverformungen (Abbildung 2.6), wobei die Verformungdes Körpers über die Änderung des Schub- bzw. Gleitwinkels γ ausgedrückt wird:

Die relative Volumenänderung D aufgrund eines hydrostatischen Drucks (Abbildung 2.7)ergibt sich aus der Volumenänderung DV bezogen auf das Ausgangsvolumen V0 des Körpers:

2.2 MaterialmodelleMaterialmodelle beschreiben das Verhalten eines Werkstoffes, wobei sie im Sinne einer Ver-einfachung (Modell) in der Regel nur die für einen bestimmten Zusammenhang relevantenAspekte des Materialverhaltens abbilden. Stoffgesetze oder auch Werkstoffgesetze setzendie vorab besprochenen Spannungen σ und Dehnungen ε in einen Zusammenhang. Dabeisind unterschiedliche Modelle denkbar, von denen einige im Folgenden besprochen werden.Die graphische Umsetzung des Zusammenhangs erfolgt in Spannungs-Dehnungsdiagram-men, welche ein wichtiges Werkzeug in der Visualisierung von mechanischen Werkstoffei-genschaften sind. Mit ihnen lassen sich die verschiedenen Materialmodelle darstellen undsie ermöglichen den absoluten und relativen Vergleich zwischen einzelnen Werkstoffen.

2.2.1 Elastisches VerhaltenElastisches Verhalten steht für eine vollständig reversible Verformung eines Körpers, d. h. eine Ent-lastung führt wie bei einer Feder direkt zur Rückführung zur ursprünglichen Länge (Abbildung 2.8).

Eine Verformung wird als linear elastisch beschrieben, wenn ein proportionaler Zusammen-hang zwischen Spannung und Dehnung während der Beanspruchung besteht. Dann ergibtsich im Spannungs-Dehnungs-Diagramm ein Kurvenverlauf mit einer konstanten Steigung,die dem Elastizitätsmodul E entspricht. Die Definition erfolgt im elastischen Bereich überdas Hooke’sche Gesetz. Da die Dehnung ε dimensionslos ist, hat der Elastizitätsmodul diegleiche Einheit wie die Spannung σ [MPa].

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(2.05)

Abb. 2.6: Schubverformung Abb. 2.7: Relative Volumenänderung

Abb. 2.8: Feder – Modell für elastisches Verhalten und Spannungs-Dehnungs-Diagramm eines linear elastischen Materialverhaltens

(2.06)

(2.07)

für sehr kleine Verformungen

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Der Elastizitätsmodul steht für die Steifigkeit eines Materials und ist ein Materialkennwert,dessen Grösse darüber Auskunft gibt, wie viel Widerstandein Werkstoff einer elastische Verformung entgegen setzt.Dieser Aspekt und Methoden zur Messung werden in Kapitel3.1 näher behandelt.

Bei nicht-linearem elastischen Verhalten ist der Kur-venverlauf im Spannungs-Dehnungs-Diagramm auchkontinuierlich, aber nichtlinear (konkav oder konvex)mit veränderlicher Steigung E = f(σ) d. h. das Materialwird steifer oder nachgiebiger mit steigender Last.

Generell ist für das rein-elastische Verhalten (linearoder nichtlinear) entscheidend, dass der Kurvenverlaufbei Be-und Entlastung genau übereinstimmt und amEnde der Entlastung wieder der Nullpunkt des Dia-gramms erreicht wird.

Auch beim Materialmodell des ane-lastischen Materialverhaltens wirdam Ende der Entlastung wieder derNullpunkt des Diagramms erreicht,allerdings stimmen hier die Belas-tungskurve und die Entlastungs-kurve nicht überein. Die Fläche zwi-schen den beiden Kurven entsprichtder bei der Beanspruchung dissi-pierten Energie. Viele Werkstoffewerden zwar zur Vereinfachung als elastisch angenommen, verhalten sich aber real anelas-tisch.

2.2.2 Plastisches VerhaltenPlastisches Verhalten zeichnet sich dadurch aus, dass die durch eine Last hervorgerufeneVerformung irreversibel ist, das heisst, sie bildet sich auch nach der Entlastung nicht zurück.Man kann sich dies am Modell eines Reibungskörpers wie in Abbildung 2.11 dargestellt vor-stellen. Wenn am Körper gezogen wird, verschiebt er sich, aber wenn man aufhört zu ziehen,verharrt er in der Position.

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siehe: 3.1 Elastizitätsmodul

Abb. 2.9: Spannungs-Dehnungs-Diagramm für nichtlinear elastisches Materialverhalten

Abb. 2.10: Spannungs-Dehnungs-Diagramm für anelastisches Materialverhalten

Abb. 2.11: Reibungskörper – Modell für plastisches Verhalten und Spannungs-Dehnungs-Diagramm für idealplastische und starr-ideal plastisches Materialverhalten

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Verhält sich ein Material ideal plastisch, erzeugt die Last keine Spannungen, sondern nurDehnungen, (Verlauf im Spannungs-Dehnungs-Diagramm horizontal entlang der ε-Achse).Im Reibungskörper-Modell kann man dies ausdrücken, indem der Reibungskoeffizient μ zwi-schen Unterlage und Körper gleich Null gesetzt wird. Dies ist nur ein theoretischer Fall, tat-sächlich verwendet wird oft ein starr-ideal plastischer Verlauf: Das Material verhält sich starr(= keine Dehnungen), bis die plastische Grenze σpl erreicht ist. Bei Steigerung der Last verharrtdie Spannung bei σpl und es entstehen nur mehr Dehnungen. Der Verlauf im Spannungs-Dehnungs-Diagramm präsentiert sich also abschnittsweise linear; zunächst vertikal, dannhorizontal. Im Reibungskörper-Modell erhält der Reibungskoeffizient in der Folge einen end-lichen Wert. Auch ein solches Verhalten wird in Wirklichkeit nicht beobachtet, es kann aberin gewissen Fällen (z. B. für sehr steife Werkstoffe mit ausgeprägter Fliessgrenze) als zulässigeVereinfachung angenommen werden.

2.2.3 Elasto-plastisches VerhaltenViele Werkstoffe zeigen bei Beanspruchung ein elasto-plastisches Verhalten mit einem Über-gang bei einer bestimmten Spannung, der sogenannten Fliessgrenze . Unterhalb der Fliess-grenze liegt elastisches Verhalten vor, oberhalb der Fliessgrenze tritt plastische Verformungauf.

Wird der Prüfköper wieder komplett ent-lastet, lassen sich die jeweiligen Anteile derelastischen und der plastischen Verformungaus dem Spannungs-Dehnungsdiagrammablesen. Der Übergang an der Fliessgrenze ist eigentlich kontinuierlich, dies wird aber imModell nicht berücksichtigt. Das beschriebene Verhalten kann mit einer Serie aus einer Federund einem Reibungskörper modelliert werden, wobei die Feder eine konstante Steifigkeitaufweist und der Reibungskoeffizient gleich Null gesetzt wird.

Das elasto-plastische Materialmodell ist im Bauingenieurwesen insbesondere darum wichtig,weil es für gewöhnlich verwendet wird, um das komplexe Verhalten von Stahl zu vereinfa-chen.

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siehe: Abb. 2.13 : Spannungs-Dehnungs-Kurven – ablesbare Grössen

Abb. 2.12: Modell einer Serie aus Feder und Reibungskörper undSpannungs-Dehnungs-Diagramme für linear elastisch-ideal plastische Werkstoffe

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2.3 Spannungs-Dehnungs-Diagramme – ablesbare GrössenAus einem Spannungs-Dehnungs-Diagramm lassen sich viele Rückschlüsse auf das Material-verhalten eines Werkstoffes ziehen. Die Form der Kurve zeigt beispielsweise an, ob es sichum einen sprödes Material (z. B. Keramik) oder um ein duktiles Material (z. B. Stahl) handelt.Am Beispiel eines Zugversuchs an einem Prüfköper aus einem plastisch verformbaren Metall

(z. B. Kupfer) soll gezeigt werden, welche Grössen ausdem Spannungs- Dehnungs-Diagramm abgelesen wer-den können (Abbildung 2.13).

