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Wirtschaftsleitfaden - Afghanistan- Perspektiven der Zusammenarbeit -

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2 Wirtschaftsleitfaden – Afghanistan

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5 Geschichte, Politik, Sicherheit

5 Geschichte

6 Politisches System

7 Sicherheitslage

9 Wirtschaftliche Rahmenbedingungen

9 Wirtschaftsstruktur und -entwicklung

10 Außenhandel

14 Staatsfinanzen

15 Landwirtschaft

15 Allgemeine Lage und Bedeutung

15 Produktion

16 Außenhandel

18 Geschäftschancen für deutsche Firmen

20 Kontaktadressen

21 Bergbau

21 Allgemeine Lage und Bedeutung

22 Gesetzlicher Rahmen

22 Regelung des Vergabeprozesses

23 Chancen und Herausforderungen für deutsche Firmen

24 Investitionen und Projekte

26 Kontaktadressen

27 Infrastruktur

27 Transport / Logistik

28 Elektrizität

28 Wasser

29 Informations- und Kommunikationstechnologie (IKT)

29 Bauwirtschaft

30 Chancen für deutsche Unternehmen

31 Branchenstruktur und Geschäftspraxis

31 Kontaktadressen

32 Rechtliche Rahmenbedingungen

32 Einleitung und Hintergrund

32 Handels- und Gesellschaftsrecht

34 Investitionsrecht

36 Arbeitsrecht / Arbeitnehmerentsendung

Inhalt

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4 Wirtschaftsleitfaden – Afghanistan

38 Zoll und Einfuhrverfahren

38 Einfuhrabgaben, Zolltarif

39 Warenbegleitpapiere

39 Außertarifliche Zollbefreiungen

40 Besondere Zollverfahren

40 Einfuhrverbote und -beschränkungen

41 Kultureller Hintergrund

41 Werte

42 Verhaltensweisen

44 Risiken im Umgang mit staatlichen Einrichtungen

45 Auslandsfinanzierte Projekte und Ausschreibungen

45 Bedeutung staatlicher Aufträge

45 Umfang der Entwicklungszusammenarbeit

47 Deutsche Firmen und Entwicklungszusammenarbeit

47 Ausschreibungs-Plattformen

48 Umfang und Verwendung deutscher Entwicklungszusammen-arbeit

49 Beschaffung von Zivilgütern

50 Kontaktadressen

51 Erfahrungen aus der Praxis

51 Erfahrungen und Einschätzungen deutscher Firmen

53 Interviews

53 ETC Power

55 Afghanyar Construction Company Limited (ACCL International)

57 Siemens Afghanistan

59 Bundesverband Großhandel, Außenhandel, Dienstleistungen e.V. (BGA)

60 Kontaktadressen und Informationsquellen

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Stammesgebiete nach Pakistan flohen. Im Dezember 2001 wurde auf der Petersberg-Konferenz eine Übergangsregierung gebildet, der Paschtunenführer Hamid Karzai zum Regierungschef ernannt.

Afghanistan setzt sich aus vielen verschiedenen Ethnien, Sprachen und Religionen zusammen. Zum Islam bekennen sich 99% der Afghanen, die Mehrheit davon sind Sunniten; Schiiten sind nach groben Schätzungen 15 bis 30%. Daneben gibt es nichtmuslimische Minder-heiten in den Städten, vor allem Hindus und Sikhs. In Afghanistan sind über 30 Sprachen im Gebrauch, die zu unterschiedlichen Sprachfa-milien gehören. Dari und Paschtu sind die beiden Amtssprachen, im Norden und Nordwesten sind außerdem Usbekisch, Turkmenisch und Tadschikisch verbreitet. Die unzähligen Ethnien lassen sich oft schwer voneinander unterschei-den, zumal auf keine offiziellen Volkszählungen zurückgegriffen werden kann. Viel wichtiger als die

die Einflussbereiche von Warlords und Stammesfürsten zerfallen, die Sicherheit im Sinne von Unterneh-men verkauften und Gewalt zur Durchsetzung ihrer ökonomischen Ziele einsetzten.

Im Jahr 1994 übernahmen die Tali-ban die Kontrolle über das südliche Paschtunistan entlang der pakista-nischen Grenze. Seit der Grenzzie-hung im 19. Jahrhundert bestimmt die Forderung nach einem autono-men Paschtunenstaat Afghanistans Innenpolitik und die Beziehungen zu Pakistan. Die Taliban wollen bis heute einen Gottesstaat nach frühislamischem Vorbild errichten. Ihre strenge Sittenmoral entspricht in vielen Punkten jedoch mehr dem Ehrbegriff des paschtunischen Verhaltenskodex (Paschtunwali) als dem islamischen Recht. Der 11. September 2001 verdeutlichte die Rolle Afghanistans als Rückzugsge-biet militanter globaler Netzwerke. Die Operation „Enduring Freedom“ entmachtete die Taliban, die darauf-hin zum Teil in die paschtunischen

Geschichte, Politik, Sicherheit

Geschichte, Politik, Sicherheit

Geschichte

Afghanistan, die Brücke zwischen West- und Südasien, war immer „Durchgangsland“. Alexander der Große und viele andere Herrscher des Iran und Zentralasiens haben das Land als Stützpunkt und Brücke für den Vorstoß nach Indien genutzt. Seit dem 7. Jahrhundert kam es zur Verbreitung des Islam, der die vor-herigen Religionen und Glaubens-richtungen ablöste.

Anfang des 19. Jahrhunderts ver-suchten die Kolonialmächte Groß-britannien und Russland zuneh-mend, Afghanistan unter ihre Kon-trolle zu bringen. Der Festlegung der Durand-Linie als Grenzverlauf zwischen Afghanistan und Britisch-Indien waren zwei blutige Kriege zwischen England und Afghanistan (1839 bis 1842 und 1878 bis 1890) vorausgegangen. Diese Grenzzie-hung, die bis heute gilt, fasste zahl-reiche unterschiedliche Ethnien und Gesellschaftsstrukturen zusammen. Der dritte Anglo-Afghanische Krieg führte 1919 schließlich zur Unab-hängigkeit Afghanistans, das in den Folgejahren die Beziehungen zur UdSSR ausbaute.

Seit Mitte der 1970er-Jahre herrsch-te ein blutiger Bürgerkrieg zwischen kommunistischen und religiösen Milizen. Zwischen 1979 und 1989 besetzten sowjetische Truppen das Land. Afghanistan wurde durch den jahrelangen Krieg weitgehend zer-stört und fragmentiert, gleichzeitig erstarkten radikale islamische Kräf-te. Der Bürgerkrieg ließ das Land in

Pakistan

Indien

Iran

TurkmenistanTadschikistan China

Kabul

Ghazni

Usbekistan

KandaharZaranj

GahLashkar

Shindand

Herat

Towraghondi

Kundus

Jalalabad

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gilt de jure als eine der demokra-tischsten der islamischen Welt und sieht die Gleichberechtigung der Angehörigen aller Religionen und ethnischen Gruppen sowie der Ge-schlechter vor. Das Volk wählt den Präsidenten direkt für eine Dauer von fünf Jahren. Hamid Karzai ist seit 2001 Staats- und Regierungs-oberhaupt sowie Oberbefehlshaber des Militärs. Die Nationalver-sammlung stellt die Legislative dar, die Judikative setzt sich aus dem Obersten Gerichtshof, dem Berufungsgericht und kleineren Fachgerichten zusammen.

In der Realität allerdings ist das Vertrauen der Bevölkerung in die Regierung seit 2004 zunehmend gesunken, Korruption als Mittel zur Machtsicherung ist weit verbreitet. Laut Transparency International 2009 sind Afghanistan und Somalia die korruptesten Länder weltweit.

ethnische Identität ist den Afghanen ihre lokale, stammesmäßige und familiäre Zugehörigkeit.

Die lokalen Machtstrukturen sind recht facettenreich und umfas-sen sowohl Ordnungstrupps auf Dorf- oder Stammesebene als auch professionelle Milizen und militante Oppositionsgruppen. In Paktia, im Südosten des Landes, leben bei-spielsweise vornehmlich paschtuni-sche Stämme. Die Identität mit dem Stamm sowie die Einhaltung des Ehren- und Rechtskodex (Pasch-tunwali) sind maßgeblich. Ent-scheidungen werden im Konsens in der Stammesversammlung (Jirga) getroffen. Die Stämme verfügen auch über ihre eigenen Polizeiein-heiten, der Einfluss des Staates ist sehr gering.

Die Situation in Kundus im Nordos-ten unterscheidet sich stark davon:

Dort konzentriert sich die Macht auf die einzelnen Dörfer, bewaffne-te Kommandeure sind durch ihre ethnische Herkunft mit anderen Kriegsfürsten verbunden. Im süd-afghanischen Kandahar wiederum sind die paschtunischen Stämme in großen Stammesverbänden organisiert, durch die starke Hie-rarchisierung bilden sich einzelne einflussreiche Machthaber heraus. Die lokalen Machtstrukturen sind demnach sehr unterschiedlich und werden durch ökonomische Fakto-ren beeinflusst, beispielsweise dem Drogenhandel.

Politisches System

Seit der Verabschiedung der bis heute gültigen Verfassung im Jahr 2004 ist Afghanistan eine Islamische Republik mit einem präsidialen Regierungssystem. Die Verfassung

Geschichte, Politik, Sicherheit

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es Berichten zufolge im ersten Wahlgang Manipulationen gegeben hatte. Die Parlamentswahlen von 2010 wurden von der brisanten Sicherheitslage überschattet. Im selben Jahr hat die afghanische Regierung erste Schritte zu einer politischen Konfliktlösung mit den Aufständischen eingeleitet. So werden Verhandlungen mit Taliban-chefs geführt. Dies soll die Gruppe entradikalisieren und entmilitari-sieren, damit sie in den politischen Aussöhnungsprozess eingegliedert werden kann. Es bleibt allerdings abzuwarten, ob und inwieweit mit diesen Versuchen eine nachhaltige sicherheitspolitische Stabilisierung erreicht werden kann.

Sicherheitslage

Nach dem Sturz des Taliban-Regi-mes 2001 stimmte der Sicherheits-rat der UN für die Schaffung einer International Security Assistance Force (ISAF). Ziel war, einen souveränen und stabilen Staat zu schaffen. Dieses Ziel konnte bisher allerdings nur ansatzweise umge-setzt werden. So hat sich seit 2006 die Sicherheitslage in Afghanistan deutlich verschlechtert. Als Gründe gelten ungenügende Kapazitäten der nationalen und internationalen Sicherheitskräfte und zunehmende bewaffnete Aufstände im pakis-tanischen Grenzgebiet. Die NATO reagierte auf diese Gewalteskala-tion mit einer Aufstockung ihres Truppenkontingents. Ende Juli 2006 übernahm die NATO-geführte ISAF im unruhigen Süden das Komman-do von den US-Truppen.

Neben den Aufständischen bedro-hen weitere regierungsfeindliche

wie vor das informelle, traditionell geprägte Rechtssystem der Stam-mes- und Dorfräte (Schuren und Jirgas), vor allem auf dem Land. Der duale Charakter der Verfassung, der Demokratie nur unter Vorbehalt der Scharia zulässt, behindert so in vie-len Bereichen immens den Aufbau von Rechtsstaatlichkeit. Die Menschenrechte wurden in den letzten Jahren langsam, aber stetig besser gewahrt. Besonders Frauen haben nun besseren Zugang zu Bil-dung und Gesundheitswesen sowie Möglichkeiten zur politischen Parti-zipation. Auch die Zivilgesellschaft wächst, zahlreiche nationale und internationale Organisationen haben sich im Land etabliert. Die Medien-landschaft hat sich in den vergan-genen Jahren ebenso erweitert und sich pluralistischer ausgestaltet.

Eine kritische Auseinanderset-zung mit gesellschaftlichen und religiösen Themen bleibt allerdings weiterhin schwierig. Zivilgesell-schaftliche Akteure, insbesondere die Medien, sind auch auf lokaler Ebene immer wieder Versuchen der politischen Einflussnahme ausgesetzt; ihre Arbeit ist zudem traditionell-religiösen Dogmen unterworfen. Seit 2001 wurden zwar wesentliche staatliche Institutionen neu geschaffen, die Fortschritte bei „guter Regierungsführung“ bleiben nach Auffassung der Bundesregie-rung jedoch gering. Hierzu müsse auf afghanischer Seite ein Bewusst-seinswandel erfolgen.

Im Jahr 2005 fanden die ersten Parlaments- und Provinzrats-wahlen seit über 30 Jahren statt. Trotz Anschlagsdrohungen lag die Wahlbeteiligung bei 54%. Bei den Präsidentschaftswahlen 2009 wurde Karzai im Amt bestätigt, nachdem

Der afghanische Staat geht noch nicht ausreichend dagegen vor, Unterschlagungen sind nur selten nachweisbar. Die Bevölkerung bezeichnete die Korruption in einer aktuellen Umfrage noch vor der Sicherheitslage und der hohen Arbeitslosigkeit als das größte Pro-blem des Landes.

Das große Ausmaß an Korruption wird vor allem der internationalen Hilfe angelastet. Mehr als zwei Drit-tel der Afghanen sind überzeugt, dass ein erheblicher Teil der Gelder die Bevölkerung nie erreicht. Eine vermeintliche Involvierung der af-ghanischen Regierung wird weniger vermutet. Die afghanische Regie-rung indes sieht sich immer wieder mit Vorwürfen der internationalen Gemeinschaft konfrontiert, die Bekämpfung der Korruption nicht angemessen voranzutreiben.

Die Provinzgouverneure besitzen auf lokaler Ebene mehr Einfluss als die Zentralregierung in Kabul. Überhaupt gestaltet sich die Zentralisierung des Landes nach Jahrzehnten des Krieges schwierig. Die einzelnen Gouverneure werden zudem meist nicht nach Qualifikati-on, sondern nach Klientelinteressen eingesetzt.

Dem Aufbau staatlicher Strukturen steht die Bevölkerung eher skep-tisch gegenüber, wie die Bundes-regierung im „Fortschrittsbericht Afghanistan zur Unterrichtung des Deutschen Bundestages“ vom De-zember 2010 festhält. Verwaltungs- und Justizapparat verfügen über schlecht ausgebildetes Personal und mangelnde Infrastruktur. Auch hier beherrschen Eigeninteressen die Entscheidungen. Vier Fünftel der Bevölkerung konsultieren nach

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westliche und östliche Region des Landes ist besonders unsicher. Der Norden, der im deutschen Verant-wortungsbereich liegt, gilt dagegen als relativ stabil. Jedoch hat sich auch hier die Zahl der Anschlä-ge seit 2006 deutlich erhöht. Die vermehrten Attentate in Kundus und Faryab erklären sich unter anderem mit der verstärkten Rückführung paschtunischer Flüchtlinge, die im Norden eine Minderheit bilden, aus Pakistan.

Wer nach Afghanistan reist, sollte daher zuvor beim Auswärtigen Amt Erkundigungen über die aktuelle Lage einholen. Im Moment (Ende Mai 2011) rät das Amt von Reisen nach Afghanistan ab. „Wer dennoch reist, muss sich der Gefährdung durch terroristisch oder kriminell motivierte Gewaltakte bewusst sein“ (www.auswaertiges-amt.de/DE/Laenderinformationen/00-SiHi/AfghanistanSicherheit.html). Für die Einreise nach Afghanistan ist ein Visum erforderlich, das bei der afghanischen Botschaft in Berlin beantragt werden kann.

Samira Akrach (Nah- und Mittelost-Verein)

lokalen Polizei. Bei Ausbildung und Finanzierung wird Afghanistan wei-terhin auf internationale Unterstüt-zung angewiesen sein. Deutschland verwendet einen Teil seiner zur Verfügung gestellten Mittel zur För-derung der Infrastruktur und zum Ausbau von Trainingszentren.

Heute konzentriert sich das interna-tionale Kontingent nur noch auf den Bereich der Sicherheit. Die ISAF-Kräfte waren bis 2003 nur in Kabul stationiert, bis Ende 2006 wurden regionale Kommandos geschaffen. Nachdem 2010 ein Rückgang der bewaffneten Aufstände zu ver-zeichnen war und die Lage in der Hauptstadt Kabul relativ ruhig ist, sichern die ISAF-Kräfte heute die Arbeit ziviler Organisation und der afghanischen Regierung. Ende 2011 soll die schrittweise Übergabe des Sicherheitsbereiches an die afgha-nischen Sicherheitskräfte erfolgen. Deutschland hat auch darüber hinaus seine Unterstützung bei der Ausbildung der Sicherheitskräfte zugesagt.

Was die Sicherheitslage betrifft, gibt es große regionale sowie saisonale Unterschiede. Die südliche, süd-

Gruppierungen, internationale Terrornetzwerke, Drogenkrimina-lität und ethnische Konflikte die Sicherheit der Bevölkerung und der internationalen Truppen. Die regie-rungsfeindlichen Kräfte arbeiten im Norden laut Fortschrittsbericht meist mit Kriminellen aus dem Dro-genmilieu und lokalen Machthabern zusammen. Sie wollen die Entwick-lung eines starken und durchset-zungsfähigen Staates verhindern, um ihre eigenen Ziele - oftmals mit Gewalt - durchzusetzen.

Für die Stabilisierung des afghani-schen Staates ist nach Ansicht der Beteiligten der Ausbau der lokalen Sicherheitskräfte notwendig. Der-zeit sind etwa 150.000 afghanische Soldaten und 113.000 Polizeikräfte aufgestellt. Bis Ende 2011 soll die Präsenz auf 306.000 Mann ausge-baut werden. Deutschland beteiligt sich an der Ausbildung afghani-scher Soldaten und bewegt sich dabei im Spannungsfeld zwischen afghanischen und internationalen Vorstellungen. Beim Aufbau des afghanischen Polizeiwesens wurden Fortschritte erzielt. Hierzu zählen eine erhöhte Ausbildungskapazität sowie eine bessere Ausstattung der

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velopment Bank (ADB) waren dort 2004 noch 70% aller Beschäftigten tätig, und vier von fünf Afghanen le-ben auf dem Land. Allerdings nahm der Anteil des primären Sektors am BIP laut ADB zwischen 2002 und 2008 von 45 auf 32% ab.

Gleichzeitig stieg der Beitrag von Industrie und Bau von 20 auf 26%. Die Bauwirtschaft erlebte in den

Wirtschaftliche Eckdaten

Indikator 2006 2007 2008 2009

BIP-Wachstum (real, %) 8,2 14,2 3,4 22,5

BIP pro Kopf (gerundet, US$) 300 370 440 500

BIP pro Kopf (Kaufkraftparität, US$) *) 620 708 724 856

BIP (Mrd. US$) 7,7 9,7 12,0 14,2

Entstehung (Anteil in %): *)

.Landwirtschaft 38,8 37,5 31,6 k.A.

.Industrie, Bau 26,6 24,9 26,3 k.A.

.Dienstleistungen 34,5 37,6 42,1 k.A.

Verwendung (Anteil in %) *)

.Privatkonsum 98,4 98,1 97,9 k.A.

.Staatskonsum 9,9 10,6 10,0 k.A.

.Bruttoanlageinvestitionen 32,8 30,6 27,6 k.A.

.Exporte 22,9 17,3 17,2 k.A.

.Importe 64,0 56,6 52,7 k.A.

Bevölkerung (Mio.) 25,4 26,3 27,2 28,2

Exporte (fob, Mrd. US$) 0,42 0,45 0,55 0,40

Importe (cif, Mrd. US$) 2,74 3,02 3,02 3,34

Inflation (%) *) 5,1 13,0 26,8 -12,2

*) Fiskaljahr (21.3. bis 20.3.)

Quellen: Internationaler Währungsfonds (IWF; BIP nach Kaufkraftparität, Inflation); Asian Development Bank (ADB; BIP-Zusammensetzung, Außenhandel); Economist Intelligence Unit (EIU; übrige Werte)

sehr hohe - Inflation in den beiden Folgejahren wieder knapp zweistel-lig ausfallen dürfte.

Im Laufe der letzten Jahre haben sich die Anteile der einzelnen Wirt-schaftssektoren am BIP verscho-ben. Die Landwirtschaft bildet nach wie vor die Haupteinnahmequelle der vorwiegend ländlichen Bevölke-rung. Nach Zahlen der Asian De-

Wirtschaftliche Rah-menbedingungen

Wirtschaftsstruktur und -entwicklung

Afghanistan gehört zu den ärmsten Ländern der Welt und belegte beim Human Development Index von 2009 weltweit den vorletzten Platz. Trotz erheblicher Fortschritte im wirt-schaftlichen und sozialen Bereich seit 2001 und hoher ökonomischer Wachstumsraten bleibt die Entwick-lung der Wirtschaft stark von der Sicherheitslage abhängig. Stabilste Regionen sind der Norden und der Westen des Landes. Dort konnten sich in den Städten Mazar-e Sharif und Herat kleine industrielle Zonen entwickeln.

Vor dem Hintergrund politischer Unsicherheiten und fehlender Rechtsstaatlichkeit spielen sich über vier Fünftel der Wirtschaft im informellen Sektor ab. Insofern sind die offiziellen Zahlen lediglich eine Annäherung an die Wirklichkeit. Je nach Quelle differieren einzelne Daten beträchtlich.

Nach offiziellen Zahlen stieg das Bruttoinlandsprodukt (BIP) 2009 um über 22%. Gründe waren eine Rekordernte und ein florierender Dienstleistungssektor, der wieder-um von der hohen finanziellen Un-terstützung des Auslands gespeist wird. Für 2010 bis 2012 schätzt der Internationale Währungsfonds (IWF) das BIP-Wachstum auf immer noch 7 bis 8% pro Jahr. Der Wert des Geldes hat laut IWF 2009 sogar zugenommen, während die - zuvor

Wirtschaftliche RahmenbedingungenGeschichte, Politik, Sicherheit

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10 Wirtschaftsleitfaden – Afghanistan

umfassten keine geschmuggelten, reexportierten und Duty-Free-Güter. Offiziell betrugen die Exporte 2008 dem Jahrbuch zufolge gut 0,5 Mrd. US$ und die Importe 3 Mrd. US$. Die Economist Intelligence Unit (EIU) nennt 2,2 Mrd. beziehungs-weise 8,8 Mrd. US$, was in etwa den Daten der Zahlungsbilanz entspricht. Die EIU-Werte hätten 2008 immerhin drei Viertel der Wirtschaftsleistung entsprochen, bei einem Handelsbilanzdefizit von stolzen 55% des BIP.

Die geringen, offiziell ausgewiese-nen Exporte Afghanistans bestehen hauptsächlich aus getrocknetem Obst und anderen landwirtschaft-lichen Erzeugnissen. Teppiche als zweitwichtigste Ausfuhrware gelten als Industrieprodukt. Bei den Ein-fuhren entfällt wertmäßig der größte Einzelposten auf Treibstoffe. Es folgen Autos und Maschinen, Nah-rungsmittel und Haushaltsartikel.

Das Importwachstum wird sich in den nächsten beiden Jahren nach Einschätzung der EIU verlangsa-men. Kapitalgüter spielen demnach eine größere Rolle, hauptsächlich wegen des Aufbaus der Kupfermi-ne Aynak. Bedarf sollte auch die Erstellung von Infrastruktur mit ausländischem Geld schaffen. Der gesamte Außenhandel dürfte von größerem Transithandel zwischen Pakistan und den zentralasiatischen Republiken profitieren. Rückenwind erhoffen sich die Verantwortlichen durch das Afghan-Pakistan Transit Trade Agreement, das im Oktober 2010 unterzeichnet wurde und den letzten Informationen zufolge Mitte 2011 in Kraft treten sollte.

führenden Drogenproduzenten avanciert. Derzeit beträgt der Anteil am illegalen Weltmarkt für Opiate (Opium, Morphin, Heroin) 93%. Seit kurzem ist Afghanistan nach Angaben der Stiftung Wissenschaft und Politik in Berlin auch wieder zum führenden Produzenten von Cannabis (Haschisch) geworden. Mohn und Opium werden zumeist in den Westen geschmuggelt, der Dro-genkonsum hat aber auch immen-se Probleme für die Bevölkerung Afghanistans und der umliegenden Staaten geschaffen.

Afghanistan bleibt auf finanzielle Unterstützung vom Ausland ange-wiesen. Die Beiträge der internati-onalen Entwicklungszusammenar-beit sind zwischen 2001 und 2008 verzehnfacht worden. Innerhalb der EU ist Deutschland inzwischen führender Geber. Die KfW Ent-wicklungsbank und die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) sind in einer Vielzahl von Programmen aktiv. Die daran beteiligten ausländischen Fir-men kommen oft aus Deutschland.

Außenhandel

Importe halten manche Wirtschafts-bereiche Afghanistans buchstäblich am Leben. Viele der eingesetzten Güter stammen aus dem Ausland, so muss selbst die Bauwirtschaft fast allen Zement und den Großteil der anderen benötigten Materialien importieren. Die amtlichen Zahlen zum Außenhandel spiegeln dies nur im Ansatz wider. Selbst im Statis-tischen Jahrbuch Afghanistans ist vermerkt, die aufgeführten Zahlen

letzten Jahren einen regelrechten Boom. Sie erbrachte 2008 gut 9% der Wirtschaftsleistung.

Der Anteil der Dienstleistungen er-höhte sich im genannten Zeitraum von 35 auf 42%. Besonders rasant entwickelt sich die Telekommunika-tion. Mittlerweile gibt es nach Bran-chenschätzung 17 Mio. Mobilfunk-Nutzer im Land, nachdem 2002 praktisch noch niemand ein Handy hatte. Bei der Zentralbank sind 14 Geschäftsbanken registriert. Das größte Kreditinstitut ist die Kabul Bank, die in jüngerer Zeit wegen Missmanagements kritisiert worden ist.

Afghanistan ist reich an Ressour-cen, die aber derzeit kaum genutzt werden - es fehlt an Infrastruktur, Transportmöglichkeiten, verarbei-tender Industrie und nicht zuletzt an Sicherheit. Großes Potenzial besteht im Bergbau, speziell in der Förde-rung von Kupfer und Eisen.

Nach Angaben der deutschen Botschaft in Kabul lockt Afgha-nistan immer mehr ausländische Investoren an, darunter auch eine Reihe deutscher Unternehmen. Schwerpunktsektoren ausländi-scher Unternehmen sind demnach Bauwirtschaft, Telekommunikation, Leichtindustrie, Beratungs- und Dienstleistungen sowie die Weiter-verarbeitung landwirtschaftlicher Erzeugnisse.

Wichtigster Faktor der afghani-schen Schattenwirtschaft bleibt der Drogenhandel, für den Afghanistan ein Zentrum ist. Mitte der 2000er-Jahre ist das Land zum weltweit

Wirtschaftliche Rahmenbedingungen

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n 2008 n 2009550

500

450

400

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300

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200

150

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Exporte (Mio. US$, fob) *)

Insgesamt Getrocknetes Obst Teppiche Heilpflanzen Frisches Obst Felle, Häute

545

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403

245

181 199

148

11 29 4123 21 6

*) Fiskaljahr (laut Quelle) Quelle: Afghanistan Statistical Yearbook 2009-2010

n 2008 n 2009

3500

3000

2500

2000

1500

1000

500

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Importe (Mio. US$, cif) *)

Insgesamt Öl, Treibstoff Maschinen, Kfz Medikamente, Nahrungsmittel Metalle Ausrüstungen Haushaltsartikel

3.020

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st3.337

546740 576 688

277 328

594646

433 317

*) Fiskaljahr (laut Quelle) Quelle: Afghanistan Statistical Yearbook 2009-2010

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n 2008 n 2009550

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250

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Hauptabnehmerländer (Mio. US$, fob) *)

Insgesamt Pakistan Indien Iran Russland USA

545

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403

264

191

136

76

1841

2 17

*) Fiskaljahr (laut Quelle) Quelle: Afghanistan Statistical Yearbook 2009-2010

37 26

n 2008 n 20093500

3000

2500

2000

1500

1000

500

0

Hauptlieferländer (Mio. US$, cif) *)

Insgesamt Usbekistan VR China Japan Pakistan Kasachstan Russland Iran Deutschland Indien

3.020

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st3.337

501

876

430360

489308

*) Fiskaljahr (laut Quelle) Quelle: Afghanistan Statistical Yearbook 2009-2010

165291368 337

200 17765

14598

19865

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Wirtschaftliche Rahmenbedingungen

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Deckungsvolumen im Afghanistan-Geschäft aus, es hatte also keine Geschäfte über den Kreditversi-cherer gegeben. In den Jahren davor hatte es ebenfalls nur wenige Transaktionen geben.

