Wie effektiv ist Risiko-Management?

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Wie effektiv ist Risiko-Management? Unternehmen sind gesetzlich nicht verpflichtet, die Wirksamkeit ihres Risiko- Managements zu überprüfen. In einer empirischen Studie an der Otto-von- Guericke-Universität Magdeburg wurde untersucht, welche Unternehmen dies dennoch tun und mit welchen Ansätzen sie dabei arbeiten. Die Ergebnisse lassen großen Handlungsbedarf für Controlling und Wissenschaft erkennen. Julita M. Bock, Anne Chwolka 60 Controlling & Management Review 2 | 2014 Spektrum | Studie

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Wie effektiv ist Risiko-Management?Unternehmen sind gesetzlich nicht verpflichtet, die Wirksamkeit ihres Risiko- Managements zu überprüfen. In einer empirischen Studie an der Otto-von- Guericke-Universität Magdeburg wurde untersucht, welche Unternehmen dies dennoch tun und mit welchen Ansätzen sie dabei arbeiten. Die Ergebnisse lassen großen Handlungsbedarf für Controlling und Wissenschaft erkennen.

Julita M. Bock, Anne Chwolka

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Spätestens seit der Finanzkrise 2008 sollte man in den Führungsetagen der Unternehmen noch stärker als zuvor bemüht sein, mögliche Risiken abzu-schätzen und sie durch Risiko-Management-Systeme in der Unternehmens-steuerung zu berücksichtigen. Doch wie stellen die Unternehmen sicher, dass ihr Risiko-Management auch die gewünschten Wirkungen zeigt? Haben sie überhaupt definiert, welche Wirkung ihr Risiko-Management-System haben sollte, welche Ziele dadurch erreicht werden sollen? Überprüfen sie die Effektivität? Und mit welchen Methoden und Kennzahlen tun sie dies?

Um diesen Fragen auf den Grund zu gehen und um möglichen Hand-lungsbedarf für die Wissenschaft zu orten, wurde an der Otto-von- Guericke-Universität Magdeburg 2010 eine Online-Befragung bei DAX-, MDAX-,

SDAX- und TecDAX-Unternehmen durchgeführt. Die Ergebnisse zeigen eine klare Tendenz: Nur einige große Konzerne versuchen, die Effektivität ihres Risiko-Managements zu überprüfen. Bezüglich einer geeigneten Me-thodik herrscht eher Ratlosigkeit. Zwar gibt es unterschiedlichste Ansätze, verlässliche und allgemein anwendbare Kennzahlensysteme gilt es jedoch noch zu entwickeln.

Was kennzeichnet nun wirklich effektive Risiko-Management-Systeme? In der Literatur wird dies meist nicht eindeutig definiert, doch liefert die ISO-Norm 31000 einige Anhaltspunkte. Sie nennt Aspekte, die für die Effektivität eines Risiko-Management-Systems von besonderer Relevanz sind (vgl. Purdy 2010, S. 883), so unter anderem den Beitrag des Risiko-

Prof. Dr. Anne Chwolkaist Inhaberin des Lehrstuhls für Betriebswirtschaftslehre, insbesondere Unter nehmensrechnung / Accounting, an der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg, E-Mail: [email protected]

Julita M. Bockist Mitarbeiterin der Siemens AG in Erlangen und externe Doktorandin an der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg„Nur einige große Konzerne versuchen, die Effek-

tivität ihres Risiko-Managements zu überprüfen.“

Methodik

Die empirische Untersuchung wurde 2010 mithilfe eines Online- Fragebogens durchgeführt, der einen Rücklauf von 49 Unternehmen (50 Prozent) erbrachte. Von diesen 49 Unternehmen erklärten sich 29 zusätzlich zu telefonischen Interviews bereit. In der Stichprobe sind 41 Prozent der Unternehmen im DAX notiert, 29 Prozent sind im MDAX gelistet. Der Anteil der SDAX- bzw. TecDAX-Unterneh-men an der Stichprobe beläuft sich auf 18 Prozent bzw. zwölf Prozent. Die beteiligten Ansprechpartner stammen überwiegend aus Lei-tungs- bzw. Linienfunktionen im Risiko-Management (45 Prozent) und im Controlling (31 Prozent) (vgl. Abbildung 1). Mit der Effekti-vität von Risiko-Management wurde ein Bereich untersucht, dessen Zusammenhänge weitgehend noch nicht bekannt sind. Die Studie war daher als explorative Analyse angelegt.

