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Wie kommt die Wirklichkeit in Sprache und Denken? – Konzepte und Frames Das Verhältnis von Sprache, Denken und Wirklichkeit ist im Oberstufenunterricht ein Schwerpunkt des Lernbereichs Reflexion über Sprache. Da das eher sprach- philosophische Thema wegen der Anforderungshöhe komplexer gedanklicher Sachtexte bei Schülerinnen und Schülern nicht gerade beliebt ist, muss vor allem ein Frage- und Lesehorizont aufgebaut werden, z. B. mit GRZESIKs Konzept des themengeleiteten Lesens. Günther Einecke Foto: Zeitungsverlag FREITAG UNTERRICHT & MATERIALIEN Klassenstufen: 12–13 Zeitbedarf: 6-8 Stunden (+ Hausauf- gaben) Kompetenzen: Die Schülerinnen und Schüler ... - erproben das themengeleitete Lesen von Sachtexten, - entwickeln Fragestellungen zum Thema, - erarbeiten den Zusammenhang von Begriffen und Konzepten, - erarbeiten den Zusammenhang von Frames und Schemata, - erweitern den Textkorpus zum Thema durch Recherche. Zu diesem Beitrag gehören folgende Materialien: M 1 J. GRZESIK: Themengeleitetes Lesen von Texten M 2 W. PETSCHKO: Naiver Realismus M 3 L. VERYCKEN: Begriff und Bedeu- tung M 4 CHRISTMANN/SCHECKER/KÖRNER: Sprachliche Zeichen – Schema und Konzept M 5 C. WIEDEMANN: Die gerahmte Welt M 6 Iltis GmbH: Damit aus Strategien Handeln wird M 7 K.-H. FLECHSIG: Kulturelle Sche- mata M 8 Selbstständiges, weiterführendes themengeleitetes Lesen Die Einheitlichen Prüfungs- anforderungen in der Abiturprü- fung Deutsch (EPA 2003) fordern: „In der Abiturprüfung ist ein Orientie- rungswissen in Bezug auf Sprachge- schichte, Sprachsystem, kommunika- tive Funktion von Sprache sowie Sprachphilosophie erforderlich. Dazu zählen Themen wie Dialekt, Soziolekt, Zweisprachigkeit, Spracherwerb, Sprechen – Denken – Wirklichkeit, Sprache und Wertorientierung“; und in den Anforderung für den GK und LK werden Erschließungskompetenz und Sachkompetenz verbunden: „Fähigkeit zur fundierten Untersuchung und sprachlich gewandten Produktion gedanklich anspruchsvoller pragmati- scher Texte – Akzentsetzung bei wissenschaftlichen Sekundärtexten, philosophischen Schriften, histori- schen Abhandlungen“. Der Lernbereich „Reflexion über Sprache“ im Deutschunterricht Traditionell werden an HOFMANNS- THALs Lord-Chandos-Brief der Wirk- lichkeitsverlust und die Sprachskepsis der Schriftsteller als Problem der Moderne erarbeitet, im Verbund z. B. mit Gedichten, die Sprache thematisie- ren (R. M. RILKE: Ich fürchte mich so vor der Menschen Wort; HILDE DOMIN: Linguistik; GOTTFRIED BENN: Ein Wort; PAUL CELAN: Sprachgitter etc.), sowie mit Sachtex- ten (z. B. FRIEDRICH NIETZSCHE: Über Wahrheit und Lüge im außermo- ralischen Sinne; FRITZ MAUTHNER: Sprechen und Denken etc.). Deutschunterricht extra „Reflexion über Sprache“. Westermann 2009 (Günther Einecke) 24

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Wie kommt die Wirklichkeit in Sprache und Denken? – Konzepte und Frames Das Verhältnis von Sprache, Denken und Wirklichkeit ist im Oberstufenunterricht ein Schwerpunkt des Lernbereichs Reflexion über Sprache. Da das eher sprach-philosophische Thema wegen der Anforderungshöhe komplexer gedanklicher Sachtexte bei Schülerinnen und Schülern nicht gerade beliebt ist, muss vor allem ein Frage- und Lesehorizont aufgebaut werden, z. B. mit GRZESIKs Konzept des themengeleiteten Lesens.

Günther Einecke

Foto: Zeitungsverlag FREITAG UNTERRICHT & MATERIALIEN Klassenstufen: 12–13 Zeitbedarf: 6-8 Stunden (+ Hausauf-gaben) Kompetenzen: Die Schülerinnen und Schüler ... - erproben das themengeleitete Lesen

von Sachtexten, - entwickeln Fragestellungen zum

Thema, - erarbeiten den Zusammenhang von

Begriffen und Konzepten, - erarbeiten den Zusammenhang von

Frames und Schemata, - erweitern den Textkorpus zum Thema

durch Recherche.

Zu diesem Beitrag gehören folgende Materialien: M 1 J. GRZESIK: Themengeleitetes Lesen von Texten M 2 W. PETSCHKO: Naiver Realismus M 3 L. VERYCKEN: Begriff und Bedeu-tung M 4 CHRISTMANN/SCHECKER/KÖRNER: Sprachliche Zeichen – Schema und Konzept M 5 C. WIEDEMANN: Die gerahmte Welt M 6 Iltis GmbH: Damit aus Strategien Handeln wird M 7 K.-H. FLECHSIG: Kulturelle Sche-mata M 8 Selbstständiges, weiterführendes themengeleitetes Lesen

Die Einheitlichen Prüfungs-anforderungen in der Abiturprü-fung Deutsch (EPA 2003) fordern: „In der Abiturprüfung ist ein Orientie-rungswissen in Bezug auf Sprachge-schichte, Sprachsystem, kommunika-tive Funktion von Sprache sowie Sprachphilosophie erforderlich. Dazu zählen Themen wie Dialekt, Soziolekt, Zweisprachigkeit, Spracherwerb, Sprechen – Denken – Wirklichkeit, Sprache und Wertorientierung“; und in den Anforderung für den GK und LK werden Erschließungskompetenz und Sachkompetenz verbunden: „Fähigkeit zur fundierten Untersuchung und sprachlich gewandten Produktion gedanklich anspruchsvoller pragmati-scher Texte – Akzentsetzung bei wissenschaftlichen Sekundärtexten, philosophischen Schriften, histori-schen Abhandlungen“.

Der Lernbereich „Reflexion über Sprache“ im Deutschunterricht

Traditionell werden an HOFMANNS-THALs Lord-Chandos-Brief der Wirk-lichkeitsverlust und die Sprachskepsis der Schriftsteller als Problem der Moderne erarbeitet, im Verbund z. B. mit Gedichten, die Sprache thematisie-ren (R. M. RILKE: Ich fürchte mich so vor der Menschen Wort; HILDE DOMIN: Linguistik; GOTTFRIED BENN: Ein Wort; PAUL CELAN: Sprachgitter etc.), sowie mit Sachtex-ten (z. B. FRIEDRICH NIETZSCHE: Über Wahrheit und Lüge im außermo-ralischen Sinne; FRITZ MAUTHNER: Sprechen und Denken etc.).

