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Kompendium Gestaltung der Arbeitsprozesse in Unternehmen mit typen- und variantenreicher Produktion Wolfgang Schweizer Wertstrom Engineering Typen- und variantenreiche Produktion

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Kompendium

Gestaltung der Arbeitsprozesse

in Unternehmen

mit typen- und variantenreicher

Produktion

Wolfgang Schweizer

Wertstrom Engineering Typen- und variantenreiche Produktion

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Impressum

Copyright: © 2013 Wolfgang Schweizer:

Wertstrom Engineering. Typen- und variantenreiche Produktion.

Druck und Verlag: epubli GmbH, Berlin.

www.epubli.de

ISBN 978-3-8442-6292-6

Homepage zum Kompendium:

http://www.wertstrom-engineering-produktion.de/

Email des Autors:

mailto: [email protected]

Landschaftsaufnahmen: Ute Schweizer

Foto Seite 19: Thomas Schittenhelm

Foto Seite 79: Lothar Fischer

Foto Seite 92: Firmenzeitung „Fussnote“ der Orell Füssli Gruppe, Frühling 2013,

S. 9; Fraunhofer IAO

Weitere Fotos, Grafiken und Handskizzen: Wolfgang Schweizer

Layout, Satz und Umschlaggestaltung: Wolfgang Schweizer

Korrektorat/Lektorat: Stefani Schittenhelm, Peter Rally, Ute Schweizer

Alle Rechte vorbehalten

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Vorwort

Nun ist es endlich soweit. Auf Wunsch von vielen Studenten und wissbegieri-

gen Seminarteilnehmern ist nun ein Kompendium als Skript für die

Beschreibung der Wertstrom Engineering Methodik erschaffen.

Das unter dem Begriff Wertstrom-Design bekannt gewordene Instrumentari-

um soll damit nicht abgelöst, sondern ergänzt und auf ein neues Feld

angewendet werden. Im Fokus dieses Kurzlehrwerks stehen Unternehmen mit

typen und variantenreicher Produktion.

Ich empfehle zunächst das Studium der vielfältigen Literatur über Wertstrom-

Design, um „sehen zu lernen“.

Die Paradigmen einer Prozessgestaltung unter aktuellen arbeitswissen-

schaftlichen Gesichtspunkten weichen von den im Kontext von Lean

Production entstandenen Ansätzen und Leitlinien bisweilen deutlich ab. So

werden organisatorische und personelle Aspekte der Technik in der Produk-

tion gleich gestellt.

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Auf Hinweis von Professor Spath wurde das „trockene“ Skript mit einigen

Lernhilfen und Strukturelementen angereichert.

Für Studenten und Wissbegierige, die Klartext bevorzugen

werden Merksätze

mit plakativ formulierte Hinweisen auf spannende,

knifflige oder in Vergessenheit geratene Sachverhalte

eingefügt.

Beispiele sollen die dargestellten Sachverhalte erläutern und plausibel erklären.

Dieses Kompendium soll aber keinesfalls eine Sammlung von Anekdoten aus

der Produktion sein.

Mein Dank gilt in besonderer Weise meinen Freunden Steffi, Lothar, Thomas

und Peter sowie meiner Frau Ute, die mitgeholfen haben, das für die Entste-

hung dieses Kompendiums notwendige Budget auf ein Minimum zu

begrenzen.

Stuttgart, im Juli 2013

Wolfgang Schweizer

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Inhalt 1 Wertstrom Engineering und Lean Production ...................................................... 8 1.1 Ausgangspunkte des Wertstrom Engineering .................................................................... 8

1.2 Paradigmen des Wertstrom Engineering ..........................................................................10

1.3 Definition des Begriffs „Wertstrom Engineering“ ...........................................................19

2 Prozesssymbole in [EN4]-Darstellung .................................................................. 24 2.1 Arbeitsprozesse ...................................................................................................................25

2.2 Material- und Informationsflüsse zwischen Arbeitsprozessen ........................................26

2.3 Detailinformation zu Arbeitsprozessen .............................................................................27

2.4 DV-Systeme, Stamm- und Bewegungsdaten .....................................................................27

2.5 Lager und Puffer .................................................................................................................28

2.6 Informationsflüsse ...............................................................................................................30

2.7 Regelung des Arbeitsprozesses ..........................................................................................34

3 Katalog bekannter Prozessmuster ....................................................................... 36 3.1 Werkstattfertigung .............................................................................................................36

3.2 Fließfertigung ......................................................................................................................37

3.3 Arbeitssysteme ....................................................................................................................40

3.4 Push und Pull .......................................................................................................................40

3.5 Dimensionieren von verbrauchsgesteuerten Regelkreisen ..............................................41

3.6 Prozessmuster mit KANBAN ...............................................................................................44

3.7 n-Behälter-System ...............................................................................................................45

3.8 Milkrun oder Routenverkehr zur Materialversorgung .....................................................46

3.9 Liefer- und Einkaufsprozesse ..............................................................................................47

3.10 Prozessmuster mit Kommissionier-Prozessen ....................................................................48

3.11 Just-in-Time Prozesse ..........................................................................................................50

4 Auftragssteuerung und Kapazitätsregelung ...................................................... 53 4.1 Regelkreise zur flexiblen Kapazitätsanpassung ................................................................53

4.2 Prozessmuster mit Materialfluss im Überblick ..................................................................57

4.3 Kunden-Prozess-Ketten-Typen ...........................................................................................58

4.4 Kunden-Produkt-Klassen ....................................................................................................64

4.5 Bullwhips im Wertstrom .....................................................................................................70

4.6 Prozessketten und Schrittmacher.......................................................................................71

5 Gestaltungsoptionen ............................................................................................. 73 6 Übungsbeispiel ....................................................................................................... 79

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6.1 Ausgangszustand „Firma Kuli Unlimited.“ ....................................................................... 79

6.2 Übungsbeispiel als vollständiger Wertstrom .................................................................... 82

6.3 Übungsbeispiel Soll-Wertstrom Fa. Kuli Unlimited“ ........................................................ 84

7 Lernhilfen und Trainings ........................................................................................ 86 7.1 Haptische Planspiele als Lernmedium für Praktiker ........................................................ 86

7.2 Planspielfamilie LIFE! ......................................................................................................... 87

7.3 Training für Wertstrom Engineering ................................................................................ 93

8 Projekte zur optimierten Gestaltung des Wertstroms ....................................... 94 7.4 Wertstromaufnahme in [EN4]-Notation ........................................................................... 94

7.5 Workshop zur Entwicklung des Soll-Konzepts ................................................................. 96

7.6 Vorgehen zur Wertstromgestaltung als Prozess .............................................................. 98

7.7 Einsatz des Wertstrom Engineering bei der Fabrikplanung ........................................... 99

8 Ausblick ................................................................................................................. 101 9 Glossar: Begriffe im Kontext von Wertstrom Engineering .............................. 102 10 Literatur ................................................................................................................. 106

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1 Wertstrom Engineering und Lean Production

1.1 Ausgangspunkte des Wertstrom Engineering

Der Lean Production Ansatz1 entstand zu Beginn der 90er Jahre des letzten

Jahrhunderts aus dem Toyota Produktionssystem. In der Automobilindustrie

sind diese Produktionssysteme mittlerweile nicht mehr wegzudenken. Der um-

fassende Ansatz von Womack/Jones nennt als Ziel die Halbierung des

Arbeitsaufwands in der Fabrik, die Halbierung der Produktionsfläche und des

Kapitalbedarfs sowie die Halbierung der Engineering Aufwände und der Ent-

wicklungszeit von neuen Produkten.