Teppiche die Grenzen. Es ist anzu-nehmen, dass deutsche Exporteure etliche Lieferungen über die VAE und andere Drittländer abwickeln. Euler Hermes wies von 2008 bis 2011 zu keinem Zeitpunkt ein

Wichtigste Handelspartner Afgha-nistans sind die Nachbarländer. Bedeutendster Kunde ist Pakistan, führende Lieferländer waren 2009 Usbekistan und die VR China.

Für Deutschlands Außenhandel hat Afghanistan kaum Bedeutung. Als Kunde kam das Land am Hindu-kusch 2010 mit immerhin 269 Mio. Euro Exportwert auf den 91. Rang, hinter den Marshallinselnund vor Island. Unter den Lieferan-ten lag Afghanistan mit nur 24 Mio. Euro abgeschlagen auf dem 136. Platz, eingerahmt von Jordanien und Nicaragua.

Deutschland verkauft nach Afgha-nistan im Wesentlichen Fahrzeuge, Maschinen, Elektrotechnik und andere Industriewaren. Umgekehrt passieren mehrheitlich Obst und

Deutsche Importe aus Afghanistan (Mio. Euro)

Produkt 2008 2009 2010

Genießbare Früchte und Nüsse 0,89 2,19 13,50

Zusammenstellung verschiedener Waren 0,30 0,17 8,55

Teppiche, Fußbodenbelag aus Spinnstoff 0,70 0,37 0,47

Elektrotechnische Erzeugnisse 0,13 0,76 0,01

Pelzfelle, künstliches Pelzwerk 0,39 0,12 0,18

Waren aus Eisen oder Stahl 0,00 0,28 0,27

Maschinen, Apparate, mechanische Geräte 0,04 0,02 0,33

Ölsamen, Heilpflanzen 0,05 0,09 0,22

Ätherische Öle, Riech-, Schönheitsmittel 0,11 0,13 0,00

Insgesamt 2,76 4,24 23,71

Quelle: Statistisches Bundesamt

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14 Wirtschaftsleitfaden – Afghanistan

ergeben, dass sich das Fiskalwe-sen verbessert hat. Afghanistan wurde deutlich besser bewertet als vergleichbare Länder mit niedrigem Einkommen. Die Regierung hatte Verwaltungsvorschriften zu öffentli-chen Ausschreibungen erneuert und die Finanzämter in den Provinzen reformiert. Dennoch gibt es wei-terhin Probleme bei der Umset-zung von Investitionsvorhaben: Im Haushaltsjahr 2009/10 wurden nur 39% der budgetierten Investitionen umgesetzt, nachdem es zwei Jahre zuvor immerhin noch 54% waren. Als Ursachen sind neben unzurei-chenden Kenntnissen über die neu-en Ausschreibungsverfahren auch unrealistische Haushaltsansätze und Verzögerungen durch Probleme mit der Sicherheit zu nennen.

Samira Akrach (Nah- und Mittelost-Verein)

Gewinne und Umsätze. Refor-men des Finanzministeriums mit Unterstützung der internationalen Gemeinschaft machten es möglich, die mit dem IWF vereinbarten Ziel-marken sogar zu übertreffen.

Damit konnte der afghanische Staat zuletzt einen größeren Teil der lau-fenden Kosten durch eigene Einnah-men decken. Steigende Ausgaben für die Sicherheit erschweren in den kommenden Jahren jedoch eine weitere Zunahme, zumal Afgha-nistan schrittweise einen größeren Eigenbeitrag zur Finanzierung seiner Sicherheitskräfte leisten soll. Entlastet wurde der Fiskus durch verschiedene Schuldenerlasse, die laut IWF insgesamt 96% der 12 Mrd. US$ Auslandsschulden von 2006 tilgten. Die Bundesregierung hat sämtliche Altschulden erlassen.

Prüfungen der Weltbank aus den Jahren 2005 und 2008 haben

Deutsche Exporte nach Afghanistan (Mio. Euro)

Produkt 2008 2009 2010

Kraftfahrzeuge 87,2 94,1 104,5

Maschinen, Apparate, mechanische Geräte 38,1 30,3 18,2

Elektrotechnische Erzeugnisse 26,3 16,5 24,2

Möbel, Beleuchtungskörper 19,6 10,1 16,5

Zusammenstellung verschiedener Waren 12,0 4,8 28,4

Verschiedene Lebensmittelzubereitungen 12,1 10,3 9,2

Schienenfahrzeuge 13,7 4,4 8,6

Waren aus Eisen/Stahl 12,1 3,9 5,0

Optische, photographische Erzeugnisse 5,8 7,0 5,4

Getränke, alkoholhaltige Flüssigkeiten, Essig 4,7 5,3 5,5

Insgesamt 267,5 224,9 269,1

Quelle: Statistisches Bundesamt

Staatsfinanzen

Afghanistans Staat hängt finan-ziell am Tropf des Auslands, das für einen großen Teil des Budgets aufkommt. Die Staatseinnahmen aus dem Land selbst erreichten 2009/2010 laut IWF nur gut 10% des BIP. Dieser Anteil soll im Folgejahr knapp 11% erreichen, er bleibt da-mit im weltweiten Vergleich jedoch einer der niedrigsten.

Im Vergleich zum Beginn des Wiederaufbaus allerdings haben sich die Staatsfinanzen positiv entwickelt, zumal die Einnahmen 2002/2003 nur gut 3% des BIP erreicht hatten. Grund für die deut-lichen Einnahmesteigerungen des Fiskus in den letzten Jahren waren ein großes Plus bei den Einkünften aus Zöllen sowie mehr Zuflüsse aus der Vergabe von Mobilfunklizenzen und aus Steuern auf Einkommen,

Wirtschaftliche Rahmenbedingungen

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kümmel (Cumin) und Süßholz gehö-ren zu den bekanntesten Wildkräu-tern des Landes. Gemüse spielt im Anbau eine untergeordnete Rolle. Es wird von Kleinbauern für den Ei-gengebrauch und die Vermarktung auf dem lokalen Basar produziert. Unter 10% des bewässerten Landes wird für die Gemüseproduktion verwendet. Die Boden- und Klima-bedingungen in der Region Herat sind ideal für die Produktion von Safran. Seit 2004 verdoppelt sich die Anbaumenge dort jährlich.

Viehzucht wird in Afghanistan größtenteils extensiv betrieben. Die Hauptproduzenten sind paschtuni-sche Nomaden, die hauptsächlich Schafe halten und in Wanderwirt-schaft zwischen den Sommerwei-den des zentralen Hochlandes und den wintermilden Steppen des Südwestens beziehungsweise der pakistanischen Indusebene ziehen. Das ausgedehnte, aber meist karge Grasland bietet für diese Nutzung gute Voraussetzungen. Die Zahl der Nomaden wird auf 1 Mio. geschätzt, der Anteil der Tierproduktion an der gesamten (wertmäßigen) Agrarpro-duktion auf etwa 30%. Lederverar-beitung gehört zu den bedeutenden ländlichen Einkommensquellen.

Wassermangel und unzureichende Transport- und Lagerkapazitäten.

Das afghanische Ministerium für ländlichen Wiederaufbau und Entwicklung gründete 2003 das National Solidarity Program, das von afghanischen und internationa-len Nichtregierungsorganisationen umgesetzt wird. Dazu hat das Bun-desministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) bislang 44 Mio. Euro beige-steuert.

Produktion

Sortenvielfalt und Qualität des afghanischen Obstes sind berühmt. Wichtige Anbauregionen sind die Oase von Herat, die Schomali-Ebene nördlich von Kabul (Wein-trauben), die Oase von Kandahar (Granatäpfel) sowie das Panjshir-Tal (Aprikosen).

Mit über 83% des Getreidever-brauchs ist Weizen das wichtigste Grundnahrungsmittel. Er ist zu-gleich Hauptanbauprodukt, sowohl auf bewässertem als auch auf nicht bewässerten Böden. In den subtropischen Gebieten des Südens und Südostens kommen Reis, Gerste und Hülsenfrüchte hinzu. Im Zuge der beginnenden agrarischen Modernisierung im 20. Jahrhundert wurden nicht heimische Anbau-pflanzen wie Mais und Kartoffeln eingeführt, ebenso Baumwolle als Rohstoffpflanze für die sich entwi-ckelnde Textilindustrie.

Afghanistan gilt weltweit als einer der Hotspots der Biodiversität: In dem Land kommen über 4.000 Pflanzenarten vor. Fast ein Drittel davon ist endemisch, also aus-schließlich dort heimisch. Kreuz-

Landwirtschaft

Allgemeine Lage und Bedeutung

Die Landwirtschaft ist mit Abstand der wichtigste Wirtschaftssektor Afghanistans. Zusammen mit ihren Vorstufen und der Weiterverarbei-tung sichert sie 85% der Bevölke-rung den Lebensunterhalt. Etwa 46% der Landesfläche wird für Weidewirtschaft genutzt, 39% ist gebirgig oder bewohnt, 3% besteht aus Wald und nur 12% ist landwirt-schaftlich nutzbar. Davon wiederum wird laut Afghanistan Statistical Yearbook derzeit nur die Hälfte kul-tiviert. Hauptsächlich angebaut wird Getreide (Weizen, Roggen, Reis), außerdem Hülsenfrüchte, Kartof-feln, Obst und Nüsse.

Die Landwirtschaft beschränkt sich wegen Topografie und Klima im We-sentlichen auf die Gebirgsfußoasen am Nord-, West- und Südrand des zentralen Hochlandes, die Becken-landschaften der Kabul-Region und die Flusstäler an der pakistanischen Grenze. Von entscheidender Be-deutung sind bewässerte Flächen. Trotz massiver Zerstörungen als Kriegsfolge liefern sie noch immer 85% der Ernten. Der Rückgang der Irrigationsfläche um 60% seit 1978 hat Afghanistan von einem Land, das sich nahezu selbst mit Nahrungsmitteln versorgt, zu einem größeren Importeur von Getreide, Obst und Gemüse gemacht.

Seit 2001 hat der Agrarsektor seine Produktion durch den Einsatz verbesserter Anbaumethoden und Düngemitteln gesteigert. Die Er-träge sind aber stark abhängig von den Witterungsbedingungen; so war 2008 ein Dürrejahr. Hinzu kommen

Landwirtschaft

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gel nach Pakistan stark in Mitlei-denschaft gezogen.

Außenhandel

Der bedrückende Zustand von Afghanistans Landwirtschaft und weiterverarbeitenden Branchen zeigt sich im Außenhandel. Mit dem Hauptausfuhrprodukt Obst (getrock-net und frisch) verdiente Afghanistan 2008 im Ausland gerade einmal 286 Mio. US$, so die nationale Statistik. Gleichzeitig summierten sich die Nahrungsmittelimporte auf 500 Mio. US$. Die FAO, die ihren Zahlen andere Berechnungen zugrunde legt und den illegalen Handel mit Daten der Partnerländer besser erfasst, kommt für 2008 gar auf Lebensmit-telimporte von über 1,5 Mrd. US$.

Die Daten zeigen auch, dass die Ag-rargüter bisher kaum weiterverar-beitet werden: Während Afghanistan viele Nahrungsmittel importieren muss, stehen auf der Ausfuhrliste praktisch nur landwirtschaftliche Roherzeugnisse. Bei Grundnah-rungsmitteln ist Afghanistan seit dem Krieg im Wesentlichen auf Importe angewiesen. Davor war das Land in der Lage, sich mit allen we-sentlichen Nahrungsmitteln selbst zu versorgen und in Einzelsegmen-ten sogar Weltmarktführer zu sein.

Bis in die 1980er-Jahre hatten afghanische Trockenfrüchte einen Weltmarktanteil von nahezu 60%. Stark war das Land vor allem bei Rosinen, Aprikosen und Mandeln. Heute scheitert eine Verwertung für den Export an der unzureichenden Weiterverarbeitung der Früchte, so-dass afghanisches Obst außerhalb der Landesgrenzen relativ selten angeboten wird.

Konsequenzen (Erosion, Mangel an Brennmaterial und Bauholz) sind schwer kalkulierbar und ma-chen Wiederaufforstung zu einem wichtigen Aspekt. Die bestehenden Waldgebiete liegen im östlichen Landesteil, in Höhen ab 2.000 bis 4.000 m. Die Bestände, welche die Food and Agriculture Organization der Vereinten Nationen (FAO) für 1992 mit 1,9 Mio. ha angegeben hat, sind durch Raubbau (zur Brenn-holzgewinnung), Überweidung und jahrzehntelangen Kantholzschmug-

Landwirtschaftliche Produktion 2008

Produkt Wert (Mio. US$) *) Produktion (1.000 t)

Weizen 376,0 2.623,0

Kuhmilch 348,3 1.390,8

Rindfleisch 275,0 132,3

Lammfleisch 171,9 86,9

Trauben 162,4 364,4

Gemüse (frisch), sonstiges 112,6 699,9

Reis 82,9 612,0

Ziegenfleisch 63,3 41,6

Schafsmilch 55,0 162,0

Mandeln mit Schale 43,9 42,0

Beeren, andere 39,2 47,0

Kartoffeln 37,7 280,0

Ziegenmilch 34,0 112,8

Sesamsamen 27,7 32,0

Baumwolle 27,5 18,5

Hähnchen 24,2 20,7

Gerste 23,3 333,0

Mais 22,2 280,0

Wassermelonen 20,9 200,0

Wolle, ungewaschen 16,2 12,8*) Basis: internationale PreiseQuelle: Food and Agriculture Organization (FAO) (http://faostat.fao.org/site/339/default.aspx)

Fast alle Ziegen sind Kaschmir-Ziegen. Die Qualität der Faser ist hochwertig und liegt dicht hinter der aus der Mongolei und China. Afgha-nistan ist der drittgrößte Produzent von Kaschmir-Faser. Rinderhaltung ist häufig als Nebenerwerb bei Klein-bauern der bewässerten Flussoasen zu finden. Kleinviehhaltung (Hühner, Ziegen) ist im ganzen Land bis in städtische Milieus hinein verbreitet.

Forstwirtschaft gibt es kaum noch. Die ökologischen und ökonomischen

Landwirtschaft

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Das Land ist dem Codex Alimentari-us beigetreten, dem internationalen Hygienestandard der FAO. Es hat die wesentlichen, international gültigen Hygienevorschriften für Nahrungs-mittel in Kraft gesetzt. Dadurch muss der gesamte Sektor der Lebensmit-telverarbeitung inklusive Transport und Handel grundlegend erneuert werden. Vorreiter, die in moderne Weiterverarbeitungstechnologien investieren, genießen viele Vorteile. Dadurch ergeben sich Investitions- und Absatzmöglichkeiten für deut-sche Unternehmen.

Geschäftschancen für deutsche Firmen

Relativ kurzfristige Geschäftsmög-lichkeiten bieten in Afghanistan der Einkauf landwirtschaftlicher Produkte und der Handel damit. Häufig fehlt es dafür an den notwen-digen Strukturen in Produktion und Infrastruktur. Deshalb ist auch für Investitionen in Agribusiness und Weiterverarbeitung viel Platz.

Der Agrarsektor war schon immer der wichtigste Teil der afghanischen Exportwirtschaft und wird dies auch auf absehbare Zukunft hin bleiben. Grund ist der Reichtum an natürlichen Ressourcen, die ideale Rahmenbedingungen für die Pro-duktionen von Trockenfrüchten und Nüssen liefern, sowie die räumliche Nähe zu stark wachsenden Märkten (VR China, Indien, Pakistan, Iran), in denen Afghanistan historisch eine gute Marktposition hat.

Importe von landwirtschaftlichen Gütern und Nahrungsmitteln 2008

Güter Menge (1.000 t) Wert (Mio. US$) *)

Weizenmehl 865,33 524,62

Weizen 695,63 250,00

Pflanzenöl, ungehärtet 108,29 132,09

Palmöl 102,80 98,00

Tee 35,98 90,20

Zucker, raffiniert 232,46 72,00

Zigaretten 8,06 61,53

Lebensmittel, sonstige 12,00 51,55

Reis 106,89 44,84

Hähnchenfleisch 32,32 35,81

Gebäck 12,42 25,00

Nichtalkoholische Getränke 43,69 21,09

Öl aus Gemüseerzeugnissen 19,52 20,00

Eier in der Schale 17,31 18,63

Süßwaren 9,17 17,49

Tabakprodukte, sonstige 1,70 14,19

Sojaöl 10,90 11,00

Rapsöl 6,00 8,00

Hülsenfrüchte 15,55 7,80

Milchpulver 2,22 7,03*) Basis: internationale Preise; Werte weichen von Importdaten laut Afghanistan Statistical Yearbook 2009-10 abQuelle: FAO (http://faostat.fao.org/site/342/default.aspx)

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Landwirtschaft

Exporte von landwirtschaftlichen Gütern 2008

Güter Menge (1.000 t ) Wert (Mio. US$)*)

Rosinen 27,13 30,43

Getrocknete Feigen 4,49 28,76

Pistazien 3,26 24,56

Geschälte Mandeln 2,92 14,78

Trockene Aprikosen 3,98 9,67

Baumwolle 8,83 9,50

Trauben 62,95 7,20

Mandeln mit Schale 3,29 6,44

Geschälte Walnüsse 0,76 3,82

Aprikosen 27,30 3,33

Frisches Obst, sonstiges 8,78 3,02

Kartoffeln 17,91 2,56

Sesamsamen 4,00 2,50

Anis, Fenchel und Koriander 1,99 1,84

Frisches oder getrocknetes Gemüse 3,27 1,76

Äpfel 10,79 1,40

Melonen, sonstige 20,08 1,39

Trockenfrüchte, sonstige 1,14 1,23

Hülsenfrüchte, sonstige 4,02 0,81

Frisches Gemüse, sonstige 6,64 0,58*) Basis: internationale Preise; Werte weichen von Exportdaten laut Afghanistan Statistical Yearbook 2009-10 abQuelle: FAO (http://faostat.fao.org/site/342/default.aspx)

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Bei der Lebensmittelverarbeitung gibt es viel Bedarf, um Produkte kühlen, sortieren, trocknen und verpacken zu können, sie hygie-nisch einwandfrei zu machen und zu graden (mit einem Bildverarbei-tungssystem analysieren). Dies gilt vor allem für Obst, Fleisch, Milch, Nüsse und Getreideprodukte für den nationalen Markt.

Gefragt ist besonders die Verarbei-tung von Milch, um Käse, Butter, Joghurt, Milchpulver, Eiscreme etc. herzustellen. Benötigt ist außerdem technische Unterstützung beim Sammeln und Transport, bei der Aufbewahrung, Pasteurisierung und der Qualitätskontrolle. Die heutigen Produzenten sind eher kleine Un-ternehmer, die nur lokale Märkte bedienen können. Die Milchproduk-tion wächst kräftig, der Milchpreis hat sich in den letzten fünf Jahren mehr als verdreifacht.

Bei Tomaten existieren technische Defizite in den Bereichen Sonnen-trocknen, Kühllagerhaltung, Quali-tätskontrolle sowie Hygiene bei der Produktion. Gefragt ist die Weiter-verarbeitung zu Ketchup, Saucen, Saft und Paste. Für die Verarbeitung von Mandeln, die traditionell im Land sortiert werden, fehlt moderne Technik etwa zum Entfernen der Schale. Zudem sind keine Ver-packungen erhältlich. Mandeln wachsen oft wild in den Bergen Af-ghanistans und sind sehr wertvoll; besonders Mandelöl erzielt einen hohen Exportpreis.

Oliven in Kanistern und Gläsern sowie Olivenöl als Lebensmittel wie auch als Kosmetikprodukt haben

hohes Marktpotenzial in Europa und China. Der momentane Preis liegt zwischen 3,30 und 5,90 US$ pro Kilo. Investoren sind gesucht, um aus Sonnenblumenkernen Öl, Kos-metika sowie Biodiesel zu produzie-ren. Spezielle Notwendigkeit gibt es für technische Ausrüstungen zum Entfernen der Schalen sowie zum Ölpressen, Rösten, Grading und Verpacken, ebenso bei Marketing, Transport und Export.

Bei Schnitt- und Topfblumen sowie Blumenessenzen und Extrakten werden vielversprechende Investiti-onen prognostiziert. Möglichkeiten für technische Verbesserungen existieren bei der Gewinnung und Vermarktung von Rosenöl. Ein Kilo reines Rosenwasser kostet 7.500 US$. Als lohnend sehen Experten die Kultivierung von Obstbäumen an. In der Forstwirtschaft gelte dies für Wiederaufforstungen und die Produktion von Brennmaterialien.

Kaschmir, Seide, Karakulfell, Yak- und Schafwolle lassen sich gewinn-bringend spinnen, weben und zu hochwertigen Textilien in Handar-beit und Manufaktur weiterverarbei-ten. Technische Unterstützung wird benötigt beim Züchten, Wollesam-meln und bei der Kaschmirverar-beitung, etwa beim Waschen. Die heutige Produktion von Kaschmir-wolle ließe sich verdoppeln, da nur 30% der Schafe geschoren werden. Zudem sind Preissteigerungen möglich.

Für die Verarbeitung von Leder, das vorwiegend von Ziegen und Schafen stammt, herrscht Bedarf

bei Pflanzengerbung und Weiter-verarbeitung in Manufakturen. Das Fell des Karakulschafs ist eines der hochwertigsten Produkte Afgha-nistans. Investitionsbedarf ist nötig für den Aufbau von Sammelstellen sowie das Marketing, namentlich die Vermarktung im Ausland.

Bei Verpackungen ist das Ge-schäftspotenzial für die meisten Produkte riesig. Die Nachfrage nach landwirtschaftlichen Produkten ist im Land groß, aber Afghanistans Verpackungsindustrie liefert bisher fast nichts, weshalb 20 bis 40% der Produktion verschwendet werden.

Geschäftschancen gibt es generell beim Einkauf und Handel von (Heil-)Kräutern und Gewürzen (Safran, Cumin, Süßholz), Blumen, Medi-zinpflanzen, Trockenfrüchten sowie hochwertigen Pflanzenölen aus Wildsammlung. Beim Export gilt dies besonders für Destinationen im arabischen Raum, Zentralasien und Europa.

Lohnenswert erscheint der Handel mit manchen Bioprodukten. Honig als Lebensmittel oder für Kosmeti-ka sowie Bienenwachsprodukte sind im Ausland gefragt. Investitionen sind gefragt im Filtern und Grading, in der Weiterverarbeitung und bei Zuchtmethoden. Die Honigpro-duktion eröffnet in Afghanistan weiblichen Arbeitskräften einen - üblicherweise schwierigen - Zugang zum Arbeitsmarkt.

In der Landtechnik werden Trakto-ren und Pflüge nachgefragt. Profi-tabel zu verkaufen sind außerdem

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20 Wirtschaftsleitfaden – Afghanistan

Landwirtschaft

Anlagen für die Getreidesäuberung sowie Siebausrüstungen für Mehl.

Eine relativ wichtige Branchen-messe war in der Vergangenheit die AgFair (www.agfair.af), die jährlich in Kabul und teilweise auch in anderen Städten stattgefunden hatte. Allerdings ist nicht bekannt, ob und wann 2011 und später eine Veranstaltung geplant ist. Internati-onal sind die Nürnberger „BioFach“ und die „Grüne Woche“ in Berlin von Bedeutung für Afghanistans Landwirtschaft.

Hermann van Boemmel, Elisaveta Kostova (Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit)

Kontaktadressen

Afghanistan Chamber of Commer-ce & Industries

Internet: www.acci.org.af

Landwirtschaftsmesse in Afgha-nistan: AgFair

Internet: www.agfair.af

Enterprise Development Program (AREDP)

Internet: www.aredp.org

Export Promotion Agency of Afghanistan

Internet: www.epaa.org.af

Ministry of Agriculture, Irrigation and Livestock

Internet: www.mail.gov.af

Ministry of Rural Rehabilitation and Development

Internet: www.mrrd.gov.af

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Produzent werden. Für die Versor-gung Europas gälte dies besonders bei Seltenen Erden, Beryll und Niob, aber auch bei Graphit, Tantal, Wolfram, Magnesium und Fluss-spat. Auch für Baryt könnte sich Afghanistan zu einem wichtigen Produzentenland entwickeln.

Die DERA weist allerdings darauf hin, dass High-Tech-Rohstoffe in Afghanistan noch nie speziell explo-riert wurden. Der Explorationsstand für Seltene Erden etwa sei sehr niedrig. Der U.S. Geological Survey (USGS) gehe von (ungesicherten) Ressourcen von rund 1,4 Mio. t Sel-tenen Erden und 3,5 Mio. t Niob aus.

Afghanistans Lithium-Lagerstätten gehören zu den bedeutendsten der Welt, und eine Produktion wäre langfristig möglicherweise relevant

Ablagerungen von Zinn und Wolf-ram. Der zweite Gürtel reicht von Kabul nach Kandahar und umfasst Kupfer, Gold, Chromit, Edelsteine sowie Molybdän. Die beiden größten Mineralien-Lagerstätten sind das Kupfervorkommen Aynak und das Eisenerzvorkommen Hajigak.

Eine im September 2010 vorgestell-te Analyse der BGR bewertete das Rohstoffpotenzial von asiatischen Ländern (ohne GUS und die Türkei) für die deutsche Wirtschaft. Sie ergab, dass Afghanistan an siebter Stelle der insgesamt 24 Länder liegt, die eine nennenswerte mine-ralische Rohstoffproduktion in Asien aufweisen.

Afghanistan könnte zumindest bei Kupfer und Eisen für die Rohstoff-versorgung Asiens ein wichtiger

Bergbau

Allgemeine Lage und Bedeutung

Der Anteil des Bergbaus an Af-ghanistans Bruttoinlandsprodukt beträgt derzeit weniger als 0,3%. Die Bedeutung des Sektors für die Versorgung des internationalen Marktes geht damit aktuell gegen null. Obwohl das Rohstoffpotenzial Afghanistans schon früh erkannt wurde, sind deutliche Bemühun-gen zu dessen Nutzung erst seit der Invasion und Stabilisierung des Landes seit 2001 erkennbar. Bisher gibt es kaum Großprojekte und auch nur wenige kleine Vorhaben. Gründe sind die prekäre Sicherheitslage, schlechte Infrastruktur, weite Ent-fernungen sowie Fachkräftemangel.

Mittlerweile prognostizieren Beob-achter jedoch, dass der Rohstoffab-bau eine der wichtigsten und nach-haltigsten Einkommensquellen für die afghanische Wirtschaft werden kann. Die in der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) angesiedelte Deutsche Roh-stoffagentur (DERA) rechnet damit, dass Afghanistan, angesichts der langen Vorlaufzeiten in der kapital-intensiven Branche, in fünf bis zehn Jahren zunehmende Bedeutung als Rohstoffproduzent erlangen könnte.

Wert und Umfang des Gesamtbe-standes von Mineralien können nur grob geschätzt werden, da in weiten Teilen des Landes bislang noch keine Exploration stattgefunden hat. Die geologischen Studien zeigen zwei große Mineraliengürtel. Einer erstreckt sich vom Nordwesten zum Nordosten (Badakhshan). Er beinhaltet Eisen, Kupfer, Gold sowie Fo

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GIZ

Bergbau

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damit, alle Zahlungen von Rohstoff explorierenden und gewinnenden Unternehmen an den Staat, etwa Steuern und Förderabgaben, zu veröffentlichen.