Die Fläche unter der Spannungs-Dehnungs-Kurve entspricht der verrichteten Arbeit für dieerreichte Verformung. Setzt man die Bruchstücke des Prüfköpers nach der Prüfung wiederzusammen, kann bezogen auf die Ausgangsprüflänge die plastische Bruchdehnung bestimmtwerden.

2.4 Nominelle und wahre SpannungDie bisher gezeigten Spannungs-Dehnungsdiagramme basieren auf der nominellen Span-nung, welche die angreifende Kraft auf den Ausgangsquerschnitt bezieht. Dieser Ansatz istfür „kleine Verformungen“ gerechtfertigt, allerdings ist dies insbesondere bei zunehmenderplastischer Verformung nicht mehr gegeben. So ist in Abbildung 2.13 ein Spannungsabfallzwischen dem Beginn der Einschnürung und dem endgültigen Bruch erkennbar. Der Beginnder Einschnürung markiert einen Punkt, an dem lokal die Querschnittsfläche sehr stark ver-jüngt wird. Bezieht man die Kraft folglich nicht auf den Ausgangsquerschnitt (nominelle

Spannung), sondern auf den zu einem Zeitpunktder Prüfung effektiv vorliegenden Querschnitt, erhält man die sogenannte wahre Spannung. Ab-bildung 2.14 zeigt einen Zugversuch mit der no-minellen Spannung (blau) und der wahren Span-nung (rot).

Deutlich wird, dass der Unterschied zwischen wahrer und nomineller Spannung mit Beginnder Einschnürung grösser wird, was sich mit der sich lokal stark verringernden Querschnitts-fläche erklären lässt. Die Darstellung auf Basis der nominellen Spannung hat hingegen denVorteil, dass die Zugfestigkeit des Prüfköpers eindeutig abgelesen werden kann. Auch schein-bar grosse Unterschiede im Spannungs-Dehnungsverhalten (mit nomineller Spannung) von

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Abb. 2.13: Spannungs-Dehnungs-Diagramm eines plastisch verformbaren Metalls(nach: Ashby & Jones (2006) Werkstoffe 1)

• A: Anstieg der Kurve entspricht dem Elastizitätsmodul. • B: Fliessgrenze oder Streckgrenze: σy Ende des elastischen Be-

reichs.• C: Dehngrenze: Für den Fall, dass das Materialverhalten kei-

nen klar definierten Übergang an der Fliessgrenze zeigt,wurden zur Einordnung und Vergleichbarkeit von Mate-rialien Dehngrenzen definiert, welche bleibende Dehnun-gen von z. B. 0,1 % oder 0,2 % anzeigen.

• D: Zugfestigkeit σTS: Spannung bei Beginn der Einschnürung. • E: Endgültiger Bruch des Prüfköpers

Abb. 2.14: Nominelle und wahre Spannung(aus: http://de.wikipedia.org/wiki/Zugfestigkeit (David Richfield))

1. Zugfestigkeit2. Streckgrenze3. endgültiger Bruch4. „Strain hardening“ Bereich5. EinschnürungsbereichA: nominelle Spannung (F/A0)B: wahre Spannung (F/A)

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Materialien bei Zug- und Druckbeanspruchung insbesondere im Bereich der plastischen Ver-formung werden bei Berücksichtigung der wahren Spannung deutlich geringer.

Unter der Annahme, dass sich das Volumen bei der plastischen Verformung nicht ändert,lassen sich nominelle Spannungen in wahre Spannungen umrechnen:

Auch bezüglich der Dehnung lassen sich nominelle Dehnung und wahre Dehnung unter-scheiden und über einen einfachen mathematischen Zusammenhang in Beziehung setzen:

Eine Berechnung der wahren Dehnung ist zum Beispiel beim Vergleich der Materialantwortbei Zug- und Druckbeanspruchung sinnvoll. Dies liegt darin begründet, dass sich aus dergleichen Verschiebung einer Probe bei Verlängerung unter Zug bzw. bei Verkürzung unterDruck unterschiedliche nominelle Dehnungen ergeben.

2.5 Zeitabhängiges MaterialverhaltenBei zeitabhängigem Materialverhalten, sogenanntem viskoelastischen und viskoplastischenVerhalten, spielt – wie die Bezeichnung impliziert – zusätzlich der Faktor Zeit eine wichtigeRolle. Viskoelastisches Verhalten wird in Modellen abgebildet, die auf einer Kombinationvon Federn und Dämpfern basieren. In Abbildung 2.15 wird viskoelastisches Verhalten im Ver-gleich zu elastischem und plasti-schem Verhalten vereinfachendschematisch dargestellt.

Es gibt zwei Kategorien des zeitabhängigen Verhaltens: Relaxation und Kriechen. Bei der Re-laxation handelt es sich um den Abbau von Spannung bei einer über die Zeit konstantenDehnung. Kriechen hingegen beschreibt die Zunahme von Dehnungen über die Zeit bei kon-stanter Spannung (Abbildung 2.16).

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Abb. 2.15: elastisches, plastisches, viskoelastisches Materialverhalten

bei Entlastung bei t0

Abb. 2.16: Schematische Darstellung deszeitabhängigen Materialverhaltens beiRelaxation und Kriechen

(2.08)

σw = wahre Spannung σn = nominelle Spannung εn = nominelle Dehnung

(2.09)εw = wahre Dehnung εn = nominelle Dehnung

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Der zeitabhängige Dehnungszuwachs εk(t) lässt sich wie folgt berechnen:

Eine detaillierte Betrachtung des Kriechvorgangs zeigt die zeitabhängige Materialantwortbei Be-und Entlastung. Wenn nach dem Aufbringen der Last Kriechen auftritt, vergrössertsich die Verformung mit fortschreitender Zeit über den elastischen Wert εel hinaus. Bei Ent-lastung des Prüfkörpers nach einer gewissen Zeit t geht der elastische Verformungsanteil εelsofort zurück, und es bleibt die Kriechdehnung εk(t) zurück, welcher sich wiederum aus zweiVerformungsanteilen zusammensetzt: Der reversible Kriechdehnungsanteil εk,r(t) geht imweiteren Verlauf nach der Entlastung ebenfalls zurück, der irreversible Anteil εk,irr(t) bleibtaber dauerhaft erhalten (Abbildung 2.17).

Man unterscheidet drei Bereiche des Kriechens anhand der Kriechgeschwindigkeit. Im pri-mären Bereich (I) nimmt die Geschwindigkeit stetig ab, im sekundären Bereich (II) ist sie kon-stant (dεk/dt = konstant), und im tertiären Bereich (III) nimmt sie exponentiell zu und eskommt zum Kriechversagen (Abbildung 2.18).

Die Bruchzeitpunkte liegen auf der Kriechbruchlinie. Es gibt also eine kritische Spannungσkrit, die als Dauerstandsgrenze bezeichnet wird und die darüber entscheidet, ob die Bean-spruchung zu einem Bruch derProbe führt: σ > σkrit bedeutet, dassdie Verformung bis zum Bruch fort-schreitet, σ < σkrit erzeugt lediglichKriechverformungen.

Für den Vergleich des Kriechverhal-tens verschiedener Werkstoffe eig-net sich die Kriechzahl ϕ(t), welcheder zeitabhängige Quotient aus derKriechdehnung εk(t) und der elasti-schen Dehnung εel ist (Tabelle 2.1):

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(2.10)

mit = Länge des Prüfkörpers [m] = elastische Verformung unmittelbar nach der Belastung [m] = zeitabhängige Verformung [m] = totale Verformung [m]

Abb. 2.17: Dehnungs-Zeit-Diagramm bei Be- und Entlastung im Kriechversuch

Abb. 2.18: Kriechen und Kriechgeschwindigkeit beiunterschiedlicher Belastung von Beton

(2.11)

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Angaben zum Umgang mit Kriech-und Relaxationsvorgängen für dieunterschiedlichen Baustoffe (Holz,Stahlbeton,…) sind in den jeweiligenKonstruktionsnormen enthalten.

