Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

317
8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 1/317  

Transcript of Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

Page 1: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 1/317

 

Page 2: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 2/317

 

Buch:

Larry Laffer, der Möchtegernfrauenheld im Polyester-Anzug,nimmt an einer Kreuzfahrt teil. Larrys Glück: Das Schiff ist bis

zum Bug gefüllt mit schönen Frauen. Larrys Pech: Jede einzelnevon ihnen ist zehnmal cooler und intelligenter als er. Larrysletzte Hoffnung: ausgerechnet Kapitän Thgyh, eine schwedi-sche Schönheit, die unerreichbar scheint.

Seit über zehn Jahren halten die Computerspiele um Larry Laf-fer, den gnadenlosen Looser, eine ständig wachsende Gemein-

de in Atem. Larry Laffer gilt als das beste Beispiel von humor-voller Unterhaltung auf dem Spielemarkt. Steve Whitton hat zueinem besonders amüsanten und deftigen Larry-Laffer-Abenteuer einen kongenialen, witzsprühenden Roman ge-schrieben, der kein Auge trocken läßt. In einem ausführlichenNachwort informiert der Autor zudem über die Geschichte die-ser großen Spiele-Serie.

Page 3: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 3/317

 

Steve Whitton

Die verrückten

Abenteuer des

LARRY

LAFFER

Roman

Ins Deutsche übertragenvon Andreas Kasprzak

Basierend auf demSierra-Computerspiel

Yacht nach Liebe! von Al Lowe

Page 4: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 4/317

 

BASTEI LÜBBE TASCHENBUCHBand 13928

Erste Auflage: Dezember 1997

© Copyright 1997 by Bastei-Verlag Gustav H. Lübbe GmbH & Co.

Bergisch GladbachLektorat: Dr. Edgar Bracht

Titelbild: Sierra Coktel, DreieichUmschlaggestaltung: QuadroGrafik, Bensberg

Satz: KCS GmbH, Buchholz/HamburgDruck und Verarbeitung:

Brodard & Taupin, La Flêche, FrankreichPrinted in France

ebook by Monty P.

ISBN: 3-404-13928-3

Der Preis dieses Bandes versteht sich einschließlich der gesetzlichen Mehrwertsteuer

Page 5: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 5/317

 

Inhalt

Vorspiel............................................................................................ 8 1. Willkommen an Bord!............................................................... 22 

2. Viktorianische Prinzipien.......................................................... 47 

3. Riesenerektion erwünscht......................................................... 58 

4. Sprechende Möpse .................................................................... 79 

5. Mötmöt und Tlanfelkel ............................................................. 89 

6. Venuswürfel ............................................................................ 105 

7. Striplügen................................................................................. 122 

8. Deine Nase verspricht so viel….............................................. 136 

9. Coitus interruptus ................................................................... 150 

10. Formalitäten........................................................................... 169 

11. Die Frau in Schwarz .............................................................. 192 

12. Copulo ergo sum ................................................................... 200 

13. Lancôme [oder Lanvin] ......................................................... 211 14. Annette Ammbumsen........................................................... 233 

15. Segeltörn................................................................................. 239 

16. Lampenketten........................................................................ 251 

17. Haute Couture ....................................................................... 262 

18. Quiche de Larry..................................................................... 269 

19. Achterdeck-Bowling.............................................................. 283 

20. Grand finale ........................................................................... 289 

Larry Laffer: Die Legende lebt!................................................... 299 

Larry Laffer – Die Legende......................................................... 300 

Hinter den Kulissen von Yacht nach Liebe! ................................. 306 

Al Lowe: Larrys Alter ego?......................................................... 312 

Danksagung................................................................................. 315

Page 6: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 6/317

 

Für Leo Cardigan 

Page 7: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 7/317

 

ACHTUNG!

Bevor Sie uns verklagen:

Sämtliche Personen, Doubles, Widergänger, Bill-Clinton-Imitatoren, Charaktere und Charakterlose in diesem Romansind frei erfunden, ebenso viele Sportarten, Weinqualitäten,Kochrezepte, Käsesorten, etc. Jede Ähnlichkeit zwischen Faktund Fiktion würde nicht nur Al Lowe, sondern auch den Autor

zutiefst verblüffen, der sich hiermit nachdrücklich von seinenProtagonisten, ihren Taten, Meinungen und unzüchtigen Ge-danken distanziert. (Obwohl, wenn Sie zufällig die Privatadres-se von Demi Moore haben sollten…)

Page 8: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 8/317

 

Vorspiel

Es gibt Nächte im Leben, die große Ähnlichkeit mit der Zie-hung der Lottozahlen haben. Nächte, in denen man voller In- brunst zu dem Greis mit dem wallenden weißen Bart, dem wei-ten Gewand und den modischen Gesundheitslatschen betet inder Hoffnung, daß Er in Seiner grenzenlosen Güte – und damitdie Kirche nächsten Sonntag besser besucht ist als sonst – ir-

gendwie dafür sorgen wird, daß beim nächsten Mal der Jackpotfällig ist. Doch während die Mitglieder der Lottospielerge-meinde sehnsüchtig auf den Sechser warten, der es ihnen er-lauben würde, endlich die Kaution für ihren mal wieder imKnast sitzenden Junior zu bezahlen oder sich einen von diesenwahnsinnig teuren Riesenbreitbildfernsehern ins Wohnzimmer

zu stellen, die den Gang ins Kino überflüssig machen, war Lar-ry Laffer mehr an einem schlichten Zweier interessiert. Ganzohne Zusatz- und Superzahl zwar, dafür allerdings am liebstenmit Champagner und Wasserbett. Zwar hatte Larry zuweilendas unbestimmte Gefühl, daß es leichter war, einen sieben- bisachtstelligen Lottogewinn einzufahren, als eine Frau zu finden,die seinen Ansprüchen genügte (oder zumindest verzweifelt

genug war, sich mit ihm einzulassen), aber hin und wieder fin-det selbst ein blinder Hahn einen Korn, auch wenn Larry dies –sofern auf sich selbst bezogen – energisch abgestritten hätte.

Gleichwohl konnte er nicht leugnen, daß heute sein Glückstagzu sein schien. Denn im Gegensatz zu den zahllosen anderenNächten, die er nach erfolglosem Streifzug durch die Single-

Kneipen und In-Treffs in der Gegend allein und verhöhnt vom

Page 9: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 9/317

 

überlauten Quietschen der Bettfedern im Apartment seinesNachbarn linker Hand in seiner Junggesellenzelle verbrachte,hatte es an diesem Abend bloß vier Stunden gedauert, bis er sie

fand – oder sie ihn, was ganz auf den jeweiligen Standpunktankam.

 Jedenfalls saß sie in Shackey’s Pub in der Seibert Street an derTheke – groß, schlank, langes, dunkelbraunes Haar, grüne Kat-zenaugen, voller roter Schmollmund, endlose Beine in Nylonsund Pumps, üppige Quarktaschen, die den Gesetzen derSchwerkraft trotzten – und warf Larry beim Hereinkommeneinen derart schmachtenden Blick zu, daß er wegen seiner but-terweichen Knie Mühe hatte, auf den Hocker neben ihr zu klet-tern, was wegen seiner bescheidenen Größe von knapp eins-fünfundfünfzig sowieso schon nicht einfach war. Zwar ver-suchte er verzweifelt, seinen beständig ansteigenden Testoste-ronspiegel und das damit ganz zwangsläufig einhergehende

Drängen im Schritt unter Kontrolle zu halten, aber spätestens,als er sah, wie sie hingebungsvoll am Strohhalm ihres CubaLibre lutschte, war ihm klar, daß er mit dieser Frau, die gerade-wegs den Träumen eines lendenmäßig chronisch unterbeschäf-tigten Spieledesigners entsprungen zu sein schien, den Restseines Lebens verbringen wollte – oder doch zumindest dienächsten zwei, drei Stunden, bis er seine Hormonration fürheute verbraucht hatte.

Nun war dieser an sich durchaus verständliche Wunsch beiLarry jedoch keine Seltenheit, sondern überfiel ihn regelmäßigalle zehn bis fünfzehn Minuten beim Anblick einer hübschen jungen Frau ohne männliche Begleitung, bei der er bis datonoch nicht abgeblitzt war (doch, es gab tatsächlich noch wel-

che). In der Regel handelte er sich bei dem Versuch, die Ange-

Page 10: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 10/317

 

 betete für sich zu gewinnen, einen Korb, eine Ohrfeige, eineAnzeige wegen sexueller Belästigung oder alles zusammen ein.Aber entweder fand Cuba Libre das hilflose Stottern, mit dem er

sie zu einem Drink einlud, »irgendwie niedlich«, hatte ihre Bril-le vergessen, die sie wegen ihrer extremen Kurzsichtigkeitnormalerweise immer trug, oder sie verwechselte ihn mit demSchauspieler Tom Cruise, was zwar bislang noch nie vorge-kommen war, aber ja durchaus im Bereich des Möglichen lag.Was auch immer. Jedenfalls erklärte sie ihm, daß sie ganzschrecklich einsam sei, weil ihr Mann sie vor ein paar Monaten

verlassen hatte, um mit seiner Sekretärin in Alaska Biber zuzüchten, und ihre Wohnung in dem Hochhaus gleich um dieEcke läge. Ob er vielleicht Zeit und Lust hätte, sie nach Hausezu begleiten und auf einen frischen Tomatensaft oder so wasmit zu ihr hochzukommen? Ach ja, im übrigen hieße sie Sha-mara.

Larry brauchte nicht lange zu überlegen, was zu tun war.Natürlich habe er Zeit, erklärte er.

Und Lust sowieso.

So kam es, daß Larry sich keine Viertelstunde später in ihremApartment im Bett wiederfand, wo Shamara ihm zeigte, wie

einsam sie nach all den Monaten ohne einen Mann war – oder besser: sie ließ es ihn fühlen, denn in ihrem Schlafzimmer war esfinsterer als im Darmtrakt eines Opossums. Es war so dunkel,daß man die Hände nicht sehen konnte, selbst wenn man siedirekt vor die Augen hielt.

Dafür gab es eine ganze Menge zu hören. 

Page 11: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 11/317

 

Das Bettzeug raschelte. Shamara stöhnte wie eine brünstigeafrikanische Löwin. Larry keuchte, als hätte er Asthma im End-stadium. Nackte Körper rieben sich heftig aneinander. Die nach

Parfüm und Raumspray mit Veilchenaroma duftende Dunkel-heit war erfüllt von den Grunzlauten ihrer Leidenschaft. Kurz-um: eine Geräuschkulisse wie in Amerikas Wohnzimmern,wenn im Fernsehen Baywatch lief und sich alle Welt fassungslosfragte, wie zur Hölle Pam Anderson es mit ihrem Brustgehänge bloß schaffte, aufrecht zu gehen.

»Oooh, Baby!« stammelte Larry, die Stimme bebend vor Be-gierde und Anstrengung (schließlich war er auch nicht mehr so jung wie Bill Clinton). »Du bist die Größte! Wirklich! So washab’ ich noch nie erlebt! Oh, Mama!« Er juchzte lüstern. »Das istdie schönste Nacht meines Lebens!«

Shamara ging nicht darauf ein.

»Ich brauche mehr, Larry!« forderte sie. »Viel mehr! Los, laß

uns was Neues ausprobieren!«Sie wand sich in der Finsternis unter ihm hervor, zog sich von

ihm zurück. Das Rascheln von Stoff war zu hören. Das Schabeneiner Schublade, die geöffnet und wieder geschlossen wurde.

»Was Neues?« Larry keuchte, als wäre er eben die zehntau-send Meter in sieben Stunden sechsundzwanzig gelaufen. »Um

Himmels willen, Shamara, gibt es denn noch irgend etwas, daswir nicht ausprobiert haben?« Der Gedanke erschien ihm völligabwegig, vor allem nach der Sache mit der Schlagsahne…

»Es gibt ’ne Menge Sachen, die wir noch nicht gemacht haben,Larry«, sagte Shamara. Für ihn klang es wie ein Versprechen.»Komm, schlüpf doch mal hier rein, Süßer…«

Page 12: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 12/317

Page 13: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 13/317

 

»Aber warum bloß?« fragte Larry irritiert. »Ich meine, was istdenn plötzlich los mit dir?«

Shamara nahm ein Päckchen Zigaretten vom Nachttisch,

steckte sich einen der Glimmstengel zwischen die Lippen undzündete ihn mit einem Streichholz an, das sie am Bettpfostenanriß. Sie nahm einen tiefen Zug von dem Krebslolly und bliesLarry den Rauch mitten ins Gesicht.

Larry, passionierter Nichtraucher (kam bei den meisten Frau-en besser an, als wenn man ständig die notleidende Tabakin-

dustrie unterstützte), hustete gequält.»Weißt du, Laffer«, sagte Shamara gleichgültig, während sieAsche von der Spitze der Zigarette auf das Bettlaken klopfte.»Eine Nacht mit dir läßt einer Frau viel Zeit zum Nachdenken.Und wir beide passen einfach nicht zusammen. Dieses ganzeNew-Age-Zeugs ist nun mal nicht mein Ding. Im Grunde inte-ressiere ich mich sowieso nur für eine Sache, und das ist…«

»Sex?« fragte Larry hoffnungsvoll.

»Nein«, sagte sie. »Kohle.«

Shamara griff nach der Hose seines zahnbelagweißen Polyes-teranzugs, die neben dem Bett auf dem Fußboden lag, zog seinPortemonnaie aus der Gesäßtasche und zählte mit flinken Fin-gern die darin befindlichen Geldscheine. Sie schnappte sich sei-ne Barschaft, alles in allem immerhin knapp dreiundzwanzigDollar, und steckte die Mäuse zwischen ihre üppigen Brüste.Dann warf sie die leere Brieftasche achtlos beiseite; sie landetezwischen ihrem feuerroten Spitzen-BH, der Schlagsahnesprüh-flasche und einem benutzten Andenken aus Paris in der Ecke.»So, du Looser, ich verdufte jetzt«, erklärte sie schließlich.

Page 14: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 14/317

 

»Hey! Moment mal!« rief Larry. »Du kannst nicht einfachweggehen! Ich meine, immerhin ist das hier deine Wohnung!«

»Falsch«, sagte Shamara mit einem sarkastischen Lächeln.

»Die Bude gehört einem dieser dreihundert Pfund schwerenManagertypen von der Wall Street, die ihre Freizeit damitverbringen, im Fitneß-Studio Vier-Zentner-Hanteln zu stem-men. Ich glaube, er heißt Klaus oder so. Wir sind verabredet.«Sie warf einen Blick auf ihre Armbanduhr. »Wenn er pünktlichist, wird er in etwa fünf Minuten hier sein. Ich wette, ihr werdetzusammen eine Menge Spaß haben…« Sie kicherte spöttischund schickte sich an, das Schlafzimmer zu verlassen.

»He!« Larry rüttelte an den Handschellen, aber er konnte sichnicht daraus befreien. »Verdammt, Shamara, du kannst michhier doch nicht so einfach hängenlassen!«

Shamara überlegte einen Augenblick. Dann nickte sie. »Duhast recht.« Sie kam zum Bett zurück, nahm einen letzten Zug

von ihrer Zigarette – und klemmte sie Larry zwischen die Lip-pen. »Viel Vergnügen damit, du Blödmann!« Ohne ein weiteresWort wandte sie sich um und ging. Einen Moment später hörteer, wie die Wohnungstür krachend ins Schloß fiel.

Shamara war gegangen.

Er war allein in dem fremden Apartment.

Larry seufzte.

»Oh, Baby«, murmelte er resigniert. »Du bist ja wirklich dasLetzte!« Obgleich er wußte, daß es sinnlos war, rüttelte er er-neut an den Handschellen, doch die Mistdinger saßen so fest,daß seine Finger allmählich blau und taub wurden. »Das ist dieschlimmste Nacht meines Lebens! Viel schlimmer kann’s echt

nicht mehr werden.«

Page 15: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 15/317

 

Er registrierte plötzlich, daß er Shamaras Fluppe im Mund-winkel hängen hatte, und augenblicklich reizte ihn der bittereZigarettenrauch zum Husten. Würgend und keuchend spie er

die Kippe aus, die mitten auf seiner Hose landete und denleicht entzündlichen Polyesterstoff umgehend in Brand steckte.Innerhalb von zwei Sekunden stand das Fußende des Bettes inFlammen.

Larry zog eine Grimasse. »Oh, Baby«, brummte er. »Schätze,das hätte ich nicht sagen sollen…«

Während sich die Flammen auf dem Bett schneller ausbreitetenals die Anhänger der Kelly Family und beißender Qualm ihmin die Nase stieg, suchte Larry fieberhaft nach einem Weg, sichder verfluchten Handschellen zu entledigen. Wenn er sich nichtin spätestens zwei Minuten aus seiner mißlichen Lage befreithatte, konnte er sich den täglichen Solariumbesuch in Zukunft

vermutlich sparen…Verzweifelt rüttelte er an den Schellen, versuchte, die Hände

aus den stählernen Armreifen zu ziehen, die Bettpfosten unterAufbietung all seiner Manneskraft (nicht, was Sie jetzt wiederdenken) zu brechen, doch es gelang ihm nicht. Trotzdem mußteer die elenden Handschellen aufbekommen, und zwar pronto.

Von zunehmender Panik erfüllt, schaute er sich in dem Schlaf-zimmer um, aber viel gab es nicht zu sehen. Bloß seine undShamaras Kleider, die achtlos über den ganzen Raum verteiltwaren, ihre schwarzen Pumps mit den extra hohen Absätzen,dekorativ auf den Kerzen des Leuchters plaziert, eine PackungSchlafsäcke für weiße Mäuse, in der gähnende Leere herrschte,und ein Glas mit Gewürzgurken, die Shamara für ihre »beson-

Page 16: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 16/317

 

dere Spezialität« gebraucht hatte. Nichts, was ihm helfen wür-de, der drohenden Schnellröstung zu entgehen.

Auf dem Nachttisch neben der Lampe mit dem herzförmigen

Schirm entdeckte er eine Haarnadel von Shamara. (Auch soeine Sache. ) Wenn es ihm gelang, sich das Ding zu schnappenund damit die Handschellen aufzuschließen…

Da seine Hände gefesselt waren, benutzte Larry seinen rech-ten Fuß, um nach der Haarnadel zu tasten, was eine Verren-kung von geradezu knochenbiegender Anstrengung erforderte.

Zuerst hatte er kein Glück, weil das Mistding einfach zu weitweg war, doch als bereits ein verräterischer Schmorkäsegeruchdurch den Raum trieb, gelang es ihm schließlich, die Nadel mitden Zehen zu fassen zu bekommen. Dank jahrelanger Yoga-Erfahrung (was sollte er schließlich sonst tun, wenn er abendsallein zu Hause war) schaffte er es, die Haarnadel in einem Aktselbstmörderischer Akrobatik in das Schloß der linken Hand-

schelle einzuführen. So vorsichtig wie möglich drehte er dieHaarnadel – und zuckte erschrocken zusammen, als plötzlicheine ohrenbetäubend laute Megaphonstimme ertönte, begleitetvom schrillen Auf- und Abschwellen mehrerer Feuerwehrsire-nen.

» Achtung! Achtung! Sie da oben im Penthaus!« 

Larry sah verwirrt auf. »Wer? Ich?«» Ja, Sie!« bestätigte die Megaphonstimme. »Die Person, die mit

Shamara die Nacht verbracht hat! Verlassen Sie das Hochhaus! So- fort! Wir vermuten, daß es hier irgendwo brennt!« 

Larry verdrehte gequält die Augen. »Ach, was…«

Inzwischen hatten sich die lodernden Flammen in dem A-

partment noch weiter ausgebreitet und krochen gierig über

Page 17: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 17/317

 

Möbelstücke, Teppiche und Vorhänge. Der Qualm des Feuers brannte ihm in den Augen. Die Hitze wurde von Sekunde zuSekunde unerträglicher. Allmählich wurde Larry bewußt, wie

sich ein Brathuhn im Ofen fühlen mußte.Er wandte seine Aufmerksamkeit wieder den Handschellen

zu und schaffte es tatsächlich mit vor Konzentration aus demMund hängender Zunge, den ersten Armreif nach vorsichtigemHin- und Herdrehen der Haarnadel aufzuschließen. Klackendschnappte der Armreif auf. Hastig streifte Larry die Handschel-le ab, öffnete mit der Nadel den anderen Stahlreifen und sprangvom Bett, das jetzt lichterloh brannte. Überall um ihn herumwar Feuer. Mit ausgreifenden Schritten eilte er durch die Ver- bindungstür hinüber ins Wohnzimmer. Hinter der breiten Glas-front, die beinahe die gesamte Westwand des Raumes einnahm,flackerten die Lichter der Feuerwehrwagen, die vor dem Hoch-haus standen. Der Balkon des Penthauses war verlassen. Die

siamesischen Kampffische in dem Aquarium neben dem Regalvoller Bodybuilding-Handbücher übten sich in Rücken-schwimmen, während das Wasser in ihrem Glasbecken brodel-te und sprudelte wie in einem Whirlpool.

Larry rannte schnell zur Glastür, packte den Griff, um sie zuöffnen – und riß die Hände entsetzt zurück, als er zu seinem

Leidwesen feststellen mußte, daß das Metall so heiß war, daß esfast zwischen seinen Fingern schmolz. Jaulend vor Schmerzhüpfte er im Wohnzimmer herum und blies auf seine angeseng-ten Handflächen, bis die Qual nachließ und seine krebsroteHaut wieder ihre normale Höhensonnenfärbung annahm. Dannpackte er einen Designer-Stuhl von La Costa Lotta, der aus ei-nem Dutzend Hanteln zusammengeschweißt worden war,

Page 18: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 18/317

 

stemmte das Sitzmöbel mit Altmetallgarantie keuchend hochund schleuderte es mitten in die Glasfront.

Ein fürchterliches Krachen erscholl, als die Fensterfront sich in

einer Explosion aus Scherben in ihre Bestandteile auflöste. Split-ter flogen zu allen Seiten davon. Die brennenden Vorhänge flat-terten in dem Luftzug, der von draußen in das Apartmentdrang und den Flammen neue Kraft verlieh.

Kurz entschlossen hüpfte Larry über die Scherben hinaus aufden Balkon, stolperte über seine eigenen Quadratlatschen,

schlug ein halbes Dutzend Purzelbäume und kam schließlichkeuchend und stöhnend vor der Brüstung zum Liegen.

Mühsam, mit schmerzenden Gliedern wie nach einer Nachtmit den Pointer Sisters (allemal besser als Jackson Five), rappel-te er sich auf und sah, daß vor ihm auf dem scherbenübersätenBoden des Balkons ein Umschlag lag, aus dem ein Billett her-vorlugte.

Larry runzelte die Stirn. »Hey? Was ist denn das?«

Er griff nach dem Umschlag und zuckte zusammen, als erneue Schmerzen spürte.

»Aua!« jammerte er und schüttelte seinen blutenden Finger inder Luft. »Ich hasse es, mich an Papier zu schneiden!«

Gleichwohl erweckte das Billett den Eindruck, als könnte essich noch als nützlich erweisen. Er zog das Gummiband seinesTangas zurück, steckte den Umschlag zu seiner Männlichkeit inden Slip – und jaulte erneut auf.

»Aua! Ich hasse es, mich an Papier zu schneiden!«

In diesem Moment ertönte die Megaphonstimme wieder.

»Los! Springen Sie!« 

Page 19: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 19/317

 

Larry erhob sich, beugte sich über die Brüstung und spähtehinab in die Tiefe. Irgendwo weit unter sich konnte er, kleinwie Ameisen, die man aus dem Flugzeug beobachtet, zwei rote

Feuerwehrwagen mit ausgezogenen Leitern und eine GruppeMänner mit einem runden Sprungtuch ausmachen, das aus die-ser Höhe so winzig wie eine Briefmarke wirkte. Dahinter lagder Swimmingpool des Hochhauses. Ein paar Journalistenstanden herum und warteten darauf, daß sie für die nächsteAusgabe eine Titelstory bekamen – oder eine Todesanzeige, jenachdem.

Larry starrte in den Abgrund und schluckte. »Springen? SindSie verrückt? Ich bin hier im vierzigsten Stock!«

»Keine Sorge!« erwiderte der Feuerwehrmann. »Alles in Ord-nung! Wir haben ein Netz!«

Larry hörte, wie das Feuer hinter ihm in der Wohnung weiterwütete, sich an der Minibar, dem Fernseher und der Stereoan-

lage verging, und faßte einen Entschluß. »Also gut!« rief er.»Achtung, da unten! Ich komme!«

Er trat zurück, nahm ein Dutzend Schritte Anlauf, holte tiefLuft – und rannte los. Mit einem heiseren Schrei auf den Lippensprang er über die Brüstung und vom Balkon des Penthauses,stürzte sich ins Verderben, während in dem Apartment hinter

ihm die Gasleitung explodierte und die obersten Stockwerkedes Gebäudes in ein flammendes Inferno verwandelte. Stich-flammen grapschten nach seinem Tanga. Qualm, Feuer undTrümmerstücke begleiteten ihn auf dem Weg nach unten.

Vierzig Stockwerke zischten an Larry vorbei wie im Schnell-vorlauf. Mit hilflos rudernden Armen sauste er durch die Luft,

stürzte unaufhaltsam in die Tiefe, während das Sprungtuch der

Page 20: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 20/317

 

Feuerwehrleute unter ihm immer größer wurde, immer größerund größer, was eigentlich ja durchaus zu begrüßen gewesenwäre – wenn er sich nicht zehn Meter zu weit rechts befunden

hätte…»Oh, Scheeeeeiiiiißßßßßeeee!« brüllte Larry panisch.

Schreiend stürzte er in den Swimmingpool.

Platschend schlug das Wasser über ihm zusammen, als er mitder Wucht einer Kanonenkugel im Pool landete. Plötzlich wa-ren oben und unten dasselbe. Gechlortes Wasser drang ihm in

Nase, Mund und Ohren, raubte ihm den Atem. Benommenschwamm Larry hinauf an die Oberfläche, paddelte wie einHund und kämpfte sich krampfhaft hustend zum Beckenrand.Mit einem gequälten Keuchen zog er sich hinauf auf den ge-pflasterten Weg, wo er erschlagen liegenblieb. Sofort stürztendie versammelten Reporter hinüber zum Pool des Gebäudes.Kameras begannen zu surren. Fotoapparate klickten, Blitzlich-

ter und Handscheinwerfer flammten auf. Seltsamerweise schie-nen die Journalisten genau zu wissen, wer er war, aber das war ja schließlich auch ihr Job.

Einer der Reporter, ein fetter Kerl mit Schmalzlocke, der gutund gerne das Gewicht eines japanischen Kleinbusses auf dieWaage brachte, hielt Larry übereifrig ein Mikrofon unter die

Nase. »Leisure Suit Larry, Sie sind eben aus dem vierzigstenStock eines brennenden Hochhauses gesprungen. Was werdenSie als nächstes tun?«

Larry richtete sich auf, strich sich mit einer weltmännischenGeste das schüttere Haar aus der Stirn. »Nun ja…« Er griff inseinen Leopardentanga und holte den Umschlag hervor, den er

auf dem Balkon gefunden hatte. Er zog das Billett heraus, das

Page 21: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 21/317

 

mindestens ebenso durchnäßt war wie er selbst, besah es sicheinen Moment lang und hielt es dann mit einem breiten Grin-sen den Kameras entgegen – es war eine Fahrkarte für eine

Schiffsreise. »Ich werde eine Kreuzfahrt machen!«

Page 22: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 22/317

 

1.

Willkommen an Bord!

