Wirtschaftsinfo - Branchenanalyse - Uniaden 1. Januar 2019 von 8.84 Euro auf 9.19 Euro. Im Jahr 2020...

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Unia Zentralsekretariat Weltpoststrasse 20 Abteilung Politik CH-3000 Bern15 T +41 31 350 21 11 F +41 31 350 22 11 http://www.unia.ch Bern, Oktober 2019 WIRTSCHAFTSINFO III/2019 Zusammenfassung Die Weltkonjunktur verlor im ersten Halbjahr 2019 spürbar an Schwung. Die Industrieproduktion ging zurück, auch in der Schweiz. Weiterhin sorgen geopolitsche Risiken für Unsicherheit. Zu diesen Sondereffekten, gehören neben dem teils überbewerteten Handelsstreit China-USA insbesondere der Brexit und die anhaltenden Unruhen in Hong Kong. Ins Auge fallen zudem die fast weltweit sinkenden Autoverkäufe. Davon sind insbesondere Deutschland als einer der grossen Autohersteller aber auch die Schweizer Zulieferer betroffen. Zu den Gründen für den stockenden Absatz gehören Kaufkraftprobleme sowie die Zurückhaltung der Konsumentinnen angesichts des gestiegenen Umweltbewusstseins und der politischen Auflagen, Fahrzeuge mit Verbrennungsmotoren zu kaufen. Die Beschäftigung wächst zwar noch, die Arbeitslosigkeit geht aber nicht mehr weiter zurück. Unbefriedigend bleibt die Lohnentwicklung, die Kaufkraft ist nach wie vor unter Druck. Die Konsumentinnen betrachten die perönliche finanzielle Lage mit gewisser Sorge, was angesichts steigender Lebenshaltungskosten (Krankenkassenprämien, Mieten, positive Teuerung) und stagnierenden Realeinkommen (Löhne und Renten) nicht erstaunt. In den kommenden Monaten wird die Schweizer Wirtschaftsleistung kaum wachsen. Die fehlenden aussenwirtschaftlichen Impulse und die verhaltene Entwicklung der Binnennachfrage vermögen der Wirtschaft nicht die nötigen Impulse zu geben. Wir rechnen für 2019 mit einem BIP-Wachstum im Bereich von 1 Prozent. Die Arbeitslosenquote dürfte auf 2.4 Prozent verharren. Die Jahresteuerung dürfte 2019 0.4 Prozent betragen. Verfügbare Prognosen für 2020 (KOF, Seco) gehen nächtstes Jahr von einem erneuten Aufschwung aus. Damit dieser stattfindet, braucht es jetzt griffige Massnahmen zur Erhöhung der Kaufkraft. In den bevorstehenden Lohnverhandlungen muss es deshalb gelingen, die Reallöhne anzuheben und der Produktivitätsentwicklung anzupassen.

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Unia Zentralsekretariat Weltpoststrasse 20 Abteilung Politik CH-3000 Bern15 T +41 31 350 21 11 F +41 31 350 22 11

http://www.unia.ch

Bern, Oktober 2019

WIRTSCHAFTSINFO III/2019

Zusammenfassung

Die Weltkonjunktur verlor im ersten Halbjahr 2019 spürbar an Schwung. Die Industrieproduktion

ging zurück, auch in der Schweiz. Weiterhin sorgen geopolitsche Risiken für Unsicherheit. Zu

diesen Sondereffekten, gehören neben dem teils überbewerteten Handelsstreit China-USA

insbesondere der Brexit und die anhaltenden Unruhen in Hong Kong. Ins Auge fallen zudem

die fast weltweit sinkenden Autoverkäufe. Davon sind insbesondere Deutschland als einer der

grossen Autohersteller aber auch die Schweizer Zulieferer betroffen. Zu den Gründen für den

stockenden Absatz gehören Kaufkraftprobleme sowie die Zurückhaltung der Konsumentinnen

angesichts des gestiegenen Umweltbewusstseins und der politischen Auflagen, Fahrzeuge mit

Verbrennungsmotoren zu kaufen.

Die Beschäftigung wächst zwar noch, die Arbeitslosigkeit geht aber nicht mehr weiter zurück.

Unbefriedigend bleibt die Lohnentwicklung, die Kaufkraft ist nach wie vor unter Druck. Die

Konsumentinnen betrachten die perönliche finanzielle Lage mit gewisser Sorge, was angesichts

steigender Lebenshaltungskosten (Krankenkassenprämien, Mieten, positive Teuerung) und

stagnierenden Realeinkommen (Löhne und Renten) nicht erstaunt.

In den kommenden Monaten wird die Schweizer Wirtschaftsleistung kaum wachsen. Die

fehlenden aussenwirtschaftlichen Impulse und die verhaltene Entwicklung der Binnennachfrage

vermögen der Wirtschaft nicht die nötigen Impulse zu geben. Wir rechnen für 2019 mit einem

BIP-Wachstum im Bereich von 1 Prozent. Die Arbeitslosenquote dürfte auf 2.4 Prozent

verharren. Die Jahresteuerung dürfte 2019 0.4 Prozent betragen. Verfügbare Prognosen für

2020 (KOF, Seco) gehen nächtstes Jahr von einem erneuten Aufschwung aus. Damit dieser

stattfindet, braucht es jetzt griffige Massnahmen zur Erhöhung der Kaufkraft. In den

bevorstehenden Lohnverhandlungen muss es deshalb gelingen, die Reallöhne anzuheben und

der Produktivitätsentwicklung anzupassen.

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Konjunktur kühlt sich weiter ab, besonders die Industrie ist betroffen

1. Nicht der Handelsstreit, sondern eine Kaufkraft- und Nachfrageschwäche bremst Europa

Die Konjunktur hat sich in den letzten Monaten fast weltweit abgekühlt – vor allem in der

Industrie. Um eine klassische Rezession handelt es sich aber nicht. Dafür fehlten die typischen

Hochkonjunkturphänomene, die den Rezessionen jeweils vorangehen, wie beispielsweise

grosse Überinvestitionen verbunden mit einer erhöhten Teuerung und ausgeprägten

Knappheiten auf dem Arbeitsmarkt.

Zahlreiche Beobachter führen die Konjunkturabkühlung in erster Linie auf den Handelsstreit

zwischen den USA und China zurück. Doch diese Analyse greift zu kurz. Wenn das so wäre,

müssten die Bremswirkungen in den USA stärker sein als in Europa (s. den Kasten unten zum

Handelsstreit). Denn die Zollerhöhungen zwischen den USA und China eröffnen für die

europäischen Firmen Chancen, ihre Marktanteile zu erhöhen. Tatsächlich steigen die Exporte

Deutschlands in die USA und nach China nach wie vor an. Trotzdem sinkt die

Industrieproduktion in Deutschland stärker als in vielen anderen Ländern. Es gibt daher andere,

bedeutendere Ursachen als der Handelsstreit. Allen voran die schwache Konjunktur in Teilen

Europas – namentlich in Italien, aber teilweise auch in Grossbritannien.