2.6 Weitere MaterialmodelleEs gibt grundsätzlich beliebig viele weitere Materialmodelle. Die beschriebenen Elemente Federund Reibungskörper sowie Dämpfer für viskoses Verhalten können zwecks Abbildung von kom-plexerem Verhalten nach Bedarf seriell und/oder parallel miteinander kombiniert werden. AlsBeispiel für ein Material mit höheren Anforderungen an das Modell kann etwa Bitumen erwähntwerden, dessen Verhalten als thermo-visko-elasto-plastisch charakterisiert wird.

2.7 Richtungsabhängigkeit von MaterialeigenschaftenEin weiterer wichtiger Aspekt ist die durch Struktur oder Chemismus vorgegebene Rich-tungsabhängigkeit des Materials. Bei einem isotropen Material, welches in allen Richtungendie gleichen Eigenschaften aufweist kann das elastische Verhalten mit zwei unabhängigenelastischen Konstanten (Elastizi-tätsmodul, Querdehnungszahl)beschrieben werden. Bei anisotro-pen Werkstoffen hingegen, dieeine Richtungsabhängigkeit beider Beanspruchung aufweisen, gilt das verallgemeinerte Hooke’sche Gesetz (Abbildung 2.19),bei dem sich die Zahl unabhängiger elastischer Konstanten aufgrund von Symmetrievoraus-setzungen auf 21 reduzieren lässt. Ein Spezialfall der Anisotropie ist die Orthotropie, in derdie Richtungsabhängigkeiten genau senkrecht zu einander stehen, und somit 9 elastischeKonstanten zur Charakterisierung ausreichen.

Anisotropien können materialimmanent sein oder im Herstellungsprozess entstehen, z. B.durch Walzen von Stahl. In vielen Fällen wird die Anisotropie des Werkstoffe, wie beispielsweisebei Faserverbundwerkstoffen ge-zielt zur Effizienzsteigerung undEinsatzoptimierung genutzt. Bei ei-nem Bauteil, welches nur in eineRichtung beansprucht wird, müssendie anderen (nicht beanspruchten)Richtungen nicht gleich gute Eigen-schaften zeigen.

2.7.1 Elastizitätsmoduln von VerbundwerkstoffenFaserverbundwerkstoffe wie Glas- oder Kohlefaserkomposite, aber auch Holz, zeigen in derRegel eine ausgeprägte Richtungsabhängigkeit. Da die Fasern um ein Vielfaches steifer sindals die sie umgebende und verbindende Matrix, unterscheiden sich die Elastizitätsmodulndes Verbundes parallel und senkrecht zu Faser. Abbildung 2.20 zeigt schematisch den Faser-Matrixverbund in den beiden Beanspruchungssituationen.

15

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siehe auch Teil 2: 3.5.3 Richtungsabhängigkeit der elastischen Eigenschaften

Abb. 2.19: Verallgemeinertes Hooke’sches Gesetz für anisotrope Werkstoffe unter Verwendung der Nachgiebigkeitsmatrix mit den Dehnungszahlen Si,j

Tab. 2.1: Endkriechzahlen einiger Werkstoffe

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Bei der Berechnung der Elastizitäts-moduln parallel und senkrecht zurFaser ergeben sich in Abhängigkeitvon den relativen VolumenanteilenVF und VM der beiden Komponenteneine obere und eine untere Grenzeder Verbundsteifigkeit.

Die obere Grenze markiert die Be-anspruchung längs zur Faser, bei derdie Beanspruchung des Verbundeszu gleichen Dehnungen in Faserund Matrix führt.

Die untere Grenze markiert die Beanspruchung quer zur Faser, bei der die Beanspruchungdes Verbundes zu gleichen Spannungen in Faser und Matrix führt.

Eine graphische Umsetzung ergibtfolgenden Verlauf der Ober- undUntergrenze in Abhängigkeit vomVolumenanteil der Fasern (Abbil-dung 2.21):

3 Prüfung der elastischen Verformbarkeit

3.1 Elastizitätsmodul

Wie im Kapitel 2.2.1 zum elastischen Verhalten beschrieben, lässt sich der Elastizitätsmodulaus der Steigung im elastischen Bereich des Spannungs-Dehnungs-Diagramms ablesen.

Aus dem Hooke’schen Gesetz folgt, dass der Wert des Elastizitätsmodulsder Spannung entspricht, die benötigt wird, um ein Material auf seinedoppelte Länge zu dehnen. Dazu sei aber erwähnt, dass es nur sehr wenigeMaterialien gibt, die sich im elastischen Bereich so weit verformen lassen.

Ein wichtiger Aspekt der Werkstoffprüfung ist, wie der Elastizitätsmoduleines Materials gemessen werden kann. Gängige Verfahren sind statische Messmethoden,bei denen über die Messung von Last und damit erzeugter Verschiebung der E-Modul mittelsArbeitsgleichung bestimmt werden kann. Folgende Prüfanordnungen kommen zu Einsatz:

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Abb. 2.20: Verbundwerkstoffe – Lastanordnung relativ zum Faserverlauf

(2.12)

(2.13)

Abb. 2.21: E-Modul von Verbund-werkstoffen in Abhängigkeit vom Volumenanteil der Fasern(nach: Ashby & Jones (2006))

siehe: 2.2.1 Elastisches Verhalten

VF = Volumenanteil FasernEF = E-Modul Fasern EM = E-Modul Matrix

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3-Punkt-Biegung

Der gemessene Elastizitätsmodul liegt prüfbedingt unter dem wahren Elastizitätsmodul, dabei der 3-Punkt Biegung auch ein Einfluss der Querkraft vorhanden ist.

4-Punkt-Biegung

Der Vorteil der 4-Punkt-Biegeprüfung gegenüber der 3-Punkt-Biegeprüfung liegt darin, dassdie Querkraft im Prüfkörperbereich zwischen den beiden angreifenden Kräften Null ist undsomit reine Biegung vorliegt.

Uniaxialer Zug- bzw. DruckversuchNeben der Biegeprüfung kann der Elastizitätsmodul auch im uniaxialen Zug- oder Druckver-such bestimmt werden. Abbildung 3.3 zeigt die Prüfanordnung und die Verformung der Probefür den Druckversuch.

Die Prüfung des Elastizitätsmoduls im uniaxialen Zug- oder Druckversuch stellt vergleichs-weise hohe Anforderungen sowohl hinsichtlich der Festlegung der Prüfkörpergeometrie, alsauch an die Steifigkeit der Prüfapparatur.

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Abb. 3.2: Ermittlung des E-Moduls mittels 4-Punkt-Biegeprüfung für einen rechteckigen Querschnitt

Abb. 3.3: Ermittlung des E-Moduls mittels uniaxialer Druckprüfung; a) Prüfanordnung, b) Verformung der Probe

(a) (b)

Abb. 3.1: Ermittlung des E-Moduls mittels 3-Punkt-Biegeprüfung für einen rechteckigen Querschnitt

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Tabelle 3.1 zeigt statische Elastizi-tätsmoduln verschiedener Werk-stoffe.

Auch wenn die statische Bestim-mung des Elastizitätsmoduls ein inder Werkstoffprüfung gängiges Ver-fahren ist, werden zur exakten Be-stimmung des Elastizitätsmodulseines Materials in der Regel dyna-mische Messmethoden eingesetzt.

Bei der Bestimmung des Elastizi-tätsmoduls über die Messung derEigenfrequenz wird ein Prüfkörperin Schwingung versetzt und seineEigenfrequenz f ermittelt. Darauslässt sich dann der Elastizitätsmo-dul errechnen (Abbildung 3.4).

Eine zweite übliche dynamische Messmethode ist die Durchschallung, bei der der Zusam-menhang zwischen Elastizitätsmodul und Schallausbreitung in einem Material genutzt wird.Ein Schallimpuls (Longitudinalwelle) durchläuft den Prüfkörper der Länge nach. Dabei wird

die Laufzeit vom Sender zum Emp-fänger gemessen, aus der dann derElastizitätsmodul berechnet wer-den kann (Abbildung 3.5).