Regelung des Vergabeprozesses

Die Entscheidung, ein Gebiet zum Abbau von Rohstoffen auszuschrei-ben, liegt bei der Regierung. Soll eine Abbaulizenz vergeben werden, ist eine öffentliche Ausschreibung Pflicht. Einschränkungen zur Teilnahme am Ausschreibungsver-fahren sind in Artikel 16 des Mineral Law spezifiziert, Afghanistan ist an diesem Punkt jedoch vergleichswei-se liberal. In jeder Ausschreibung kann die Teilnahme am Vergabe-verfahren konkret eingeschränkt werden, beispielsweise in Bezug auf die Mindestgröße teilnehmender Unternehmen oder die Mindesthöhe der Investition.

Das Auswahlkomitee ist zu Fair-ness und Nicht-Diskriminierung verpflichtet. Es entscheidet laut Vorgaben auf der Grundlage des größten Nutzens für Afghanistan und anhand folgender Kriterien:

n Arbeitsplan und Investition n technische und finanzielle Kapazität der Bietern Erfahrung der Bietern andere sozio-ökonomische Vorteile für den Staat, also etwa Kompensationen für Umsiedlun- gen, Anzahl der Arbeits- und Ausbildungsplätze für Afghanen, Ausbau der lokalen Infrastruk- tur, Planung zur Umweltverträg- lichkeit.

Ausschreibungen finden in zwei Runden statt. Zunächst bittet das

nen und als Regulierungsbehörde auf. Allerdings ist die Privatisierung afghanischer Staatsbetriebe, die bislang große Teile der natürlichen Ressourcen kontrollierten, noch nicht abgeschlossen.

Im Jahr 2006 verabschiedeten die Behörden neue Gesetze, um den Abbau von Rohstoffen formal zu ordnen. Seither regelt das „Minerals Law of Afghanistan“ die Eigentü-merschaft und Verwaltung aller Rohstoffe außer Kohlenwasserstof-fen und Wasser, die in separaten Gesetzten behandelt werden. Die Regierung im Allgemeinen und das Ministry of Mining im Besonderen sollen dabei den effizienten Aufbau der Abbauindustrie fördern und verwalten - nicht jedoch selbst als Betreiber tätig werden. Das Gesetz bietet Eigentümern von Abbaurech-ten Schutz gegen Enteignung. Damit verpflichtet sich die Regierung, im gegebenen Fall Kompensationen entsprechend internationaler Nor-men zu zahlen.

Die Enteignungsgarantien sind allerdings sehr gering und dürften ausländische Investoren kaum be-ruhigen. Beim milliardenschweren Kupferprojekt Aynak etwa würde das chinesische Gewinnerkonsorti-um nur 16 Mio. US$ Entschädigung erhalten. Die Höhe der Lizenzge-bühr beziffert das Gesetz mit 5% des Bruttoumsatzes für Mineralien und 10% für Edelsteine. Eine Revi-sion des Gesetzes ist noch für 2011 geplant.

Im Februar 2010 wurde Afghanistan als Kandidatenland der Rohstoff-Transparenzinitiative EITI (Extractive Industries Transparency Initiative) akzeptiert. Gemäß der EITI-Stan-dards verpflichtet sich das Land

für den Weltmarkt. Der Afghan Geo-logical Survey (AGS) berichtet über zwölf bekannte Pegmatitfelder, die sich in den Provinzen Laghman, Nangarhar, Badakhshan und Uru-zgan befinden. Das Land ist auch reich an Rohmaterialien für die Zementherstellung. Der anhaltende Bauboom sorgt für eine ausreichen-de Nachfrage.

Die Edelsteinindustrie Afghanis-tans war vor 1979 von weltweiter Bedeutung. Dies gilt besonders für Lapislazuli, aber auch für Smaragde und Rubine. Heutzutage werden laut DERA 95% der Edelsteine aus dem Land geschmuggelt und gehen, hauptsächlich zur weiteren Verarbeitung, nach Pakistan. Die meisten Edelsteine kommen aus dem Nordosten. Die Skarn-Lazurit-lagerstätte Sary-Sang in der Provinz Badakhshan enthält den Angaben zufolge noch rund 1.300 t Lapisla-zuli, bei einer Jahresproduktion von derzeit 9 t.

Laut Bergbauministerium gibt es in Afghanistan folgende Bodenschätze von wirtschaftlicher Bedeutung: Bauxit, Blei, Chrom, Eisen, Erdgas, Gold, Kalkstein, Kohle, Kobalt, Kupfer, Lithium, Marmor, Molybdän, Öl, Phosphat, Seltene Erden, Silber, Uran, Wismut, Wolfram, Zink und Zinn.

Gesetzlicher Rahmen

Um ein schnelles und effizien-tes Wachstum des Bergbaus zu ermöglichen, verabschiedete sich die afghanische Regierung vom System der Staatswirtschaft aus Zeiten der Sowjetherrschaft. Das Bergbauministerium tritt nunmehr als Vermittler für Privatinvestitio-

Bergbau

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Germany Trade & Invest www.gtai.de 23

Investitionen in die Zementindustrie wirbt die Afghanistan Investment Support Agency (AISA) in ihrem Bericht „Main Investment Opportu-nities in Afghanistan“. Die Zement-nachfrage aus dem In- und Ausland, etwa aus der VR China, wird als sehr hoch eingeschätzt.

Chinesische Firmen können in Af-ghanistan relativ sorglos investie-ren. Sie gehören ganz oder großteils dem Staat, der langfristig kalkuliert und die Rohstoffsicherung mit hoher Priorität versehen hat. Im Zweifelsfall sind chinesische Staats-firmen bereit Risiken einzugehen, die private Investoren nicht tragen wollen oder können. Westlichen Zulieferern fällt es üblicherweise schwer, mit chinesischen Abbaufir-men ins Geschäft zu kommen.

Deutsche Investoren treffen in Af-ghanistans Bergbau auf mindestens drei Hindernisse. Am wenigsten Probleme dürfte noch das Mine-raliengesetz mit seiner Vorschrift bereiten, afghanischen Zulieferern und Dienstleistern bei gleicher Eignung den Vorzug zu geben. In Anbetracht der geringen finanzi-ellen und technischen Kapazitäten afghanischer Firmen scheint dieser Punkt beherrschbar.

Wesentlich schwerer wiegt - zweitens - die weiterhin kritische Sicherheitslage. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass weite Teile des Landes für Ausländer unzugänglich bleiben oder wieder unzugänglich werden und bereits erworbene Konzessionen daher nicht genutzt werden können. Stö-ren könnten sich westliche Firmen in Afghanistan drittens an den Roh-stoffinteressen asiatischer Staaten, insbesondere der VR China.

in den nächsten Jahren zu einer Vielzahl von Einzelausschreibungen kommt. Bei den bereits vergebenen Konzessionen befindet sich der Bau der zur Förderung benötigten Infrastruktur noch in den Anfängen, sofern überhaupt schon investiert wurde. Die Projekte dürften daher relativ teuer werden, mit hohen Ausgaben für Infrastruktur, Abbau-technologie, Maschinen, Material und Beratung.

Bis März 2010 erteilten die zuständi-gen Behörden insgesamt 106 Abbaukonzessionen. Der größte Teil davon war für den Abbau von Bau-materialien (Sand, Schotter etc.) und Salz. Lediglich acht Konzessionen beinhalten die Gewinnung internati-onal gehandelter Rohstoffe, nämlich Kohle, Kupfer und Gold. Die mit der Konzession verbundene Investition wird nicht veröffentlicht, und der Lizenznehmer kann mit den zustän-digen Ministerien Vertraulichkeit für die Dauer der Investition vereinbaren (Artikel 103 des Mineraliengesetzes). Möglicherweise lässt sich der Inves-titionswert jedoch von der Enteig-nungsgarantie ableiten.

Aus dem Ausland zeichnet sich ein starkes Interesse chinesischer Staatsfirmen ab. Unter den Bietern bei bisherigen Konzessionsvergaben befanden sich auch Unternehmen aus Australien, Indien, Russland, den USA, Kanada sowie Zentrala-sien. Eine deutsche Firma war auf den vorliegenden Bieterlisten nicht vertreten.

Laut DERA werden in letzter Zeit immer mehr industrielle Berg-bauprojekte von einheimischen Investoren verwirklicht. Im Fokus stünden die Zementindustrie und der Goldbergbau. Um ausländische

Ministerium um Interessensbekun-dungen (Expression of Interest). Diese umfassen die Basisdaten des Unternehmens bezüglich der finanziellen und technischen Fähig-keiten. Firmen, die als akzeptable Bieter ausgewählt werden, zahlen eine Gebühr, deren Höhe sich nach der Ausschreibung bemisst. Sie erhalten zudem weitergehende Informationen zum aktuellen Stand der Exploration. Auf dieser Grundla-ge erstellen die Bieter ein Angebot, von denen das Ministerium eines auswählt. Gelegentlich wird die zur Ausschreibung stehende Fläche in Blöcke unterteilt, sodass Firmen auf die gesamte Fläche oder bestimmte Parzellen bieten können.

Die Ausschreibung von Abbauli-zenzen wird unter anderem auf der Website des Ministry of Mines angekündigt. Hier finden sich auch weitergehende Informationen zu jeder Ausschreibung.

Neben dem Ministry of Mines ist der AGS die wichtigste Behörde für den Rohstoffabbau. Er erforscht und kartographiert Rohstoffvorkommen. Seit 2008 wurden jedoch keine Be-richte mehr veröffentlicht. In seinen Anfängen wurde der AGS durch den British Geological Survey über das British Government’s Department for International Development un-terstützt.

Chancen und Heraus-forderungen für deut-sche Firmen

Im Bergbau wurden bisher erst für einen sehr kleinen Teil der Vorkom-men Konzessionen vergeben. Die Regierung und manche Beobach-ter gehen aber davon aus, dass es

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24 Wirtschaftsleitfaden – Afghanistan

Kupfergewinnung und -verhüttung auch Infrastrukturmaßnahmen vor-sieht. Geplant sind Straßen sowie eine neue Eisenbahnstrecke, die von Hairatan an der Grenze Usbekistans über Kabul bis nach Torkham an der pakistanischen Grenze bei Pesha-war führt. Strom soll ein neues 400-MW-Kohlekraftwerk in der Provinz Bamian über eine ebenfalls zu bauende Hochspannungsleitung liefern. Die Hälfte der Erzeugerka-pazität ist dabei für den Verbrauch der Bevölkerung vorgesehen. Wäh-rend der ersten Betriebsjahre be-zieht die Mine ihre Energie laut Plan aus Dieselgeneratoren. Wohnungen, Schulen und Kliniken haben die Investoren ebenfalls versprochen.

Das chinesische Angebot beim Kupferprojekt Aynak war für die afghanische Regierung konkurrenz-los gut, auch wenn sich westliche Firmen bei der Vergabe über eine angebliche Bevorzugung der chine-sischen Konkurrenz beschwerten.

der Mine hat eine Laufzeit von 30 Jahren. Das Erz soll in Afghanistan selbst weitgehend zu reinem Kupfer verarbeitet werden. Die Chinesen planen einen Jahresausstoß von Mine und Weiterverarbeitung in Höhe von 220.000 t elektrolytischem Kupfer, 100.000 t Kupferkonzentrat und 300.000 t Schwefelsäure pro Jahr. Für 2012 war der Anlauf der Förderanlagen und für 2014 die vollständige Produktion vorgese-hen. Danach steht die Errichtung der Kupferschmelze an. Es wird erwartet, dass die Mine nach Inbe-triebnahme ein Steuervolumen von jährlich 400 Mio. US$ generiert.

Das Gewinnerkonsortium versprach Investitionen von 2,9 Mrd. US$, wovon die afghanische Regierung bereits gut 800 Mio. US$ für die Förderrechte erhielt. Die Chinesen planen nach Firmenangaben aber insgesamt über 4 Mrd. US$ auszu-geben, weil der Vertrag außer der

Abbaukonzessionen (ohne Baustoffe und Salz, unvollständig) und Enteignungsgarantien

Firma Fläche (qkm) RohstoffEnteignungsgarantie

(Mio. US$)

MCC 106,30 Kupfer 16,1

Afghan Investment Company 20,45 Kohle 0,50

Brotheran Mohamand 14,00 Kohle 0,10

Madan Kahran 8,20 Kohle 0,10

Mesaq Sharq 1,92 Kohle 0,10

Aslami 1,90 Kohle 0,10

West Land General Trading 14,00 Gold 0,05

Brotheran Khushak 8,00 Kohle 0,04Quelle: „List of Mining Contracts“, Ministry of Mines, 7.4.10

Investitionen und Projekte

KupferDas Aynak-Vorkommen ist wo-möglich eine der größten noch nicht erschlossenen Kupferminen weltweit. Dort befinden sich nach USGS-Schätzungen von 2009 etwa 490 Mio. t Erz mit einem Gehalt von durchschnittlich 1,84% und mithin 9 Mio. t Kupfer (Jahresverbrauch 2011 weltweit knapp 20 Mio. t). Das Vorkommen liegt etwa 30 km östlich von Kabul und wurde 1974 zum ersten Mal erforscht.

Nach einer internationalen Aus-schreibung wurde die Lagerstätte 2008 von einem chinesischen Kon-sortium erworben. Es besteht aus dem Staatskonzern China Metallur-gical Group Corporation (MCC, 75% Anteil) und der Jiangxi Copper Co. Die Konzession zur Ausbeutung

Bergbau

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Germany Trade & Invest www.gtai.de 25

Erdöl, ErdgasDen Gewinner der laufenden Aus-schreibung für das Ölfeld Amu Darya im Nordosten Afghanistans hofft das Bergbauministerium Ende Juli 2011 bekanntgeben zu können. Für Explo-ration und Produktion hatten sich im April fünf Unternehmen qualifiziert: Buccaneer (Australien), CNPC (VR China), Petroleum Exploration (Pa-kistan), Schlumberger (Frankreich) und Tethys (Vereinigtes Königreich).

Das Ölfeld ist in drei Blöcke unter-teilt und hat geschätzte Ressourcen von 80 Mio. Barrel. Einer der drei Blöcke (Kashkari) beinhaltet das Feld „Angot“, auf dem derzeit schon produziert wird, sowie zwei weitere Felder, bei denen die Vorbereitung zur Förderung schon teilweise stattgefunden hat. In den anderen beiden Blöcken wurde bislang nicht produziert. Es ist wahrscheinlich, dass sich in allen drei Blöcken noch weitere, bislang unbekannte Öl- und Gasvorkommen befinden. Die afghanische Regierung hofft nach Amu Darya auf weitere Ausschrei-bungen in der Branche.

Wie bei den bisherigen Ausschrei-bungen werden die Verträge vor-sehen, dass ein bestimmter Anteil am Rohstoffwert an die afghanische Regierung abzuführen ist. Für bekannte und unbekannte Vorkom-men werden dabei unterschiedliche Prozentsätze angelegt.

Die AISA sieht daneben Investitions-möglichkeiten beim „Turkmenistan-Afghanistan-Pakistan (TAP) Natural Gas Project“, das von der Asian Development Bank unterstützt wird. Es handelt sich dabei um eine rund

Ausweitung der Investitionen auf die Eisen- und Stahlproduktion. Sie hofft auf Investoren, die finanzi-ell, technisch und unternehmerisch den Anforderungen gewachsen sind. Unternehmen mit technischer Kompetenz in Exploration und Ent-wicklung können bevorzugt werden. Von den Investoren wird erwartet, aktiv an Infrastrukturmaßnahmen teilzunehmen. Diese umfassen den Ausbau des Schienenverkehrs und die Elektrizitätserzeugung auf Basis von Kohle, Gas oder Wasserkraft durch öffentlich-private Koope-ration, bei denen Explorationsun-ternehmen als Schlüsselpartner gesehen werden.

Berichten zufolge haben mindes-tens 23 Unternehmen Interesse bekundet, davon 15 aus Indien, mit teilweise massiver Unterstützung der indischen Regierung.

ChromEin Explorations- und Abbauvertrag für die Chromminen bei Gadakhil wurde am 17.3.11 zwischen dem Bergbauministerium und der af-ghanischen Firma Hewad Brothers unterzeichnet. Die Vertragslaufzeit beträgt 18 Jahre. Hewad Brothers hat sich verpflichtet, 30 Mio. US$ zu investieren und 26% des Werts der abgebauten Rohstoffe an die afgha-nische Regierung abzuführen.

Der Abbau beginnt nach Abschluss der Exploration, spätestens jedoch innerhalb von drei Jahren. Die Ver-edelung des geförderten Materials wird zu 60% in Afghanistan stattfin-den, die Maschinen dafür importiert Hewad den Plänen zufolge aus der Türkei.

Für die Erstellung der zum Abbau notwendigen Infrastruktur werden mindestens fünf Jahre veranschlagt. Gegenwärtig laufen laut MCC Annu-al Report 2010 die Vorarbeiten zum Aufbau des Bergwerks. Die Umwelt-verträglichkeitsstudie ist demnach bei den Behörden eingereicht, aber noch nicht genehmigt worden.

EisenerzDas Eisenerzvorkommen Hajigak liegt in der gebirgigen Provinz Bamian, etwa 130 km westlich von Kabul und auf großer Mee-reshöhe in schwer zugänglichem Gebiet. Hajigak gilt als größte noch nicht entwickelte Lagerstät-te Asiens. Nach Schätzungen aus der Sowjetzeit taxiert der USGS das Vorkommen auf 2,2 Mrd. t mit einem Eisengehalt von 63 bis 69%. Mit Nutzung der Ressourcen würde Afghanistan zu einem führenden Eisenerzproduzenten aufsteigen. Al-lerdings handelt es sich dabei nicht um gesicherte Erkenntnisse, da sie auf Proben aus wenigen Borlöchern basieren. Sowjetische Studien erga-ben, dass Tagebau möglich ist.

Das Ausschreibungsverfahren läuft. Einsendeschluss der Interessenbe-kundung war im Januar 2011, über die Vorrunde soll Anfang August 2011 entschieden werden. Die Ausschreibung ist in mindestens drei Blöcke unterteilt. Teilnehmen-de Unternehmen verpflichten sich zu einer Mindestinvestitionssumme über zumindest drei Jahre und mit jährlichen Mindestinvestitionen. Nach erfolgreicher Exploration ver-gibt das Bergbauministerium eine Abbaulizenz. Die Regierung befür-wortet eine phasenweise, vertikale

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26 Wirtschaftsleitfaden – Afghanistan

Dushi in der Provinz Baghlan etwa 130 km nördlich von Kabul liegt.

In der benachbarten Provinz Thakar plant nach Informationen der DERA ein afghanisches Bergbauunterneh-men eine Investition von 40 Mio. US$, um Seifengold zu gewinnen. Dies ist laut Presseinformationen Afghanis-tans einzige andere Goldmine.

Steffen Arnold, Liane Hryca und Birgit Seibel (Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit), mit Zusatz-Informationen der Deutschen Rohstoffagentur

was halb so viel wie die Deutsch-lands sei. Erdöl und -gas werden hauptsächlich in Nordafghanistan vermutet.

GoldEnde 2010 billigte die afghanische Regierung nach Pressemeldungen ein millionenschweres Abkommen zur Ausbeutung von Goldminen im Norden des Landes. Das Projekt sei das erste in Afghanistan, hinter dem private westliche Investoren stünden, die meisten aus den USA und dem Vereinigten Königreich. Die etwa zehn Firmen investieren nach Angaben des Bergbauministeriums in Kabul schätzungsweise 50 Mio. US$ in das Projekt, das im Bezirk

1.800 km lange Gas-Pipeline, die jährlich einmal 33 Mrd. cbm Erdgas vom südöstlichen Teil Turkmenis-tans an die Verbraucher in Afgha-nistan und Pakistan bis hin an die indische Grenze liefern soll. Nach derzeitigen Planungen würde die Pipeline 7,6 Mrd. US$ kosten.

Afghanistan hat laut DERA nur geringe Reserven an Erdöl in der Größenordnung von 10 Mio. t in den weitgehend ausgeförderten Feldern im Norden. Die Förderung ist demnach unbedeutend, sie soll 2008 laut USGS rund 20.000 Barrel betragen haben. Die Erdgasressour-cen schätzt die DERA auf 500 Mrd. cbm, die Reserven auf 85 Mrd. cbm,

Bergbau

Kontaktadressen

Afghanistan Investment Support Agency

Internet: www.aisa.org.af

Ministry of Mines, The Islamic Republic of Afghanistan

Veröffentlichung von aktuellen Ausschreibungen

Internet: www.mom.gov.af/?page=tenders&lang=en.

Investment Promotion Depart-ment (IPD) of the Afghan Ministry of Mines (Unterstützung der Investoren)

Informationsquellen

Afghanistan Economic Update, The World Bank, Dec. 2010

Afghanistan Geological Survey

Internet: www.bgs.ac. uk/afghanminerals/

Übersicht über die Vorkommen:

Internet: http://minerals.usgs.gov/minerals/pubs/country/2006/myb3-2006-af.pdf

Main Investment Opportunities in Afghanistan

Afghanistan Investment Support Agency

Internet: www.aisa.org.af

Ministry of Mines, The Islamic Republic of Afghanistan

Business Plan 2010 - 2015, Syn-opsis

Bundesanstalt für Geowissen-schaften und Rohstoffe

Deutsche Rohstoffagentur

Internet: www.bgr.bund.de, www.deutsche-rohstoffagentur.de

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Germany Trade & Invest www.gtai.de 27

insgesamt 42.150 km, wovon etwa 12.350 km asphaltiert waren. Das Fernstraßennetz wird derzeit rund-um erneuert, um weite Teile des Landes wieder zugänglich zu ma-chen und für den Handel zu öffnen. Das letzte Teilstück einer insgesamt 2.700 km langen Ringstraße, die die großen Städte Kabul, Kandahar, Herat und Mazar-e-Sharif verbin-det, wird aktuell im Nordwesten des Landes fertiggestellt.

FlugverkehrIm Land sind 34 Flughäfen in Be-trieb, von denen 19 über asphal-tierte Start- und Landebahnen verfügen. Internationale Flughäfen befinden sich in Kabul, Kandahar, Herat, Mazar-e Sharif und Jalala-bad. Der größte afghanische Flug-hafen in Kabul wurde 2008 mit japa-

mit sowjetischer und US-amerikani-scher Unterstützung ein Straßennetz aufgebaut, das die wesentlichen Handels- und Produktionsstätten des Landes verband und den Zugang zu den Nachbarländern sicherstellte. Während des Bürgerkriegs sind viele dieser Straßen durch Zerstörung oder Vernachlässigung unbefahrbar geworden. Seit Beginn des Wieder-aufbaus 2001 wird landesweit mit internationaler Hilfe daran gearbei-tet, wesentliche Straßen und weitere Infrastruktur wiederherzustellen und zum Teil neu zu errichten.

Transport / Logistik

StraßenAfghanistan verfügte 2006 nach CIA-Angaben über ein Straßennetz von

Infrastruktur

Die Entwicklung der Infrastruktur ist eines der wichtigsten Ziele in der nationalen Entwicklungsstrategie Afghanistans. Darunter fallen unter anderem die Kategorien Transport und Logistik, Energie, Wasser, Bau sowie Informations- und Kommu-nikationswesen. Den Infrastruktur-bedarf des Landes schätzt die Asia-tische Entwicklungsbank (ADB) für 2010 bis 2013 auf etwa 4 Mrd. US$.

Weil Afghanistan zum großen Teil aus Gebirge oder Wüste besteht, stellte unzureichende Infrastruk-tur lange Zeit eines der größten Hindernisse für die wirtschaftliche Entwicklung insbesondere des Hin-terlands dar. Nach dem 2. Weltkrieg und bis in die 1970er-Jahre wurde

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Infrastruktur

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28 Wirtschaftsleitfaden – Afghanistan

bericht der Bundesregierung, der den US-Sonderinspekteur für den Wiederaufbau in Afghanistan als Quelle nennt. Zugang zum öffent-lichen Stromnetz hätten 2007/08 knapp 78% der Stadtbewohner, aber nur 5,8% der ländlichen Bevölkerung gehabt. Der nationale Durchschnitt hätte damit bei 19% gelegen, wobei Branchenvertreter noch niedri-gere Zahlen nennen. Zugang zur Stromversorgung überhaupt hatten laut Fortschrittsbericht 42% der Bevölkerung, nachdem es 2005 erst 23% gewesen waren. Über 70% der gesamten Elektrizität ist für die urbanen Zentren bestimmt. Die Städte Kabul, Mazar-e Sharif, Herat und Kandahar haben durch gezielten Wiederaufbau seit 2001 mittlerweile eine relativ stabile Stromversorgung.

Das deutsche Unternehmen Voith Hydro erhielt Ende 2003 den 13 Mio. Euro teuren Rehabilitierungsauftrag für zwei Wasserkraftwerke, die es in den 1950er- und 1960er-Jahren aufgebaut hatte.

Die afghanische Regierung verfolgt das Ziel, die Strom- und Wasser-versorgung auf Basis von kommer-ziellen Prinzipien lokal zu regeln. Der Wasserpreis beträgt 5 bis 7 Af (Afghani; etwa 0,10 Euro; 1 Euro = 66 Af; Stand Ende Mai 2011) pro Kubikmeter für diejenigen, die an die städtische Wasserversorgung angeschlossen sind, und pauschal 100 Af (1,50 Euro) pro Monat für Nutzer privater Wasserquellen.

Wasser

Auch die Trinkwasserversorgung wurde bis 2001 stark vernachlässigt

nenhafen Shir Khan Bandar sowie eine Verbindung zwischen Mazar-e Sharif und Kabul. Von Kabul aus soll die Schienenstrecke weiter nach Herat im Westen führen, wo gerade eine Verbindung ins Nachbarland Iran fertiggestellt wird.

FlussschifffahrtAfghanistan hat keine Küste, und die einzigen Binnenhäfen des Lan-des liegen entlang des Amu Darya im Norden. Der Fluss stellt die natürliche Grenze zu Turkmenistan, Usbekistan und Tadschikistan dar. Die zwei wesentlichen Binnenhä-fen befinden sich in Hairatan an der Grenze zu Usbekistan und in Shir Khan Bandar an der Grenze zu Tadschikistan.

Elektrizität

Die Energieversorgung wurde durch den Krieg stark beeinträchtigt. Das Land muss 61% seines aktuellen Strombedarfs importieren, etwa 35% werden durch Wasserkraft gewonnen und etwa 4% durch Heizkraftwerke. So erhält Kabul seit Januar 2009 Strom aus Usbekistan, und im Februar 2010 wurde mit dem Bau einer 220-kV-Übertragungslei-tung aus Tadschikistan begonnen. Das Potenzial für Energiegewin-nung aus Wasserkraft, der größten Energieressource des Landes, wird langfristig auf 25.000 MW geschätzt, kurzfristig auf 800 MW.

Über die aktuell installierten Kapazi-täten gibt es unterschiedliche Anga-ben. Sie sind von rund 430 MW (2001) auf 1.028 MW (September 2009) gewachsen, so der Fortschritts-

nischer Unterstützung modernisiert und erweitert. Gemeinsam mit den Vereinigten Arabischen Emiraten und Australien trägt das deutsche Auswärtige Amt (AA) zum Ausbau des zweitgrößten zivilen Flughafens Afghanistans in Mazar-e Sharif bei, was 49 Mio. Euro kostet. Zudem entsteht dort das landesweit erste Cargoterminal an einem Flughafen.

Die staatliche Fluggesellschaft ist Afghan Ariana Airlines. Darüber hi-naus operieren verschiedene private Fluggesellschaften, darunter KAM Air, Pamir Airways und Safi Airways. Die Europäische Union verhängte aufgrund von Sicherheitsbedenken im November 2010 ein Landeverbot für alle afghanischen Fluglinien.

