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Schlagzeilen ǀ Wetter ǀ DAX 10.482,32 ǀ TV-Programm ǀ Abo WISSENSCHAFT Nachrichten > Wissenschaft > Mensch > Wissenschaftsgeschichte > Wissenschaft: Die Mär von der genialen Jugend Freitag, 04.11.2016 05:54 Uhr Drucken Nutzungsrechte Feedback ANZEIGE Alte Koryphäe oder junger Einstein: Forscher haben untersucht, in welchem Alter Wissenschaftlern am ehesten bahnbrechende Veröffentlichungen gelingen. Das Ergebnis verblüfft. Von Martin Pfaffenzeller DPA Absolventen der Universität Bonn (Archivbild) In welcher Lebensphase kommen Wissenschaftler normalerweise auf ihre besten Ideen? Der Medientheoretiker Friedrich Kittler hatte auf diese Frage eine einfache Antwort: Während ihrer postpubertären Askese. "Als Mann ist man heute mit 13 imstande, ein Kind zu zeugen. In meiner Generation schlief man erst mit 20 oder 21 mit der ersten Frau." In den Jahren dazwischen habe man seine schlagenden Ideen gehabt, " sagte Kittler kurz vor seinem Tod 2011. Danach komme nicht mehr allzu viel. Umgekehrt ließe sich vermuten, dass wissenschaftliche Exzellenz mit zunehmendem Alter steigt - erst gegen Ende der Karriere weiß ein Forscher so viel, dass er etwas wirklich Neues beitragen kann. Keinerlei Regeln Ganz so einfach ist es jedoch nicht. Die Netzwerk- Forscher um " Roberta Sinatra von der Northeastern University in Boston haben mehr als eine halbe Million wissenschaftliche Aufsätze oder Bücher von Physikern, Biologen, Chemikern, Neurowissenschaftlern, Ökologen und Ökonomen " analysiert und ausgewertet, wie oft andere Wissenschaftler diese zitiert haben. Der Gedanke dahinter: Je öfter ein Werk zitiert wird, desto wichtiger ist es. Dann betrachteten Sinatra und ihre Kollegen, zu Wissenschaftliche Durchbrüche Die Mär von der genialen Jugend # $ Teilen % Twittern & E-Mail Anmelden Wissenschaft: Die Mär von der genialen Jugend - SPIEGEL O... http://www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/wissenschaft-die-m... 1 of 6 11/8/16, 1:02 PM

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Freitag, 04.11.2016 05:54 Uhr Drucken Nutzungsrechte Feedback

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Alte Koryphäe oder junger Einstein: Forscher haben untersucht, in welchem Alter Wissenschaftlern am

ehesten bahnbrechende Veröffentlichungen gelingen. Das Ergebnis verblüfft.

Von Martin Pfaffenzeller

DPA

Absolventen der Universität Bonn (Archivbild)

In welcher Lebensphase kommen Wissenschaftler normalerweise auf ihre besten

Ideen? Der Medientheoretiker Friedrich Kittler hatte auf diese Frage eine einfache

Antwort: Während ihrer postpubertären Askese.

"Als Mann ist man heute mit 13 imstande, ein Kind zu

zeugen. In meiner Generation schlief man erst mit 20

oder 21 mit der ersten Frau." In den Jahren dazwischen

habe man seine schlagenden Ideen gehabt, " sagte

Kittler kurz vor seinem Tod 2011. Danach komme nicht

mehr allzu viel.

Umgekehrt ließe sich vermuten, dass wissenschaftliche

Exzellenz mit zunehmendem Alter steigt - erst gegen

Ende der Karriere weiß ein Forscher so viel, dass er

etwas wirklich Neues beitragen kann.