Produktion in der Industrie (2015=100, saisonbereinigt)

Quelle: Eurostat

Ins Auge fallen die fast weltweit sinkenden Autoverkäufe. Davon ist insbesondere Deutschland

als einer der grossen Autohersteller betroffen. Wahrscheinlich gibt es drei Ursachen für den

stockenden Absatz, nämlich a) Kaufkraftprobleme in gewissen europäischen Ländern und in

China, b) auslaufende Steuervergünstigungen für Autokäufe in China sowie c) die

Zurückhaltung der KonsumentInnen angesichts des gestiegenen Umweltbewusstseins und der

politischen Auflagen (Dieselfahrverbote u.a.), Fahrzeuge mit Diesel- bzw.

Verbrennungsmotoren zu kaufen. Die Ursachen müssen aber noch besser untersucht und

verstanden werden.

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Deutschland Frankreich Schweiz USA

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Autoverkäufe und -neuzulassungen

Quelle: IWF

Insgesamt entwickelt sich die Konjunktur in Europa unbefriedigend. Italien trägt dabei die rote

Laterne. Das Bruttoinlandprodukt ging im 2. Quartal 2019 um 0.1 Prozent zurück, wobei

insbesondere der schwache Konsum und die lahmenden Investitionen dazu beitrugen. Aber

auch die deutsche Wirtschaft wuchs mit 0.4 Prozent kaum mehr. Die Wirtschaft der gesamten

EU expandierte im 2. Quartal 2019 noch mit 1.4 Prozent – viel weniger stark als beispielsweise

die USA mit 2.3 Prozent. Aufgrund der schlechten Datenlage ist die Situation in China wie immer

etwas unklar. Gemäss Analysen des IWF lahmt der Immobilienmarkt, was als beunruhigendes

Zeichen für die Chinesische Binnenwirtschaft aufgefasst werden muss.

Positiv ist, dass diese Wachstumsschwäche in der Industrie kaum auf die Beschäftigung

durchgeschlagen hat. In der EU wuchs die Zahl der Beschäftigten im 2. Quartal 2019 um 1.0

Prozent (geg. Vorjahr). Auch in den USA ist die Beschäftigungsentwicklung klar im Plus.

Dementsprechend steigt die Zahl der Erwerbslosen in den meisten Ländern nicht an. In der EU

ist die Erwerbslosenquote mit 6.3 Prozent unter das Niveau vor Ausbruch der Finanzkrise

gesunken.

Erwerbslosenquoten (saisonbereinigt, gemäss ILO, in Prozent)

Quelle: Eurostat, BFS

Tiefere Ölpreise und weniger starke Lohnhöherungen haben dazu geführt, dass die Teuerung

in der EU mit 0.8 Prozent wieder etwas weniger stark ausfällt. In den südlichen EU-Staaten

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Einheiten Wachstumsraten (r. Skala)

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Italien, Griechenland und Spanien ist sie mit 0.2 Prozent quasi inexistent. Etwas stärker

stiegen die Preise in den USA, nämlich um 1.7 Prozent.

Reale Tariflöhne (Veränderung gegenüber Vorjahr, in Prozent)

Quelle: Bundesbank, Statistik Austria, BFS

Die gute Arbeitsmarktsituation gab den Löhnen etwas Auftrieb. In Deutschland und in Österreich

beispielsweise wuchsen die Reallöhne in letzter Zeit meistens um mehr als 1 Prozent. Die

Einkommen stiegen, was sich mehr und mehr auch im Privatkonsum und im Detailhandel

bemerkbar macht. Der reale Detailhandelsumsatz legte in den meisten europäischen Ländern,

aber auch in den USA zu. Deutschland hinkt jedoch nach wie vor etwas hinterher, trotz

Massnahmen, welche die Kaufkraft etwas gestärkt haben (z.B. wieder voll paritätische

Finanzierung der Krankenversicherung). Das Grundproblem, dass in Deutschland Firmen und

Staat Vermögen akkumulieren, während die Kaufkraft der normalverdienenden

Arbeitnehmenden vergleichsweise schwach steigt, bleibt. Das kritisiert mittlerweile sogar der

IWF.1 Dabei müsste die grösste Wirtschaft der Eurozone gerade in der gegenwärtigen

Konjunkturlage als Lokomotive wirken. Insgesamt half die Binnen

nachfrage aber, die Konjunktur im Ausland zu stabilisieren.

1 https://www.imf.org/en/Publications/CR/Issues/2019/07/09/Germany-2019-Article-IV-Consultation-Press-

Release-Staff-Report-and-Statement-by-the-47093

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Deutschland Österreich Schweiz

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Reale Detailhandelsumsätze und Tariflöhne in Deutschland (Veränderung gegenüber Vorjahr)

Quelle: Eurostat, Deutsche Bundesbank

Box 1: Relativ geringe direkte Auswirkungen des Handelsstreites USA/China

Verschiedene Modellsimulationen zeigen, dass die wirtschaftlichen Auswirkungen des Handelskonfliktes zwischen den USA und China weniger bedeutend sind, als oft dargestellt. Eine Schätzung des IWF2 (s. unten) kommt zum Schluss, dass selbst die bis August eingeführten Zölle relativ bescheidene, direkte Auswirkungen auf das BIP haben (s. das Szenario „Add tarifs announced August 2019“ in nachfolgender Abbildung). Mit diesem Zoll wäre das US-BIP rund 0.2 Prozent tiefer. Das BIP in China wäre etwas mehr als 1 Prozent unter dem heutigen Niveau. Die Eurozone würde sogar leicht profitieren, u.a. weil die Firmen in diesen Ländern Marktanteile gewinnen können.

Etwas stärker sind die Effekte, wenn noch Unsicherheitsfaktoren und Risikoaufschläge auf den Kapitalmärkten dazu genommen werden – wobei diese Simulationseffekte mit grosser Vorsicht aufzunehmen sind („Confidence effect“ und „market reaction“).

2 S. IWF World economic outlook, October 2019,

https://www.imf.org/en/Publications/WEO/Issues/2019/10/01/world-economic-outlook-october-2019. S. auch Fajgelbaum, P. et al. (2019) : The Return to Protectionism, https://www.nber.org/papers/w25638.

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Detailhandelsumsätze (ohne Autos)

Tariflöhne (Erhöhung im Vorjahr)

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Auswirkungen von Aussenhandelsbeschränkungen auf das BIP

(Abweichung gegenüber Entwicklung ohne Beschränkungen, in Prozent)

2. Weiterhin lahmende Konjunktur in Europa

Der Konjunkturausblick für die nähere Zukunft bleibt unerfreulich. Die Auftragseingänge in der

Industrie sind in der EU gesunken. Die Firmen bezeichnen ihre Produktionskapazitäten

vermehrt als zu hoch, so dass sie bei den Investitionen und bei den Neueinstellungen auf die

Bremse stehen werden. Positiv ist immerhin, dass sich die Exporterwartungen nicht weiter

verschlechtert haben. In den USA ist es etwas besser. Die Bestellungseingänge in der Industrie

stagnieren zwar, gehen aber nicht zurück.