Die Methoden von Lean Production wurden in umfassenden Regelwerken als

„ganzheitliche Produktionssysteme“2 zusammengefasst. Das erste und be-

kannteste ist wohl das Toyota Produktionssystem3, das bereits 1978 in Japan

erstmals veröffentlicht wurde. Produktionssysteme umfassen in den großen

Unternehmen häufig um die 100 Methoden, Instrumente und Leitlinien, die

weitgehend unabhängig voneinander eingesetzt werden können.

Vor einigen Jahren wurde für den Produktionsbereich mit dem Wertstrom-

design4 eine spezielle Methode zur Beschreibung und Optimierung der

Produktionsprozesse entwickelt und beschrieben: „Wo immer es ein Produkt

für den Kunden gibt, gibt es auch einen Wertstrom. Die Herausforderung liegt

darin, ihn zu sehen". Ziel ist es, die Wertschöpfung zu erhöhen und gleich-

zeitig Verschwendung zu beseitigen.

Im Kontext der Automobilindustrie und deren in großen Konzernen kon-

zentrierten Zulieferunternehmen ist dieses Instrumentarium auf die

Serienfertigung mit beschränkter Variantenzahl ausgerichtet und spezialisiert.

Hier entstanden standardisierte Zulieferprozesse wie die Just-in-Time-

Produktion oder die Just-in-Sequence-Anlieferung direkt an den Verbrauchsort,

in der Regel an das Montageband5.

Auch in anderen Branchen haben sich innovative Produktionsprozesse etab-

liert wie Mass Customization in der Bekleidungsbranche für

Maßanfertigungen im industriellen Maßstab oder die Supply-Chain-

Prozesskette in der Lebensmittelindustrie.

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Wertstromdesign ist eine Methodik, um eine ganzheitliche Verbesserung der

Wertschöpfungskette „Serien-Produktion“ zu erreichen. Mit dieser Methode

wird eine reibungslose und zugleich effiziente Steuerung der Materialflüsse in

der Produktion sichergestellt.

Im aktuellen Werk „Die Kata des Weltmarktführers“6 bezeichnet Mike Rother

Lean als eine Weltanschauung, die weit über einen Werkzeugkasten mit ein-

zelnen Maßnahmen hinausreicht: „… das dem ganzen Verhalten (von Toyota)

zugrunde liegende Qualitäts-, Kunden- und Effizienzdenken im Unterneh-

men“. Es sind die „Katas“ genannten Denk- und Verhaltensweisen, die bei

Toyota geübt werden und letztlich zum Erfolg führen.

Es ist letztlich der Verdienst von Rother und Shook aus dem Methodenpool

von Lean Production ein einfaches und zugleich wirksames Instrumentenen-

semble extrahiert und beschrieben zu haben. Das Prozessmodell einer

Produktion soll als Wertstromlandkarte auf einem Blatt Papier (DIN A3) darge-

stellt werden können.

Typen- und Variantenvielfalt als Komplexitätstreiber7 und die zunehmende

Volatilität der Märkte stellt die traditionell stark kundengetriebenen kleinen

und mittleren Unternehmen vor die Herausforderung eine innovative Ar-

beitswirtschaft zu konzipieren, die tradierte Denkweisen und Planungs-

methoden negiert. Dies stellt das Industrial Engineering8 (deutsch: „Arbeits-

ingenieurwesen“) vor die Herausforderung, die Gestaltung, Planung und

Optimierung von Leistungserstellungsprozessen im weitesten Sinne mit inge-

nieurwissenschaftlichen Methoden neu zu strukturieren.

Vor diesem Hintergrund versteht sich Wertstrom Engineering als das methodi-

sche Entwickeln, Standardisieren und Projektieren von arbeitswissenschaftlich*

und arbeitswirtschaftlich motivierten Arbeitsprozessen in Unternehmen.

* „Arbeitswissenschaft ist die Wissenschaft von den Erscheinungsformen menschlicher

Arbeit, speziell unter dem Gesichtspunkt der Zusammenarbeit von Menschen und des Zusammenwirkens von Menschen, Betriebsmitteln und Arbeitsgegenständen“. Gabler Wirtschaftslexikon, Stichwort: Arbeitswissenschaft (April 2011).

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1.2 Paradigmen des Wertstrom Engineering

Wertstrom Engineering basiert im Kontext des Toyota Produktionssystems und

von Lean Production auf fünf Paradigmen, die eine umfassende und zugleich

ökonomische Gestaltung der Prozesse und Abläufe in kleinen und mittleren

Unternehmen zulassen.

Das Instrumentarium enthält einen Baukasten von Regeln, Prozessmustern und

Methoden, der die Konzeption von innovativen unternehmensspezifisch kon-

figurierbaren Prozessen in produzierenden Unternehmen ermöglicht.

Das Methodenensemble des Wertstrom Engineering bietet innovative Pro-

zessmuster speziell für mittelständische Unternehmen von der Einzelfertigung

bis zur Serienproduktion. Besonders für Unternehmen, die Produkte in vielen

Ausführungen und Varianten9 fertigen und dabei vielfältige Kundenanforde-

rungen durch eine breite Palette von an diese Bedürfnisse adaptierten

Produkten abdecken müssen, wurde diese Methodik entwickelt10. Vor dem

Hintergrund der geringen Expertendichte in kleinen und mittelständischen

Unternehmen (KMU) soll das Instrumentarium von interdisziplinär besetzten

Projektteams eingesetzt werden, in der alle mit der Auftragsabwicklung betei-

ligten Fachbereiche wie Vertrieb, Entwicklung, Materialwirtschaft, Produktion

und Logistik vertreten sind. Bei der Gestaltung des Instrumentariums11 standen

damit arbeitswissenschaftliche Gesichtspunkte im Vordergrund.

Für die Entwicklung des Wertstrom Engineering Instrumentenensembles ist

aufbauend eine Reihe von weiteren Paradigmen notwendig. Sie sind für das

Verständnis der Methodik von essentieller Bedeutung und werden im Folgen-

den beschrieben.

Grundsätzlich ist Wertstrom Engineering (WSE) eine Methode zur Modellie-

rung und Darstellung von stark strukturierbaren Geschäftsprozessen12. Die im

Toyota-Produktionssystem13 deklarierte duale Kategorisierung der betriebli-

chen Aktivitäten in Wertschöpfung und Muda* erweist sich oft als wenig

praktikabel, da meist erst im Kontext der konkreten Prozesse abgeschätzt

werden kann, ob es sich bei einer bestimmten Aktivität um Verschwendung

handelt oder nicht (Bild 1). * Muda ist oft mit dem Begriff Verschwendung gleichgestellt. Die stellt wohl nach Ansicht

des Autors nicht unbedingt die ursprüngliche Sicht von Taiichi Ohno dar.

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Die mit dieser Definition im arbeitswissenschaftlichen Kontext initiierten Dis-

pute und Streitgespräche führen im Allgemeinen nicht zu einem

befriedigenden Ergebnis. Die Diskussionen ob Muda oder nicht führen eher zu

Spannungen und Glaubenskämpfen. Diese Streitgespräche sind damit selbst

eher Verschwendung. Sie werden durch das Aktivitäts-Kategorien-Paradigma

im Wertstrom Engineering Ansatz konkretisiert und gegebenenfalls auftre-

tende Diskussionen gleichzeitig emotional entschärft.