SchienenverkehrVon der Errichtung eines Schienen-netzes wurde in Afghanistan aus Angst vor Missbrauch und Übernah-me durch feindliche Mächte lange Zeit abgesehen. Bis vor kurzem gab es nur eine kurze Breitspurstrecke vom usbekischen Termez über den Grenzfluss Amu Darya bis in das auf afghanischem Territorium liegende, zwölf Kilometer entfernte Hairatan.

Im Sommer 2010 kündigte die af-ghanische Regierung Pläne an, mit einem Budget von über 6 Mrd. US$ ein Schienennetz von insgesamt 2.000 km aufzubauen. Ein erstes Teilstück zwischen Hairatan und Mazar-e Sharif ging Anfang 2010 für den Güterverkehr zunächst testwei-se in Betrieb. Der Bau wurde maß-geblich von der ADB finanziert und von der usbekischen Eisenbahn-gesellschaft durchgeführt. Geplant ist eine Verlängerung zum Bin-

Infrastruktur

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Germany Trade & Invest www.gtai.de 29

Ein weiterer Mobilfunkanbieter ist die Afghan Wireless Communica-tions Company (AWCC). Die Firma sendet nach Angaben von NSN in allen Provinzen des Landes und ist größter privater Investor Afgha-nistans. Im November 2010 gab NSN bekannt, für AWCC dessen 2,5G-Netzwerk auszubauen und zu modernisieren sowie Technik zur Kunden- und Abrechnungsverwal-tung zu liefern. Die Installation der Technik in den vielfach ländlichen Regionen übernimmt der Kunde den Angaben zufolge weitgehend selbst.

Im Jahr 2006 hatte die afghanische Regierung mit dem chinesischen Anbieter ZTE ein Abkommen über 64,5 Mio. US$ zur Errichtung eines landesweiten Glasfasernetzes unterschrieben. Das Netz soll den Empfang von Radio und Fernsehen sowie den Zugang zu Telefonnetz und Internet erheblich verbessern.

Bauwirtschaft

Die Baubranche stellt einen der wichtigsten Wirtschaftsfaktoren des Landes dar, zumal der Wieder-aufbau für viele Aufträge sorgt. Die Branche wuchs in jüngster Vergangenheit jedes Jahr um ein Zehntel und trug 2008 gut 9% zur Wirtschaftsleistung bei.

Bauprojekte entstehen vor allem durch den Aufbau der massiven Militärpräsenz im Land sowie die großflächigen Wiederaufbaupro-jekte der afghanischen Regierung. Darüber hinaus gibt es auch private Investitionen in größere und kleinere kommerziell orientierte Projekte,

Informations- und Kommunikations-technologie (IKT)

Seit 2002 ist der Kommunikati-onssektor in Afghanistan rasant gewachsen, insbesondere im Mo-bilfunkbereich. Das Land verfügte 2009 laut Afghanistan Statistical Yearbook nur über rund 140.000 Festnetzanschlüsse, die Zahl der Mobilfunkanschlüsse schätzte Nokia Siemens Networks (NSN) im November 2010 aber auf 17 Mio. Dies kommt einer Durchdringung von 57% gleich. Zudem wird mit etwa 1 Mio. aktiven Internetnut-zern gerechnet, wobei diese Zahl aufgrund der immer weiteren Verbreitung von Internetcafés stetig ansteigt.

Der größte Telekommunikationsan-bieter im Land ist die Firma Roshan mit 3,8 Mio. aktiven Abonnenten (Mai 2010). Das private Unterneh-men hat von 2004 bis 2010 mit inter-nationaler Unterstützung über 445 Mio. US$ in Afghanistan investiert und ist der größte Steuerzahler des Landes. Nach eigenem Bekunden sollen die nächsten Jahre jeweils 30 Mio. bis 80 Mio. US$ investiert werden. Als Anbieter mit Schwer-punkt im ländlichen Bereich wolle man 20 bis 80 zusätzliche Dörfer und kleinere Städte versorgen. Ausrüster NSN unterstützt Roshan durch Beratung sowie Bereitstel-lung von Netzwerkausrüstung und Wartungsleistungen. Die beiden Haupteigner von Roshan sind die Aga Khan Foundation (51%) und Monaco Telecom (36,75%).

und in großen Teilen zerstört. Die Bundesregierung hält die gesetzli-chen Rahmenbedingungen in ihrem Fortschrittsbericht Afghanistan für nicht ausreichend. Auf lokaler, regi-onaler und nationaler Ebene gibt es kaum Betreiberstrukturen und quali-fiziertes Personal mit ausreichender Erfahrung, um die Infrastruktur instand zu erhalten. Die Bevölkerung bezieht ihr Trinkwasser deshalb viel-fach über traditionelle Vorrichtun-gen. Wasser ist knapp und vielerorts verschmutzt und übernutzt.

Laut National Risk and Vulnerability Assessment hatten 2007/08 nur 19% der ländlichen Bevölkerung sowie 58% der Städter Zugang zu saube-rem Trinkwasser (nationaler Durch-schnitt: 27%). Aus Deutschland helfen AA und Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit (BMZ) beim Aufbau der Trinkwas-serversorgung in einigen ländlichen Distrikten sowie in Badakhshan, He-rat, Kabul und Kundus. Die Arbeiten in Herat und Kundus sind weitge-hend abgeschlossen. Mittlerweile wurde das Programm auf weitere Städte im Norden (Faisabad, Imam Sahib sowie Balkh) ausgeweitet. Das BMZ fördert auch die Stärkung von Management- und Planungska-pazitäten bei den Betreibern.

Sehr viel problematischer als beim Trinkwasser ist laut Fortschrittsbe-richt die Lage im Bereich der Sani-tärversorgung: Nur rund ein Fünftel der städtischen Bevölkerung könne auf hygienische sanitäre Anlagen zurückgreifen, während der Anteil in der ländlichen Bevölkerung nur bei knapp über 1% liege (nationaler Durchschnitt: 5%).

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30 Wirtschaftsleitfaden – Afghanistan

für die zum Teil schon ausführliche Machbarkeitsstudien durchgeführt wurden. So soll zum Beispiel das „Shahtoot Storage Dam“-Projekt für die Provinz Kabul Wasser für Haus-halte und Landwirtschaft bereitstel-len. Die Kosten für das Vorhaben schätzt die AISA auf 120 Mio. US$ bei einem erwarteten Umsatz von etwa 2 Mio. US$ pro Jahr.

Auch für Anlagen der Solar- und Windenergie zeichnet sich eine stabile Nachfrage ab. So finanzieren unter anderem die Weltbank und die Asian Development Bank langjäh-rige Programme, um alternative Energien zu fördern. In dieser Bran-che ist das deutsche Unternehmen ETC Power tätig.

Die Bauwirtschaft profitiert davon, dass Afghanistans Bevölkerung schnell wächst, besonders in den Städten. Damit nimmt der Bedarf an Wohnraum stetig zu. Landesweit wird die Nachfrage nach zusätzli-chem Wohnraum auf etwa 1,25 Mio. Wohneinheiten (2010) beziehungs-weise 1,5 Mio. (2014) geschätzt.

Bei Transport und Logistik erwarten Beobachter, dass die Nachfrage nach kommerziellem Personen- und Güterverkehrs weiter ansteigt. Ein besonderer Bedarf im Logistik-sektor besteht in der Bereitstellung von Kühltransporten und Aufbe-wahrungsanlagen wie Kühlräumen und Containern. Etwa 20 bis 40% der geernteten landwirtschaftli-chen Produkte im Land verderben aufgrund mangelnder Aufbewah-rung. Laut Afghanistan Investment Support Agency (AISA) befinden sich derzeit nur weniger als 50 Kühllas-ter im Land. Im Bereich Kühlgeräte engagiert sich vor Ort die deutsche Firma Viessmann.

Investitionsmöglichkeiten im Ener-giesektor bestehen in der Gewinnung und Verteilung von Elektrizität auf Basis verschiedener Energieträger, darunter Wasserkraft, Gas, Kohle, Solar- und Windenergie, Erdwärme und Bio-Ethanol. Die Regierung sucht unter anderem private Inves-toren für die Rehabilitierung und den Ausbau verschiedener existierender Wasserkraftwerke und Dämme,

zum Beispiel Einkaufszentren und Wohnanlagen. Wegen der vielfältigen Bautätigkeit besteht auch eine an-haltend hohe Nachfrage nach Bau-materialien aller Art und Maschinen. So produzierte das Land 2009 nach Angaben des U.S. Geological Survey nur 50.000 t Zement, bei einem Be-darf von geschätzt 2,5 Mio. t pro Jahr.

Chancen für deutsche Unternehmen

Grundsätzlich birgt Afghanistan ein hohes Potenzial und geostrategi-sche Vorteile für Investitionen in die Infrastruktur. Der Wiederaufbau schafft hohen Bedarf und fördert zugleich die Stabilität im Land. Dies wiederum wird die Nachfrage nach Handels- und Industriegütern im Land steigern. Durch verbesserte Infrastruktur und Sicherheit im Land wird erwartet, dass Afgha-nistan auch wieder vermehrt als Umschlagplatz für den Handel mit Gütern aus dem gesamten zent-ralasiatischen Raum genutzt wird.

Infrastruktur

Ausgewählte Projekte

Projekt Zeitraum Investitionsvolumen Stand

Ring Road - Bau einer Ringstra-ße von etwa 2.700 km Länge, die große Städte verbindet

seit 2002 über 790 Mio. US$ im Bau; Finanzierung für das letzte Teilstück (340 Mio. US$) durch ADB zugesagt

Eisenbahnstrecke von Hairatan (Grenze Usbekistan) nach Mazar-e Sharif

2010 bis 2011 170 Mio. US$ Teilstück fertig gestellt; Er-weiterungen geplant (Ausbau nach Kabul/Herat)

Kabul New City - Entwicklung eines neuen Stadtgebiets im Nordosten Kabuls auf 500 qkm

2009 bis 2040 über 6 Mrd. US$ (Gesamt-volumen)

Ausschreibungen für die erste Phase angelaufen

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Germany Trade & Invest www.gtai.de 31

Kontaktadressen

Asian Development Bank

ADB Afghan Infrastructure Trust Fund

Internet: www.adb.org/Afghanis-tan/projects.asp?

Ansprechpartner:

ADB: Philip Wood; E-Mail: [email protected]

Afghanistan Ministry of Finance: Nasim Ihsan; E-Mail: [email protected]

Internet: www.mof.gov.af

Dehsabz City Development Au-thority

E-Mail: [email protected]; Internet: www.dcda.gov.af

Ministry of Energy and Water

Internet: mew.gov.af

Ministry of Public Works

Internet: www.mopws.gov.af

Öffentliche Ausschreibungen im Bausektor

Internet: www.cwctenders.com/construction_tenders_ afghanistan.htm

http://ausschreibungen.dgmarket.com

Anna Janus (Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit)

auf Sicherheitsbedenken. Interna-tionale Auftragsnehmer vergeben Verträge an eine immer geringere Zahl von Subunternehmern zu immer höheren Auftragswerten. Die Unternehmer, die von diesem System profitieren, sind entweder afghanische Firmen mit guten Ver-bindungen zur Regierung oder aber große internationale Baufirmen überwiegend aus der Türkei, Iran, Pakistan und der VR China.

Dies führt dazu, dass einige wenige Firmen sich immer besser an die Situation im Land anpassen und daher in der Lage sind, immer mehr exklusive Aufträge zu akquirieren. Aufgrund der Konzentration auf nur wenige Anbieter und der hohen Auf-tragsvolumina kommt es auch oft zu undurchsichtigen Vergabeverfahren im Bausektor. Darüber hinaus ist zu beobachten, dass sich die Baubranche zuneh-mend „militarisiert“. Vor dem Hintergrund anhaltender Unruhen in vielen Teilen des Landes lassen sich viele Aufträge nur unter Einsatz bewaffneter Sicherheitskräfte durchführen. Zudem führt der Ein-satz von Subunternehmern zum Teil dazu, dass Baufortschritte nur noch schwer nachzuverfolgen sind. Dies wird noch verstärkt durch die un-wegsame Geographie des Landes.

Auch um diesen Schwierigkeiten in der Bauwirtschaft und bei den Investitionen in die Infrastruktur zu begegnen, hat die ADB Ende 2010 den Afghanistan Infrastructure Trust Fund aufgelegt. Der Fonds soll Finanzierungen für Infrastruktur in Afghanistan bereitstellen und Ko-Finanzierungen durch den Privatsek-tor vermitteln, insbesondere in den Bereichen Straßenbau, Schienen-netz, Flughäfen, Energie und Wasser.

Hervorzuheben ist das Projekt Kabul New City (Dehsabz). Die Regierung verfolgt dabei einen Privatsektor-Ansatz, um ein neues Stadtgebiet nordöstlich der beste-henden Stadt Kabul zu entwickeln, etwa 20 km entfernt vom aktuellen Zentrum. Die Pläne beziehen sich auf eine Fläche von gigantisch anmutenden 500 qkm, die, auf 20.000 Parzellen aufgeteilt, über einen Zeitraum von zehn Jahren durch private Investoren entwickelt werden soll. Pro Baufläche ist ein Preis von durchschnittlich 30.000 US$ angesetzt.

In der IKT-Branche soll die staat-liche Afghan Telecom Corporation, die das Telefonfestnetz des Landes zur Verfügung stellt, bald privati-siert werden. Der Wert des Unter-nehmens wird auf etwa 200 Mio. US$ geschätzt, worunter auch das geplante Glasfasernetz im Wert von 65 Mio. US$ fällt.

Branchenstruktur und Geschäftspraxis

Bei der Erstellung von Infrastruktur und für die Bauwirtschaft generell stellen Projekte im Rahmen der internationalen (Militär-) Präsenz sowie die großen Bauprojekte der afghanischen Regierung mit Abstand die höchsten Investitionen dar. Es existieren keine öffentlichen Zahlen über das Gesamtvolumen der in die-sem Zusammenhang geschlossenen Verträge. Aufträge durch das Militär und die internationale Gebergemein-schaft wirken sich in besonderem Maße auf Markt und Konkurrenz aus.

Insgesamt hat diese besondere Auftragslage zu einer Minimierung der Akteure im Bausektor geführt. Zurückzuführen ist dies besonders

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32 Wirtschaftsleitfaden – Afghanistan

176 von 178 Ländern. Zwar stehen gemäß den Artikeln 260 bis 267 des Strafgesetzbuches hohe Strafen auf Bestechung und Bestechlichkeit, die Durchsetzung dieser Strafnor-men ist bislang aber vollkommen ungenügend. Zudem kann sich ein strafrechtliches Problem auch in Deutschland ergeben, wie etwa der Blick auf das Gesetz zur Bekämp-fung internationaler Bestechung zeigt. Wer in Afghanistan tätig wer-den will, braucht daher vor allem Durchhaltevermögen, Kontakte und Einfallsreichtum.

Handels- und Gesell-schaftsrecht

HintergrundUrsprünglich waren die gesell-schaftsrechtlichen Bestimmungen im afghanischen Handelsgesetz-buch von 1955 geregelt. Dieses Gesetz war aufgrund der Verfassung aus dem Jahr 2004 weiterhin an-wendbar, bedurfte aber insbesonde-re im gesellschaftsrechtlichen Be-reich dringend der Überarbeitung. Eine solche Überarbeitung erfolgte durch US-amerikanische Juristen nach US-Vorbild und ist seit 2007 aufgrund präsidialen Erlasses auch anwendbar. Die so entstandenen neuen Personengesellschafts- und Kapitalgesellschaftsgesetze dürften das Handelsgesetzbuch von 1955 in den entsprechenden Bereichen ersetzt haben, wobei dies aber nicht ganz klar ist.

Die vorgesehenen Personengesell-schaften sind die Sherkat-Tazamoni, vergleichbar mit der deutschen GbR, und die Sherkat-Tazamoni-Mokhtalat, die mit der deutschen Kommanditgesellschaft vergleich-bar ist. Allerdings spielen diese

Es mangelt an juristisch geschulten Personen, sowohl für Richter- als auch Anwaltschaft. Es gibt erheb-liche Probleme mit Korruption in Verwaltung und Gerichtswesen.

Für ausländische Investoren spielt das afghanische Gerichtswesen da-her eine eher untergeordnete Rolle. Streitfälle werden in der Regel durch Schieds- oder Mediationsver-fahren beigelegt. Diese Formen der Streitbeilegung sind im Investiti-onsgesetz in Art. 30 ausdrücklich zugelassen. Dies betrifft sowohl den Ort der Streitbeilegung als auch das anwendbare Recht.

Erfahrungswerten zufolge lassen sich afghanische Unternehmen durchaus auf solche vertragliche Vereinbarungen ein. Zwar lässt sich auf diese Weise die Korruption im Gerichtswesen zumindest teilweise umgehen, gleichwohl ist mit einem gewonnenen Schiedsverfahren der Anspruch längst noch nicht durchgesetzt. Außerdem riskiert der afghanische Geschäftspartner wohl eher wenig, wenn er sich auf solch ein Verfahren einlässt, sofern keine Pfändung von Eigentum des Geschäftspartners außerhalb von Afghanistan in Betracht kommt. Der Schwerpunkt muss insoweit ganz klar in der gütlichen Streitbeilegung gesucht werden.

Im Umgang mit der Verwaltung lässt sich die Korruption wesentlich schwieriger umgehen. Sie reicht von der direkten Aufforderung zur Bestechung bis hin zur aktiven Behinderung von Geschäften, vor allem dann, wenn die Interessen lokaler Wirtschaftsbosse betrof-fen sind. Im Corruption Perception Index 2010 von Transparency Inter-national steht Afghanistan auf Rang

Rechtliche Rahmen-bedingungen

Einleitung und Hintergrund

Wer sich als ausländischer Investor in Afghanistan niederlassen will, sollte sich vom Rechtssystem nicht zu viel versprechen. Er muss sich innerlich von dem verabschieden, was er aus Deutschland kennt und womöglich auch in Afghanistan erwartet. Allerdings ist dies nicht notwendigerweise ein Grund, dem Land gleich den Rücken zu kehren. Wie in anderen ärmeren Ländern funktioniert hier der Verkehr auch ohne Ampeln - wer Geschäfte betreibt, muss sich eben an das Rechtssystem gewöhnen.

Rechtssystem und Gerichtswesen in Afghanistan stecken noch in den Kinderschuhen. Ihr Zustand ist selbst im Vergleich mit ähnlich entwickelten Ländern sehr schlecht. Dies folgert eine Studie der Millen-nium Challenge Corporation (MCC), einem vom US-amerikanischen Kongress gegründeten Think Tank, der sich mit Fragen der Entwick-lungszusammenarbeit befasst. Die Einschätzung der MCC dürfte auf verschiedenen Faktoren beruhen:

Verschiedene Rechtssysteme über-lappen sich, nämlich die islamische Scharia, das auf Traditionen und Bräuchen beruhende Stammesrecht sowie das noch neue und lücken-hafte, auf der Verfassung von 2004 beruhende kodifizierte Recht.Wesentliche Gesetze für wirtschaft-liche Aktivitäten fehlen, vor allem ein Vertragsrecht und ein Han-delsgesetzbuch (Entwürfe hierzu existieren bereits).

Rechtliche Rahmenbedingungen

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oder schadet er der Gesellschaft in sonstiger Weise vorsätzlich, haftet er gegenüber der Gesellschaft und den Gesellschaftern persönlich. Daneben enthält das Gesetz auch einige Vorschriften zum Thema Corporate Governance.

Das BoS entspricht in seinen Funktionen dem von deutschen Aktiengesellschaften und teilweise auch GmbHs bekannten Aufsichts-rat. Es besteht aus mindestens zwei Mitgliedern, die von der Gesell-schafterversammlung für maximal drei Jahre bestimmt werden. Sie dürfen weder Mitglied des BoD noch sonst in die Führung der Geschäfte involviert sein, etwa als leitende An-gestellte. Außerdem dürfen sie nicht mit Mitgliedern des BoD verwandt sein. Die wichtigsten Pflichten des BoS sind die Überprüfung des Jahresabschlusses, die Überprü-fung der Bücher der Gesellschaft zumindest alle sechs Monate, die unangekündigte Kontrolle des Kas-senbestands zumindest einmal im Quartal und generell die Überwa-chung der Tätigkeiten des BoD.

Die Gesellschafter können im Rah-men einer ordentlichen oder einer außerordentlichen Gesellschafter-versammlung zusammentreten. Die ordentliche Gesellschafterver-sammlung soll binnen vier Monaten nach Ablauf des Veranlagungszeit-raums abgehalten werden. Den genauen Ort und Zeitpunkt der Versammlung bestimmt das BoD. Notfalls kann sie auch über Fern-kommunikationsmittel abgehalten werden. Eine außerordentliche Gesellschafterversammlung ist dann abzuhalten, wenn eine zur Einberufung aufgrund des Gesell-schaftsvertrags befugte Person dies beantragt oder wenn eine

schrieben und im Handelsregister eingetragen ist (Art. 22). Werden vor diesem Zeitpunkt bereits Geschäfts-tätigkeiten vorgenommen, so haften die Gesellschafter dafür grundsätz-lich persönlich. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz besteht nur dann, wenn dem Geschäftspartner be-kannt war, dass die LLC noch nicht bestand (Art. 23).

In Bezug auf die Organe einer Ka-pitalgesellschaft macht das Gesetz keinen Unterschied zwischen LLC und Corporation. Bei beiden Kapi-talgesellschaftsformen ist neben einem Board of Directors (BoD) und der Gesellschafterversammlung auch ein Board of Supervisors (BoS) vorgesehen.

Das BoD entspricht im Wesent-lichen dem Vorstand einer deut-schen Aktiengesellschaft oder der Geschäftsführung einer deutschen GmbH. Es führt die Geschäfte der Gesellschaft und kann sie recht-lich verpflichten. Die gesetzlichen Bestimmungen bieten insofern mit Blick auf die deutschen Regelungen wenig Ungewöhnliches. Die Mitglie-der müssen mindestens 18 Jahre alt sein und dürfen nicht ihrer zivilen Rechte durch ein Gericht enthoben worden sein. Die Mitglieder des BoD (directors) werden durch die Ge-sellschafterversammlung für eine maximale Amtszeit von drei Jahren bestimmt. Eine Abberufung ist ebenfalls durch die Gesellschafter-versammlung möglich. Die directors haben im Interesse des Unterneh-mens und der Gesellschafter zu handeln. Dabei können sie bei der Entscheidungsfindung auf Experten zurückgreifen, sind aber bei der Auswahl dieser Experten zu einer besonderen Sorgfalt verpflichtet. Verletzt ein director seine Pflichten

Gesellschaftsformen für Investoren kaum eine Rolle.

Wesentlich größere Bedeutung kommt den Kapitalgesellschaften und dabei vor allem der Sherkat-e-Mahdud-ul-Massoliat zu. Dies ist eine Gesellschaft, in der die Haftung der Gesellschafter auf ihre Einlage beschränkt ist. Sie heißt im Folgen-den „Limited Liability Company“ (LLC) und ist mit der deutschen GmbH vergleichbar. Die meisten Investoren in Afghanistan wählen diese Gesellschaftsform, die wegen ihrer herausgehobenen Bedeu-tung im Folgenden näher erläutert wird. Die andere mögliche Kapi-talgesellschaft, im Folgenden als Corporation bezeichnet, entspricht im Wesentlichen der deutschen Aktiengesellschaft und wird hier nur am Rande erwähnt.

Darstellung der gesetzlichen RegelungEine LLC muss mindestens zwei und kann maximal 50 Gesellschaf-ter haben (Art. 3 des Kapitalgesell-schaftsgesetzes). Diese haften nur mit ihrer Einlage. Grundlage der LLC ist der von den Gesellschaftern unterschriebene und im afghani-schen Handelsregister registrierte Gesellschaftsvertrag. Nennen muss dieser Gesellschaftsvertrag insbe-sondere den Namen der Gesell-schaft, den Namen und die Anschrift der Gesellschafter, die Anschrift des Sitzes der Gesellschaft, die Verteilung der Gesellschaftsan-teile und - sofern vorhanden - die angestrebte Dauer der Gesellschaft (Art. 21). Der Name einer LLC muss den Zusatz „limited“ oder „ltd.“ enthalten (Art. 26). Ein Mindestka-pital ist nicht erforderlich. Rechtlich existiert die Gesellschaft, sobald der Gesellschaftsvertrag unter-

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34 Wirtschaftsleitfaden – Afghanistan

schäftsabschlüssen mit nichtregis-trierten Unternehmen ist generell eher abzuraten. Registrierungsfähig ist jedes Unternehmen, das nach afghanischem Recht oder den Vorschriften eines anderen Staates gegründet wurde und mittels einer Zweigstelle in Afghanistan Geschäf-te durchführen will. Der Registrie-rungsprozess sieht in der Regel wie folgt aus:n Antragstellung bei der AISA und Beantragung einer Steueriden- tifikationsnummern Aufnahme der Investition in die Datenbank der AISAn Überprüfung der Vereinbarkeit des Vorhabens mit afghanischen Gesetzenn Eintragung im Handelsregister (geführt von den Handels- gerichten) und Veröffentlichung der Geschäftsaufnahme in einer afghanischen Zeitung.

Die Registrierungslizenz (certificate of existence) wird sodann nach Zah-lung der Gebühr (je nach Größe der Investition zwischen 100 und 1.000 US$) ausgestellt.

An registrierten Unternehmen kann der Investor bis zu 100% der Gesell-schaftsanteile halten (vgl. Artikel 10 Investitionsgesetz), es gibt also keine Beschränkung des Kapital-anteils. Registrierte Unternehmen müssen die AISA informieren, wenn sich die Gesellschafterzusam-mensetzung oder Kapitalstruktur ändert oder eine Kapitalerhöhung stattfindet.

Das Investitionsgesetz sieht für registrierte Unternehmen einen Diskriminierungsschutz vor staat-lichem Handeln und den Zugang zu afghanischen Banken vor und

on Investment zuständig. Mit der praktischen Ausführung der Inves-titionsförderung ist die afghanische Investitionsfördergesellschaft AISA betraut.

Investitionen in den folgenden Bereichen sind gemäß Art. 5 (a) Investitionsgesetz nicht möglich:n Nukleartechnologien Betrieb von Wettspielen (Kasinos und Wettbüros)n Produktion von Betäubungs- mitteln (Drogen und Alkohol).

Investitionen in einigen ausgewähl-ten Bereichen erfordern zudem ge-mäß Art. 5 (c) und (d) Investitionsge-setz eine Sondergenehmigung. Dies kann zusätzliche Zeit und Kosten benötigen. Betroffen sind:n Produktion und Verkauf von Waffen und Sprengstoffenn Finanzgeschäfte ohne Bank- beteiligungenn Versicherungenn Rohstoffe (besonders Bergbau und Forstwirtschaft)n Infrastrukturprojekte (besonders Telekommunikation, Strom- und Wasserversorgung, Abfallbesei- tigung, Gesundheits- und Ausbildungseinrichtungen).

Bei Investitionen in den Rohstoffbe-reich und Infrastrukturprojekte sind Sondergenehmigungen allerdings nur dann erforderlich, wenn kein Branchengesetz erlassen wurde. Bislang existieren ein Telekommu-nikationsgesetz (Telecommunica-tion Law), ein Versicherungsgesetz (Insurance Law), ein Bergbaugesetz (Minerals Law) und ein Öl- und Gas-gesetz (Hydrocarbons Law).

Nicht jedes in Afghanistan operie-rende Unternehmen ist als solches auch offiziell registriert. Von Ge-

Minderheit, die zumindest 10% der Stimmrechte verkörpert, einen schriftlichen Antrag darauf stellt.