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Auftragseingang in der Industrie (EU: Saldowerte aus Umfrage, USA: Vorjahresveränderung, saisonbereinigt)

Quelle: Eurostat, FRED

Die Binnenkonjunktur wird in nächster Zeit weiterhin eine wichtige, stabilisierende Rolle spielen

müssen. Es wäre wichtig, dass die Haushalteinkommen und der Privatkonsum etwas stärker

steigen, sonst fehlen die Wachstumsimpulse. In Deutschland hat die grosse Koalition

Massnahmen zur Stärkung der Kaufkraft ergriffen. Sie erhöhte den deutschen Mindestlohn auf

den 1. Januar 2019 von 8.84 Euro auf 9.19 Euro. Im Jahr 2020 wird er auf 9.35 Euro steigen.

Zudem müssen sich die Arbeitgeber wieder an der Finanzierung der Krankenversicherung

beteiligen. Gemäss einer Übersicht des DIW haben diese Massnahmen einen positiven BIP-

Effekt von rund 0.3 Prozent.3 Ein Teil dieser Massnahmen hat bereits im laufenden Jahr dazu

geführt, dass die Detailhandelsumsätze trotz schwächerem Lohnwachstum weiter gestiegen

sind.

Deutschland: Reale Detailhandelsumsätze und Tariflohnerhöhungen (Veränderung gegenüber Vorjahr)

In der europäischen Finanzpolitik braucht es eine Wende. Obwohl die Staaten – insbesondere

Deutschland – bei den heutigen Negativzinsen mit Krediten sogar Geld verdienen würden,

verfolgen sie weiterhin eine Sparpolitik. Dabei ist der Investitions- und Erneuerungsbedarf

gross.

Die Konjunkturumfragen weisen auf eine stagnierender, allenfalls schwach wachsende

Wirtschaftsentwicklung hin – jedoch nicht auf eine Rezession. In Europa hat sich vor allem die

3 S. den DIW-Wochenbericht: https://www.diw.de/documents/publikationen/73/diw_01.c.678070.de/19-37.pdf,

S. 662)

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Detailhandelsumsätze (ohne Autos) Tariflöhne (Erhöhung im Vorjahr)

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Lage in Deutschland und im Vereinigten Königreich eingetrübt. Die Unternehmensumfragen

weisen auf eine sinkende Produktion und teilweise auf eine Verkleinerung der Belegschaften

hin. Etwas besser sind die Aussichten für die USA. Das für die Entwicklung der US-Wirtschaft

aussagekräftige Konsumentenvertrauen hat sich wieder stabilisiert. Die chinesische Wirtschaft

dürfte weiter wachsen, obwohl das Expansionstempo in der Industrie durch die geringere

Exportaktivität weniger hoch sein wird.

Eurozone: Einkaufsmanagerindex PMI und BIP-Wachstum (saisonbereinigt, PMI-Werte über 50 = Expansion = BIP-Wachstum)

Quelle: Markit Economics

USA: Konsumentenvertrauen (saison- und zufallsbereinigt)

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Vereinigtes Königreich: Einkaufsmanagerindex PMI in der Industrie (saisonbereinigt, PMI-Werte über 50 = Expansion = BIP-Wachstum)

Quelle: Markit Economics

China: Einkaufsmanagerindex PMI (saisonbereinigt, PMI-Werte über 50 = Expansion = BIP-Wachstum)

Quelle: Markit Economics

Die aktuellsten Prognosen rechnen weltweit mit einem relativ schwachen Wirtschaftswachstum.

Für die Eurozone werden für 2019 BIP-Wachstumsraten von etwas über 1 Prozent und für das

Jahr 2020 von etwas unter 1.5 Prozent vorausgesagt. Besonders trübe sind die Szenarien für

Deutschland (0.5 bzw. 1.1 Prozent)4 und für Italien (0.0 bzw. 0.5 Prozent). Für die USA sind die

Prognostiker etwas zuversichtlicher. Der IWF beispielsweise rechnet fürs laufende Jahr mit BIP-

Wachstumsraten von ungefähr 2.4 Prozent; für das nächste Jahr prognostiziert er 2.1 Prozent.5

Die Teuerung bleibt gemäss den Vorhersagen weiterhin moderat. Für die Eurozone

prognostiziert die EZB für 2019 und 2020 eine Inflation von 1.2 bzw. 1.0 Prozent prognostiziert.

In den USA dürfte die Teuerung knapp unter 2 Prozent sein.

4 https://www.diw.de/de/diw_01.c.679943.de/gemeinschaftsdiagnose_herbs...ustrie_in_der_rezession.html

5 https://www.imf.org/en/Publications/WEO/Issues/2019/10/01/world-economic-outlook-october-2019

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3. Schweiz: Industrieproduktion geht zurück– Binnennachfrage ungenügend

Auch die Schweiz hat sich die Konjunktur in den letzten Monaten weiter abgekühlt. Auch

hierzulande ist es die Industrie – insbesondere die MEM-Industrie, die am stärksten betroffen

ist. Der Industrie-Einkaufsmanagerindex mit Angaben für die Monate bis September verharrt

unter den Wachstumswert von 50. Das bedeutet, dass die Industrieproduktion sinkt. Der

Dienstleistungssektor ist hingegen nach wie vor auf verhaltenem Expansionskurs.

Schweiz: Einkaufsmanagerindex PMI in der Industrie und im Dienstleistungssektor (saisonbereinigt, PMI-Werte über 50 = Expansion = Wachstum)

Quelle: Credit Suisse

Allerdings dürfte die Pharmabranche in diesen Zahlen unterrepräsentiert sein. Die Branche

befindet sich weiterhin auf Expansionskurs und prägt aufgrund ihres Gewichts die Export- und

Industriestatistiken stark. Sie produziert mittlerweile fast 30 Prozent der Industriegüter und hat

einen Anteil an den gesamten Warenexporten von über 40 Prozent. So ist es nicht

überraschend, dass die Gesamtexporte trotz Absatzproblemen der MEM-Branchen aufwärts

zeigen. Nach Expordestinationen betrachtet, zeigt sich ein interessantes Bild, welches die

wirtschaftliche Bedeutung des Handelsstreits etwas relativiert. Die Ausfuhren der Schweiz in die

USA und nach China steigen (ohne die azyklische Pharma). Demgegenüber gehen die

Auslandlieferungen nach Deutschland und Italien zurück, wobei ein Teil des Rückgangs auf die

Frankenaufwertung zurückzuführen sein dürfte.

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Wertschöpfung in der Export- und der Binnenwirtschaft (2003=100, saisonbereinigt)

Quelle: BFS, Seco, Berechnungen SGB

Schweizer Warenexporte ohne Pharma in einzelne Länder

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Deutschland Italien

USA China

Quelle: EZV

Besorgniserregend ist die Lage in der Binnenwirtschaft. Die Wertschöpfung stagniert.