Zwei Tage waren seit Larrys heroischem, wenn auch nicht ü- bermäßig ansehnlichem Hechtsprung aus dem vierzigstenStock des brennenden Hochhauses verstrichen. Jetzt stieg er ausseinem goldenen VW-Käfer, wie üblich mit seinem weißen Po-

lyesteranzug inklusive blauem Hemd, mit extra breitem Kragenund dicker Goldkette bekleidet. Noch immer hatte er den pe-netranten Chlorgeschmack des Poolwassers im Rachen, der sichselbst durch den massiven Einsatz von Odol und inhaliertemDeospray, Geschmacksrichtung Moschus, einfach nicht vertrei- ben ließ. Nach wie vor war er grantig wegen der dreiundzwan-zig Dollar, die Shamara ihm abgenommen hatte, da er die Krö-

ten eigentlich zur Finanzierung der aktuellen Ausgabe seinesLieblingsmagazins Titten & Ärsche (Werbeslogan: »Garantiertkeine Gesichter!«) vorgesehen hatte. Dann allerdings schlug erdie Wagentür zu, strich sich das gewichste schwarze Haar ausden Bürokratenecken – tatsächlich hatten manche Männer mehrHaare unter den Achseln als Larry auf dem Kopf –, blickte hin-

über zur P. M. S. Bouncy, dem Kreuzfahrtschiff, das am Pier 69vor Anker lag, und mit einemmal waren sämtliche Unannehm-lichkeiten vergessen, die ihm in den letzten zweiundvierzig Jahren widerfahren waren. Selbst der Umstand, daß der Arztihn bei seiner Geburt vor Lachen fallen gelassen hatte, nachdemer ihn mit den Füßen voran in diese kalte, ach so grausameWelt holte, war urplötzlich vollkommen unbedeutend gewor-den. Der imposante Anblick des Luxusliners, über dessen

Page 23: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 23/317

 

Gangway grob geschätzt eine Million attraktiver junger Frauenan Bord pilgerten, genügte vollauf, um ihn von seiner depressi-ven Phase in einen Zustand akuter Euphorie zu versetzen. Un-

vermittelt fühlte er sich, als könnte er die ganze Welt umarmen– Finanzbeamte ausgenommen.

Dazu gab es auch allen Anlaß, denn die P. M. S. Bouncy ge-hörte nicht ohne Grund zu den exklusivsten Kreuzfahrtschiffennach der Titanic und der Estonia. Der Luxusliner wirkte wieeine überdimensionale Motoryacht von fast hundert MeternHöhe, vierhundert Metern Länge und zweihundert MeternBreite. Ein Flugzeugträger hätte neben diesem Schiff einen arm-seligen Eindruck gemacht.

Larry blieb neben dem Wagen stehen und betrachtete dasSchiff mit derselben Begeisterung wie damals in der Grund-schule die Brüste von Amanda Irgendwas, als er sich in demRollwagen mit den schmutzigen Sportklamotten versteckte, um

so nach dem Unterricht in die Umkleidekabine der Mädchen zugelangen.

Der Luxusliner war wirklich eine Augenweide. Die Figur ei-ner nackten Meernixe mit wallendem Blondhaar und nettenRundungen zierte den Bug. Am Heck befanden sich Segelauf- bauten, Antennen und großen TV-Schüsseln für den einwand-

freien Empfang des Playboy-Kanals. Ein Schlot in der Form ei-ner überdimensionalen Champagnerflasche ragte empor, ausderen offenem Verschluß blaugrauer Rauch zu den Möwenempordriftete, die über dem Dampfer vor dem tiefblauen Hin-tergrund des Himmels krächzend ihre Kreise zogen. UnterDeck befanden sich die Passagierkabinen, deren Bullaugen inder Morgensonne glänzten und schimmerten. Es gab zweiSwimmingpools, ein Casino mit dem vielversprechenden Na-

Page 24: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 24/317

 

men »Pair-o-dice«, ein gutes Dutzend Bars an strategisch güns-tigen Positionen, drei Discos, in denen rund um die Uhr Karao-ke-Shows stattfanden, eine Bordbibliothek, einen Ballsaal, eini-

ge Tennisplätze, eine Bowlinganlage, drei Fitneßräume, in de-nen man sich unter fachkundiger Anleitung unter dem Deck-mantel sportlicher Ertüchtigung nach Belieben selbst geißelnkonnte, einen Hubschrauberlandeplatz, ein Kino, eine Laden-passage und sogar einen Siebzehn-Loch-Golfplatz, der selbstdie Ansprüche von Profi-Einlochern zufriedenstellte. Dasdumpfe Dröhnen der leistungsfähigen Dieselmotoren im Bauch

des Schiffs lag in der Luft wie das Magengrummeln eines Ty-rannosaurus Rex nach einer verdorbenen Portion Homo habilis.

In einer halben Stunde sollte die P. M. S. Bouncy ablegen, umihr erstes Ziel, die Insel Martinique, anzulaufen. Larry hattekeine Ahnung, wo dieses Eiland liegen mochte, doch der Nameklang allemal vielversprechender als die Sandwich-Inseln, vor

allem, weil er sich nicht so viel aus Gruppensex machte.Er holte seine Reisetasche aus dem Kofferraum, in die er ein

Dutzend seiner besten weißen Polyesteranzüge nebst Hemden,Unterwäsche und Strumpfhalter gestopft hatte. Er verriegelteden Käfer, obwohl selbst ein blinder Dieb sich nicht an der altenRostlaube vergangen hätte, und drängelte sich durch die am

Pier versammelten Menschen, die ihren Verwandten an Borddes Schiffes zuwinkten, heilfroh, sie für die nächsten paar Tagelos zu sein. Mit energischen Schritten marschierte Larry dieGangway hinauf. Zwanzig Meter unter ihm schlug Wasser leiseplatschend gegen den Pier.

Vor Larry schob eine schlanke, hochgewachsene Lady in ei-nem enganliegenden schwarzen Kostüm einen Greis im Roll-stuhl auf das Oberdeck. Die Frau trug einen ausladenden

Page 25: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 25/317

 

schwarzen Hut, der sich im Notfall wohl auch problemlos alsSonnenschirm zweckentfremden ließ. Es hatte den Anschein,als wäre die Lady in Black die Privatkrankenschwester des al-

ten Mannes. Oben angelangt, wurden sie wie die übrigen Pas-sagiere vom Kapitän und zwei jungen schwarzhaarigen Matro-sinnen begrüßt. Letztere trugen weiße Uniformen mit so kurzenRöcken, daß sie sie auch gleich hätten weglassen können. Larrykonnte das Gesicht der Frau in Schwarz wegen des Hutes nichtsehen, aber sie zog eine Parfümwolke hinter sich her, gegen diedas Zeug, das seine Nachbarin immer benutzte, wie Altöl roch.

Ihren prallen Hintern, die runden, geschwungenen Hüften unddie endlos langen Beinen ließen lediglich den Schluß zu, daß essich bei ihr nur um eine Schönheit handeln konnte.

Nachdem die Lady und der Herr im Rollstuhl vom Kapitänan Bord willkommen geheißen worden waren, schob diesesPrachtweib ihren Patienten das Deck hinab. Während er ihr

nachsah, fragte er sich nebenbei, ob er dank seiner Krankenver-sicherung ebenfalls in den Genuß eines solchen Luxusgerätskommen würde, wenn er beim Gardinenbügeln von der Leiterfiel und sich beide Arme und Beine brach.

Als die Braut mit dem mobilen Greis außer Sicht verschwun-den war, wandte er sich mit einem sehnsüchtigen Seufzen dem

Kapitän zu – und spürte, wie seine Beine unvermittelt weichwie warmes Gummi wurden. Fassungslos erkannte er, daß derKapitän dieses Luxusdampfers eine Frau war, auch wenn die-ser schnöde Ausdruck für ein Geschöpf von solcher Göttlich-keit, Grazie und Eleganz fast schon Blasphemie glich.

Die Kapitänin – oder wie immer der Femininus von »Kapi-tän« lauten mag – besaß eine Figur, die  jedes Glied von Larryschlagartig vor Ehrfurcht erstarren ließ. Groß, schlank, mit un-

Page 26: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 26/317

 

endlich langen, wohlgeformten Beinen, einer Wespentaille, dieselbst Betty Boop vor Neid erblassen ließ, Brüsten, eben großgenug, daß man keine verstauchten Finger bekam, wenn es

richtig zur Sache ging, und schmalen, weiblichen Schultern. Ihrschulterlanges, glattes Haar schimmerte in der Morgensonnewie sämtliche Goldreserven von Fort Knox. Ihr Gesicht glichdem eines sündigen Engels, mit großen, dunklen Augen, einemüppigen, von Natur aus roten Rosenknospenmund, der zumKüssen geschaffen worden war, und einer irgendwie aristokra-tisch wohlgeformten Nase. Im rechten Mundwinkel befand sich

ein modisches kleines Muttermal. Die Göttin trug eine knappeweiße Uniformjacke mit goldenen Knöpfen, franseligen Schul-terstücken und Rangzeichen an den Ärmeln, die ihr mindestensdrei Nummern zu klein war, eine weiße Mütze und einen kur-zen weißen Rock. Unwillkürlich versuchte Larry sich vorzustel-len, wie sie wohl ohne die Klamotten aussah, splitternackt auf

einem Himmelbett bei sanft flackerndem Kerzenschein, dochdann wurde ihm klar, daß sein Herz sich nach dieser Sache vonShamara noch nicht ausreichend erholt hatte, um auch nur die-ser Phantasie gewachsen zu sein. Dennoch war Larry felsenfestdavon überzeugt, daß ihm die schärfste Woche seines Lebens bevorstand, zumal das wonnige Mädel auf hoher See und weit-ab vom rettenden Festland keine Möglichkeit hatte, vor seiner

penetrierenden Zudringlichkeit das Weite zu suchen. So eineGelegenheit konnte er sich auf gar keinen Fall entgehen lassen!

Larry versuchte, sich nicht anmerken zu lassen, daß sein Hy-pothalamus eifrig dabei war, Testosterone auszuschütten. Äu-ßerlich blieb er cool wie Stieleis, während in seinem Inneren dasFeuer der Begierde aufloderte. Das war bei ihm nicht unbedingt

etwas Neues. Seit dem Augenblick, da seine Mutter sein Ge-

Page 27: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 27/317

 

sicht zum ersten Mal zwischen ihre üppigen Brüste quetschte,ging er ungefähr auf alles los, das in groben Umrissen von dermännlichen Anatomie abwich. Aber diesmal war es irgendwie

anders. Er verspürte nicht nur den Drang, mit ihr ins Bett zugehen, um Sex mit ihr zu haben. Nein, es war mehr als das. Erwollte sie auch auf dem Fußboden, in der Badewanne, in derHängematte, auf dem Bügelbrett…

Larry unterdrückte seine Begierden, bevor seine Hose platzte.Er segnete die Göttin und ihre beiden Begleiterinnen mit jenem breiten Gewinnergrinsen, das er zu Hause vor dem Spiegel ein-studiert hatte. »Ehm, hallo, ihr kleinen Schiffsschönheiten!« be-grüßte er sie. »Ich bin Larry.« Er giggelte, ein wenig verlegen.»Larry Laffer.«

»Herzlich willkommen an Bord der P. M. S. Bouncy, Laffer«,sagte Frau Kapitän und reichte ihm eine perfekt manikürteHand mit roten Nägeln. Ihre Stimme klang rauchig und

zugleich so sanft wie ein fragiles gläsernes chinesisches Wind-spiel, durch das eine Orkanbö fegt. »Ich bin Kapitän Thygh.Einchecken können Sie an der Rezeption bei unserem Chefste-ward Peter. Sollten Sie Fragen haben, so können Sie sich jeder-zeit an mich wenden.« Sie schenkte ihm ein freundliches Lä-cheln, das Larrys Herz schneller schlagen ließ.

»Oh, großartig!« sagte er begeistert. Er hatte nicht gedacht,daß es so einfach werden würde, sie anzubaggern. »Ich habe danämlich tatsächlich so ein, zwei Dutzend…«

»Nicht jetzt, Laffer«, unterbrach ihn Kapitän Thygh und wink-te mit einer Geste ab, die keinen Widerspruch duldete. »Ich binim Augenblick ausgesprochen beschäftigt. Lassen Sie sich dochvom Steward einen Termin geben, ja? Angenehmen Aufenthalt,

Page 28: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 28/317

 

Laffer.« Damit schob sie ihn beiseite und wandte sich dennächsten Gästen zu, einem älteren Ehepaar in buntem Freizeit-look, das eine nicht zu unterschätzende Ähnlichkeit mit einem

grimmigen Bulldoggenpärchen aufwies. »Herzlich willkommenan Bord der P. M. S. Bouncy…«

Larry sah ein, daß dies nicht unbedingt der richtige Zeitpunktwar, die Offensive zu starten. Mit einem verhaltenen Seufzenzuckte er deshalb die Schultern, faßte seine Tasche fester undging durch ein Spalier aus Luftballons und Girlanden weiter indas Atrium; eine mehrstöckige, nach oben hin offene Säulenhal-le, die das Zentrum des Schiffes bildete. Von hier aus konnteman sämtliche Decks und Lokalitäten an Bord der P. M. S.Bouncy leicht erreichen. Das Atrium war mit Palmen, Büschenund exotischen Farnen in eine Dschungellandschaft verwandeltworden. Sogar einen Wasserfall gab es, der sich über vierStockwerke in ein großes Becken erbrach und die goldgelbe

Farbe von Apfelschorle besaß, auch wenn Larry sich mehr anseinen letzten Besuch im Pissoir erinnert fühlte. An einem wei-ßen Piano in der Ecke saß ein Mann im schwarzen Smoking,der eigentlich bloß Lefty heißen konnte, und klimperte einekomplizierte, von zweieinhalb Akkorden getragene Melodie,die absolutes Ohrwurmpotential besaß. Alles in allem wirktedas Atrium mehr als imposant – jedoch nur, wenn die Sonnestrahlte wie ein leckes Atomkraftwerk. Sollte es unvermitteltanfangen zu regnen, sah die Sache schlagartig ganz andersaus…

Der Schalter des Chefstewards, neudeutsch auch Purser ge-nannt, befand sich auf der Hauptebene des Atriums, ganz inder Nähe der Schiffsbibliothek. Larry ging hinüber, vorbei an

einigen wirklich begehrenswerten jungen Ladies in knappen

Page 29: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 29/317

 

Röcken, die mehr als nur einen Blick wert waren, und stellteseine Tasche vor der Rezeption auf den Boden.

Der Purser trug eine schwarze Weste, ein blütenweißes Hemd

mit gestärktem Kragen und eine knallige rote Fliege, die ihmdas Aussehen eines Jahrmarktschreiers verlieh. Mit dem schma-len, verkniffenen Mund und den kleinen Schweinsäuglein hin-ter den Gläsern der Hornbrille, die mindestens so dick wie dieBöden von Cola-Flaschen waren, war er Larry augenblicklichsuspekt. Hinter dem Burschen an der Wand hing ein großesGemälde der P. M. S. Bouncy, gemalt von keinem Geringerenals Sullivan Meyerding.

»Äh, hallo«, sagte Larry. »Kann ich hier einchecken?«

Der Purser sah von den Unterlagen auf, die vor ihm lagen,und musterte den Neuankömmling einen Moment lang, umschließlich ein wohlwollendes Lächeln aufzusetzen, das mögli-cherweise eine Winzigkeit zu freundlich war. »Aber sicher doch,

Süßer«, sagte der Purser mit hoher Fistelstimme, die vermutenließ, daß er sich die Familienjuwelen erst kürzlich kräftig imTürspalt eingeklemmt hatte. Auf einem an der Weste ange-steckten Schild stand sein Name: Peter. »Zeigen Sie mal her, IhrDing.«

Larry ignorierte den lüsternen Blick des Burschen und reichte

ihm das Billett, das er auf dem Balkon des Hochhauses gefun-den hatte. »Bitte.«

»Herzlichen Dank, Süßer.« Der Purser beugte sich über seinenComputer. Nachdem er eine Minute lang die Tastatur malträ-tiert hatte, wohl, weil er wegen seines über die Augen hängen-den Seitenscheitels Schwierigkeiten hatte, die richtigen Tasten

zu treffen, reichte er Larry schließlich eine Keycard und einen

Page 30: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 30/317

Page 31: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 31/317

 

Peter nickte. Sein Lächeln war irgendwie seltsam.

Larry beschloß, nicht weiter nachzuhaken, dankte dem Ste-ward und kehrte der Rezeption den Rücken. Er nahm seine Ta-

sche auf und warf einen Blick auf die Schiffskarte, auf der die P.M. S. Bouncy im Querschnitt abgebildet war. Die Position sei-nes Quartiers, Kabine 0, war mit einem großen »X« markiert, alsob es sich dabei um einen Piratenschatz handelte, und befandsich im fünften Unterdeck, ungefähr dreißig Meter unterhalbdes Wasserspiegels. Wenn er einen der Aufzüge nahm, konnteer seine Unterkunft eigentlich nicht verfehlen.

Er steckte die Karte ein und schlurfte zum Lift. Nachdem erdas Knöpfchen betätigt hatte, bewunderte er einen Momentlang die neugotische Architektur dieses Atriums und fragte sich beiläufig, ob sich Shamaras managender Bodybuilder ebenfallsan Bord befand. Vermutlich nicht. Jedenfalls hatte es keineProbleme gegeben, als Larry nach seinem Sprung aus dem

 brennenden Hochhaus, der in den Nachrichten als mißglückterSelbstmordversuch angedeutet worden war, kurzerhand beider Reederei anrief und erklärte, daß besagter Bursche bei ei-nem tragischen Unfall mit seinem Expander ums Leben ge-kommen war, er als naher Verwandter aber natürlich als Er-satzmann einspringen würde, damit die Kabine nicht leer blieb,

schließlich würde so was nie einen guten Eindruck auf die an-deren Passagiere machen. Im übrigen hatte der Muskelprotzmit der Suche nach einer neuen Bleibe im Augenblick wahr-scheinlich mehr als genug zu tun.

Nach einer Minute kam der Aufzug. Mit einem verhaltenenPling glitten die Türen auseinander. Larry trat in die verspiegel-te Kabine, drückte den Knopf für das Deck 0 und fuhr in denBauch des Dampfers hinunter. Nach einer Weile öffneten sich

Page 32: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 32/317

 

die Schiebetüren wieder und gaben den Blick auf einen langenKorridor frei, an dem zu beiden Seiten streng durchnumerierteTüren lagen. Quergänge teilten das Deck wie eine Geburtstags-

torte in viele kleine quadratische Häppchen. An den Wändenhingen Gemälde von Kapitän Thygh in freizügigen Posen, inden unterschiedlichsten Malstilen gehalten, von impressionis-tisch über dadaistisch bis hin zu postnaturalistisch. Der Bodenwar mit dickem blauem Teppich ausgelegt.

Während er den Gang hinunter zu seiner Kabine ging, mus-terte Larry stirnrunzelnd die Bilder und gelangte zu demSchluß, daß der Körper von Kapitän Thygh noch begehrenswer-ter war, als er auf den ersten Blick vermutet hatte. Diese Frauwar perfekt. Sie war die fleischgewordene Sünde. Wenn siedamals, anno Schöpfung, im Paradies gewesen wäre, hätte derTeufel sich die Sache mit dem Apfel getrost sparen können…

Fröhlich die Melodie von Mr. Ed vor sich hin summend, trot-

tete Larry den Korridor entlang, bis er seine Kabine erreichte.Er schob die Keycard in den Schlitz neben der Metalltür (eineseiner leichtesten Übungen) und registrierte zufrieden, wie dasSchloß mit einem mechanischen Klacken aufsprang. Peter hatteihm die größte Kabine an Bord zugesagt. Wie seine »Spezialsui-te« wohl aussah? Ob es einen Whirlpool, einen Großbildfarb-

fernseher und einen Futon mit extra weicher Federung gab?Erwartungsvoll zog Larry die Tür auf.

Seine Augen weiteten sich.

Sein Summen brach so plötzlich ab, als hätte jemand mit ei-nem Vorschlaghammer wutentbrannt eine Musikbox, die einenSong der Backstreet Boys plärrte, in ihre Einzelteile zerlegt.

Stumm stand er da, den Mund noch immer gespitzt, und starrte

Page 33: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 33/317

 

eine endlos lange, dunkle Treppe hinab, die mindestens so vieleStufen wie das Empire State Building hatte. Ein dumpfesBrummen lag in der Luft, ließ die Wände und den Boden erzit-

tern wie die Schritte einer Urzeitechse. Irgendwo weiter untenkonnte er im Zwielicht undeutlich die Umrisse großer Maschi-nen und einiger weniger Möbelstücke ausmachen.

Im ersten Moment traute er seinen Augen nicht, glaubte nichtzu sehen, was er zu sehen glaubte, und zwinkerte so heftig, daßein anderer Passagier, der gerade mit einem kleinen Jungen ander Hand den Gang hinabkam, dachte, ihm sei eine Mücke indie Pupille geflogen. Dann wurde Larry mit einer Deutlichkeit,die fast schon an Körperverletzung grenzte, bewußt, daß dieskein Alptraum war, sondern die schreckliche Wirklichkeit, ausder es kein Erwachen gab. Es hatte keinen Sinn, die Augen vorder Realität zu verschließen. Das brachte einem nur Beulen undSchürfwunden an den Knien ein. Darum betrat er seufzend sei-

ne Kabine und ging lustlos die Treppe hinunter. Das Dröhnender Apparaturen übertönte sein resigniertes Stöhnen.

Was er bereits insgeheim vermutet hatte, als er die Kabinentüröffnete, wurde schnell zur Gewißheit. Seine »Spezialsuite« warnichts anderes als der Maschinenraum der P. M. S. Bouncy!

Larry blieb am Fuß der Treppe stehen und sah sich mit einem

Blick, in dem sich Fassungslosigkeit und Unglaube die Waagehielten, in seinem Quartier um. Dennoch konnte er nicht be-haupten, daß der Chefsteward gelogen hatte. Die Kabine wartatsächlich ziemlich geräumig, was aber auch bitter nötig war,um genügend Platz für die riesigen Turbinen und Treibstoff-tanks zu bieten, die längs der Wände thronten. Heißer Wasser-dampf zischte aus undichten Ventilen, sorgte dafür, daß sich

Page 34: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 34/317

 

Temperatur und Luftfeuchtigkeit im Raum mit jeder Saunamessen konnten.

Inmitten der Maschinen stand ein klappriges Feldbett, das aus

den Restbeständen der russischen Armee zu stammen schienund den Eindruck vermittelte, es wäre bequemer, auf dem ge-frorenen Tundraboden zu schlafen. Eine Armeedusche mitdurchsichtigem Plastikvorhang und mit Schimmelpilzen aufdem Boden hatte vor einer Reihe gewaltiger Kraftstofftanksihren Platz gefunden. Kondenswasser tropfte von der zehn Me-ter hohen Decke in zwei Blecheimer, die neben dem Bett aufdem nackten, rostigen Metallboden standen. Der Geruch vonDiesel, Schweiß und Altöl schwängerte die Luft. In der Ecke befand sich auf einer Art hölzernem Podest eine Toilette, dochals Larry probeweise die Spülung zog, geschah nichts, was beinäherer Betrachtung auch kein Wunder war. Das Klo verfügtenicht über einen Wasserzulauf. Daneben an der Wand lagen

mehrere gelbe, mit grimmig glotzenden schwarzen Totenschä-deln versehene Fässer, deren Markierung verriet, daß sie frühergiftigen Klärschlamm enthalten hatten, was inzwischen abernicht mehr der Fall war, weil die toxische Brühe sich längstdurch das Metall gefressen hatte und eine stinkende Lache aufdem Boden bildete. Eine einzelne nackte Arbeitsleuchte, wieman sie in Bergwerkstollen findet, baumelte an einem langenKabel von der Decke herab und verbreitete ein klägliches, urin-gelbes Licht, das den größten Teil des Raums in Dunkelheithüllte, worüber Larry heilfroh war, denn das, was er von sei-nem Quartier sah, reichte ihm bereits völlig.

Er widerstand dem Drang, sich umgehend zu erhängen, stell-te seine Tasche auf das klapprige Feldbett, das darauf mit ei-

nem widerspenstigen Quietschen reagierte, und seufzte schwer.

Page 35: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 35/317

 

Aus einem undefinierbaren Grund war Larry sich plötzlichnicht mehr sicher, daß die nächste Woche tatsächlich so wun-dervoll werden würde, wie er beim Anblick von Kapitän Thygh

zunächst angenommen hatte. Denn selbst wenn es ihm gelang,Frau Kapitän zu becircen – oder zumindest unter Androhungvon körperlicher Gewalt dazu zu bringen, ihn in seine »Kabine«zu begleiten –, würden die reichlich ungastliche Atmosphäredes Maschinenraums im allgemeinen und das schäbige Feldbettim besonderen wohl kaum sonderlich dazu angetan sein, siedorthin zu kriegen, wo Larry sie haben wollte: direkt unter sich.

Denn auch, wenn es ihm in der Regel nicht besonders wichtigwar, wie er wohnte, solange es ein Bett, einen Küchentisch oderzumindest einen halbwegs sauberen Fußboden gab, war diesesQuartier sogar für seine bescheidenen Bedürfnisse eine Win-zigkeit zu schäbig. Wie sollte man sich in einer Kabine wohlfühlen, die selbst vom Ungeziefer gemieden wurde?

 Je länger Larry darüber nachdachte, desto schneller kam er zudem Entschluß, sich zu beschweren. Eine solche Kabine, diedem Begriff »rustikal« eine völlig neue Bedeutung verlieh,konnte man niemandem zumuten. Nicht einmal Larry Laffer.Er würde diesen schwulen Bürokraten mit der spanischen Flie-ge zwingen, ihm ein anderes Quartier zuzuteilen, eine Kabine,die man auch ohne Gummistiefel, Atemgerät und Schutzhelm betreten konnte. Und ohne die Befürchtung, schwere, irreparab-le körperliche Schäden davonzutragen…

Larry, seit jeher mehr ein Mann der Tat als der Worte, verließseine Kabine und fuhr mit dem Aufzug zur Rezeption im Atri-um hoch. Er hatte sich gar nicht erst die Mühe gemacht, seineKlamotten auszupacken, da es in dem Maschinenraum noch

nicht einmal einen Kleiderschrank gab. Offenbar hatte die rus-

Page 36: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 36/317

 

sische Arme diesbezüglich Versorgungsschwierigkeiten ge-habt…

Peter, der Purser, stand hinter dem Schalter und schmachtete

die leichtgeschürzten Jünglinge an, die auf dem Weg vom Poolin ihre Kabinen mit knappen Badehosen bekleidet, Handtuchüber den Schultern, an der Rezeption vorbeiwankten. Als erLarry bemerkte, riß er sich widerwillig von dem Anblick der Jungmänner los und gönnte Laffer ein breites Lächeln. »Ah, Mr.Laffer!« frohlockte er. »Haben Sie Ihre Kabine gefunden?«

Larry nickte. »Und genau darum geht’s. Um meine Kabine.«Der Steward winkte fröhlich ab. »Ach, Sie brauchen sich dafürdoch nicht bei mir zu bedanken«, sagte er großzügig. »Wenn diePassagiere mit ihren Quartieren zufrieden sind, bin ich esauch.«

»Tja«, sagte Larry, »so leid es mir tut, Sie enttäuschen zu müs-sen, aber ich bin mit meiner Kabine nicht zufrieden. Nicht imgeringsten. Ganz im Gegenteil! Ich möchte mich in aller Formüber mein Quartier beschweren. Den Maschinenraum als Spe-zialsuite auszugeben ist eine Unverschämtheit! Überall dieserDreck, und dann das klapprige Feldbett!« Er redete sich richtigin Rage. »Nicht mal die elende Toilette funktioniert! Die Duscheist eine Zuchtstation für Schimmelpilze. Wissen Sie überhaupt,

wie es da unten stinkt? Ich…« Er wollte noch eine Menge mehrsagen, seinem Frust nachdrücklich Luft machen, doch dazukam er nicht.

»Ach, halten Sie doch den Mund!« unterbrach ihn der Ste-ward plötzlich mit unerwarteter Heftigkeit. Mit einemmal waralle Freundlichkeit aus seiner Fistelstimme gewichen, und sein

Blick war hart wie Kruppstahl geworden. Voller Wut funkelte

Page 37: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 37/317

 

er Larry an, als würde er ihn mehr hassen als die verdammteZiege, die ihm diesen süßen Schauspieler aus dieser Seifenopervor der Nase weggeschnappt hatte. »Sie und Ihresgleichen, Sie

sollten sich besser vorsehen, mein Lieber! Es sind weltfremdeSpinner wie Sie, die uns normalen Menschen alles verderben!«

»Hey!« brauste Larry auf, warf sich in die Hühnerbrust. »Nunaber mal halblang, Macker!«

»Ich mag’s aber lieber ganz lang«, erwiderte Peter arrogant. Erstarrte Larry haßerfüllt an. »Warten Sie’s nur ab! Jetzt halten Sie

sich für eine große Nummer! Aber irgendwann sind wir an derMacht, und dann pfeifen Sie eine vollkommen andere Melodie!Dann werden Sie heilfroh sein, überhaupt eine Kabine zu ha- ben!«

Larry runzelte benommen die Stirn.