WertungDie Reihe „Doing business in …“ der Weltbank listet Afghanistan in Be-zug auf die Gesellschaftsgründung für das Jahr 2011auf einem guten 25. Rang (von 183). Demzufolge kann eine Gesellschaftsgründung binnen sieben Tagen abgeschlos-sen werden. Hilfe bietet dabei vor allem die Afghanistan Investment Support Agencyv (AISA). Gleichzeitig allerdings belegt Afghanistan nur Rang 167 in der Kategorie „ease of doing business“. Jedoch sollte man sich von diesem Wert nicht übermäßig negativ beeinflussen lassen. Das Maß an Korruption und bürokratischen Hindernissen ist zwar erheblich, aber darauf beruht die schlechte Platzierung allenfalls indirekt. Viel wichtiger ist, dass einige Beurteilungskriterien von „Doing business in...“ Afghanistan deutlich nach unten ziehen, weil Ge-setze fehlen oder der Transport von Waren aufgrund der Sicherheitslage sehr teuer ist. Dieser Risiken wird sich indes jeder bewusst sein, der in Afghanistan tätig werden will. So gibt es in Afghanistan kein Insolven-zrecht. Das monetäre Risiko daraus mag angesichts hoher Gewinnmar-gen als kalkulierbar erscheinen; als entscheidend gelten die Auswahl der Geschäftspartner und das Ver-trauen in sie.

Investitionsrecht

Darstellung des GesetzesFür politische Grundsatzentschei-dungen im Rahmen der Investitions-förderung ist die High Commission

Rechtliche Rahmenbedingungen

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und entgegen der gesetzlichen Regelungen erfolgt. Krieg und zivile Unruhen: Sichert das Unternehmen gegen Schäden durch Kriegshandlungen, Sabotage, Terrorismus und zivile Unruhen ab.

Vertragsbruch: Sichert das Unter-nehmen gegen Vertragsbruch durch den afghanischen Staat ab, sofern ein Streitbeilegungsverfahren exis-tiert, dieses genutzt wurde und der Staat der aus dem Streitbeilegungs-verfahren resultierende Entschei-dung nicht binnen einer gewissen Frist nachkommt.

Die Absicherung durch die AIGF er-folgt in der Regel für sieben Jahre. Abgesichert werden das Investi-tionsvorhaben bis zu einer Höhe von 90% der Investitionssumme sowie die mit der Investition direkt zusammenhängenden Gewinne von bis zu 450% der Investitionssumme. Der Teil der Investition, der von der AIGF nicht versichert wird, muss in jedem Fall vom Investor getragen werden, darf also nicht anderweitig versichert werden.

WertungDas Investitionsrecht Afghanistans wird als eines der investorenfreund-lichsten des gesamten Nahen und Mittleren Ostens beschrieben. Im Unterschied zu vielen anderen Investitionsgesetzen der Region zeichnet es sich insbesondere dadurch aus, dass ausländische und inländische Investoren (fast) die gleichen Rechte haben. Eine Schlechterstellung ausländischer Investoren ergibt sich im Grunde nur daraus, dass diese kein Grund-eigentum in Afghanistan erwerben können, sondern auf langjährige Pachtverträge beschränkt sind.

Streitigkeit zwischen einem Investor und dem afghanischen Staat ist es laut Investitionsgesetz möglich, ein internationales Schiedsgericht anzurufen. Als Schiedsgericht vorgesehen ist das Internationale Zentrum zur Beilegung von Inves-titionsstreitigkeiten in Washington (International Center for Settlement of Investment Disputes, ICSID), ohne dass dafür eine weitere Zustim-mung des afghanischen Staates erforderlich wäre. Voraussetzung ist, dass keine anderweitigen Ver-einbarungen geschlossen wurden und der ausländische Anteil des Un-ternehmens zumindest 25% beträgt.

Absicherung der InvestitionInsbesondere für kleine und mit-telgroße Unternehmen besteht die Möglichkeit, die Investition bei der Afghanistan Investment Guarantee Facility (AIGF) zu versichern. Die AIGF ist an die Multilateral Invest-ment Guarantee Agency (MIGA) - - ein Mitglied der Weltbankgruppe - angeschlossen. Sie verfügt zur Ab-sicherung also über Weltbank-Kapi-tal. Im Wesentlichen bietet die AIGF die folgenden Versicherungspolicen an, die einzeln oder in Kombination vereinbart werden können:

Transferrestriktion: Sichert das Un-ternehmen gegen Verluste ab, die daraus entstehen, dass es Kapital oder Gewinne nicht in ausländische Währung zum Transfer ins Ausland wechseln kann. Währungspreis-schwankungen werden allerdings nicht abgedeckt.

Enteignung: Sichert das Unterneh-men gegen Enteignungen oder ent-eignungsgleiche Maßnahmen von staatlicher Seite ab, sofern diese ohne angemessene Entschädigung

ermöglicht damit das Führen von Konten. Zudem sichert das Investi-tionsgesetz registrierten ausländi-schen Unternehmen die Möglichkeit zu, Grundstücke für einen Zeitraum von bis zu 50 Jahren zu pachten.

Für die Repatriierung von Gewinnen gibt es laut Gesetz keine Beschrän-kungen, vorausgesetzt, dies kolli-diert nicht mit den Maßnahmen zur Verhinderung von Geldwäsche und der Finanzierung von Terrorismus. Das Investitionsgesetz sieht in Art. 25 vor, dass der aus dem Verkauf eines Unternehmens resultierende Gewinn ebenfalls ohne weiterge-hende Restriktionen repatriiert werden kann.

Im Fall eines übergeordneten öffentlichen Interesses kann gemäß Art. 27 Investitionsgesetz eine Enteignung Privater erfolgen. In diesem Fall sieht Art. 28 eine ange-messene Entschädigung „in Über-einstimmung mit internationalem Recht“ vor. Schutz bietet hier auch das bilaterale Investitionsschutz-abkommen zwischen Afghanistan und Deutschland vom 19/20.4.05 (in Kraft seit dem 12.10.07).

Das Investitionsgesetz sieht in Art. 30 ausdrücklich Streitbeile-gungsmethoden vor, die außerhalb der ordentlichen afghanischen Gerichtsbarkeit stattfinden. Sowohl ausländisches Recht als auch ein ausländisches Schiedsgericht kann gewählt werden. Entsprechende Regelungen finden sich auch im Schieds- und Mediationsgesetz von 2007. Afghanistan ist dem New Yorker Übereinkommen über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche von 1958 beigetreten. Auch bei einer

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36 Wirtschaftsleitfaden – Afghanistan

die Versicherungspflicht in Deutsch-land. Allerdings hat diese Regel Ausnahmen. Zudem können sich Arbeitnehmer, für die in Deutsch-land keine Versicherungspflicht gilt, dort freiwillig versichern.

Die Visumsbeantragung muss vor der Einreise bei der afghanischen Botschaft in Berlin erfolgen, kann also nicht an der Grenze oder am Flughafen vorgenommen werden. Einzureichen sind neben dem Antrag zwei Passbilder, ein Einzahlungsbe-leg der Gebühr (keine Barzahlung oder unerledigte Überweisungsauf-träge), der Reisepass samt Kopie davon, ein Schreiben des Arbeitge-bers und, sofern eine postalische Zusendung erwünscht ist, ein mit fünf Euro frankierter Rückumschlag. Ein Visum kann maximal für drei Monate erteilt werden. Die Gebühr beträgt pro Monat 30 Euro. Nur die einmalige Einreise ist gestattet. Bei einem längerfristigen Aufenthalt kann vor Ort in Kabul eine Verlänge-rung beantragt werden.

Für Arbeitnehmer interessant ist, dass der Auslandstätigkeitserlass für sie anwendbar ist. Das bedeutet, dass sie auf ihr afghanisches Ein-kommen nur in Afghanistan Steuern zahlen müssen, selbst wenn sie ihren Wohnsitz in Deutschland nicht aufgeben.

SteuerrechtZwischen Afghanistan und Deutsch-land besteht kein Doppelbesteu-erungsabkommen. Das bedeutet, dass allenfalls die unilateralen Maßnahmen zur Vermeidung einer Doppelbesteuerung anwendbar sind. In der Regel wird in Deutsch-land daher auf die in § 34c Abs.1 EStG beschriebene Anrechnungs-methode zurückzugreifen sein. Prinzipiell bedeutet dies, dass in Af-

üblich, der L/C (Letter of Credit; Akkreditiv) das probate Mittel. Vor Ort kann sich ein Problem daraus ergeben, dass der Geschäftspartner kein Konto bei einer registrierten Bank unterhält. Nach wie vor gibt es in Afghanistan inoffizielle Finanzie-rungssysteme (sog. hawala), von deren Nutzung aber grundsätzlich abgeraten wird.

Arbeitsrecht / Arbeit-nehmerentsendung

Bei einer Arbeitnehmerentsendung sind vor allem vier Dinge zu berück-sichtigen:

n Anpassung des Arbeitsvertragesn Sozialversicherungsrechtn Einreisebestimmungen und Arbeitsvisum n Steuerrecht.

Üblicherweise wird im Rahmen einer Entsendung ein sogenannter Entsendevertrag geschlossen, wel-cher individuell und auf den Einzel-fall abgestimmt zu erstellen ist.

Eine Sozialversicherung existiert in Afghanistan derzeit nicht. Zu klären bleibt die Sozialversicherungspflicht in Deutschland. Ob diese gegeben ist, hängt ebenfalls vom Einzelfall ab, insbesondere der Dauer der Auslandstätigkeit.

In Deutschland sozialversiche-rungspflichtig bleiben Arbeitneh-mer, die im Rahmen eines deut-schen Arbeitsvertrags nach Afgha-nistan geschickt werden, wenn die Entsendung also befristet ist und in Deutschland eine Weiterbeschäf-tigung nach der Rückkehr geplant ist. Beschränkt sich der Arbeitsver-trag hingegen auf die Tätigkeit in Afghanistan, erlischt grundsätzlich

Die afghanische Regierung bemüht sich sehr um ausländische Investo-ren. Um den Sicherheitsbedenken gerade auch deutscher Investoren zu begegnen, wurden in der Nähe der großen Städte sogenann-te Industriezonen eingerichtet. Diese bieten neben besonderen Schutzmaßnahmen auch eine gute Infrastruktur. Zudem bieten sie Si-cherheit in Bezug auf Rechte Dritter an einem Grundstück. Gelegentlich streiten sich Investoren mit Dritten, die Rechte an Grundstücken geltend machten. Hintergrund ist, dass es kein einheitliches - dem deutschen Grundbuch vergleichbares - Re-gister für Grundstücke und Rechte an Grundstücken gibt. Außerdem waren in Kriegswirren Grundstücks-konfiszierungen und die Vernich-tung von Dokumenten üblich.

Gleichwohl müssen sich Investo-ren nicht auf diese Industriezonen beschränken. Viele ausländische Unternehmen haben ganz norma-le Büros in den großen Städten. Allerdings sollte sich der Investor auf Mietpreise gefasst machen, die mit denen deutscher Großstädte vergleichbar sind. In Anbetracht der nach wie vor kritischen Sicherheits-lage ist es auch äußerst empfeh-lenswert, Sicherheitsvorkehrungen zu treffen und dafür zusätzliche Kosten einzuplanen.

Der Zugang zu Krediten ist schwie-rig. Dies liegt vor allem daran, dass Regelungen zum Schutz von Kre-ditgeber und Kreditnehmer bisher allenfalls ansatzweise existieren. Trotzdem gibt es, gerade in Kabul, eine Reihe von Banken. Sofern lediglich Waren nach Afghanistan geliefert werden sollen und nicht beabsichtigt ist, eine dauerhafte Präsenz vor Ort zu unterhalten, ist, wie im internationalen Geschäft

Rechtliche Rahmenbedingungen

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Umsatzsteuer an. Diese Business Receipts Tax beträgt grundsätzlich 2%. Für Hotels und Restaurants mit einem Quartalseinkommen von mehr als 750.000 Af, Betreiber von Veranstaltungshallen und Klubs beträgt der Steuersatz 5%; für Luxushotels und -restaurants sowie Telekom- und Luftfahrtdienstleis-tungen sind es 10%.

Die Einkünfte von deutschen Ar-beitnehmern in Afghanistan können gemäß dem Auslandstätigkeits-erlass von der deutschen Steuer befreit werden. Die Arbeitnehmer unterliegen dann nur der afghani-schen Steuer.

Voraussetzung für die Anwendbar-keit des Erlasses ist,

n dass es sich um einen inländi- schen (also deutschen) Arbeitgeber handelt,n dass kein Doppelbesteuerungs- abkommen besteht,n dass die Tätigkeit mehr als drei Monate dauert sowien die Art der Tätigkeit: Der Arbeit- nehmer muss Wirtschaftsgüter erstellen oder instandsetzen, Bodenschätze suchen oder gewinnen oder aber Entwick- lungszusammenarbeit leisten.

Bedeutsam ist dies besonders für die Arbeitnehmer, die ihren Wohnsitz in Deutschland nicht aufgeben wollen oder können. Der Auslandstätig-keitserlass gilt für den Arbeitneh-mer auch dann, wenn er für eine gemeinnützige Organisation handelt, da nur diese selbst in der Regel von der Körperschaftsteuer befreit ist, nicht aber das Gehalt der Angestell-ten; Ausnahmen können aufgrund bilateraler Verträge bestehen.

Niko Sievert (Germany Trade & Invest)

Bonuszahlungen und Dienstleistun-gen einbehalten und innerhalb von zehn Tagen nach Ablauf des Monats, in dem der Betrag einbehalten wurde, als Quellensteuer an das Finanzamt abführen.

Außerdem müssen Unternehmen oder Privatpersonen Quellensteuern für gewerblich veranlasste Miet-zahlungen einbehalten. Bei einer Monatsmiete zwischen 10.000 und 100.000 Af (Afghani; etwa 150 bis 1.500 Euro; 1 Euro = 66 Af) sind 10% zu zahlen, bei über 100.000 Af fallen 15% an.

Wer an staatliche Einrichtungen liefert oder Bauaufträge für sie ausführt, muss 2% des Werts als Quellensteuer abführen (bei nicht registrierten Unternehmen 7%). Die staatliche Einrichtung behält dann den anwendbaren Prozentsatz ein. Die Quellensteuer kann, unabhängig von der Ansässigkeit, nicht auf die sonstige Steuerlast angerechnet werden.

Die Lohnsteuer wird wie in Deutsch-land vom Arbeitgeber einbehalten. Sie richtet sich nach der Höhe des jeweils anwendbaren Einkom-mensteuersatzes, der progressiv gestaffelt ist.

Einkommensteuer

Einkommen (Af)*) Steuerstz (%)

bis 5.000 0

5.001 - 12.500 2

12.501 - 100.000 10

über 100.000 20

*) w; rund 15 Euro; 1 Euro = 66 Af; Stand Ende

Mai 2011

Für Warenlieferungen und Dienst-leistungen fällt zudem eine Art

ghanistan gezahlte Steuern bis zur Höhe des deutschen Steuersatzes auf die deutsche Steuer angerech-net werden können, sofern aufgrund unbeschränkter Steuerpflicht in Deutschland die jeweiligen Gewinne auch der deutschen Steuerpflicht unterliegen.

In Afghanistan ist 2009 ein neues Steuergesetz in Kraft getreten und hat das vorherige von 2005 ersetzt. Auch wenn in vielen Punkten mit dem Gesetz von 2005 vergleichbar, verfügt das neue Gesetz über einige vorher nicht vorhandene Konzepte. Es unterscheidet etwa zwischen Einkommen aus in- und ausländi-scher Quelle, zudem änderte es die Steuersätze.

Anders als in Deutschland geht der Veranlagungszeitraum grundsätz-lich vom 21.3. bis zum 20.3. des Folgejahres. Wer in Afghanistan ansässig ist, unterliegt mit sei-nem weltweiten Einkommen der afghanischen Steuer (sogenanntes Welteinkommensprinzip). Ansäs-sig ist insbesondere, wer seinen Hauptwohnsitz während des Ver-anlagungszeitraums in Afghanistan hat oder wer sich innerhalb des Ver-anlagungszeitraums für mindestens 183 Tage in Afghanistan aufhält. Für Unternehmen sind der Zeitpunkt und Ort der Gründung sowie der Sitz der Verwaltung maßgeblich.

Der Körperschaftsteuersatz in Afghanistan beträgt 20%. Deutsche Unternehmen können die von ihren Zweigstellen in Afghanistan bezahl-ten Steuern in Deutschland bis zur Höhe der deutschen Körperschaft-steuer (15%) anrechnen.

Afghanische Kapitalgesellschaften müssen 20% der Zahlungen in Form von Zinsen, Dividenden, Lizenzge-bühren, Preisen, Lotteriegewinnen,

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38 Wirtschaftsleitfaden – Afghanistan

langen, während Afghanistan selbst zum Durchgangsland für den Güteraustausch zwischen Pakistan und den zentralasiatischen Staaten werden soll.

Einfuhrabgaben, Zolltarif

Afghanistans Zölle sind relativ niedrig. Die Weltbank gab den Durchschnittstarif 2009 mit 5,6% an, was deutlich weniger ist als in den Nachbarstaten oder Ländern mit vergleichbarem Einkommen. Auf einen Großteil der Waren entfallen Importzölle von 2,5 bis 5%. Die Zölle für Industrie- und Landwirtschafts-

Indien. Innerhalb der Welthandels-organisation (WTO) hält Afghanistan einen Beobachterstatus.

Mit Pakistan hat Afghanistan im Ok-tober 2010 ein neues Transitabkom-men (Afghan-Pakistan Transit Trade Agreement) unterzeichnet. Umge-setzt werden sollte es nach letzten Informationen und Verschiebungen ab Mitte Juni 2011. Das Abkommen vereinfacht den Transit von Gütern aus und nach Afghanistan über Pakistan und dessen Hafen Karachi und lässt mehr Grenzübergänge zu. Erlaubt ist dann die Nutzung von zusätzlichen Häfen und Transpor-teuren, etwa Betreiber afghanischer Lkws. Heimische Waren sollen über Pakistan leichter nach Indien ge-

Zoll und Einfuhr- verfahren

Afghanistan ist Mitglied der südasi-atischen Gemeinschaft für regionale Zusammenarbeit (South Asian As-sociation für Regional Cooperation), der Organisation für wirtschaftli-che Zusammenarbeit (Economic Cooperation Organization) sowie des zentralasiatischen Verbundes für regionale Zusammenarbeit (Central Asian Regional Economic Coope-ration). Darüber hinaus besteht jeweils bilateral ein Abkommen über Handel und wirtschaftliche Zusammenarbeit mit Russland und der Türkei sowie ein Abkommen über den präferenziellen Marktzu-gang für bestimmte Waren mit

Zollsätze laut Zolltarif 2008

HS-Kapitel / HS-Codenummer Warenbezeichnung Einfuhrregelzollsatz (%)

28, 29 Chemische Erzeugnisse 1/5

30 Pharmazeutische Erzeugnisse 2,5

31 Düngemittel 2,5

3304, 3307 Kosmetika 16

4011-4013 Reifen und Schläuche aus Kautschuk 2,5

61-63 Bekleidung 10

72,73 Eisen- und Stahlwaren 2,5/5

82 Werkzeuge und Schneidwaren 5/10

84 Maschinen und Apparate 2,5/5

85 Sonstige elektrotechnische Waren 2,5/5

.8508, 8509 Haushaltsgeräte, Alarmanlagen 5/10

8702, 8704 Busse, Lastkraftwagen 2,5

8703 Personenkraftwagen 16/25

8708 Kraftfahrzeugteile 5

9018-9022 Medizinische Geräte und Instrumente 2,5

Quelle: Customs Tariff, Afghanistan Customs Department, www.customs.gov.af

Zoll und Einfuhrverfahren

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Außertarifliche Zollbefreiungen

Das afghanische Zollgesetz sieht unter anderem für folgende Einfuh-ren eine Zollbefreiung vor:

n Wareneinfuhren im Rahmen von mit Krediten finanzierten Staats- projekten oder Waren für private ausländische oder internationale Hilfsorganisationen, die in Af- ghanistan registriert sind. Für die Inanspruchnahme der Zollbe- freiung ist eine entsprechende Bewilligung bei der Zollverwal- tung zu beantragen.n Warenmuster und Werbemateria- lienn Substanzen zur Verwendung für die Qualitätskontrolle von phar- mazeutischen Erzeugnissenn Sendungen mit einem Wert von 1.000 Af (Afghani; rund 15 Euro; 1 Euro = 66 Af; Stand Ende Mai 2011) oder wenigern Postpakete mit einem Wert von 5.000 Af oder weniger.

Exportzölle in Höhe von 2,5% vom Zollwert werden erhoben für Eisen-erze und ihre Konzentrate ein-schließlich Schwefelkiesabbrände (HS-Codes 2601.11-20).

Warenbegleitpapiere

Für eine ordnungsgemäße Ver-zollung in Afghanistan sind vom Exporteur die folgenden Warenbe-gleitpapiere zu erstellen:

n Handelsrechnung (Commercial Invoice): in dreifacher Ausferti- gung, in englischem Wortlaut mit sämtlichen handelsüblichen An- gaben und Nennung des Ur- sprungslandes sowie einer mit einer Unterschrift versehenen verbindlichen Erklärung am Ende der Rechnung, dass sämtli- che Angaben korrekt sind. Die Handelsrechnung ist von der zu- ständigen Industrie- und Han- delskammer (IHK) zu beglaubi- gen.n Ursprungszeugnis (Certificate of Origin): Das Ursprungszeugnis ist von der IHK zu beglaubigen.n Frachtpapiere: Konnossement oder Luftfrachtbriefn Packliste.

Für Lieferungen mit Transport über Pakistan wird nach Angaben der is-raelischen Logistik-Firma MultiLog eine pakistanische Transiterlaubnis verlangt. Die Anlaufstelle dafür ist das Central Board of Revenue’s Customs Division in Islamabad. Auf dem Konnossement muss demnach „In Transit to Afghanistan via Pakis-tan“ vermerkt sein.

güter sind laut Weltbank weitge-hend identisch, wobei es wichtige Ausnahmen gibt. Höchsttarif ist 40%

Die Nomenklatur des afghanischen Einfuhrzolltarifs basiert auf dem internationalen Harmonisierten System zur Bezeichnung und Codie-rung der Waren (HS 2007). Nachfol-gend sind einige Produktbereiche mit den entsprechenden Zollsätzen aufgeführt.

Der Einführer in Afghanistan muss eine Geschäftslizenz (Business Licence) des afghanischen Wirt-schaftsministeriums (Ministry of Commerce and Industry) besitzen und bei der Handelskammer (Af-ghanistan Chamber of Commerce and Industry) registriert sein. Bei der Abfertigung von Waren zum zollrechtlich freien Verkehr („for free circulation“) entstehen die Einfuhrabgaben (Zoll und Nebenab-gaben) zum Zeitpunkt der Abgabe der Zollanmeldung.

Bemessungsgrundlage für die Festsetzung des Zolls ist der Zollwert. Das ist grundsätzlich der für die Waren gezahlte oder zu zahlende Preis auf der Basis CIF der internationalen Lieferbedingungen (Incoterms).

Als Einfuhrnebenabgaben werden erhoben:

n zusätzliche Einfuhrsteuer (fixed tax): 2% vom Zollwert zuzüglich Zollbetragn Business Receipt Tax (BRT): 2% vom Zollwert zuzüglich Zollbetragn Abgabe an den Roten Halbmond (Red Crescent, das „islamische Rote Kreuz“): 2% vom Zollbetrag.Fo

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Salz, Tafelsalz und Ammoniumnit-rat. Für die unten genannten Waren ist eine Einfuhrgenehmigung der zuständigen afghanischen Behörde erforderlich.

Bei der Einfuhr von Nahrungsmit-teln führen Mitarbeiter des Gesund-heitsministeriums Qualitätskont-rollen an den Grenzposten durch. Zwingend erforderlich ist hierfür die Vorlage eines Gesundheitszeugnis-ses (Sanitary Certificate), das von der zuständigen Behörde im Export-land ausgestellt wurde.

Jürgen Huster (Germany Trade & Invest)

Für andere Waren der vorüberge-henden Einfuhr gilt grundsätzlich eine teilweise Zollbefreiung. Erho-ben werden dabei pro Monat 3% des Betrags, der bei einer endgültigen Einfuhr als Zoll anfallen würde. Die Wiederausfuhrfrist beträgt maximal zwölf Monate und kann in begrün-deten Fällen auf Antrag um weitere zwölf Monate verlängert werden.

Einfuhrverbote und -beschränkungen

Ein Einfuhrverbot gilt insbesondere für Schweinefleisch und Schwei-nefleischerzeugnisse, alkoholische Getränke, Baumwollsamen, Gips,

Besondere Zoll- verfahren

Mit Bewilligung der Zollverwaltung können Waren ohne Festsetzung und Erhebung von Abgaben in pri-vate oder öffentliche Zolllager ver-bracht werden. Die Höchstlagerfrist beträgt grundsätzlich zwölf Monate und kann auf Antrag des Zollan-melders von der Zollverwaltung um weitere zwölf Monate verlängert werden. Messewaren und Berufs-ausrüstungen können im Verfahren der vorübergehenden Einfuhr unter Leistung einer Sicherheit abga-benfrei importiert werden. Die von der Zollverwaltung für diese Waren festgesetzte Wiederausfuhrfrist ist einzuhalten.

Zoll und Einfuhrverfahren

Waren mit Einfuhrgenehmigung

Warenbezeichnung Zuständige Genehmigungsbehörde

Pharmazeutische Erzeugnisse, medizinische Geräte, Kör-perpflegemittel und Kosmetika

Ministry of Public Health

Veterinärmedizinische Erzeugnisse und Instrumente Ministry of Agriculture, Irrigation and Livestock (MAIL), General Directorate of Animal Health

Pestizide und Agrarchemikalien MAIL, Directorate for Plant Quarantine

Samen MAIL, Seeds Agency

Bestimmte Halogenderivate (HS-Codes 2903.41-45) National Environmental Protection Agency

Druckerzeugnisse und kinematographische Filme Ministry of Information and Culture

Telekommunikationsausrüstungen Ministry of Communications and Information Tech-nology

Gepanzerte Fahrzeuge, Waffen, Munition, militärische Aus-rüstungen

Ministry of Interior, Ministry of Defence

Betäubungsmittel Ministry of Counter-Narcotics

Quelle: WTO

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dass ein Gast gut und reichlich be-wirtet wird und für seine Sicherheit gesorgt wird. Arme Familien kann diese Gastfreundschaft in große Not bringen. Bei reichen Familien darf der deutsche Geschäftspartner die Gastfreundschaft auch, wenn er möchte, über Nacht und längere Zeit genießen. Bei Besuchen der afghanischen Geschäftspartner in Europa werden üppige Einladun-gen zum Essen erwartet. Manche Afghanen essen aber nur Halal, also Speisen, die nach islamischem Recht erlaubt oder zulässig sind. Dann sind nur Einladungen in gute konservative afghanische Restau-rants möglich.

PünktlichkeitVon den deutschen Geschäftspart-nern wird Pünktlichkeit und Zuver-lässigkeit erwartet. Auf der anderen Seite hat jeder Verständnis dafür,

Weil der Einzelne hinter die Gemeinschaft zurücktritt, hat in Afghanistan der Eigentumsbe-griff eine andere Bedeutung als in Deutschland. Das Rasierwasser und das Shampoo dürfen alle im Haus benutzen. Im Zweifel gehört auch das Geld auf dem Konto des Unter-nehmers allen. Letztendlich wird erwartet, dass jeder zur Gemein-schaft etwas beiträgt und - ohne aufzurechnen - etwas erhält.

Ehre, GastfreundschaftEine kulturelle Besonderheit ist die Ehre, die in vielen Fällen keine rationale Entscheidung zulässt. Eine bewusste oder unbewusste Verletzung der Ehre kann den euro-päischen Geschäftspartner in ernste Gefahr bringen.

Insbesondere in den paschtunischen Gebieten gebietet es die Tradition,

Kultureller Hintergrund

Im Mittelpunkt der afghanischen Kultur steht die Familie. Ihr ist der Einzelne verpflichtet. Danach kom-men Tradition und Religion, und erst dann spielen staatliche Regeln und Gesetze eine Rolle im Leben der Menschen.