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Tab. 3.1: Statische Elastizitätsmoduln verschiedener Werkstoffe

Abb. 3.4: Ermittlung des E-Moduls überdie Eigenfrequenz (nach: Ashby & Jones (2006) Werkstoffe I)

Abb. 3.5: Ermittlung des E-Moduls mittelsUltraschallprüfung

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Die in dynamischer Messung ermittelten Werte für den Elastizitätsmodul liegen höher alsdie aus den statischen Methoden. Dies liegt zum einen im Aufbau der Prüfapparaturen be-gründet, da bei der statischen Prüfung auch eine (nur geringe) Nachgiebigkeit des Prüfgerätsdas Ergebnis beeinflusst. Zum anderen gibt es auch einen Einfluss des Materials, da bei nichtrein elastischem Verhalten (anelastischer Anteil) die Beanspruchungsgeschwindigkeit dasErgebnis beeinflusst: je höher die Geschwindigkeit ist, umso höher wird der gemessene Elas-tizitätsmodul für den selben Werkstoff ausfallen.

In den jeweiligen Normen sind die verschiedenen Arten der Prüfung geregelt (Prüfbedin-gungen, Lastbereich, Anzahl der gemessenen Werte und der geprüften Proben, Berechnungender gesuchten Grössen aus den Messresultaten, anzubringende Korrekturen bei der Auswer-tung, etc.).

3.2 SchubmodulDer Schubmodul beschreibt die Steifigkeit eines Materials in Bezug auf den Widerstandgegen eine Schubverformung. In Analogie zum Elastizitätsmodul E kann der Schubmodul Gaus der Steigung der Kurve im Schubspannungs-Gleitwinkel-Diagramm ermittelt werden.Der mathematische Zusammenhang mit dem Elastizitätsmodul für isotrope Werkstoffe ist:

Schubmoduln können im Scher- oder Torsionsversuch ermittelt werden. Bei der Scherprüfungwird wie in Abbildung 3.6 schematisch dargestellt, der Prüfkörper zwischen zwei starrePlatten geklebt und mit gleichmässiger Geschwindigkeit stossfrei auf Schub belastet. Ge-

messen wird die aufgewendeteKraft und die daraus resultierendeSchubverformung.

Im Torsionsversuch wird, wie in Ab-bildung 3.7 schematisch dargestellt,ein Kragarm mit kreisförmigemQuerschnitt auf Torsion bean-sprucht und der Auslenkwinkel ϕgemessen.

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(3.01)

Abb. 3.7: Torsionsversuch

Abb. 3.6: Scherversuch

G = Schubmodul [N/mm2]h = Probekörperhöhe [mm]l = Probekörperlänge [mm]b = Probekörperbreite [mm]DF = Kraftdifferenz [N] zwischen zwei Messpunkten der VerschiebungDν = Verschiebungsdifferenz [mm] zwischen zwei Messpunkten der Kraft

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Tabelle 3.2. zeigt Messwerte für dieSchubmoduln verschiedener Werk-stoffe.

3.3 QuerdehnungszahlZur Messung der Querdehnungs-zahlen können Längenveränderun-gen bei einer uniaxialen Prüfung(Zug/Druck) in Längs- und Querrich-tung mit Dehnmessstreifen (DMS)gemessen werden. Die Längenän-derungen werden durch die Dehn-messstreifen aufgrund einer Ände-rung des elektrischen Widerstandsder eingebetteten Leiter registriert.

Tabelle 3.3. zeigt Querdehnungszah-len verschiedener Werkstoffe..

4 Festigkeit und Bruchzähigkeit

4.1 FestigkeitDer Begriff der Festigkeit wurde bereits im Kapitel 2bei der Interpretation des Spannungs-Dehnungs-Dia-gramms eines Werkstoffs im Zugversuch angespro-chen. Die Festigkeit entspricht derjenigen Spannung,bei der ein Werkstoff versagt und ist damit die höchsteSpannung, die in einem Werkstoff unter den gegebe-nen Bedingungen erzeugt werden kann.

4.1.1 Einfluss der BeanspruchungsartDie Beanspruchungsart hat materialabhängig einengrossen Einfluss auf die Festigkeit. So liegt bei denmeisten spröden Materialen wie beispielsweise bei Be-ton die Druckfestigkeit um einen Faktor 10–15 höherals die Zugfestigkeit (Abbildung 4.1).

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Tab. 3.2: Schubmoduln verschiedener Werkstoffe

Tab. 3.3: Querdehnungszahlen verschiedener Werkstoffe

Abb. 4.1: Schematisches Spannungs-Dehnungs-Diagramm für Betonft = Zugfestigkeit; fc = Druckfestigkeit

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Zyklische Beanspruchungen führen zu einer Materialermüdung, so dass die sogenanntenDauerfestigkeiten weit unter den Festigkeitswerten aus statischen Prüfungen liegen. Dasmuss beispielsweise bei der Bemessung von Brücken oder Maschinenfundamenten berück-sichtigt werden.

4.1.2 Messung und WerteDie Festigkeitsprüfungen entsprechen im Wesentlichen denen zur Messung der statischenElastizitäts- und Schubmoduln in Kapitel 3 vorgestellten Prüfanordnungen. Es sind dabeiaber einige zusätzliche Aspekte bei der Festigkeitsprüfung zu berücksichtigen und es gibtdarüber hinaus spezielle Festigkeitsprüfanordnungen, die hier Erwähnung finden sollen.Exakte Angaben zu den beschriebenen Prüfungen sind jeweils in den entsprechenden Normengeregelt. Dies betrifft etwa die Abmessungen und die Anzahl der Proben oder allenfalls er-forderliche Korrekturen aufgrund der Eigenschaften der Prüfmaschine.

ZugfestigkeitIm uniaxialen Zugversuch wird eine Zugbelastung aufgebracht und erhöht, bis die Probebricht:

Um Einflüsse durch die Einspannung zu vermeiden wird oftmals über die Geometrie derProbe (Verjüngung des Querschnitts) ein Probenbereich festgelegt, in dem der Prüfkörper inder Folge bricht. Abhängig vom geprüften Material ist eine reine Zugbeanspruchung aberoft schwierig zu bewerkstelligen. Spröde Materialien sind nur schwer auf Zug zu prüfen, daSpannungskonzentrationen, die über die Einspannung auf das Material wirken, dass Ergebnisverfälschen. Daher werden in diesem Fall oft andere mechanische Beanspruchungen zur Ma-terialcharakterisierung gewählt.

Tabelle 4.1 zeigt charakteristische Zugfestigkeitswerte verschiedener Werkstoffe.

Im sogenannten Spaltzug- oder Bra-silianerversuch wird die Zugfestig-keit ermittelt, indem ein liegender(zylindrischer oder prismatischerPrüfkörper) zwischen zwei Lastver-teilstreifen auf Druck belastet wird.Durch die linienförmige Belastungergibt sich über die Querschnitts-höhe eine Spannungsverteilung wiein Abbildung 4.2 dargestellt. Durchdie Druckbelastung entsteht im In-neren des Prüfkörpers (bei isotro-pem Material rechtwinklig zur Last)Querzug, dessen Maximum auf derLängsachse des Prüfkörpers liegt.Erreicht die Querzugbeanspru-chung die Zugfestigkeit des Mate-

rials, entsteht parallel zur aufgebrachten Linienlast ein Riss, der das Versagen anzeigt. DieSpaltzugfestigkeit fs wird für einen zylindrischen Prüfkörper mit folgender Formel ermittelt:

21

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Tabelle 4.1: Zugfestigkeitswerte verschiedener Werkstoffe

(4.01)

ft = Zugfestigkeit [N/mm2] Ft,u = maximale Zugkraft [N]A0 = Fläche [mm2]

(4.02)

fs = Spaltzugfestigkeit [N/mm2] F = Kraft [N]d = Durchmesser des Zylinderprobekörpers [mm] l = Länge des Zylinderprobekörpers [mm]

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Druckfestigkeit

Bei der uniaxialen Druckprüfung werden Prüfkörper bei steigenderDruckbelastung bis zum Bruch belastet.