Stand dieser Kerl vielleicht unter Drogen? Hatte er womöglichHaschisch geraucht? Sich bis obenhin mit Backmehl zuge-dröhnt? Oder sich etwa eine ganze Packung Antibabypillenreingezogen, um seine weibische Art zu unterstreichen?

»Jetzt hören Sie mal, guter Mann«, sagte Larry, betont ruhig.»Irgendwie scheinen Sie nicht recht auf der Höhe zu sein. Waszur Hölle stimmt nicht mit Ihnen?«

»Oh, tun Sie doch nicht so!« rief der Purser und gestikulierteaufgeregt. Seine Augen hinter den Brillengläsern flackerten wiedie Hände eines Alkoholikers nach zwei Wochen auf Diätcola.»Das wissen Sie ganz genau! Die CIA mischt bewußt-seinskontrollierende Drogen unter die braunen Wandlacke,und jetzt stehen alle Raumausstatter der Welt unter ihrer Kon-trolle! Ich halte das einfach nicht mehr aus! Wirklich nicht!«

Page 38: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 38/317

 

Plötzlich sah er aus, als würde er jeden Moment anfangen zuheulen wie ein Schloßhund.

Larry stand einen Moment lang nur da und starrte den Ste-

ward fassungslos an. Er schüttelte verwirrt den Kopf, wandtesich ab und ging wortlos in Richtung Aufzug davon. Fast hattees den Anschein, als sei Peter, der Purser, nicht bloß wärmer alsRock Hudson, sondern zudem auch noch vollkommen para-noid. Einer dieser durchgeknallten Verschwörungstheoretiker,die hinter jeder Zeitung einen russischen Spion vermuten, deres darauf abgesehen hat, mit seinen drei Genossen die Welt-herrschaft zu übernehmen.

Entmutigt drückte Larry auf den Rufknopf des Lifts, doch be-vor der Aufzug kam, knackte es mit einemmal in den Lautspre-chern, die überall im Schiff angebracht waren, und eine tiefeMännerstimme erklang.

»Achtung, bitte, eine Durchsage!« drang es hallend aus den

Lautsprechern. »Jeder Passagier, der Lust hat, die nächste Wo-che als persönlicher Lustsklave des Kapitäns zu verbringen,sollte sich umgehend in der Lounge ›Zum stolzen kleinen See-mann‹ einfinden! Danke.«

Larry lupfte fragend die linke Braue.

Was zum Teufel sollte denn das bedeuten?

Hatte er das gerade richtig verstanden, daß jeder, der das Be-dürfnis verspürte, eine Woche lang Kapitän Thygh zu ferkeln,sich auf dem Oberdeck in der Lounge melden sollte? Oder litter bereits an schweren Halluzinationen, heraufbeschworendurch achtundvierzigstündigen Sexentzug?

Da er im Augenblick sowieso nichts anderes vorhatte,

 beschloß Larry, herauszufinden, was es mit dieser Anforderung

Page 39: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 39/317

 

auf sich hatte. Als der Aufzug kam, drückte er den Knopf fürsOberdeck und fuhr zusammen mit zwei anderen Männern, dieso fett waren, daß es aussah, als würden sie unter ihren dünnen

T-Shirts Schweine mit sich herumtragen, nach oben. Allem An-schein nach wogen die beiden Dicken mehr als ein Kleinlaster,denn das Knirschen und Ächzen, mit dem sich die Kabine em-porquälte, deutete ziemlich unmißverständlich darauf hin, daßder Lift bis an die Grenzen seiner Tragfähigkeit belastet wurde.Larry hielt sich so dicht an den Schiebetüren, wie die Bäucheder Burschen es zuließen, und betete, daß die stählernen Auf-

zugseile halten würden. Als der Lift eine Minute später ru-ckend zum Stillstand kam und die Türen lautlos aufglitten, warer schweißgebadet.

Die Lounge ›Zum stolzen kleinen Seemann‹ war nach demVorbild eines alten Piratenschiffs gestaltet. Man fühlte sich wiein einer dieser räudigen Seeräuberschmonzetten aus den vier-

ziger Jahren, in denen Eros Flynn mit Kopftuch, modischemSpitzbart und aparter Augenklappe reihenweise steifärschigeEngländer filetierte, um anschließend irgendwelche Südsee-schönheiten zu entern. Kanonen standen an der Reling. Takela-gen baumelten herab. Segelmasten ragten in die Höhe. Fässerund Kisten dienten als Sitzgelegenheiten und waren bereitskomplett von Männern sämtlicher Altersgruppen, jeder Haut-farbe und aller Geschlechter besetzt, die erwartungsvoll zurBühne sahen, wo Peter, der Chefsteward, auf seinen großenAuftritt wartete. Mindestens ein Dutzend der versammeltenPassagiere sahen so verschlagen aus, als würden sie wirklichauf ein Piratenschiff gehören. Vielleicht handelte es sich aber bloß um Statisten, die man eigens zu diesem Zweck angeheuert

Page 40: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 40/317

 

hatte. Es roch ganz authentisch nach Schweiß, Rum und Pul-verdampf. Bloß die Ratten fehlten.

Als Larry aus dem Aufzug trat, heilfroh, wieder durchatmen

zu können, erkundigte sich eine hübsche junge Matrosin – of-fenbar wurde das weibliche Personal auf der P. M. S. Bouncyerst nach eingehender Gesichtskontrolle eingestellt – nach sei-nem Namen. In aller Bescheidenheit – das war für ihn ein un-trügliches Zeichen, wie sehr das Baby auf ihn abfuhr. Mit sei-nem besten Travolta-Lächeln vertraute er ihr das Geheimnisseines Namens an und versäumte nicht, mit einem verschwöre-rischen Zwinkern hinzuzufügen, daß er im Bett größer sei, alsein flüchtiger erster Blick vermuten lasse. Diese erhellende Zu-satzinformation schien die Matrosin allerdings nicht sonderlichzu beeindrucken. Sie schaute ihn lediglich mit dem Ge-sichtsausdruck an, den sie normalerweise für Kakerlaken undandere Kriechtiere reserviert hatte, wortlos drückte sie ihm eine

Plastikkarte in die Hand. Dann beeilte sie sich, so zu tun, alshätte sie noch entsetzlich viel zu erledigen, und entschwandstehenden Fußes.

Larry sah ihr gelinde verwirrt nach.

Habe ich vielleicht irgend etwas falsch gemacht? 

Drüben auf der Bühne gestikulierte der Purser – Gott allein

mochte wissen, wie der Kerl es so schnell geschafft hatte, vonseinem Schalter hoch in die Lounge zu kommen – in Richtungder Fässer.

»Äh, bitte, setzen Sie sich doch, meine Herrschaften!« rief ermit seiner Fistelstimme. »Dahinten auf den billigen Plätzen sindnoch ein, zwei Kisten frei, glaube ich.«

Page 41: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 41/317

 

Larry schritt den engen Mittelgang zwischen den Fässern ent-lang. In der letzten Reihe waren noch vier Sitzplätze unbesetzt.Aber bevor er Platz nehmen konnte, pflanzten sich die beiden

fetten Burschen aus dem Aufzug dorthin und sorgten dank ih-rer Körperfülle dafür, daß er sich mit einem Stehplatz begnü-gen mußte. Unwirsch grummelnd, lehnte Larry sich gegen denMast des Vordersegels.

»In Ordnung, Herrschaften«, sagte Peter schließlich, als in derLounge langsam Ruhe einkehrte. »Ich schätze, wir sind jetztsoweit vollständig.« Er holte einige Karten hervor, auf denen ersich Notizen gemacht hatte, ehe er seinen Blick über die Ver-sammlung schweifen ließ. »Ich bin sicher, Kapitän Thygh wirdmit den Teilnehmern dieser Woche zufrieden sein. Wie Sie viel-leicht wissen, veranstaltet sie jede Woche einen kleinen Wett- bewerb für die männlichen oder männerähnlichen Passagiere,den sie ›Thyghs Liebhaberpreis‹ nennt. Natürlich gibt es dabei

keine Pokale oder so was zu gewinnen. Nein, was Sie einsackenkönnen, ist besser als Hardware: Einer von Ihnen verbringt dienächste Woche mit einer Kreuzfahrt auf dem Kapitän!« Ermachte eine dramatische Pause, um seinen Worten Gelegenheitzu geben, in die singulären Hirnzellen der Männer einzusi-ckern, bevor er enthusiastisch fortfuhr: »Das bedeutet, KapitänThygh lädt Sie zu einer einwöchigen Rundfahrt in ihre Kabineein, wo jeder Ihrer Wünsche erfüllt wird…«

»Wirklich jeder?« fragte ein Mann zweifelnd.

Peter nickte nachdrücklich. »Absolut jeder…«

Ein Raunen ging durch die Menge.

»Sie alle haben beim Hereinkommen Ihre eigene TLP-

Punktekarte erhalten«, griff der Steward den Faden wieder auf.

Page 42: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 42/317

Page 43: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 43/317

 

Täuschte Larry sich, oder klang das wirklich wie eine Dro-hung?

»Nun hören Sie mal, Meister«, grollte er. »Was habe ich Ihnen

denn getan? Es ist doch nicht mein verdammter Fehler, wennSie keinen Scherz machen können!«

Peter funkelte ihn wütend an. »Ach ja? Warte nur ab, bis wirendlich an der Macht sind, Süßer! Dann werden wir dir schonzeigen, wer von uns keine Scherze machen kann!«

»In Ordnung.« Larry seufzte resigniert. »Das langt! Ich gehe

 jetzt. Alle anderen sind ja schon weg.« Er hatte recht – die übri-gen Passagiere hatten die Lounge längst verlassen.

»Tja, wenn das so ist«, sagte der Chefsteward, plötzlich in mi-litärischem Tonfall, und salutierte. »Weggetreten, Soldat!«

Benommen verfolgte Larry, wie Peter die Bühne verließ unddurch eine Tür im Hintergrund verschwand. Nachdenklich

kratzte er sich am Kinn und murmelte: »Ist schon ein komischerKerl…«

Allerdings war der Steward offenbar nicht die einzige Personan Bord, die ein wenig daneben zu sein schien, denn es sahganz danach aus, als dürfte tatsächlich der Passagier die nächs-te Woche die Decke von Kapitän Thyghs Kabine inspizieren,der aus diesem komischen Wettbewerb als Gesamtsieger her-vorging. Larry kam das reichlich merkwürdig vor, schließlichkonnte eine Klassefrau wie Kapitän Thygh ohne Schwierigkei-ten jeden beliebigen Mann haben, den sie wollte. Niemand, derauch bloß eine Spur hetero war, konnte ihr widerstehen. Aberwer war er schon, daß er sich ein Urteil darüber erlauben konn-te, wie Kapitän Thygh ihre Liebhaber rekrutierte? Ihm konnte

das doch vollkommen egal sein – zumindest, solange die Chan-

Page 44: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 44/317

 

ce bestand, daß er bei diesem Wettstreit den Hauptpreis ein-sackte…

Gedankenverloren verließ er die leere Lounge und stapfte

hinaus aufs Promenadendeck, das mit zahlreichen Büschenverziert war, die man in der Form von Tieren – Gänse, Katzen,Frösche, Biber, Schafe, Elefanten – gestutzt hatte. Eine ange-nehm warme, nach Meer und Sonnencreme duftende Brisestrich über das Deck. Vom Pool drang fröhliches Gelächter her-über. Möwen zogen über dem Schiff ihre Kreise, ließen ab undzu Ballast auf die Gäste unten auf dem Sonnendeck fallen.

Seufzend lehnte Larry sich an die Reling und schaute zu, wieder Hafen im Hintergrund allmählich kleiner wurde. Die P. M.S. Bouncy hatte vor zwanzig Minuten abgelegt, ohne daß er esin seinem Ärger über die Kabine richtig bemerkt hatte. DieHäuser seiner Heimatstadt schrumpften fast schneller dahin alssein Kontostand, wenn der aktuelle Monat sich der zweiten

Woche näherte. Jetzt gab es für die nächsten sieben Tage nurnoch ihn, das Meer, die frische Luft – und Kapitän Thygh.

Doch vor das Vergnügen hat der göttliche Greis aus irgendei-nem für Larry vollkommen unerfindlichen Grund die Arbeitgestellt, deshalb sah er sich die TLP-Punktekarte an, die er vor-hin in der Lounge von der Matrosin bekommen hatte. Die Karte

wurde von einem Bild der Frau Kapitän in hohen Pumps, Netz-strümpfen und Handschuhen geziert, wohl, um den Teilneh-mern des Wettbewerbs jederzeit vor Augen zu führen, wofürsie all die Mühen und Strapazen auf sich nahmen. Daneben wa-ren die Wettbewerbe vermerkt, die Larry gewinnen mußte, umans Ziel seiner Träume zu gelangen – oder zumindest die Gele-genheit zu erhalten, seine Begierden zu befriedigen, ohne zuriskieren, danach die nächsten paar Jahre wegen Notzucht im

Page 45: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 45/317

 

Knast zu verbringen, mit einem Typen als Zellengenossen, deram ganzen Körper tätowiert und dafür berüchtigt war, daßman ihm beim Senkrechtschwimmen nicht unbesorgt den Rü-

cken zuwenden konnte.Folgende Disziplinen galt es erfolgreich zu bewältigen:

1. Pupsdeck-Hufeisenwerfen

2. Craps-Turnier

3. Achterdeck-Bowling

4. LiebesMeister 2000™

5. Kapitän-Kochmeisterschaft6. Der Bestgekleidete Mann

Larry ließ seinen Blick langsam über die Liste der Wettbewer- be wandern, die der Computer für ihn ausgesucht hatte. Soferner das auf die Schnelle beurteilen konnte, schien es ihm durch-aus möglich zu sein, die Wettbewerbe zu gewinnen. Im Hufei-

senwerfen war er zu Zeiten, als Amerika noch in der Wiege lag,unschlagbar gewesen, und kochen konnte er dank seiner lang- jährigen Ausbildung als Junggeselle auch ganz passabel (sofernsich auf der Rückseite des Fertiggerichts genaue Angaben dazufanden, wie lange der Mampf bei welcher Temperatur in derMikrowelle garen mußte). Der bestangezogene Mann an Bord

war er sowieso, und was das Craps-Turnier anging, hatte erschon mehr Geld beim Zocken verloren, als manche Männer inihrem Leben durch harte, ehrliche Arbeit verdienten – er selbsteingeschlossen. Solange er nicht aus dem vierzigsten Stock ei-nes lichterloh in Brand stehenden Hochhauses springen mußte,schien es vergleichsweise wenig zu geben, das zwischen ihmund dem triumphalen Sieg bei Kapitän Thyghs Liebhaberpreis

stand.

Page 46: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 46/317

 

Dachte Larry wenigstens…

Page 47: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 47/317

 

2. 

Viktorianische Prinzipien

Larry verbrachte die Zeit bis zum frühen Nachmittag damit,sich über seine erbärmliche Kabine zu ärgern, den Frauen beimMittagessen im Speisesaal auf die Brüste zu starren – Junge, Junge, waren da ein paar Dinger bei! – und sich besser mit den

Lokalitäten des Schiffs vertraut zu machen. Er hatte es nichtsonderlich eilig, die einzelnen Disziplinen des Wettbewerbsanzugehen. Sollten sich die anderen Teilnehmer ruhig noch ei-ne Weile in Sicherheit wähnen. Um so schlimmer würde dasErwachen für sie werden, wenn Larry kam, sah und siegte, umeinmal mit den Worten des unsterblichen Asterix zu sprechen.

Nach dem Diner, zu dem er sich eigens umgezogen hatte –weißer Polyesteranzug, blaues Hemd mit breitem Kragen,Goldmedaillon und braune Handschuhe, die zwar farblich ü- berhaupt nicht zum Rest seiner Aufmachung paßten, aber fürsich allein genommen wirklich schick waren –, suchte Larry dieBar auf dem Oberdeck heim, von der aus man den besten Blickauf den Pool hatte. Bei einem gemütlichen Glas Soda auf Eis

 beobachtete er eine halbe Stunde lang das feuchte Treiben undmachte sich dazu ein paar heiße Gedanken. Besonders eineBrünette im einteiligen blauen Bikini, ein kleines, herzförmigesMuttermal am rechten oberen Innenschenkel, das er nie ent-deckt haben würde, hätte ihm der Barmann nicht freundlicher-weise seinen Feldstecher geliehen, zog Larrys Blicke auf sich.Die Kleine war wirklich famos. In jeder Hinsicht überreichlich

Page 48: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 48/317

 

ausgestattet. Er hatte schon den Entschluß gefaßt, ihr auf diesonnengebräunte Pelle zu rücken, als ein Kerl mit den grobenAusmaßen einer Einbauküche aus dem Swimmingpool stieg

(der Wasserspiegel sank daraufhin um zehn Zentimeter) undsich auf die Liege neben ihr fläzte. Im ersten Moment dachteLarry, der Bursche sei ihm zuvorgekommen. Doch spätestens,als die Einbauküche der Brünetten mit derselben Selbstver-ständlichkeit, mit der Michael Jackson sich auf der Bühne inden Schritt greift, die Zunge in dem Versuch in den Mundsteckte, ihre Polypen zu streicheln, wurde deutlich, daß der

Versuch, irgendwelche genitalen Ansprüche auf die Maus an-zumelden, mit einem Besuch im Bordhospital der P. M. S.Bouncy enden würde. Deshalb beließ es Larry dabei, das Fern-glas zu mißbrauchen, und verzog sich nach einer Weile, umsich weiter auf dem Luxusliner umzusehen respektive nachgeeigneteren Jagdgründen zu suchen.

Gegen halb drei, nachdem er erfolglos versucht hatte, sich einzweites Mal beim Chefsteward über seine »Spezialsuite« zu beschweren, führte ihn sein Rundgang schließlich zur Schiffs- bibliothek, deren Eingang von überdimensional großen Bü-chern aus bemaltem Holz flankiert wurde. Da fiel ihm plötzlichwie Schuppen aus den Haaren, daß er in der ganzen Aufregungvor seiner Abreise glatt vergessen hatte, sich im Comicshopseines Vertrauens Reiselektüre zu beschaffen. Aber vielleichtwürde er hier ja was Interessantes finden, mit dem sich dieerdrückenden Momente der Monotonie, in denen sich seineGedanken nicht um Sex drehten, versüßen ließen. Zwar nahmer nicht an, daß er in der Bordbibliothek die aktuellen Ausga- ben seiner Lieblingscomics finden würde – Agentin XXX, Jessica

Page 49: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 49/317

 

Hardcore, Porny Porn –, aber vielleicht hatten sie ja Bounty Boops.Oder wenigstens Fox & Fixy. 

Larry öffnete die Tür, trat ein und sah sich um.

In den Regalen der Schiffsbibliothek herrschte gähnende Lee-re. Oben auf einem der Regale standen ein ausgestopfter Biber,ein alter Taucherhelm und ein Buddel-U-Boot, das so groß war,daß Larry sich zwangsläufig fragte, wie zur Hölle der Bastler esdurch den kleinen Flaschenhals in die Buddel bekommen habenmochte. In der Ecke hatte eine antike Standuhr mit Pendel ihren

Platz gefunden. Aus verborgenen Lautsprechern ertönte Ge-klimper, das verdächtig nach Zwölftonmusik klang. Die Bull-augen waren mit rosa Vorhängen verziert. Ein dicker, flauschi-ger Blumenteppich lag auf dem Boden. Ein altmodisches Tee-service stand auf einem Tischchen aus Rosenholz. Die Wändewaren mit getrockneten Blumengebinden geschmückt. Kurz-um: Wie in einer richtigen Bibliothek sah es hier nicht unbe-

dingt aus. Ganz abgesehen davon, daß es auch anders roch.Statt Geruch von Staub, Altpapier und Bohnerwachs lag derangenehme Duft von Gebäck und Tee in der Luft.

Ohne großen Enthusiasmus überflog Larry die Titel der weni-gen Bücher, die noch auf den Brettern standen. Er stellte schnellfest, daß die Bände nicht ohne Grund unausgeliehen waren.

Denn obwohl ihm einige der Titel von ferne vertraut waren,etwa Leisure Suit Larrys Weltumsegelung in seinem knallrotenGummidingi, Leisure Suite Larry besteigt die dicke Mathilde undLeisure Suit Larry wird der Marsch geblasen, genügte schon einflüchtiger Blick auf die Klappentexte, um dankend abzuwin-ken. Das einzige Buch, das zumindest halbwegs interessant zusein schien, war eine Biographie über den bekannten deutschenFlugzeughersteller Anton Fokker: Fokker – Mehr als nur ein Flug-

Page 50: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 50/317

 

zeug, von jemandem namens Drew Barringmore, wer immerdas sein sollte.

Larry nahm das Buch aus dem Regal und überflog den Klap-

pentext. Abgesehen von dem Namen des Flugzeugingenieurs,der so ähnlich wie seine Lieblingsbeschäftigung klang, war dasBuch nicht unbedingt das, was er – abgesehen von Comics – zulesen pflegte. Wenn er sich ein Buch zu Gemüte führte, mußtees darin entweder um eine hübsche junge Frau gehen, die sichferkeln ließ, oder das Buch mußte ihm helfen, eine hübsche junge Frau dazu zu bringen, sich ferkeln zu lassen. Aber welcheFrau, die nur halbwegs bei Sinnen – oder einigermaßen ansehn-lich – war, interessierte sich schon für einen längst toten Bur-schen, der durch seine wegweisende Erfindung im Flugzeug- bau während des ersten Weltkriegs den Luftkampf revolutio-niert hatte? Seufzend stellte Larry das Buch ins Regal zurück.

Als er das Ende der Regalreihen erreichte, tauchte vor ihm der

Ausleihtresen auf, der wie die übrige Bibliothek den Eindruckvermittelte, geradewegs aus dem 19. Jahrhundert zu stammen.Das einzige Zugeständnis an den Umstand, daß die Zeiten von Jack the Ripper vorüber waren, war der Computer auf demEcktisch, der jedoch auch schon recht konservativ wirkte.

Konservativ war auch das Wort, das Larry beim Anblick der

Frau, die hinter dem Tresen stand, zuerst in den Kopf kam,dicht gefolgt von verklemmt und schüchtern. Sie trug einschlichtes langes, am Hals hochgeschlossenes lilafarbenesKleid, das zu Zeiten von Queen Victoria modern war, und eineBrille mit riesigen runden Gläsern, hinter denen ein Paar wun-derschöner grüner Augen mit geschwungenen Wimpern glänz-ten. Das lange, rotbraune Haar hatte sie hinter dem Kopf zueinem strengen Knoten zusammengebunden. Mit ihren wohlge-

Page 51: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 51/317

 

formten Rundungen, die sie unter ihrer langweiligen Kleidungversteckte, und dem gleichermaßen aus- wie einladenden Bu-sen, der fest in ihrem engen Korsett steckte, erkannte Larry auf

den ersten Blick, daß er hier einen klassischen Fall unterdrück-ter weiblicher Sexualität vor sich hatte. Diese Frau war einDampfkessel, der bloß darauf wartete, zum Kochen gebracht zuwerden.

Die Bibliothekarin bemerkte nicht, wie Larry an den Tresentrat. Sie war ganz in die Lektüre eines Buches vertieft, das denvielsagenden Titel Prüde und stolz trug. Das bedeutete aller-dings nicht, daß er darauf verzichten würde, sie anzubaggern.Im Gegenteil. Solche Frauen entpuppten sich, hatte man ihrerauhe Schale erst mal geknackt, häufig als ausgesprochen lei-denschaftlich. Außerdem weiß sowieso jedes Kind, daß alle Bib-liothekarinnen versteckte Nymphomaninnen sind – zumindestin ihren Träumen. Dies galt es zu nutzen.

Larry blieb vor dem Tresen stehen und betrachtete die jungeFrau eine halbe Minute lang aufmerksam, ohne daß sie ihn ei-nes Blickes würdigte. Er inspizierte den Bücherstapel, der ne- ben ihr lag, und überflog stirnrunzelnd die Titel: Nüchtern undinspirationslos, Die Kunst der Trübsinnigkeit, Monoton und langwei-lig – Wie man langweilige Menschen kennenlernt, Durch Langwei-

ligkeit zum intensiven Erleben. Schließlich sah er sich genötigt,sich dezent zu räuspern, um sie auf sich aufmerksam zu ma-chen.

»Ehm, bitte, verzeihen Sie, Miss…«

Die Brünette sah auf.

»Miss Victorian Principles«, stellte sie sich vor. Ihre Stimme

klang ebenso konservativ wie ihre Kleidung; nicht abweisend,

Page 52: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 52/317

 

aber auch nicht sonderlich euphorisch. Unverbindlich war wohlder treffendste Ausdruck.

Larry schaltete sein Sonntagslächeln ein. »Sehr erfreut, Miss

Vicky! Ich heiße Larry. Larry Laffer.«»Larry Laffer?« wiederholte sie. »Oh, doppelte Vornamen fin-

de ich einfach hinreißend! Letztes Jahr habe ich auf einer Kreuz-fahrt Budros Budrosgali kennengelernt.«

Larry legte die Stirn in Falten. Man konnte beinahe sehen, wiedie kleinen Rädchen dahinter arbeiteten. Verwirrt versuchte er

dahinterzukommen, wer zum Teufel dieser Budros Budrosgalisein sollte, um eine geistreiche Bemerkung zu dem Burschen zumachen. Als es ihm auch nach zwei Minuten partout nicht ein-fallen wollte, deutete er statt dessen auf das Hardcover, in demsie gelesen hatte.

»Oh, es ist sehr erhebend«, sagte Vicky mit einer Überzeu-gung, die auf Selbstbetrug deutete. »Ich genieße erhebende Bü-cher, die moralische Werte bestätigen. Sie nicht auch?«

»Oh… Äh. Ja, sicher.« Larry nickte eifrig. »Moralische Wertesind schon eine feine Sache. Aber, äh, lesen Sie nie irgendwasDeftigeres?« wagte er sich vor.

Vicky schaute ihn skeptisch an. »Deftigeres?«

»Na, Sie wissen schon«, sagte er und zwinkerte der jungenFrau verschwörerisch zu. »Schweinskram.«

»Aber nein!« rief Vicky entrüstet. »Solche Bücher reizen michgar nicht! Immer dieses… Gegrapsche und… Gestöhne… Diesegeradezu… animalische Lust…« Obwohl sie vorgab, nichts vondiesen durchaus erfreulichen Dingen zu halten, schien alleinder Gedanke daran die Frau bereits an den Rand des Höhe-

punkts zu bringen – und vielleicht sogar ein Stück darüber hin-

Page 53: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 53/317

 

aus. Ihr Gesicht war gerötet. Ihr Atem ging schwer. Dann be-kam sie sich – sehr zu Larrys Bedauern – wieder unter Kontrol-le. In sachlichem Tonfall fuhr sie fort: »Solche Bücher ermutigen

den Rezipienten genau zur falschen Lebenseinstellung. Nein,ich lese so was nicht. Ich setze mich nur großer Literatur aus.«

Oh, Junge, dachte Larry und schielte verstohlen auf den Vor- bau der Bibliothekarin, der sich ihm über den Ausleihtresen soüppig entgegenwölbte, wie das Korsett es zuließ. Ich wünschte,ich wäre große Literatur…

»Nun, Mr. Laffer«, erkundigte sich Vicky. »Haben Sie etwasgefunden, das Sie gerne näher betrachten würden?«

Larry konnte seine Augen nicht von ihren Rundungen lassen,die seine Phantasie zu neuen, ungeahnten Höhenflügen ani-mierte. »Ehm, ich bin überzeugt, daß Sie durchaus etwas haben,mit dem ich mich näher beschäftigen möchten würde«, sagte erlangsam.

»In Ordnung«, sagte die Bibliothekarin knapp. »Welche Kabi-nennummer haben Sie?«

Larrys linke Braue glitt verwirrt in die Höhe. »Oh, hey, Süße,das geht aber ziemlich schnell! Gehen Sie immer so ran? Undda sagen die Frauen immer, ich sei schnell…«

»Schnell?« echote Vicky, nicht minder verwirrt als er. AllemAnschein nach war ihr nicht recht bewußt, was er meinte. »DieBücher werden hier nach Kabinennummern verliehen.«

»Oh.« Larry giggelte. »Na, wenn das so ist… 0.«

»0?« Die Bibliothekarin schmunzelte spöttisch. »Sie sind wohletwas knapp bei Kasse, wie?«

Page 54: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 54/317

 

Larry trat, peinlich berührt, von einem Bein aufs andere, alshätte er vergessen, vorhin eine Stange Wasser in die Ecke zustellen. Ein wenig fühlte er sich wie damals, als der Pastor ihn

mit der Nonne im Beichtstuhl erwischt hatte.»Ähm, nein«, begann er kleinlaut. »Aber… Ach, das wollen

Sie ja gar nicht wissen.« Seufzend winkte er ab.