Deutschunterricht extra „Reflexion über Sprache“. Westermann 2009 (Günther Einecke) 24

Traditionell wird auch von WILHELM VON HUMBOLDT über SAPIR bis WHORF das „Weltansicht-Theorem“ behandelt, wonach die in einer Sprachgemeinschaft bereitge-stellten sprachlichen Formen das Denken und die Weltansicht der in diese Sprache hineinwachsenden Menschen beeinflussen. Das Prinzip der sprachlichen Relativität führt zum umstrittenen Ergebnis, dass die Gren-zen unserer Sprache auch die Grenzen unserer Welt wären. STEVEN PINKER stellt eine verwandte Frage: „Sind unsere Gedanken abhängig von Wör-tern? Denken wir in Deutsch anders als in Englisch oder Chinesisch? Oder sind unsere Gedanken in eine wortlose Gedankensprache namens ‚Mentale-sisch’ gekleidet, die überall auf der Welt verwendet wird und erst im Kommunikationsakt in eine konkrete Wortabfolge übersetzt wird?“ (FUNKE).

Der Relativismus wird u. a. mit den universellen Möglichkeiten von Spra-che abgewiesen, wonach im Prinzip alles in jede Sprache übersetzbar ist, dass es also eine unbeschränkte Kom-munikation zwischen den Sprachen gibt, wenn auch unter Nutzung unter-schiedlicher Formen.

Und die These von der Abhängig-keit des Denkens von der Sprache wird schon durch sprachpsychologi-sche Untersuchungen aufgehoben: Zunächst gibt es „eine Fülle kognitiver Leistungen, darunter die Orientierung im Raum, das Betrachten eines menta-len Bildes – d. h. die Vergegenwärti-gung eines visuellen Bildes oder das innere Abspulen einer auditiven Ge-stalt, z. B. einer Melodie –, die Bemü-hung um die Wiedererkennung von etwas Wahrgenommenem, das Zu-sammenbauen eines Werkstücks u. v. a. m., die weitgehend oder gänzlich ohne Sprache ablaufen. Ferner ist Denken auch ohne Sprache ausdrück-bar. […] Werke der bildenden Kunst wie Bilder oder Statuen können ganze Weltanschauungen ausdrücken. Es besteht also keine direkte oder totale Abhängigkeit des Denkens von der Sprache.“ (LEHMANN 2008)

Die aktuelle neurolinguistische und neurobiologisch orientierte Sprachwissenschaft liefert zudem Modelle, wie die Wirklichkeit in Gehirn und Sprache repräsentiert ist: dass sie nicht elementhaft rezipiert und

abrufbar ist, sondern dass Sachverhalte und Begriffe als Konzepte sowie Handlungen als Skripte in größeren vernetzten Strukturen niedergelegt sind. Erkenntnisse der Sprachfor-schung zu semantischen Netzen, Feldern, Kollokationen, Konnotatio-nen, syntaktischen und thematischen Komplexen, schematisierten Ansich-ten und Diskursen sind eine entspre-chende schon ältere Parallele. Die Kommunikations- und Medienfor-schung liefert zudem konkrete Belege, dass die Wirklichkeit immer nur sub-jektiv ausschnitthaft und interpretie-rend aufgenommen und medial ver-mittelt wird: Frames sind die Rahmen jeder Wirklichkeitserfahrung. Als Grundfragen bleiben so: • Welche Rolle spielt die Sprache

beim Erkennen der Welt? • Wie bestimmt Sprache das Bewusst-

sein? • W ktioniert das Zusammensp

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durch Sprache geformt? Wird durch die Sprache eine bestimmte Weltsicht vermittelt?

erschließen: themen-geleitetes Lesen

Die Unterrichtserfahrunsich die meisten Schülerinnen und Schüler mit den Sachtexten im Ar-beitsbereich „Reflexion über Sprachschwer tun. Und so warnt der Lehrplan Hessen (G8/2008) in einer didakti-schen Reduktion: „Die Beschäftigumit wissenschaftlichen Theorien kann die Reflexion über diese komplexe Thematik befruchten und ist gleichztig Wissenschaftspropädeutik und Förderung der Studier- und der Be-rufsfähigkeit. Es muss allerdings berücksichtigt werden, dass Fragenach dem Ursprung und Wesen der Sprache oder nach dem Verhältnis voSprache – Denken – Wirklichkeit einerseits zu den Grundfragen der Philosophie zählen, andererseits imUnterricht nur ansatzweise auf wisseschaftlichem Niveau diskutiert werden können. Auch hier kann es nicht um mehr gehen als um exemplarische Vermittlung von wissenschaftlicher Theoriebildung, um pädagogisch unterstützte Betrachtung eigens daausgewählter, verstehbarer Texte. Ziel ist die Förderung eigenen Nachden-

kens unter Zuhilfenahme sprachwis-senschaftlicher Denkmodelle.“

Die Arbeit an den Sachtextent dem Leseverfahren der themenge-

leiteten Verarbeitung von Textinfor-mation (GRZESIK) eröffnet werden: Zu einem vereinbarten oder dem von der Lehrkraft eingegebenen oder dem aus einem ersten Text abgeleiteten zentralen thematischen Komplex werden aus den sukzessive gelesenen Informationen mentale Modelle auf-gebaut, gelernt und gespeichert. Dazuist es dienlich, sich die in Texten gesuchten und im Vordergrund ste-henden Themen klar zu machen undggf. als Fragen an den Text zu nutzenVon daher schließt sich dann der Weg des genaueren Erschließens eines Textes an, um seine Antworten auf die Ausgangsfrage und seine Beiträge zum Thema und den Teilthemen zugewinnen.

Wie kommt die Wirklichkeit in Sche und Denken? Dieser Frage soll miHilfe des themengeleiteten Lesens auf den Grund gegangen werden.

M 1: In der Oberstufe ist esll, dass sich die Schülerinnen und

Schüler explizit mit den Leseoperationen befassen, damit sie sie als Lern-strategien einsetzen und als Kompe-tenz aufbauen. Speziell sollen sowohdas Leseverfahren als auch die anste-hende Thematik und Fragestellung deutlich markiert werden, damit sichaus dem eigenen Erfahrungshorizont sowie ggf. Vorwissen in einem Vorgespräch eine Prereading-Aktivität entwickeln kann und ein Leseinteraufgebaut wird. Für die Erarbeitung sowie Verarbeitung wird dann statt einer Gängelung durch Einzelaufgabein Arbeitsweg angeboten.

Die nachfolgenden Mate 2-M 4) beschäftigen sich mit der

Wahrnehmung und Konstruktion von Wirklichkeit in Form von Begriffen und Konzepten.

M 2: PETSCHrteil, dass er die Teilthemen und

Fragen bereits selbst umreißt und somit den Schülerinnen und Schüledie geforderte eigene Aktivität zu Arbeitsbeginn schon vorspielt: • Frage: Inwieweit spielt bei der

du es Begriffes die sinnliche Erfahrung mit? Frage: Welche Rolle sp

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che bei der Art und Weise, wie wir uns ein Bild von der Wirklichkeit machen? Frage: Gibt es eine• n Unterschied

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Deutsch am Studiense-minar Jülich.

Die Vermittlung und Selektion von Wirklichkeit in Frames und Schemata wird in den Materialien M 5 – M 7 thematisiert.

zw n dem Erlebnis und dem Erlebnisinhalt von der Wirklichkeit? Frage: Ist die Widerspiegelung der Wirklichkeit (in Spracke as anderes, als die Wirklich-keit selber? ls Lernergebnis müsste der Begriff

naiver Realismus“ gefkönnen.