Bei der Prüfung von Beton unterscheiden sich die sogenannte Würfeldruckfestigkeit und diesogenannte Zylinderdruckfestigkeit. Die Reibung an den Druckplatten der Prüfmaschine führtzu einer Behinderung der Querdehnung, die in ihrer Wirkung von der Geometrie des Prüfkör-

pers abhängt. Bei den würfelförmigen Prüfkörpern istder Einfluss der Behinderung der Querdehnung auf-grund der relativ geringeren Probenlänge deutlich aus-geprägter. Dies führt zu einer höheren Festigkeit beiden Würfeldruckproben als bei den Zylinderproben. DieDruckfestigkeit von Beton bzw. Betonqualität wirddementsprechend mit Cfc,zyl/fc,cube angegeben (z. B.C30/37)

Tabelle 4.2 zeigt charakteristischeDruckfestigkeitswerte für zylindri-sche Proben verschiedener Werk-stoffe.

BiegefestigkeitDie Biegefestigkeit fm eines Mate-rials kann auf Basis der 3-Punkt-Bie-geprüfung berechnet werden, derenVersuchsanordnung in Abbildung3.1 vorgestellt wurde.

Die zugrunde liegende Formel bei der in Abbildung 3.1 gezeigten Geometrie des Querschnittslautet:

Abb. 4.2: Versuchsanordnung beim Spaltzugversuch

siehe: Abbildung 3.3

siehe: Abbildung 3.1

Abb. 4.3: Querdehnungseinfluss in Würfel- und Zylinderproben

Tabelle 4.2: Druckfestigkeitswerte verschiedener Werkstoffe

(4.04)

(4.03)

fm= Biegefestigkeit [N/mm2] F = Kraft [N]l = Stützweite des Balkens [mm]b = Breite des Balkens [mm] h = mittlere Höhe des Balkens im Bruchquerschnitt mm]

fc = Druckfestigkeit [N/mm2] Fc,u= maximale Druckkraft [N]A0 = Fläche [mm]

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4.1.3 Einordnung von Versuchsresultaten (Beispiel Beton):Um die Werte aus den beschriebenen Prüfverfahren für Betonprüfungen miteinander ver-gleichen zu können, werden im Folgenden die unterschiedlichen Festigkeiten als ungefähreFunktion der Würfeldruckfestigkeit fcw gezeigt:

Zum Verständnis der Gründe für diesen grossenEinfluss der Beanspruchungsart auf die Festigkeit,bedarf es der Erläuterung der Bedeutung von Ris-sen in spröden Materialien. Dies erfolgt im an-schliessenden Kapitel, an dessenEnde spezifisch auf diese Thematik erneut eingegangen wird.

4.2 Linear-elastische Bruchmechanik

4.2.1 EinordnungBisweilen kommt es bei Bauteilen zu katastrophalenSchadensfällen, bei denen ein Versagen bei einer Be-anspruchung erfolgt, die deutlich unter der im Vorhin-ein angesetzten Festigkeit liegt. Es finden sich in derLiteratur eine Vielzahl von Beispielen, von denen Ab-bildung 4.4 ein eindrückliches zeigt.

Der Grund für das katastrophale Versagen liegt inder instabilen Rissausbreitung, die mit den Konzeptender Kontinuumsmechanik nicht erfasst werden kann.Grundsätzlich haben alle Materialien Risse oder De-fekte, und es gibt keinen Weg, diese bei der Fertigungvon Bauteilen vollständig zu vermeiden. Die Existenzeines Risses bedeutet aber nicht zwangsläufig, dass ein Bauteil versagen wird, sondern derRiss muss sich fortpflanzen, um das Bauteil katastrophal schädigen zu können. Im Folgendensollen in einer allgemeinen und einleitenden Weise die Bedingungen für den Beginn des in-stabiles Risswachstums vorgestellt werden.

4.2.2 Konzepte und DefinitionenIn Bezug auf die Beanspruchungsart werden drei Rissöffnungsmodi unterschieden, wobeiauch deren Kombinationen wirksam sein können (Abbildung 4.5).

Der häufigste Fall ist der Modus I (Rissöffnungsmodus) mit einer Beanspruchung senkrechtzum Rissverlauf, der auch üblicherweise zur Betrachtung der instabilen Rissausbreitung her-angezogen wird (Abbildung 4.6).

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Studiengang Bauingenieurwissenschaften Werkstoffe I Teil 1 – Mechanische Eigenschaften

siehe: 4.3 Zug- Druck- und Biegefestigkeit spröder Werkstoffe

• Biege(zug)festigkeit fm ≈ 0.7–0.9 √(fcw)• Spaltzugfestigkeit fs ≈ 0.5–0.7 √(fcw)• Zentrische Zugfestigkeit ft ≈ 0.3–0.5 √(fcw)

Abb. 4.4: SS Schenectady(Quelle: wikipedia.org)

Abb. 4.5: RissöffnungsmodiAbb. 4.6: Bauteil mit Riss unter Modus-I-Beanspruchung (nach: Ashby & Jones (2006))

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Das Energiekriterium für instabile Rissausbreitung erschliesst sich aus der Betrachtung derEnergiebedingung für die Ausbreitung eines Risses. Ein Bauteil, welches aus einem elastischenWerkstoff besteht, verformt sich unter einer aufgebrachten Last. Dabei wird Arbeit verrichtet(Arbeit = Kraft x Verschiebung), die im Bauteil als elastische Energie gespeichert wird.

Ein Bauteil mit Riss speichert weniger elastische Energie, so dass für die Änderung derelastischen Energie δUel gilt:

Bei der Verlängerung des Risses müssen neue Oberflächen erzeugt werden, dazu bedarf esEnergie. Daher ist die durch die Belastung verrichtete Arbeit δW mit der Änderung der elas-tischen Energie δUel und der an der Rissspitze absorbierten Arbeit Gctδa in Bezug zu setzen.Da sich der Riss nur dann ausbreitet, wenn dadurch die Energie des Systems sinkt, gilt:

Dabei ist tδa die neu geschaffeneOberfläche oder Rissfläche und Gcdie Energie, die pro Flächeneinheitdes Risses absorbiert wird (Einheit[J/m2]). Diese wird als kritische Ener-giefreisetzungsrate oder auch Riss-widerstand bezeichnet. Abbildung4.7 zeigt Risswiderstände verschie-dener Werkstoffe.

Bei einer festen Verschiebung sind das obere und un-tere Ende einer Platte fixiert. Daher bewirken die an-greifenden Kräfte keine Bewegung, so dass keine Arbeitverrichtet wird (δW = 0) (Abbildung 4.8).

Für den Beginn der instabilen Rissausbreitung gilt dann:

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Studiengang BauingenieurwissenschaftenWerkstoffe I Teil 1 – Mechanische Eigenschaften

Abb. 4.7: Risswiderstände verschiedenerWerkstoffe bei Raumtemperatur (ausserWerte mit Stern), geordnet nach Werk-

stoffklassen (aus: Ashby & Jones (2006) Werkstoffe 1)

(4.06)

(4.05)

(4.07)

Abb. 4.8: Bauteil mit Riss bei fester Verschiebung

(nach: Ashby & Jones (2006))

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Ausgehend von der Überlegung, dass sich das Material um den Riss in einem halbkreisförmi-gen Bereich entspannt, und unter Berücksichtigung weiterer Annahmen zu den Verformungenund Spannungen in der Platte (siehe z. B. Gross und Seelig (2007)) lässt sich berechnen, dassder Riss instabil wird, wenn für der Risswiderstand gilt:

Damit erhält man als Bedingung für instabile Rissausbreitung:

Daraus ergibt sich der Spannungsintensitätsfaktor K mit der Einheit :

bzw. der kritische Spannungsintensitätsfaktor oder die Risszähigkeit Kc, welcher eine Werk-stoffkenngrösse ist. Instabile Rissausbreitung tritt ein, wenn:

K gilt prinzipiell nur für kleine Risse in grossen dicken Platten, für eine andere Probengeometriebedarf es der Berücksichtigung eines Korrekturfaktors Y.

Abbildung 4.9 zeigt Werte für denkritischen Spannungsintensitätsfak-tor bzw. die Risszähigkeit Kc für ver-schiedene Werkstoffe.