Insbesondere die konsumnahen Sektoren wie der Detailhandel lahmen weiterhin. Die realen

Umsätze sind heute auf den Niveau von 2012, obwohl die Bevölkerung seither spürbar

gewachsen ist. Der Pro-Kopf-Konsum ohne Gesundheitsausgaben befindet sich auf dem

Niveau von 2010. Diese Entwicklung spiegelt die ungenügende Entwicklung der Kaufkraft. Die

Löhne stiegen vor allem in jüngerer Zeit relativ schwach. Demgegenüber wurden die

Pensionskassenbeiträge und die Krankenkassenprämien erhöht. Und die

Pensionskassenrenten der knapp 90‘000 NeurenterInnen sinken im Durchschnitt. Vor diesem

Hintergrund erstaunt es nicht, dass die Pro-Kopf-Konsumausgaben (ohne Gesundheit) bereits

seit einiger Zeit zurückgehen.

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Exportwirtschaft Binnenwirtschaft

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Realer Pro-Kopf-Konsum der Privathaushalte in der Schweiz

(2010=100)

Quelle: BFS, Seco, Berechnungen SGB

Glücklicherweise hat sich die Wachstumsabkühlung noch nicht 1:1 in der Beschäftigung

niedergeschlagen. Die Firmen stellten im 2. Quartal mehr Personal ein. Für die jüngsten Monate

Entwicklung gibt es noch keine offiziellen Beschäftigtenzahlen, doch die verfügbaren

Arbeitslosenstatistiken weisen auf eine weitere Verbesserung der Beschäftigungssituation hin.

Im September waren noch rund 105‘000 Personen als arbeitslos bei den RAV registriert

(saisonbereinigt). Weniger erfreulich ist hingegen die Entwicklung bei den Erwerbslosenzahlen.

Diese Statistik des BFS erfasst auch die Ausgesteuerten. Nach wie vor sind über 220‘000

Personen erwerbslos. Die Gründe für dieses verstärkte Auseinanderklaffen der beiden

Statistiken sind nicht vollständig klar. Eine Rolle spielen dürfte aber, dass es mehr ältere

Erwerbslose gibt, die aufgrund von Aussteuerung nicht mehr in den RAV registriert sind, und

dass Jüngere u.a. seit der AVIG-Revision im Jahr 2011 weniger Ansprüche auf ALV-Taggelder

haben.

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Arbeitslose und Erwerbslose (saisonbereinigt, Personen)

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Registrierte Arbeitslose gemäss Seco

Erwerbslose gemäss ILO-Standard (BFS) Quelle: BFS, Seco

Die Teuerung ist im September auf 0.1 Prozent gefallen, wobei die tieferen Ölpreise eine

wichtige Rolle gespielt haben. Ohne Ölprodukte stiegen die Konsumentenpreise um 0.4

Prozent. Die Mieten steigen um rund 0.5 Prozent. Über das ganze Jahr dürfte die Teuerung

rund 0.3 Prozent betragen – ausser es ergeben sich besondere Entwicklunge beim Ölpreise

oder beim Frankenkurs.

4. Nur moderates Wachstum der Schweizer Wirtschaft

Der Ausblick für die Schweizer Wirtschaft ist nach wie vor durchzogen. Die fehlenden aus-

senwirtschaftlichen Impulse, die lahmende Kaufkraft im Inland und die zurückhaltende Aus-

gabenpolitik der öffentlichen Hand geben der Wirtschaft kaum zusätzlichen Schub. Die Be-

schäftigung nimmt noch zu und auch die Reallöhne steigen um rund 0.5 Prozent. Doch

gleichzeitig werden auch die Pensionskassenbeiträge erhöht und die Neurenten sinken. Der

Franken ist um rund 10 bis 15 Prozent überbewertet. Angesichts der unklaren SNB-Politik

sind weitere Aufwertungsschübe nicht ausgeschlossen. Ein weiterer Unsicherheitsfaktor ist

der Wohnbau mit den steigenden Leerständen und der höheren Hypothekarverschuldung.

Der SGB-Konjunkturindikator für die zweite Hälfte des laufenden Jahres auf ein weiterhin

schwächeres Wachstum aber keine Rezession hin.

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BIP-Wachstum und Prognose (real, Veränderung gegenüber Vorjahr in Prozent)

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Beobachtungen SGB-Indikator Quelle: Seco, SGB

Realer Frankenkurs gegenüber Deutschland, 2000=100

(Konsumentenpreise) (Lohnstückkosten in der Industrie)

Quelle: SNB, BFS, Eurostat, Berechnungen SGB

Die Lage auf dem Arbeitsmarkt ist nach wie vor intakt. Die Zahl der offenen Stellen ist in den

meisten der verfügbaren Statistiken relativ hoch. Mittlerweile wurden wieder die Höchstwerte

der Jahre vor der Finanzkrise erreicht. Am stärksten stieg natürlich die Zahl der bei den RAV

gemeldeten Stellen, was mehrheitlich auf die Einführung der Stellenmeldepflicht im Juli 2018

zurückzuführen ist. Die Arbeitslosigkeit dürfte 2019 im Jahresdurchschnitt rund 2.3 Prozent

betragen, dann aber leicht auf 2.5 bis 2.6 Prozent ansteigen. Die Teuerung bleibt tief, solange

sich beim Ölpreis und beim Frankenkurs nichts Wesentliches ändert.

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1985 1990 1995 2000 2005 2010 2015

80

90

100

110

120

130

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Index der offenen Stellen: diverse Quellen (saisonbereinigt)

40

60

80

100

120

140

160

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200

0

40

80

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2000 2002 2004 2006 2008 2010 2012 2014 2016 2018

Stellenmarktmonitor Uni ZH

Offene Stellen gemäss BFS (BESTA)

Jobradar

Bei den RAV gemeldete offene Stellen gemäss Seco

Ausgewählte Konjunkturprognosen (Angaben in Prozent)

SGB KOF Seco

Schweiz. Nationalbank

2019 2020 2019 2020 2019 2020 2019 2020

BIP-Wachstum 1.0 1.5 0.9 1.9 0.8 1.7 0.5-1.0 - Arbeitslosenquote 2.3 2.6 2.3 2.5 2.3 2.5 - - Teuerung 0.3 0.4 0.4 0.3 0.5 0.4 0.4 0.2

Box 2: Methodik der quantitativen SGB-Konjunkturprognosen

Der SGB arbeitet bei der Prognose von BIP, Arbeitslosigkeit und Teuerung mit Indikatormo-dellen. In einem ersten Schritt werden Umfragedaten, Wechselkurse, Zinsen etc. identifiziert, welche in der Vergangenheit einen systematischen Zusammenhang mit den Werten des BIP etc. im Folgejahr hatten, identifiziert. Diese Zusammenhänge werden mittels ökonometri-schen Verfahren geschätzt. Daraus ergeben sich die Modelle. Anschliessend erfolgen Test auf Robustheit und Stabilität der Modelle.

Für die Prognose werden die Modelle mit den aktuellsten Indikatorwerten „gefüttert“. Bei der BIP-Prognose verwendet der SGB beispielsweise Umfragedaten zum erwarteten Bestel-lungseingang oder den geplanten Einkaufsmengen der Firmen sowie die aktuelle Wechsel-kursentwicklung. Die BIP-Prognose fliesst anschliessend in die Prognose der Arbeitslosen-quote ein, wodurch die Konsistenz des Szenarios gewährleistet wird.