Vicky nickte zustimmend. »Da haben Sie recht.«

Larry wechselte rasch das Thema, um weiteren Peinlichkeitenzu entgehen. Er sah sich demonstrativ in der Bibliothek um und

sagte: »Und? Haben Sie auch gute Bücher hier?«»Aber ja«, antwortete Vicky. »Eine ganze Menge sogar. Doch

ich fürchte, sind Sie etwas spät dran, Mr. Laffer. Die wirklichguten Bücher sind leider alle schon weg.«

Larry seufzte. Wenn er für jedes Mal, da er sich das in seinemLeben anhören mußte, nur einen Vierteldollar bekommen hätte,

wäre er heute reicher als Donald Trump, Henry Rockefeller undDagobert Duck zusammen.

Er verdrängte den Gedanken – auch so eine Disziplin, in derer es im Laufe der Jahre zu einer wahren Meisterschaft gebrachthatte –, deutete auf den Stapel »erhebender« Bücher, der nebender Bibliothekarin auf dem Ausleihtresen lag, und fragte: »Undwas ist damit?«

»Bedaure, aber diese Bände sind bereits ausgeliehen«, erklärtesie, um sich anschließend in einer mädchenhaften Geste eineverirrte braune Haarsträhne aus dem Gesicht zu streichen.

»So?« sagte Larry. »Und an wen?«

»An mich«, erwiderte Vicky lakonisch.

Page 55: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 55/317

 

Er verdrehte gequält die Augen. »Hätte ich mir denken kön-nen.«

Sie sah ihn verwirrt an. »Wie, bitte?«

»Oh, äh, ich sagte, das sind aber eine ganze Menge Bücher füreine einzige Kreuzfahrt«, stieß er hastig hervor. Um dämlicheAusreden war er noch nie verlegen gewesen.

Vicky winkte ab. »Für mich nicht«, widersprach sie. »DieseBände lese ich noch heute abend fertig – im Bett.«

Larry beugte sich über den Tresen zu ihr vor, was wegen sei-

ner bescheidenen Größe gar nicht so einfach war, und sah ihrtief in die grünen Katzenaugen. »Soll ich Ihnen verraten, wasich heute abend vorhabe?« fragte er so verführerisch, wie einMann Anfang Vierzig, mit massiven Haarverlusten nördlichder Hüfte und einem Zinken von der Größe einer Aubergine,nur sein kann. »Im Bett?« 

»Ich würde sagen«, antwortete Vicky nüchtern, »schlafen.«»Genau«, sagte Larry seufzend und zog sich enttäuscht wie-der auf die andere Seite des Tresens zurück. »Schlafen…«

Er schaute durch das Bullauge hinter ihr hinaus auf die vomNordostwind sanft gekräuselte blaue Oberfläche des Ozeans, indem sich die Nachmittagssonne spiegelte, und sagte: »Das Le- ben auf einem Kreuzfahrtschiff scheint wie ein endloser Urlaubzu sein. Immer schönes Wetter. Nette Leute. Luxus. Finden Siedas nicht großartig?«

»Aber sicher.« Victorian nickte. »Absolut himmlisch – sofernhimmlisch bedeutet, daß man jeden Tag schon beim Aufstehenweiß, daß man genau dasselbe zu essen bekommen wird, waseinem bereits an dem Tag in der Woche davor serviert wurde.«

Page 56: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 56/317

Page 57: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 57/317

 

Nach einem letzten Blick auf die appetitliche Bibliothekarin,die ihrem ausgefallenen Namen wirklich in jeder Hinsicht alleEhre machte, verließ Larry die Bücherei. Irgendwie wollte ihm

Vicky Principles nicht aus dem Kopf. Ihr hübsches Gesicht mitden klassischen Zügen, die nicht durch Schminke, Holzkitt odersonstige künstliche Dekorationen verfälscht waren, stand ihmununterbrochen vor Augen. Selbst als er zwei Minuten späterdurch das Atrium schlenderte, wo Lefty den Platz am Piano fürdie Dauer seiner Strullerpause an Wienerwald, sein dressiertesHühnchen, abgetreten hatte – was musikalisch aber nicht weiter

ins Gewicht fiel –, dachte er noch immer an sie.Konnte das womöglich Liebe sein?

Dann lief in seinem körpereigenen Privatkino ein kleiner Filmab, in dem Vicky auf dem klapprigen Armeebett in seiner Ka- bine die endlos langen Beine um ihn schlang. Larry gelangte zudem Schluß, daß sein Interesse an ihr doch wohl eher sexueller

Gier und Fleischeslust entsprang. Aber damit konnte er leben,schließlich war er schon aus weitaus nichtigeren Gründen überseine »Opfer« hergefallen…

Page 58: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 58/317

 

3.

Riesenerektion erwünscht

Nach seinem Plausch mit Victorian Principles, der selbst ihmausgesprochen armselig vorgekommen war, benötigte Larryeine grundlegende Abwechslung. Sein Testosteronspiegel droh-te langsam wieder zu sinken. Nach einem kurzen Zwischen-

stopp in seiner Kabine, bei dem er kontrollierte, ob der toxischeSchleim auf dem Fußboden sich möglicherweise bewegt hatte, begab er sich an einen der Pools. Er wollte es sich dort auf ei-nem Liegestuhl bequem machen und die jungen Frauen in ih-ren knappen Tanga-Bikinis beobachten, die ausgelassen undarglos, wie junge Frauen in knappen Tanga-Bikinis nun einmalsind, ihren Wasserspielen nachgingen.

Während er den Gang entlangschlenderte, der hinaus zumgroßen Pool auf dem Oberdeck führte, knackte es unvermitteltin den Lautsprechern (etwas, das in dieser Gegend offensicht-lich des öfteren passierte): » Achtung, bitte, eine Durchsage! Würdeder Passagier, der das Rettungsboot entwendet hat, es bitte sofort wie-der zurückbringen? Sie dürfen das Erste-Hilfe-Set behalten. Wir wer-

den auch keine weiteren Fragen stellen. Ende der Durchsage.«Larry schüttelte entgeistert den Kopf.

Auf was für absonderliche Ideen manche Leute kamen…

Blinzelnd trat er hinaus in die helle Septembersonne, die dasDeck in ihrer angenehmen Wärme badete, und sah sich neugie-rig um.

Page 59: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 59/317

 

Der Pool war in Form einer tropischen Badelandschaft gestal-tet worden. Eine üppige Gummivegetation verbarg dasSchwimmbecken vor den Blicken der Leute, die zwar nicht be-

reit waren, selbst die Hosen runterzulassen, es aber großartigfanden, wenn sie andere dabei beobachten konnten. Wollte manin den Poolbereich gelangen, mußte man an den Umkleideka- binen vorbeigehen, vor denen diverse abgelegte Klamottenhingen, die aussahen, als würden sie Popo dem Clown, Tarzanund Godzilla gehören – offenbar trieben außer Larry noch an-dere absonderliche Gestalten auf dem Schiff ihr Unwesen. Von

einem jungen blonden Steward, der neben dem Durchgangzum Pool an einem Pfosten lehnte, konnte man kostenlos Leih-handtücher bekommen. Auf dem Namensschild des Burschenstand Dick. Aber wie, fragte sich Larry verwirrt, steckte er essich bloß an die unbehaarte Brust, wo er doch bloß eine knapperote Badehose und eine dunkle Sonnenbrille zu seiner adretten

Fönfrisur trug?Als Larry an Dick vorbeigehen wollte, stieß sich der Steward

mit integrierter Bademeisterfunktion von dem Pfosten ab undstellte sich ihm breitschultrig in den Weg.

»Hey! Tut mir leid, Kumpel! Aber weiter darfst du nicht.«

Larry runzelte die Stirn. »Warum? Was gibt’s denn?«

»Dich«, antwortete Dick lakonisch. »Du kannst so nicht in denPoolbereich.«

»Wie? So?« erkundigte sich Larry verwirrt.

»Na, so halt«, präzisierte der Steward. Er deutete auf Larrysweißen Polyesteranzug. »Du weißt schon, Kumpel. Angezogen.«

»Und warum nicht – Kumpel?« 

»Na, wegen der Sicherheit, Kumpel.«

Page 60: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 60/317

 

»Ja, klar doch«, sagte Larry skeptisch. »Die Sicherheit…«

»Ja, genau«, bestätigte Dick nachdrücklich und kratzte sich imSchritt. »Befehl vom Purser. Das Polyestergewebe deines An-

zugs könnte sich hier in der tropischen Sonne entzünden. Also,wenn du zum Pool willst… Runter damit!«

Larry giggelte. Sein Blick wanderte zwischen dem Stewardund den Liegestühlen hinter ihm hin und her, die von einerHorde hübscher junger Mädchen mit nichts an frequentiertwurden.

»Oh, ähm, ich glaube, ich sollte lieber nicht nackt da reinge-hen«, sagte er mit einer Verlegenheit in der Stimme, die so garnicht zu dem naßforschen Auftreten passen wollte, mit dem ersich sonst immer reihenweise Körbe einfing. »Alle würdenwieder nur auf meinen, ehm, Körper starren.«

Dick musterte Larry von Kopf bis Schritt. Grinste spöttisch.»Na, aber sicher doch, Kumpel… Ich habe übrigens auch gratisLeihhosen.«

»Wirklich? Puh!« Larry atmete erleichtert auf; er hatte schon befürchtet, er würde vor dem Abendessen überhaupt keinnacktes Fleisch mehr zu sehen bekommen. »Da bin ich aberfroh! Was hast du denn so da an Badehosen?«

Dick wandte sich um, wühlte in einer Kiste herum, die hinterihm auf dem Boden stand, und reichte Larry schließlich eineBadehose, die von hinten wie ein Tanga geschnitten war, vorneim Schambereich allerdings von einem Elefantenkopf inklusiveSchlappohren, Stoßzähnen und einem Rüssel geziert wurde,der gute zwanzig Zentimeter länger war als Larrys.

»Dieser kleine Bursche hier ist genau das, was du brauchst!«

Page 61: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 61/317

 

Larry starrte erst die Badehose, danach Dick und endlich diehalbnackten Mädels am Pool an. Schließlich schnappte er sichdie Elefantenshorts und zog, unwirsch grummelnd, ab. »Na,

prima«, murmelte er düster. »Natürlich kann ich nicht einfacheine ganz normale Badehose bekommen…«

Er ging in eine der Umkleidekabinen, entledigte sich seinerKleider, die er in dem Kabuff fein säuberlich über einen Hakenhängte, und schlüpfte in die Hose. Ohne besondere Begeiste-rung schaute Larry an sich herab. Mit einemmal wurde ihmklar, wie sich der Elefantenmensch gefühlt haben muß. Er kamsich vor wie ein völliger Schwachkopf, was zwar an sich nichtsNeues war, sich aber meistens irgendwie überspielen ließ.

»Na, klasse«, brummte er entgeistert. Er stellte sich auf dieZehenspitzen, schielte über den Rand der Schwingtür und riefdem Steward zu: »Kann ich wenigstens ’n Handtuch drumwi-ckeln?«

Dick nickte grinsend. »Klar. Gar kein Problem, Kumpel!« Erwarf Larry ein großes Badehandtuch zu. »Aber laß es ja nichtnaß werden. Sonst schrumpft es noch…« Er lachte spöttisch.

Larry brummte irgendwas nicht unbedingt Druckreifes in sei-nen inexistenten Bart, schlang sich das Handtuch um die Bade-hose, um wenigstens die größten Peinlichkeiten zu bedecken,

und kam erst aus der Umkleidekabine, als er sich vergewisserthatte, daß sich niemand, den er kannte – oder kennenlernenwollte – in der Nähe aufhielt. Grummelnd marschierte er amfeixenden Steward vorbei, der nicht einmal den Versuch unter-nahm, seine Schadenfreude zu verbergen, und betrat den klei-dungsfreien Poolbereich, inständig hoffend, daß niemand be-merken würde, was er unter dem Handtuch mit sich herum-

Page 62: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 62/317

 

trug. Wenn er nackt gewesen wäre, hätte er sich nicht wenigergeschämt, auch wenn er es eigentlich nicht als seine vordringli-che Aufgabe ansah, optische Gefährdungen von seinen Mit-

menschen abzuwenden.Larry schlich über die Sonnenwiese am Rande des Pools und

schaute sich unsicher nach allen Seiten um. Seine Augen warenüberall und nirgends, wenn auch diesmal aus anderen Gründenals gewöhnlich. Ohne es recht zu bemerken, näherte er sichrückwärts einem Liegestuhl, in dem eine wohlgeformte nackteBlondine lag und sich langsam und genußvoll mit Sonnencre-me einrieb. Alles war in Ordnung, bis die junge Frau auf einmaletwas von der Creme ins Auge bekam und vorübergehend ei-nen Teil ihrer Sehkraft einbüßte. Durch einen Schleier aus Trä-nen wedelte sie mit der Hand in die Richtung, aus der Larrykam.

»He, Junge!« rief sie aufgeregt. »Handtuchsteward! Ich brau-

che ein Handtuch, bitte! Schnell!«Larry drehte sich überrascht um – und erstarrte, als ihm die

üppigen nackten Brüste der Blondine mit den entzückenddunklen Spitzen förmlich entgegensprangen. Die Augen quollenihm aus den Höhlen wie Wassermelonen. Sein Unterkieferklappte runter, als hätte irgend jemand unverschämterweise

den Sicherungsstift herausgezogen. Seine Zunge rollte sich auswie ein Rollo. Geifernd stand er vor der splitternackten Lady,die auf der Suche nach einem Handtuch, mit dem sie sich dieSonnencreme aus den Pupillen wischen konnte, blindlings umsich griff – und dabei das Handtuch zu fassen bekam, das Larrysich um die Hüfte geschlungen hatte, um seine Scham zu bede-cken.

Page 63: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 63/317

 

Mit einem kräftigen Ruck riß sie es fort.

Plötzlich stand Larry nur noch in seiner Badehose da.

Die Blondine wischte sich mit dem Handtuch die Creme aus

den großen blauen Augen. Dann sagte sie: »Oh, vielen Dank! Jetzt kann ich wieder sehen.« Sie schaute Larry an, der stock-steif neben ihrer Liege stand und mit eisernem Willen dem Ver-langen widerstand, seine Badehose hinter den vorgehaltenenHänden zu verbergen, um nicht den Eindruck zu erwecken,ihm wäre unwohl in seiner Haut. Doch der Anblick dieses gött-

lichen, nahtlos braungebrannten Luxuskörpers vor ihm, demnur wenige Superlative gerecht werden konnten, hielt Larryaufrecht – in jeder Beziehung…

Ein amüsiertes Lächeln breitete sich auf dem schönen Gesichtder Blondine aus, als sie die Badehose mit dem Elefantenkopf bemerkte. »Na, was haben wir denn da?« erkundigte sie sichmit einer sinnlichen und zugleich unglaublich unschuldigen

Stimme, die selbst den Papst um seinen Verstand gebracht hät-te. Sie deutet auf Larrys Badeshorts. »Ist das dein Rüssel, oderfreust du dich bloß, mich zu sehen? Und wie heißt du? Viel-leicht Benjamin Blümchen?«

Larry lächelte gequält. »Äh, ich bin Larry«, sagte er nervös.»Larry Laffer. Und du?«

»Drew Barringmore«, stellte die Blondine sich vor. Sie hatteeine Figur, die Larrys Beine unwillkürlich weich wie warmeGummis werden ließ, während (beinahe) alles andere an ihmhart wie Kruppstahl wurde.

Lieber Himmel, war das ein heißer Feger! Hätte er jetzt einenWhiskey on the Rocks dabeigehabt, wären angesichts dieser

erhabenen Weiblichkeit selbst die Eiswürfel dahingeschmolzen.

Page 64: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 64/317

 

Schmale Schultern. Pralle Brüste. Feste Schenkel. Und wennman nicht genau gesehen hätte, daß es so war, hätte manschwören können, daß Drews Beine mindestens bis zum Hals

reichten. Doch ihre Schönheit beschränkte sich nicht auf dieBereiche unterhalb ihres Halses (also auf den Teil ihres Körpers,der Frauen zu dem macht, wozu Gott sie, Larrys Meinung nach,geschaffen hatte). Auch ihr Gesicht mit den großen, himmel- blauen Augen, den geschwungenen Brauen, den hohen Wan-genknochen und den roten Rosenknospenlippen war überausansehnlich. Larry gelangte zu dem vorläufigen Schluß, daß,

wenn es tatsächlich Engel gab, die im Himmel harfespielend-erweise herumtollten, Gott sie mit Sicherheit nach dem Bild vonDrew Barringmore geschaffen hatte – und daß er sich, solltedies wahrhaftig der Fall sein, schnellstens vor das nächsteHochhaus werfen oder vom nächsten Zug springen würde…

Drew deutete auf seine Badehose. »Weißt du, so eine Scham-

kapsel habe ich nicht mehr gesehen, seit ich nach meiner Zwi-schenprüfung in Wien den Kursus ›Unbekanntere Bühnenauto-ren des späten elisabethanischen Zeitalters‹ bei Professor Lieb-kind belegt habe«, erklärte sie ohne jeden Spott. »Und eine mitso niedlichen afrikanischen Einflüssen habe ich überhaupt nochnie zu Gesicht bekommen. Ich interessiere mich nämlich sehrfür Geschichte, mußt du wissen. Aber in der Zeit nach den ter-tiären afrikanischen Stämmen kenne ich mich überhaupt nichtmehr aus. Könntest du mir möglicherweise ein wenig von ihrerGeschichte erzählen? Den regionalen Einflüssen? Den Stam-mesritualen?« Sie sah ihn erwartungsvoll an.

Larry trat unruhig von einem Fuß auf den anderen. »Äh, tja,weißt du, der Kerl in der Hütte hat mir das Ding gegeben, weil

ich meine Badehose vergessen habe«, sagte er unsicher.

Page 65: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 65/317

 

»Oh.« Sie seufzte. »Das ist schade.«

Er nickte. »Wirklich…«

Larry bemühte sich, Drew Barringmore – hatte er diesen Na-

men nicht schon mal gehört? – nicht zu offensichtlich anzustar-ren. Neben ihr auf dem Hocker stand eine Flasche mit Sonnen-creme. Daneben lag ein gebundenes Buch mit dem vielverspre-chenden Titel Die erotischen Abenteuer des Herkules. Das Coverzeigte einen langhaarigen, muskulösen Burschen, der seinenackten Arme um eine hübsche junge Frau mit wehenden roten

Haaren schlang. Er signalisierte, daß jede einzelne Seite mitglühender Leidenschaft aufwarte und an Verderbtheit nicht zuüberbieten sei. Auf Drews Schoß – dort, wo er für den genital-gesteuerten Betrachter am ungünstigsten stand – thronte einkleiner Laptop, auf dem sie voller Inbrunst in perfektem Zwei-Finger-Hacksystem tippte.

Um das Gespräch in Gang zu halten, beschloß Larry, auch die

letzten Reste von Schamgefühl, die überhaupt noch irgendwoin seinem Innersten verborgen schlummern mochten, überBord zu werfen, und sagte mit Blick auf seine Badehose:»Ehm… Das hast du also als Schamkapsel erkannt?«

Drew nickte. »Natürlich! Es ist zwar schon ein paar Jährchenher, aber ich glaube, im Lexikon steht, es sei ein zum Teil ge-

polsterter, beutelartiger, über den männlichen Geschlechtsor-ganen getragener Hosenlatz im fünfzehnten und sechzehnten Jahrhundert. Das ist zumindest die geläufige Definition.«

»Ah. Ja. Hm.« Larry räusperte sich. »Danke, aber ich glaube,Badehose gefällt mir besser…« Er wechselte rasch das Thema, bevor Drew beschloß, ihren kulturgeschichtlichen Exkurs über

mittelalterliche Suspensorien zu vertiefen. Blinzelnd schaute er

Page 66: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 66/317

 

zur Sonne empor, die wie eine riesige Vierzig-Watt-Energiesparbirne am tiefblauen Himmel stand, und sagte:»Machst du dir gar keine Sorgen, daß du zuviel Sonne abkrie-

gen könntest? Ich meine, immerhin ist es ziemlich heiß hierdraußen, und du bist ja irgendwie auch ziemlich nackt…«

Drew schüttelte den Kopf. »Nein«, winkte sie ab. »Jetzt nichtmehr. Früher, da mußte ich schon aufpassen, besonders in denTropen. Aber seit ich diese Sonnencreme mit Schutzfaktor 300entdeckt habe, gibt es da überhaupt keine Probleme mehr. Allepaar Minuten reibe ich jeden Zentimeter meines nackten Kör-pers langsam und sorgfältig damit ein.«

Larry schluckte trocken.

»Und natürlich«, ergänzte sie lächelnd, »schützt mich meinLaptop ein bißchen vor der Sonne, auch wenn ich dadurch ei-nen eigenartigen Streifen kriege.« Sie kicherte mädchenhaft.

Larrys Kehle war so rauh und trocken, als hätte er eine alteTennissocke im Mund. Er versuchte, tapfer zu bleiben, und sahDrew geradewegs ins Gesicht (mehr konnte er im Augenblick beim besten Willen nicht verkraften). Schweiß lief ihm in Strö-men die Wangen und den Hals hinab, so sehr konzentrierte ersich darauf, nicht die Beherrschung zu verlieren und seinemohnehin schon arg angeschlagenen Ruf als Gentleman jetzt und

hier auf dieser Sonnenliege den Todesstoß zu versetzen. Er warweiß wie Roberto Blanco nach einer Runde im Vollwaschgang.

Drew bemerkte die Veränderung, die mit ihm vorging. IhreStirn legte sich in leise Falten. »Larry!« rief sie beunruhigt.»Was ist mit dir? Fühlst du dich vielleicht unwohl, weil ichnackt bin? Ist das hier hart für dich?«

Page 67: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 67/317

 

Er schüttelte eilig den Kopf. »Äh, nein«, stammelte er hastig.»Zumindest nicht härter als sonst…«

Als er sich umschaute, um seinem erhitzten Gemüt Gelegen-

heit zu geben, sich wieder etwas abzukühlen, stellte er fest, daßneben der Liege zwar eine Tasche mit Badelatschen und Son-nenbrille auf dem Boden stand, von Drews Klamotten aber weitund breit nichts zu sehen war. Nicht einmal einen Bademantelzum Überstreifen schien sie dabeizuhaben.

»Ehm, sag mal, Drew, wo sind denn deine Kleider?« fragte er

irritiert – obwohl es ihn nicht wirklich interessierte, da sie ihmso, wie sie war, wesentlich besser gefiel, als das selbst imschicksten Fummel möglich gewesen wäre.

»Oh, die sind irgendwo an Bord versteckt«, erwiderte Drewund räkelte sich auf der Liege. Ihre eingecremte Haut schim-merte verführerisch in der Sonne. »Weißt du, ich liebe das Nu-distendasein so sehr, daß ich mich stets jedes einzelnen lästigen

Kleidungsstückes entledige, sobald ich an Bord komme. Dannzwinge ich den Schiffsjungen dazu, meinen Koffer irgendwo zudeponieren, wo ich ihn nicht finden kann, damit ich die ganzeWoche nackt hier am Swimmingpool verbringen kann. Ich esse,schlafe, schwimme, relaxe und sonne mich hier. Vielleicht istdas nicht für jedermann der Traumurlaub, aber meiner auf je-

den Fall. Und wie ist es mit dir, Larry?« Sie sah ihn mit diesengroßen, blauen, unschuldigen Augen an.

Larry hatte das Gefühl, in ihrem Blick unterzugehen – unddas, obwohl er nicht einmal Seepferdchen hatte. »Äh, ich kannmich dir da nur anschließen«, entgegnete er und schielte ver-stohlen auf ihre Auslagen. »Doch. Ja. Wirklich…«

Page 68: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 68/317

Page 69: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 69/317

 

Die Blonde lächelte verschmitzt. »Tut mir leid, Larry«, sagteDrew entschuldigend. »Ich wußte gar nicht, daß ich so hart zudir war…«

Bevor er zu einer Erklärung – oder besser: Ausrede – ansetzenkonnte, erschien ein Kellner auf dem Sonnendeck, mit einerknappen roten Bodywatch-Badehose bekleidet, eine rote Fliegeum den nackten Hals. Über dem Arm ein Handtuch.

Drew hob die Hand und winkte. »Oh! Hallo, Herr Ober?«

Der Kellner trat zu ihnen herüber. Der Blick, mit dem er die

nackte junge Frau bedachte, war mindestens ebenso schmach-tend wie der Larrys. »Aber hallo, meine Hübsche!« begrüßte ersie breit grinsend. Seine Dentagard-Zähne blitzten strahlendweiß. »Na, was kann ich für Sie tun?«

»Eine Riesenerektion, bitte«, sagte Drew ruhig.

Der Kellner runzelte einen Moment lang verwirrt die Stirn.

Dann deutete er grinsend auf Larry. »Tja, Süße, sieht so aus, als bekämen Sie die schon von Ihrem Kumpel da.«

Drew lupfte irritiert ihre linke Braue. »Wie, bitte?« Offenbarverstand sie (ganz im Gegensatz zu Larry) nicht recht, woraufder Kellner anspielte. »Eine Riesenerektion will ich!« wieder-holte sie nachdrücklich.

»Nun, wenn Sie darauf bestehen…« Der Kellner legte sich dasHandtuch um die Schultern und ließ seine Muskeln spielen.»Da bin ich doch genau der Richtige«, meinte er lüstern.

»Na?« Drew sah ihn neugierig an. »Und wo bleibt sie?«

»Ehm, ich arbeite daran«, erwiderte der Kellner grinsend.»Wie wär’s, wenn Sie Ihren Computer für ’ne kleine Weile weg-

Page 70: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 70/317

 

stellen würden?« Er schickte sich an, sich zu Drew auf die Liegezu legen, doch sie stieß ihn energisch beiseite.

»Also, hören Sie mal!« rief sie entrüstet, so laut, daß das halbe

Schiff es mitbekam. »Ich will eine Riesenerektion! Einen Cocktail!Sie wissen schon. Dieses Zeugs mit dem Limonensaft, siebzig-prozentigem Rum, Grand Manier, Mayonnaise und einer gefro-renen ausgehöhlten Banane als Strohhalm… Eine Riesenerektioneben!«

Das schlüpfrige Grinsen verschwand schlagartig aus dem Ge-

sicht des jungen Kellners. »Ach so«, sagte er kleinlaut, sichtlichenttäuscht. »Einen Cocktail meinen Sie… Na gut. Das dauertaber ’ne Weile.«

»Das macht nichts«, sagte Drew. »Ich habe es nicht eilig.«

Der Kellner nickte und entfernte sich.

Larry schaute dem Fliegenträger nach, bis er hinter der Bar

verschwand, und wiederholte dann: »Eine Riesenerektion?«Obwohl er während seiner Zeit als Kampftrinker und staatlichgeprüfter Alkoholvernichter so ziemlich alles in sich hineinge-schüttet hatte, das auch nur entfernt alkoholisch war, vonSchnaps über Benzol bis hin zu Frostschutzmittel, hatte er voneinem solchen Cocktail noch nie etwas gehört.

»Das ist mein Lieblingsdrink«, erklärte Drew. »Meistens trin-ke ich alles ganz schnell weg und knabbere dann noch stunden-lang an der gefrorenen Banane herum.«

Oh, du meine Güte, dachte Larry benommen. Inzwischen warer heilfroh, daß seine Badehose vorne den Elefantenkopf hatte,da der Rüssel ihm viele peinliche Fragen ersparte. Wie zumTeufel soll ich das bloß aushalten?