Bild 1: Aktivitätskategorien im WSE mit Beispielen

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strom Engineerings sind die Selbststeuerung der Auftragsreihenfolge aus ei-

nem Arbeitsvorrat und der kurzfristige Personaleinsatz.

Eine Verantwortung für das Ergebnis ist wünschenswert und anzustreben, zu-

nächst aber nachgeordnet. Ein Arbeitsprozess vereint alle Aktivitäten und

Funktionen, die zur Ausführung der Arbeitsaufgabe erforderlich sind. Dies

umfasst die für den Betrieb notwendige Qualifikation der Akteure, die Orga-

nisationshilfsmittel (Zugang zu ERP- und DV-Systemen) sowie die Technik

(Maschinen, Anlagen, Werkzeuge und Material). Auf der Eingangsseite eines

Prozesses wird bestimmt durch einen Arbeitsvorrat, der dem Arbeitsprozess

eine gewisse Entscheidungs- und Handlungsspielraum ermöglicht. Die Spanne

der angestrebten Reichweite des Arbeitsvorrats reicht von wenigen Stunden

bis hin zu einigen Tagen bei dominierenden Prozessen wie technologischen

Zentren (Härteofen, Galvanik, Bearbeitungszentren), kapitalintensiven Anla-

gen oder anderen Engpässen.

1.3 Definition des Begriffs „Wertstrom Engineering“

Für die Definition und Bedeutung des Begriffs „Wertstrom“ soll zunächst der

Begriff „Wert“ beschrieben werden:

Wert ist, wofür der Kunde bereit ist zu bezah-

len

Im Gegenzug wird wie im Toyota Produktionssys-

tem „Verschwendung“ als der Verbrauch von

Ressourcen, ohne Wert zu erzeugen, interpretiert16.

Die 7 Arten von Verschwendung (MUDA) umfassen Überproduktion und zu

frühe Produktion, Wartezeit, Lager und Bestand, überflüssiger Transport, un-

genügende Prozessgestaltung, unnötige Prozessschritte sowie die Herstellung

fehlerhafter Produkte.

Der zweite Teil des Begriffs „Wertstrom“ bezieht sich auf die wichtigen Ab-

läufe, die notwendig sind, um diesen Wert für die Kunden zu erzeugen. Der

Wertstrom beschreibt dabei stark strukturierbare Geschäftsprozesse. Schlecht

oder schwer zu beschreibende Abläufe wie Kreativität, Innovation oder Erfin-

den sind eher schwach strukturierbare Abläufe und damit dem Wertstrom

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kaum zugänglich. Das Anwendungsgebiet für die Wertstrom-Methodik reicht

dennoch weit über die Beschreibung reiner Produktionsabläufe hinaus.

Strom ist eine „Kette von betrieblichen Akti-

vitäten“

Ein Wertstrom im Sinne der Arbeitswissenschaft ist

also eine „Kette von betrieblichen Aktivitäten oder

Arbeitsabläufen, die für Kunden ein Ergebnis von

Wert erzeugen“17. Der Wertstrom beschreibt damit den Geschäftsprozess, mit

dem ein produzierendes Unternehmen sein Geld verdient, indem eine Leistung

für die Kunden erbracht wird. Der Kernprozess fokussiert noch mehr in einer

schärferen Definition: „Ein Kernprozess ist eine Menge von (...) betrieblichen

Aktivitäten, die für externe Kunden ein Ergebnis von Wert erzeugen“18.

Industrial Engineering umfasst die Gestaltung, Planung und Optimierung von

Leistungserstellungsprozessen im weitesten Sinne mit ingenieurwissenschaftli-

chen Methoden. Diese bestehen neben den klassischen Methoden der Arbeits-

und Produktionswirtschaft* ausdrücklich auch aus einigen Methoden der Lean

Production und der ganzheitlichen Produktionssysteme19.

Industrielle Arbeitsprozesse beruhen auf einer von Ingenieuren und Arbeits-

wissenschaftlern konzipierten Arbeitszerlegung in viele kleine

Einzelverrichtungen, die von operativen Arbeitskräften sukzessive mit Hilfe

von (Werkzeug- und Transfer-) Maschinen ausgeführt werden. Das Ziel ist die

Erzeugung eines gemeinsamen Endprodukts. Eine extreme und inhumane

Steigerung der Arbeitszerlegung sehen die Industriesoziologen Horst Kern und

Michael Schumann in der "repetitiven Teilarbeit", die insbesondere im Taylo-

rismus und Fordismus weite Verbreitung fand20. Auch in nicht-industriellen

Sektoren wie Dienstleistung, Beratung und Service werden Produkte in ar-

beitsteiligen Prozessen hergestellt (zum Beispiel Menüs, Filme, Werbematerial

und Finanzdienstleistungen).

* Arbeitsstudium nach MTM und Refa

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In Anlehnung an das Industrial Engineering wird nun das Wertstrom Enginee-

ring definiert.

Wertstrom Engineering ist das methodische

Entwickeln, Standardisieren und Projektieren

von arbeitswirtschaftlich und -

wissenschaftlich motivierten Arbeitsprozes-

sen in Unternehmen.

Ein Arbeitsprozess wird zunächst charakterisiert durch eine überschaubare

Kette von Aktivitäten, die in gewisser räumlicher Nähe stattfinden. Kennzei-

chen für einen Prozess sind häufig die zur Bedienung der technischen

Ausrüstung, Maschinen oder Anlagen notwendigen Qualifikation der Mitar-

beiter.

Diese können bestimmt werden vom Maschinenpark (zum Beispiel Dreher,

Monteur, Instandhalter oder Elektriker), von speziellen Werkzeugen (zum Bei-

spiel Messgeräte, Gussformen und Laboreinrichtungen), von DV-Systemen

(zum Beispiel ERP*, CRM†, MaWi‡ und CAD§) oder von kapazitiven oder fluss-

technisch vorgegebenen Engpässen (Kran, Hochofen und technologischen

Zentren wie Lackiererei, Galvanik oder Härteofen).

* Enterprise Ressource Planning † Customer Relationship Management ‡ Materialwirtschaft § Computer Aided Design

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Als Arbeitsprozess im Sinne des Wertstrom Engineering Gedankens wird eine

Menge von artverwandten Aktivitäten gesetzt, der durch ein Ereignis (Trigger)

angestoßen wird und ein definiertes Ergebnis für einen nachfolgenden Prozess

liefert (Bild 7). Die Auftragsabarbeitung im Prozess selbst wird über eine Rege-

lung manuell oder, eher selten in kleinen und mittleren Unternehmen,

automatisch gesteuert. Nach innen arbeitet der Prozess in sich so autonom wie

möglich. Das Netzwerk nach außen ist der in der Wertstrom-Landkarte darge-

stellte Prozess21. Eine Vielzahl von gängigen Mustern steht zur Verfügung, um

den Arbeitsprozess in seiner Rolle im Material- und Informationsfluss im Gan-

zen und mit hinreichender Genauigkeit im Detail nach innen zu beschreiben.