Diese Methode hat den Vorteil, dass keine Annahmen über die Weltkonjunktur oder die Fi-nanzmarktentwicklung getroffen werden müssen, wie das z.B. bei der KOF der Fall ist. Und: Es mag überraschen, entspricht dem Vernehmen nach aber der Realität, dass beispielsweise zahlreiche Banken ihren Konjunkturprognosen gar keine Modelle zugrunde legen.

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Wachstumsschwäche ergreift die Schweizer Branchenlandschaft

5. Schwächezeichen aus der Industrie

Die Signale aus der Industrie sind durchzogen, die Verfügbaren Indikatoren widerspiegeln die

konjunkturelle Abkühlung. Die Industrieproduktion hat im dritten Quartal auch in der Schweiz

weiter an Dynamik verloren, sodass im Vergleich zum (äusserst guten) Vorjahresquartal

insgesamt ein spürbarer Rückgang der Produktion resultiert.

Im Einklang mit dem Rückgang in der Industrieproduktion lag der PMI, ein wichtiger

Frühindikator für die Schweizer Industrie, im September den 6. Monat in Folge unter der

Wachstumsschwelle von 50 Punkten. Dies deutet auf einen weiteren Rückgang der

Industrieproduktion hin. Demgegenüber und im Einklang mit der internationalen Entwicklung

gehen vom Dienstleistungssektor stützende Impulse aus.

Nichts desto trotz wächst die Industriewertschöpfung noch immer, im zweiten Quartal 2019

betrug das Wachstum im Vergleich zum Vorjahr solide 3.4%. Auch die Nachfrage nach

Schweizer Ausrüstungsinvestitionen befindet sich auf vergleichsweise hohem Niveau,

allerdings ist hier ein leichter Rückgang der Nachfrage ersichtlich. Insgesamt liegt die reale

Ausrüstungsinvestitionsquote der Schweiz bei knapp 16% – was ungefähr dem Vorkrisenniveau

während des Booms 2007/2008 entspricht.

Industriewertschöpfung und -produktion (Veränderung geg. Vorjahr; Umfrage-Saldo)

Quelle: Seco BIP Quartalsschätzung (Wertschöpfung); KOF-Umfrage (Produktion)

Wachstum der Ausrüstungsinvestitionen im internationalen Vergleich (Index, 2010 = 100)

Quelle: Seco (CH); FRED (USA); Eurostat (EU) (Produktion)

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Die Industrieexporte entwickelten sich im zweiten Quartal je nach Branche erneut

unterschiedlich und werden einmal mehr von der Chemie und insbesondere der

Pharmaindustrie getragen, welche nach wie vor nur die Richtung nach oben kennt. Dieses

ungebremste Trendwachstum ist auf die globale demographische Entwicklung sowie die

aufstrebende Mittelklasse in Asien zurückzuführen.

Die Uhrenexporte konnten zuletzt nicht mehr an das kräftige Wachstum der vorherigen Quartale

anknüpfen. Die Uhrenbestandteile verzeichneten im zweiten Quartal sogar erstmals seit 2016

wieder einen Exportrückgang. Dieser dürfte auf die schwächere Nachfrage aus Asien,

insbesondere China, zurückzuführe sein. Wichtige Stichworte sind hier die schwächere

Konsumentennachfrage aus China sowie die mit anhaltenden Protesten verbundene politische

Krise in Hong Kong.

Nominale Exporte Uhren, Chemie/Pharma (2008=100, saison- und extremwertbereinigt)

Quelle: Eidg. Zollverwaltung EZV (arbeitstagbereinigte Reihen)

Die Exporte der MEM-Industrie entwickeln sich insgesamt zaghaft, mit Unterschieden zwischen

den Branchen. Ein Rückgang ist insbesondere bei den Metallen zu verzeichnen, deren Exporte

im Ersten Quartal 2018 den Höchstpunkt der letzten Jahre erreichten. Der Rückgang um rund

6% dürfte teilweise auf die Handelspolitik der USA und der EU zurückzuführen sein, welche die

ausländische Nachfrage nach Schweizer Metallproduktion gehemmt haben. Der

Handelskonflikt allein vermag den Rückgang jedoch nicht zu erklären, zumal die Schweiz kaum

direkt betroffen ist und Metalle grossmehrheitlich in den EU-Raum exportiert.

Nominale Exporte der MEM-Branchen (2008=100, saison- und extremwertbereinigt)

Quelle: Eidg. Zollverwaltung EZV (arbeitstagbereinigte Reihen)

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Dank des insgesamt anhaltenden, wenn auch teils moderaten Wachstums der Industrie wuchs

auch die Beschäftigung das siebte Quartal in Folge, zuletzt um 1.6% gegenüber dem Vorjahr.

Das Wachstum dürfte sich in den kommenden Monaten jedoch weiter abschwächen, die

Industriebetriebe planen gemäss KOF-Umfrage eine leichte Reduktion der Beschäftigung. Der

Beschäftigungsindex des PMI fällt dagegen etwas optimistischer aus und deutet auf eine

Stabilisierung der Beschäftigung in der Industrie.

In bedeutenden Industriezweigen wie Herstellung von Metallerzeugnissen (+4.8%), Uhren und

Präzisionsinstrumente (+4.3%), Herstellung von Nahrungsmitteln und Tabakerzeugnissen

(+2.5%) oder Maschinenbau (+2.4) lag das Beschäftigungswachstum zum Vorjahresquartal

über dem Durchschnitt der Industrie als Ganzes (+1.5%). Im von der globalen Finanz- und

Wirtschaftskrise und Frankenstärke arg geschüttelten Maschinenbau erreichte das jährliche

Beschäftigungswachstum im zweiten Quartal 2019 den Höchststand seit 2007. Die

Stellenverluste der Krise sind damit aber nicht kompensiert: Noch immer gibt es im

Maschinenbau mit knapp 75’000 Vollzeitäquivalenten 4’500 Vollzeitstellen weniger als noch

2012. Das entspricht einem Minus von 6%.

In der Chemie (+0.8%) und Pharma (+1.2%) fiel das Beschäftigungswachstum zudem erneut

geringer aus als in der Vergangenheit. Aufgrund der sehr guten Entwicklung der Beschäftigung

in der Vergangenheit dämpfen allerdings hohe Basiswerte hier das Wachstum. Mit knapp

45’000 Vollzeitäquivalenten zählt die Pharmaindustrie tatsächlich rund 11’000 Vollzeitstellen

mehr als noch 2009. Zusammengefasst fällt die Beschäftigungsentwicklung in den

verschiedenen Industriezweigen damit einmal mehr sehr heterogen aber insgesamt positiv aus.