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Managements zum Unternehmenswert, seine Integration in die Unternehmensprozesse, seine Unterstützung unterneh-merischer Entscheidungen sowie seine kontinuierliche Ver-besserung. Weiterhin besagt die Norm, dass ein effektives Risiko-Management strukturiert, transparent sowie maßge-schneidert auf Unternehmensbesonderheiten sein und dy-namisch auf Veränderungen reagieren soll. Effektivität an

sich wird von Dyckhoff und Ahn (2001, S. 115) als Zweck-mäßigkeit einer Handlung beschrieben und bedeutet laut Drucker (1963, S. 54), die richtigen Dinge zu tun. In Anleh-nung an diese Definitionen kann die Effektivität des Risiko-Managements als Eignung der Maßnahmen zur Erfüllung der mit dem Risiko-Management beabsichtigten Ziele ver-standen werden.

Die ISO-Norm 31000 prägt das Verständnis von Risiko-Ma-nagement bzw. von dessen Wirksamkeit, jedoch gibt es der-zeit keine gesetzliche Verpflichtung für Unternehmen, die Ef-fektivität ihres Risiko-Managements zu beurteilen. Im Rah-men der Jahresabschlussprüfung muss der Abschlussprüfer zwar beurteilen, ob „der Vorstand die ihm nach Paragraf 91 Absatz 2 des Aktiengesetzes (AktG) obliegenden Maßnahmen

in einer geeigneten Form getroffen hat und ob das danach ein-zurichtende Überwachungssystem seine Aufgaben erfüllen kann“ (Paragraf 317 Absatz 4 Handelsgesetzbuch (HGB)), doch bedeutet dies nur, dass die Funktionsfähigkeit des Risi-kofrüherkennungssystems geprüft werden muss. Die Über-prüfung der vom Vorstand eingeleiteten und durchgeführten Maßnahmen zur Risikosteuerung in Bezug auf ihre Effektivi-tät und / oder gegebenenfalls ihre Effizienz fällt nicht in den Prüfungsauftrag (vgl. IDW PS 340 Abs. 6, S. 658). Ebenso schreibt das Gesetz zur Modernisierung des Bilanzrechts (Bil-MoG) nicht explizit vor, dass das Leitungsorgan die Effektivi-tät des Risiko-Management-Systems einzuschätzen hat, auch wenn es die Berichtspflicht des Vorstands für den Lagebericht eines Konzerns erweitert hat und Paragraf 289 Absatz 5 und Paragraf 315 Absatz 2 Nr. 5 HGB nun vorsehen, dass die we-sentlichen Merkmale des internen Kontroll- und des Risiko-Management-Systems im Hinblick auf den Rechnungsle-gungsprozess zu beschreiben sind. Die Berichtspflicht kann durch die Geschäftsführung auf freiwilliger Basis um die Ein-schätzung zur Systemeffektivität erweitert werden (vgl. Leim-kühler/Velte 2008, S. 127). Mit Ausnahme der Arbeit von Ser-vaes et al. (2009), die in 2005 mehr als 300 CFOs von Nicht-Finanzunternehmen zur Risiko-Management-Praxis befragt haben, ist der Aspekt der Effektivitätsbeurteilung auch bei empirischen Arbeiten zum Risiko-Management bisher nicht oder nur am Rande behandelt worden.