Arbeitsprozess

Prozessbeschreibung

SeeGo

Teamleiter

I

3

Ergebnis• Dokument• Produkt

Regelung• Mitarbeiter• Regeln

Ereignis• Auftrag• Kiste mit Teilen

Ereignis• Spezifikation • Auftrag• Kiste mit Teilen

Bild 7: Definition eines Arbeitsprozesses

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Der Entstehungs- oder Herstellprozess mehrerer Produktgruppen soll im Pro-

zessbild als Kette von Aktivitäten dargestellt werden können. Eine

Produktgruppe ist dabei als eine Klasse von Artikeln definiert, die dieselben

oder zumindest ähnlichen Prozessketten durchlaufen. Diese Setzung deckt sich

häufig mit dem Ansatz der Segmentierung nach Produktgruppen. Im Wert-

strom Engineering werden diese Ablaufmuster als Kunden-Prozess-Klassen

bezeichnet.

Die Materialversorgung und Intralogistik repräsentiert als abhängig gesteuer-

ter Prozess (triggered process) den Fluss von elementaren Materialgruppen.

Der Wertschöpfungsprozess (Value Chain) muss nach dem Vollständigkeitspa-

radigma Kunden und Lieferanten einbeziehen können. Eine detaillierte

Abbildung der Informationsflüsse im Prozessmodell ist somit zwingend erfor-

derlich.

Der Informationsfluss wird demnach als eigenständiger Ablauf unabhängig

beschrieben und separat betrachtet. Er dient Prozessen oft als auslösendes und

steuerndes Ereignis (trigger). Instanzen von Informationsflüssen können so-

wohl elektronische als auch papiergebundene Aufträge oder Spezifikationen

sein (zum Beispiel Zeichnungen, Picklisten und Auftragslisten). Ebenfalls dar-

stellbar sind kombinierte Material- und Informationsflüsse wie Materialkisten

mit Arbeitspapieren oder Werkstückträger mit Datenspeichern.

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2 Prozesssymbole in [EN4]-Darstellung

Im Laufe von vielen Projekten hat sich eine adäquate Sammlung von Symbol-

bausteinen zur Beschreibung von Arbeitsprozessen entwickelt, die auf den

fünf Paradigmen des Wertstrom Engineering aufbaut. Die aktuelle Notation

liegt inzwischen in der vierten Version beziehungsweise Generation vor und

wird als Engineering Notation 4.0 oder kurz als [EN4] bezeichnet.

[EN4] ist offen.

Firmen- oder projektspezifische Ergänzungen der

Detailsymbolik zur Erweiterung der [EN4]-

Bibliothek sind erwünscht und jederzeit möglich. Es

kann nicht der Anspruch sein alle realen Prozesse

mit einer einzigen grafischen Darstellung formal darstellen zu können.

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2.1 Arbeitsprozesse

Arbeitsprozesse werden in der [EN4]-Notation als Rechteck dargestellt. In den

rechteckigen Rahmen wird die Bezeichnung des Arbeitsprozesses eingetragen.

Produktionsprozesse wie Montieren, Fertigen, oder Bearbeiten werden als

grüne Rechtecke gezeichnet. Unterstüt-

zende Prozesse, insbesondere im

Kontext der Produkt- oder Verfahrens-

entwicklung, sind in der Farbe magenta

koloriert. Unterstützende Prozesse wie

Planen, Steuern oder Disponieren wer-

den rot dargestellt. Lagerprozesse sind

gelb dargestellt. Kunden und Lieferan-

ten erhalten als Prozesse spezielle

Symbole. Im Sinne des Materialflusses

repräsentieren Lieferanten den Anfang,

die Kunden das Ende von Prozessketten.

Wird der Wertstrom als Prozessablauf

interpretiert, nehmen die Kunden die

Stellung einer Senke und die Lieferanten

die Funktion einer Quelle an. Infoboxen

für Produktionsprozesse beschreiben

den technischen Prozess, der den Ar-

beitsprozess bestimmt. Dies ist häufig

Vorgabe- und Rüstzeit. Ist eine detaillierte Beschreibung der Produktionspro-

zesse notwendig, kann auf die von MTM empfohlene Darstellung

zurückgegriffen werden22. Die Infoboxen bei Lägern beinhalten in der Regel

Angaben zur Reichweite des Lagerbestands, zur Topologie und zur Anzahl der

Mitarbeiter. Bei unterstützenden und Dienstleistungsprozessen werden in den

Infoboxen die Aufgaben beschrieben, die den Arbeitsprozess kennzeichnen.

Bezugspunkte sind Aktivitäten, die zur Erfüllung der Kundenaufträge beitra-

gen. Beispiele sind Ermitteln des Liefertermins, Einkauf von kundenspezifisch

disponierten Kaufteilen oder Erstellen einer Zeichnung nach Spezifikation des

Kunden.

4 Mitarbeiter (4 Personen)

Kunde

Lieferant

Entwicklung

ProduktionMontage

Konstruktion

Lager (bewirtschaftet)

Planung Dienstleister

Prozessbeschreibung2345 Zeilen

Prozessbeschreibung234 Zeilen

Prozessbeschreibung23 Zeilen

1 Prozessbeschreibung2 Zeilen1 Prozessbeschreibung

Arbeitsprozesse:

Prozessbeschreibung- Leistungsmerkmale- Prozesszeiten- Aufgaben

Zusatzinformation

Lager

Lieferant

Kunde

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2.2 Material- und Informationsflüsse zwischen Arbeitsprozes-sen

Zwischen Arbeitsprozessen finden Materialflüsse statt. Puffer zur Materialbe-

reitstellung können solchen Arbeitsprozessen zugeordnet werden. Dies

symbolisiert die direkte Zuordnung des Materials in den Puffern zum Prozess.

Der Materialfluss zwischen den Produktions- und Lagerprozessen wird durch

solide Pfeile dargestellt. Die Farbe symbolisiert die Material- beziehungsweise

Artikelgruppe des Materials mit ähnlichen Produktionsabläufen. Diese werden

als Teileklassen bezeichnet. Bei-

spiele sind Spritzgussteile,

kubische Stahlteile, Dreh- oder

Blechteile und Leiterplatten. Die

Legende für die Beschreibung

des Materialflusses muss also fall-

beziehungsweise projektspezi-

fisch definiert werden. Leitteile

sind in der Regel der Schrittma-

cherprozess (siehe Seite 71).

Nebenläufige Baugruppen, Materialien und Teile werden mit dünneren Pfei-

len dargestellt. Des Weiteren können Werkzeugversorgung oder alternative

Materialflüsse mit speziellen Pfeilformaten dargestellt werden. Für komplexe

netzwerkartige Informations- und Materialflüsse können Konnektoren und

Verteiler verwendet werden.

In der Automobilendfertigung ist das Leitteil die Fahrzeugkarosserie. Neben-

läufige Baugruppen sind in der Automobilmontage der Motor, der

Antriebsstrang und das Schiebedach.

Material- & Informationsfluss:

Transportrouten (Knoten)

1 Informationsverteiler1

Leitteil, Schrittmacher

BedarfsarbeitsgangWerkzeugTeil, Material (nebenläufig)

Informationsfluss

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2.3 Detailinformation zu Arbeitsprozessen

Mit den Symbolen für Arbeitsprozesse und Material- und Informationsflüsse

können bereits Prozessmodelle gezeichnet und protokolliert werden. Für ver-

breitet auftretende Details bietet die [EN4]-

Darstellung zusätzlich eine praktische Detailsymbo-

lik. Mit Hilfe dieser Zusatzsymbole können weitere

wesentlich Merkmale der Arbeitsprozesse in Unter-

nehmen grafisch dargestellt werden.