Page 71: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 71/317

Page 72: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 72/317

 

schichte der O… Das finde ich alles ungeheuer aufregend. Aber besonders angetan haben es mir historische Flugzeuge. Vor al-lem diesen tollen deutschen Erfinder Anton Fokker finde ich

klasse.« Er sah Drew an. »Hast du schon mal von ihm gehört?«»Anton Fokker? Aber natürlich!« rief Drew aufgeregt. »Ich

habe das Buch über ihn geschrieben!«

»Ah«, machte Larry. »Du hast also von ihm gehört?«

»Nein, ich meine das ganz im Ernst!« versicherte Drew. »Ichhabe den Bestseller über sein Leben geschrieben, der überall als

die ultimative Abhandlung zu diesem Thema betrachtet wird.Das Buch heißt Fokker – Mehr als nur ein Flugzeug.«

Larry gab sich verblüfft. »Wirklich? Na, das ist ja großartig!Ich mache nämlich nichts auf der Welt lieber, als über histori-sche Flugzeugingenieure zu diskutieren.«

Drew strahlte wie ein Honigkuchenpferd. »Oh, ich auch

nicht!« Sie beugte sich zu ihm herüber, wobei er der Versu-chung widerstehen mußte, ihre beiden Glocken zu begaffen,was angesichts des Umstands, daß sie direkt vor seiner Nase bimmelten, nicht ganz einfach war, und sagte in vertraulichemTon: »Weißt du, Larry, manchmal habe ich das Gefühl, als wä-ren diese Kreuzfahrtschiffe voller Blender, die mich nur löchernwollen.«

Er seufzte verständnisvoll. »Das kann ich mir vorstellen…«

Drew lächelte. »Wie schön, daß ich in dir eine verwandte See-le gefunden habe!« sagte sie begeistert. »Jemanden, der sich wieich für die Geschichte der Luftfahrt interessiert, vor allem fürdie Flugzeuge meines lieben Anton!«

»Du weißt wohl echt viel über ihn, was?«

Page 73: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 73/317

 

»O ja!« Drew nickte. Dann führte sie sachlich aus: »Fokker,Anton Herman Gerald. Deutsch-amerikanischer Flugzeugde-signer niederländischer Herkunft, 1890 auf Java geboren. In

seinen deutschen Fabriken wurden Flugzeuge gebaut, die imersten Weltkrieg verwendet wurden. Er hat den Luftkrieg revo-lutioniert, indem er 1915 ein Maschinengewehr so synchroni-sierte, daß es durch den Propeller eines Flugzeugs abgefeuertwerden konnte, ohne daß die Propellerblätter getroffen wur-den. Später wandte er sich der Entwicklung zivil genutzterFlugzeuge zu und kam 1922 in die Vereinigten Staaten, wo er

1939 verstarb.«»Oh, Junge«, murmelte Larry gedankenverloren. »Ein spre-

chendes Lexikon mit Titten dran…«

Drew blinzelte irritiert. »Wie, bitte?«

Als Larry bewußt wurde, daß er laut ausgesprochen hatte,was er eigentlich nicht mal denken sollte, meinte er schnell:

»Eh, ich sagte, ich fand schon immer, daß Anton nie die Aner-kennung zuteil wurde, die er eigentlich verdient hat.«

Drew geriet über sein enormes Verständnis über Fokker ganzaus dem Häuschen. Ihre Augen funkelten leidenschaftlich. »Dukennst dich ja wirklich aus, Larry, was?« lobte sie anerkennend.»Ja, Anton war tatsächlich ein hervorragender Erfinder, ein re-

gelrechtes Genie. Dafür aber leider kein besonders guter Ge-schäftsmann. Eigentlich hat seine Mutter den ganzen Ladengeschmissen. Sie war ein echter Tyrann, schwang ein hartesRegiment und herrschte mit eiserner Faust. Der arme Antonhatte gewiß nichts zu lachen.«

Larry runzelte die Stirn. »Du meinst doch nicht etwa…«

Page 74: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 74/317

 

»Doch«, erwiderte Drew mit Nachdruck. »Sie war ein richti-ger Motherfucker…«

Larry ließ die letzte Bemerkung einfach mal so zwischen ih-

nen im Raum stehen. Er sah Drew Barringmore an, krampfhaft bemüht, den Blick nicht tiefer als bis zum Hals wandern zu las-sen, und fragte scheinheilig: »Hör mal, Drew, was würdest duvon einer etwas… ehm, tiefergehenderen Unterhaltung hal-ten?«

Sie schenkte ihm ein offenes, ehrliches, herzliches und – vor

allem – argloses Lächeln. »Das fände ich wirklich wunderbar,Larry! Wir könnten die ganze Nacht über Fokker reden.«

»Ja«, stimmte er zu. »Daran hatte ich auch gedacht…« Dannwagte er den genitalen Vorstoß: »Hast du Lust, mit in meineKabine zu kommen? Ich könnte dir meine Flugzeugstiche zei-gen.«

»Liebend gern«, sagte Drew fröhlich.

 Jetzt war es Larry, der strahlte. Wer hätte gedacht, daß es soeinfach sein würde, dieses Prachtweib rumzukriegen? Keinezehn Seiten, und er hatte sie genau da, wo er sie haben wollte –in waagerechter Position direkt unter sich. Den Spruch mit denFlugzeugstichen mußte er sich unbedingt merken. Offenbar zogdiese Masche besser als seine übliche Anmache: sich bei den

Schnitten danach zu erkundigen, welche Geschmacksrichtung bei Kondomen sie bevorzugten. Aber obwohl er Erdbeer,Waldmeister, Banane und Aprikose im Angebot gehabt hatte,war die Resonanz bei den Damen bis dato eher enttäuschendgewesen. Er hatte diesen Mißerfolg darauf zurückgeführt, daßdie Mädels auf exotischere Früchte standen – Avocados, Man-

gos, Litschis, all dieses Zeug, das aussah, als würde es jeden

Page 75: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 75/317

 

Augenblick aus der Schale springen und wegkrabbeln. Dochmöglicherweise hatte er die Frauen, die auf den Gummispruchstanden, auch schlicht und einfach bereits überlebt. In seinem

Alter konnte so was ja schließlich durchaus vorkommen. Wieauch immer, jedenfalls sah es so aus, als hätte sich das weibli-che Geschlecht in den letzten Jahren im Zuge der Emanzipati-onsbewegung (in Larrys Augen nichts weiter als ein Aufstandvon Weibern, die keinen Kerl mehr abgekriegt hatten) einmalmehr grundlegend geändert. Safer Sex war so out wie RonaldReagan. Historische deutsche Flugzeugdesigner waren im Mo-

ment der große Bringer.Larry strich sich durch das schüttere Haar und raunte: »Wenn

du meine Stiche sehen möchtest, warum machen wird uns dannnicht gleich auf den Weg?«

»Weil es leider nicht geht«, erwiderte Drew enttäuscht.

Sein Lächeln verblaßte. »Was soll das heißen? Das geht

nicht?«»Ich kann nicht«, sagte die junge Frau mit echtem Bedauern in

der Stimme. »Ich habe doch dem Schiffsjungen befohlen, meineKleider für die Dauer der Fahrt wegzuschließen. Und ich kannmich doch nicht einfach über die Regeln hier an Bord hinweg-setzen und so mir nichts, dir nichts wie ein Exhibitionist nackt

durch die Bereiche gehen, in denen man bekleidet sein muß.Das geht nun wirklich nicht. Ich muß wohl hierbleiben und dieganze Nacht lang nackt am Pool liegen, während die kühlentropischen Winde mir sanft über die bloße Haut streichen.« Sieseufzte resigniert.

Larry zog eine Grimasse.

Page 76: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 76/317

 

Manchmal war er über seine eigene Naivität verblüfft. Hatteer wirklich allen Ernstes geglaubt, daß es so einfach sein würde,Drew in seine Kabine zu kriegen? Er hätte wissen müssen, daß

an der Sache ein Haken war. Daß dieser Haken allerdings darin bestand, eine wunderschöne nackte junge Frau, deren Formen jeden Schönheitschirurgen vor Ehrfurcht erstarren lassen muß-te, anzuziehen, damit hatte er nun beim besten Willen nicht ge-rechnet. Doch wie es aussah, hatte er keine andere Wahl. Ermußte Drew ihre Kleider beschaffen.

Die Frage war nur, wie?

Mit einem Stoßseufzer ließ Larry den Blick über das Sonnen-deck zum Swimmingpool schweifen, in dem sich Heerscharen(halb-)nackter Badender tummelten. Lachen, Kichern und dasQuaken einer Ente, die zwischen den Planschenden sorglosumherpaddelte, drang zu ihnen herüber. Eine Frau, die so dickwar, daß Larry argwöhnte, daß man ihr Konfirmationsfoto aus

der Luft hatte aufnehmen müssen, wippte auf dem Einmeter- brett, das sich unter ihrem Gewicht bedrohlich tief bog. Er ver-folgte, wie die Dicke sich, jauchzend wie eine schwangere See-kuh, in die Fluten stürzte. Er grinste boshaft, als die anderenSchwimmer in der Flutwelle beinahe ertranken. Dann fiel seinBlick auf das Buch neben Drew, Die erotischen Abenteuer des Her-

kules, und ihm fiel ein, daß er noch immer keine Reiselektüreaufgetrieben hatte.

»Hey, Drew«, sagte er deshalb. »Ob ich deinen Roman wohlfür eine Weile ausleihen könnte?«

Sie nickte. »Aber klar. Ich hab’ ihn sowieso schon durch.«

Larry nahm das Buch, klemmte es sich unter den Arm. »Bes-

ten Dank… Tja, ich schätze, ich muß dann mal langsam wieder.

Page 77: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 77/317

 

Das eine oder andere erledigen.« Er wiegte den Kopf. »Na ja,mehr das eine als das andere, aber was soll’s… Sag dem Kell-ner, daß er meine Riesenerektion haben kann. Ich denke, er

 braucht sie nötiger als ich…«»Sicher, Larry«, sagte sie freundlich. »Es war nett, mit dir zu

plaudern. Vielleicht sehen wir ja bald mehr voneinander.«

Larry schmunzelte. »Sehr wahrscheinlich…«

»Also, bis dann«, sagte Drew.

»Ja«, entgegnete Larry. »Bis dann.«

Mit dem Buch unter dem Arm marschierte er über das Son-nendeck hinüber zu den Umkleidekabinen, um Dumbo gegenseinen Anzug zu tauschen – schließlich hätte es vermutlich ir-gendwie seltsam ausgesehen, wenn er mit der Elefantenbade-hose zum abendlichen Galadinner erschienen wäre. Dann er-tönte plötzlich das beinahe schon obligatorische Knacken der

Bordlautsprecher.»Achtung, bitte, eine Durchsage! James gewinnt den Wein- brandvernichtungswettbewerb mit einem satten halben FaßVorsprung und setzt sich damit klar an die Spitze des TLP-Wettbewerbs. Wir gratulieren, James! Schau doch mal auf derBrücke vorbei, damit wir auf deinen Sieg anstoßen können,wenn du wieder aus dem Koma erwacht bist… Ende derDurchsage.«

Larry runzelte die Stirn.

Allem Anschein nach waren die anderen Teilnehmer anKäpt’n Thyghs Liebhaberwettbewerb bereits eifrig damit be-schäftigt, die einzelnen Aufgaben zu lösen. Na, und wennschon. Sollten diese verdammten Idioten sich ruhig abhetzen.

Larry zog es vor, die Sache langsam und gemächlich anzuge-

Page 78: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 78/317

 

hen, denn je länger er sich auf der P. M. S. Bouncy umsah, destomehr verstärkte sich sein Eindruck, daß Käpt’n Thygh nicht dieeinzige Frau an Bord war, die es sich zu erobern lohnte. Und

warum sollte er sich mit einem Häschen zufriedengeben, wenner ein ganzes Rudel kriegen konnte? Außerdem hatte er seineSchiffsinspektion noch nicht beendet, und nach seinen Begeg-nungen mit Drew Barringmore und Victoria Principles warLarry zuversichtlich, daß die P. M. S. Bouncy möglicherweisenoch weitere erigierende Überraschungen für ihn bereithielt,die es zu entdecken galt, bevor es andere taten. Eine Weile

würde Kapitän Thygh sich also noch gedulden müssen…

Page 79: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 79/317

 

4.

Sprechende Möpse

» Achtung, bitte, eine Durchsage! William hat beim Tätowieren mitverbundenen Augen (ein Teil des TLP-Wettbewerbs) nach Punkten gewonnen. Herzlichen Glückwunsch, William! – Ende der Durchsa- ge.«

Während die Neuigkeit aus den Lautsprechern quakte,schlenderte Larry gelassen über das Achterdeck der P. M. S.Bouncy, das ebenso wie der Rest des Luxusliners mit allerleiexotischen grünbunten Topfpflanzen und Memorabilien vonKäpt’n Thygh in verschiedenen Stadien der Entblätterung de-koriert war. Es war kurz vor Viertel nach fünf. Seit er Drew amPool zurückgelassen hatte, machte Larry es sich in einem Liege-stuhl auf dem Promenadendeck gemütlich. Er vertiefte sich inDie erotischen Abenteuer des Herkules, um seine eingleisigen Ge-danken in andere Bahnen zu lenken.

Das Buch hatte es wirklich in sich. Jede Seite prall gefüllt mitantikem Schweinskram. Herkules, eine denkwürdige Mischungaus David Letterman, Julio Iglesias und Schwarzenegger, stieg

den altgriechischen Jungfrauen nach, gebärdete sich – eineHommage an seinen göttlichen Samenspender – wie ein Stierund tat alles, was Stiere nun mal so machten, wenn ihnen kna-ckige Färsen vor die Hörner kamen. Dabei ging es zuweilen soheftig zur Sache, daß selbst Larry als langjähriger Pornophilerknallrote Ohren bekam. Kein Wunder also, daß er das Buch

nach den ersten drei Kapiteln entnervt zuklappte und beschloß,

Page 80: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 80/317

Page 81: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 81/317

 

zu werden drohten. Tatsächlich waren ihre Brüste so gewaltig,daß Larry sich zwangsläufig fragte, ob sie dafür womöglicheinen Waffenschein brauchten.

Gleichwohl war es Larry selbstverständlich nicht unange-nehm, auf zwei weitere attraktive junge Frauen zu treffen. Jemehr Babys hier herumliefen, desto größer war schließlich sei-ne Chance, nach Tagen der Enthaltsamkeit endlich wieder ei-nen Volltreffer zu landen. Und an Frauen schien es auf diesemDampfer ja nicht unbedingt zu mangeln. Ganz im Gegenteil.Auf der P. M. S. Bouncy wimmelte es nur so vor hübschenFrauen, die es alle irgendwie wert waren, in Larrys autorisierterAutobiographie mit dem klangvollen Titel Lendenträume, die erirgendwann zu Papier zu bringen gedachte, lobend erwähnt zuwerden. Käpt’n Thygh. Vicky. Drew. Und jetzt diese beidenPuppen hier. Offenbar war auf dem Schiff irgendwo ein Nest…

Larry, der angesichts der üppigen, garantiert naturbelassenen

Blondinenkörper zu dem Schluß gelangt war, seine rituellenWaschungen auf einen späteren Zeitpunkt zu verschieben, umsich nicht komplett zum Narren zu machen, wenn er aus sei-nem Mantel stieg, legte sich das Handtuch locker über dieSchultern und ging vor dem Whirlpool in die Knie.

»Hallo, Mädels!« begrüßte er sie fröhlich. »Na, wie geht’s so?

Mein Name ist Larry. Larry Laffer.«»Laffer?« echote die linke Braut belustigt. Ihre Erscheinung

machte einen leicht debilen Eindruck, doch das hing vermutlichmit ihrer Haarfarbe zusammen. »Das ist aber mal ein komischerName!«

Page 82: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 82/317

 

»Und ich wette«, mischte sich die andere Schnecke mit süßer,zwitschernder Säuselstimme ein. »Ich wette, du bist auch einkomischer kleiner Kerl, was?«

Larry zuckte die Schultern. »Na ja, schätze schon«, stimmte erihr zu. »Aber, hey, sagt mal, Kinder, kenne ich euch nicht vonirgendwoher?« Das war sein Standardspruch – die Lizenz hatteer günstig aus einem bekannten Hollywoodstreifen erworben.

»Schon möglich«, sagte die Rechte. »Wir kommen viel her-um.«

»Klar«, schoß Larry ins Blaue. »Ihr seid berühmt, nicht wahr?«Die Säuselstimme nickte. »Wir sind die Möpse.«

Er blinzelte. Schielte auf ihre Brüste. »Ja, das sehe ich…«

»Nein, nein«, winkte sie eifrig ab. »So nennen wir uns. DieMöpse. Wir sind Sängerinnen.«

»Ich heiße Nailmi Jugg«, stellte die andere Blondine sich vor.

»Und das ist meine Tochter Wydoncha.«Larry sah von einer Frau zur anderen. »Mutter? Tochter?«

Die Juggs nickten.

»Also, Momentchen mal«, sagte Larry und hob verwirrt dieHand. »Wer von euch ist noch mal die Mutter und wer dieTochter?«

»Na, jetzt hör aber auf, du elender Charmeur!« winkte Nailmiab, obwohl sie sich offensichtlich geschmeichelt fühlte. »Ich binselbstverständlich Wydonchas Mama. Aber natürlich«, fügte siehinzu, »sind wir beinahe im gleichen Alter. Ich bekam sie näm-lich zusammen mit meinem ersten Eisprung.«

»Aha.« Larry gluckste. »Soso.«

Page 83: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 83/317

 

»Ja«, bestätigte Wydoncha fröhlich. »Ich bin neunzehn, undMama ist seit mindestens fünf Jahren neunundzwanzig…«

»Wydoncha, das ist nicht komisch!«  brauste Mutter Mops auf

und warf ihrer Tochter einen wütenden Seitenblick zu, der Lar-ry dazu veranlaßte, das Thema zu wechseln.

»Und«, erkundigte er sich langsam (schließlich hatte er es mitBlondinen zu tun), »warum machen zwei berühmte Sängerinnenwie ihr eine Kreuzfahrt?«

»Um ehrlich zu sein, Larry, Ruhm kann manchmal auch ver-

dammt lästig sein«, bekannte Nailmi und ließ einen Stoßseufzerfolgen, der Larry bis in Mark und Überbein erschauern ließ.»All diese Presse- und Fototermine. Die Radio- und Fernsehauf-tritte. Die ganzen Tourneen. Das macht uns richtig fertig. Des-halb dachten wir, daß uns so ein Urlaub guttun würde.«

»Ganz zu schweigen davon, daß wir uns sowieso nicht in derÖffentlichkeit sehen lassen können, bis Gras über diese Sachegewachsen ist«, ergänzte Wydoncha, ebenfalls seufzend.

Larry runzelte die Stirn. »Was für eine Sache?«

»Na ja«, sagte Nailmi Jugg bedächtig, während ihre giganti-schen Brüste wie Bälle im blubbernden Wasser trieben. »Es gabda vor ungefähr einem Monat einen kleinen… Zwischenfall. Beieinem Wohltätigkeitskonzert in einem Hochsicherheitsgefäng-nis für Frauen. Wir versuchten, unseren armen, armen Schwes-tern die Chance zu geben, ihren Kummer für eine kleine Weilezu vergessen. Immer alles für die Fans, weißt du?«

Larry nickte verständnisvoll.

»Außerdem meinte unser Manager, es sei eine gute Gelegen-heit, unser neues Video fürs Kabelfernsehen zu drehen. Einge-

sperrtes Feuer. Die Möpse hinter Gittern.« Sie kicherte.

Page 84: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 84/317

 

Mama Jugg sah ihre Tochter streng an. »Also, Wydoncha, wervon uns erzählt denn jetzt die Geschichte? Du oder ich?« Ohnedie Antwort ihres Sprößlings abzuwarten, erklärte sie: »Nun,

auf jeden Fall hatten wir an diesem Tag einige Probleme, in un-sere Radlerhosen zu kommen…«

»Genau!« fiel Wydoncha ihr ins Wort. »Weil Mama im Tour- bus mal wieder kräftig bei der Buttercremetorte zugeschlagenhatte.«

»Wydoncha, sei ruhig!« fuhr Nailmi sie an. »Wo war ich noch

stehengeblieben? Ach so… Also, die Show mußte ja irgendwieweitergehen. Darum ließen wir uns von einem der Tourbeglei-ter kurzerhand mit Silikongleitmittel einsprühen.«

»Und wir flutschten nur so rein«, ergänzte Wydoncha.

Larrys Blick pendelte zwischen den vier Glocken der zweiMöpse hin und her. Das Rumoren in seinen Lenden nach bestenKräften ignorierend, sagte er verträumt: »Das ist eine ziemlichinteressante Vorstellung…«

»Tja, bloß wußten wir selbstverständlich nicht, daß die war-men Bühnenscheinwerfer eine chemische Reaktion zwischendem Latex der Radlerhosen und dem Silikon auslösen wür-den«, sagte Nailmi mit einem gewissen Bedauern in der Stim-me.

»Wow! Das war vielleicht was!« jauchzte Wydoncha fröhlich.»Es hat einen regelrechten Aufruhr gegeben!«

»Was ist passiert?« fragte Larry.

»Ich weiß es nicht mehr genau«, sagte sie ausweichend. »Ichkann mich nur noch verschwommen daran erinnern.«

Page 85: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 85/317

 

»Sagen wir mal«, übernahm ihre Mutter das Wort, »egal, wowir danach hingingen, wurden wir von Paparazzi belagert.«

»Man lauerte uns richtig auf«, bekräftigte Wydoncha.

»Ja, und nachdem sie das Video zu Eingesperrtes Feuer dann bei Nashville Stories gesendet hatten, mußten wir schnellstensfür eine Weile untertauchen. Nun, und hier sind wir also.«

»Tragisch«, sagte Larry, bemüht trübsinnig.

Wydoncha winkte lächelnd ab. »Och, ich fand’s eigentlichganz spaßig…«

Larry schmunzelte. Irgendwie gefiel ihm das Mädchen. Siewar so fröhlich. So lebensbejahend. So eindrucksvoll, vor allemum die Brust rum…

Er unterdrückte ein anzügliches Grinsen und fragte: »Was füreine Art Musik singt ihr eigentlich?«

»Beide«, erwiderte Nailmi stolz. »Country und Western… Du

kennst doch bestimmt unseren großen Hit Dichtes Haar und lan- ge Glieder?« 

Larry dachte einen Moment darüber nach. Dann schüttelte erden Kopf. »Ähm, ich fürchte, nicht.«

»Was ist mit Höschen an der Ferse, Schmerz im Herz?« wollteWydoncha wissen. »Das kennst du doch bestimmt!«

»Nö«, gestand Larry. »Klingt für mich aber wie ein todsiche-rer Grammy-Kandidat.«

Wydoncha musterte Larry so neugierig, daß er zwangsläufigden Eindruck gewinnen mußte, sie finde nicht nur seinen Ba-demantel interessant. »Was für Musik hörst du dir denn so an?«

»Disco«, antwortete er wahrheitsgemäß. »Du weißt schon. Ka-

tschung-ka-tschung-ka-tschung.«  Er vollführte die entsprechen-

Page 86: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 86/317

 

den Tanzbewegungen, die man jedoch bei Unkenntnis derSachlage schnell als epileptischen Anfall fehlinterpretierenkonnte. »So in der Richtung. Weißt du, Wydoncha, manche

Leute behaupten ja, Disco kommt wieder. Aber ich meine, Dis-co war überhaupt noch nie weg vom Fenster.« Er sagte das miteiner Inbrunst in der Stimme, daß er sich beinahe selbst ge-glaubt hätte. Dann ließ er den Blick wieder zwischen den Möp-sen hin- und herwandern. »Wie ist es? Habt ihr irgendwelcheAufnahmen von euch, die ich mir anhören könnte?«

Nailmi schüttelte den Kopf. »Also, ich würde dir ja gern einhandsigniertes Exemplar unserer letzten CD geben«, erklärtesie bedauernd. »Aber leider sind wir so überstürzt zu dieserKreuzfahrt aufgebrochen, daß wir uns nur rasch ein paar dünneSeidenfetzchen aus dem Bus schnappen konnten. Tut mir leid.«

Larry winkte ab. »Oh, das geht schon in Ordnung. Ich höremir sowieso lieber die unübertroffene Klangtreue von Acht-

spur-Tonkassetten an…« Er verlagerte das Gewicht von einemBein auf das andere und sagte: »Ihr tretet doch bestimmt aufdem Schiff auf, oder?«

»Na ja, erst wollten wir ja nicht«, sagte Nailmi. »Aber unserManager besteht darauf, daß wir in Übung bleiben. Daher ha- ben wir uns entschlossen, eine ganz spezielle Show anzubie-

ten.«»Alles für die Fans«, sagte Wydoncha.

Nailmi nickte nachdrücklich. »Gott segne sie…«

In diesem Moment knackte es mal wieder in den Lautspre-chern.

» Achtung, bitte, eine Durchsage! Jeffrey hat soeben mit großem

Vorsprung das Strip-Solitaire gewonnen, während Henry sich im

Page 87: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 87/317

 

Nackt-Hürdenlauf durchsetzen konnte und Thomas das Pullermann- Angeln für sich entschied, indem er einen dreihundert Pfund schwe-ren Seehecht nur mit seinem Pullermann an Bord holte! Wir gratulie-

ren den Gewinnern! – Ende der Durchsage.«Larry grunzte mißmutig.

Es hatte beinahe den Anschein, als würden die Wettbewerbelangsam in die entscheidende Phase geraten. Wahrscheinlichwäre es besser, wenn er sich jetzt ebenfalls an die Arbeit mach-te. Diese beiden netten Wuchtbrummen konnte er sich auch

später noch zur Brust nehmen – oder umgekehrt.»Also, Mädels«, sagte Larry und erhob sich. »Es war schön,mit euch zu plaudern. Aber jetzt muß ich weiter. Vielleicht se-hen wir uns ja später noch?«

»Aber natürlich«, säuselte Wydoncha. »Und verpaß bloß nichtunsere Show in der Lounge heute abend, ja, Larry?«

Larry schenkte der Kleinen das, was er für ein einnehmendes,weltmännisches Lächeln hielt. »Aber auf gar keinen Fall…«

Als Larry sich vom Whirlpool entfernte, fragte er sich, ob dieMöpse glaubten, daß er als Kind vom Rübentrecker gefallenwar. Nahmen Nailmi und Wydoncha wirklich allen Ernstes an,er würde sich die Chance entgehen lassen, sie live und in Ac-tion zu erleben? Natürlich, daß sie nur Country & Western san-gen, wäre ein durchaus nachvollziehbarer Grund gewesen, derLounge heute abend fernzubleiben, aber den imposanten An- blick der Juggs in hautengen schwarzen Radlerhosen wollte ersich um nichts auf der Welt entgehen lassen. Dafür nahm ersogar anderthalb Stunden akustischer Folter auf sich.

Page 88: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 88/317

 

Während er über das Achterdeck in Richtung Aufzug schlen-derte, um hinunter in seine Kabine zu fahren und sich fürs A- bendessen umzuziehen, überlegte Larry, welche der sechs Dis-

ziplinen, die zwischen ihm und intimen Einblicken in Käpt’nThyghs Sexualleben standen, er zuerst in Angriff nehmen sollte.

Er brauchte nicht lange darüber nachzudenken.

Nach den in jeder Hinsicht erhebenden Begegnungen mit Vi-cky, Drew und den Möpsen, die jedoch alle irgendwie unbefrie-digend verlaufen waren, wurde es höchste Zeit, seinen Hor-

monhaushalt wieder auf einen akzeptablen Pegel zu bringen –nämlich knapp dreihundert Prozent runter. Und was wäre ihmzu diesem Zweck gelegener gekommen als der TLP-Sextechnikwettbewerb mit dem LiebesMeister 2000™?

Page 89: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 89/317

 

5.

Mötmöt und Tlanfelkel

Der LiebesMeister 2000™, garantiert kein eingetragenes Waren-zeichen der ansonsten stets seriösen Produktionsfirma Sierra-Online Ltd. (auch wenn böse Zungen dies behaupten mögen),war im ersten Unterdeck des Luxusliners zu finden, auf dem

Gang, der zu Kapitän Queegs Ballsaal führte, auch wenn Larrykeine Ahnung hatte, wer zum Teufel das sein sollte. Als er dieTür mit der entsprechenden Aufschrift öffnete, schlug ihm ausdem Spalt ein Schwall warmer, nach Schweiß, Intimspray, zusüßem Frauenparfüm und Schmieröl duftender Luft entgegen,der Larrys Geruchssinne in demselben Maße betäubte, wie derAnblick, der sich ihm darbot, als er den Raum zögerlich betrat,

seine Augen trübte.Es war, als würde man in eine andere Welt eintauchen. In eine

Welt, in der die potentielle Stärke eines Mannes noch Ausdruckseiner Macht und universellen Größe war, und nicht Grund,sich von durchgedrehten Emanzen auf offener Straße als »ver-dammtes Chauvischwein« beschimpfen zu lassen. Hier, in die-

sen heiligen Hallen, zwanzig Meter im Quadrat, überlebte nurderjenige, der seine Abstammung vom Affen nicht leugnete,sondern sich vielmehr zu seinen tierischen Urtrieben bekannteund bereit war, seine innerste Natur ungehemmt und ohneRücksicht auf spätere Vaterschaftsklagen auszuleben.