M 3: VERYCKEN reflektiert denZusamme

deutung; er unterscheidet dabei dieSymbolhaftigkeit oder Abstraktheit sowie den Gebrauchswert oder die Konkretheit von Begriffen und machdie Bedeutung abhängig vom Intereder Menschen. Insoweit geht er über die eher wahrnehmungstheoretische Überlegung PETSCHKOs hinaus und auf den situationsbezogenen Sprach-gebrauch ein. – Es bietet sich an, die og. Schlüsselbegriffe des Textes als Kern für Fragen an den Text zu benut-zen.

M 4: Mit SAUSSURE wird eine lingui

szug einer Vorlesungsmitschrift über SAUSSUREs Zeichenbegriff – sonst eine seitenlange Lektüre – ist fSchülerinnen und Schüler besonders geeignet, da hier knapp zusammenge-fasst ist, wie das sprachliche Zeichen eine Bedeutung dadurch erhält, dass ein sprachliches Muster (Schema, image) zu einem Gegenstand der Wirklichkeit und ein allgemeines Konzept (Begriff) von diesem im Kdes Menschen zusammengehören, und wie diese Bedeutung im aktuellen kommunikativen Sprachvollzug, nämlich im „Sich-gegenseitig-Hervorrufen“ hergestellt wird. – Dzentrale Frage wäre z. B.: Wie Sprache und Wahrnehmung von Wirklichkeit im Kopf zusammen? Es bietet sich an, die Bildleiste als Stütze für eine Darstellung des Leseergebnisses zu nutzen.

M 5: Hier beginnt ein nun etwas konkreterer Blick darauf, wie Wirk-lichkeit sprachlich vermittelt und rezipiert wird; „die Schülerinnen und Schüler untersuchen besonders die durch mediale Sprache vermittelten Weltsichten“(LP NRW 1999): Am Beispiel von Journalisten wird deut-lich, dass die Realität gar nicht anders als ausschnitthaft und perspektivisch (in Frames/Rahmen) dargestellt wer-den kann. C. WIEDEMANN diskutiert die Probleme dieses Framings mit der Frage: Was wissen wir wirklich von der Realität? und zeigt die Zwänge und Leistungen „authentischer“ Be-richterstattung auf. – Die Schülerinnen und Schüler könnten dazu aktuelle Medienbeispiele einbeziehen, an denen das Perspektivische deutlich wird.

M 6: Eine Marketing-Firma geht noch einen Schritt weiter und macht aus dem unvermeidlichen Framing geradezu eine Strategie für wirtschaft-lichen Erfolg, das „Framen“: Wie kann man mit den Kunden eine ge-meinsame (Welt-) Sicht herstellen? – Die Schülerinnen und Schüler können Vor- und Nachteile dieser Sprachnut-zung erörtern und dies ggf. an einem Beispiel wie „Fokus auf erneuerbare Energie“ oder „Produktion schadstoff-armer Autos statt luxuriöser, sportlich-schneller Autos“ konkretisieren, indem sie eine Präsentation mit den aufgeführten Formen des Framens entwickeln.

M 7: FLECHSIG erläutert Wahr-nehmungs-Schemata als Auswahl- wie als Ordnungs- und als Handlungshil-fen und verfolgt die Frage: Wie hat man sich diese Schemata vorzustellen? Es geht um Denkmuster, die unter dem Einfluss der „Kulturgemeinschaften“ und der kulturellen Entwicklung entstehen und erst in der interkulturel-len Begegnung, d. h. über Kontraster-fahrungen, als solche erkannt werden. – Beispiele ließen sich einbeziehen: z.B. Grüßen und Kontaktaufnahme interkulturell. Hier wäre auch eine

Schnittstelle zumeorem (s. o.). M 8: Abschließend wird der An-

stoß geliefert, vom Unterrh AUTOR Günther Einecke ist ehemaliger

Fachleiter für

XXLITERATUR HRISTMANN, G. / SCHECKER, M. / KÖRNER, B.: Einführung in die Liguistik. Freiburg 2003. In: http://www.neurolabor.de/script4-

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Planung/script-mainframe.htm. UNKE, JOACHIM: Sprache und Denken: Einerlei oder Zweierlehttp://www.psychologie.uni-heidelberg.de/ae/allg/mitarb/jf /Funke_1999_Sprache&Denken.pd

RZESIK, JÜRGEN: Textverstehen lernen und lehren1996; S. 253 ff. HMANN, CHRISTIAN: Sprache und Denken. Philosophische Fakultät der Universität Erfurt 2008. In: http://www.christianlehmann.eu/lining_theo/spr&denken/index.html NNEKER, BIRTE: Konzeptframund Relationen […]. phil.DissHammburg 2003. In: http://www1.uni-hamburg.de /lingkonnet/Dissertation

In: Deutschunterricht extra. Re-flexion über Sprache (SEK II).Braunschweig: Westerma

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M 1 Jürgen Grzesik: Themengeleitetes Lesen von Texten

Das Kriterium für den Zugriff [auf Texte] ist ein Thema, z. B. „Gründe für Arbeitslosigkeit“ [...] – Sobald der Leser einen Text unter einem Thema betrachtet, hat dies für seine Arbeit mit dem Text die folgenden Konse-quenzen: Die Informationsverarbei-tung beschränkt und konzentriert sich zugleich auf den durch das Thema bezeichneten Bereich, weshalb das Thema die Funktion eines Such-schemas bekommt. Es entscheidet darüber, was in den Verarbeitungs-prozess einbezogen werden soll und was aus ihm ausgeschlossen bleibt. Was gesucht werden soll, ist genau in dem Maße schon entschieden, in dem das Thema darüber informiert. Es ist aber offen, welche Information in diesem Bereich gefunden wird. Das Interesse an einem oder mehreren Texten beschränkt sich auf diese Information. Aufgrund dieser Offenheit

hat das Thema prinzipiell die Struktur und Funktion der Frage [...]. Deshalb ist der thematische Zugriff keineswegs nur eine Kunstform des Unterrichts, die außerhalb des Unter-richts nicht vorkommt, sondern nichts Geringeres als die intensive Form des tagtäglichen Lernens aus Texten. Es findet in jedem Studium, in jeder Aus-bildung und auch im alltäglichen Le-sen, z. B. der Zeitungslektüre, statt. Kennt der Zeitungsleser z. B. die mittlere Dauer der Arbeitslosigkeit von wenigen Monaten und eine größere Zahl von Gründen für Arbeitslosigkeit, z. B. Vermeidung eines Wohnungs-wechsels, Übergangsfrist beim Antritt einer neuen Stelle, bewusste Pause für eine längere Reise, Schattenwirt-schaft etc., dann kann er aufgrund seines Interesses an diesem Thema aus der Vielfalt der Informationen in einer Ausgabe der Tageszeitung eine Information über die erstaunlich hohe