Werte

Familie, GemeinschaftZur Familie zählen im engeren Sinne die Eltern, die Brüder mit Ehefrauen und Kindern sowie die eigenen Ehefrauen und Kinder. Die meisten Männer haben nur eine Ehefrau. Sehr häufig wohnen alle Mitglieder der Familie zusammen. Entscheidungen trifft der Vater, dann der jeweils älteste Bruder.

Die Familie im weiteren Sinne besteht aus mehreren Tausend mehrfach verwandtschaftlich ver-bundenen Personen. Im Normalfall wird nur innerhalb dieser Großfami-lie geheiratet. Dieser Familie steht ein Familienoberhaupt vor, das in einer offiziellen Zeremonie dazu nach traditionellen Regeln ernannt wurde. Entscheidungen werden in letzter Instanz durch diese Person getroffen - weltweit. Dies kann dazu führen, dass von deutschen oder afghanischen Gerichten getroffene Entscheidungen nicht umgesetzt werden. Regelmäßig sitzen Unschuldige in Deutschland, Afghanistan und anderen Ländern klaglos Strafen ab, für Straftaten, die andere begannen haben, weil das Familienoberhaupt - nach Diskussion in der Familie - dies so bestimmt hat.Fo

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GIZ

Kultureller Hintergrund

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nicht anzusprechen. Es gibt auch selbstbewusste, gebildete und durchsetzungsstarke afghanische Geschäftsfrauen. Für einen europä-ischen Geschäftsmann ist es aber am sichersten, alle afghanischen Frauen bewusst zu meiden.

Gespräche und Umgang mit FrauenAuch wenn sich Geschäftspart-ner seit vielen Jahren kennen, so bleiben sie immer förmlich im Gespräch, um den anderen nicht zu verletzen. Selbst afghanische Herrenwitze muten Europäern an wie Kinderwitze. Afghanen sind zudem sehr schnell gekränkt. Über Geschäfte kann erst dann gespro-chen werden, nachdem sich die Geschäftspartner kennengelernt haben und sich vertrauen. Umge-kehrt entwickelt sich der private Umgang mit Geschäftspartnern nur langsam.

Der Gesprächspartner erwartet, dass sich die Partner zu Beginn eines Treffens ausgiebig nach dem Befinden erkundigen. Männer sollten aber niemals nach dem Befinden der Frauen fragen. Grundsätzlich wird niemals über die Frauen der Famili-en gesprochen. Sehr selten werden Frauen vorgestellt. Auch dann darf der Geschäftspartner die Frauen nicht anschauen. Ein falscher Blick kann zum Abbruch der Geschäfts-tätigkeiten führen. Auch nach vielen Jahren erfolgreicher geschäftlicher Kontakte dürfen die Geschäftspart-ner die Frauen der Geschäftsfreunde nicht kennenlernen. Über die Ehe-frauen und Töchter zu sprechen ist nicht angebracht.

Bei Einladungen in Privaträume ist es sicherer, den Gastraum nicht zu verlassen. Es wäre ein großes Un-glück für die Frauen, aber auch für

werden. Üblicherweise sitzen die Gäste und der Gastgeber auf Kissen an einer Wand. Eventuell hat der Gastgeber für seine europäischen Gäste Tische und Stühle besorgt. Insbesondere konservative Gastge-ber freuen sich über europäische Gäste, die korrekt auf den Kissen am Boden sitzen können. Dass die Räume nicht mit Schuhen betreten werden dürfen, ist selbstverständ-lich, gilt aber nicht unbedingt für Büros.

Niemals - auch nach vielen Stunden nicht - dürfen die Fußsohlen in Richtung einer anderen Person gestreckt werden. Europäer dürfen aber um eine Decke bitten, mit der sie ihre Beine und Füße bedecken können. Seriös ist, die Füße im Schneidersitz unter dem eigenen Körper zu verstecken. Erlaubt ist aber auch, sich eines der Rücken-kissen zu nehmen, um sich darauf seitlich halb liegend abzustützen.

Körperliches BerührenMänner können sich gegenseitig auch in der Öffentlichkeit anfassen. Hand in Hand durch die Stadt zu gehen ist nicht peinlich. Männer fassen sich gegenseitig auch an die Schultern, ja selbst an die Oberschenkel, ohne dass dies als Annäherungsversuch interpretiert wird. Dabei bleiben die Männer aber bei einem höflichen und förmlichen „Sie“.

Frauen dürfen durch Männer niemals berührt oder angespro-chen werden. Schon das Anschau-en kann gegen die guten Sitten verstoßen. Nur wenn eine Frau von sich aus die Hand entgegenstreckt, darf diese geschüttelt werden. Auch dann ist es besser, die Frau nicht anzuschauen und schon gar

dass die Sicherheitslage oder auch persönliche Umstände zu einer Verspätung nicht nur von Stunden, sondern sogar von Tagen oder Wo-chen führen können. Eine Erklärung oder gar eine Entschuldigung wie in Deutschland ist gänzlich unüblich und wirkt lächerlich.

Verhaltensweisen

EntscheidungenEntscheidungen werden niemals erläutert. Eine verbindliche Ent-scheidung kann auch durch einen minderjährigen Sohn der Familie oder einen Angestellten getroffen werden, wenn das Familienober-haupt ihn für fähig hält. Die Frage nach dem „Warum“ ist in Afghanis-tan unüblich. Der Europäer, der eine Begründung für eine Entscheidung erwartet, stößt auf Unverständnis. Die wahren Beweggründe werden ihm nicht mitgeteilt werden.

Umgang mit VerträgenSchriftliche Verträge sind auch bei großen Geschäften nicht üblich. Wichtig ist, dass für beide Seiten das Geschäft gut ist. Entscheidend ist das gesprochen Wort und nicht der unterschriebene Text. Dabei ist entscheidend, was der Geschäfts-partner verstanden hat. Um seinen Gegenüber nicht zu verletzen, wird der Partner es vermeiden, „Nein“ zu sagen. Alles außer einem ausdrück-lichen „Ja“ bedeutet eine Ableh-nung. Auch ein mit irrationalen Forderungen verknüpftes „Ja“ ist ein verklausuliertes „Nein“.

Korrektes SitzenDie wohlhabenden Unternehmer-familien haben ein separates Haus oder zumindest ein separates Zimmer, in dem Gäste empfangen

Kultureller Hintergrund

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ches Verhalten interpretieren. Er wird es sich nicht nehmen lassen, den Teller des Gastes persönlich zu füllen. Nicht von allem reichlich zu essen ist unhöflich. Der Teller muss aber nicht leer gegessen werden. Wer nichts mehr essen oder trinken möchte, hält die Hände über das Glas oder den Teller und schaut grimmig. Die Verhaltensweisen beim Essen sind entscheidend von der jeweiligen Familie abhängig.

Die Hände werden vor dem Essen gründlich gewaschen. Eventuell kommt vor dem Essen einer der Jugendlichen des Hauses und reicht Wasser, Seife und Hand-tuch. Üblicherweise wird auf dem Boden sitzend mit der rechten Hand gegessen. Die linke Hand wird nur selten wie zum Beispiel beim Auseinanderreißen des Brotes genutzt. Der Reis wird mit Dau-men, Zeige- und Mittelfinger vom Rand des Tellers genommen. Der Daumen schiebt den Reis über die Finger in den Mund. Gegessen wird sehr ordentlich und sauber, zumal manchmal bis zu drei Personen von einem Teller essen. Jeder isst vom Rand zur Mitte hin. Auch der Pudding oder Milchreis wird so gegessen. Der Gast darf sich nicht am Tischdecken oder am Abräumen nach dem Essen beteiligen.

In Afghanistan wird viel Alkohol getrunken, besonders von liberal eingestellten Personen in leitender Funktion. Alkohol zu trinken ist aber riskant, weil es viele strikte Gegner gibt. Im Zweifel kann jeder Alkohol ablehnen, sein Ansehen wird damit steigen. Rauchen - auch Zigaretten - in Räumen oder in Anwesenheit des Gastgebers ist gesellschaftlich nicht toleriert. Auch erwachsene Söhne

aber groß genug ist, um Kopf und Schulter zu bedecken. Auch müssen die Arme und Beine bis über die Knöchel bedeckt sein. Um bei ge-schäftlichen Gesprächen respek-tiert zu werden, tragen Frauen am besten einen guten europäischen Anzug, dessen Jackett den Po vollständig bedeckt. Die Bluse muss hoch geschlossen sein. Toleriert wird etwas freizügigere Kleidung bei Mitarbeiterinnen von NGOs und zum Beispiel deutschen staatlichen Einrichtungen, weil man sich hier finanzielle Zuwendungen erhofft.

Bei Gesprächen gilt Lachen, selbst Lächeln, als erotisch. Es verwirrt den Geschäftspartner. Frauen zei-gen bei ernsten Gesprächen keine Emotionen. Im Allgemeinen werden Wünsche, die durch deutsche, aber auch afghanische Frauen in der Öf-fentlichkeit geäußert werden, durch die Männer gern erfüllt.

Selbstverständlich wird kein Mann einer Frau durch Berührung helfen. Beim Aussteigen aus dem Auto muss frau alleine zurechtkommen. Stolpert sie, werden alle Männer zur Seite springen oder sich wegdrehen.

Alkohol darf von Frauen nicht angerührt werden, das gilt auch für Bier und Wein. Selbst wenn alle Männer um sie herum trinken und ihr Alkohol angeboten wird, wird sie ihr Gesicht verlieren. Frauen sollten in Afghanistan niemals rauchen.

GeschäftsessenEine Einladung zum Essen abzuleh-nen ist immer unhöflich. Es wird er-wartet, dass der Gast reichlich isst. Der Gast sollte das Essen mehrfach dankend ablehnen. Der Gastgeber wird dies ignorieren und als höfli-

die Geschäfte, wenn der männliche Geschäftspartner eine der Frauen des Hauses zu Gesicht bekäme. Der europäische Mann lässt sich zur Toilette begleiten. Dabei darf er nicht herumschauen. Er kehrt zügig auf kürzestem Weg in den Gastraum zurück.

Viele Afghanen sind aber mit europäischen Sitten mittlerweile vertraut. Fehler werden zum Teil hingenommen. Niemals wird der Europäer auf Fehler hingewiesen. Vielmehr ist der Geschäftspartner plötzlich nicht mehr zu erreichen und die Ware wird nicht geliefert. Auch hier wird keine Begründung gegeben.

Regeln für FrauenFür europäische Frauen gelten grundsätzlich andere Regeln. Da Frauen als nur bedingt geschäfts-fähig gelten, werden ihnen Fehler im Geschäftsgebaren schneller ver-ziehen. Selbstverständlich dürfen Europäerinnen auch bei den Frauen sitzen. Sie werden von den Frauen sicherlich während des Gesprächs auch mal angefasst. Sichere Ge-schäfte können Europäerinnen dann machen, wenn der Geschäftspart-ner sie mit zu seinem Vermögen zählt - wie sein Auto, Haus und seine Ehefrauen. Im Gegenzug wird erwartet, dass die Europäerin die Grundregeln des (afghanischen) Anstands einhält.

Kopftuch ist nicht Pflicht, aber es erleichtert die Gespräche sehr. Bei konservativen Gesprächspartnern reicht das Kopftuch beziehungs-weise ein zweites Tuch bis über die Taille. Sonst reicht ein dün-nes, durchscheinendes Tuch, das

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fen. Beispiel: Mitarbeiter sind auf ihre Gehälter angewiesen, auch wenn sie keinen schriftlichen Ar-beitsvertrag haben. Die verspätete Auszahlung von Gehältern bringt den für die Gehaltszahlung zustän-digen afghanischen Mitarbeiter sofort ins Gefängnis.

Besser gefeit gegen den etwaigen Verstoß gegen Gesetze ist, wer mit afghanischen Behördenmitarbeitern oder Geschäftspartnern vorsichtig freundlich und nicht ungeduldig umgeht. Sie helfen dem Ausländer dann gerne, nicht unwissentlich ein Gesetz zu übertreten.

Gerichtliche Entscheidungen können häufig nicht durchgesetzt werden. Der bedrängte unterlege-ne Gegner vor Gericht wehrt sich oft mit Waffengewalt. Afghanische Geschäftsleute sind häufig mit einer Pistole unter dem Jackett bewaff-net. Einflussreiche Personen kom-men selbst nach Kapitalverbrechen manchmal nach nur wenigen Tagen aus dem Gefängnis frei.

Nicht immer werden Leistungen an den afghanischen Staat zügig bezahlt, Schwierigkeiten sind hier die Regel. Wer hier ohne seriöse, kompetente und durchsetzungs-starke afghanische Partner arbeitet, erhält sein Geld vielleicht nie.

Cornelia H. Lehmann (advisa Unter-nehmensberatung)

KleidungsregelnMänner und Frauen tragen zu ge-schäftlichen Treffen Anzüge, wie sie auch in Europa üblich sind. Afgha-nische Kleidung wird von Europäern nur in der Freizeit getragen. Männer können sich einen Vollbart wachsen lassen. In Privaträumen und man-chen Büros wird auf Socken oder barfuß gelaufen.

Umgang mit TechnikFernseher und Handys sind in Afghanistan sehr weit verbreitet. Handys werden mit Prepaidkarten betrieben. Festnetzanschlüsse sind nicht üblich. In Kabul gibt es mobiles Internet in guter Qualität. Überall gibt es Internetcafés, die einen passablen Zugang samt Skype bieten.

Risiken im Umgang mit staatlichen Einrichtungen

Europäische Geschäftsleute sollten jegliche illegalen Forderungen ablehnen. Für eine Problemlösung kann man seinen erfahrenen afgha-nischen Geschäftspartner um Hilfe bitten. In Afghanistan gibt es keine Geheimnisse, da sehr viel geredet wird. Schnell ist im ganzen Land be-kannt, wer bereit ist, Bestechungs-gelder zu zahlen.

Insbesondere außerhalb Kabuls wird auf Basis der jeweiligen Tradition entschieden und nicht nach staatlichen Gesetzen. In ganz Afghanistan aber führen Verhal-tensweisen, die der Bevölkerung schaden können, zu Gefängnisstra-

rauchen nicht vor ihrem Vater. Rau-chen in Anwesenheit von Respekt-personen ist eine Beleidigung.

In allen großen Städten gibt es Restaurants, die auch in Hamburg oder München so stehen könnten. Die Preise sind dort mit denen in guten Restaurants in Deutschland vergleichbar. Die Bedienung stammt oft aus dem Ausland und ist für afghanische Verhältnisse freizügig angezogen. An dem einen Nach-bartisch sitzen vielleicht Mitglieder des Königshauses, am nächsten europäisches Sicherheitspersonal und am dritten Tisch vielleicht Sym-pathisanten der Taliban. Alkohol trinken, rauchen, laut sprechen oder lachen ist nicht angebracht.

Auch wenn der Geschäftspartner protestiert - es wird erwartet, dass bei längeren Besuchen auch der Gast Kosten übernimmt. Nur durch gute Planung kann der Europäer die Rechnung begleichen. Er darf es nicht zu einer Diskussion kommen lassen, sondern muss die Rechnung diskret rechtzeitig verlangen. Die Rechnung wie in Deutschland zu teilen ist unter keinen Umständen möglich.

Original afghanische Restaurants haben häufig einen Frauenraum, den Männer nur in Begleitung von Frauen betreten dürfen. Überwie-gend stehen in den Restaurants in Kabul Tische und Stühle. Außerhalb Kabuls haben viele Restaurants nur „Tische“. Auf diesen Tischen sitzt man im Schneidersitz mit dem Rücken zum Gang und isst vom Plastikläufer in der Tischmitte.

Kultureller Hintergrund

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Für 2010, die OECD hat für 2011 noch keine Zahlen veröffentlicht, summiert das britische Department for International Development die ODA-Ausgaben der wichtigsten Geber auf 5,1 Mrd. US$. Für die USA alleine, den mit Abstand größten Geber, bewilligte der US-Kongress für das Finanzjahr 2010 zivile Afghanistan-Hilfen von 4,2 Mrd. US$ und damit die Hälfte mehr als im Vorjahr.

Das afghanische Finanzministerium kommt für 2010 auf Gesamt-Zu-flüsse von 10,9 Mrd. US$, was 71% der offiziellen Wirtschaftsleistung entsprochen hätte. Das Ministerium wies allerdings für die vergangenen Jahre (außer für 2009) jeweils einen etwa doppelt so hohen ODA-Wert aus wie die OECD. Die afghanische ODA-Definition umfasst mehr

oder anderen Ländern bedienen. Viele der in Afghanistan ansässigen Firmen sind klein und werden von Deutsch-Afghanen betrieben.

Umfang der Entwick-lungszusammenarbeit

Afghanistan war 2009 nach Zahlen der OECD weltweit das größte Empfängerland für offizielle Ent-wicklungszusammenarbeit (Official Development Assistance, ODA). Die Netto-Zuflüsse stiegen von 0,4 Mrd. US$ (2001) kontinuierlich auf 6,1 Mrd. US$ (2009). Die Entwicklungs-zusammenarbeit erreichte damit 42% der gesamten offiziell erfassten Wirtschaftsleistung Afghanistans. Von den Entwicklungsausgaben des Landes finanzierten internationale Geber im Haushaltsjahr 2009-2010 fast drei Viertel.

Offizielle Entwicklungszusammenarbeit (ODA, Mio. US$)

Empfänger/Geber 2005 2007 2008 2009 2001-2009

Empfänger

.Afghanistan 2.818 3.965 4.865 6.070 26.272

.Anteil Afghanistans an ODA für alle Entwick-lungsländer (%) 2,6 3,7 3,8 4,8 k.A.

Irak 22.046 9.185 9.880 2.791 k.A.

Pakistan 1.607 2.244 1.539 2.781 k.A.

Afrika 35.704 39.305 43.926 47.609 k.A.

Geber Afghanistans

.USA 1.318 1.514 2.112 2.987 10.974

.Deutschland 99 217 294 338 1.360

Quellen: OECD, Statistics on Resource Flows to Developing Countries; Fortschrittsbericht Afghanis-

tan zur Unterrichtung des Deutschen Bundestags, Dezember 2010

Auslandsfinanzierte Projekte und Ausschreibungen

Bedeutung staatlicher Aufträge

Etliche der in Afghanistan enga-gierten deutschen Unternehmen arbeiten direkt oder indirekt im Bereich des Wiederaufbaus. Er wird finanziert von ausländischen Organisationen und, zu einem kleineren, aber zunehmenden Teil, von der afghanischen Regierung. Dies spiegelt sich in den Schwer-punktsektoren der Firmen wider (Bauwirtschaft, Beratung, Gesund-heitssektor, Handel). Leistungen werden sowohl bei Vorhaben der Entwicklungszusammenarbeit (EZ) nachgefragt als auch von interna-tionalen Streitkräften und für den Aufbau der afghanischen Polizei.

Die Anzahl westlicher Unternehmen in Afghanistan ist angesichts der prekären Sicherheitslage begrenzt. Manche wundern sich über Grund-stückspreise, die in den Innenstäd-ten europäisches Niveau erreichen können. Ohne Kooperationspartner mit guten Afghanistankenntnissen ist es sehr schwierig, auf dem Markt Fuß zu fassen.

Derzeit sind bei der Investitionsför-deragentur AISA 45 Unternehmen als „deutsch“ oder „deutsch-af-ghanisch“ registriert. Im Mai 2011 waren laut Homepage des Verbands Beratender Ingenieure in Berlin 16 Branchenfirmen in Afghanistan tätig. Hinzu kommen nach Auskunft der Deutschen Botschaft in Kabul zahlreiche deutsche Firmen, die Afghanistan aus Pakistan, Indien

Auslandsfinanzierte Projekte und Ausschreibungen

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die Hälfte Afghanen waren. Außer mit Sicherheitsdiensten befassten sich die Firmen vor allem mit Bau, Logistik und Transport sowie Über-setzungen.

Zu nennen ist auch der Schulden-erlass seitens ausländischer Gläu-biger. Das afghanische Finanzmi-nisterium beziffert den Erlass nach der 1996 beschlossenen Heavily Indebted Poor Countries Debt Initia-tive auf 10,5 Mrd. US$.

Viele Beobachter bezweifeln Sinn und Nachhaltigkeit der ausländi-schen Afghanistan-Hilfe, zumindest von Teilen davon. Ausdruck findet dies in dem aktuellen Bericht des US-Senats. Der massive Zufluss von US-Mitteln fördert demnach Kor-ruption und schafft kontraproduktive Anreize. Etliche Hilfsprogramme würden nach Beendigung der aus-ländischen Unterstützung wieder eingehen, weil sie zu kurzfristig an-gelegt oder nicht mit den Strukturen in Afghanistan vereinbar seien.

Auch die Geschäfte deutscher Firmen dürften deutlich schlechter laufen, sollten Truppen und mögli-cherweise Unterstützung aus dem Ausland ab 2014 oder früher tat-sächlich nach und nach abgezogen werden. Mit dem Austrocknen der EZ-Landschaft fiele für etliche deut-sche Unternehmen die Geschäfts-grundlage weg. Die verbliebenen Firmen müssten sich auf einen Einbruch der restlichen Wirtschaft einstellen, wenn die Einschätzung der Weltbank zutrifft: Demnach basiert praktisch das gesamte afghanische Bruttoinlandsprodukt (97%) auf Zahlungen ausländischer Truppen und Helfer.

anderem in die Energieversorgung, den Transport und das Finanzwe-sen, 17% in die humanitäre Hilfe.

Der Großteil der ODA, nämlich 82% im Zeitraum 2002 bis 2010, umging laut afghanischem Finanzminis-terium den Staatshaushalt. Diese Mittel wickelten die Geber über ihre eigenen Organisationen ab. Die Ver-wendung der anderen 18% managte die Regierung, verwaltet überwie-gend durch Fonds, die von multi-lateralen Agenturen geführt sind: ARTF, Law and Order Trust Fund for Afghanistan und Afghanistan Peace and Reintegration Trust Fund.

Zusätzliche Hilfe leisten Nichtregie-rungsorganisationen (NGOs). Deren finanzieller Beitrag ist allerdings schwer zu erfassen, und ein Teil ihrer Mittel stammt aus staatli-chen Fonds, die wiederum zur ODA zählen. Deutschland unterstützte NGOs laut Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) von 2002 bis 2010 mit 170 Mio. Euro. Das war knapp ein Zehntel der gesamten Afghanistan-Hilfe Deutschlands in diesem Zeitraum.

Ein wichtiger Wirtschaftsfaktor in Afghanistan sind ausländische Finanzmittel, die jenseits der Ent-wicklungszusammenarbeit ins Land fließen, und das in großem Umfang. Alleine das US-Verteidigungsminis-terium hatte im Fiskaljahr 2010 laut US Congressional Research Service seinen Vertragspartnern in Afgha-nistan 11,8 Mrd. US$ zu zahlen. Dies war nicht viel weniger als die ge-samte offizielle Wirtschaftsleistung des Landes 2009 (14,2 Mrd. US$). Bei diesen US-Vertragspartnern standen im März 2011 etwa 90.000 Personen in Lohn und Brot, wovon

ausländische Unterstützung für die Sicherheit. Aber auch manche Regierungen ausländischer Geber versuchen nach Meinung von Beob-achtern, einige eher militärbezogene Ausgaben zivilen Zwecken zuzurech-nen, weil diese der Öffentlichkeit im Heimatland besser vermittelbar seien.

Aus den USA kamen 2001 bis 2009 gut zwei Fünftel der gesamten ODA. Deutschland steuerte in diesem Zeitraum 5,2% bei und wurde 2010 zum drittgrößten Geber nach den USA und Japan. Ein aktueller Bericht des US-Senats („Evaluating U.S. Foreign Assistance To Afgha-nistan“) beziffert die zivile US-Hilfe für Afghanistan 2002 bis 2010 auf 18,8 Mrd. US$.

Etwa ein Sechstel der ODA für Afghanistan floss in den letzten Jahren über multilaterale Kanäle. Wichtige Geber sind die Weltbank, die Asiatische Entwicklungsbank (ADB) und verschiedene UN-Or-ganisationen. Es gibt eine Vielzahl von Fonds. Der Weltbank-geführte Afghanistan Reconstruction Trust Fund (ARTF) sammelte seit seiner Einrichtung 2002 etwa 3,7 Mrd. US$ ein, wozu Deutschland 203 Mio. Euro beisteuerte. Das aktive Inves-titionsportfolio des ARTF betrug im Juni 2010 gut 1 Mrd. US$. Deutsch-land hatte für 2010 rund 48 Mio. US$ zugesagt und die Hälfte davon für nationale Investitionsprogram-me zweckgebunden.

Sektoral flossen von 2002 bis 2008 rund 44% der gesamten ODA in soziale Dienstleistungen und Infra-struktur, vor allem Gesundheit, Bildung und Wasserversorgung. Etwa 21% gingen in den Bereich Wirtschaftsentwicklung, unter

Auslandsfinanzierte Projekte und Ausschreibungen

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mit Wettbewerb“ bis zu einem Wert von 20.000 Euro. Wird diese Grenze überschritten, sind verschiedene Formen der Ausschreibung vorge-sehen. Ab einem Wert von 193.000 Euro müssen die Tender für Waren und Dienstleistungen normaler-weise europaweit ausgeschrieben werden.

Ein typisches Afghanistan-Projekt der KfW etwa in der Wasserver-sorgung entsteht, nachdem die grundsätzliche Finanzierung aus Deutschland für den Bereich gesichert ist und Experten einen bestimmten Bedarf festgestellt haben. Grundlage des Vorhabens ist dann eine Machbarkeitsstudie. Übersteigen die Kosten dieser Stu-die einen bestimmten Betrag, wird ihre Erstellung ausgeschrieben, mit der GIZ oder einem (anderen) Consultant als Gewinner. Die Aus-schreibungen für das Projekt selbst erfolgen dann auf der Grundlage der Machbarkeitsstudie.

Ausschreibungs- Plattformen

KfW und GIZ veröffentlichen auf ihren Internetseiten detaillierte In-formationen zu ihrem Vorgehen bei Beschaffungen und Ausschreibun-gen allgemein sowie den Vorhaben in Afghanistan. KfW-Ausschreibun-gen werden in den „Nachrichten für Außenhandel“ (NfA) veröffentlicht. Das zentrale deutsche Internetpor-tal für Tender im Ausland betreibt Germany Trade & Invest (gtai) unter www.gtai.de. Aufgeführt sind dort Ausschreibungen von KfW, GIZ und anderen Organisationen weltweit. Weitere Ausschreibungen veröffent-licht der Tenders Electronic Daily (http://ted.europa.eu), ein Online-Dienst der Europäischen Union.

werden. „An Projekte der Amerika-ner ist für deutsche Unternehmen schwer heranzukommen“, meint etwa ein deutscher Beobachter.

Aber auch für den umgekehrten Fall gibt es Indizien. Dies zeigt eine Zusammenstellung des BMZ zur deutsch-afghanischen Entwick-lungszusammenarbeit vom April 2010. Bei 20 laufenden Verträgen mit internationalen Consultants entfielen etwa 90% des Vertrags-werts von insgesamt 34 Mio. Euro auf deutsche Firmen, der Rest ganz überwiegend auf ein Schweizer Un-ternehmen. Andererseits wird zum Beispiel ein laufendes KfW-Vorha-ben, das in der BMZ-Aufstellung nicht enthalten ist, von Thales aus Frankreich umgesetzt, ein weite-res führt eine türkische Baufirma durch.