Artikelanzahlen sind blau hinterlegt, Zeitangaben

magenta und regelkreisbestimmende Angaben in

den Ampelfarben (zum Beispiel Anzahl von

KANBAN-Karten) als Grün-Gelb-Rot Darstellung.

Diese Informationen schaffen einen raschen Über-

blick über die Produktionsabläufe und deren

Regelung. In den folgenden Unterkapiteln wird die

Bedeutung in den einzelnen Symbolen spezifiziert.

2.4 DV-Systeme, Stamm- und Bewegungsdaten

Mit weiteren Symbolen für EDV-Systeme werden Arbeitsprozesse in Verbin-

dung mit der DV-Welt dargestellt. Beispiele sind CRM, CAD und ERP-Systeme.

Daten und Informationen aus der EDV sind häufig Pläne, wie Auftrags-, Fehl-

teile- oder Rückstandslisten, mit

Bedeutung für mehrere Ar-

beitsprozesse. Bewegungsdaten,

die den Zustand von Prozessket-

ten repräsentieren, beschreiben.

Auftragsfortschritt, den Bear-

beitungsstand, die Arbeitsfolge

oder den Arbeitsvorrat.

40

4 102

4 Artikelanzahl

Zusatzinformation:

Zeitangaben

Ampel

d h Tag/Stunde

Abkürzungen:

KW Kalenderwochen

te Prozesszeit/Einheit

tr Rüstzeit/Auftrag

‘ “ Minuten/Sekunden

Systeme und Daten:ERP Dienstleistung (DV-System)

Plan (zentral; z.B. Termin- und Kapazitätsplanung)

Bewegungsdaten

PlanNachtlauf

Vorschau: 4 KW

Absatz

Infos

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2.5 Lager und Puffer

Bewirtschaftete Läger und Puffer werden als Detailkasten unterhalb des Pro-

zesssymbols angeordnet. Puffer bestimmen die Abläufe im Prozess, vor allem

bezüglich der Handhabung von Material, Teilen, Baugruppen und Fertigpro-

dukten. Sie repräsentieren Außenflächen, Stellflächen, Ablagen, Regale,

Schränke oder auch Paternoster. FIFO-Puffer bedeuten First-In-First-Out Ausla-

gerung. Bei FIFO-Puffern bleibt

die Reihenfolge der Lagergüter

im Durchlauf erhalten. Handla-

ger repräsentieren manuell

bediente Ablagen oder Regale

mit vielen Artikeln und chaoti-

schem Zugriff.

Puffer mit organisierter Füllstandsregelung können zu Regelkreisen kombi-

niert werden. Meldebestandsgesteuerte Bestände werden über Regelkreise

mit Mindestbestand, Losgröße und Wiederbeschaffungszeit bewirtschaftet.

KANBAN Puffer sind der zu einem KANBAN-Regelkreis zugehörige Supermarkt.

Der Versorgungsprozess, das bedeutet der den Supermarkt versorgende vor-

laufende Prozess, kann im Materialfluss als Zugangspfeil symbolisiert werden.

Analog dazu wird mit 2-Behälter-Puffern ein spezieller Regelkreis beschrieben.

Bei einem Milkrun-Puffer wird eine Haltestelle des Routenzugs als Material-

puffer dargestellt. Just-

in-Time und Just-in-

Sequence-Puffer sind

Direktabladestellen für

zuliefernde Prozesse o-

der Lieferanten.

2 4 n-Behälter

KANBAN-Puffer 4 Artikel mit Kartenzahlen

2-Behälter-Puffer (4 Artikel)

Milkrun-Haltestelle (2 Touren/Tag; 40 Artikel)

Meldebestandsgesteuert (Rw 10 At; 4 Artikel)

Just-in-Sequence-Puffer (5 Abrufe)

Just-in-Time-Puffer (3 Abrufe)

JIS> 5>>

JIT- 3

4 102 4 KANBAN

Puffer mit Regelung:Melde410

Milkrun2/d 40

Lager/Puffer/ruhender Materialfluss:

FIFO-Puffer (max 3h Reichweite)

Handlager (400 Artikel); C-Teile PufferHandlager400

Neutraler-Puffer ohne Spezifikation Name

NameArt Neutraler-Puffer Puffer (Inhalt: 6 Artikel)6 Name

FIFO3h

Page 21: Wertstrom Engineering · 2013. 7. 31. · Wertstrom Engineering basiert im Kontext des Toyota Produktionssystems und von Lean Production auf fünf Paradigmen, die eine umfassende

29

Die Spezifikation der Arbeitsprozesse im Lager erfolgt durch spezielle Symbole.

„Sortenreine Läger“ haben eine feste Zuordnung von Artikel zum Lagerort.

Eine „chaotische“ Lagerhaltung bezieht sich auf keine feste Zuordnung von

Artikel zum Lagerort. Chaotische

Läger haben in der Regel keine

artikelbezogene Bezeichnung der

Lagerfächer. Die Verwaltung des

Lagerbestands mit Hilfe geeigne-

ter EDV-Programme ist

obligatorisch. Beim Lagerzugriff wird zwischen automatisch und manuell be-

triebenen Lägern unterschieden. Bei Lägern mit Selbstbedienung kann mit

einem Kassensymbol die Selbstbuchung der Lagerentnahme angedeutet wer-

den. Der Einkaufswagen charakterisiert den Transport der entnommenen

Artikel im Lager. Weitere Symbole können im betrieblichen Kontext oder fall-

spezifisch ergänzt werden.

Bei Transportprozessen wird der innerbetriebliche Materialfluss als Intralogis-

tik bezeichnet. Ein entsprechendes Symbol für Handwagen, Hubwagen oder

Gabelstapler wird für die entsprechenden Arbeitsprozesse im innerbetriebli-

chen Transport ausgewählt. Der überbe-

triebliche Transport, oft auch als

Extralogistik bezeichnet, erfolgt in der

Regel mit eigenen Fahrzeugen oder

fremden Speditionen. Von Bedeutung

für den Wertstrom sind insbesondere

die Transportzeiten und Angaben zur

Häufigkeit der Transporte.

Transport:4

LT=1/AtLZ=3 At

Spediteur4 -

Mo/Do

LT=1/AtLZ=3 At

Spediteur4 -

Transportwagen/Intralogistik

Transport/Extralogistik

.4

AKL

Lagertopologie:Lagerart: Sortenrein/Chaotisch

Lagerzugriff: Manuell/Automatisch

Kasse (Supermarkt)/Einkaufswagen

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30

2.6 Informationsflüsse

Informationsflüsse werden durch Pfeile als Sender-Empfänger-Relation darge-

stellt. Das Linienformat ist dabei eine gestrichelt oder gepunktet dünne Linie.

Der Informationsfluss wird über die Farbe näher spezifiziert und in einer Le-

gende erklärt. Alle Symbole für Informationen haben dieselbe Grundform. Als

Medium für Informationsflüsse können neben dem ERP-internen Datenaus-

tausch papiergebundene Formulare, E-Mails, Fax und Edifact-Systeme* in Frage

kommen.

Informationsflüsse mit Kunden werden als Kundenaufträge mit Lieferzeiten

spezifiziert. Kundenaufträge bestehen oft aus mehreren Artikeln und Positio-

nen. Sie enthalten oft auch Spezifikation der vom Kunden bestellten Produkte,

wie Zeichnungen, Skizzen

und Angebotsnummern. Be-

stellungen beschreiben

Infoflüsse mit Lieferanten o-

der Zulieferern. Meist wird

die vereinbarte Lieferzeit, oft

als Wiederbeschaffungszeit

bezeichnet, als charakteristi-

sches Merkmal angegeben.