Keinerlei Regeln

Ganz so einfach ist es jedoch nicht. Die Netzwerk-

Forscher um " Roberta Sinatra von der Northeastern University in Boston haben

mehr als eine halbe Million wissenschaftliche Aufsätze oder Bücher von Physikern,

Biologen, Chemikern, Neurowissenschaftlern, Ökologen und Ökonomen "

analysiert und ausgewertet, wie oft andere Wissenschaftler diese zitiert haben. Der

Gedanke dahinter: Je öfter ein Werk zitiert wird, desto wichtiger ist es.

Dann betrachteten Sinatra und ihre Kollegen, zu

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meistzitiertes Werk entstanden ist und suchten nach

einem Muster. Und siehe da: Es gibt keins. Das Alter hat

offenbar keinen Einfluss auf den Zeitpunkt des

Geniestreichs.

Fenn war 71

Der Physik-Nobelpreisträger Frank Wilczek etwa schrieb

sein 2004 ausgezeichnetes Werk über Quarks zu Beginn

seiner Laufbahn 1973. Es war seine erste

Veröffentlichung - da war er gerade mal 22 Jahre alt.

Getty Images/ SPIEGEL ONLINE

Jung und Alt: Die Nobelpreisträger Frank Wilczek (l.) und John Fenn leisteten in ganz unterschiedlichenLebensphasen Großartiges.

Umgekehrt war der Biologe John Fenn schon 71 Jahre alt, als er seine

nobelpreisgekrönte Studie zu schwebenden Proteinen veröffentlichte - danach

folgten nicht mehr allzu viele Aufsätze.

Andere Wissenschaftler liefern in der Karrieremitte ihre besten Arbeiten ab. Dieses

Ergebnis gilt auch für frühere Jahrzehnte und unterschiedliche

Wissenschaftsdisziplinen, unabhängig davon, ob die Wissenschaftler alleine oder

im Team forschen.

Die Zahl der Veröffentlichungen allein bedeutet nicht viel

Zudem untersuchte das Team um Sinatra, welche Faktoren für wirklich bedeutende

Aufsätze entscheidend sind. Dazu analysierten sie die meistzitierten 5 Prozent der

Beiträge, also das beste Zwanzigstel. Die erste Vermutung war, dass Fleiß eine

wichtige Rolle spielt: Wer viel veröffentlicht, hätte demnach eine bessere Chance,

einen Durchbruch zu landen. Doch es gibt nur einen sehr schwachen

Zusammenhang: Das Prinzip Schleppnetzfischen allein funktioniert offenbar nicht.

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Viel bedeutender als die bloße Quantität seien laut den Rechenmodellen zwei

andere Faktoren. Den ersten nennen die Netzwerk-Forscher "Parameter Q": Q ist

für jeden Wissenschaftler bestimmbar und zeigt seine Fähigkeit, bestehendes

Wissen weiterzuentwickeln. Q bleibt über die gesamte Karriere mehr oder weniger

konstant. Der Parameter ist ein wichtiger Teil des von den Forschern entwickelten

Modells zur Vorhersage wissenschaftlichen Erfolgs.

Was ist der Q-Parameter?

Ein Wissenschaftler mit niedrigem Q kann so viel publizieren, wie er will - ein

bedeutender Beitrag wird ihm höchstwahrscheinlich trotzdem nicht gelingen. Wer

einen hohen Q-Parameter aufweist, hat höhere Chancen, einen wissenschaftlichen

Durchbruch zu schaffen. Q lässt sich für jeden Forscher aus seiner

Publikationshistorie berechnen.

Das einzige Problem: Noch weiß niemand, wovon der Q-Parameter abhängt. Ist es

Talent? Intelligenz? Die Ausbildung? Die Netzwerk-Forscher haben keine einfache

Erklärung. Trotzdem trauen sie der Kennzahl zu, in Zukunft wissenschaftliche

Karrieren vorherzusagen.

Eine Garantie ist ein hoher Q-Parameter freilich nicht. Der zweite und noch

wichtigere Faktor ist nämlich: Glück.

Is a scienti*c career predictable?

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Interview: Mit Friedrich Kittler

Science: Die Studie

Homepage: Roberta Sinatra

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