25

Studiengang Bauingenieurwissenschaften Werkstoffe I Teil 1 – Mechanische Eigenschaften

(4.10)

(4.08)

(4.09)

(4.11)

(4.12)

Abb. 4.9: Risszähigkeit Kcverschiedener Werkstoffe,

geordnet nach Werkstoffklassen (aus: Ashby & Jones (2006) Werkstoffe 1)

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4.2.3 Kerbwirkung und Mikromechanismen der instabilen RissausbreitungEine Kerbe bewirkt, dass in einem linear elastischen Material die lokale Spannung an derKerbspitze höher ist als im kerbfreien Probenbereich (Abbildung 4.10):

Die Spannungskonzentration an derKerbe ist umso grösser je schärferdie Kerbe ist, das heisst, je kleinerder Kerbradius rk, umso grösser istσlokal. Für eine sehr scharfe Kerbe(Riss) gilt rk = 0 und damit theore-tisch σlokal → ∞.

Duktiler BruchDer Fliessbruch oder Verformungsbruch ist typisch für Metalle und ist durch grosse lokale Ver-formungen vor dem Bruch geprägt. Bei Rissausbreitung steigt die lokale Spannung σlokal in derNähe der Rissspitze stark an und geht über die Fliessgrenze σy des duktilen Materials hinaus.Der Abstand von der Rissspitze bis zu diesem Punkt ist die Länge der plastischen Zone rp (grösserbei Materialien mit tieferer Fliessgrenze) (Abbildung 4.11).

Innerhalb der plastischenZone lagert sich Material umund baut so Spannung ab.Um Mikrorisse im Materialvor der Rissspitze herum(grundsätzlich sind immerwelche vorhanden) verformtsich das Material plastischund es bilden sich grössereHohlräume, welche bei fort-gesetztem Fliessen zusammenwachsen und sich zuletzt mit dem Riss verbinden (Abbildung4.12). Dabei wird der Riss länger aber auch stumpf, was in der Summe aufgrund der grossenVerformungen zu einer rauen Bruchfläche führt (siehe auch Gleichung 4.13).

Bei der plastischen Verformung wird Energie dissipiert (= verwandelt sich in Wärme undSchall). Die Risszähigkeit Kc des Materials ist dementsprechend hoch.

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Abb. 4.10: Lokale Spannungs-verteilung vor Rissspitze

(nach: Ashby & Jones (2006))

Abb. 4.11: Ausbildung einerplastischen Zone an der Riss-spitze bei Überschreiten derFliessgrenze des Materials (nach: Ashby & Jones (2006))

Abb. 4.12: Abstumpfen der Riss-spitze beim Verformungsbruch(nach: Ashby & Jones (2006))

(4.13)rk = Kerbradius [m]

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SprödbruchDer Sprödbruch oder Gewaltbruch ist typisch für spröde Materialien wie z. B. Beton, aberauch viele Metalle und Thermoplaste zeigen bei tiefen Temperaturen ein sprödes Bruchver-halten. Das Gefährliche bei Sprödbrüchen ist, dass sie sich plötzlich und ohne materialseitigeAnkündigung ereignen.

Bei der Rissausbreitung in spröden Materialien erreicht die lokale Spannung σlokal wesent-lich höhere Werte als bei duktilen Materialien, da die Fliessgrenze bei spröden Materialienrelativ zur Zugfestigkeit sehr hoch ist.

Die plastische Zone ist damit sehr klein oder gar nicht vorhanden und es kann zu keiner Um-lagerung von Spannungen kommen, wodurch die Rissspitze scharf bleibt. Wenn die lokaleSpannung σlokal die theoretische Festigkeit des Materials erreicht, reissen dessen atomareBindungen und der Riss wächst schlagartig. Dabei braucht er wegen fehlender oder geringerDissipation weniger Energie als bei einem Verformungsbruch, und die ganze Energie stehtfür das Risswachstum zur Verfügung. In der Folge ist die Bruchfläche bei Sprödbruch glatt,denn der Bruch erfolgt schnell auf der atomaren Ebene (Abbildung 4.13).

4.2.4 Heterogene Werkstoffe – Beeinflussung der RissausbreitungEs gibt verschiedene Möglichkeiten die Rissausbreitung durch das Materialdesign zu beein-flussen, insbesondere durch die Gestaltung von Übergängen von weichen zu steifen Phasen.In faserverstärkten Werkstoffen (oder auch Holz) können Risse, die zunächst senkrecht zurFaser verlaufen, abgelenkt oder sogar gestoppt werden. In gummiverstärkten Kunststoffensind die eingebrachten Gummielemente sehr zäh, so dass viel Energie nötig ist, um sie zuzerreissen, wodurch die Rissausbreitung trotz spröderer Matrix gebremst oder gestoppt wird.

In jüngerer Zeit gibt es viele Forschungsanstrengungen zur Entwicklung selbstheilender Ma-terialien. In diesen befinden sich z. B. Einschlüsse von Klebstoffkomponenten, die durch dieRissausbreitung im Werkstoff zusammenfinden und durch Aushärtungsprozesse den Werk-stoff stabilisieren.

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Abb. 4.14: Beeinflussung der Rissausbreitung in Faserverbundwerkstoffen oder durch Füllstoffe (nach: Ashby & Jones (2006))

Abb. 4.13: Rissausbreitung bei Sprödbruch

(nach Ashby & Jones (2006))

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4.3 Zug-, Druck- und Biegefestigkeit spröder WerkstoffeWie in der Einleitung zu Kapitel4 erwähnt und in Abbildung 4.1gezeigt, ist die Druckfestigkeitvon Beton mehr als 10 mal sohoch wie die Zugfestigkeit.

Die Biegefestigkeit hingegen ist ca. 2 mal so gross wie die Zugfestigkeit. In Kenntnis derMikromechanismen der Rissausbreitung in spröden Werkstoffen können wir diese charakte-ristischen Eigenschaften nun näher betrachten.

Je kleiner die Risszähigkeit eines Werkstoffs ist, umso defektanfälliger ist er, d. h. dasskleine Risse und Defekte bei Belastung sehr schnell zu einer instabilen Rissausbreitung führenkönnen. Somit ist im Sinne der Bruchmechanik die Festigkeit auf der mikroskopischen Ebenedurch die Risszähigkeit und die Länge der Risse innerhalb eines Materials determiniert. Be-zogen auf einen grössten Mikroriss mit der Länge 2am innerhalb der Probe ergibt sich dieZugfestigkeit des Werkstoffs wie folgt:

Dieser Zusammenhang kann zur Abschätzung der Defektgrösse bei spröden Werkstoffen ge-nutzt werden (Tabelle 4.3).

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siehe: Abbildung 4.1: Spannungs-Dehnungsdiagramm Beton

(4.14)

Tab. 4.3: Abschätzung der grössten Defektgrösse für verschiedene spröder Werkstoffe nach Gleichung (4.14) (aus: Ashby & Jones (2006) Werkstoffe I)

Abb. 4.15: Rissausbreitung in spröden Materialien unter Zug- und Druckbeanspruchung (nach: Ashby & Jones (2006))

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Im Einfluss der materialimmanenten Risse liegt auch die deutlich unterschiedliche Zug- undDruckfestigkeit spröder Materialien begründet. Unter Zugbeanspruchung kommt es ausge-hend von den senkrecht verlaufenden Rissen bei relativ geringen Spannungen zu einer in-stabilen Rissausbreitung. Bei Druckbeanspruchung hingegen breiten sich die Risse undDefekte stabil und mit einer Vorzugsrichtung parallel zur Beanspruchung aus. Aus diesemGrund ist bei den meisten spröden Materialien die Druckfestigkeit deutlich höher als dieZugfestigkeit (Abbildung 4.15).

Eine weitere wichtige Beobachtung ist, dass Spaltzug- und Biegeprüfung höhere Werte liefernals der zentrische Zugversuch. Beim zentrischen Zugversuch ist die Spannungsverteilungüber den gesamten Prüfkörper uniform und der Körper reisst dort, wo seine Festigkeit amgeringsten ist. Bei der Spaltzug- und Biegeprüfung hingegen ist die Bruchstelle durch denOrt der maximalen Spannung bereits vorgegeben, dieser entspricht aber nicht zwingend derschwächsten Stelle des Prüfkörpers. Bei der Biegebeanspruchung liegt dies an der resultie-renden Spannungsverteilung über den Querschnitt, da nur einseitig und nahe der Oberflächedie maximale Zugspannung in der Probe auftritt und somit hier auch Grösseneffekte eineRolle spielen, die im nächsten Kapitel besprochen werden.