Larry fühlte sich sofort wie zu Hause.

Page 90: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 90/317

 

Dabei sah es in dem Raum ganz anders aus als daheim in sei-ner Bleibe. Während in seiner Bude leberwurstfarbene Tapetendie Augen mancher Betrachter beleidigten, waren die Wände

hier derart grellrot lackiert, daß man sich unweigerlich fragte,wie viele Anstreicher beim Pinseln dauerhaft erblindet waren.Decke und Boden hingegen bestanden aus Millionen und A- bermillionen von Spiegelscherben, aus denen Larry Millionenund Abermillionen verzerrte kleine Larrys anstarrten. Aus denvier schwingtürenbewehrten Kabinen an der Nordwestwanddrang ein ekstatisches Stöhnen, Wimmern, Seufzen, Keuchen,

 Juchzen und Schreien, daß der Besuch eines Konzerts derBackstreet Boys dagegen wie die Jahreshauptversammlung desörtlichen Scheintotenheims wirkte. Die Atmosphäre sexuellerEnergie, die den Raum erfüllte, war so deutlich spürbar, daßsich Larrys Nackenhaare unaufgefordert aufrichteten. Das hierwar das Leben in seiner urtümlichsten, räudigsten, primitivsten

Form.Hier war er in seinem Element.

Als Larry mit großen Kinderaugen näher trat, erkannte er,daß drei der Kabinen, über denen Anzeigetafeln über den aktu-ellen Punktestand der Kontrahenten informierten, im Moment besetzt waren. Doch was er sah, gefiel ihm nicht besonders.

Denn auch wenn die Kerle, gegen die er antreten mußte, wieWoody Allen, Frank Sinatra oder der Unglaubliche Hulk wirk-ten – also weit weg von dem, was psychisch halbwegs normalentwickelte Frauen Mitte Zwanzig als attraktiv bezeichnenwürden –, schienen sie ihre Sache dennoch so ordentlich zumachen, daß Larrys Stirn besorgte Wellen schlug.

Alle drei Männer hatten bereits über sechshundert Punkte,was bei einer maximal erreichbaren Höchstsumme von tausend

Page 91: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 91/317

 

Punkten nach Adam Riese bedeutete, daß sie sich im oberenDrittel der Skala bewegten. Der Kerl in Kabine 3 hatte es sogarauf satte neunhundert Punkte gebracht und hielt damit wahr-

scheinlich den Highscore. Natürlich zeigte sich Larry darübernicht über die Maßen beeindruckt, weil er schließlich auf einlangjähriges Sexualleben zurückblicken konnte – oder sich zu-mindest rühmen konnte, sich ungefähr eine Milliarde Porno-streifen reingezogen zu haben, wobei er sich mit der Zeit einumfassendes Spezialwissen angeeignet hatte. Was es über Sexirgend zu wissen gab, wußte er. Er kannte sich mit allen Arten

zwischenmenschlichen Verkehrsgedrängels aus und konnte ausdem Stegreif über vierhundert verschiedene Stellungen en de-tail beschreiben – was mit Sicherheit nicht allzu viele Männervon sich behaupten konnten, ohne zu lügen. All das verleiteteihn zu der irrigen Annahme, daß er den Jackpot knacken konn-te, ohne sonderlich ins Schwitzen zu geraten. Er durfte sich

nicht zu sehr verausgaben, schließlich mußte er heute nachtnoch die Möpse beglücken, die vermutlich nicht so leicht zu-friedenzustellen waren. Sicher, es würde in jedem Fall ausrei-chen, um Nailmi und Wydoncha in den Wahnsinn zu treiben.Doch das war Larry nicht genug. Sie mußten weinen, schreienund betteln, mußten verzweifelt gegen seine Kabinentür häm-mern. Aber natürlich würde er sie erst rauslassen, wenn er mit

dem Ergebnis seiner Bemühungen zufrieden war…Dieser Gedanke entlockte ihm ein Lächeln.

Während er dem himmlischen Papa im stillen für die reichli-chen Gaben dankte, mit denen Er seinen Sohn in Seiner gren-zenlosen Güte gesegnet hatte, durchquerte Larry den Raumund blieb vor einem wuchtigen Automaten stehen, der von ei-

nem geschwungenen Kußmund aus rotem Plastik geziert wur-

Page 92: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 92/317

 

de. Mit einer energischen Geste, die Zuversicht signalisierensollte, aber bloß wirkte, als ob er unter akuter Achselnässe litt,holte er seine noch jungfräuliche TLP-Punktekarte hervor und

steckte sie zwischen die geschürzten Lippen des Automaten.Die Daten wurden mittels Scanner eingelesen. Ein verhaltenesRattern erklang, gefolgt von einem leisen Summen, wiederumgefolgt von einem heiseren Quietschen, als die Schwingtür vonKabine 2 sich, wie von Geisterhand bewegt, auftat und denBlick auf eine fesche Metallbraut mit gelben Augen und Iroke-senschnitt freigab, die sich per Zigarettenspitze eine Ladung

Nikotin in die Leitungen pfiff. Ihre eisernen Rundungen warenansehnlich und durchaus vielversprechend, obschon vielleichteine Spur zu hart. In einer Wolke blauen Qualms saß sie da undmusterte ihn herausfordernd, als ob sie genau wüßte, was sievon ihm zu erwarten hatte, nämlich im Zweifelsfall nicht allzu-viel.

Er betrachtete die eiserne Lady einen Moment lang zweifelnd.Bislang war er noch nicht in die Verlegenheit geraten, Sex miteinem Roboter zu haben. Allerdings waren die Unterschiede zuLucy, der Gummipuppe, die ihn daheim bei seinen Trocken-übungen unterstützte, mit geschlossenen Augen vermutlichminimal, und wenn er hier und jetzt eine Vorstellung ablieferte,die bloß halb so beeindruckend wie seine Leistungen zu Hausemit Lucy war, hatte er den Sieg schon so gut wie in der Tasche.

Larry zuckte mit den Schultern und trat, resigniert seufzend,in die Kabine.

Was tat man nicht alles, um den Frauen zu imponieren? 

Die Türen schwangen hinter ihm quietschend zu.

Eine Sekunde lang rührte sich nichts.

Page 93: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 93/317

 

Dann brach in der Kabine plötzlich hektische Aktivität aus.

Das Summen von Elektromotoren war zu hören, dicht gefolgtvom Ratschen eines Reißverschlusses. Das Rascheln von Kla-

motten, die hastig bis zu den Knien runtergezogen wurden. Eindumpfes, mechanisches Brummen. Dann Larry, erst langsam,dann so heftig stöhnend, als ob er unmittelbar vor einem Herz-kranzgefäßkatarrh stünde. Klackende Scharniere. Wieder Larry,hechelnd wie ein Hund nach einem ausgedehnten Spaziergangdurch die Felder an einem warmen Sommertag. Unruhig schar-rende Füße. Und noch mal Larry, aus voller Kehle einen guttu-ralen Urschrei ausstoßend, der das abrupte Absinken seinesHormonspiegels signalisierte und die Wände der Kabine erzit-tern ließ, als würde draußen der verblichene John Candy – Gotthab’ ihn selig – vorbeiwalzen. Danach das zweifache müde Trö-ten einer Blechhupe, mötmöt, wie um das Ende des Gefechts zudokumentieren.

Nach gut und gerne fünfzehn nervenaufreibenden Sekundenwar es schließlich vorüber.

Die Schwingtüren öffneten sich wieder.

Larry taumelte, die Klamotten durcheinander, das Haar zer-zaust und wild zu allen Seiten abstehend, aus der Kabine. Erwar von Kopf bis zu den Socken schweißgebadet. Sein Gesicht

glühte so rot wie damals, als er vor der offenen Mikrowelle ein-schlief und mit dem fürchterlichsten Sonnenbrand aufwachte,den sein Hautarzt jemals gesehen hatte. Er konnte sich kaumsenkrecht auf den Beinen halten. Während die eiserne Ladyhinter ihm in unveränderter Haltung in der Kabine saß und mitteilnahmsloser Metallmiene ihre Zigarette rauchte, hatte dievorangegangene sexuelle Interaktion Larry Laffer so sehr ge-

Page 94: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 94/317

 

schlaucht, als hätte er gerade ein Dutzend Kondome zum Plat-zen gebracht.

»Oh,  Junge«, keuchte er angestrengt, während er mühevoll

seine Hosen hochzog und den Reißverschluß schloß. Er war fixund fertig. Gleichzeitig jedoch erfüllte ihn das befriedigendeGefühl, etwas vollbracht zu haben, was bei Larry ja doch eherselten der Fall war. »Was für eine Nummer…« Er war nochimmer böse aus der Puste. »Ich bin bestimmt ’ne ganze Stundeda drin gewesen!«

Wie viele Punkte ihm seine Leistung wohl einbrachte?Ob er den Jackpot knacken konnte?

Würde Arnold Schwarzenegger nächstes Jahr zum Präsiden-ten der Vereinigten Staaten gewählt werden?

Fragen über Fragen, auf deren Beantwortung Larry nicht lan-ge warten mußte. Denn kaum hatte er seine Kleider wieder ei-

nigermaßen geordnet, als sich die Plastiklippen des Automatenzu seiner Rechten öffneten und eine Frauenstimme mit demTimbre einer Baßtrompete verkündete: »Ihre Punktzahl, LarryLaffer… Zwei.«

Larrys hohe Stirn schob sich zusammen wie ein Akkordeon.»Zwei was?« fragte er verwirrt. »Zweihundert? Zweitausend?«

»Zwei«, wiederholte die Baßtrompete. »Nur zwei…«

Langsam dämmerte Larry, daß irgend etwas nicht in Ord-nung war. Mit einem unguten Gefühl in der Magengrube dreh-te er sich um und warf einen irritierten Blick auf die Anzeigeta-fel über der Tür von Kabine 2.

Die Anzeige zeigte zwei Punkt an.

Zwei klägliche Punkte! 

Page 95: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 95/317

 

Larry schnaubte wütend.

Und dafür hatte er sich abgerackert wie ein Pferd?

Er konnte es nicht fassen. Nach all den Mühen, die er auf sich

genommen hatte, nach all dem Übel, das ihm in seiner Kindheitwiderfahren war, sollte er jetzt mit zwei beschissenen kleinenPünktchen abgespeist werden? Ja, zum Teufel, in was für einerWelt lebte er denn eigentlich?

Wütend strich Larry sich das Haar zurück, nahm einen kur-zen Anlauf und trat mit voller Wucht gegen den Lippenauto-

maten, um seinem Zorn über die ungerechte Bewertung seinerLeistung Luft zu machen. Abgesehen davon, daß sein rechtergroßer Zeh ein unheilschwangeres Knacken hören ließ und in-nerhalb weniger Sekunden zum Drei- bis Vierfachen seinernormalen Größe (die auch so bereits recht beachtlich war) an-schwoll und den Schuh zu sprengen drohte, passierte nicht viel.

Der LiebesMeister 2000™ strafte ihn mit Mißachtung.

Mit angeknackstem Zeh, gebrochenem Selbstvertrauen undeinem Blutdruck von hundertvierzig zu Scheintod humpelteLarry von dannen, während seine drei Mitstreiter in den ande-ren Kabinen nach wie vor heftig bei der Sache waren. Benom-men fragte er sich, wie diese Idioten es schafften, über sechs-hundert Punkte zu erreichen, obwohl er alle seine Kenntnisse

angewandt hatte. Vielleicht, ging es ihm durch den Kopf, wäh-rend er den Raum verließ, lag es ja einfach daran, daß er diefalschen Filme gesehen…

Larry trat auf den Gang hinaus und versuchte sich mit der I-dee anzufreunden, daß aus dem geplanten Siegeszug in Käpt’nThyghs Kabine, mit Pauken, Trompeten und einer Monatspa-

ckung Lümmeltüten unter dem Arm, möglicherweise nichts

Page 96: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 96/317

 

wurde, wenn seine Leistungen bei den anderen Wettkämpfenebenso unfair beurteilt würden. Er hatte keine Ahnung, wieviele der fünf Wettbewerbe er gewinnen mußte, um den Ge-

samtsieg davonzutragen, aber das, was er da eben hingelegthatte, war nicht gerade das gewesen, was allgemein als Senk-rechtstart bezeichnet wurde. Eher so was wie ein Rohrkrepierer– im doppelten Sinne des Wortes…

Während Larry auf den Aufzug wartete, informierte ihn seineUhr darüber, daß es allmählich Zeit wurde, Kalorien zu laden.Es war bereits kurz vor sieben. Er konnte nur hoffen, daß es aufdem Schiff gesitteter zuging als zu Hause in der Kantine dergroßen Filtertütenfabrik, bei der er als Aromaporentester ange-stellt war. In der Kantine dieser Firma war, spätestens zweiein-halb Minuten, nachdem die Türen geöffnet wurden, abgesehenvon einem Berg leerer Schlüsseln, Teller, Platten sowie einemschmierigen Chaos aus Bratenfett, Soße und zermatschtem Ge-

müse auf dem Boden nicht mehr viel übrig, das er freiwilligverzehrte. In jedem Fall hatte er nicht vor, sich knurrenden Ma-gens in das wüste Nachtleben der P. M. S. Bouncy zu stürzen,denn wenn es eine Sache gab, die er beim Sex wirklich störendfand, waren das lautstark rumorende Innereien.

Als der Aufzug schließlich kam, fuhr Larry ohne Umwege

hoch zum Speisesaal. Die Doppeltüren standen bereits offen.Drinnen hatten die Innenarchitekten des Potts sich selbst über-troffen und den Saal dem Innenleben eines Bauwals nachemp-funden, nebst gigantischen Rippenbögen, die sich quer über dieTischreihen wölbten, einem grob kieferförmigen Büfett aus rie-sigen Zähnen, auf denen dampfende Schüsseln und Fleischplat-ten standen, und einer großen roten Zunge, so groß wie ein

Page 97: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 97/317

 

Doppelbett, die als Podest für eine komplett aus Eis gehaueneSkulptur von Käpt’n Thygh als Wassernixe herhalten mußte.

Larry blieb vor der eisigen Statue stehen und betrachtete sie.

Der Künstler hatte ganze Arbeit geleistet. Die Skulptur glichKäpt’n Thygh bis aufs Haar und war so detailliert gestaltet, daßman praktisch alles erkennen konnte, was es auf den vielenGemälden der blonden Wuchtbrumme, die überall an Bordhingen, auch zu sehen gab. Selbst die feinen Schweißperlen aufihrer Stirn hatte der Bildhauer nicht vergessen.

Larry widerstand dem Drang, an der eisigen Skulptur zu le-cken, hauptsächlich, um sich die Blamage zu ersparen, mit derZunge daran festzukleben, und ging weiter zum Büfett.

Eine Gruppe Damen und Herren in feiner Abendgarderobeschritt, mit Tellern bewaffnet, an den dargebotenen Speisen ent-lang, die nicht nur überwältigend dufteten, sondern auch ganzanders aussahen als die heimischen Kantinen-Eintöpfe. Dochwenn Larry befürchtet hatte, daß die anderen Passagiere ihm inihrer Gier nichts übriglassen würden, war er einem Irrtum erle-gen. Denn entweder hielten die Herrschaften im Augenblickstrenge Diät, oder sie hatten nach dem Kauf ihrer vornehmenGarderobe nicht mehr genug Scheinchen übrig, um sich dar-über hinaus auch noch ein anständiges Essen leisten zu können.

 Jedenfalls begnügten sich die meisten Gäste mit minimalisti-schen Lachs-Schnittchen, mikroskopisch kleinen Gürkchen, ge-vierteilten Tomaten, Blattspinat und etwas, das auf den erstenBlick wie ziemlich altes Hammelfleisch aussah, sich bei nähererBetrachtung jedoch als blutjunger Edamer-Käse entpuppte.

Larry war künstliche Zurückhaltung fremd. Nachdem er sich

den größten Teller geschnappt hatte, den er in der Ablage mit

Page 98: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 98/317

 

Geschirr und Besteck finden konnte – und dabei geflissentlichübersah, daß es sich bei der Assiette eigentlich um eine Fleisch-platte handelte –, schritt er mit großen Augen und noch größe-

rem Hunger die aufwendig garnierten und dekorierten Speisenentlang. Das Wasser lief ihm im Munde zusammen.

Die Auswahl der Speisen war mehr als reichhaltig. Von fri-schem Salat über kalte Braten, Aufschnitt, Käse, Obst und Ge-müse bis hin zu einem Dutzend verschiedener VariationenSchwarzbrot gab es nichts, was es nicht gab, und wenn es etwasnicht gab, konnte man es mit Sicherheit in der Küche bestellen.Larry hatte das Gefühl, allein vom Betrachten der dargebotenenKöstlichkeiten bereits einige Pfund zuzunehmen.

Als Larry sich schließlich einen Überblick darüber verschaffthatte, was das Büfett dem hungrigen Esser alles bot, entschieder sich für Preiselbeercouscous mit gequetschter China-Banane,mexikanischem Bohnendip nebst Paprikakäse und Brokkoli-

 Joghurt mit Kutteln, letzteres vor allem, weil er annahm, daß essich bei den Kutteln um eine exotische Südseefrucht handelte.Nachdem sein Teller bis oben hin gehäuft war, suchte er sicheinen Tisch in unmittelbarer Nähe des Büfetts, damit der Wegzum Nachschlag nicht so weit war. Er bestellte beim Kellnereine Flasche französischen Rotweins, auf deren buntem Etikett

eine Windmühle inklusive Müller und diversen Mehlsäckenabgebildet war (immer ein Zeichen für Qualität), und machtesich dann heißhungrig über sein Abendessen her, das zusam-mengemust fast noch besser schmeckte als die verschiedenenSpeisen allein. Noch bevor der Kellner mit dem geordertenFrostschutzmittelverschnitt zurückkam, hatte Larry sich bereitsden zweiten Gang organisiert. Dieses Mal verzichtete er auf

Couscous und Joghurt und hielt sich statt dessen ganz an den

Page 99: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 99/317

 

mexikanischen Bohnendip mit Paprikakäse, der besser war als jener andere mexikanische Bohnendip mit Paprikakäse, der ihmkürzlich nach vollbrachter Verdauung in gasförmiger Konsis-

tenz aus dem Enddarm entfleucht war. Als der Rotwein aufdem Tisch stand, schenkte er sich ein Wasserglas bis oben hinvoll, trank es mit drei großen Zügen leer, rülpste hinter dezentvorgehaltener Hand (schließlich wußte er, was sich geziemte)und lud seinen Teller nachfolgend erneut mit einem Berg köst-lichen Bohnendips voll. Erst als die Schüssel, die grob geschätztfünf Kilo faßte, bis auf die letzte Bohne geleert war, lehnte er

sich zurück und genoß für einen Moment das befriedigendeGefühl, dem Hungertod noch einmal entronnen zu sein, bevorer wieder aufstand, um durch den Verzehr weiterer Kaloriendafür zu sorgen, daß sich an diesem absolut erstrebenswertenZustand in den nächsten Stunden auch nichts änderte.

Allerdings gelüstete es Larry nach dem ganzen Bohnendip

nun mehr nach etwas Essentiellerem. Er steuerte geradewegs aufdie Fleischtheke am Ende des Walgebisses zu, wo ein asiatischaussehender Mann mit Schlitzaugen und breitem Mund hintergroßen, dampfenden Schüsseln mit fritierten Kartoffeln, Brat-würsten, Kochschinken, Gulasch und einer neckischen Warm-haltehaube in Form eines Spanferkels mit Apfel im Maul ge-duldig darauf wartete, daß man seine Dienste in Anspruchnahm. Er hatte eine rote Schürze umgebunden, auf der in ver-schnörkelten Lettern CHEFSERVIERER stand. Auf einemSchildchen ab der Brusttasche seines Hemdes war der NameWang zu lesen, aber das hatte Larry sich sowieso bereits ge-dacht, schließlich konnten Asiaten schlecht Charles oder Billyoder Robert heißen. Denn wenn sie Charles oder Billy oder Ro-

 bert geheißen haben würden, wären sie ja keine richtigen Asia-

Page 100: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 100/317

 

ten mehr gewesen. Deshalb war es für Larry ganz logisch, daßWang Wang hieß und nicht Charles oder Billy oder Robert.

Er blieb vor dem Tresen stehen und betrachtete neugierig die

Auslagen. Alles lecker, warm und entsetzlich fettig; Nahrungfür Massen. Dann schaute er Wang an, kratzte sich hinten imSchritt und fragte: »Na, was haben Sie Schönes anzubieten,Meister?«

»Tlanfelkel«, antwortete Wang der Asiate mit breitestem asia-tischem Akzent. »Nul vom Feinsten, Boß. Wollen Sie? Okay?«

»Ferkel?« Larry grinste. »He, das klingt gut!«»Jesus, Malia und Josef!« brauste Wang auf. »Sind Sie taub? Es

ist Tlan-fel-kel!« 

»Ich hab’ Sie schon verstanden«, sagte er geduldig. Er hatteirgendwann beim Friseur in einer Frauenzeitschrift (die besteQuelle, um in Erfahrung zu bringen, worauf die Damen in die-

sem Monat gerade abfuhren) gelesen, daß Asiaten Geduld alseine göttliche Tugend ansahen. Natürlich wollte Larry sich dieChance, in Wangs Augen göttlich zu sein, nicht leichtfertig ver-geben. »Für mich eine Portion, bitte.«

Wang gluckste fröhlich. »Sollen Sie kliegen, Boß! Abel keineBeschwelden spätel, klal?«

Larry hob abwehrend die Hände. »Gott bewahre, nein!«

Wang hob das metallene Spanferkel mit Apfel im Maul hochund holte darunter eine flache rote Konservendose mit Aufreiß-ring hervor. Mit einer geschmeidigen, seltsam fließenden Be-wegung, mit der vermutlich nur geduldig ausgebildete Chef-servierer Konservendosen aufreißen können, öffnete er dieBüchse und stülpte sie über einen Teller. Es dauerte einen Mo-

ment, bis der Inhalt an einer Reihe zäher Fäden aus der Dose

Page 101: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 101/317

 

glitt, doch schließlich landete eine undefinierbare rotbrauneMasse, die von ferne an Wackelpudding erinnerte, auf dem Tel-ler.

Wang warf die leere Konservendose in den Mülleimer unterdem Tresen und schob Larry den Teller hin.

»Bitte sehl, Boß«, sagte er. »Ihl Tlanfelkel!«

Larry starrte das rotbraune Zeug an, als ob er damit rechnete,daß die Biomasse jeden Moment die Augen aufschlagen würde.Dann hellte sich seine Miene unvermittelt auf, und er raunte

freudig: »Oh, Judas! Speziell zubereitetes Pökelfleisch MarkeHausschlachtung! So, wie Mama es früher immer gemacht hat!«Er grinste Wang breit an. »Das hab’ ich ja seit Ewigkeiten nichtmehr gegessen!«

Erfreut, endlich mal wieder zu futtern wie bei Muttern, hob erden Teller an die Lippen und schlürfte das Spanferkel lautstarkin sich hinein. Er verzichtete auf den umständlichen Gebrauchvon Messer und Gabel. Dank der glibberigen Beschaffenheitdes rotbraunen Zeugs hatte er das Spanferkel – oder das, wasdem Etikett der Dose nach zu urteilen Spanferkel sein sollte –im Nu weggeputzt. Mit dem Ärmel seines zahnbelagweißenPolyesteranzugs wischte er sich das Fett vom Mund. Er schobdem Chef servierer den leeren Teller zurück.

»Gut, nicht wahr?« erkundigte sich der Asiate freundlich.Larry nickte. »Spitze!« Dann blinzelte er auf einmal verwirrt.

»Hey! Sie haben eben vergessen, das R als L auszusprechen!Was ist mit Ihrem Akzent los?«

Wang seufzte schwer. »Ich wußte, daß ich es nicht durchhal-ten würde«, sagte er in breitem Wiener Dialekt. »Wissen Sie, ich

 bin Chinese, aber meine Eltern waren buddhistische Missiona-

Page 102: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 102/317

 

re, darum bin ich in Österreich aufgewachsen. Aber jedesmal,wenn die Leute mich so reden hören, starren sie mich an. Des-halb versuche ich zu klingen wie ein schlechter Charly

Chang…«»Traurige Geschichte«, kommentierte Larry.

Wang zuckte resigniert die Schultern und wechselte wieder inden Chinesen-Akzent. »Zuviel geledet, Boß!« sagte er gedehnt.»Wollen Sie noch Tlanfelkel?«

Larry grinste noch breiter, als er vom genossenen Wein ohne-

hin bereits war. »Klar! Nachschlag wäre klasse!«»Tlanfelkel gut, ne?«

Larry nickte. »Super!«

»Abel Sie aufpassen, daß nicht übelschleiten ellaubte Tagesla-tion!« erklärte Wang streng. »Hinweise stehen nicht glundlosauf Büchse!«

»Keine Sorge«, sagte Larry. »Ich bin hart im Nehmen.«Wang grunzte skeptisch, öffnete eine zweite Konservendose

und ließ den Glibber auf Larrys Teller plumpsen. Die rotbrauneMasse waberte unruhig hin und her, als könne sie es gar nichterwarten, Larrys Magen Gesellschaft zu leisten. Satt und abge-füllt bis zu den extra breiten Hemdaufschlägen, gab er Wang

den Teller zurück und rieb sich den Bauch, während der Chine-se irgendwas sagte wie: »O nein! Kein Tlanfelkel mehl da! Mußneues holen!« Und durch einen Perlenvorhang im Hintergrundverschwand.

Nun nicht mehr sonderlich hungrig, schlurfte Larry an seinenTisch zurück, trank den restlichen Wein, der noch in der Fla-sche war, und ließ anschließend den Kellner durch einen schal-

Page 103: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 103/317

 

lenden Pfiff auf zwei Fingern wissen, daß er zahlen wolle. Alsder Flaschenöffner mit der Rechnung kam, drückte Larry ihmeinen Fünfer mit der Bemerkung in die Hand, daß der Rest für

ihn sei, er aber nicht alles auf einmal verprassen sollte, und sahdann zu, daß er sich schnellstens aus dem Staub machte, eheder Kellner merkte, daß die Flasche Wein allein bereits zehnBugs gekostet hatte…

Fünf Minuten später ließ Larry sich in einen der Liegestühle auf

dem Promenadendeck sinken, seufzte zufrieden und sah zu,wie die Sonne bei Capri im Meer versank. Der Himmel wurdevon den letzten Strahlen des Tages in ein geheimnisvolles rot-goldenes Leuchten getaucht, das sich märchenhaft funkelnd imsanft wogenden Wasser des Ozeans spiegelte. Die Luft warwarm und mild. Das war sie zu Hause zwar hin und wiederauch, aber hier roch sie noch nach Natur und nicht nach Auto-

abgasen und staatlich geförderten Müllverbrennungsanlagen.Ein lauer Windhauch fönte sanft Larrys schwindende Haar-pracht. Es war ein perfekter Sommerabend, selbst wenn es reinrechtlich bereits Ende September war.

Während der Wein sich alle Mühe gab, Larrys Leber zuzuset-zen, und der Bohnendip gemächlich vom Dick- in den Dünn-

darm weiterwanderte, grübelte der Passagier darüber nach,was er mit der angebrochenen Nacht anfangen sollte. Es warhalb neun Uhr, und die Möpse würden erst um elf in derLounge auftreten, so daß bis dahin noch gute zweieinhalbStunden totzuschlagen waren. Nachdenklich die Möwen beo- bachtend, die immer noch über dem Schiff ihre Kreise zogen,überlegte er, ob er eine der rund um die Uhr geöffneten Karao-ke-Bars an Bord heimsuchen sollte. Er könnte sich ein paar

Page 104: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 104/317

 

Drinks hinter die Binde gießen, um seinen Blutalkohol auf ei-nem anständigen Niveau zu halten, Mädels anbaggern und dasPublikum mit seiner Darbietung des alten Scotch-Hits Take Me

Up erfreuen. Damals, in den ruhmreichen Siebzigern, als Män-ner noch Männer waren, und keine Machos, und Emanzipation bei den Frauen bedeutete, oben ohne durch die Stadt zu laufen,hatte er die Babes dank seiner Sangeskünste häufig zum Krei-schen gebracht – wenn auch aus anderen Gründen, als er hart-näckig glaubte.