Beschäftigung und Beschäftigungserwartungen in der Industrie (Saisonbereinigt)

Quelle: BFS BESTA (Beschäftigung); KOF-Umfrage (Geplante Beschäftigung)

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Beschäftigung in bedeutenden Industriezweigen (Vollzeitäquivalente, saisonbereinigt)

Quelle: BFS BESTA

Beschäftigungswachstum in bedeutenden Industriezweigen (Vollzeitäquivalente, saisonbereinigte Veränderung zum Vorjahr in %)

Quelle: BFS BESTA

Die Produktionskapazitäten waren im zweiten Quartal 2019 erneut etwas schlechter ausgelastet

als noch im Vorquartal. In allen Industriebereichen kam es zu einem Rückgang. Die schwächere

Nachfrage und geringere Produktion zeigen sich erwartungsgemäss auch in einer geringeren

Auslastung der Produktionsfaktoren. Die Kapazitätsauslastung bewegt sich jedoch noch immer

im langjährigen Mittel, wo sie sich in den kommenden Monaten stabilisieren dürfte, rechnen die

Firmen doch in etwa mit einem gleichbleibenden oder leicht zunehmenden Bestellungseingang.

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Kapazitätsauslastung in bedeutenden Industriezweigen (in Prozent, saisonbereinigt)

Quelle: KOF Konjunkturumfrage Industrie

Erwarteter Bestellungseingang in den nächsten 3 Monaten (Saldo gemäss KOF-Umfrage, saison- und extremwertbereinigt)

Quelle: KOF Konjunkturumfrage Industrie

6. Tourismus bleibt auf Wachstumskurs, Gastro-Beschäftigung steigt weiter

Im Tourismus und im Gastgewerbe hält die Erholung an. Die Logiernächte ausländischer Gäste

waren im Jahresschnitt 2018 wieder auf dem selben Niveau wie im Spitzenjahr 2008. Insgesamt

stiegen die Logiernächte 2018 um 3.5% an. Dieser positive Trend zieht sich auch im laufenden

Jahr weiter. Im Vergleich zum Vorjahr betrug das Wachstum der Logiernächte im Zeitraum

Januar bis August 2.2%. Im laufenden Jahr war das Wachstum allerdings bei den einheimischen

Gästen mit einem Plus von 2.7% am grössten. Bei den Ausländischen Gästen hat sich das

Trendwachstum der Übernachtungszahlen im Vergleich zum Vorjahreszeitraum auf 1.8%

verlangsamt.

Am meisten ausländische Gäste kamen mit 11 Millionen Übernachtungen auch 2018 wieder

aus Europa, insbesondere aus Deutschland (3.9 Mio. Übernachtungen, + 3.9%). An zweiter

Stelle lagen die USA (2.2 Mio., +10.1%), gefolgt vom Vereinigten Königreich (1.7 Mio. +2.3%)

und China (ohne Hongkong und Taiwan, 1.4 Mio., +6.3%). Im laufenden Jahr (Januar bis

August) gingen die Zahlen der europäischen Gäste im Vergleich zur Vorjahresperiode zwar

leicht zurück (-1.1%), das starke Wachstum aus den USA (+9.7%) sowie aus Asien (Taiwan:

+25%, Hongkong: +22%, China: +4.8%, Japan: +3.5%) vermag diesen Rückgang jedoch zu

kompensieren.

Trotz des noch immer teuren Frankens bleibt die Schweiz also ein beliebtes Reiseziel.

Insgesamt stiegen die Tourismusexporte im 2. Quartal um 3.1%. Die gute Nachfragesituation

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spiegelt sich auch in der Preisentwicklung wider. So stiegen die Preise für inländische

Tourismusdienstleistungen im 2. Quartal um 1% an. Nach dem im Zuge der Frankenaufwertung

vorherrschenden Preisdruck der letzten Jahre ist dies eine willkommene Entwicklung für die

betroffenen Unternehmen. Allerdings dürfte sich die im 2. Quartal 2019 eingesetzte, neuerliche

Frankenaufwertung allmählich nachteilig auf die ausländische Tourismusnachfrage auswirken.

Für das zweite Halbjahr muss deshalb mit einer gewissen Abschwächung des Wachstums im

Tourismus gerechnet werden. Die KOF prognostiziert jedoch einen anhaltenden Anstieg der

Logiernächte über die kommenden Jahre. Die höchsten Zuwächse dürften weiterhin bei den

Fernmärkten zu verzeichnen sein, namentlich bei den Gästen aus Asien und Nordamerika. Bei

den Logiernächten der Gäste aus dem Euroraum sollte sich die Erholung fortsetzen, sofern es

nicht zu einem weiteren Aufwertungsschub des Frankens gegenüber dem Euro kommt.

Logiernächte in Schweizer Hotels (in Mio., Saison- und extremwertbereinigt)

Quelle: BFS, Beherbergungsstatistik

Bruttowertschöpfung im Gastgewerbe (real, in Mio. CHF, saisonbereinigt)

Quelle: Seco, BIP Quartalsschätzung

Die Bruttowertschöpfung des Gastgewerbes und Beherbergung ist seit 2016 kontinuierlich

gestiegen, 2018 betrug die Zunahme 4.1% gegenüber dem Vorjahr (2017: +2.9%). Nach einer

Verschnaufpause im ersten Quartal 2019, nahm die Bruttowertschöpfung den Wachstumskurs

wieder auf und wuchs im zweiten Quartal 2.6% gegenüber dem Vorjahresquartal. Die

Prognosen der KOF gehen für 2019 und 2020 von einem jährlichen Wachstum der

Bruttowertschöpfung im Tourismus von 2.2% respektive 2.5% aus.

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Beschäftigung im Gastgewerbe (Vollzeitäquivalente in 1000, saison und extremwertbereinigter Trend)

Quelle: BFS, BESTA

In der Beherberg überträgt sich die positive Entwicklung der Logiernächte noch immer

schleppend auf die Beschäftigung. Seit dem 2015 der Tiefpunkt erreicht wurde, bewegt sie sich

mehrheitlich seitwärts. Immerhin wuchs die Beschäftigung nun im zweiten Quartal 2019 um

1.8%. Es bleibt zu hoffen, dass damit eine echte Trendwende eingeläutet wurde. In der

Gastronomie wurde die Talsohle erst Anfang 2017 erreicht. Seither wächst die Beschäftigung

jedoch kräftig. Auch die Verschnaufpause Ende 2018 / Anfang 2019 tat dieser Entwicklung

keinen Abbruch: Im zweiten Quartal 2019 stieg die Beschäftigung im Vergleich zum

Vorjahresquartal um 1.9%.

Erwartete Beschäftigung und Geschäftslage im Gastgewerbe (Saldo gemäss KOF-Umfrage, saisonbereinigt)

Quelle: KOF Konjunkturumfrage Dienstleistungen

Die Betriebe beurteilen die Geschäftslage in der Gastronomie insgesamt positiv. Die erwartete

Geschäftslage hat sich zwar etwas eingetrübt, sie bleibt aber ebenfalls positiv. Auf die erwartete

Beschäftigungsentwicklung schlagen sich diese positiven Aussichten jedoch nur bedingt nieder.

Ein Vergleich der erwarteten Geschäftslage in den nächsten sechs Monaten und der erwarteten

Beschäftigung im Gastgewerbe bringt zutage, dass sich diese beiden zukunftsgerichteten

Indikatoren in den letzten zwei Jahren stetig auseinanderentwickelt haben: Während die

erwartete Geschäftslage kontinuierlich gestiegen war, bleiben die Beschäftigungserwartungen

negativ. Die Unternehmen planen also eher mit einem Rückgang ihres Personalbestands als

mit einer Zunahme. Dies obwohl die Bruttowertschöpfung seit längerem kontinuierlich steigt.