Dabei verweisen KfW und GIZ dar-auf, die Beschaffung von Gütern und Dienstleistungen den Regeln gemäß so auszuschreiben, dass sich auch ausländische Firmen bewerben können. Die GIZ etwa beschafft nur Sachgüter in „freihändiger Vergabe

Deutsche Firmen und Entwicklungszusam-menarbeit

Die wesentlichen staatlichen Entwicklungsorganisationen Deutschlands und damit potenzielle Partner für deutsche Firmen sind in Afghanistan die KfW Entwicklungs-bank und die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ). Die KfW hilft in Zusammen-arbeit mit Consultants mit günsti-gen Krediten und Zuschüssen, die GIZ leistet mit Fachkräften vor Ort technische Hilfe und Beratung. Die Mittel dafür stammen hauptsächlich von der Bundesregierung (BMZ und Auswärtiges Amt, AA), aber auch von internationalen Gebern. Kunden deutscher Unternehmen sind in Af-ghanistan auch die Bundeswehr und das Bundesinnenministerium (BMI), das für die Hilfe beim Polizeiaufbau zuständig ist.

Ausländische Firmen bekommen EZ-Aufträge offensichtlich über-proportional bei Vorhaben, die vom jeweiligen Heimatland finanziert

Foto: © GIZ

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Ausschreibung gelangen. Auch bei der Mehrzahl dieser Projekt-Frühinformationen (14) war eine Finanzierung durch die Weltbank geplant. Bei sechs Vorhaben ging es um Landwirtschaft oder Viehzucht, bei fünf um öffentliche Verwaltung und bei vier um Energiewirtschaft.

In Afghanistan informiert der Afghanistan Reconstruction & De-velopment Services über staatliche Ausschreibungen (www.ards.gov.af). Die Behörde ist im Wirtschaftsmi-nisterium angesiedelt. Die eigentli-che Auftragsvergabe findet meist in den Ministerien unter Einbeziehung des Finanzministers statt.

Umfang und Ver-wendung deutscher Entwicklungszusam-menarbeit

Deutschland leistete von 2002 bis 2009 etwa 1,5 Mrd. Euro für die Entwicklungszusammenarbeit in Afghanistan, mit zunehmender Tendenz. Im Jahr 2010 waren es mit 430 Mio. Euro fast doppelt so viel wie im Vorjahr. Diesen Betrag will die Bundesregierung bis 2013 jährlich aufbringen. Davon stammen 250 Mio. vom BMZ und 180 Mio. vom AA.

Schwerpunktmäßig förderte das BMZ von 2002 bis 2010 mit 162 Mio. Euro die „Nachhaltige Wirtschafts-entwicklung“. Davon gingen 56 Mio. Euro in den Bau von Straßen und Brücken. Für die Trinkwasserver-sorgung gab das Ministerium im gleichen Zeitraum 83 Mio. Euro aus, für die Energieversorgung 122 Mio., für die Grund- und Berufsbildung 100 Mio. Mit einigen Millionen Euro

Darüber hinaus publizierte die gtai 2010 zu Afghanistan 25 Projekthin-weise der KfW und internationaler Organisationen. Dies sind Vorab-In-formationen über Vorhaben, die erst später - voraussichtlich - zur

Die gtai veröffentlichte 2010 zu Afghanistan 162 öffentliche Aus-schreibungen. Knapp zwei Fünftel davon waren von der Weltbank finanziert, und bei über der Hälfte ging es um Beratungsprojekte.

Ausschreibungshinweise internationaler Organisationen zu Afghanistan 2010 nach Finanzierung

Finanzierung Anzahl

Weltbank-Gruppe 63

GIZ 22

Asiatische Entwicklungsbank (ADB) 18

United Nations Office for Project Services (UNOPS) 16

KfW 12

EU-Kommission/Europäische Union 11

United Nations Development Programme (UNDP) 9

Andere 11

Insgesamt 162

Quelle: Germany Trade & Invest

Ausschreibungshinweise internationaler Organisationen zu Afghanistan 2010 nach Branche

Branche Anzahl

Consulting 88

Wasser/Abwasser 12

Stromerzeugung, -verteilung 11

Fahrzeugbau 8

EDV, Telekommunikation 7

Verkehrsinfrastruktur 7

Bauwirtschaft 6

Maschinen- und Anlagenbau 5

Messtechnik, Feinmechanik 5

Andere 13

Insgesamt 162

Quelle: Germany Trade & Invest

Auslandsfinanzierte Projekte und Ausschreibungen

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rung von Gesundheitseinrichtungen (Provinz- und Distriktkrankenhäu-ser, Basisgesundheitszentren). Größere Maßnahmen schreiben GIZ und KfW nach den dargestellten Re-geln aus. Hinzu unterstützt das AA Sekundar- und Hochschulbildung, kulturellen Wiederaufbau, Verwal-tungs- und Justizaufbau und die Reintegration Aufständischer.

Beschaffung von Zivilgütern

Die Bundeswehr verzeichnete für ihren Einsatz in Afghanistan in den letzten Jahren steigende Ausgaben für „sächliche Verwaltungsaufga-ben“. Im Jahr 2010 waren es 217 Mio. Euro, nachdem es zuvor 107 Mio. (2007), 135 Mio. (2008) und 148 Mio. Euro (2009) waren. Für die weitere Entwicklung der Ausgaben mag das deutsche Verteidigungs-ministerium keine Prognose geben. Für die Bedarfsdeckung der Ein-satzkräfte hat die Einsatzwehrver-waltungsstelle in Mazar-e Sharif mit Außenstellen in Kundus, Faizabad und Termez 2010 über 7.400 Verträ-ge in Afghanistan geschlossen. Der Auftragswert lag dabei zwischen 5 und 50.000 Euro.

Zu den „sächlichen Verwaltungs-aufgaben“ zählt die Bundeswehr im Wesentlichen Mehrkosten für Verpflegung, Geschäftsbedarf, Frachtkosten (Luft-, See- und Landweg), Kraftstoffe und andere Betriebsstoffe sowie Kosten für den Liegenschaftsbetrieb einschließlich der Bauunterhaltung. Beschafft werden die Güter und Dienstleis-tungen soweit wie möglich vor Ort. „Regelmäßig“ sind dies laut Verteidigungsministerium Holz,

gierung zum Afghanistan-Einsatz vom September 2010 hervorgeht (Deutscher Bundestag, Drucksache 17/2878). Mit Beträgen in Milliar-denhöhe jährlich unterstützen die USA den Aufbau der Sicherheits-kräfte.

Deutschland gab 2002 bis 2009 beim Polizeiaufbau 45 Mio. Euro für Baumaßnahmen und knapp 26 Mio. Euro für Ausstattung aus. Ausrüs-tungen wie etwa sondergeschützte Fahrzeuge erhält das BMI über das eigene Beschaffungsamt in Deutschland, meist über Rahmen-verträge. Für die nächste Zeit sind laut BMI allerdings keine größeren Anschaffungen geplant.

Kleine Baumaßnahmen werden nach Möglichkeit an lokale Firmen vergeben. Die Errichtung von Trai-ningszentren, Dienstgebäuden und Polizeiwachen erfolgt meist durch die GIZ, deren Projektimplemen-tierungseinheit den Bau wiederum ausschreibt. Die EZ-Organisationen anderer Länder sind bei diesen Aufträgen laut BMI bisher nicht in Konkurrenz zur GIZ getreten.

Im Jahr 2010 waren laut Bundes-regierung 52 private Militär- und Sicherheitsdienstleister im afghani-schen Innenministerium registriert. Die ausländischen Firmen stamm-ten fast ausschließlich aus den USA und dem Vereinigten Königreich. Insgesamt waren bei ihnen 4.000 ausländische Mitarbeiter registriert.

Das AA unterstützt Afghanistan außerdem beim Aufbau von Trans-portinfrastruktur (Zivilflughafen Mazar-e Sharif, Luftüberwachungs-system MLAT, Straßen, Brücken, Verwaltungsgebäude), beim Bau von Schulen sowie bei der Rehabilitie-

förderte das BMZ zudem den (Wie-der-) Aufbau wirtschaftspolitischer Institutionen wie der afghanischen Industrie- und Handelskammer ACCI, der Investitionsförderagentur AISA und der Exportförderagentur EPAA. Dies könnte vorteilhaft sein für deutsche Firmen, die in Kontakt mit diesen Organisationen treten.

In den nördlichen Provinzen, in denen die Bundeswehr präsent ist und Deutschland besondere Verantwortung für Wiederaufbau und Entwicklung übernommen hat, fördert die Bundesregierung Infrastrukturprojekte. Hierzu gibt es für den Zeitraum 2010 bis 2013 einen regionalen Fonds zur Kapa-zitätsentwicklung (voraussichtlich 56 Mio. Euro) und einen regionalen Infrastrukturfonds (voraussichtlich 81 Mio. Euro). Die Auswahl der Pro-jekte nehmen die Entwicklungsräte der Provinzen vor, so die Bundesre-gierung in ihrem Fortschrittsbericht Afghanistan 2010. Begleitet werden die Projekte von KfW, GIZ oder anderen Durchführungsorganisatio-nen. Einer der größten Durchführer für kleinere Infrastrukturprojekte ist für die Deutsche Botschaft das Aga Khan Development Network.

Das AA verwendet einen großen Teil seiner Mittel für den Aufbau der afghanischen Polizei durch das BMI. Dazu gehören Ausbildung und Training sowie der Aufbau von Infrastruktur (Trainingszentren, Polizeiwachen, Checkpoints) und Ausstattung. Im Jahr 2011 sollen es wie im Jahr zuvor 77 Mio. Euro sein. Die deutschen Gesamtkosten für diese Polizeihilfe stiegen zwischen 2002 und 2009 deutlich. Sie beliefen sich in dem Zeitraum auf 161 Mio. Euro, wie aus einer ausführlichen Stellungnahme der Bundesre-

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beträgt laut Verteidigungsministeri-ums 55 Mio. Euro.

Den Auftrag für die Verpflegung in Afghanistan zum Beispiel hat die Bundeswehr in Deutschland verge-ben. Interessierte Firmen müssen dafür nicht per se in Afghanistan ansässig sein, Erfahrungen dort oder in vergleichbaren Ländern sind aber von Vorteil. Einen Teil der Ver-pflegung wie haltbare Essensratio-nen steuert die Bundeswehr direkt aus Deutschland bei. Kommissio-niert werden die Lieferungen von ih-rem Verpflegungsamt in Oldenburg.

Ulrich Binkert (Germany Trade & Invest)

man einen immer kleineren Anteil in Afghanistan.

Bei zentralen Beschaffungen erfolgt die Vergabe in Deutschland durch die zuständigen Referate des Bun-desamtes für Wehrverwaltung oder des Bundesamtes für Wehrtechnik und Beschaffung. Wenn eine Be-kanntmachungspflicht besteht, wer-den die Ausschreibungen auf der „EU-Plattform“ (ab 193.000 Euro) und der Internetplattform „bund.de“ veröffentlicht. Manchmal ist die GIZ eingebunden und mit der Beschaf-fung beauftragt. Veröffentlicht wird dann auch auf www.giz.de. Die GIZ erstellt im Auftrag der Bundeswehr Infrastruktur an den Standorten Kundus und Talokan. Das derzeitige Volumen aller mit der GIZ geplan-ten und laufenden Baumaßnahmen

Metall, Baumaterial, Schubkarren, Schaufeln, Klimageräte, ein Teil des Büromaterials sowie Mobilfunkkar-ten.

Viele Güter und Dienstleistungen bezieht die Truppe allerdings über ihre zentralen Stellen in Deutsch-land. Gründe sind das einge-schränkte Marktangebot vor Ort sowie einzuhaltende Qualitätsstan-dards und Richtlinien. Dazu gehören unter anderem: Sport- und Spiel-geräte, Bürobedarf, Elektromate-rial, Sanitärmaterial, Material für Schlosser- und Malerbedarf, Schil-der aller Art (Hinweis-, Verbots-schilder etc.), Schmutzwasserpum-pen, Ersatzteile für Bohrmaschinen und Ähnliches sowie Haustechnik-arbeiten und Transportdienstleis-tungen. In der Tendenz beschaffe

Auslandsfinanzierte Projekte und Ausschreibungen

Kontaktadressen

Ausschreibungsplattformen

Afghanistan Reconstruction & Development Services (staatliche Ausschreibungen)Internet: www.ards.gov.af

Deutsche Gesellschaft für Inter-nationale ZusammenarbeitInternet: www.giz.de/de/aus-schreibungen.html

Germany Trade & InvestInternet: www.gtai.de

KfW EntwicklungsbankInternet: www.kfw-entwicklungs-bank.de

Tenders Electronic Daily, Online-Dienst der Europäischen Union für AusschreibungenInternet: http://ted.europa.eu

WeltbankInternet: www.worldbank.org

Sonstige Informationsquellen

Deutscher Bundestag, Druck-sache 17/2878, Antwort der Bundesregierung auf eine Große AnfrageInternet: http://dipbt.bundestag.de

Development Cooperation Report 2010

Afghanistan Ministry of Finance (Daten zu ausländischer Hilfe, Partnern etc.)Internet: www.mof.gov.af

Evaluating U.S. Foreign Assis-tance To AfghanistanCommittee on Foreign Relations U.S. Senate, June 8, 2011Internet: www.gpoaccess.gov/congress/index.html

Fortschrittsbericht Afghanistan zur Unterrichtung des Deutschen Bundestags, Dezember 2010Internet: www.bundesregierung.de

Verband Beratender IngenieureInternet: www.vbi.de

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Germany Trade & Invest www.gtai.de 51

Beispiel ein deutscher Ingenieur-consultant seit längerem auf einen guten Teil des Geldes, das ihm die Stadt Kabul schuldet. Es geht um Leistungen für eines der Projekte, die international finanziert sind, deren Bezahlung aber die afghani-schen Behörden abwickeln. Nach dem Einreichen von umfangreichen, mit Originalbelegen zu versehenden Rechnungen musste den Firmenan-gaben zufolge jeder Vorgang in der Verwaltung unzählige Abteilungen durchlaufen. Dies benötigte immer wieder aktives Überprüfung und nachdrückliches Bitten seitens des Antragstellers. Die Auszahlung schließlich sollte über das Finanz-ministerium erfolgen. Auf dem Projektkonto, auf das die Weltbank als Finanzierer den Betrag zweck-gebunden überwiesen hatte, waren jedoch am Ende einzelne Beträge nicht mehr auffindbar. Heute betei-ligt sich der Consultant in Afghanis-tan nur noch an Projekten, die vom Bundesministerium für wirtschaft-liche Zusammenarbeit finanziert und direkt mit den Auftragnehmern abgerechnet werden.

Unter den afghanischen Behörden gibt es aber auch positive Entwick-lungen: Die Afghanische Industrie- und Handelskammer (ACCI) organi-siert regelmäßig Kooperations- und Kontaktbörsen, an denen sowohl ausländische als auch afghanische Unternehmen teilnehmen. Die Investitionsagentur Afghan Invest-ment Support Agency (AISA) betreut ausländische Firmen über einen „One Stop Shop“ bei der Unterneh-mensgründung. Diese dauert nicht länger als eine Woche und erfordert Ausgaben von bis zu 1.000 US$. Der AISA-Service endet aber weitgehend mit der Firmengründung, eine lang-fristige Beratung für Investoren wird

abzusichern, betreiben Unterneh-men eigene Analysen der Sicher-heitslage. Unter anderem überneh-men sie in stabilen Regionen direkt Aufträge, während sie in Konfliktge-bieten auf lokale Subauftragnehmer zurückgreifen. Diese Vorgehenswei-se ist nötig, da materielle Verluste nicht von Versicherungen und Garantien abgedeckt werden. In den Unternehmen überwiegen daher kurzfristige Planungen.

Das Umfeld bestärkt Firmen, sich auf Ausschreibungen internationa-ler Organisationen und Streitkräfte zu konzentrieren, die auch Risiko-zuschläge enthalten. Diese Option wird in den nächsten Jahren an Bedeutung verlieren. Das auslän-dische Engagement wird spätes-tens ab 2013 merklich zurückge-hen. Ausländische Unternehmen müssen sich daher umorientieren. Die Mehrheit plant, entweder die Geschäftsaktivitäten zu reduzieren oder auf absehbare Zeit das Land zu verlassen.

Neben Sicherheit ist Korruption die zweite Hürde für ausländische Investoren. Unternehmen berichten, dass Korruption in den Beziehungen zu staatlichen Stellen allgegenwär-tig ist. Als Negativbeispiele werden Steuer- und Zollverwaltungen genannt. Um unter diesen Bedin-gungen langfristige Planungen zu ermöglichen, ist es für Unterneh-men unerlässlich, einen engen Kontakt zu afghanischen Behörden zu halten. Die Firmen vertreten die Position, dass Bestechungen nur kurzfristig eine Lösung darstellen, langfristig aber höhere Kosten nach sich ziehen.

Ein weiterer Kritikpunkt ist über-bordende Bürokratie. So wartet zum

Erfahrungen aus der Praxis

Erfahrungen und Einschätzungen deutscher Firmen

Seit 2001 haben sich mehr als 90 deutsche Unternehmen in Afgha-nistan niedergelassen. Aktuell gibt es dort 45 Firmen, die als „deutsch“ oder „deutsch-afghanisch“ re-gistriert sind. Die Mehrheit sieht sich als Pionierunternehmen, die ungeachtet schwieriger Rahmen-bedingungen in den wachsenden Markt investieren. Der Schwerpunkt liegt in den Sektoren Bau, Energie und Infrastruktur. Weiterhin bieten deutsche Unternehmen Produkte und Dienstleistungen in den Berei-chen Consulting, Medizintechnik und Telekommunikation an.

Für ausländische Firmen ist Afgha-nistan ein Markt mit Risiken: Die Sicherheitslage ist instabil. Korrup-tion ist allgegenwärtig. Qualifizierte Arbeitskräfte sind schwierig zu finden. Dennoch überwiegen aus Sicht der befragten Unternehmen die Vorteile. Das internationale Engagement ermöglicht der afgha-nischen Regierung, Infrastruktur-projekte voranzubringen. In den Großstädten wächst die Nachfrage von Unternehmen und Haushalten nach ausländischem Know-how.

Diese Investitionsanreize werden von der instabilen Sicherheitslage überdeckt. Ausländische Unter-nehmen sind zwar kein vorrangiges Angriffsziel, dennoch sind Mitarbei-ter vermehrt von Raubüberfällen und Entführungen betroffen. Um die Geschäftsaktivitäten vor Risiken

Erfahrungen aus der Praxis

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52 Wirtschaftsleitfaden – Afghanistan

Eine weitere Hürde für den Unter-nehmensstart stellt die Einfuhr von Gütern aus dem Ausland dar. Als Binnenland ist Afghanistan vom Transit durch seine Nach-barländer abhängig. Zahlreiche Zollstreitigkeiten verlangsamen und verteuern den Import von Waren. Der Diebstahl von Containern in pa-kistanischen Häfen führt zu hohen Transportverlusten.

Michael Paulo (CIM-Fachkraft bei der Afghanischen Industrie- und Handels-kammer)

kaum vorhanden. Qualifizierte Af-ghanen in Deutschland sind schwer zu einer Arbeit in ihrem Heimatland zu bewegen, das war zumindest die Erfahrung der befragten deutschen Ingenieurfirma. Auf den Mangel an geeignetem Personal reagieren ausländische Unternehmen, indem sie zunehmend auf interne Schu-lungen setzen. Neben Fachwissen stehen auch soziale Kompetenzen im Mittelpunkt. Durch den jahrzehn-telangen Bürgerkrieg sind afgha-nische Arbeitnehmer nicht auf die Anforderungen moderner Unter-nehmen vorbereitet.

landesweit nicht angeboten. Das genannte deutsche Ingenieurbüro etwa hat es auch nach längeren An-strengungen bisher nicht geschafft, seine Filiale in Afghanistan wieder zu schließen.

Nach der Unternehmensgründung stehen ausländische Firmen daher vor zahlreichen Herausforderungen. Eine ist, qualifiziertes Personal zu finden. Afghanistan zeichnet sich durch einen schwierigen Arbeits-markt aus. Die Löhne sind im Ver-gleich zu anderen Entwicklungslän-dern höher. Spezialisten insbeson-dere in technischen Berufen sind

Erfahrungen aus der Praxis

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Germany Trade & Invest www.gtai.de 53

sich schwierig. In diesen Berei-chen zählen Gesetze wenig. Dies schafft Möglichkeiten für staatliche Beamte, verdeckt Bestechungsgel-der auf Kosten der Privatwirtschaft einzunehmen. In Afghanistan ist es unter anderem gebräuchlich, dass Unternehmen keine Steuerbeschei-de erhalten. Dadurch können die Finanzbehörden jederzeit nachträg-lich Steuern für die vergangenen Geschäftsjahre erheben. Unter diesen Bedingungen ist es uner-lässlich, einen engen Kontakt zu den verantwortlichen Stellen zu halten, um eine langfristige Planung zu ermöglichen. Das Gleiche gilt für die Einfuhr von Gütern. Offiziell liegt der Einfuhrzoll für Solarpanel bei 17,5%, für Batterien bei bis zu 12%. Es kommt jedoch vor, dass höhere Sätze verlangt werden und die Be-arbeitung verlangsamt wird, wenn keine Zahlung erfolgt. Um diesen Prozess zu beschleunigen, hat ETC Power Dienstleister beauftragt, welche die Gütereinfuhr zu den bestehenden Zollsätzen sicherstel-len. Unser Unternehmen vertritt die Position, dass Bestechungen nur kurzfristig eine Lösung für dieses Problem darstellen. Langfristig würden dadurch höhere Kosten entstehen.

Wie geht das Unternehmen mit dem Thema Sicherheit um?

ETC Power steht vor der Heraus-forderung, im ganzen Land tätig zu sein. Hierzu gehören friedliche Regionen wie der Westen und der Norden Afghanistans. Aber auch in den Konfliktgebieten Helmand und Kandahar baut das Unternehmen Solaranlagen. Gerade in diesen Provinzen sind Raubüberfälle auf der Tagesordnung. In den vergan-

gionen mit Elektrizität zu versorgen. Die Weltbank finanzierte den Bau von 30.000 Solaranlagen. Weitere Organisationen wie die Asian De-velopment Bank und USAID folgten mit langjährigen Programmen. Diese stabile Nachfrage war für die Gesellschafter von ETC Power ein starker Anreiz, in Afghanistan zu investieren. Dabei spielten auch persönliche Beziehungen zum Land eine Rolle. Der Präsident von ETC Power, Alishah Ranjbaryan, sowie weitere Partner sind in Afghanistan geboren und während des Krieges nach Deutschland emigriert. Das internationale Engagement nach 2001 bot ihnen die Möglichkeit, als Unternehmer wieder in ihr Heimat-land zurückzukehren.

Wie gestaltete sich die Gründung des Unternehmens?

In Afghanistan ist die Afghan Invest-ment Support Agency (AISA) der Ansprechpartner für ausländische Investoren. Für die Registrierung bietet AISA einen „One Stop Shop“ an. Im Fall von ETC Power erhielten wir die notwendigen Dokumente innerhalb einer Woche, um das Gemeinschaftsunternehmen zu gründen. Die Kosten beliefen sich auf unter 1.000 US$.

Afghanistan gilt als Sinnbild eines schwachen Staates. Nach dem internationalen Korruptionsindex von Transparency International befindet sich das Land auf dem drittletzten Platz. Wie sind Ihre Erfahrungen mit anderen staatlichen Stellen?

Die positiven Erfahrungen mit AISA sind leider eine Ausnahme. Insbe-sondere die Beziehungen zu den Finanz- und Zollbehörden gestalten

Interviews

ETC Power

Vor sechs Jahren gründeten vier Firmen aus Deutschland und Polen die ETC Power in Afghanistan (www.etc-power.de). Das Unternehmen baut Solar- und Windanlagen und bietet alternative Lösungen für die Energiegewinnung sowie Aufberei-tung von Warmwasser. Mit mehr als 45 Mitarbeitern ist ETC Power eine der größten afghanischen Firmen im Bereich der erneuerbaren Ener-gien. Das Unternehmen sorgt für Strom in Gebäuden und plant die Straßenbeleuchtung in Großstädten. Gesellschafter von ETC Power sind ETC Group (Ahrensburg), Lorentz (Hamburg), Telzas (Warschau, Po-len) und Setaplast (Lamprecht).

Interview mit Farzad Alawi, Project Manager

Die Gesell-schafter von ETC Power ha-ben mehr als 1 Mio. US$ in die Gründung des Unternehmens investiert. Welche Anreize

hat der afghanische Markt für Ihr Unternehmen?

Für ein Solarunternehmen ist Afghanistan ein interessanter Markt. Zehn Jahre nach dem Ende des Taliban-Regimes sind nur 15% der Bevölkerung an das Stromnetz angeschlossen. Die afghanische Regierung und internationale Geber setzen daher verstärkt auf Solar- und Windenergie, um ländliche Re-

Interviews

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54 Wirtschaftsleitfaden – Afghanistan

nur zwei Mal in die Konfliktregionen reisen, um Vorhaben zu planen und abzunehmen.

Was ist für ETC Power die größte Herausforderung in den nächsten Jahren?

Mehr noch als Korruption und Unsicherheit setzt dem Unterneh-men die Billigkonkurrenz aus China, Indien und Malaysia zu. Seit 2005 haben sich Solarfirmen aus diesen Ländern in Afghanistan nieder-gelassen und drücken die Preise. Als deutsches Unternehmen setzt ETC Power auf Qualität. Gegenüber privaten, staatlichen und internatio-nalen Kunden müssen wir verstärkt kommunizieren, dass nachhalti-ge Energielösungen einen Preis haben. Hierfür planen wir auch eine Zusammenarbeit mit nationalen Medien.

Das internationale Engagement wird in den nächsten Jahren in Afghanistan reduziert. Welche Auswirkungen wird dies für ETC Power haben?

ETC Power ist in den vergangenen Jahren kontinuierlich gewach-sen. Derzeit beträgt der jährliche Umsatz mehr als 2 Mio. US$. In den nächsten Jahren wird sich das Ge-schäftsumfeld für das Unternehmen verändern. Internationale Geber werden auch ihre Programme im Bereich der erneuerbaren Energi-en zurückfahren. ETC Power muss daher stärker auf Unternehmen im Privatsektor zugehen, um Aufträge zu akquirieren. Insbesondere in der dezentralen Stromversorgung von Wohnungen, Verwaltungen und Ge-werben in der Landwirtschaft sehen wir erhebliche Wachstumschancen.

Welche Maßnahmen trifft ETC Power, um auch in unsicheren Regionen arbeiten zu können?

Das Sicherheitsrisiko in Afghanis-tan kann von keiner Versicherung gedeckt werden. ETC Power setzt daher in gefährlichen Regionen auf Subauftragnehmer, welche die Lage vor Ort kennen. Um die Qualitäts-standards einzuhalten, führen wir kontinuierlich Fortbildungen in Kabul durch. Unter diesen Bedin-gungen müssen die Projektmanager

genen Jahren gab es drei Vorfälle, in denen jeweils Solarpanel im Wert von über 50.000 US$ gestohlen wurde. Schwerer als der materiel-le Verlust wiegt jedoch die Gefahr für unsere Mitarbeiter. Bisher gab es noch keinen Todesfall, jedoch mussten wir mehrmals Fahrer und Techniker gegen Lösegeld freikau-fen, die von den Taliban entführt wurden. Von der Polizei kann man in solchen Fällen keine Unterstützung erfahren. Der Kontakt zu lokalen Mittelsmännern ist entscheidend.

Interviews

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Welche Erfahrungen hat ACCL Inter-national mit afghanischen Arbeitneh-mern?

In unserem Unternehmen sind 80% der Mitarbeiter Afghanen. Die Ge-schäftsführung verfolgt die Strate-gie, Mitarbeiter langfristig zu binden und keine Entlassungen vorzuneh-men. Dies gilt auch bei einem Fehl-verhalten von Angestellten. Durch den jahrzehntelangen Bürgerkrieg sind afghanische Arbeitnehmer nicht auf die Anforderungen in einem modernen Bau- und Dienst-leistungsunternehmen vorbereitet. Gerade bei sozialen Kompeten-zen gibt es Nachholbedarf. Daher haben wir bei ACCL International ein Mentorenprogramm eingeführt, in dem internationale Fachkräfte ihre afghanischen Kollegen in der täglichen Arbeit betreuen.