Unsere empirische Studie an der Otto-von-Guericke-Uni-versität Magdeburg untersuchte nun 2010, ob börsennotier-

„Die meisten Unternehmen beurteilen die Effektivität ihres Risiko-Managements primär qualitativ.“

Quelle: eigene Darstellung

Abb. 1 Unternehmen nach Indizes und Ansprechpartnern

TecDAX

SDAX

MDAX

DAX

12 %

18 %

29 %

41 %

Andere

Revision

SonstigeFinanzwesen

Leiter / Mitarbeiter(Konzern-)Controlling

Leiter / MitarbeiterRisikomanagement

12 %

8 %

4 %

31 %

45 %

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te Industrie- und Handelsunternehmen aus den Indizes DAX, MDAX, SDAX und TecDAX die Messung der Risiko-Management-Effektivität vornehmen und damit die Leis-tungsfähigkeit ihrer Risiko-Management-Systeme kritisch hinterfragen. Dadurch wurden insbesondere Erkenntnisse zu eingesetzten Methoden und Ansätzen bei der Effektivi-tätsmessung gewonnen. Zusätzlich wurde erfragt, welche Eigenschaften ein effektives Risiko-Management aus Sicht der Praxis aufzuweisen hat.

Warum wird die Effektivität oftmals nicht überprüft?Ergebnis der Befragung war, dass 63 Prozent der Unterneh-men die Effektivität ihres Risiko-Managements nicht mes-sen (vgl. Abbildung 2). Dies bestätigt auch die Ergebnisse der Studie von Servaes et al. (2009, S. 74), bei welcher fast 50 Prozent der befragten Unternehmen angegeben hatten, dass sie keine explizite Messung der Leistungsfähigkeit von Risi-ko-Management-Aktivitäten vornehmen. Als Gründe für ihr Verhalten gaben die von uns befragten Unternehmen an, dass häufig geeignete Ansätze und Instrumente zur Effekti-vitätsmessung fehlen würden. Auch wären die Risiken für Industrieunternehmen sehr komplex und es gäbe oftmals keine ausreichenden personellen Kapazitäten, um eine Ef-fektivitätsmessung des Risiko-Managements durchzuführen. Dies äußert sich laut einem Interviewpartner vor allem bei einer Messung auf Konzernebene, auf der alle Risiken und Prozesse berücksichtigt werden müssen.

Daneben zeigt die Analyse der Geschäftsberichte im Rahmen der aktuellen Untersuchung, dass 71 Prozent der Unternehmen die Wirksamkeit ihrer Risiko-Management-Systeme überwachen. Diese Überwachung wird meistens durch den Aufsichtsrat und insbesondere durch den Prü-fungsausschuss (65 Prozent) gemäß Paragraf 107 Absatz 3 AktG und / oder durch die interne Revision (22 Prozent) vorgenommen (vgl. Abbildung 2). In Ermangelung geeigne-ter qualitativer und quantitativer Messgrößen und praktika-bler Kriterien zur Bestimmung der Risiko-Management-Ef-fektivität muss die Wirksamkeit dieser Überwachung jedoch hinterfragt werden.

Zusammenfassung•Viele Unternehmen haben Risiko-Management-Sys-teme eingerichtet. Ob und wie deutsche Unternehmen deren Wirksamkeit überprüfen, wurde bisher noch nicht umfassend empirisch untersucht.•2010 wurde eine Befragung von Unternehmen zu die-sem Thema durchgeführt, die offenbart, dass weniger als ein Drittel der Unternehmen die Effektivität ihrer Risiko-Management-Systeme misst.•Die Studie zeigt, dass tragfähige Methoden für die Prüfung der Effektivität des Risiko-Managements noch zu entwickeln sind.

Quelle: eigene Darstellung

Abb. 2 Effektivitätsmessung des Risiko-Managements versus Überwachung der Wirksamkeit des Risiko-Management-Systems (RMS)

Messen Sie die Effektivität Ihres Risiko-Managements?

Ja Ich weiß nichtNein

* laut Angaben im Geschäftsbericht

29 % 63 % 8 %

65 % 22 % 14 %Überwachung der Wirksamkeit des RMS*

Ja (71 %)

wird vorgenommen durch:

