Weshalb interessiert sich ein Philosoph für Tiere? … · • Zusammenhänge zu erfassen ... dass...
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Weshalb interessiert sich ein Philosoph für Tiere? Schlaue Vögel, soziale Affen, dumme Kühe Prof. Dr. Markus Wild (Philosophie) VHS Götzis 3. Oktober 2016
Begriffliche Unübersichtlichkeiten
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Philosophie als Begriffsklärung
Die Philosophie hat u.a. die Klärung unserer Begriffe zur Aufgabe. Philosophie hilft • genauer zu sprechen • klarer zu denken • Zusammenhänge zu erfassen • Unterscheidungen zu beachten • Konfusionen zu erkennen und zu vermeiden
Universität Basel
Philosophie als Begriffsklärung
Die Philosophie hat u.a. die Klärung unserer Begriffe zur Aufgabe. Philosophie hilft • genauer zu sprechen • klarer zu denken • Zusammenhänge zu erfassen • Unterscheidungen zu beachten • Konfusionen zu erkennen und zu vermeiden • besser zu leben
Universität Basel
Philosophie als Begriffsklärung
Traditionell geht es um allgemeine und abstrakte Begriffe • Wissen • Denken • Zeit • Würde
Universität Basel
Philosophie als Begriffsklärung
Traditionell geht es um allgemeine und abstrakte Begriffe • Wissen (Können Fische etwas wissen?) • Denken • Zeit • Würde
Universität Basel
Philosophie als Begriffsklärung
Traditionell geht es um allgemeine und abstrakte Begriffe • Wissen (Können Fische etwas wissen?) • Denken (Denken Mäuse?) • Zeit • Würde
Universität Basel
Philosophie als Begriffsklärung
Traditionell geht es um allgemeine und abstrakte Begriffe • Wissen (Können Fische etwas wissen?) • Denken (Denken Mäuse?) • Zeit (Stellen sich Krähen Vergangenheit und Zukunft vor?) • Würde
Universität Basel
Philosophie als Begriffsklärung
Traditionell geht es um allgemeine und abstrakte Begriffe • Wissen (Können Fische etwas wissen?) • Denken (Denken Mäuse?) • Zeit (Stellen sich Krähen Vergangenheit und Zukunft vor?) • Würde (Gibt es eine Würde des Tiers?)
Universität Basel
Philosophie als Begriffsklärung
Traditionell geht es um allgemeine und abstrakte Begriffe • Wissen (Können Fische etwas wissen?) • Denken (Denken Mäuse?) • Zeit (Stellen sich Krähen Vergangenheit und Zukunft vor?) • Würde (Gibt es eine Würde des Tiers?) • Intelligenz? • Respekt? • Gerechtigkeit
Universität Basel
Kognitive Ethologie
Kognitive Ethologie
Die Kognitive Ethologie erforscht die Intelligenz bei Tieren, die nicht durch Assoziation oder angeborene Fähigkeiten erklärt werden kann.
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Kognitive Ethologie
Die Kognitive Ethologie erforscht die Intelligenz bei Tieren, die nicht durch Assoziation oder angeborene Fähigkeiten erklärt werden kann.
• Wahrnehmung • Erinnerung • Imitation • Denken • Wissen • Kultur • Kommunikation
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Kognitive Ethologie
Die Kognitive Ethologie erforscht die Intelligenz bei Tieren, die nicht durch Assoziation oder angeborene Fähigkeiten erklärt werden kann.
• Intelligenz • Kommunikation • Bewusstsein
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Intelligenz
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Lernen durch Einsicht
Bernd Heinrich
Raben (Maine)
Vier Beispiele
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Hauser, M. D. et al., „Spontaneous Number Representation in Semi-free-ranging Rhesus Monkeys.“
Proceedings of the Royal Society of London, Series B 267 (2000), 829-833.
A. Dickinson & B. Balleine, „Causal Cognition and Goal-Directed Action“ (1999)
1) Hebel drücken Trockenfutter 2) Kette ziehen Zuckerlösung
B. Hare, J. Call, M. Tomasello, „Do Chimpanzees Know What Conspecifics Know?“ (2001)
05.10.2016 23
Nicky Clayton „Episodic-like memory during cache recovery by scrub jays“ (1998)
N.S. Clayton, T.J. Bussey, A. Dickinson, „Can Animals Recall the Past and Plan for the Future?“ (2003)
Fürs Frühstück planen?
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Santino (Furuvik, Schweden)
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Was genau denken diese Tiere?
1. Affe: „In dieser Kiste hat es mehr.“ ?
2. Ratte: „Ziehen an der Kette löscht Durst.“ ?
3. Schimpanse: „Dieses Futter kann Alpha nicht sehen.“ ? 1. Häher: „Der Artgenosse hat mich beobachtet, ich verstecke das Futter
besser woanders.“ ?