Ausstattung von Arbeitslosenhaushal-tungen mit Immobilien und langlebi-gen Gebrauchsgütern herausfinden, als eine Ergänzung in sein Wissens-netz integrieren und dauerhaft behalten. Er kann darüber hinaus noch eine bewusste Strategie für die Aus-arbeitung [...] des derzeitigen Arbeits-losenproblems in der Bundesrepublik einsetzen, z. B. die Strategie, zu-nächst die Kenntnisse über Art, Ein-künfte und Umfang unterschiedlicher Gruppen von Arbeitslosen zu verbes-sern (z. B. Teilzeitarbeit ungelernter Frauen, Arbeitslosengeld, Anteil an der Gesamtzahl der Arbeitslosen), dann diese Kenntnisse in möglichst viele Beziehungen zu anderen Wis-sensbeständen zu setzen, z. B. zur Zahl der ausländischen Arbeitnehmer insgesamt und der arbeitslosen Aus-länder im besonderen, dann sein bisheriges Urteil über „Massenarbeits-losigkeit“ zu überprüfen, dann über Möglichkeiten der Verringerung der Arbeitslosigkeit nachzudenken, dann Lösungsvorschläge verschiedener politischer Gruppierungen zu recher-chieren und zu überdenken. Dieses einfache Beispiel eines Themas der alltäglichen Kommunikation zeigt nicht nur den Einsatz von Sachbereichs-wissen und Verfahrenswissen für die Selektion von Textinformation, son-dern auch, dass die thematische Verarbeitung von Textinformation ein Hauptprozess der aktiven konstrukti-ven Auswertung von Texten ist. Es geht hier um nichts Geringeres als um den systematischen Ausbau unseres Wissens nicht aufgrund unmittelbarer Erfahrung, sondern durch die Verar-beitung von Textinformation. aus: J. Grzesik: Textverstehen lernen und lehren. Stuttgart: Klett (2) 1996. S. 253-59.

Arbeitsschritte – Kompetenzentwicklung

Themengeleitetes Lesen 1. ein eigenes oder vorgegebenes Thema aufgreifen, in eine Ausgangsfrage umformulieren und auf einen Text oder mehrere Texte anwenden 2. vom Thema her weitere Fragen entwickeln und an den Text/die Texte richten – dabei auf Fragen im Text achten 3. die zum Thema gehörenden Teilthemen und die zugehörigen Schlüsselbegriffe aus dem Text/den Texten herauslesen – daraus das

Begriffsnetz des Textes erstellen 4. an zentralen Textstellen genauer erarbeiten, was der Text zum Thema beiträgt: neue Informationen, Thesen, Argumente, Urteile… 5. die Antworten festhalten, die ein Text auf die Ausgangsfrage gibt 6. bei mehreren Texten: im Überblick unterscheiden, was sie jeweils zum Thema beitragen 7. in der Überschau ein gedankliches Modell zu den Leseergebnissen erstellen: visualisiert z.B. als Ideenstern, Konspekt, Strukturdiagramm

o. ä. 8. eine eigene schriftliche Ausarbeitung zum Thema unter Verknüpfung der Leseergebnisse aus mehreren Texten anfertigen – dies um ei-

gene Gedanken zum Thema erweitern 9. offen gebliebene Fragen für eine weitere Recherche festhalten • bei Klärungsprozessen und Ergebnisaustausch: das Unterrichtsgespräch oder Gespräche in Gruppen nutzen • bei der Texterschließung: Formen der Verschriftlichung nutzen

• im Anschluss an die Erarbeitung der Texte die Positionen zum Thema kritisch erörtern: Voraussetzungen, Folgen; Vorteile, Nachteile; Berech-tigung; Gemeinsamkeiten, Widersprüche, Lücken; Wirkung…

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M 2 Werner Petschko: Naiver Realismus (2001)Das Problem, das für die philosophi-sche Sicht der Dinge wichtig ist, ist die Frage, inwieweit bei der Bildung eines Begriffes die sinnliche Erfah-rung mitspielt. Dieses Problem betrifft die Frage nach dem Abstrakten und Konkreten. Als konkret vorhanden, d. h. als „wirklich“ angesehen, werden gewöhnlich die Vorgänge, Dinge und Qualitäten, die wir mittels unserer Sinneswahrnehmungen sehen, hö-ren, fühlen, riechen oder schmecken können. Was nur gedacht ist, ist im landläufigen Sinn auch nicht wirklich. Die Frage lautet nun: Welche Rolle spielt die Sprache bei der Art und Weise, wie wir uns ein Bild von der Wirklichkeit machen? Eine Antwort könnte lauten: Die Sprache ist eine Art und Weise, wie wir uns ein Bild von der Wirklichkeit machen. Sie ist das Bild der Gedanken, so wie ein Ton für uns ein Bild des Gehörs ist. Viele Menschen glauben, dass die Dinge so sind, wie sie zu sein schei-nen, und die sinnlichen Qualitäten in den Dingen selber stecken. Aber eine solche Behauptung lässt sich nicht aufrechterhalten. Die Dinge sind nicht so, wie sie zu sein scheinen. Das wird durch die Erfahrung des Alltags, aber auch durch sog. wissenschaftli-che Erfahrung deutlich. Die mikro-skopische, bzw. die makroskopische Sicht der Dinge zeigt uns eine Welt, die unseren Sinnen ohne Hilfsmittel nicht zugänglich ist. […]Die Widerspiegelungstheorie ist so alt wie die klassische Definition der Wahrheit. Die klassische Definition der Wahrheit, die seit Jahrtausenden in der Theorie der Wahrheit herrscht, ist faktisch eine spezifische Formulie-rung der Widerspiegelungstheorie und außerhalb ihrer überhaupt nicht

möglich. Eine Widerspiegelung impliziert die Anerkennung der Existenz einer objektiven Wirklichkeit, die außerhalb und unabhängig vom erkennenden Verstand ein Sein hat und die durch den Geist „widergespiegelt“ bzw. „abgebildet“ wird. Das ist der realisti-sche Standpunkt. Wirklichkeit wird gewöhnlich als Sum-me von Gegenständen verstanden, die sich dadurch kennzeichnen, dass sie außerhalb und unabhängig von uns, das heißt objektiv, existieren. Die Frage ist also, ob es einen Un-terschied gibt zwischen dem Erlebnis und dem Erlebnisinhalt von der Wirk-lichkeit. Ist die Widerspiegelung et-was anderes, als die Wirklichkeit selber? Die Frage ist deshalb so wichtig, weil wir dann etwas für real nehmen, was es gar nicht ist und das ist immerhin eine Täuschung, wenn nicht gar ein direkter Fehler. Wer ein Produkt der Abstraktion für etwas Wirkliches nimmt, begeht einen Fehler in doppelter Hinsicht, wenn er versucht auf diese Grundla-ge hin sein Gedankengebäude zu errichten. Wenn wir aber unser Den-ken für die Wirklichkeit halten, schreiben wir der Welt Eigenschaften der Sprache zu. Es ist jedes Mal wie eine Verkehrung unseres Wissens, wenn wir unsere Auslegung für die Wirklichkeit selbst halten. Dass die Kommunikation der Men-schen untereinander so funktioniert wie sie funktioniert, liegt nicht daran, dass die Wörter 1:1 die Wirklichkeit abbilden, sondern weit mehr daran, dass die meisten Menschen von verschiedenen Begriffen feste Vor-stellungen haben. Die Bedeutung vieler Begriffe ist ihnen eine Selbst-