Während der Bestellung eine

Angebotsphase vorausgeht,

beschreibt der Lieferanten-Abruf das Ereignis zum Start der logistischen Kette

vom Lieferanten zum Bereitstellort, also im Kern lediglich die Transportveran-

lassung. Dem Lieferabruf geht in der Angebotsphase ein Prozess zur

Preisfindung voraus, bei dem Preis, Lieferzeit und Abrufmenge vereinbart

werden. Als Zusatzinformation werden die Reichweite des Sicherheitsbestands

und die Wiederbeschaffungs- beziehungsweise Lieferzeit angegeben.

Just-in-Sequence (JIS) Lieferabrufe spezifizieren die Anlieferung von Material

in einer, vom Besteller angegebenen, Reihenfolge. Als Zusatzinformation wird

die Häufigkeit der Abrufe beim Lieferanten und der Anlieferungen beim Kun-

* EDIFACT ist ein branchenübergreifender internationaler Standard für das Format

elektronischer Daten im Geschäftsverkehr.

Kundenauftrag terminiert (Lieferzeit 20 At)

Bestellung terminiert (WBZ 20 At)

Lieferanten-Abruf (5 Tage Sicherheit; Lieferzeit 3 At)

JIT/JIS Lieferabruf (1xtäglich, Lieferung 2xtäglich)

Kunden– und Lieferanten:

Qualitätsrelevante Infos (z.B. Abnahme)Q

JIS1 x2 x

3

5

20

CtO

20

Rechnung€…

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31

den angegeben. Qualitätsrelevante Informationsflüsse wie Abnahme, Prüfpro-

tokolle und Qualitätsdaten können ebenfalls dargestellt werden.

Insbesondere bei Investitionsgütern sind in der Regel Abnahme- und Überga-

beprotokolle notwendig. Informationsflüsse von und zu den daraus

resultierenden Prozessen können ebenfalls dargestellt werden.

Produktionsaufträge werden als Montage-, Fertigungs- und Werkstattaufträge

dargestellt. Im Mittelpunkt steht dabei die Art der Terminierung der Aufträge.

APO steht hierbei für „Advanced Planning and Optimisation“ 23, MRPII für

„Manufacturing Resource Plan-

ning“24. Sie beschreiben die

Terminierung der Produktions-

aufträge gegen fixe

Kapazitäten. Mit MRPII und

noch stärker mit APO terminier-

te Produktionen neigen zu

langen Durchlaufzeiten und zu

häufigen Umplanungen. Auf

Bedarfstermine ausgerichtete Aufträge werden meist rückwärtsterminiert er-

zeugt. Nach Start of Production (SoP) terminierte Aufträge werden in die drei

Dringlichkeitsklassen Spätläufer (rot), Normalläufer (gelb) und Frühläufer

(grün) eingeteilt. KANBAN-Karten als Produktionsaufträge enthalten als Spezi-

fikationen die Anzahl der Artikel des KANBAN-Regelkreises und die Anzahl

der roten, gelben und grünen Karten.

Produktionsauftrag SoP-terminiert (Rw: 4d)

KANBAN-Karten (16 Artikel; RGG Kartenzahl)

Produktionsauftrag MRPII-terminiert

Produktionsauftrag APO-terminiert

terminierter Auftrag (auf Bedarfstermin)

Fertigungs- und Werkstattaufträge:

4832

16

4 -

I

I

I

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32

Leer-Behälter-Transport (2 Behälter; 24 Artikel)

Einkaufskarte (4 Touren/Tag; Ø2Pos.; 3 Artikel)

Warenbegleitschein

Bereitstellauftrag (über MB=Meldebestand)

Pick- oder Kommissionierauftrag

Informationsflüsse Intralogistik:

4 24

2

4

2

3

WB

MB

Pick

Bedarfsanforderung (BANF)BA

Informationsflüsse in der Intralogistik regeln und steuern die Informationsflüs-

se rund um den Materialfluss. Mit einem Pick- oder Kommissionier-Auftrag

werden Material oder Teile aus einem Lager kommissioniert entnommen. Ein

Pickauftrag umfasst in der Regel

mehrere Positionen. Mit einem

Pickauftrag wird die entnom-

mene Ware für den weiteren

Transport im Unternehmen oder

nach außen bereitgestellt. Der

Einkauf wird durch die Bedarfs-

anforderungen veranlasst

Bestellungen bei Lieferanten

auszulösen. Jeder Mitarbeiter

des Betriebs kann Bedarfsanfor-

derungen erstellen. Es werden Eigenbedarf, Auftragsbedarf, Lagerbedarf und

Projektbedarf unterschieden. Ein Bereitstellauftrag löst eine direkte Material-

bereitstellung in der Produktion aus. Dies kann über Meldebestand ausgelöst

und gesteuert werden. Ein Lieferschein enthält eine Liste der zu einem Liefer-

gebinde gehörenden Materiallieferung. Als Zusatzinformation werden die

Anzahl der anfallenden Lieferscheine in einem Zeitraum und die Anzahl der

Positionen angegeben. Eine Einkaufkarte enthält eine Liste von am Ver-

brauchsort benötigten Teilen und Materialien. Die Zahl der Touren pro

Zeiteinheit, die durchschnittliche Anzahl der Karten pro Einkaufsvorgang und

die Zahl der Artikel kann zusätzlich angegeben werden. Der Transport von

speziellen Behältern wie Paletten, Tanks, Kisten mit Einsätzen und Pfandkisten

werden mit Hilfe der Leer-Behälter-Transport Symbols dargestellt. Diese Kreis-

laufsysteme können durch Zusatzangaben wie Behälter- und Artikelanzahlen

näher spezifiziert werden.

Informationsflüsse in den Unternehmensbereichen mit Entwicklungs- und Pla-

nungsfunktionen umfassen im Wesentlichen Informationsflüsse im ERP-System.

Zeichnungen und Spezifikationen wie Rezepturen, Detailskizzen oder andere

Dokumente kommen aus den

Entwicklungsbereichen und be-

schreiben das zu produzierende

Produkt. Daraus abgeleitete Stück-

listen erhalten eine Liste der zur

Bestellvorschlag (WBZ 10 At)

Zeichnung/Spezifikation

Stückliste

Arbeitsplan

Infos in Entwicklung und AV:

Qualitätsdaten, Prüfprotokoll

Prüfplan

Stüli

Aplan

Q…

Q…

10

I

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33

Produktion eines Produktes oder einer Baugruppe benötigten Materialien und

Teile. Der Arbeitsplan beschreibt den Produktionsablauf, der dazu durchlaufen

werden muss. Prozesse der Qualitätssicherung umfassen Prüfpläne, im Produk-

tionsprozess erfasste Qualitätsdaten und Prüfprotokolle oder auch andere

spezielle Dokumente und Informationen im Qualitätswesen.

Informationsflüsse in den Unternehmensbereichen Einkauf sind im Allgemei-

nen Lieferscheine als Warenbegleitpa-

piere und Rechnungen. Spezielle

Dokumentationen wie Zertifikate, Prüf-

protokolle oder Testaufzeichnungen

können ebenfalls abgebildet werden.

Rechnung

….