Aufsichtsrat / Prüfungsausschuss Interne Revision Andere

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Wie wird die Effektivität des Risiko- Managements gemessen?Jene Unternehmen, die in unserer Studie angaben, die Ef-fektivität zu messen (29 Prozent), versuchen auch, indirekt auf die Wirksamkeit des Risiko-Managements zu schließen, und arbeiten dafür mit unterschiedlichen Ansätzen. So be-urteilen einige die Effektivität ihres Risiko-Managements

nach dem tatsächlichen Eintritt von erwarteten Risiken bzw. Schäden und danach, welche Auswirkungen die eingetrete-nen Abweichungen auf vorher definierte Kennzahlen haben. Wurden die Risiken und deren Auswirkungen richtig einge-schätzt und bewegen sie sich innerhalb eines verträglichen Rahmens, so gehen die Unternehmen davon aus, dass der Anteil nicht berücksichtigter und / oder nicht vorherseh-barer Risiken gering ist. Daraus schließen sie, dass ihr Risi-ko-Management effektiv funktioniert. Auch der Unterneh-

menserfolg wird trotz der Unschärfe als indirekte Kennzahl für die Effektivität des Risiko-Managements verwendet. Daneben werden die Brutto- und die Nettobewertung von Risiken – d. h. ein Vergleich, bevor und nachdem entspre-chende Maßnahmen ergriffen worden sind  – sowie die qualitative Beurteilung der Effektivität durch Arbeitsgrup-pen, Ausschüsse und Mitarbeiter im Risiko-Management genutzt. Zusätzlich überprüfen Unternehmen laufend ihre Risiko-Management-Aktivitäten und -Instrumente in Bezug auf deren Aktualität und Relevanz.

Diese Antworten deuten darauf hin, dass die meisten Un-ternehmen die Effektivität ihres Risiko-Managements primär qualitativ beurteilen. Auch Servaes et al. (2009, S. 75) identi-fizieren in ihrer Studie Schwierigkeiten der Unternehmen bei der Definition geeigneter Messgrößen als Hauptgrund für die Nicht-Überprüfung der Effektivität des Risiko-Managements.

Wer misst die Effektivität des Risiko- Managements?Die Studie an der Otto-von-Guericke-Universität Magde-burg zeigt, dass die DAX- und MDAX-Unternehmen der Stichprobe die Effektivitätsmessung stärker nutzen als die SDAX-Unternehmen (vgl. Abbildung 3). Dabei wird ange-

Quelle: eigene Darstellung

Abb. 3 Effektivitätsmessung nach Index und Umsatzkategorie

„DAX- und MDAX-Unternehmen nutzen die Effektivitätsmessung stärker als die SDAX-Unternehmen.“

Effektivitätsmessung Ja

Effektivitätsmessung Ja

DAX MDAX SDAX TecDAX

> 20 Mrd. € 1 - 5 Mrd. € < 0,5 Mrd. € 5 - 20 Mrd. € 0,5 - 1 Mrd. €

50 % 29 % 21 %

64 % 21 % 14 %

20 % 14 % 34 % 17 % 14 %

31 % 31 % 20 % 17 %Nein /Ich weiß nicht

Nein /Ich weiß nicht

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nommen, dass Unternehmen, die auf die Frage zur Messung der Risiko-Management-Effektivität „Ich weiß nicht“ ant-worteten, die Effektivität nicht messen.

Die Signifikanz des Zusammenhangs zwischen Aktienin-dex und Effektivitätsmessung wird durch die Korrelations-analyse bestätigt. Darüber hinaus ergab die Korrelationsana-lyse, dass mit steigendem Umsatz tendenziell eher Messun-gen zur Effektivität des Risiko-Managements durchgeführt werden (vgl. Abbildung 4). 50 Prozent der befragten Unter-nehmen, die einen Umsatz von mehr als 20 Milliarden Euro erwirtschaften, versuchen nach eigenen Angaben, die Effek-tivität des Risiko-Managements zu messen. Dagegen nimmt keines der befragten Unternehmen mit weniger als einer Milliarde Euro Umsatz eine solche Messung vor (vgl. Abbil-

dung 3). Mögliche Gründe hierfür können begrenzte perso-nelle Kapazitäten im Risiko-Management bei den kleineren Unternehmen sein.