5 Umgang mit Werkstoffangaben

5.1 Statistik und Nachweiskonzept

5.1.1 AllgemeinWie im vorherigen Kapitel gezeigt ist kein Werkstoff perfekt, sondern alle Werkstoffe enthaltenDefekte und Fehlstellen, welche die Eigenschaften massiv beeinflussen. Somit ist es sehr be-deutsam, die Aussagekraft von mechanischen Prüfungen über eine statistische Behandlungder Eigenschaftswerte zu erfassen. Die Kennwerte weisen eine gewisse Streuung auf, dennsie entsprechen den aus einer Stichprobe ermittelten statistischen Eigenschaften der Grund-gesamtheit und gehorchen damit einer statistischen Verteilung. Der Materialkennwert ineinem Werkstoffdatenblatt entspricht z. B. häufig dem 5 %-Quantil (d. h. 95 % der Bauteileweisen einen günstigeren Wert auf, während maximal 5 % den Wert nicht erreichen). Es kannsich bei der Angabe aber auch um den Mittelwert der Verteilung handeln. Häufige Verteilun-gen sind z. B. die Normal- bzw. Lognormalverteilung sowie die Exponentialverteilung oderdie Weibullverteilung.

5.1.2 Einfluss von Fehlstellen und ProbengrösseHier soll beispielhaft die Behandlung der Streuung von Festigkeitswerten spröder Materialienmit Hilfe der Weibull-Verteilung vorgestellt werden.

Zur statistischen Behandlung der Festigkeit ist zu berücksichtigen, dass die Defekte undRisslängen statistisch verteilt sind. Das heisst, man kann zufällig einen Prüfkörper mit sehrkleinen oder sehr grossen Rissen prüfen. Nach Weibull lässt sich die Überlebenswahrschein-lichkeit von Proben (Ps) des gleichen Volumens V0 als der Anteil an Proben definieren, dieeine bestimmte Spannung überstehen.

Beim Ansetzen einer immer höheren Spannung versagen immer mehr Proben und die Überle-benswahrscheinlichkeit nimmt ab. Die in der Formel verwendete Konstante σ0 entspricht derZugspannung, bei der 37 % der Proben überleben (σ = σ0 führt zu Ps = 1/e ≈ 0.37). Die Konstantem ist der Weibull-Modul, der die Streubreite der Festigkeit angibt. Je grösser m ist, umsokleiner ist die Streubreite, d. h., dass die Festigkeit der geprüften Proben nur wenig streut.Abbildung 5.1 zeigt die Weibullverteilungsfunktion und den Einfluss des Weibull-Moduls.

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(5.01)

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Ein weiterer wichtiger Aspekt bei den Überlegungen zur sta-tistischen Behandlung der Festigkeit ist der zusätzliche Ein-fluss der Probengrösse. Deren Bedeutung wurde bereits beimVergleich der Zug- und Biegefestigkeiten spröder Materialienangesprochen.

In grossen Proben ist die Wahrscheinlichkeit, einen grossenRiss vorliegen zu haben, grösser. Abbildung 5.2 verdeutlichtdies anhand des Herausschneidens kleiner Proben aus einergrossen. In der grossen Probe und in der kleinen Probe A istdie grösste Fehlstelle, während die kleine Probe B nur kleinere

Fehlstellen aufweist. Somit haben kleinere Proben im Mittel kleinere Fehlstellen und höhereFestigkeiten als grosse Proben.

Diese Volumenabhängigkeit kann auch bei der Berechnung der ÜberlebenswahrscheinlichkeitPS(V) berücksichtigt werden:

Die Feststellung, dass kleinere Proben statistisch höhere Festigkeiten haben als grössereProben hat grossen Einfluss auf die Interpretation von Prüfdaten, denn Kennwerte werdenunter genormten Laborbedingungen und meist an kleinen Proben ermittelt. Dies bedeutet,dass in der Konsequenz die Übertragbarkeit auf ein konkretes Bauteil unter einer bestimmtenBeanspruchung nicht direkt gegeben ist. Sie muss allenfalls hergestellt werden, z. B. durchnormgemässes Vorgehen und gezielte Versuche an einsatzrelevanten Bauteilen.

5.1.3 NachweiskonzeptDas normgemässe Nachweiskonzept ist eine direkte Konsequenz der Tatsache, dass die Er-mittlung der Beanspruchung ebenso wie die Eigenschaften der eingesetzten Bauteile undBaustoffe zahlreiche Annahmen und Unsicherheiten enthalten. Wie im Folgenden deutlichwird, ist eine absolute Sicherheit nicht möglich, weshalb eine allgemein anerkannte Definitiondavon, was als sicher gilt, eingeführt werden muss.

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Abb. 5.1: Weibullverteilungsfunktion und Einfluss des Weibull-Moduls (nach: Ashby & Jones (2006))

Abb. 5.2: Einfluss der Probengrösse; kleine Proben haben (im Mittel) kleinere Fehlstellen

(nach: Ashby & Jones (2006))

siehe: 4.3 Zug- Druck- und Biegefestigkeit spröder Werkstoffe

(5.02)

BA

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Für die Ermittlung der Beanspruchung S, die auf ein bestimmtes Bauteil wirkt, werden einstatisches System (z. B. Dreifeldträger) und eine Lastanordnung (z. B. Lasten in ungünstigsterPosition) gewählt. Darin enthalten sind im Vergleich zur Realität auf der einen Seite z. B. dieIdealisierung der Lagerbedingungen (z. B. fest eingespannt) und Annahmen bezüglich Artund Betrag der Lasten, möglichen Anordnungen, Häufigkeit von Lastfällen und Lastfallkom-binationen, etc. Auf der anderen Seite wird auch festgelegt, welche Einflüsse als vernachläs-sigbar bzw. nicht massgebend eingeschätzt werden. Streuung und Wahrscheinlichkeitenwerden mit Lastbeiwerten berücksichtigt (zu finden in den SIA 260 und 261).

Bei der Ermittlung des Bauteilwiderstandes R sind ebenfalls Idealisierungen und Unsi-cherheiten enthalten, etwa durch die Wahl eines Materialmodelles und die Verwendung vonKenngrössen für Baustoffeigenschaften, die eigentlich einer statistischen Verteilung unter-liegen. Weitere Annahmen betreffen die Interaktion des Baustoffs mit seiner Umwelt. DieStreuung der Baustoffeigenschaften wird dabei mittels Partialsicherheitsfaktoren einbezogen,die Modellunsicherheit mittels Beiwerten. Zu finden sind diese in den jeweiligen Konstrukti-onsnormen für die verschiedenen Baustoffe.

Es wird davon ausgegangen, dass sowohl S als auch R normalverteilt sind – es lassen sichalso für beide Grössen die entsprechenden Gausskurven fS(x) und fR(x) zeichnen, was in Ab-bildung 5.3 schematisch gezeigt wird. Ein Versagen des Bauteils ist dann möglich, wenn einÜberlappungsbereich existiert.

Absolute Sicherheit bedeutet folg-lich, dass keine Überlappung vor-liegt. In Wirklichkeit ist das vor allemaus wirtschaftlichen Gründen kaumerreichbar. Die gewählte Sicherheits-definition besagt daher, dass die Versagenswahrscheinlichkeit einenfesten (sehr kleinen) Wert nichtübersteigen darf.

Ergibt die Untersuchung, dass derÜberlappungsbereich zu gross – d. h.der Nachweis nicht erfüllt – ist, kann(bei gleicher Streuung) der Mittel-wert von R erhöht oder jener von Svermindert werden. Sind die Mittel-werte fix bzw. schwer zu beeinflus-

sen, kann auch die Streuung (also die Breite der Kurve) reduziert werden, um den Nachweiszu erfüllen. In der Praxis bedeutet die Erhöhung des Mittelwertes von R z. B. die Wahl einesgrösseren Stahlprofils oder einer höheren Stahlqualität, während für eine Verringerung desMittelwertes von S möglicherweise eine Anpassung der Konstruktion oder der Nutzungsan-forderungen notwendig wird. Die Streuung beider Grössen kann z. B. auch durch Verbesserungder Informationslage, Verfeinerung der verwendeten Modelle oder die Wahl von besser ge-eigneten Modellen verringert werden.