verständlichkeit. Im gewöhnlichen Umgang mit anderen Menschen verwenden wir meist die Worte, von denen wir annehmen, dass der ande-re sie auch versteht. Die alltägliche Erfahrung dagegen erweckt in uns den Eindruck, dass unser Wahrnehmungssystem in direktem Kontakt mit der Welt steht und dass diese Welt mit Begriffen allgemeingültig beschreibbar ist. Diese Sicht der Dinge wird heute als naiver Realismus bezeichnet. […] Der naive Realist geht davon aus, dass z. B. „grün“ die objektive Eigen-schaft eines Gegenstandes ist. Die Erfahrung aber, dass die Dinge selbst „süß“ oder „weiß“ sind, ist ein Relikt aus unseren Kindertagen. Wir haben es hier lediglich mit dem Sprachgebrauch zu tun, der uns zur Gewohnheit geworden ist. Nichts auf der Welt wäre weiß, gäbe es keine Augen, nichts auf der Welt wäre süß, hätten wir keine Geschmacksorgane. Es ist lediglich unser Nervensystem, das unsere Sinneseindrücke derart verarbeitet, dass wir einen Gegens-tand als etwas wahrnehmen. Aus der ungegenständlichen Empfindung werden gegenständliche Objekte. Was wir erleben, sind keine Dingei-genschaften, sondern Ähnlichkeiten und Gegensätze, die unser neuro-sensorischer Apparat dann zu etwas verarbeitet. Alle Eigenschaften ent-stehen erst in Bezug auf unser Be-wusstsein. Ein Ding mit seiner Eigen-schaft zu identifizieren, ist ein direkter logischer Fehler. […] aus: Mauthner-Gesellschaft: Rundbrief Nr. 8 aktualisiert 9. 8. 2001 - http://euro.mein-serva.de/mauthner2004/mauthner /can/sk8.html

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M 3 Laurent Verycken: Begriff und Bedeutung* (1994) Unter Wortrealismus kann die Nei-gung verstanden werden, überall dort, wo die Sprache für etwas einen eige-nen Namen hat, einen Wirklichkeits-sachverhalt, bzw. ein reales Ding anzunehmen und das Wort für die Entsprechung desselben zu halten. „Man sucht krampfhaft nach einem Etwas, das das Wort bezeichnen soll, man bevölkert die Welt mit ätheri-schen Wesen, den schattenhaften Begleitern der Substantive. Typisch hierfür sind die Worte das Sein, die Seele, das Ich, etc.; aber auch Verba gehören hierher, z. B. das Zeitwort existieren, das eine Art schattenhafte Tätigkeit zu bezeichnen scheint, die sich an jedem Dinge finden soll.“ (1) Es ist der Irrtum der Realisten, Allge-meinbegriffe als Abbilder objektiver Wesenheiten aufzufassen, die eigent-lich bloß allgemeine Bezeichnungen sind, die auf mehrere Gegenstände angewendet werden. Allgemeingültig-keit zu beanspruchen ist die Sache eines lexikalischen Pseudo-Wissens. Konkrete Bedeutung gibt es nur in einem aktuellen Bezugssystem. Es gibt keine allgemeingültig-objektive Bedeutung. Eine solche wird allenfalls dogmatisch und autoritär durchge-setzt. Jede objektive Definition ist eine rationale, abstrakte Konstruktion. Für die Bestimmung der Bedeutung eines Wortes dagegen ist der leben-dige Zusammenhang in einer konkre-ten Situation ausschlaggebend. Die konkrete Bedeutung eines Wortes ist stets situationsbedingt. Die Wirkung, die ein Wort erzielt, ist abhängig vom Interesse, das wir für einen bestimmten Sachverhalt hegen. Die wirkliche Bedeutung der Worte liegt in den Ideen, die hinter einem Begriff stecken und im Wert, den sie für unseren praktischen Gebrauch haben. Worte sind praktische Erinne-rungszeichen für Sinneseindrücke. Eine objektive Definition kann es nicht

geben. Der Baum an sich ist farblos, geruchlos, geschmacklos usw. Bloße Worte sind nichts Wirkliches. Worte sind Symbole und Symbole riechen nicht, lächeln nicht, bluten nicht, sie existieren nicht. Alle Definitionen haben nur als Gebrauchsdefinitionen Bedeutung. Bedeutungen sind nichts Abstraktes. Bedeutungen sind indivi-duell verschieden und können nicht objektiv definiert werden. In all unseren Beziehungen zu ande-ren Menschen und zu uns selbst, stehen die Erscheinungsformen unse-res Bewusstseins im Mittelpunkt: Denken, Fühlen, Wollen. Der gemein-same Nenner dieser, nur in der Abs-traktion getrennten Zustände ist das, wovon wir denken, dass es Wert besitzt, wovon wir fühlen, dass es einen Wert hat und das wir wollen, weil es für uns wertvoll ist. Von unse-rer Urteilskraft ist es abhängig, inwie-weit es uns gelingt, unser Wollen von unserem Denken, bzw. Fühlen unter-scheiden zu können. Das bloß logi-sche und noch dazu automatisierte Denken in vorgeformten und nicht hinterfragten Begriffen, ist dazu nicht in der Lage. Alle Abstraktionen haben die Tendenz, uns über die Wirklichkeit zu täuschen. Wir sind immer geneigt, das abstrakte Rechnen mit Wörtern schon für die Wirklichkeit zu halten. Abstraktionen sind aber immer prob-lematisch. Worte fangen ständig etwas ein, das eigentlich viel komplexer ist. Worte trennen ständig und beschreiben jeden Vorgang und jeden Gegens-tand an sich und nicht exakt diesen Gegenstand hier an diesem Ort und jetzt zu diesem Zeitpunkt. An sich sind die Dinge nur überhaupt vorhan-den. Abstraktionen sind lediglich Namen, die geeignet sind, auf mehre-re verschiedene Gegenstände ange-wendet werden zu können. Sie tragen zur Erkenntnis der Wirklichkeit nichts

Wesentliches bei. Das Wort ist das Symbol für die Idee, aber alle Symbo-le sind im Grunde willkürlich und beruhen auf Übereinkunft. Wir könn-ten für die Dinge auch andere Wörter als Bezeichnung benützen. Wenn wir uns z. B. streiten oder wenn wir uns einigen, dann liegt das an den Ideen, die durch die Begriffe symbolisiert werden. Eine Idee ist das, was sie uns bedeutet. Was einem Menschen von Bedeutung ist, erfahren wir nur über ein Verständnis der ganzen Person, nicht durch eine Lexikon-Definition. […] Jedes Ding und jeder Vorgang erhält seine Bedeutung durch seine Bezie-hung zu uns und unseren Interessen. Außerhalb eines persönlichen Zu-sammenhangs, in dem wir zu einem Begriff stehen, ist jedes Wort immer vieldeutig. Eine gute Definition ist situationsgetreu, d. h. situationsbezo-gen. Eine objektive, d.h. dogmatische Definition, schwebt im luftleeren Raum und ist beliebig interpretierbar, was ihr jedoch bei vielen unkritischen Menschen viel Popularität verschafft. Theorien beruhen hauptsächlich auf der Technik, die gerade relevanten Merkmale für die jeweilige Denkschu-le zu vereinfachen oder zu ignorieren. Viele so genannte Geheimnisse der Wissenschaft könnten auf den unkriti-schen Gebrauch der Sprache zurück-geführt werden. „Das Höchste wäre zu begreifen, dass alles Faktische schon Theorie ist.“

(1) Friedrich Waismann: Logik-Sprache-Philosophie, Stuttgart 1985. S. 129.