Die Korrelationsanalyse ergab darüber hinaus, dass die Messung der Risiko-Management-Effektivität vor allem von Unternehmen vorgenommen wird, für die auch die Verbes-serung externer Ratings tendenziell wichtiger ist (vgl. Abbil-

dung 4). Von den Unternehmen, die Risiko-Management-Effektivität messen, stufen 57 Prozent dieses Ziel mindes-

tens als wichtig ein. 86 Prozent der Unternehmen, die die Risiko-Management-Effektivität messen, machen im Ge-schäftsbericht auch Angaben zu Ratings (vgl. Abbildung 5). Die Korrelationsanalyse bestätigt diesen positiven Zusam-menhang (vgl. Abbildung 4). Überraschend ist dies nicht, da Rating-Agenturen die Risiko-Management-Aktivitäten von Unternehmen bei der Beurteilung stärker einbeziehen. Stan-dard & Poor’s integriert beispielsweise spezifische Risiko-

Kernthesen•Mehr als 60 Prozent der befragten Unternehmen mes-sen die Effektivität des Risiko-Managements nicht.•In Ermangelung praktikabler Ansätze für eine quan-titative Bewertung findet zumindest eine qualitative Be-urteilung statt.•Praktikable und standardisierte Ansätze zur Effekti-vitätsmessung werden benötigt, um die breite Anwen-dung zu fördern.•Die standardisierte Messung der Effektivität würde auch Vergleichbarkeit zwischen Unternehmen schaffen.

Abb. 4 Nichtparametrische Korrelationen zwischen Effektivitätsmessung und ausgewählten Fragen

Eckdaten & ausgewählte Fragen Messung der Risiko-Management- Effektivität

Aktienindex (DAX, MDAX, SDAX, TecDAX)

Korrelationskoeffizient (rs) ,320*

Sig. (2-seitig) ,025

Umsatzkategorie (>20 Mrd. €, 5-20 Mrd. €, 1-5 Mrd. €, 0,5-1 Mrd. €, <0,5 Mrd. €)

Korrelationskoeffizient (rs) ,424**

Sig. (2-seitig) ,002

Mögliches Ziel des Risiko-Managements: Verbesserung externer Ratings

Korrelationskoeffizient (rs) ,375**

Sig. (2-seitig) ,008

Rating-AngabeKorrelationskoeffizient (rs) ,439**

Sig. (2-seitig) ,002

Einschätzung zur Aussage A1: In unserem Unternehmen findet eine regelmäßige Überwachung der Wirksamkeit der definierten risikosteuernden Maßnahmen statt.

Korrelationskoeffizient (rs) ,391**

Sig. (2-seitig) ,005

Einschätzung zur Aussage A2: In unserem Unternehmen wird die Erreichung definierter Risiko-Management-Ziele regelmäßig überwacht.

Korrelationskoeffizient (rs) ,330*

Sig. (2-seitig) ,021

* Die Korrelation ist auf dem 0.05 Niveau signifikant (2-seitig). ** Die Korrelation ist auf dem 0.01 Niveau signifikant (2-seitig). Quelle: eigene Darstellung

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Management-Gespräche in die regelmäßigen Treffen mit den zu bewertenden Unternehmen (vgl. Dreyer/Ingram 2008, S. 2). Durch die Erweiterung der Risiko-Management-Betrachtung im Rating-Prozess soll eine Grundlage für die Meinungsbildung zur Effektivität des Risiko-Managements geschaffen werden (vgl. Dreyer/Balic 2009, S. 2). Das Risi-ko-Management und seine Effektivität könnten demnach für Unternehmen, die sich dem Rating-Verfahren unterziehen, noch stärker an Bedeutung gewinnen.

Die Korrelationsanalyse bestätigt noch einen weiteren ten-denziell positiven Zusammenhang (vgl. Abbildung 4): Unter-nehmen, die regelmäßig die Wirksamkeit ihrer risikosteuern-den Maßnahmen überprüfen (65 Prozent), beurteilen auch die Effektivität ihres Risiko-Managements (davon 86 Prozent, vgl. Abbildung 6).

Ob sie die für das Risiko-Management definierten Ziele auch erreichen, überprüfen 55 Prozent der Unternehmen hin-gegen gar nicht oder nur selten. Es besteht ein schwach signi-fikanter positiver Zusammenhang zwischen dieser Überwa-chung und der Messung der Effektivität (vgl. Abbildung 4). Gleichwohl messen nicht alle befragten Unternehmen im Rahmen dieser Überwachung auch die Risiko-Management-Effektivität (vgl. Abbildung 6).