Kommunikation
Kommunikation umfasst viele Kanäle
• auditorisch • visuell • taktil • chemisch • elektrisch
Visuelle Kommunikation: • Körperhaltung • Färbung • Gesten • Mimik
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Photuris frisst Photinus (Leuchtkäfer-Gattung)
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Alarmrufe bei Grünen Meerkatzen
1. Drei versch. Alarmrufe
2. Drei versch. Reaktionen auf die
drei Alarmrufe
3. Jungtiere geben Alarmrufe öfters ab, doch Erwachsene reagieren meistens nicht
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Drei verschiedenen Rufe
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Drei verschiedenen Reaktionen
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Ab in die Büsche Rauf auf die Bäume Auf die Hinterbeine
Drei Arten Raubtiere
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Versch. Adler (Kronenadler)
Versch. Raubkatzen (Leopard)
Versch. Schlangen (Python)
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Etwas mitteilen wollen
1. Zwischen Partner und Objekt hin und her schauen
2. Aufmerksamkeit erregen beim Partner
1. Die Aufmerksamkeit des Partner
lenken
Bewusstsein
4 Bedeutungen von „Bewusstsein“
1. Wachbewusstsein 1. Kognitives Bewusstsein 1. Selbstbewusstsein 1. Phänomenales Bewusstsein
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4 Bedeutungen von „Bewusstsein“
1. Wachbewusstsein – wach sein (vs. traumloser Schlaf oder Ohnmacht)
2. Kognitives Bewusstsein – auf etwas aufmerksam sein (vs. etwas nicht bemerken)
3. Selbstbewusstsein – sich seiner selbst bewusst sein (vs. Fehlen von Selbstbewusstsein)
4. Phänomenales Bewusstsein – Empfindungen verspüren, etwas auf bestimmte Weise fühlen etc. (vs. nichts
verspüren oder fühlen)
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4 Bedeutungen von „Bewusstsein“
1. Helen ist soeben aufgewacht. 2. Sie bemerkt ein Kribbeln auf ihrer linken Hand. 3. Sie ist sich bewusst, dass sie eine taktile Wahrnehmung des Insekts in der
rechten Hand hat. 4. Sie spürt plötzlich einen stechenden Schmerz.
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Worum es geht....
1. Vigilanzbewusstsein 2. Kognitives Bewusstsein 3. Selbstbewusstsein 4. Phänomenales Bewusstsein
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Phänomenales Bewusstsein
Wie fühlt sich ein bewusster Zustand an? (What is it like to feel ...?) Vier Arten von bewussten Zuständen 1. Körperempfindungen (Kitzel, Hunger, Kälte, Schmerz, ...) 2. Wahrnehmungen (Hören, Riechen, Spüren, Sehen, ...) 3. Emotionen (Wut, Trauer, Stolz, Freude, ...) 4. Stimmungen (betrübt, entspannt, nervös, aufgestellt, ...)
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Schmerz bei Fischen
1. Langzeitgedächtnis vergleichbar mit anderen Wirbeltieren 2. Räumliche Orientierung („Poolspringen“ bei Grundeln) 3. Traditionen (Laich- und Futterplätze, lernen von Artgenossen, was essen und
was nicht, Jagdtechniken) 4. Werkzeuggebrauch (Substrat: Blätter zum Laichtransport) 5. Manipulation der Umwelt (Nest des Brunnenbauers) 6. Machiavellische Intelligenz (Strategien funktionale Täuschung, Manipulation,
Versöhnung) 7. Soziale Intelligenz (Artgenossen erkennen und soziales Ranking verfolgen,
transitive Inferenz bei Buntbarschen) 8. Kooperation bei Jagd, Orientierung, Reproduktion (Kooperatives
Jagdverhalten zw. Riesenmoräne und Zackenbarsch)
Hintergrund: Ein neues Bild vom Fisch
Acht Kriterien für Schmerzwahrnehmung
1. Vorhandensein von Nozizeptoren 2. Pfade zum Zentralnervensystem 3. Verarbeitung in höheren Hirnarealen 4. Vorhandensein von Opioid-Rezeptoren und endogenen Opioiden 5. Positive Reaktion auf Schmerzmittel 6. Physiologische und behaviorale Reaktionen auf noxische Reize 7. Erlernen von Vermeidungsverhalten 8. Suspension normaler Verhaltensroutinen
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1. Schmerzerleben ist nicht möglich ohne kortikale Strukturen.
2. Fische verfügen über keine solchen Strukturen.
3. Also erleben Fische keine Schmerzen.
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No-brain-no-pain-Argument
1. Sehen ist nicht möglich ohne kortikale Strukturen.
2. Adler verfügen über keine solchen Strukturen.
3. Also sind Adler blind.
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Zum Vergleich: Adler
Acht Kriterien für Schmerzwahrnehmung
1. Vorhandensein von Nozizeptoren 2. Pfade zum Zentralnervensystem 3. Verarbeitung in höheren Hirnarealen 4. Vorhandensein von Opioid-Rezeptoren und endogenen Opioiden 5. Positive Reaktion auf Schmerzmittel 6. Physiologische und behaviorale Reaktionen auf noxische Reize 7. Erlernen von Vermeidungsverhalten 8. Suspension normaler Verhaltensroutinen
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Wirbeltiere Fische Cephalopoden Dekapoden
?