Doch offenbar hatte das Schicksal den Abend anders verplant.Denn bevor er sich auf den Weg zum Aufzug machen konnte,ließ der an einer Palme festgenagelte Lautsprecher ein Stückweiter vernehmen: »Achtung, bitte, eine Durchsage! Das Casinoöffnet in diesen Minuten seine Tore. Unsere Croupiers warten bereits darauf, Ihnen bei Poker, Blackjack, Craps, Roulette, Bak-karat, Doppelkopf und Memory das sauer verdiente Geld aus

den Taschen zu ziehen. Also enttäuschen Sie uns nicht! – Endeder Durchsage.«

Larry grinste wie ein Dorsch am Angelhaken.

Wenn das kein Fingerzeig des göttlichen Sandalenträgerswar…

Page 105: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 105/317

 

6.

Venuswürfel

Das Casino mit dem klangvollen Namen »Pair-o-dice«* befandsich im hinteren Teil des Luxusliners, irgendwo am Heck, zwi-schen Atrium und Bowlinganlage. Wollte man hinein, um Au-tomaten zu füttern, die Kugel rollen zu lassen oder einfach nur

ein paar tausend Dollar sinnvoll zum Fenster rauszuwerfen, somußte man zunächst den eindrucksvollen »El Replicant«-Statuengarten durchqueren. Es war eine Art Vorhalle des Zo-ckerpalasts, dessen Hauptattraktionen die weltgrößte Replikvon Michelangelos David, vollständig aus gebauten Spielkartenerrichtet, und eine nicht minder riesige Statue der Venus vonMilo, komplett aus Würfeln, waren. Beide Skulpturen waren

nackt. Doch während David bereits in jeder Hinsicht voll ent-wickelt war (wenn die Natur es auch nicht sonderlich gut mitihm gemeint hatte), harrte Venus noch ihrer Vollendung, da derSchöpfer der beiden Kunstwerke, dem Werbeprospekt der P.M. S. Bouncy zufolge ein Kerl namens Bob Bitt, mit der Art, wieihr Haar fiel, bislang nicht ganz zufrieden war und ergo so lan-

ge daran arbeiten würde, bis die Venus in seinen Augen voll-kommen war. Außerdem wurde Bitt stundenweise bezahlt, undseine Frau lag ihm schon seit Monaten mit diesem verdammtenPelzmantel in den Ohren.

Rings der Statuen ragten Topfpalmen aus Plastik in die Höhe,die zwar künstlicher wirkten als der Vorbau von Pam Ander- 

* Würfelpaar bzw. Paradies; Anm. d. Obers.

Page 106: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 106/317

 

son, dafür aber problemlos abgespült werden konnten, wenndie vierbeinige Rollwurst einer Passagierin sich mal wieder ge-nötigt sah, ihr Revier zu markieren. Zwei große Nachbildungen

dieser komischen Statuen von den Osterinseln, riesige Sonnen- brillen auf den kantigen Kunststoffnasen, bewachten den Ein-gang zum Casino; rotgoldene Flammenzungen loderten vonihren Köpfen auf wie Medusenhaare.

Larry, bereit, sich Hals über Kropf in das wüste Nachtlebenauf dem Luxusliner zu stürzen, blieb vor der Venus stehen und betrachtete die Statue beeindruckt.

Das Kunstwerk war gut zwölf Meter hoch und reichte empor bis an die Decke. Ein metallenes Gerüst, das noch  baufälligerwar, als es ohnehin schon aussah, war um die Statue herumaufgebaut worden. Über diverse Leitern und Querbalken, dieLarry stark an seine letzte Partie Mikado erinnerten, gelangteman hinauf zum Gipfel der wackeligen Konstruktion, wo ein

quirliger Kerl mit üppiger Bob-Marley-Gedächtnismatte, haut-engen gelben Hosen und blauem Baumwollhemd, vermutlichBob Bitt, auf einer dünnen Planke stand, neben sich einen über-quellenden Werkzeugkoffer, und konzentriert am Haupt derVenus arbeitete. Larry mußte den Kopf in den Nacken legen,um zu dem Künstler aufzuschauen (was allerdings auch nötig

war, wenn er sich zu Hause einen Film in der Glotze anschauenwollte). Soweit er das von hier unten erkennen konnte, fehltennur noch einige wenige Würfel, um der nackten Würfelvenusden letzten Schliff zu geben. Über ihrem wuchtigen Kopf ragteein schmaler Metallpin einen halben Meter weit aus der Decke,der anscheinend von oben direkt durch das Deck getriebenworden war.

Die Göttin der Zocker…

Page 107: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 107/317

 

Larry grinste bei diesem Gedanken.

Aus wie vielen Würfeln die Braut wohl bestand?

Zwei, drei Millionen Sechsflächer waren das mit Sicherheit,

wenn nicht noch mehr. Allein der rechte Fuß der Venus ließ ja bereits erkennen, daß dafür mehrere zehntausend Würfel nacheinem erfüllten Dasein auf Blackjack- und Crapstischenzwangspensioniert worden waren. Außerdem wurde bei nähe-rem Hinsehen deutlich, daß der Künstler die gewaltige Statueallem Anschein nach noch nicht völlig verklebt hatte. Die Wür-

fel am großen Onkel der Venus waren lose, ein Wirrwarr quad-ratischer weißer Steinchen mit schwarzen Augen drauf. Eins,sechs, drei, sechs, sechs, zwei, sechs, vier, sechs…

Der Anblick all der vielen Sechsen brachte Larry plötzlich aufeine Idee (nicht, was Sie jetzt wieder denken). Was, wenn ersich zwei der Würfel schnappte und dergestalt bearbeitete, daßimmer die Augen fielen, die er brauchte? Rein technisch be-

trachtet, war das vermutlich keine große Sache. Er mußte nichtmal in den Bordsupermarkt unten im Atrium gehen, um sichentsprechendes Werkzeug zu beschaffen – das Schmirgelpa-pier, das man ihm, als Toilettenpapier etikettiert, auf die defek-te Toilette in seiner Kabine gestellt hatte, würde völlig ausrei-chen, um die Würfel abzufeilen. So würde er glatt zwei Fliegen

mit einer Klappe schlagen. Zum einen würde er das TLP-Crapsturnier gewinnen, und obendrein würde er auch noch inden Genuß einer Vielzahl feiner grüner Abraham Lincolnskommen. Zwei plausible Gründe also, den Umstand, daß ervorhatte, beim Spielen zu betrügen, als unwichtig abzutun. Waskümmerte es schon, wie man gewann? Außerdem: Hätte Gottgewollt, daß auf Erden alles immer mit rechten Dingen zugeht,würde er wohl kaum den Spruch von dem Zweck, der die Mit-

Page 108: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 108/317

 

tel heiligt, in eine dieser zehn Steintafeln gebrannt haben, dieMoses, lange bevor es Großbildfernseher, Rentenversicherun-gen und Geschöpfe namens Hillary Clinton gab, im Schweiße

seines Angesichts vom Berg Sinai hinunterschleppte. Und wennschon ein verknöcherter alter Moralapostel wie Gott nichts da-gegen hatte, daß man die Karten des Lebens respektive desSpieltischs hin und wieder ein wenig zu den eigenen Gunstenmischte, was interessierte es dann irgendwelche transpirieren-den Casinomanager, die sowieso nichts weiter als Fürze im Ge-därm der universalen Geschichte waren, ob er gezinkte Würfel

 benutzte oder nicht?Eben.

Solchermaßen vom Schöpfer selbst gesegnet, schaute Larrysich verstohlen im Statuengarten um. Doch außer ihm und BobBitt, der geschäftig seiner Arbeit nachging und mit konzentriertaus dem Mund hängender Zunge die letzten Würfel an seinem

Kunstwerk anbrachte, war keine Seele in der Nähe.Ein diabolisches Grinsen stanzte Larrys Mundwinkel.

Die perfekte Gelegenheit!

Mit einer raschen Bewegung beugte er sich vor, schnapptesich zwei der Würfel aus der Sohle der Venus und ließ sie fröh-lich auf seiner offenen Handfläche auf und ab hüpfen – um sie

einen Augenblick später beinahe vor Entsetzen fallen zu lassen,als er sah, wie eine irgendwie unheilvolle wellenförmige Bewe-gung durch die gesamte Statue lief, sich von unten, von denFüßen, nach oben, zum Kopf hin, ausbreitete. Plötzlich war dieVenus kein einheitliches Gesamtkunstwerk mehr, sondern einewogende Masse aus Millionen einzelner Würfel, die mit ei-

nemmal alle vergaßen, der Schwerkraft zu trotzen, und zu Bo-

Page 109: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 109/317

Page 110: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 110/317

 

er die beiden Würfel in seine Hosentasche gleiten, machte aufdem Absatz kehrt und fuhr vom Atrium mit dem Aufzug hin-unter in seine »Spezialsuite«, um sich für den Besuch im »Pair-

o-dice« vorzubereiten.

Keine zehn Minuten später betrat Larry, bestens gewappnet,das Casino, das wie der Rest des Luxusliners in exotischem De-sign gehalten war. Überall Gummifarne, Kunststoffbüsche undgroße Plastikpalmen, die sogar Kokosnüsse trugen. Die Black-

 jack- und Pokertische, von denen es gut zwei Dutzend gab, wa-ren in Form von Eingeborenenhütten gestaltet, mit geflochtenenSchilfrohrdächern, Stühlen aus Bambus und den dekorativenSchrumpfköpfen von ehemaligen Spielern an den Wänden, die beim Pokern nicht das Glück gehabt hatten, das sie brauchten.Über eine lange Rolltreppe gelangte man in den unteren Teildes Casinos, wo man neben weiteren Karten- und Rouletteti-

schen den Hauptpreis der Glücksspielautomaten besichtigenkonnte – einen nagelneuen Porsche 900i, tanzend auf einemmächtigen blauen Wasserstrahl, der mit der Wucht einer Blase-ninkontinenz nach einem Kasten Schwarzbier aus dem Kratereines künstlich angelegten Vulkans im Zentrum des »Pair-o-dice« schoß. Auf einem Holzschild, das vor dem Vulkan aufge-

stellt worden war, stand: CARCANO.Obwohl Larry sein mühsam zusammengeschnorrtes Bares be-reits in mehr Casinos gelassen hatte, als er je besuchen würde,konnte er nicht umhin, gelinde beeindruckt zu sein, wenn auchvor allem darüber, wie es möglich war, daß sich in einem Schiffvon der Größe der P. M. S. Bouncy eine Spielhalle befand, diemindestens doppelt so groß wie der ganze Dampfer war. Ob-wohl es ihn eigentlich nicht weiter kümmerte, schließlich hatte

Page 111: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 111/317

 

er sich in seinem Leben noch nie groß um die schnöde Realitätgeschert und war damit bislang immer gut gefahren.

Larry wanderte fröhlich den Mittelgang entlang. Die Sache

mit der Würfelvenus hatte er schon fast wieder vergessen, aberdas war inzwischen ja auch bereits eine Viertelstunde her.Links und rechts versuchten einarmige Banditen mit bunt blin-kenden Augen, ihm das Geld aus der Tasche zu ziehen. Er ließsie abblitzen, ohne mit der Wimper zu zucken. Von solcherleiGerät hatte er seit seinem historischen letzten Ausflug nachLost Wages anno 1987 genug. Zudem brachten diese Kästensowieso nur einen Bruchteil der Knete ein, die man mit etwasGlück – und ein bißchen göttlicher Hilfe – bei Blackjack, Pokeroder Craps einstreichen konnte. Und sagte nicht schon Rein-hold Messner, daß man immer nach Höherem streben sollte? Indiesem Sinne war »viel, viel Knete« zweifellos höher einzu-schätzen als »etwas Knete«.

Larry ließ das Spalier der invaliden Automaten hinter sichund betrat eine Lichtung inmitten des wuchernden Plastikur-walds, wo eingeborene Croupiers hinter mit hellgrünem Filz bezogenen Spieltischen sich abmühten, ihren Lohn zu verdie-nen, indem sie den Gästen das letzte Hemd auszogen – wasanscheinend durchaus wörtlich zu verstehen war, denn ein al-

ter Mann um die Fünfzig, der an einem der Bakkarat-Tischespielte, trug lediglich noch Shorts, Schuhe und schwarzeKniestrümpfe nebst Halter. Dumpfes Stimmengewirr, Musik-fetzen und das Klappern der Roulettekugeln lullten den hehrenBesucher ein. Es herrschte eine geschäftige, angespannte und profitable Atmosphäre. Hier in diesen dezenten Räumlichkeitenwurden innerhalb von wenigen Minuten Bettler zu Millionären

Page 112: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 112/317

 

– sofern Bettler an Bord des Kahns erlaubt gewesen wären –und umgekehrt (was ebenso häufig vorkam).

Der einzige besetzte Craps-Tisch befand sich im hinteren Teil

der Lichtung und wurde von einem Dutzend geschniegelterTypen im eleganten schwarzen Smoking, weißes Stofftaschen-tuch in der Brusttasche, belagert, die alle geschüttelten, nichtgerührten Martini aus darmgeblasenen Cocktailgläsern schlürf-ten und ihren steifen Heckansichten nach zu urteilen eigentlich bloß Briten sein konnten; kein anderer Menschenschlag auf Er-den sonst wäre imstande, mit den Hinterbacken Billardkugelnplattzudrücken. Die Smokingträger wiederum wurden vonaufgemöbelten Kebsen mit Gesichtern in allen Farben des Mal-kastens und quietschbunten Kleidern bedrängt, die aussahen,als würden sie beim täglichen Schuhekauf mehr Geld fremderLeute ausgeben, als ein armer siamesischer Silberfischbauer mitelf Kindern in seinem ganzen Leben verdiente. Für extravagan-

te Zippen dieser Coleur ließen hilflose Krokodillederhandta-schen ihr Leben, was Larry jedoch nicht daran hinderte, dieDamen einer eingehenden Musterung zu unter- und mit denAugen auszuziehen. Er war kein Mann, der viel auf Vorurteilegab. Hinterteile waren mehr sein Fall.

Er ging hinüber zu dem Spieltisch und versuchte, einen Platz

am grünen Filz zu bekommen, doch die Smokingträger beweg-ten sich keinen Meter beiseite, als er versuchte, sich zwischensie zu drängeln. Überheblich grinsend, ließen sie die Würfelrollen, während die Mädels sich an ihnen rieben wie rolligeKatzen. Ab und zu nahmen sie synchron einen Schluck aus ih-ren schirmchengeschmückten Gläsern, deren grüner Inhalt ver-dächtig an Methylalkohol erinnerte, und mühten sich, cool wie

Stieleis zu wirken. Auch als Larry einem der Burschen gegen

Page 113: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 113/317

 

die Hüfte tippte (an die Schultern kam er nicht ran) und ihnkleinlaut bat, ihn doch bitte auch mal an den Tisch zu lassen,erntete er nur lachend geäußerte Gleichgültigkeit. Abgesehen

von den Rücken der Umstehenden konnte er nichts erkennen,was bei den Frauen ja noch angehen mochte, Larry bei den Ker-len jedoch arg mißfiel.

Fluchend zog er sich ein paar Schritte zurück, verschränktedie Arme vor der Brust und guckte so grimmig, daß mandurchaus auf die Idee hätte kommen können, er litte an Ge-sichtsneurose. Zuerst war er einfach nur mächtig sauer, weildiese Smokingträger genau wußten, daß sie was Besseres wa-ren als er. Doch dann beschloß er, sich das nicht gefallen zu las-sen, erklärte sich im Geiste mit all den schuldlos Unterdrücktendieser Welt solidarisch und holte zum Gegenschlag aus. Denenwürde Larry schon zeigen, was es bedeutete, sich mit ihm an-zulegen!

Mit fast heimtückischer Verschlagenheit drängelte er sich vonhinten an die Smokingträger und ihre Anhängsel heran. Tat so,als wäre er nichts weiter als ein einfacher Frotteur, dem es Spaßmachte, sein Handtuch an fremden Leibern zu reiben. Dann, alser schließlich strategisch günstig Position bezogen hatte, kon-zentrierte er sich intensiv auf die Schale Bohnendip, den er vor-

hin zum Abendessen gegessen hatte, zeichnete in Gedankenden Weg des klingenden Gemüses vom Magen in den Dick-darm, von dort in den Dünndarm, weiter in den Mastdarm bishin zum Enddarm nach und wartete.

Er brauchte sich nicht lange in Geduld zu fassen.

Schon nach wenigen Sekunden spürte er, wie eine große Por-tion Bohnendip sich in Richtung Freiheit bewegte und an der

Page 114: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 114/317

 

Grenzkontrolle unter Berücksichtigung komplexer chemischerProzesse in eine kräftige Brise Darmwind umgewandelt wurde,die darauf wartete, aus der Gefangenschaft zu entfleuchen.

Ein böses Grinsen schlich sich auf Larrys Gesicht.»Rache für Moby Dick«, murmelte er düster.

Dann öffnete er ohne vorherige Lautsprecherwarnung dieGrenze.

Frrrrrrzzzzzz! 

Unsichtbare toxische Dämpfe waberten um ihn herum auf,

stiegen empor wie Giftgas, krochen lautlos an den Smokingträ-gern hoch und entfalteten ihre mörderische Wirkung mit derverheerenden Wucht einer Atombombenexplosion.

Unvermittelt gellten panische Schreie durch das Casino. Rufenach Sanitätern wurden laut. Menschen suchten, von Todes-angst erfüllt, fluchtartig das Weite. Wild trampelnde Schritte.

Noch mehr Schreie. Die Türen zum Statuengarten wurden auf-gerissen, während die Smokingträger ihre Martinis nahmenund schleunigst aus der unmittelbaren Gefahrenzone flüchte-ten, wie sie es bei diversen Biochemiewaffentests gelernt hatten.Der Craps-Tisch oder ihre Miezen interessierten sie plötzlichnicht mehr. Sie dachten bloß noch an ihre eigene körperlicheUnversehrtheit, auch wenn sie dafür heute nacht allein in derBadewanne pennen mußten. Einem so massiven Verstoß gegendie Genfer Konzession hatten sie nichts entgegenzusetzen.

Innerhalb von einer halben Minute war das Casino verlassen.

Larry sah sich um. »Wow«, raunte er zufrieden. »Diese Boh-nen wirken aber echt gut…«

Page 115: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 115/317

 

Er wartete, bis das Bohnengas sich so weit verflüchtigt hatte,daß er ohne Gefährdung für Leib, Leben und Mageninhalt anden Spieltisch herantreten konnte. Dann stützte er seine Ellbo-

gen lässig auf den Rand.»Hey!« grüßte er. »Alles senkrecht?«

Der Croupier, eine der wenigen furchtlosen Personen, die sichnoch im Casino aufhielten, nahm seine Gasmaske ab undschaute Larry auf eine Weise an, die keinen Zweifel daran ließ,daß er nur das Beste seines Gastes wollte – nämlich sein Bar-

geld. Er trug dunkle Hosen, ein weißes Hemd und eine großerote Fliege. Das Schild, das an seiner schwarzen Weste steckte,lautete auf den Namen Jacques, obwohl die braune Dauerwelle,die Adlernase und die buschigen Augenbrauen eher daraufhindeuteten, daß der Kerl Paul oder Bertrand oder zumindestLouis Phillipe hieß.

»Sagen Sie mal, Jacques«, sagte Larry grübelnd. »Heißen Sie

wirklich Jacques?«»Jawohl, Misjeu«, antwortete Jacques mit breitem französi-

schem Akzent. »Jacques…«

Larry nickte. »Nun, in Ordnung… Jacques. Dann lassen Sieuns doch ein wenig die Würfel rollen.« Er griff in die Tascheund holte seine TLP-Punktekarte hervor. »Schreiben Sie einfach

den Wert von ein paar hundert Chips auf meine Kabine. Num-mer 0. Würden Sie das für mich tun, Kerlchen?«

»Aber natürlich, Misjeu«, erwiderte Jacques, sich in seinerÜberzeugung bestätigt fühlend, daß Menschen, deren Kulturzur Gänze auf McDonald’s, Sylvester Stallone und Fernsehtalk-shows zu bewegenden zeitgeschichtlichen Themen wie »Ist

mein Penis lang genug?« und »Sex in Gummistiefeln« begrün-

Page 116: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 116/317

 

det war, einfach bloß Arschlöcher sein konnten. Er nahm dieKarte entgegen und schrieb einhundert Dollar in Spielchips aufLarrys Bordkonto. Dann gab er ihm die TLP-Karte zurück und

schob ihm mit der Schaufel einen kleinen Stapel grüner Plastik-chips zu.

Larry beugte sich über den hübschen grünen Filz, mustertedie vielen Felder, die mit Nummern, Buchstaben, komischenSymbolen und Bezeichnungen versehen waren, die er nichtverstand, und setzte die Chips schließlich alle auf ein einzigesFeld.

»Alles auf Kommen«, kommentierte er enthusiastisch. »Beidem Stichwort, wie kann ich da verlieren?«

»Jawohl, Misjeu«, sagte Jacques mit einer Miene, die verriet,daß es ihm herzlich gleichgültig war, auf welchem Feld er seinGeld verlor. »Hier sind die Würfel…«

Er schob ihm die Spielwürfel zu.

Larry schnappte sich die Würfel, ließ sie mit einem Geschick,das ihm nie jemand zugetraut haben würde, der bis jetzt nichtgesehen hatte, wie er in Copperfield-Manier Plastikblumen ausdem Ärmel zauberte, um Mädels zu beeindrucken (wenn ihmauch der Erfolg versagt blieb), in die Tasche gleiten und zogstatt dessen die Venuswürfel hervor, die er unten in seiner Ka-

 bine vorhin mit dem multifunktionalen Toilettenpapier ent-sprechend bearbeitet hatte.

 Jacques, der Croupier, bemerkte es nicht. Er war viel zu sehrdamit beschäftigt, sich angeödet nach interessanteren Kundenumzusehen. Doch bedauerlicherweise war das ganze Casinonach der heimtückischen Giftgasattacke noch immer so leerge-

fegt wie die Straßen von San Francisco, wenn sie im Kabelfern-

Page 117: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 117/317

 

sehen das Homevideo zeigten, das Diebe bei einem Einbruchins Haus von Pamela Anderson Lee und ihrem rockenden Gat-ten abgesehen von vielerlei neckischen Dingen wie Pams Latex-

slips und Tommy Lees als Dildo nachgebildetem Gum-mischniedelwutz, der dekorativ auf dem Kaminsims im Wohn-zimmer stand, hatten mitgehen lassen, um es dann freundli-cherweise einem breiteren Publikum zugänglich zu machen.Und vermutlich würde sich an diesem Zustand in den nächstenzwei Stunden auch nichts ändern.

Larry sollte das bloß recht sein. So hatte er wenigstens seineRuhe. Er ließ die gezinkten Würfel in der zum provisorischenBecher geformten Rechten auf und nieder hüpfen, schüttelte siekräftig durch. Das war zwar nicht nötig, da er sowieso wußte,welche Augen kommen würden, machte beim Croupier abersicher einen besseren Eindruck.

»Los jetzt, ihr Hündchen!« rief Larry dann fröhlich. »Lauft!

Laßt mich nicht hängen!«Er schleuderte die Würfel in das Spielfeld.

Die Sechsflächer polterten gegen die hintere Bande, kullertenüber den grünen Filz, kullerten weiter, weiter, noch weiter –und blieben schließlich liegen.

Larry hielt den Atem an.

Zwei Sechsen.

»Zwölf«, kommentierte Jacques unbeteiligt. »Misjeu ge-winnt.«

Larry giggelte. »Na, wer sagt’s denn…«

 Jacques schob weitere Chips zu Larrys Haufen.

Page 118: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 118/317

 

Der schnappte sich unterdessen die beiden Würfel und setztezur zweiten Runde an. Solange er nicht weniger als neun Au-gen würfelte, gewann er. Und irgendwie war er sich sicher, daß

er das tun würde.Larry ließ die Würfel klappern und warf sie schließlich locker

aus dem Handgelenk in die Runde. »Laß sie laufen, Junge!«

Die Würfel kamen kullernd zum Liegen.

»Zwölf«, sagte Jacques wieder. »Misjeu gewinnt erneut.«

»Jau!« lachte Larry meckernd. »Es fluppt!«

Sein Chiphaufen wuchs weiter an. Von neuem nahm er dieWürfel auf und ließ sie geschickt durch die Finger gleiten, bisihn zwei Sechser neckisch anlachten.

Er grinste. »Nun schau sich einer diese Augen an…«

Er schloß die Hand um die Würfel und wollte just den nächs-ten Wurf machen, als neben ihm mit einemmal, eingehüllt in

eine Dunstwolke Parfüm, eine großgewachsene, hübsche jungeFrau mit schulterlangem, rotbraunem Haar auftauchte, dasenganliegende schwarze Kleid bis zum Bauchnabel geschlitzt.Sie blieb so dicht neben Larry stehen, daß er gar nicht anderskonnte, als ihre opulenten Rundungen anzustarren.

»Oh, Junge«, murmelte er, schluckte trocken. »Schau sich ei-

ner diese Augen an…«»Hallo, Kleiner«, sagte die Opulente mit rauchiger, irgendwie

verheißungsvoller Stimme. »Ich bin Dewmi Moore.«

Er rang um Fassung. »Oh, und ich… ich, äh, bin Larry. LarryLaffer.« Er gluckste und nahm sich einen Augenblick Zeit, sieeinem kurzen optischen Qualitätstest zu unterziehen. Denn der

erste Eindruck war schließlich immer entscheidend.

Page 119: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 119/317

 

Diese Dewmi Moore war wirklich ein Hammer. Das schulter-lange, rotbraune Haar umrahmte ein schönes, sinnliches Ge-sicht mit großen grünen Augen, roten Lippen und einer dezen-

ten Nase, die mit Larrys Gemüsegurke nicht zu vergleichenwar. Um den Hals ein schwarzes Samtband. Diamanten mitmehr Karat, als er echte Zähne im Mund hatte, baumelten anihren Ohren. Ihre üppigen, festen Brüste grinsten ihn aus demtiefen Ausschnitt geradezu neckisch an. Das elegante schwarzeKleid war an der Seite so tief – oder hoch, das kam ganz auf desBetrachters Blickwinkel an – eingeschnitten, daß man ihre

scheinbar langen, sonnengebräunten Beine bestens sehen konn-te und vielleicht auch sollte. Kurzum: Dewmi sah aus wie einMädchen, das Larry bedenkenlos seiner seligen Mama vorge-stellt hätte – vorausgesetzt, seine Mama wäre Heidi Fleiß gewe-sen…

»Es war nicht zu übersehen«, sagte Dewmi Moore und lächel-

te einnehmend, »was für eine Glückssträhne Sie haben.«»Also, heute nacht«, sagte Larry langsam, angestrengt be-

müht, ihr ins Gesicht zu sehen. »Ja…«

»Na, dann zeigen Sie mal, was Sie können«, sagte Dewmi.

Er nahm die Herausforderung an – natürlich, schließlich wuß-te er, daß er nichts zu verlieren hatte. Er schüttelte die Würfel in

der hohlen Hand und schleuderte sie dann lässig auf den Spiel-tisch.

»Jetzt endlich kommt das Glück!« rief er.

Die Würfel blieben liegen.