Wann ist Risiko-Management effektiv?„Der Vorstand muss hinter dem Risiko-Management-Kon-zept stehen und es propagieren, damit andere Manager das Konzept auch akzeptieren“, war einer der Interviewpartner im Rahmen der telefonischen Befragung überzeugt und bestätigte damit die Aussagen der Mehrheit seiner Kollegen aus anderen Unternehmen. Die Rolle der Unternehmensführung wird allgemein als eine der wesentlichen Voraussetzungen für ein effektives Risiko-Management gesehen. Ein weiterer wichti-ger Faktor ist in den Augen der Interviewpartner ein effekti-ver Risiko-Management-Prozess, in dem Risiken strukturiert und konzerneinheitlich identifiziert, beurteilt, gesteuert und kommuniziert werden. Daneben seien risikosteuernde Maß-nahmen zeitnah zu überwachen. „Dazu ist wichtig, dass es eine einheitliche methodische Grundlage gibt, auf deren Basis Entscheidungen zu Risiken und Chancen getroffen werden“, so einer der Gesprächspartner. Auch eine eindeutige und konsistente Zuweisung von Verantwortlichkeiten halten die Befragten für ausschlaggebend. Darüber hinaus spiele bei einem effektiven Risiko-Management die Rendite-Risiko- Betrachtung eine wichtige Rolle. Eine solche Betrachtung habe nach Meinung der Interviewpartner zum Ziel, nur Risi-ken mit überproportionaler Renditeerwartung einzugehen

Quelle: eigene Darstellung

Abb. 5 Effektivitätsmessung und Verbesserung externer Ratings als Risiko-Management-Ziel bzw. Angaben zu Ratings

Effektivitätsmessung Ja

Effektivitätsmessung Ja

Verbesserung externer Ratings als RM-Ziel:

Sehr wichtig / wichtig Mittelmäßig wichtig Eher unwichtig / unwichtig

Angaben zu Ratings im Geschäftsbericht:

Ja Nein

86 % 14 %

57 % 29 % 14 %

37 % 63 %

17 % 46 % 37 %Nein /Ich weiß nicht

Nein /Ich weiß nicht

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Quelle: eigene Darstellung

Abb. 6 Effektivitätsmessung und Einschätzung zu den Aussagen A1 und A2

Effektivitätsmessung Ja

Effektivitätsmessung Ja

In unserem Unternehmen findet eine regelmäßige Überwachung der Wirksamkeit der definierten risikosteuernden Maßnahmen statt:

Trifft voll / fast voll zu Trifft teilweise zu Trifft eher nicht / nicht zu

In unserem Unternehmen wird die Erreichung definierter Risiko-Management-Ziele regelmäßig überwacht:

Trifft voll / fast voll zu Trifft teilweise zu Trifft eher nicht / nicht zu

71 % 14 % 14 %

86 % 14 %

34 % 46 % 20 %

57 % 37 % 6 %Nein /Ich weiß nicht

Nein /Ich weiß nicht

Quelle: eigene Darstellung

Abb. 7 Dimensionen eines effektiven Risiko-Managements

Risiko-Management-Prozess> Konzerneinheitliche Risikoidentifikation, -beurteilung, -steuerung

und -kommunikation> Zeitnahe Überwachung risikosteuernder Maßnahmen> Eindeutige und konsistente Zuweisung von Verantwortlichkeiten> Einheitliche konzernübergreifende methodische Grundlagen

Integration> Integration in operatives Geschäft und Steuerungsprozesse> Ausrichtung auf Planung> Verknüpfung mit Controlling und Management> Einbettung in Unternehmenskultur> Propagiert durch Unternehmensführung

Rendite-Risiko-Betrachtung> Nutzung von Risiken mit überproportionalen Rendite-Chancen> Ablehnung von Risiken mit geringer Rendite-Erwartung> Risiko-Management-Beitrag zur Unternehmenswertsteigerung> Entscheidungsfindung unter Berücksichtigung von Risiko- /