Der Aufschwung findet somit auf Kosten des Personals statt: weniger Beschäftigte, welche die

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gut laufende Geschäftstätigkeit stemmen müssen – und dies bei einer schwachen

Reallohnentwicklung.

7. Binnenkonjunktur leidet unter schwacher Kaufkraftentwicklung

Detailhandel kommt nicht vom Fleck, die Beschäftigung fällt weiter

Die realen Detailhandelsumsätze sind 2018 nochmal um 0.15% gesunken. Im Vergleich zu den

starken Rückgängen in den Vorjahren hat sich die Umsatzentwicklung damit zwar weitgehend

stabilisiert und bewegt sich seither seitwärts. Wie der Blick auf nachfolgende Abbildung der

nominalen und realen Umsatzentwicklung zeigt, setzt sich diese Entwicklung im laufenden Jahr

fort.

Die führenden Onlinehändler sind bisher Schweizer Firmen, besonders im

Heimelektronikbereich sind die einheimischen Anbieter (noch) klar in der Führung. Da die

Detailhandelsstatistik den stationären und den Onlinehandel umfasst, sind Einkäufe übers

Internet bei inländischen Firmen mit eingerechnet. Nur die Umsätze, welche über ausländischen

Onlineshops, ohne Angestellte in der Schweiz, getätigt werden verschwinden also aus der

Umsatzstatistik. Dies ist bei der Bekleidung mit ausländischen Riesen wie Zalando sicher

spürbar, ebenso bei Büchern und anderen Medien (Amazon). Auf Bekleidung und Schuhe

entfallen jedoch gerade mal 3.6% der Ausgaben der privaten Haushalte, auf Freizeitartikel

(ohne Pauschalreisen und Freizeit- und Kulturdienstleistungen) 3.9%. Zum Vergleich:

Nahrungs- und Genussmittel machen 13.5% der Haushaltsausgaben und rund 41% aller

Detailhandelsumsätze aus. Im Vergleich zum Vorjahresmonat sind die Umsätze im Juli 2019

sowohl im Bereich Food wie auch im Bereich Non-Food leicht angestiegen.

Zwar konnten die Detailhändler sowohl mit Nahrungs- und Genussmitteln sowie mit Bekleidung

und Schuhen im Juni Umsatzzuwächse verzeichnen, doch waren die Vormonate so

umsatzschwach, dass in beiden Sparten die realen Umsätze im 2. Quartal abnahmen. Eine der

wenigen Sparten im Detailhandel, die regelmässige Umsatzzuwächse vorweisen kann, ist der

Detailhandel mit Geräten der Informations- und Kommunikationstechnik. Insgesamt weisen

aber auch die Konjunkturumfragen der KOF nicht auf eine dynamische Entwicklung im

Detailhandel hin. Sowohl die Kundenfrequenz als auch der mengenmässige Absatz wollen seit

einigen Monaten nicht mehr steigen. Mit Blick auf die kommenden Monate rechnen die

Detailhändler zudem nicht mit einer kräftigen Belebung der Umsätze.

Detailhandelsumsätze (Indizes, 2015=100, saisonbereinigt)

Quelle: BFS Detailhandelsumsatzstatistik

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Das grösste Problem schlechthin bleibt für den Detailhandel, dass die reale Kaufkraft der

Konsumentinnen weiterhin stark unter Druck ist: Steigende Krankenkassenprämien,

Gesundheits- und Wohnkosten sowie Beitragserhöhungen und Rentenkürzungen in der zweiten

Säule drücken auf das verfügbare Einkommen der Haushalte. Seit 2017 fielen die

Lohnerhöhungen zudem unbefriedigend aus, sodass sich aufgrund der positiven Teuerung die

reale Einkommenssituation der Haushalte nicht verbessert hat.

Entsprechend war die Konsumentenstimmung im ersten Halbjahr 2019 deutlich schlechter als

noch im Jahr 2018 und liegt damit auf einem unterdurchschnittlichen Niveau. Grund für die

schlechte Stimmung war, wenig erstaunlich, dass die Befragten die finanzielle Lage als

ungünstig beurteilten. Unter diesen Voraussetzungen ist keine rasche Trendwende im

Detailhandel zu erwarten.

Beschäftigte im Detailhandel (in 1000, saisonbereinigt)

Quelle: BFS BESTA

Geplante Beschäftigung im Detailhandel (Saldo gemäss KOF-Umfrage, saisonbereinigt)

Quelle: KOF Konjunkturumfrage Dienstleistungen

Die schwache Entwicklung des Detailhandels der letzten Jahre hat tiefe Spuren bei der

Beschäftigung hinterlassen. Die Beschäftigung stagnierte 2012-2014 (nach dem starken

Rückgang, der auf die Finanz- und Wirtschaftskrise folgte), fiel seither jedoch wieder Quartal

um Quartal um durchschnittlich 0.3%. Im ersten Quartal 2019 lag die saisonbereinigte

vollzeitäquivalente Beschäftigung 4.5% unter dem Jahresschnitt von 2014, rund 11’000 Stellen

sind in dieser Zeit verloren gegangen.

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Im zweiten Quartal 2019 nun konnte die vollzeitäquivalente saisonbereinigte Beschäftigung

1.1% gegenüber dem Vorquartal zulegen. Aufgrund des mangelnden Wachstums bei den

verfügbaren Einkommen und der unterdurchschnittlichen Konsumentenstimmung wäre es

verfrüht, hier von einer Trendwende zu sprechen. Immerhin weisen die Umfragen der KOF

jedoch auf keine weitere Verschlechterung der Beschäftigungssituation in der Branche hin:

Bereits seit dem vierten Quartal 2018 plant eine kleine Mehrheit der Detailhändler, die

Beschäftigung beizubehalten oder zu erhöhen.

Trotz anhaltendem Stellenschwund geht die saisonbereinigte Arbeitslosigkeit im Detailhandel

weiter zurück. Seit Juli 2017 ist sie von 10’800 auf 7’500 Personen um 31% zurückgegangen.

Das bedeutet aber auch: ein Teil der ehemaligen Detailhandelsangestellten verlassen die

Branche oder tauchen, wenn sie ausgesteuert sind, nicht mehr in den Arbeitslosenzahlen auf.

Solide Baukonjunktur

Die reale Bauwertschöpfung klettert unaufhaltsam weiter und befindet sich zusammen mit der

Produktion auf einem neuen Allzeithoch. Es gibt jedoch Anzeichen, dass dieser Aufwärtstrend

in den kommenden Monaten gebremst wird. Dies wiederspiegelt sich auch in den KOF-

Umfragen: Die Firmen gaben an, dass sich die Bautätigkeit im Hochbau verlangsamt hat,

während der sonst eher schwächere Tiefbau zulegen konnte. Auch für das dritte Quartal 2019

erwarten die Firmen des Hochbaus einen leichten Rückgang der Bautätigkeit, im Tiefbau

rechnen die Firmen dagegen eher mit einem Anstieg.

Überkapazitäten im Wohnungsbau und steigende Leerstände bremsen die Bauaktivität.