Einkauf und Lieferant:

Doku

€…

Lieferschein (40/Tag; Ø 8 Positionen)LS

840

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46

3.8 Milkrun oder Routenverkehr zur Materialversorgung

Milk-Run oder "Milchmann-Prinzip" ist eine Ausprägung der Direktbeliefe-

rung und kennzeichnet eine Route, in der Produkte von einem Lieferanten zu

mehreren Abnehmern („Distributions-Milkrun“) oder von mehreren Lieferan-

ten zu einem Abnehmer transportiert („Sammel-Milkrun“) werden. Als Vorbild

diente der traditionelle Milchjunge in den USA und England, der eine Stadt

oder ein Wohngebiet mit einer vollen Kiste mit frischen Milchflaschen abfährt

und der eine frische Milchflasche nur dann bereitstellt, wenn er eine leere Fla-

sche mitnehmen konnte. So konnte sichergestellt werden, dass nie zu viel

Milch im Haus war und schlecht werden konnte.

Die Prozessdarstellung zeigt einen Distributions-Milkrun mit Supermarkt und 3

Haltestellen. Ein Zugfahrer sammelt die leeren Behälter ein und tauscht sie

gegen volle aus. Das Verfahren ist einfach aber mit einem gewissen Planungs-

aufwand verbunden. Das Konzept beruht auf der Grundidee, dass nur das

Material in der Menge wieder aufgefüllt wird, wie es verbraucht worden ist.

Die Losgröße wird hierzu einmalig festgelegt (eine Milchflasche) und gegebe-

nenfalls durch Signalkarten wie bei KANBAN gesteuert. Der

Wiederbeschaffungszyklus und die Route sind ebenfalls im Vorfeld festgelegt

(ähnlich einem Busfahrplan). Durch die Fixierung von Losgrößen, Routen

(meist Minimalnetze) und Fahrplänen können laut Wildemann „die Transport-

kosten um durchschnittlich 30% gesenkt werden“30.

Die Prozessdarstellung zeigt einen Distributions-Milkrun mit Supermarkt und

einer Einkaufstour. Der Einkäufer sammelt die Bedarfe der 3 Prozesse auf ei-

ner Einkaufsliste und bringt das benötigte Material aus dem Supermarkt mit.

Leerfahrten sind damit ausgeschlossen.

Prozess 1 Prozess 2 Prozess 3Supermarkt2/AT 6 Milkrun 2/AT 6 Milkrun 2/AT 6 Milkrun

Prozess 1 Prozess 2 Prozess 3Supermarkt

4

5

30

30SeeGo

Teamleiter

1 2 3

Milkrun2/d 20 Milkrun2/d 15 Milkrun2/d 10

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47

Ein Milkrun ist eher für Mehrfachverwendungsteile geeignet. Die Gefahr von

Leerfahrten ergibt sich in Zeiten mit geringem Verbrauch bei den Kundenpro-

zessen.

3.9 Liefer- und Einkaufsprozesse

Ein einfacher Einkaufsvorgang wird mit der [EN4]-Symbolik durch einen Re-

gelkreis beschrieben. Ein verbrauchsgesteuerter Artikel unterschreitet seinen

Meldebestand am Lagerort beim Kunden-

prozess (oder im Lager). Das ERP-System

erzeugt im Einkauf aus der Bedarfsanforde-

rung einen Bestellvorschlag. Der Einkauf

wandelt diesen Bestellvorschlag in eine Be-

stellung an den Lieferanten. Mit dem

Eintreffen der Warenlieferung wird der un-

ter den Meldebestand abgesunkene Vorrat aufgefüllt.

Ein verbreitetes Prozessmuster beschreiben Hammer und Champy31. Der Kun-

denprozess als Bedarfsträger erzeugt im Einkauf eine Bedarfsanforderung (oft

als BANF bezeichnet). Der Einkauf schickt daraufhin eine Bestellung an den

Lieferanten. Mit dem Eintreffen der Warenlieferung erstellt ein Mitarbeiter

des Wareneingangs eine Kopie des Lieferscheins und prüft die Vollständigkeit

der Lieferung: Der Lieferschein entspricht der Bestellung. Nach Eingang der

Rechnung prüft die Kreditorenbuchhaltung, ob Bestellung, Lieferschein und

Rechnung einander entsprechen. Dieses Vorgehen stellt sicher, dass die Liefe-

rung der Bestellung und der

Rechnung entspricht. Durch das

im Business Process Reenginee-

ring Buch beschriebene Beispiel

konnte durch eine Vereinfachung

dieses Prozesses die Mitarbeiter-

zahl in den Dienstleistungsbereichen um 75% reduziert werden.

Der Einsatz von betriebswirtschaftlicher Standard-Software mit ganzheitlichem

Ansatz ist aus den Unternehmensbereichen Logistik, Einkauf und Produktion

nicht mehr wegzudenken. Um die Komplexität der Prozesse zu beherrschen

und das Prozessdenken in der Disposition zu verbessern, müssen interne und

externe Schnittstellen nach Möglichkeit vereinfacht werden.

KundenprozessLieferant

20

Melde410

Einkauf

BA

Kundenprozess

20

Melde410

EinkaufLS

.--

Kreditoren

BA

Lieferant

€14

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48

Zwischen Lieferant und Kundenprozess kann ein Transportprozess eingefügt

werden. Beschrieben wird die

Dauer und Häufigkeit eines

Transportvorgangs. Für die Sen-

kung der Durchlaufzeiten sind

lange und seltene Transporte un-

günstig und oft Ausgangspunkt

zu Optimierungsüberlegungen bis hin zu Eigenfertigung kritischer Artikel.

Der direkte Abruf von Waren, Teilen oder Material vom Lieferanten kann di-

rekt aus der Produktion erfolgen. Hierzu wird meist im Vorfeld mit dem

Lieferanten eine vertragliche Regelung über Liefermengen und Preise für ei-

nen bestimmten Zeitraum ver-

einbart. Bekannteste

Erscheinungsform sind Jahresver-

einbarungen, in denen geplanter

Umsatz, Rabattstaffelungen und

weitere Details wie gemeinsame Sonderaktionen, Audits oder Qualitätskrite-

rien und -prozesse geregelt werden.

3.10 Prozessmuster mit Kommissionier-Prozessen

Kommissionierung ist das Zusammenstellen von bestimmten Teilmengen (Arti-

keln) aus einer bereitgestellten Gesamtmenge (Sortiment) aufgrund von

Aufträgen. Dabei kann es sich um einen Kundenauftrag oder auch um einen

Produktionsauftrag handeln. Der Mitarbeiter, der den Auftrag zusammenstellt,

wird als Kommissionierer, Picker oder Greifer bezeichnet. Der Kommissionier-

vorgang erfolgt entweder ein- oder mehrstufig. Bei der einstufigen

Kommissionierung wird zusätzlich nach Einzelaufträgen und Auftragsserien

unterschieden. Der Kommissionierer führt jedoch stets den gesamten Auftrag

durch. Bei der mehrstufigen Kommissionierung werden die Aufträge zur Ver-

besserung der Effizienz nacheinander in Teilaufträgen abgewickelt32.

Mo/Do

LT=1/AtLZ=3 At

Spediteur4 -

KundenprozessLieferant Melde410

20

Einkauf

BA

Mo/Do

LT=1/AtLZ=3 At

Spediteur4 -

KundenprozessLieferant Melde410

3

5

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85

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599

Bild 21: Vollständiger Soll-Wertstrom in [EN4] am Übungsbeispiel

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102

9 Glossar: Begriffe im Kontext von Wertstrom Engineering

Viele Begriffe und Termini im Kontext von Lean Production, Produktionssys-

temen und Prozessoptimierung werden oft widersprüchlich verwendet. An

dieser Stelle sollen die verwendeten Begriffe deshalb ausreichend genau defi-

niert und spezifiziert werden.