Chancenaspekten

Effektives Risiko-Management laut InterviewpartnerFür die Ableitung eines effektiven Risikomanagements sind die kontinuierliche Verbesserung des Risiko-Managements sowie alle drei Dimensionen integriert zu betrachten

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und Risiken mit geringer Erwartung abzulehnen bzw. an Dritte zu übertragen. Zusätzlich müsse das Risiko-Manage-ment in das operative Geschäft und in die Steuerungsprozesse integriert werden. „Das Risiko-Management darf nicht nur als zusätzliche Funktion – z. B. als eine Stabstelle – agieren, sondern muss ein integraler Bestandteil des operativen Ge-schäfts sein.“ „Man darf sich auch nicht darauf beschränken, über Risiken lediglich zu berichten, vielmehr müssen auch Schlüsse für die Zukunft gezogen und gewonnene Erkennt-nisse bei Entscheidungen berücksichtigt werden“, waren wei-tere Aussagen in den Gesprächen. Darüber hinaus sei das Ri-siko-Management auf die Planung auszurichten und mit dem Controlling zu verknüpfen. Der Link zum Ergebnis und zum Unternehmenswert müsse hergestellt werden. Auch die Ein-bettung des Risiko-Managements in die Unternehmenskul-tur, damit es im Unternehmen aktiv gelebt wird, sowie die kontinuierliche Verbesserung des Risiko-Managements kris-tallisierten sich als wesentliche Faktoren heraus. Die Ergeb-nisse der Befragung zeigen, dass alle genannten Faktoren gleichzeitig berücksichtigt werden müssen, wenn es um die Etablierung eines effektiven Risiko-Managements geht (vgl. Abbildung 7). Die Aussagen der Teilnehmer der Befra-gung decken sich damit zum großen Teil mit den bereits er-wähnten Anforderungen der Norm ISO 31000.

FazitDie meisten betrachteten Unternehmen haben Schwierigkei-ten, wenn es um die Messung der Effektivität ihres Risiko- Managements geht. Praktikable und standardisierte Ansätze für die Effektivitätsmessung, die eine Effektivitätsbeurteilung nicht nur auf qualitativer, sondern auch auf quantitativer Basis

ermöglichen, werden benötigt. Sie würden die Transparenz im Bereich des Risiko-Managements und dessen Effektivität in der Unternehmenspraxis erhöhen und eine Basis für einen Vergleich von Risiko-Management-Systemen zwischen Un-ternehmen schaffen.

LiteraturDyckhoff, H./Ahn, H.: Sicherstellung der Effektivität und Effizienz der Führung als Kernfunktion des Controlling, in: Kostenrechnungs-praxis, 45. Jg. (2001), Heft 2, S. 111 – 121.

Dreyer, S. J./Balic, A.: Progress Report: Integrating Enterprise Risk Management Analysis Into Corporate Credit Ratings. Standard & Poor᾽s RatingsDirect (2009).

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Drucker, P. F.: Managing for Business Effectiveness, in: Harvard Busi-ness Review, 1963, S. 53 – 60.

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Handelsgesetzbuch (HGB) vom 10.05.1897, zuletzt geändert am 08.12.2010.

Institut der Wirtschaftsprüfer in Deutschland, IDW Prüfungsstan-dard: Die Prüfung des Risikofrüherkennungssystems nach § 317 Abs. 4 HGB (IDW PS 340) (Stand: 25.06.1999), in: Die Wirtschaftsprü-fung, 52. Jg. (1999), S. 658 – 662.

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Purdy, G.: ISO 31000:2009 – Setting a New Standard for Risk Ma-nagement, in: Risk Analysis, Vol. 30 (2010), No. 6, S. 881 – 886.

Servaes, H./Tamayo, A./Tufano, P.: The Theory and Practice of Cor-porate Risk Management, in: Journal of Applied Corporate Finance, Vol. 21 (2009), No. 4, S. 60 – 78.

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www.springerprofessional.de/3641362

Rapp, M. J./Wullenkord, A.: Risikomanagement, in: Rapp, M. J./Wullenkord, A.: Unter-nehmenssteuerung durch den Finanzvorstand (CFO), Wiesbaden 2011, S. 89 – 106,

www.springerprofessional.de/1817610

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