Investitionen in die Infrastruktur federn den Rückgang der Wohnbauinvestitionen jedoch ab. Der

Auslastungsgrad der Maschinen- und Gerätekapazitäten hat sich ebenfalls stabilisiert, bleibt

aber mit 78% im Bauhauptgewerbe weiterhin hoch. Auch im Ausbaugewerbe liegt die

Auslastung stabil bei 74%.

Baugewerbe: Wertschöpfung und Produktion (saisonbereinigt)

Quelle: Seco BIP Quartalsschätzung (Wertschöpfung), SBV (Bauindex)

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Bautätigkeit der letzten 3 Monate (saison- und extremwertbereinigter Trend)

Quelle: KOF-Umfrage

Bautätigkeit der nächste 3 Monate (saison- und extremwertbereinigter Trend)

Quelle: KOF-Umfrage

Die realen Bauinvestitionen sind im zweiten Quartal 2019 gegenüber dem Vorjahr um 0.1%

gewachsen, für das gesamte 2019 rechnet die KOF mit einem realen Wachstum von lediglich

0.4% – im Vergleich zum Plus von 1.5% und 1.2% in den Jahren 2017 und 2018. Der Anteil der

Bauinvestitionen am Bruttoinlandprodukt lieg seit 2016 konstant bei knapp unter 9%, was in

etwa dem Durchschnitt der letzten 20 Jahre entspricht. Die Bautätigkeit hat derzeit also trotz

guter Konjunktur keinen überhöhten Anteil am Bruttoinlandprodukt, die Tendenz ist sogar leicht

rückläufig. Angesichts der Risiken, welche eine mögliche Immobilienblase mit sich bringen

würde, ist eine Stagnation im Baugewerbe sogar zu begrüssen.

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Angebotspreisindex Geschäftsbauten (Index 1.Quartal 2000 = 100, saison- und extremwertbereinigter Trend)

Quelle: SNB, Immobilienpreisindex

Angebotspreisindex Wohnbauten (Index Q1 2000 = 100, saison- und extremwertbereinigter Trend)

Quelle: SNB, Immobilienpreisindex

UBS Immobilienblasenindex (saisonbereinigt)

Quelle: UBS Schweizer Immobilien, UBS Swis Real Estate Bubble Index 2Q-2019

Auch die Immobilienpreise normalisieren sich weiter, glücklicherweise bisher ohne abrupte

Preiskorrekturen. So schätzt die UBS die Risiken für eine Immobilienblase erneut geringer ein

als im Vorquartal und als Mitte 2017, als sich der Index in der Risikozone bewegte.

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Risiken wie Überangebot und Tragbarkeit bestehen aber regional weiter. Besonders der buy-

to-let Markt birgt vermehrt Risiken. Die anhaltend tiefen Zinsen sowie die steuerliche

Abzugsfähigkeit von Hypothekarschulden setzen zudem starke Anreize zur Verschuldung.

Leerwohnungsziffer (In Prozent)

Quelle: BFS

Tatsächlich verspürt der Schweizer Wohnbausektor immer mehr Gegenwind. Die realen

Wohnbauinvestitionen sind laut KOF bereits im letzten Jahr nur noch um 0.4% angestiegen.

Überkapazitäten, steigende Leerstände und eine verhaltene Nachfrage bremsen den Wohnbau

in diesem Jahr weiter. Die KOF erwartet einen Rückgang um 1.7% im Jahr 2019, und ein Minus

von 2% im Jahr 2020. Der Schweizer Markt für Wohnimmobilien zeigt somit erste Anzeichen

einer Sättigung. Die Nachfrage entwickelt sich schwach. Zwar ist die Situation am Arbeitsmarkt

aktuell gut, aber die Kaufkraft stagniert. Zudem fällt die Zuwanderung seit zwei Jahren niedrig

aus. Die Leerwohnungsquote ist 2018 auf 1.7% gestiegen, vor 10 Jahren lag sie noch bei 0.9%.

Der aktuelle Wert erscheint im internationalen Vergleich zwar immer noch sehr tief. Allerdings

betrug der bisherige Höchststand im Jahr 1998, nach der Schweizer Immobilienkrise, auch nur

1.9%.

Mit der erneuten Lockerung der Geldpolitik in der Eurozone und den USA ist auch die SNB von

einer Zinswende weit entfernt. Somit dürften die Finanzierungsbedingungen für Immobilien noch

lange attraktiv bleiben. Institutionelle Anleger investieren auf der Suche nach Rendite nach wie

vor in den Immobiliensektor. Allerdings werden die Investoren angesichts der steigenden

Leerstände vorsichtiger bezüglich der Objektauswahl. Tatsächlich verlangsamt sich die

Kreditvergabe von Hypotheken seit 2014 trotz tiefer Zinsen deutlich, was unter anderem auch

auf makroprudenzielle Massnahmen wie der antizyklische Kapitalpuffer oder die

selbstregulierenden Massnahmen der Banken zurückzuführen ist. Diese werden ab 1.1.2020

für Renditeliegenschaften noch verschärft.

Bereits jetzt lässt die Dynamik bei den Baubewilligungen und -gesuchen von Wohnobjekten

gemäss einer Auswertung der KOF nach. Insbesondere in der Peripherie von Agglomerationen

könnten bereits Überkapazitäten bestehen. Es ist immer noch viel Liquidität im Markt vorhanden

und die SNB beobachtet Wohnrenditeliegenschaften aufmerksam, um entstehenden

Ungleichgewichten bei Bedarf entgegenzuwirken.

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Beschäftigungsentwicklung im Baugewerbe (Saisonbereinigt)

Quelle: BFS BESTA (Beschäftigung), KOF Konjunkturumfrage Bau (erwartete Beschäftigung)

Arbeitskräftemangel im Bauhauptgewerbe (Saisonbereinigt)

Quelle: KOF-Umfrage

Die Beschäftigung im Baugewerbe wuchs zuletzt wieder um 0.8%, nach einem Nullwachstum

im vierten Quartal 2018. Die Ergebnisse der KOF-Umfrage weisen auf ein tiefes aber stabiles

Beschäftigungswachstum hin. Gleichzeitig ist der Arbeitskräftemangel im Bauhauptgewerbe

noch immer hoch: 25.4% der Firmen geben an, der Mangel an Arbeitskräften sei ein Hemmnis

bei der Leistungserbringung, der langjährige Durchschnitt liegt bei 20%.

Trotz des hohen Arbeitskräftemangels ist die Zahl der Arbeitslosen im Bauhaupt- und besonders

im Ausbaugewerbe in den letzten Monaten nicht mehr weiter gesunken sondern stabilisiert sich.

Im Hoch- und Tiefbau liegt die Arbeitslosigkeit wieder auf dem Vorkrisenniveau von 2008, beim

Ausbaugewerbe ist die Situation noch immer deutlich schlechter: Heute sind knapp dreimal so

viele Personen aus dem Ausbaugewerbe arbeitslos gemeldet wie noch 2008.

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Arbeitslosigkeit im Bauhaupt- und Ausbaugewerbe (Personen, saisonbereinigt)

Quelle: Seco amstat.ch