Produktklassen sind Artikel mit gleichen Arbeitsprozessketten. Jede Pro-

duktklasse hat einen eigenen Wertstrom.

Produkt-Prozess-Klassen sind Ketten von Arbeitsprozessen, die von be-

stimmten Produkt- oder Artikelgruppen in der Produktion immer gleich

durchlaufen werden. Sie nehmen gleichsam denselben Weg durch die

Herstellung. Das gemeinsame Merkmal der Produktklasse ist also der Ar-

beitsablauf.

Kundengruppen sind Kunden mit gleichem Bedarfsverhalten (Termin und

Menge). Die Kundengruppen bestimmen den Prozesskettentyp.

Just-in-Time (JIT) beschreibt die zeit- und zielgenaue Bereitstellung von Bau-

gruppen. JIT bedeutet Lieferung beziehungsweise Produktion in

Verbindung mit einem Kundenauftrag. Die JIT Strategie kann eingesetzt

werden, falls Wiederbeschaffungszeiten kleiner als die Lieferzeiten sind

(WBZ <= LZ).

Make-to-Order (Fertigen nach Kundenauftrag): Es gilt die JIT-Regel. Es

existieren 6 Prozesskettentypen, das heißt Arten der Auftragsabwicklung.

Schrittmacher sind Einzelteile/Baugruppen, deren Liefer- beziehungsweise

Wiederbeschaffungszeiten die Durchlaufzeit einer Produktgruppe fest-

legt. Im Sinne der Netzplantechnik entspricht der Schrittmacher-Prozess

in etwa dem kritischen Pfad.

Leitteile sind die Einzelteile/Baugruppen, deren Prozesskette die Produktion

einer Produktgruppe kennzeichnet.

Durchlaufzeit: Zeit zwischen dem ersten Arbeitsschritt beziehungsweise Pro-

zess an einem Produkt vom Auftragseingang bis zur Auslieferung an den

Kunden. (Durchlaufzeit an einem „technischen“ Prozess: (Bearbeitungs-

zeit te * Losgröße) + Rüstzeit tr )

Page 31: Wertstrom Engineering · 2013. 7. 31. · Wertstrom Engineering basiert im Kontext des Toyota Produktionssystems und von Lean Production auf fünf Paradigmen, die eine umfassende

103

Kundentakt: Umrechnung der Artikelbedarfe in Produktions- und Lieferzyk-

len unter Berücksichtigung der Arbeits- und Betriebszeiten.

Supply Chain (Lieferkette): umfasst den gesamten Produktionszyklus einer

Ware - von der Gewinnung des Rohmaterials, aller Bearbeitungsschritte

bis zur Auslieferung an den Endkunden. Supply Chain Management

(SCM) ist ein integrativer Ansatz zur Steuerung einer Lieferkette vom Lie-

feranten bis zum Konsumenten. Vorbild ist die Lebensmittelbranche.

Milkrun (Verbrauchsgesteuerter Routenverkehr): Bündelung von Trans-

portstrecken zu einem Routenverkehr mit festen Strecken und Zeiten.

Der Milkrun erfolgt ohne Bestellung, nur mit Rahmenvereinbarung.

Supermarkt: Zentraler Umschlagspunkt für ein- und ausgehende Material-

ströme. Die Buchung erfolgt bei der Materialentnahme an der „Kasse“.

Der Kunde kommt dabei unangemeldet und entnimmt Waren, Material

und Teile in „haushaltsüblichen“ Mengen.

KANBAN (japanisch 看板, dt. „Karte“, „Tafel“, „Beleg“): KANBAN ist eine

Methode der Produktionsablaufsteuerung nach dem Pull-Prinzip und ori-

entiert sich ausschließlich am Bedarf einer verbrauchenden Stelle im

Fertigungsablauf. Der Material- und Informationsfluss erfolgt direkt zwi-

schen Kunde und Lieferant ohne Lager (im Gegensatz zu Lager-KANBAN

auch als Produktions-KANBAN bezeichnet).

Variantenspreizung ist die entlang der Prozesskette innerhalb einer Pro-

duktgruppe entstehende Zahl der Produktvarianten. Die

Variantenspreizung nimmt stets zu. Lagerstufen haben keine Varian-

tenspreizung.

Wertauflaufkurve: Visualisierung der entlang der Prozesskette anfallenden

Wertschöpfung an einem Produkt oder einer Produktgruppe. Der Wert

nimmt an Prozessen stets zu. Lagerstufen haben keine Wertschöpfung,

erzeugen aber Kosten.

Teileklassifizierung ist ein Verfahren zur Bestimmung (Spezifikation und

Dimensionierung) der geeigneten Prozessmuster in Disposition, Beschaf-

fung und Logistik einschließlich der Materialbereitstellung.

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104

Die Prozessorganisation gliedert die Bereiche und Teams eines Unterneh-

mens entsprechend den Geschäftsprozessen. Es entsteht eine

prozessgerechte Ablauforganisation mit Bereichen und Teams, die ent-

sprechend nach Arbeitsprozessen gegliedert ist.

Die Aufbauorganisation bildet das hierarchische Gerüst eines Unternehmens.

Zweck der Aufbauorganisation ist es, eine sinnvolle arbeitsteilige Gliede-

rung und Ordnung der betrieblichen Arbeitsprozesse durch die Bildung

und Verteilung von Aufgaben zu Bereichen und Stellen zu erreichen. Die

Aufbauorganisation wird dokumentiert in Form eines Organigramms und

von detaillierten Stellen- und Aufgabenbeschreibungen.

Das Kapazitätsfeld zeigt, wie sich die produzierte Stückzahl in Bearbeitungs-

zeit und Menge pro Zeiteinheit aufteilt. Zusätzlich wird die

Aufgabenverteilung auf die Mitarbeiter visualisiert. Horizontale Zellen

entstehen bei Mengenteilung, vertikale Zellen entstehen bei Artteilung.

Der Vorranggraph ist eine netzplanähnliche Darstellung von Teilaufgaben

der Montage, wobei die Teilaufgaben als Knoten und die Abhängig-

keitsbeziehungen als Verbindungslinie (Kanten) zwischen den Knoten

dargestellt werden. Die Teilaufgaben werden zum Zeitpunkt der frühes-

ten Ausführbarkeit eingetragen. Das Ende der von einem Knoten

ausgehenden Kante verdeutlicht den Zeitpunkt, zu dem die Teilverrich-

tung spätestens ausgeführt sein muss.

Embedded Engineering bezeichnet die in die Abwicklung der Kundenauf-

träge (workflow) eingebetteten Aktivitäten zur funktions- erweiternden

Gestaltung von Produkten.

BOA (Belastungsorientierte Auftragsfreigabe):

Begrenzung der Durchlaufzeiten und Umlaufbestände durch Regelung

der Auftragswarteschlangen

OPT (Optimized Production Technology): iterative Mengen- und Termin-

planung an Engpasskapazitäten

BGD (Bestandsgeregelte Durchflussoptimierung): Freigabe von Aufträ-

gen in Abhängigkeit vom Auftragsbestand der nachfolgenden Stationen

(keine Implementierung bekannt)