aus: Laurent Verycken: Formen der Wirk-lichkeit: Auf den Spuren der Abstraktion. - Penzberg: GrundRiss-Verlag 1994. S. 213. http://euro.mein-serva.de/mauthner2004 /mauthner/can/fospra.html

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M 4 Christmann/Schecker/Körner: Sprachliche Zeichen - Schema und Konzept* (2003) De Saussure lehrte zu Beginn des letzten Jahrhunderts an der Universi-tät in Genf und sein „Cours de lingu-istique générale“ (1916/1931) ent-stand durch Mitschriften seiner Stu-denten, die diese zusammenfassten und posthum veröffentlichten. [...] Er plädierte dafür, sich auf die Erfor-schung von Sprache zu einem be-stimmten Zeitpunkt zu konzentrieren, um ihr immanentes System zu erken-nen. De Saussure […] begriff „Zeichen“ als im Kopf eines „Zeichensubjekts“ statt-findenden Vermittlungsprozess z. B. zwischen einem Gegenstand (etwa ein Stuhl) einerseits und z. B. einer Buchstabenkette wie „S-t-u-h-l“ ande-rerseits. Dieses nach De Saussure nur im Kopf existierende Zeichen ist zweisei-tig (diadisch): Es setzt sich aus dem image und dem concept zusammen und umfasst den mittleren Ausschnitt aus einem insgesamt vierteiligen Zusammenhang (s. Abb. u.). Beim image handelt es sich um eine Art abstraktes, mentales Muster oder Schema, das es uns erlaubt, unend-lich viele verschiedene Ausformungen der sensorischen Realität: eines Schriftzuges, einer Lautform usw., als identische Wortform zu erkennen. Wir sind in der Lage, die verschiedensten Schriftzüge als gleichwertig einzustu-fen: Stuhl, stuhl, STUHL, Stuhl; ja sogar einen teilweise verwischten Schriftzug können wir noch entziffern. Jedoch nicht nur das: Wir können

auch mit Sicherheit sagen, dass die Schriftzüge Stoll, Strahl, Pool, *Y~:~~\:. ... nicht das gleiche Ding bezeichnen können wie die äußerlich so verschiedenen Varianten der Wort-form Stuhl. Dieses im Kopf befindliche Muster zur Identifizierung eines pas-senden Schriftzuges nennt de Saus-sure das image, mit Blick auf ge-schriebene Sprache image graphique. Ähnliches gilt für die akustische Wahrnehmung: Wenn verschiedene Personen das Wort „Stuhl“ ausspre-chen, ja sogar jedes Mal wenn ein und dieselbe Person es ausspricht, klingt das etwas anders. Trotzdem können wir die Lautsequenz jedes Mal einwandfrei identifizieren - selbst dann noch, wenn der andere undeut-lich spricht oder durch Lärm im Hin-tergrund teilweise übertönt wird. Auch hier liegt also offenbar im Kopf ein Muster vor, mit Hilfe dessen die kon-krete, physikalisch-materielle Lautket-te analysiert und identifiziert und gegebenenfalls vervollständigt wird: das image acoustique oder image phonique. Dieses image ist also die eine Seite des de Saussure´schen Zeichens. Es ist auf die sprachliche Realität (das Bezeichnende) ausge-richtet. Auf der anderen Seite besitzen wir aber auch eine abstrakte mentale Merkmalsmatrix, das concept, wel-ches es uns erlaubt, Gegenstände/die Welt (das Bezeichnete) zu klassifizie-ren: Wir sind in der Lage, jeden x-beliebigen Stuhl als genau dieses Möbelstück zu erkennen - egal, ob er

aus Holz, Metall oder einem anderen Material ist, ob seine Lehne abgerun-det oder eckig ist, ob er braun, weiß, rot oder bunt ist, ob er vier Beine hat oder auf fünf Rollen fährt, usw. All diese verschiedenen Stühle sind mindestens so verschieden wie die oben beschriebenen Schriftzüge. Trotzdem können wir sie eindeutig identifizieren und von einem Tisch, Bett, Schlüsselbund, usw. mühelos unterscheiden. Image oder concept alleine sind je-doch an sich noch kein sprachliches Zeichen. Erst durch ihre Verschaltung gewinnen sie Bedeutung und werden so zum sprachlichen Zeichen. Diese Verschaltung wird als reziproke Evo-kation bezeichnet. Dabei handelt es sich um ein automatisches Sich-gegenseitig-Hervorrufen. Ich kann nicht den Schriftzug „Stuhl“ lesen, ohne sofort außer dem image gra-phique auch das concept des Stuhls parat zu haben, und vice versa. Die Verschaltung von concept und image ist nur intersubjektiv erklärbar: unbe-wusst spielen sich die Sprecher einer Gemeinschaft auf eine gemeinsame sprachliche Strukturierung der Reali-tät ein (Konvention). aus: Gabi Christmann, Prof. Dr. M. Sche-cker, Bianca Körner: „Einführung in die Linguistik“. Neurolinguistisches Labor, Albert-Ludwigs-Universität Freiburg. In: www.neurolabor.de/script4-Planung/script-mainframe.htm.

(1) die schriftsprachliche / lautsprachliche Realität, z. B. ein konkreter Schriftzug wie

TISCH

(4) Die Objektrealität, z. B. der durch das folgende Bild wiederge-gebene Tisch:

Foto: ullstein bild, Berlin

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M 5 Charlotte Wiedemann: Die gerahmte Welt (2004) Ferne Länder sind wie Erzählungen. Es ist schwer, aus einer solchen Erzählung auszubrechen, wenn sie sich erst einmal festgesetzt hat, wenn sie durch vielfaches Wiederholen rund geschliffen worden ist zu einem handlichen Stück Gebrauchs-Wahrheit. Will ein Korrespondent die Erzählung eigenmächtig ändern, dann reagieren die Redakteure in der Zentrale so entrüstet wie Kinder, denen plötzlich eine verän-derte Fassung ihres Lieblingsmärchens erzählt wird. Indone-sien hatte lange Zeit nur eine Pointe: Wann zerbricht das Inselreich? Die Annahme, es zerbräche nicht, verriet Leicht-fertigkeit oder schlimmer: Unkenntnis. Die Pointe konnte nur verdrängt werden durch eine andere, noch stärkere Pointe: Wird Indonesien islamistisch? Falls der Terrorismus je aufhö-ren sollte, die Perspektive unserer Weltsicht zu bestimmen, wird gewiss das Zerbrechen des Inselreichs erneut ein drän-gendes Thema.