5.1.4 Vereinfachende ModellannahmenIm Bauingenieurwesen wird mit vielen allgemein verbreiteten Vereinfachungen gearbeitet(z. B. linear elastisches Verhalten), weil eine genauere Behandlung für ein bestimmtes Vorhabennicht erforderlich oder nicht wirtschaftlich ist. Für die Vermeidung von Fehlleistungen ist esdaher von grosser Bedeutung, dass die im Modell vorgenommenen Vereinfachungen gegen-über der Wirklichkeit verstanden werden und das Modell immer vorgängig auf seine An-wendbarkeit geprüft wird. Insbesondere die Grenzen der jeweiligen Modelle müssen beachtetund anerkannt werden.

Die Kompetenz in der Anwendung von Modellen erlaubt es erst, auch komplexe Fragestel-lungen, bei denen die einfachen Ansätze versagen, zu behandeln. Als Grundsatz bei der Mo-dellwahl gilt daher stets: so einfach wie möglich, jedoch so komplex wie nötig.

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Abb. 5.3: Beanspruchungsverteilung S und Beanspruchbarkeitsverteilung R

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5.2 Vergleich von Werkstoffeigenschaften und Werkstoffauswahl Ein weiterer wichtiger Aspekt des Umgangs mit Werkstoffangaben ist eine richtige unddamit optimierte Materialauswahl. Neben der Kenntnis des spezifischen Eigenschaftsprofilseines Werkstoffs ist es für die Werkstoffauswahl erforderlich, direkte Vergleiche zwischenWerkstoffen ziehen zu können. Michael Ashby hat mit den sogenannten „material propertycharts“ (Werkstoffeigenschaftsdiagramme (Abbildung 5.4)) ein sehr nützliches Tool für dieerste Materialauswahl entwickelt, welcher dann noch umfangreiche Tests der Eignung folgenmüssen, bevor ein Werkstoff zum Einsatz kommt.

In den Diagrammen werden Werkstoffe jeweils im Bezug auf zwei Materialeigenschaftenzugeordnet. Die Materialeigenschaften sind in der Regel logarithmisch aufgetragen, um dembreiten Spektrum der Werkstoffeigenschaften gerecht zu werden. Die Blasen markieren denEigenschaftsbereich eines Werkstoffs oder einer Werkstoffklasse. Die Ausdehnung der Blaserichtet sich nach der Variation der Eigenschaften.

Grundsätzlich können alle in Kapitel 1 vorgestellten Materialeigenschaften paarweise inden Werkstoffeigenschaftsdiagrammen kombiniert werden. Dies hängt vom Anforderungs-

profil ab, welches an ein Material gestellt wird.Wird z.B nach einem Material gesucht, welchesmöglichst steif und leicht ist, bietet sich eine Ge-genüberstellung von Dichte und Elastizitätsmodulan (Abbildung 5.4a). Eine Vorauswahl für ein mög-

lichst steifes und zähes Material kann in einem Diagramm mit Elastizitätsmodul und Risszä-higkeit getroffen werden (Abbildung 5.4b)

Ein grosser Vorteil der Werkstoffei-genschaftsdiagramme nach Ashbyist, dass sie nicht nur den Vergleichvon Werkstoffen ermöglichen, son-dern auch ein sehr gutes Tool zurMaterialauswahl darstellen. Nach-dem das benötigte Eigenschaftspro-fil für die Funktion eines Bauteilsfestgelegt wurde, kann man dieWerkstoffeigenschaftsdiagrammefür die Vorauswahl der am bestengeeigneten Materialien nutzen.

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Studiengang BauingenieurwissenschaftenWerkstoffe I Teil 1 – Mechanische Eigenschaften

siehe: 3.1 Elastizitätsmodul und Abbildung 4.7 Risszähigkeit

Abb. 5.4: Werkstoffeigenschaftsdia-gramme (a) Dichte und Elastizitätsmodulsowie (b) Elastizitätsmodul und Risszä-higkeit (aus: Ashby: (2007) Materials Selection inMechanical Design)

(a)

(b)

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Für eine Klassifizierung der Materialien auf Basis der festgelegten Anforderungen müssennach Ashby die Funktion, die Randbedingungen, das Ziel und die freien Variablen analysiertwerden.

Die Formulierung des Problems erfolgt durch das Aufstellen einer Gleichung für die zu opti-mierende Eigenschaft. Dazu werden in der Gleichung, die zu erfüllenden Bedingungen formuliert, die freien Variablen eliminiert und die zu maximierende/minimierende Grösseidentifiziert. Daraus ergibt sich ein Materialindex, mit dem man im zugehörigen Werkstoff-eigenschaftsdiagramm das am besten geeignete Material identifizieren kann.

Das Vorgehen soll an einem einfachen Beispiel zur Materialauswahl mit den Anforderungenzum Design eines leichten, steifen Kragbalkens dargestellt werden (Abbildung 5.5)

Die Gleichung für die Durchbiegung δ des Kragbalkens bei Vernachlässigung des Eigenge-wichts lautet:

Die Gleichung für die Masse des Kragbalkens lautet:

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• Funktion: z. B. Balken, Zugstab• Randbedingungen: z. B. Geometrie, Lasten, zulässige

Verformung, Festigkeit, maximales Eigengewicht oder auch Preis.

• Ziel: Minimierung/Maximierung einer Grösse, z. B. Masse

• Freie Variable(n): Festlegen der Regelgrössen, z. B. Geometrie, Material

• Funktion Kragbalken• Nebenbedingungen Länge L ist gegeben; Balken muss

eine Last ohne zu grosse Durchbie- gung tragen können; quadratischer Querschnitt

• Ziel Minimiere die Masse m des Balkens• Freie Variablen Kantenlänge b variabel

Abb. 5.5: Biegebeanspruchung Kragbalken

(5.03)

(5.04)

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Zur Verringerung der Masse muss b möglichst klein sein, jedoch ohne dass sich der Kragbalkenzu stark durchbiegt. Somit wird der zu wählende Querschnitt durch Gleichung (5.3) einge-schränkt. Durch ein Umstellen der Gleichung nach b² und Einsetzen in Gleichung (5.4) ergibtsich:

Der erste Term beschreibt die gegebene Steifigkeit des Kragbalkens, der zweite Term enthältdie Parameter Dichte ρ und Elastizitätsmodul E zur Materialauswahl, aus den sich der Mate-rialindex M1 ergibt:

Ein Blick in Tabelle 5.1 zeigt, dass Holz und CFK, die Materialien mit den kleinsten Werten fürdie Funktion des Kragbalkens am besten geeignet sind.

Dieses Ergebnis hätten wir für eine Vorauswahl bereits aus dem zugehörigen Werkstoffei-genschaftsdiagramm ablesen können. Dabei geht es allerdings nicht um die Minimierungder Masse wie im Rechenbeispiel sondern um die Maximierung der Werkstoffeigenschaften,so dass der Kehrwert des Materialindex für das Diagramm verwendet werden muss (E1/2/ρ).Die im Werkstoffeigenschaftsdiagramm oberhalb dieser Gerade liegenden Materialien habenin der Kategorie hohe Steifigkeit bei geringer Dichte die beste Eigenschaftskombination.

Auch auf diese Weise können Holzund Faserkomposite als geeigneteMaterialien identifiziert werden (Ab-bildung 5.6).

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(5.05)

(5.06)

Tab. 5.1: Werkstoffindex M1 eines Trägers für verschiedene Materialien bei gegebener Steifigkeit (nach Ashby)

Abb. 5.6: Werkstoffeigenschaftsdiagramm(Dichte – Elastizitätsmodul mit Linie desIndex (E1/2/ρ) zur Identifizierung beson-ders leichter, steifer Materialien. E1/3/ρund E/ρ sind Materialindizies für andereBeanspruchungsfälle.(aus: Ashby: (2007) Materials Selection inMechanical Design).