? ?
?
?
Empfinden Fische Schmerzen so wie wir?
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Drei Fragen
1. Verteilungsfrage: Welche Lebewesen haben Schmerz? (Tut es weh?)
2. Anfühlfrage: Wie fühlt es sich für andere Menschen/ für andere Tiere an,
Schmerz zu haben? (Wie tut es weh?)
3. Intensitätsfrage: Wie heftig ist der Schmerz? (Wie weh tut es?)
Ethik
Universität Basel 63
Zwei Listen von Tieren
• Rhesusaffen • Ratten • Schimpansen • Häher • Leuchtkäfer • Moräne • Grüne Meerkatzen • Fledermaus • Adler
• Hund
Zwei Listen von Tieren
• Rhesusaffen • Ratten • Schimpansen • Häher • Leuchtkäfer • Moräne • Grüne Meerkatzen • Fledermaus • Adler
• Hund
• Fisch • Schwein • Kuh • Ziege • Schaf • Huhn
Zwei Listen von Tieren
• Rhesusaffen • Ratten • Schimpansen • Häher • Leuchtkäfer • Moräne • Grüne Meerkatzen • Fledermaus • Adler
• Hund
• Fisch kalt • Schwein dumm • Kuh blöd • Ziege stur • Schaf dumm • Huhn dumm
Zwei Listen von Tieren
• Rhesusaffen • Ratten • Schimpansen • Häher • Leuchtkäfer • Moräne • Grüne Meerkatzen • Fledermaus • Adler
• Hund
• Fisch kalt • Schwein dumm • Kuh blöd • Ziege stur • Schaf dumm • Huhn dumm • Intelligenz • Kommunikation • Bewusstsein
Zwei Listen von Tieren
• Rhesusaffen • Ratten • Schimpansen • Häher • Leuchtkäfer • Moräne • Grüne Meerkatzen • Fledermaus • Adler
• Hund
• Fisch kalt • Schwein dumm • Kuh blöd • Ziege stur • Schaf dumm • Huhn dumm • Intelligenz • Kommunikation • Bewusstsein
• Vergleichbar einem kleinen Kind
Das Fleischparadox
• Im Allgemeinen sind wir der
Ansicht, dass es falsch ist, Tieren Leiden und andere Schädigungen zuzufügen.
• Trotz dieser weit verbreiteten Ansicht essen die meisten Leute Fleisch.
• Aber wir wissen, dass ein Grossteil der Fleischproduktion nicht ohne Leid und Schädigung erfolgen kann.
Studie
Steve Loughnan et al., „The role of meat consumption in the denial of moral status and mind to meat animals“, Appetite 55/1 (2010), 156-9.
Studie
1. Zwei Gruppen (Fleisch, Nüsse) 2. Urteile über den moralischen
Status von 27 Lebewesen 3. Urteile über 18 psychische
Zustände einer Kuh 4. Urteile über moralischen Status
dieser Kuh
Ergebnisse 1. Fleischesser ziehen den Kreis der moralisch zu Berücksichtigenden enger
als Nussesser. 2. Fleischesser und Nussesser schätzen die psychischen Fähigkeiten der Kuh
gleich ein. 3. Fleischesser beurteilen den moralischen Status der Kuh als niedriger als
Nussesser, sie erteilen ihr einen moralischen Downgrad. FAZIT „...das Essen von Fleisch führt Leute dazu, Tieren moralische Berücksichtigung abzusprechen“.
Das Problem der Wahrnehmung
• Kuh als selbständiges Lebewesen mit Fähigkeiten
• Kuh als Fleischlieferantin
Lebewesen (Eigenwert) und Maschine (Fremdwert)
Können wir anders?
ANHANG
Werkzeuggebrauch (Wolfgang Köhler 1917)
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Studie über Wolfsgeheul (2013)
Drei Masseinheiten 1. Dominanz 2. Freundschaft 3. Cortisol-Level
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Test & Daten
(A) Testbedingung Wölfe werden aus dem Rudel genommen und über 300 m entfernt. (B) Kontrollbedingung Wölfe werden sichtbar in ein Gehege in der Nähe gebracht. Jeder der 10 Wölfe ist 3 Mal in beiden Situationen (A) vs (B) 1. weniger Heuler in (B) 2. weniger Kortisol in (B) Dominanter Wolf in (A): Hoher Kortisolwert und viele Heuler Befreundeter Wolf in (A): Niedriger Kortisolwert und viele Heuler
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Interpretation
“This provides strong support for the hypothesis that wolf howling is potentially a strategically employed vocalization with the goal of ultimately promoting contact with important individuals [Freunde].” Mazzini et al (2013), “Wolf Howling Is Mediated by Relationship Quality Rather Than Underlying Emotional Stress“, Current Biology 23, p.1679. https://www.vetmeduni.ac.at/de/infoservice/presseinformationen/presseinfo2013/woelfe-heulen/ http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC3770902/#!po=3.57143
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