Framing nennen Medienwissenschaftler diesen Mecha-nismus: Journalisten beschreiben die Realität innerhalb eines Rahmens, der sich im Laufe der Zeit eher unbewusst etab-liert hat. Das Bild innerhalb des Rahmens ist nicht falsch im engen Sinne des Wortes, auch nicht gefälscht, aber es wirkt verfälschend, weil es nur eine sehr verengte Perspektive auf die Realität erlaubt. Und das Fatale ist: Wir, die Mediennut-zer, bemerken es nicht. Auch wenn wir uns für gebildet und kritisch halten. Der ständigen Wiederholung und der Macht der Bilder kann sich niemand entziehen. Ein Fernsehzu-schauer, der aus Pakistan nur Fäuste schüttelnde, bärtige Männer zu sehen bekommt, hält dieses Land naturgemäß für intolerant und bedrohlich. Er weiß nicht, dass jedem Trupp bärtiger Männer ein Trupp Kameramänner auf den Fersen ist. Als die Amerikaner im Irak Saddam Hussein in seinem Erdloch gefangen nahmen, brach in Bagdad helle Begeiste-rung aus, wer eine Waffe hatte, schoss in die Luft vor Freu-de. So sah es jedenfalls bei BBC aus; stundenlang, in jedem Nachrichtenblock wurde gefeiert und geschossen. Eine deut-sche Kollegin vor Ort fuhr mit dem Wagen durch Bagdad, suchte die Feiernden und fand so gut wie keine. Die BBC-Bilder zeigten nur die Reaktion eines kleinen Segments der irakischen Gesellschaft.

Oft sind sich die Journalisten des Framing selbst gar nicht bewusst. Im Kreislauf der sich selbst bestätigenden Gebrauchswahrheiten sind sie sowohl Treiber als auch Ge-triebene, Täter wie Opfer. Aufgrund der Umsatzgeschwindig-keit und des Umsatzvolumens von Nachrichten ist auch der Korrespondent vor Ort in großem Maße ein Medienkonsu-ment auf dem Gebiet, wo er oder sie eigentlich Produzent ist.

[…] Von Bangkok aus die Geschehnisse in Afghanistan ver-

melden, von Delhi aus die Motive der Freischärler in den südlichen Philippinen analysieren, das ist längst kein Notbe-helf mehr, sondern oftmals Alltag. Wenn indes an den Schauplätzen jener Krisen und Kriege, die als vorrangig gelten, tatsächlich Hunderte oder Tausende Berichterstatter vor Ort sind, geschieht etwas Erstaunliches: Die Konkurrenz führt in der Regel nicht zur Vielfalt, sondern im Gegenteil zur Einfalt. Beim Kampf der vielen um die knap-pen Bildmotive und die kargen Informationen wird framing zum Überlebensprinzip. […]

Dank Internet und Satellitenfernsehen kann ein schreibender Korrespondent, der in Jordanien sitzt, die Fol-gen eines Erdbebens im Iran so farbig schildern, als wäre er dort. Weinende Angehörige und die Trümmer einer Stadt lassen sich auch vom Fernsehschirm weg beschreiben. Nur: Es sind Informationen aus zweiter Hand, Framing ist unver-meidbar. Eine englischsprachige indische Zeitung zitiert in ihrer Online-Ausgabe einen namenlosen Mann von der Stra-ße zum Kaschmir-Konflikt; es ist ein Rikschafahrer aus Delhi, willkürlich herausgegriffen. Binnen Stunden radelt unser Rikschafahrer durch die Weltpresse, nun das indische Volks-empfinden repräsentierend. Es ist in Mode gekommen, Be-richten derart eine Als-ob-Authentizität zu verleihen. Die Nähe zum Geschehen muss simuliert werden, das Erkennen-lassen der realen Distanz wäre verdächtig. […]

Was also gilt? Was wissen wir? Eine Mittelklasse-Gegend in den Philippinen mag für unsere Augen aussehen wie ein Armutsviertel. Wir sind Blinde, sobald wir unseren vertrauten Kulturkreis verlassen, die Zone der uns vertrauten Zeichen. Simpler und zugleich schwerer als die Deutung eines tibetanischen Rollbildes ist: Alltag entziffern. Zäune, Feldgröße, Straßenbreite interpretieren. Dächer lesen. Was ist arm? Wie viele Kochtöpfe verraten sozialen Aufstieg? Wie riecht gutes Leben im Schlechten? Die Maßstäbe dafür kommen nur offline in unsere Köpfe, durch beobachten, vergleichen. Wie viele unserer journalistischen Urteile ent-stehen aufgrund falscher Wahrnehmung, falscher Maßstäbe? […] Wofür ich plädiere: den Rahmen weit machen, Entfer-nungen wieder anerkennen, Zweifel honorieren. Nichts ist so lächerlich wie der Glaube, durch unser Rähmchen würden wir die Welt erkennen. aus: Freitag 12 (12. März 2004), auf: www.freitag.de/2004/12/04120801.php, aufgerufen am 31.5.09

Foto: Einecke

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M 6 ILTIS GmbH: Damit aus Strategien Handeln wird (2001)

Sprachlich eine gemeinsame Sicht aufbauen Wollen wir heute erfolgreich mit anderen zusammenarbeiten, dann müssen wir ganz konkret in der Lage sein, eine bestimmte Deutung und Sichtweise überzeugend, einfach und verständlich vermitteln zu können. Framing ist die Kunst, durch Sprache zu führen, d. h. sprachlich eine gemeinsame Welt und Weltsicht aufzubauen und dabei andere zum Handeln zu bewegen. […]

Die folgenden drei Schlüsselelemente machen ein wirkungs-volles Framing aus: • Sprache: Die Auswahl unserer Worte und Sätze ist ent-

scheidend für den Prozess, bestimmte Deutungen zu er-zeugen. Framing erzeugt Verständnis, zum Teil dadurch, weil dies einfach in der Natur der Sprache liegt. Durch un-sere Sprache können wir Dinge einordnen und geeignete Kategorien finden. Außerdem hilft uns die Sprache, uns zu erinnern und In-formationen abzurufen. Durch Metaphern können wir eine Sache im Vergleich mit etwas anderem leichter verstehen und einordnen und so unser Verständnis von beiden ver-bessern.

• Denken: Um andere framen zu können, müssen wir zuerst uns selbst framen. Dazu brauchen wir mentale Modelle. Das sind tief verankerte innere Bilder oder Vorstellungen darüber, wie die Welt funktioniert. Diese Vorstellungen haben einen sehr starken Einfluss auf unser Framing-Verhalten, da sie direkt die Art bestimmen, wie wir wahrnehmen und gleichzeitig auch, welche Sicht-weise wir anderen vermitteln. Neue Modelle basieren da-bei auf den begrenzten Erfahrungen.

• Vorausdenken und Spontaneität: Gute Kommunikation heißt nicht, eine vorbereitete Rede zu halten. Die Zeit, un-sere spontanen Äußerungen genau zu durchdenken, gibt es bei normalen Gesprächen einfach nicht. Erst dann, wenn wir unsere Eindrücke für unser Gedächtnis aufberei-ten - uns erinnern. Priming (dt. Pumpen) schafft die Vor-aussetzungen für wirkungsvolle, spontane Kommunikation.

Instrumente Um Framing im Unternehmensalltag wirkungsvoll anwenden zu können, stehen einer Führungskraft verschiedene Instru-mente zur Verfügung: • Metaphern stellen Verbindungen zwischen verschiedenen

Begriffen, Dingen oder Themen her, zeigen die Ähnlichkei-ten auf und fügen neue Bedeutungsaspekte hinzu. Die Problematik bei Metaphern liegt darin, dass wichtige ande-re Bedeutungen überdeckt werden können.

• Insider-Sprache und Schlagworte fassen ein Thema in allseits bekannte Begriffe; man sollte jedoch darauf ach-ten, sie nicht überzustrapazieren.