Das Image als Entwicklungshelfer nutzt ACCL International auch in der Außendarstellung. Die Mehrzahl der ausländischen Unternehmen verzich-tet hingegen auf eine Öffentlichkeits-arbeit, um nicht als Anschlagsziel wahrgenommen zu werden. Warum verfolgt ihr Unternehmen diese Strategie?

ACCL International macht keine breitenwirksame Öffentlichkeitsar-beit. Dem Unternehmen ist es aber wichtig, bestimmte Zielgruppen anzusprechen. Zu ihnen gehören neben den internationalen Orga-nisationen auch die afghanische Regierung samt Ministerien sowie Provinzverwaltungen. Ein persönli-cher Kontakt zu diesen Akteuren ist für Unternehmen in Konfliktländern überlebenswichtig. ACCL Internatio-nal sucht insbesondere zu Projekt-

rungsorganisationen eine beson-dere Rolle. In den Ausschreibungen konkurrieren wir gewöhnlich mit mehr als zehn Bauunternehmen. Als eine der wenigen kann ACCL International aber seine Dienstleis-tungen im ganzen Land anbieten. Also auch in unsicheren Regionen wie Kandahar, Helmand und Nan-garhar. Dies ist ein klarer Wettbe-werbsvorteil.

ACCL International wirbt mit dem Slo-gan „Afghans build Afghanistan“ und will einen nachhaltigen Wiederaufbau unterstützen. Wie passen diese Ziele mit unternehmerischem Handeln zusammen?

2003 haben die derzeitigen Vor-standsvorsitzenden Habibullah Peerzada und Sargon Heinrich ACCL International gegründet. Sie folgten einem Aufruf der US-Regierung an amerikanische Unternehmen, in Afghanistan zu investieren. Für die Führung stand von vornherein fest, dass Gewinn nicht das oberste Ziel ist. ACCL International will mit seiner Geschäftstätigkeit einen Beitrag für den Wiederaufbau des Landes leisten. Je nach Projektlage beschäftigt das Unternehmen bis zu 3.000 Mitarbeiter und stellt damit die Versorgung von bis zu 12.000 Familien sicher. Darunter sind auch viele ungelernte Arbeitskräfte, die bei uns eine Ausbildung in techni-schen Berufen erhalten. Dies ist ein gutes Beispiel, wie auch Unter-nehmen nachhaltig Entwicklung in Afghanistan fördern können. Durch die Qualifizierungsmaßnahmen sind die Mitarbeiter im Unternehmen besser einsetzbar. Gleichzeitig kön-nen sie diese Fähigkeiten auch bei zukünftigen Arbeitgebern einsetzen.

Afghanyar Construc-tion Company Limited (ACCL International)

Für ACCL International ist Gewinn nach eigenem Bekunden nicht das Maß aller Dinge. Das afghanisch-amerikanische Bauunternehmen will über soziales Engagement ei-nen Beitrag zum Wiederaufbau des Landes leisten. Das damit geschaf-fene Image hilft, um in Afghanistan voranzukommen. Seit 2003 hat das Unternehmen sein Portfolio stetig erweitert. Neben Dienstleistungen im Bausektor bietet ACCL Inter-national auch einen Service in den Bereichen Catering, IT und Ener-gieversorgung an. Damit kommt das Unternehmen einer Nachfrage entgegen: Sowohl internationale als auch nationale Organisationen bevorzugen aufgrund der instabilen Sicherheitslage Gebäude, die autark von ihrer Umgebung sind.

Interview mit Michael J. Scott, Chief Operating Officer

Derzeit arbeitet ACCL Internatio-nal an acht Bauaufträgen, die jeweils ein Volumen von über 1 Mio. US$ haben. Welche

Formen der Akquise nutzen Sie in Afghanistan?

Unser Unternehmen konzentriert sich auf öffentliche Ausschreibun-gen der afghanischen Regierung und internationaler Organisationen. Dabei spielen die US-amerikani-schen Streitkräfte sowie Durchfüh-

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Interviews

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beginn den Kontakt zu relevanten afghanischen Organisationen und stellt den Mehrwert in Form von neuen Arbeitsplätzen und Infra-struktur dar. Mit dieser Strategie fährt unser Unternehmen sehr gut. In Afghanistan ist unser Unterneh-men anerkannt. Dies schafft nicht nur die Grundlage für zukünftige Aufträge, sondern gewährleis-tet auch die Sicherheit unserer Mitarbeiter. Seit der Firmengrün-dung haben wir keine Todesopfer zu beklagen. Dies ist erstaunlich, da wir auch Risikoprojekte an der afghanisch-pakistanischen Grenze übernehmen.

Welche Sicherheitsrisiken bestehen dann für Ihr Unternehmen?

Auch wenn wir keine Todesopfer zu beklagen haben, ist und bleibt Afghanistan ein Konfliktland. Raub-

überfälle gehören landesweit zur Tagesordnung. Den Verlust decken keine Versicherungen ab. Zwar gibt es bei Verträgen mit der US-Regie-rung Risikozuschläge, jedoch haften wir mit eigenem Geld für Fehlschlä-ge. Daher berücksichtigen wir das Risiko schon bei der Projektakquise. Nur wenn die Rahmenbedingungen stimmen, können wir erfolgreich arbeiten und uns für Folgeaufträge qualifizieren.

ACCL International bietet nicht nur Dienstleistungen in Afghanistan an. Das Unternehmen vertreibt auch Baustoffe. Im Sortiment befinden sich unter anderem die Produkte der Knauf Gips KG. Welche Absatzchan-cen haben Baustoffe aus Deutschland in Afghanistan?

Der Bausektor wächst derzeit jährlich mit einem zweistelligen

Prozentsatz in Afghanistan. Vor allem der Wohnungsmarkt boomt. Von diesen Rahmenbedingun-gen profitiert ACCL International enorm. Im vergangenen Jahr hat das Unternehmen mehr als 300.000 Quadratmeter Gipswände verkauft. Damit ist ACCL International der bedeutendste Vertriebspartner der Knauf Gips KG. Die Baustoffe stammen aus Fabriken, die außer in Deutschland auch in den Nachbar-ländern Afghanistans angesiedelt sind. Trotz der geographischen Nähe liegen die Kosten für den Import nach Afghanistan um 30% höher als in anderen Märkten. Dies ist auf den schwierigen Transport über den Landweg zurückzuführen. Gleichzeitig erschweren Zollstrei-tigkeiten zwischen Afghanistan und seinen Nachbarländern die Einfuhr. Es dauert daher nicht Tage, sondern Wochen, um Güter zu importieren.

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Siemens Afghanistan

Seit 1936 ist Siemens mit Unter-brechungen in Afghanistan tätig. Das Unternehmen gehört zu den wenigen „Global Player“, die in Af-ghanistan mit einer Niederlassung vertreten sind. In den Geschäftsbe-reichen Energie und Medizintechnik hat sich das Unternehmen in den vergangenen neun Jahren Markt-anteile gesichert. Die Kunden von Siemens Afghanistan sind vorran-gig Unternehmen und Haushalte. Damit unterscheidet sich Siemens Afghanistan von der Mehrzahl der ausländischen Investoren, die sich auf Ausschreibungen von internati-onalen Entwicklungsorganisationen und Streitkräften konzentrieren.

Interview mit Raaz Hassan, Präsi-dent Siemens Afghanistan

Siemens gehört zu den bekannten deutschen Marken in Afghanistan. Was sind die Gründe für die Populari-tät Ihres Unternehmens?

Siemens hat eine jahrzehntelan-ge Tradition in Afghanistan. 1928 besuchte König Amanullah Khan die Siemensstadt in Berlin und war begeistert von der technologi-schen Entwicklung in Deutschland. Aufgrund dieser hochrangigen Kon-takte eröffnete Siemens acht Jahre später seine Niederlassung in Kabul und war maßgeblich daran beteiligt, landesweit die Infrastruktur in den Bereichen Energie und Telekom-munikation aufzubauen. Mit dem Einmarsch der Sowjetunion stellte das Unternehmen seine Geschäfts-

aktivitäten in Afghanistan ein und kehrte nach über 20 Jahren Unter-brechung 2002 wieder zurück. Wie in der Anfangsphase gehört Ener-gieerzeugung zum Kerngeschäft von Siemens Afghanistan. Weiterhin ist das Unternehmen Marktführer im Bereich der Medizintechnik.

Welche Marktchancen eröffnen sich für Unternehmen aus Deutschland in Afghanistan?

Afghanistan ist in jeglicher Hinsicht Neuland für Unternehmen aus Industriestaaten. Durch die instabile Sicherheitslage sind Weltmarkt-unternehmen kaum vertreten. Die Anzahl der Wettbewerber ist gering. Dies eröffnet neben den bekannten Risiken auch Chancen für Marktein-steiger. Dabei muss beachtet wer-den, dass in Industriestaaten gän-gige Produkte und Dienstleistungen neu für afghanische Kunden sind. Westliche Firmen müssen daher erst einmal über den Nutzen ihrer Angebote aufklären. In Verkaufsge-sprächen steht daher Information an erster Stelle.

Siemens Afghanistan ist besonders im Bereich der Energieerzeugung aktiv. Welche Marktchancen bestehen in diesem Sektor für deutsche Unter-nehmen?

In Afghanistan werden von den erforderlichen 5.000 Megawatt nur 600 bereitgestellt. Diese stammen zu 60% aus Importen. Im Bereich der Energieerzeugung gibt es daher einen hohen Investitionsbedarf. Das nationale Energieunternehmen

Da Afghanistan Breshna Sherkat (DABS) ist derzeit mit seinen elf regionalen Ablegern für die Ener-giegewinnung und -weiterleitung zuständig. Der Sektor ist grundsätz-lich offen für private Investitionen, allerdings zögern Unternehmen mit dem Markteinstieg, da mangelnde Regulierung und Korruption als Hindernisse angesehen werden. Die afghanische Regierung plant daher in den nächsten Jahren, über DABS vier Großprojekte zu realisieren, um die Lücke zwischen Angebot und Bedarf zu schließen. Eine beson-dere Bedeutung kommt dabei dem Bau von Wasser- und Thermalkraft-werken zu. Weiterhin soll die Netz-infrastruktur ausgebaut werden.

Seit 2002 hat sich Siemens Afghanis-tan zum Marktführer im Bereich der Medizintechnik entwickelt. Welche Wachstumschancen bietet der Sek-tor?

In Afghanistan wächst die Mittel-schicht. Damit steigt die Nach-frage nach Dienstleistungen im Gesundheitswesen rapide. Dies gilt vor allem für große Städte wie Kabul, Mazar-e Sharif und Herat. Aus meiner Sicht gibt es eine hohe Nachfrage in medizinischen Spezi-albereichen wie der Radiologie. Dies gilt für Produkte wie auch für die Schulung von Mitarbeitern. Dabei muss jedoch beachtet werden, dass afghanische Kliniken ohne die Unterstützung von Entwicklungsor-ganisationen nur geringe finanzielle Mittel haben. Der schlechte Zugang zu Krediten erschwert Investitio-nen im Gesundheitsbereich enorm. Siemens sucht daher mit seinen

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58 Wirtschaftsleitfaden – Afghanistan

Interviews

Kunden gemeinsam Finanzierungs-möglichkeiten.

Siemens hat sich in Afghanistan auch einen Namen als Anbieter von Technologie im Mobilfunk gemacht. Der Sektor zeigt kontinuierlich hohe Wachstumsraten. In welchen Bereichen erwarten Sie zukünftig Investitionen?

Afghanistan gehört zu den am schnellsten wachsenden Telekom-munikationsmärkten der Welt. Derzeit verfügen vier Anbieter über Lizenzen, um landesweit Mobil-funkdienste anbieten zu können. Diese haben seit 2001 über 1 Mrd. US$ in den Netzausbau investiert.

Siemens Afghanistan war bis 2007 selbst in diesem Sektor aktiv und lieferte Übertragungstechnik an Mobilfunkanbieter wie die Afghan Wireless Communication Compa-ny (AWCC). Mittlerweile haben wir diese Geschäftsaktivitäten an das Gemeinschaftsunternehmen Nokia Siemens Network abgegeben. Der Sektor steht vor der Heraus-forderung, neue Technologien zu implementieren. Dies gilt vor allem für den Festnetzbereich. Die afghanischen Großstädte benöti-gen Glasfaserkabel, um schnelle Internet- und Datendienste nutzen zu können. Davon ungeachtet, muss der Ausbau der Netzinfrastruktur vorangetrieben werden.

Zum Kundenkreis von Siemens Afghanistan gehören vorrangig Unter-nehmen und Haushalte. Wie organi-sieren Sie die Kundenbetreuung?

Für afghanische Kunden ist der persönliche Kontakt entschei-dend. Daher stellen wir eine feste Kommunikation von der Angebots-erstellung bis zur Rechnungslegung sicher. Für unsere Mitarbeiter ist es entscheidend, den Erwartungen der Kunden zu entsprechen. Dies för-dert auch die Zahlungsbereitschaft. In Afghanistan reicht es nicht, einfach eine Rechnung zu stellen. Mit diesem Ansatz haben wir nur geringe Ausfälle zu beklagen.

Die Interviews führte Michael Paulo (CIM-Fachkraft bei der Afghanischen Industrie- und Handelskammer).

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Bundesverband Groß-handel, Außenhandel, Dienstleistungen e.V. (BGA)

Interview mit BGA-Präsident Anton F. Börner

Herr Börner, warum ist das Thema Ausbildung in Afghanistan ein wichti-ges Thema für Sie?

Wenn wir über die Stabilisierung in Afghanistan sprechen, ist die Schaf-fung von Aus- und Weiterbildungs-möglichkeiten das zentrale Thema. Wir benötigen über die bereits vor-handenen Ansätze hinaus dringend mehr Ausbildungswerkstätten und Berufsschulen, die das deutsche Modell der dualen Berufsbildung aufgreifen. Eine ganze Generation an Handwerkern, Facharbeitern und Ingenieuren fehlt für den Wieder-aufbau des Landes, da zu Zeiten des Bürgerkrieges viele Strukturen zerstört wurden. Aber auch für ehemalige Kämpfer der Mudscha-hedin oder der Taliban ist dies wichtig: Diese können sich durch den Erwerb beruflicher Fertigkeiten wieder in die Zivilgesellschaft inte-grieren. Damit schaffen wir über die berufliche Bildung Alternativen zu Gewalt und Radikalisierung. Über Ausbildung und Investitionen geben wir zudem der Jugend eine Pers-pektive und bringen Menschen in Lohn und Brot, die dann wiederum ganze Großfamilien mit ihrer Hände Arbeit versorgen können.

Welche Berufe sollten im Vorder-grund der Ausbildungsmaßnahmen stehen?

Im Vordergrund steht natürlich der gewerblich-technische Bereich, da

hier zunächst der Nachholbedarf am dringendsten ist. Die Montage, Wartung und Reparatur von Ma-schinen, insbesondere Textil- und Landwirtschaftsmaschinen, aber auch Tätigkeiten in Kfz-Werkstätten, Bergbau und Lebensmittelverarbei-tung sind sicherlich Ansatzpunkte. Ich denke auch daran, dass sich rund um deutsche Pionierunter-nehmen, die sich in Industrieparks ansiedeln, Ausbildungszentren etablieren, wo gemäß dem Bedarf der Firmen praxisnah ausgebildet werden kann.

Wer sollte sich engagieren?

Wir reden hier über einen gemein-samen Ansatz mit größtmöglicher Vernetzung aller Beteiligten. Neben der deutschen und der afghani-schen Regierung sehe ich insbe-sondere bei den nationalen und internationalen Institutionen der Entwicklungszusammenarbeit die Rolle, Maßnahmen vor Ort zu koor-dinieren. Die deutsche Wirtschaft aus allen Bereichen, Ingenieure, Handel, Industrie und Handwerk,

kann ihren Teil zur Verbesserung der Aus- und Weiterbildungssituati-on beitragen - insbesondere, wenn es ganz konkret um die Bereitstel-lung von praxisnahen Ausbildungs-plätzen und -konzepten geht.

Wie beurteilen Sie die Sicherheitsla-ge? Ist diese nicht hinderlich für ein Engagement von Ausbildern, gerade aus Deutschland?

Nicht im ganzen Land ist die Sicher-heitslage schlecht. Es ist auch nicht unbedingt notwendig, dass bereits heute in großem Umfang deutsche Ausbilder vor Ort tätig sind. Solange die Situation in einigen Landesteilen angespannt ist, können auch Train-the-Trainer-Maßnahmen sinnvoll sein, bei denen einheimische Aus-bilder dann die Rolle von Multipli-katoren übernehmen. Gleichzeitig kann zum Beispiel über das Internet eine Verbindung hergestellt und ein Austausch organisiert werden. Wir dürfen den Afghanen einfach nicht das Gefühl geben, dass wir sie allein lassen.

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60 Wirtschaftsleitfaden – Afghanistan

Kontaktadressen und Informationsquellen

Kontaktadressen und Informati-onsquellen

Kontaktadressen in Afghanistan

Botschaft der Bundesrepublik Deutschland in AfghanistanAnsprechpartnerin: Kristin Augs-burgCounsellor - Economy, Develop-ment, Civil-military CooperationTel.: 030/50 00-71 75-115E-Mail: [email protected]; Internet: www.kabul.diplo.de

Die Europäisch-Afghanische Handels-kammer war Mitte 2011 in Vorgrün-dungsphase.

Afghanistan Investment Support AgencyInternet: www.aisa.org.af

Relativ viele deutsche Firmen in Afghanistan bewegen sich im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit (EZ). Daraus ergeben sich normaler-weise Kontakte mit den deutschen EZ-Durchführungsorganisationen KfW und GIZ, die in Afghanistan große Organisationen unterhalten:

GIZ AfghanistanLeiter: Andreas Clausing GIZ Office Kabul, ISAF-AFG-Feld-post, 64298 DarmstadtE-Mail: [email protected]

KfW AfghanistanLeiter: Gunnar WälzholzGerman House, Charah-e Sa-darat 33/2, KabulTel.: 0093 700/27 44 56E-Mail: [email protected]

Die Industrie- und Handelskammer ACCI ist mit mehr als 7.000 Mitglieds-unternehmen die Spitzenorganisation der afghanischen Privatwirtschaft. Als Sprachrohr der Unternehmen setzt sich die Kammer für die Verbesserung der ökonomischen Rahmenbedingun-gen in Afghanistan ein. Gleichzeitig unterstützt die ACCI einheimische Firmen, ihre Struktur zu professio-nalisieren, Mitarbeiter auszubilden und Netzwerke im In- und Ausland zu entwickeln. Für deutsche Unterneh-men ist die Kammer Anlaufstelle, um Marktinformationen aus erster Hand zu erhalten und Kontakte zur afghanischen Wirtschaft aufzubauen. Mohammad Qurban Haqjo ist seit mehreren Jahren Geschäftsführer der ACCI und spricht Deutsch.

Afghan Chamber of Commerce and IndustriesGeschäftsführung: Mohammad Qurban HaqjoChman-e-Huzuri, Next to Kabul Nendari, KabulAnsprechpartner in Afghanistan bis voraussichtlich Anfang 2013: Michael PauloTel.: 0093 78/4 26 58 94; Fax.: 0093 77/6 10 01 66E-Mail: [email protected]; Internet: www.acci.org.afGeschäftsführung: E-Mail: [email protected]

Informationsplattform für staatli-che Ausschreibungen:Afghanistan Reconstruction & Development ServicesInternet: www.ards.gov.af

Asian Development BankADB Afghan Infrastructure Trust FundInternet: www.adb.org/Afghanis-tan/projects.asp?

Ansprechpartner: ADB: Philip Wood; E-Mail: [email protected] Ministry of Finance: Nasim Ihsan; E-Mail: [email protected]

Dehsabz City Development Au-thorityE-Mail: [email protected]; Inter-net: www.dcda.gov.af

Enterprise Development Program (AREDP)Internet: www.aredp.org

Export Promotion Agency of AfghanistanInternet: www.epaa.org.af

Ministry of Agriculture Irrigation and LivestockInternet: www.mail.gov.af

Ministry of Energy and Water Internet: mew.gov.af

Ministry of MinesVeröffentlichung von aktuellen Ausschreibungen: Internet: www.mom.gov.af/?page=tenders&lang=en

Investment Promotion Depart-ment (IPD) of the Afghan Ministry of Mines (Unterstützung der Investoren)Internet: www.mom.gov.af/?page=Investment-Promotion&lang=en

Ministry of Public WorksInternet: www.mopws.gov.af/

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Germany Trade & Invest www.gtai.de 61

Ministry of Rural Rehabilitation and DevelopmentInternet: www.mrrd.gov.af

Öffentliche Ausschreibungen im BausektorInternet: www.cwctenders.com/construction_tenders_ afghanistan.htm

Internetadressen vieler Organisa-tionenThe Afghanistan DirectoryInternet: www.theafghanistandi-rectory.com

Kontaktadressen in Deutschland

Auswärtiges Amt (Reise- und Sicherheitshinweise)Tel.: 030/18 17 20 00; Fax: -18 17 51 10 00 E-Mail: [email protected]; Internet: www.auswaerti-ges-amt.de

advisa UnternehmensberatungCornelia H. Lehmann(Vertreterin der Afghan Chamber of Commerce and Industries in Deutschland seit 2007)Rothenhauschaussee 28, 21029 Hamburg-BergedorfTel.: 040/72 97 79 77E-Mail: [email protected]; Inter-net: www.advisa-hamburg.de

Botschaft der Islamischen Repub-lik AfghanistanHandelsattaché der Afghanischen Botschaft: Diplom-Kaufmann Ghulam Taunusstr. 3, 14193 Berlin

Tel.: 030/20 67 35 0; Fax: -20 67 35 25E-Mail: [email protected]; Internet: www.botschaft-afghanistan.de

Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (BMWi)Tel. 030/18 615 0; Fax: -18 615 7010E-Mail: [email protected]; Internet: www.bmwi.de

Bundesministerium für wirt-schaftliche Zusammenarbeit und EntwicklungAnsprechpartnerin: Traudel KöhlerTel.: 030/25 03 28 59 E-Mail: [email protected]; Internet: www.bmz.bund.de

Bundesverband der Deutschen Industrie e. V. (BDI)Tel.: 030/20 28 0; Fax: -20 28 24 50E-Mail: [email protected]; Internet: www.bdi.eu

Bundesverband Großhandel, Au-ßenhandel, Dienstleistungen e.V.Tel.: 030/59 00 99 50; Fax: -59 00 99 5 19 E-Mail: [email protected]; Internet: www.bga-online.de

Centrum für internationale Migration und Entwicklung (CIM)Tel.: 069/71 91 21-0; Fax: -71 91 21-19E-Mail: [email protected]; Internet: www.cimonline.de

CommerzbankAnsprechpartner: Stephan Mon-dovitsTel.: 069/136 2 44 24; Fax: -136 2 28 37E-Mail: [email protected]; Internet: www.commerzbank.com

Deutsche Gesellschaft für Interna-tionale ZusammenarbeitAnsprechpartner: Marcel SchwickertTel.: 06196/79-24 04E-Mail: [email protected]; Internet: www.giz.de

Deutscher Industrie- und Handels-kammertag e.V (DIHK)Tel. 030/203 08 – 0; Fax: -203 08-1000E-Mail: [email protected]; Internet: www.dihk.de

KfW BankengruppeAnsprechpartner: Martin Jenner Tel.: 069/74 31-82 32E-Mail: [email protected]; Internet: http://kfw.de

Nah- und Mittelostverein e.V. (NUMOV)Jägerstraße 63 D, 10117 BerlinTel: 030/20 64 10-0; Fax: -10E-Mail: [email protected]; Internet: www.numov.de

Stiftung Wissenschaft und PolitikAnsprechpartnerin: Citha D. MaaßTel.: 030-88 00 70-0E-Mail: [email protected]; Internet: www.swp-berlin.org.de

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62 Wirtschaftsleitfaden – Afghanistan

Fortschrittsbericht Afghanistan zur Unterrichtung des Deutschen Bundestags, Dezember 2010Internet: www.bundesregierung.de

Main Investment Opportunities in Afghanistan Afghanistan Investment Support Agency

Ministry of Mines, The Islamic Republic of AfghanistanBusiness Plan 2010 - 2015, Synopsis

Deutscher Bundestag, Druck-sache 17/2878, Antwort der Bundesregierung auf eine Große AnfrageInternet: http://dipbt.bundestag.de

Development Cooperation Report 2010Afghanistan Ministry of Finance (Daten zu ausländischer Hilfe, Partnern etc.)Internet: www.mof.gov.af

Doing Business in Afghanistan: 2011 Country Commercial Guide for U.S. CompaniesInternet: http://trade.gov/static/2011CCG_Afghan.pdf

Evaluating U.S. Foreign Assis-tance To AfghanistanCommittee on Foreign Relations U.S. Senate, June 8, 2011Internet: www.gpoaccess.gov/congress/index.html

Verband Beratender Ingenieure (VBI)Tel.: 030/260 62 0; Fax: -260 62 100 E-Mail: [email protected]; Internet: www.vbi.de

Informationsquellen

Afghanistan Economic Update, The World Bank, Dec. 2010

Afghanistan Geological SurveyInternet: www.bgs.ac.uk/ afghanminerals/

Bundesanstalt für Geowissen-schaften und RohstoffeDeutsche RohstoffagenturInternet: www.bgr.bund.de, www.deutsche-rohstoffagentur.de

Central Statistics OrganizationInternet: http://cso.afghanistan.af

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Germany Trade & Invest www.gtai.de 63

Impressum

HerausgeberGermany Trade and Invest Gesellschaft für Außenwirtschaft und Standortmarketing mbHVillemombler Straße 7653123 BonnT. +49(0)228 24993-0F. +49(0)228 24993-212 E-Mail: [email protected]: www.gtai.de

Autoren: Samira Akrach (Nah- und Mittelost-Verein); Cornelia H. Lehmann (advisa Unternehmensberatung); Michael Paulo (Centrum für internationale Migration und Entwicklung, CIM); Steffen Arnold, Hermann van Boemmel, Liane Hryca, Anna Janus, Elisaveta Kostova, Birgit Seibel (Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit); Ulrich Binkert, Jürgen Huster, Niko Sievert (Germany Trade & Invest)

Redaktion: Ulrich Binkert, Tel. +49(0)228 249 93-267, E-Mail: [email protected] Tilz, Tel. +49(0)228 249 93-234, E-Mail: [email protected]

Ansprechpartner: Manfred Tilz, Tel. +49(0)228 249 93-234, E-Mail: [email protected]

Redaktionsschluss: 10.06.2011

Bestell-Nr.: 16186

Preis: 30,- Euro

Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck - auch teilweise - nur mit vorheriger ausdrücklicher Genehmigung. Trotz größtmöglicher Sorgfalt keine Haftung für den Inhalt.

Hauptsitz der Gesellschaft: Friedrichstraße 60, 10117 Berlin

Geschäftsführer: Dr. Jürgen Friedrich, Michael Pfeiffer

Vorsitzender des Aufsichtsrates: Dr. Bernd Pfaffenbach, Staatssekretär im Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie

Registergericht: Amtsgericht Charlottenburg · Registernummer: HRB 107541 B

Gefördert vom Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie und vom Beauftragten der Bundesregierung für die neuen Bundesländer aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages.

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Wirtschaftsleitfaden - Afghanistan- Perspektiven der Zusammenarbeit -

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Villemombler Straße 7653123 Bonn

T. +49 (0)228 24993-0F. +49 (0)228 [email protected]

Über uns

Germany Trade & Invest ist die Gesellschaft zur Außenwirt-schaftsförderung der Bundesrepublik Deutschland. Sie un-terstützt deutsche Unternehmen, die ausländische Märkte erschließen wollen, mit Außenwirtschaftsinformationen.

Germany Trade & Invest wird gefördert vom Bundesministe-rium für Wirtschaft und Technologie und vom Beauftragten der Bundesregierung für die neuen Bundesländer aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages.

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