• Kontrast ist ein Mittel, um etwas durch Abgrenzung oder Gegenüberstellung zu verdeutlichen, da es manchmal leichter ist, zu sagen, was etwas nicht ist, statt genau zu definieren, was es ist. Achten Sie aber darauf, dass eine schlechte Gegenüberstellung sehr viel Bedeutung verwi-schen kann.

• Spin stellt ein Thema in einem besonders positiven oder aber negativen Licht dar. Wird das betont Positive oder Negative überzogen und die Darstellung weicht zu sehr von der Realität ab, dann verliert man an Glaubwürdigkeit.

• Geschichten lassen ein Thema durch ein Beispiel verste-hen, wecken unsere Aufmerksamkeit und rufen Gefühle hervor. Sie sind auch sehr gut für Lernsituationen geeig-net. Wie Metaphern können jedoch auch bestimmte Be-deutungsaspekte zu kurz kommen.

• Komplexe Metaphern haben sehr viele verborgene, un-terschwellige Bedeutungen und sind sehr gut geeignet, um eine Vision zu entwickeln. Doch sollten wie besonders darauf achten, dass sie nicht zu weit von den Erwartungen unserer Zuhörer entfernt sind.

aus: http://web.archive.org/web/20010222032607/www.4managers.de/02-Themen/Html-Sites/Framing.htm

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M 7 Karl-Heinz Flechsig: Kulturelle Schemata (1998) Menschen können von außen kom-mende und über ihre Sinnesorgane empfangene Informationen mit Hilfe von Schemata zu Wissen umwan-deln, indem sie ihnen Bedeutungen zuordnen. Information, der keine Bedeutung zugeordnet wird, wird sozusagen ausgefiltert, nicht wahrge-nommen und hinterlässt somit auch keine Spuren im Gedächtnis, kann auch nicht zu Wissen werden. Sche-mata dienen aber nicht nur der Aus-wahl, Filterung und Interpretation eingehender Information, sondern zugleich der Speicherung und Ord-nung von Wissen im menschlichen Gehirn. Wie hat man sich diese Schemata vorzustellen? Eine Analogie möge uns weiterhelfen: Man stelle sich einen sehr, sehr großen Schrank mit sehr, sehr vielen in sich gefächerten Schubladen vor, die mit Etiketten versehen sind, auf denen die Be-zeichnungen der Dinge stehen, die in die Schubladen bzw. Fächer einzu-ordnen sind. Schemata als etikettierte und gefächerte Schubladen, damit endet jedoch schon unsere Analogie, denn Schubladen sind relativ starre Gebilde, während Schemata sich entwickeln, anpassen, verändern und untereinander kommunizieren. Hier hilft vielleicht eine andere Analo-gie weiter: Wir stellen uns unsere Schubladen als kleine Computer vor, auf deren Festplatten Wissen gespei-chert und geordnet ist und die unter-einander in Verbindung stehen. Wenn sie Wissen haben, das für andere Computer interessant sein könnte, reichen sie es an diese weiter, damit

sie es mit ihren eigenen Schemata verknüpfen. Und wenn sie Probleme haben, eingehende Information zu interpretieren und zu verstehen, kön-nen sie bei anderen Computern zu-rückfragen. Jeder dieser Computer ist dann für Schemata einer bestimmten Art bzw. eines bestimmten Bereichs zuständig. Schemata steuern aber nicht nur unsere Wahrnehmung und unsere Informationsverarbeitung, sondern auch unser Handeln. Als „klassi-sches“ Beispiel für eine Schema-Anwendung wird in mehreren Publika-tionen das Schema „Restaurant-Besuch“ erwähnt. Es umfasst eine Anzahl von Merkmalen, z. B. woran man Restaurants erkennt und von Bahnhöfen unterscheiden kann, es umfasst aber auch Merkmale von Prozessen, die in Restaurants statt-finden, z. B. Speisekarte lesen, bestellen, konsumieren, Rechnung erbitten, bezahlen etc. Ein solches Restaurant-Schema steuert unsere Erwartungen und lenkt unsere Wahr-nehmung, es steuert aber auch unse-re Handlungen und Interaktionen. […] Obwohl sich unsere bisherige Darstel-lung auf die Struktur der Schemata im Kopf von Individuen bezieht, dürfen ihre kulturellen Aspekte nicht ausge-blendet werden. Schemata sind in mehrfacher Weise abhängig von den Kulturgemeinschaften, in denen Men-schen aufwachsen. Zum einen beein-flusst die materielle Lebenswelt die Erfahrungsmöglichkeiten eines Indivi-duums, und diese sind am Polarkreis anders als im tropischen Regenwald, in hochtechnologisch strukturierten

Umwelten anders als bei Nomaden in der Wüste. Sodann werden die Schemata beeinflusst von den Deu-tungsmustern und Handlungsstrate-gien, den Werten und Normen der Kulturgemeinschaften, in denen Men-schen aufwachsen und die ihnen über Akkulturations-, Sozialisations- und Erziehungsprozesse vermittelt wer-den. Und schließlich sind sie beein-flusst von historischem und kulturel-lem Wandel, der je nachdem schnel-ler oder langsamer vor sich geht. […] Als selbstverständlich werden diese [nämlich die kulturellen Schemata] solange empfunden, solange Men-schen nicht mit Alternativen konfron-tiert werden. Geschieht dies jedoch, so werden diese alternativen Deu-tungsmuster und Verhaltensweisen zunächst als „fremd“ wahrgenommen. Gleichzeitig wird das Bewusstsein dafür entwickelt, dass das Selbstver-ständliche das „Eigene“ ist. In der Regel geschieht dies durch Kulturkon-trast-Erfahrungen in Begegnungen mit Mitgliedern anderer Kulturgemein-schaften (der eigenen Gesellschaft oder aus anderen Gesellschaften). Was den Charakter solcher Kultur-kontrast-Erfahrungen, im Besonderen deren emotionale Aspekte anbelangt, so reichen diese von Neugier und Imitationsversuchen über Verstörun-gen und Überbetonung, von Differenz bis hin zum so genannten „Kultur-schock“. aus: www.ikud-seminare.de /Interkulturelles_Training /Kulturelle_Schemata_interkulturelles_Lernen.pdf

M 8 Selbstständiges, weiterführendes themengeleitetes Lesen Offen gebliebene Fragen zum Themenkomplex „Sprache – Denken – Wirklichkeit“ sammeln. Nutzen Sie für Ihre Recherche über Wikipedia etc. hinaus folgende Links (geprüft am 24.9.2009): http://www.textlog.de/mauthner.html www.textlog.de/19005.html http://www.christianlehmann.eu/ling/ling_theo/index.html http://www.christianlehmann.eu/ling/ling_theo/spr&denken/index.html www.blutner.de/Einfu/einfu.html www.neurolabor.de/script4-Planung/script-mainframe.htm http://de.wikipedia.org/wiki/Sapir-Whorf-These www.netzgestalten.de/Frank.Hartmann/Sapir-Whorf.htm

http://www.linse.uni-due.de/linse/themen/sprachphilosophie_theorie.php www.rudolf-maresch.de/texte/50.pdf www.isk.rwth-aachen.de/585.html www.zeno.org/Philosophie www.zeno.org/Zeno/0/Suche?q=Sprachphilosophie&k=Bibliothek zur Visualisierung von Leseergebnissen mit einem Konspekt/Strukturdiagramm: www.fachdidaktik-einecke.de/4_Literaturdidaktik /konspekt_sachtexte.htm