»Zwölf«, bestätigte Jacques, was Larry schon längst wußte.Zum ersten Mal zeigte sich in seiner Miene so etwas wie Inte-

resse, wenn auch entschieden nicht genug, um die Langeweile,

Page 120: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 120/317

 

die ihn quälte, zu vertreiben. Aber das lag möglicherweise auchan der Anwesenheit von Dewmi Moore. »Misjeu gewinnt vonneuem.«

Noch einmal wuchs Larrys Chiphaufen an.Breit grinsend deutete Larry auf die bunten Chips. »Können

Sie mir den Gegenwert dieser Chips vielleicht in Abrahams ge- ben? Ich denke, für heute abend habe ich genug gewonnen.«

 Jacques buckelte. »Natürlich, Misjeu. Sofort, Misjeu.«

Er zog die Chips zu sich heran, zählte sie schnell durch und

reichte Larry einen Gewinnschein für die Auszahlung drübenan der Kasse. »Exakt fünfhundert Dollar«, sagte er gedehnt.»Bitte sehr, Misjeu.« Er schob Larry den Schein zu. »Und herzli-schen Glückwunsch.«

»Besten Dank, altes Haus!«

Larry verstaute den Gewinnschein in seiner Hosentasche, um

ihn nachher beim Hinausgehen gegen Bares einzutauschen. Dahakte Dewmi Moore sich bei ihm ein, schmiegte ihren ge-schmeidigen Körper an ihn und fragte mit einem Lächeln, daswomöglich noch tiefer blicken ließ als ihr Ausschnitt: »WürdenSie mich in meine Kabine begleiten, Larry? Auf ein etwas inti-meres Würfelspiel?«

Die Art, wie sie das sagte, ließ Larrys Kehle schlagartig so tro-cken wie die Sahara werden. Seine Männlichkeit fühlte sich inmehr als einer Hinsicht angesprochen. Instinktiv witterte ernach der Blamage mit dem LiebesMeister 2000™ die Chance,doch noch zu beweisen, daß er ein richtiger Kerl war – wennauch vielleicht nur sich und ihr. Aber das sollte für den Anfanggenügen. Deshalb ließ er sein bestes Gewinnerlächeln aufblit-

zen (wiederum millionenfach zu Hause vor dem Spiegel im

Page 121: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 121/317

 

Badezimmer getestet) und nickte. »Gern! Wie heißt denn diesesSpiel, das Sie mit mir spielen möchten?«

»Striplügen«, sagte Dewmi mit unschuldiger Miene. »Sie wis-

sen doch, wie man Striplügen spielt, nicht wahr, Larry?« Sie sahihn forsch an.

»Nö«, gestand er. »Aber ich bin willig, es zu lernen…« Ich binüberhaupt immer willig… Er behielt diesen Fakt für sich undfragte: »Wo genau befindet sich denn Ihre Kabine?«

»Es ist die 510«, erklärte sie und strich sich auf eine Weise das

Haar aus dem Gesicht, daß sich ihr Busen noch weiter hob,selbst wenn das unmöglich zu sein schien. »Wenn Sie soweitsind, kommen Sie vorbei. Ich hole nur noch schnell die Würfelund die Becher. Bis dann.«

»Ja«, sagte Larry. »Bis dann.«

Er sah ihr nach, wie sie sich in Richtung Statuengarten ent-

fernte, und bewunderte ihr wiegendes Heck. Bevor sie das»Pair-o-dice« verließ, drehte Dewmi sich noch einmal zu ihmum und sagte in vertraulichem Tonfall: »Ich hoffe, du beeilstdich, Larry. Ich bin nämlich schon ganz gespannt auf deinenEinsatz…«

Larry lächelte ein wenig gequält und nickte. Er wartete ab, bisdie Türen hinter ihr zufielen, um ja nichts zu verpassen. Erseufzte, zog den Gewinnschein aus der Tasche und schlendertezur Bank hinüber, um sich die fünfhundert Dollar auszahlen zulassen. Er wurde das Gefühl nicht los, daß er die Scheinchenheute nacht noch bitter brauchen würde.

Page 122: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 122/317

 

7.

Striplügen

Als er ein paar Minuten später den Gang im zweiten Unterdeckentlangschlenderte, wo Dewmi Moores Kabine lag, verkündeteder namenlose Ansager mittels Lautsprechanlage die froheKunde von Larrys triumphalem Sieg beim Craps-Turnier.

» Achtung, bitte, eine Durchsage! Larry Laffer hat soeben mit einemneuen Gewinnrekord das Craps-Turnier gewonnen, das Teil des TLP-Wettbewerbs ist. Herzlichen Glückwunsch, Larry! Mach dir mit demGeld einen schönen Abend!« 

»Besten Dank«, murmelte er. »Das habe ich vor…«

Larry erreichte die Tür von Kabine 510 und klopfte.

Das Klopfen war noch nicht verhallt, als Dewmi bereits öffne-te und ihn mit schmalen, schlanken Fingern, die Nägel so rotwie Genosse Boris Jelzin, hereinwinkte.

»Komm rein, Larry«, sagte sie lächelnd. »Ich habe schon allesfür unser kleines Spielchen vorbereitet.«

Larry schmunzelte erwartungsvoll. »Wie schön.«

Dewmi schloß hinter ihm die Tür.Larry sah sich neugierig in der Kabine um.

Im Gegensatz zu ihm hatte Dewmi wirklich eine Luxuskabine.Die Einrichtung war ebenso originell wie extravagant. DerRaum war kreisrund und vollständig auf maritim getrimmt.Das Bett hatte man einem antiken Ruderboot nachempfunden –

mit der Bugfigur einer planschenden Wassernixe mit blonder

Page 123: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 123/317

 

Mähne. Anker und Steuerräder zierten die Wände. In einer E-cke hatte ein riesiger marmorner Rettungsreifen seinen Platzgefunden, der als Badewanne diente und von zwei muskulösen

Wassermännern mit Dreizack genital bewässert wurde. AusBullaugen, die als Bilderrahmen zweckentfremdet wurden, sa-hen Gemälde von Käpt’n Thygh in äußerst freizügigen Posenauf ihn herab, die von Pablo Picasso oder einem ähnlich unbe-gabten Pinselschwinger gemalt worden waren. Aus dem Mauleines Porzellanhechts ragte dekorativ ein Strauß Blumen. Imhinteren Teil des Raumes stand ein runder Glastisch, umringt

von vier Sesseln, die wie riesige aufgeklappte Austern aussa-hen. Auf dem Tisch lagen zwei Lederbecher und eine ReiheWürfel. Das Licht versteckt angebrachter Strahler tauchte dieKabine in einen gedämpften grünen Schimmer. Es hätte Larrykeine Sekunde gewundert, wenn aus der Badewanne plötzlichNeptun persönlich aufgetaucht wäre.

Während er sich noch umsah, ging Dewmi an ihm vorbei zueinem antiken Beistelltisch, auf dem eine Batterie Flaschenstand, und erkundigte sich über die Schulter hinweg: »Wiewär’s mit einem Drink?«

Larry schüttelte den Kopf. »Danke. Aber im Augenblick binich nicht so schrecklich durstig.«  Außerdem muß ich einen klaren

Kopf bewahren, um nicht mal wieder das Beste zu verpassen… »Kein Problem«, sagte sie und goß sich selbst einen Drink ein,halb Wodka, halb Gin und ein Viertel Bitter Lemon als Alibi.Mit dem Glas in der Hand trat sie zum Tisch hinüber und deu-tete auf die freien Stühle. »Na, komm schon, Larry. Nicht soschüchtern! Mach’s dir bequem.«

Page 124: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 124/317

 

Larry kam ihrer Aufforderung gern nach. »Klasse«, sagte er,nachdem er ihr gegenüber Platz genommen hatte. »Was dage-gen, wenn ich meine Schuhe ausziehe?«

Dewmi verzog das Gesicht.Er grinste. »War nur ’n Scherz«, beruhigte er sie.

Sie lachte ein wenig gequält. »Ist dir gelungen.«

Er feixte. »Ja, nicht wahr?«

Dewmi verdrehte die Augen, ließ die Eiswürfel in ihrem Glasklimpern und trank einen Schluck. Dann stellte sie den Drink

neben sich auf die Platte und sagte: »Du weißt also nicht, wieman Striplügen spielt?«

Er schüttelte den Kopf. »Nein. Aber das werde ich schonrauskriegen. Irgendwelche Regeln, die ich wissen sollte?«

Dewmi lehnte sich zurück. »Die Spielregeln sind genauge-nommen ganz einfach«, sagte sie sachlich. »Du wettest, wie vie-

le Würfel mit einer bestimmten Augenzahl sich unter unser beider Becher befinden. Das heißt, wenn du zwei Sechser hast,mußt du raten, wie viele Sechser insgesamt im Spiel sind.«

»Aha.« Larry verstand kein Wort.

»Außerdem«, fuhr Dewmi fort, »ist auf jedem der Würfel statteiner Eins ein Joker, der jeweils als das zählt, was man gerade

 braucht. Wenn du also drei Vierer und einen Joker hast, hast duin Wirklichkeit vier Vierer. Soweit kapiert?«

Er nickte. »Halbwegs.«

»Pro Runde muß man entweder den Wetteinsatz oder dieZahl der Würfel mit einer bestimmten Augenanzahl erhöhen,die sich im Spiel befinden könnten. Natürlich«, sagte sie lang-

sam, »kannst du auch versuchen zu bluffen, aber ich würde

Page 125: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 125/317

 

mich nicht darauf verlassen, daß ich es dir abkaufe, denn ichtraue Männern aus Prinzip nicht weiter, als ich sie werfenkann.«

»So?« Larry dachte an die gezinkten Würfel in seiner Tasche.»Kann ich gar nicht verstehen…«

Dewmi legte die Beine übereinander. Der Stoff ihres Kleidesrutschte fast bis zur Hüfte hoch. Larry bekam Stielaugen, dochsie tat so, als würde sie es nicht bemerken. »Der Verlierer einerRunde verliert einen Würfel, den er für hundert Dollar zurück-

kaufen muß. Zuerst mit Barem, später mit dem Geld, das manals Gegenwert für seine Kleider bekommt. Das Geld wandert inden Pott. Verloren hat, wer zuletzt ohne Kohle, Kleider undWürfel dasitzt. Alles verstanden?«

»Schätze schon. Ehm, was ist denn die beste Methode, beidem Spiel zu gewinnen, Dewmi?«

Dewmi lächelte. »Ganz einfach. Wette nie höher als das, wasdu auf der Hand hast. Glaub nie, daß ich irgendwas habe, wasdu brauchst, oder daß ich Joker besitze.«

Larry sah sie skeptisch an. »Du lügst doch, oder?«

Dewmi lachte. »Darum geht’s bei dem Spiel, Larry.«

»Okay«, sagte er. »Ich denke, ich krieg’s irgendwie hin.«

»Wunderbar. Wir spielen mit dem, was wir im Moment anha- ben, in Ordnung?«

Larry nickte. »Okay! Jetzt aber Schluß mit dem Geplapper!Laß uns endlich anfangen!« Er konnte es kaum erwarten, ihrdie Klamotten auszuziehen – oder wenigstens dabei zuzusehen,wie sie sich selbst freiwillig ihrer Kleider entledigte. So was

Page 126: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 126/317

 

kam bei ihm schließlich selten genug vor, auch wenn er das an-deren Leuten gegenüber hartnäckig zu behaupten pflegte.

Dewmi trank einen Schluck von ihrem Drink, griff sich mit

der Hand zwischen die Brüste – Larry hielt unwillkürlich denAtem an – und zog ein Bündel Geldscheine aus dem Aus-schnitt. Sie legte das Bare vor sich auf den Tisch. »FünfhundertDollar.«

Larry, halb am Ersticken, begann wieder zu atmen, griff in dieTasche seines Anzugs und holte sein Geld hervor. Bedächtig

legte er die Scheine auf den Tisch. »Fünfhundert Dollar.«Dewmi lächelte. »Dann kann’s ja losgehen.«

»Ladies first«, sagte Larry.

Dewmi nickte und fing trotzdem zuerst an. Sie griff nach demWürfelbecher, ließ die Knochen klappern, stülpte den Becherauf den Kopf und spähte so darunter, daß Larry nicht sehen

konnte, was sie hatte. Dann sagte sie mit Pokermiene: »ZweiVierer… Du bist dran, Larry.«

Er würfelte und betrachtete die Ausbeute.

Drei Zweier.

»Drei Zweier«, sagte er.

Dewmi legte ihre zwei Vierer so raus, daß er sie sehen konnte,

und würfelte erneut. »Sechs Vierer«, sagte sie dann.Larry runzelte die Stirn. »Sechs Vierer, hm?«

Sie nickte.

Larry hob den Becher und betrachtete noch einmal seine Au-gen bzw. die seiner Würfel. Er selbst hatte eine Vier. Dannmußte Dewmi zwangsläufig fünf haben.

Entweder das… oder sie log!

Page 127: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 127/317

 

Irgendwie war er davon überzeugt, daß sie ihn anschwindel-te, schließlich war sie ganz offensichtlich eine Frau, und wenner im Laufe der Jahre abgesehen von der Tatsache, daß Haare-

fönen in der Wanne oder Eislecken in einem Bus voller zehn- jähriger Gören in Iron-Maiden-T-Shirts große Fehler waren, ir-gendwelche tiefergehenden Erkenntnisse über die labilemenschliche Psyche erlangt hatte, dann, daß Frauen es mit derWahrheit nicht so genau nahmen. Das liegt einfach in ihrer Na-tur, genau wie es der Natur des Mannes entspricht, freitags a- bends zum Bowling zu gehen, im Stehen zu pinkeln oder sich

die Zehennägel beim Frühstück zu schneiden.Ein selbstsicheres Grinsen breitete sich auf Larrys Gesicht aus.

»Weißt du, Dewmi«, sagte er, während er provozierend lang-sam die Würfel in seinem Becher kreisen ließ. »Ich werde dasGefühl nicht los, daß du glaubst, ich sei als Kind vom Rüben-trecker oder so geflogen. Laß sehen, die Knochen!«

Dewmi lächelte. »Bitte sehr. Wenn du darauf bestehst…«Langsam hob sie den Becher von den restlichen Würfeln.

»E voilà. Drei Vierer. Mit den beiden Vierern, die ich rausge-legt habe, sind das fünf. Wenn du jetzt noch eine Vier unterdeinem Becher hast, war’s das. Also, laß sehen!«

Mißmutig brummend hob Larry seinen Becher. Die vier Au-

gen des einen Würfels schienen ihm hämisch zuzuzwinkern.Dewmi schmunzelte. »Na, schau einer an…« Während Larry

hundert Dollar in den Pott wandern ließ, um den Würfel zu-rückzukaufen, den er verloren hatte, ließ Dewmi ihre Knochenzurück in den Becher gleiten und schüttelte erneut.

»Weiter geht’s!« rief sie fröhlich. »Es gibt viel zu tun!«

Page 128: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 128/317

 

»Ja«, murmelte Larry. »Fragt sich nur, für wen…« Dewmiwürfelte.

Die nächsten vier Runden verlor Larry, so daß er innerhalb vonzehn Minuten sein gesamtes Bargeld abgeben mußte. Als seineLage aussichtslos wurde, ging ihm mit einemmal auf, daß esihm bei diesem Spiel im Grunde nur darum ging, diese Fraunackt zu sehen. Er wollte, daß Dewmis Haar seinen Bauch kit-zelte. Er wollte von ihr all das, was er von all den anderen

Frauen auch gewollt haben würde, so sie ihn gelassen hätten.Und um dieses hehre Ziel zu erreichen, griff er auf die altbe-währte Taktik zurück, die ihm schon früher niemals zum Erfolgverholfen hatte: Er bluffte.

Das fiel ihm nicht sonderlich schwer, weil ihm die Regeln desSpiels noch immer nicht richtig klar waren. Doch er tat sein Bes-tes. Wenn er beispielsweise vier Fünfer unter dem Becher hatte,

gab er zuerst einfach vor, nur einen oder zwei Fünfer zu besit-zen, um dann in der nächsten Runde, ohne neu zu würfeln, zu behaupten, jetzt vier Fünfer auf der Hand zu haben. Das mach-te Dewmi zwangsläufig stutzig, doch wenn sie dann darauf bestand, daß er vorerst noch im übertragenen Sinne die Hosenrunterließ, war es immer sie, die in die Röhre guckte. Und aus

irgendeinem Grund – wahrscheinlich, weil sie eine Frau war,dachte er – kam Dewmi nicht hinter seine simple Taktik, son-dern ging ihm immer wieder in die Falle, bis ihre fünfhundertDollar schließlich in Larrys Pott gelandet waren. Jetzt mußte dieAnbetungswürdige anfangen, ihre Garderobe zu veräußern,um weiterspielen zu können.

Zuerst war ihr linker Schuh dran.

Page 129: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 129/317

 

Dann der rechte Schuh.

Danach ihre Bluse, gefolgt von einem Rückschlag für Larry,der sein Jackett verlor, weil er zu sehr damit beschäftigt war,

auf ihren prallgefüllten schwarzen Spitzen-BH zu starren. DochLarry ließ sich davon nicht aus der Ruhe bringen, sondern setz-te seine Taktik mit unerbittlicher Härte fort und bluffte erfolg-reich weiter. Als Dewmi kurze Zeit später ihren Rock verlorund er ihre endlos langen Beine mit den geschwungenenSchenkeln zum ersten Mal völlig textilfrei durch die Platte desGlastisches bewundern konnte, begrenzt nur durch einenknappen schwarzen Seidenslip, durch Schleifen an den Seitenzusammengehalten, beschloß er spontan, in Zukunft niemalswieder an der Kraft des Gebets zu zweifeln. In Gedanken sah ersein Gegenüber bereits so nackt vor sich, wie Vater und Muttersie geschaffen hatten.

Doch obwohl er auch die nächsten beiden Runden gewann,

mußte er sich dennoch weiter in Geduld fassen. In seiner Gierhatte er glatt übersehen, daß ihre Ohrringe ebenfalls als Klei-dungsstücke interpretiert werden konnten. Und so waren esselbige, die zunächst auf ihren Kleiderstapel am Boden fielen.

Der Triumph war in greifbarer Nähe.

Larry würfelte. Hob den Becher.

Drei Zweier.»Vier Dreier«, log er schamlos.

Dewmi sah ihn einen Augenblick lang an, als würde sie ab-wägen, ob er sie anlog. Offenbar gelangte sie zu dem Schluß,daß ein gelungener Bluff so ziemlich das letzte war, was sieLarry zutraute. Sie schnappte sich ihren Becher und würfelte.

»Sechs Dreier«, sagte sie herausfordernd.

Page 130: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 130/317

 

Larry runzelte die Stirn. »Was du nicht sagst. Na, dann zeigmal her, die Dinger!« Was durchaus doppeldeutig gemeint war.

Dewmi hob ihren Würfelbecher.

Vier Dreier und eine Sechs.Larry hob im Gegenzug seinen Becher.

Er hatte keine einzige Drei.

Dewmi fluchte.

Er grinste. »Versuch nie, einen Bluffer zu bluffen… Altes chi-nesisches Sprichwort.«

Dewmi seufzte, griff nach ihrem Drink und leerte das Glas indrei großen Zügen. Dann stellte sie es vor sich auf die Tisch-platte und öffnete die beiden Schleifen, die ihren Slip an seinemPlatz hielten. Mit einem Ruck zog sie den schwarzen Fetzen beiseite und warf ihn achtlos beiseite.

»Bitte sehr, Larry«, sagte sie mit einem sinnlichen Lächeln.

»Du hast es dir verdient…«Larry schluckte trocken. Dann wurde ihm bewußt, daß da et-

was nicht ganz in Ordnung war. Er brauchte einen Moment, biser erkannte, daß er eigentlich gar nicht wirklich sehen konnte,was er unbedingt sehen wollte, denn Dewmi hatte ihr Glas sogeschickt vor sich auf dem Tisch plaziert, daß es das Reich der

Wonnen glorreich verbarg. Alles, was Larry sah, war das leereGlas.

Er rutschte unruhig in seinem Sessel hin und her. »Ähm, kannich dir vielleicht deinen Drink nachfüllen, Dewmi?« fragte erhoffnungsvoll.

Sie schüttelte den Kopf. »Danke. Aber ich will noch ein wenig

an den Eiswürfeln lutschen…«

Page 131: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 131/317

 

Larrys Eiswürfel wurden umgehend zu Schmelzwasser. SeineKehle war rauh und trocken, wie Sandpapier. Er räusperte sichund griff nach seinem Würfelbecher.

»Das große Finale«, murmelte er.Er schüttelte den Becher.

Die Würfel klapperten.

Er stülpte den Becher auf den Tisch und schaute darunter.Dann sah er zu Dewmi auf und sagte ruhig: »Fünf Joker.«

Dewmi starrte ihn durchdringend an. »Noch einmal legst du

mich nicht rein, Larry!« sagte sie scharf. »Los, zeig her!«»Sicher?«

Sie nickte.

»Na gut«, sagte Larry.

Er hob seinen Würfelbecher.

Darunter kamen fünf Joker zum Vorschein.Er grinste so breit, daß ihm beinahe das Gebiß aus dem Ge-sicht fiel. »Bingo!«

Dewmi Moore musterte erst die Würfel, dann Larry, dannwieder die Würfel und seufzte resigniert. Offenbar hatte sieihren Gegner unterschätzt. Er mochte vielleicht aussehen, alswürde sein Intelligenzquotient noch unter dem eines Brotesliegen, das ja immerhin schimmeln konnte, aber hinter der ödenFassade verbarg sich ein ausgekochter Schweinehund.

Dennoch schenkte sie ihm ein verheißungsvolles Lächeln.»Na, das war’s dann wohl, Larry«, sagte sie langsam. »Ichschätze, du bist einfach zu gut für mich.«

Larry giggelte.

Page 132: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 132/317

 

Als ob er das nicht die ganze Zeit über gewußt hatte…

»Nun«, sagte Dewmi, während sie nach dem Verschluß ihresBHs griff, der sich einen Moment später zum Slip auf dem Fuß-

 boden gesellte. »Ich wette, das ist der Moment, auf den du ge-wartet hast. Mach’s dir bequem, Larry…«

Das ließ Larry sich nicht zweimal sagen. Obgleich er bei demSpiel abgesehen von seinem Jackett nicht einmal seine Schuhehatte ausziehen müssen (was der Lebenserwartung der Anwe-senden sehr zugute kam), war er nun schneller nackt, als Bill

Clinton und seine linken Mullahs die Steuern erhöhen konnte.Wie eine schlechte Parodie von Mr. Bean stand er inmitten sei-ner wild verstreuten Klamotten, die Hände schamhaft vor sei-nem Alter ego verschränkt, und brachte es fertig, trotz seinerGier so schüchtern und unsicher wie ein kleiner Junge zu wir-ken, was möglicherweise aber auch mit seinen bescheidenenProportionen an entscheidenden Stellen zusammenhing.

Dewmi – nackt wie er, aber wesentlich ansehnlicher – ließ denBlick verhalten interessiert über seinen schmächtigen Körpermit der gänzlich unbehaarten Brust (»Auf Granit wächst nunmal kein Gras!«) und dem kleidsamen Schmerbäuchlein gleiten.Dann verzog sie kaum merklich die Mundwinkel, stand aufund ging, eine einzige Augenweide weiblicher Pracht, zum

Tischchen mit den Flaschen hinüber.»Wie wär’s mit einem Drink, Larry?«

Larry ließ sie keine Sekunde aus den tränenden Augen. »Ach,weißt du«, sagte er heiser. »Eigentlich hab’ ich gerade nicht soarg Durst.«

»Oh, das ist aber schade. Tu mir doch den kleinen Gefallen!

Außerdem«, fügte sie zwinkernd hinzu (möglicherweise war

Page 133: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 133/317

 

ihr aber auch bloß eine Mücke ins Auge geflogen), »haben wirdoch viel mehr Spaß, wenn wir beide ein bißchen… lockerersind, oder?«

Er schluckte trocken. Sein Adamsapfel hüpfte aufgeregt aufund ab. »Da hast du wohl recht…«

Lächelnd wandte Dewmi sich um und mixte ihm einen Drink.Er sah, wie sie aus einem halben Dutzend Flaschen jeweils eini-ge Fingerbreit in ein großes Cocktailglas goß, bis der Inhalt indenselben Farben schimmerte, die er allmorgendlich in seiner

Unterhose fand. Doch er sah nicht, wie sie eine unscheinbarekleine grüne Pille in das Gebräu fallen ließ, die den Drink einenMoment lang aufschäumen ließ. Dafür war er viel zu sehr da-mit beschäftigt, ihre großzügigen Formen zu studieren.

Dewmi kam zum Tisch zurück. In jeder Hand hielt sie einGlas. Sie reichte ihm lächelnd einen Drink. »Bitte, Larry«, säu-selte sie und hob ihr Glas. »Auf uns.«

Larry grinste. »Auf uns.«

Sie stießen an.

Larry setzte das Glas an die Lippen, trank zwei Schlucke –und griff sich plötzlich mit hochrotem Gesicht an die Gurgel,als ob er keine Luft mehr bekäme. Die Augen quollen ihm ausden Höhlen. Das Glas fiel zu Boden und zerplatzte auf demMarmor. Scherben und Alkohol spritzten zu allen Seiten davon.

Fassungslos starrte er Dewmi an.

Sie winkte ihm spöttisch lächelnd zu.

Einen Moment später schmolz ihr Gesicht auf einmal dahinwie geformtes Wachs, das man über eine brennende Kerze hält,als die Pille ihre psychedelische Wirkung entfaltete, und Dew-

Page 134: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 134/317

 

mi verging in einem Durcheinander bunter, sich drehenderFarben, die zusammenflossen und das Bild einer blonden jun-gen Frau mit epischem Vorbau schufen, die zu den rhythmi-

schen Klängen von In-a-gadda-da-vida hingebungsvoll ein Stie-leis lutschte. Dann verschwand die Frau, und ein ganzes Ballettknackiger runder Herzen mit langen, strapsbehafteten Beinenund hochhackigen Pumps tanzte durch das Spotlight vor Lar-rys Augen, um einen Moment später durch eine riesige Bock-wurst in einem Hot-Dog-Brötchen ersetzt zu werden, das voreiner lüstern grinsenden Senftube davonrannte, der wiederum

eine Nonne in schwarzer Kluft, eine altmodische Motorradbrilleauf der Nase, auf einem wild auf und ab tanzenden Preß-lufthammer hinterherhüpfte und dabei lachte wie eineWahnsinnige, bevor die groteske Szene sich erneut veränderteund Larry sich selbst über seine eigene riesige Handfläche lau-fen sah, fröhlich beschwingt, singend, mit weißen Blumen und

Buttercremetörtchen um sich werfend, um plötzlich von zehnsteppenden Parisern umringt zu werden, die fröhlich um ihnherumtanzten, immer wieder, und sich immer schneller um ihndrehten, immer schneller, immer schneller, bis sie schließlichnur noch als schillernde weiße Wand aus Lustgummi vor ihmaufragten und Larry schwindelig wurde und die Lümmeltütensich lachend immer schneller drehten und noch schneller und

noch viel schneller und immer immer schneller, bis sie sichletztlich vor Larrys Augen drehten und er sich drehte und sichsein Magen drehte und er auf seine eigenen nackten Füße rei-herte und der Holzhammer der Bewußtlosigkeit ihm gnädigeine ordentliche Schelle verpaßte…

Page 135: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 135/317

 

Als Larry irgendwann später zu sich kam, saß er nackt in derBadewanne in Dewmis Kabine, mit brummendem Schädel, denKopf in den Nacken gelegt. Einer der steinernen Neptuns strul-

lerte ihm in hohem Bogen in den weit geöffneten Mund. Ergurgelte, spie aus und strich sich stöhnend das nasse Haar ausder Stirn, bevor er sich benommen nach seiner Gastgeberin um-sah, die jedoch verschwunden war – zusammen mit dem Pottvon immerhin tausend Dollar und mit Larrys Klamotten.

Seufzend lehnte er sich in der Wanne zurück.

Er fühlte sich gräßlich. Der stechende Schmerz, der in Formeines gehässigen kleinen Männchens mit Spitzhacke in seinemHirn rumorte, war nicht mal das Schlimmste. Auch nicht, daßDewmi sich mit der ganzen Kohle aus dem Staub gemacht hat-te. Nicht einmal, daß sie seinen heißgeliebten und viel gebleich-ten Polyesteranzug mitgenommen hatte.

Das alles konnte er verknusen. Nein, das Schlimmste war, daß

er es verpatzt hatte. Wieder einmal hatte er es geschafft, unmit-telbar vor dem Ziel doch noch zu verlieren.

Page 136: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 136/317

 

8.

Deine Nase verspricht so viel…

Das Glück war mit ihm: Larry schaffte es, nackt bis auf einekleine Seifendose, die er vor seinen Larry hielt, von DewmisKabine in seine »Spezialsuite« zu gelangen, ohne daß ihm aufdem Weg durch die verlassenen Korridore der P. M. S. Bouncy

 jemand begegnete. Wenn man mal von der Nonne absah, dieplötzlich um die Ecke bog, als er gerade dabei war, seine Tür zuöffnen. Bei seinem Anblick brach sie unvermittelt in schallendesGelächter aus, obwohl sie als Braut Christi den Menschen inpuncto Verständnis und Nachsicht für die Minderbemittelteneigentlich doch ein Vorbild sein sollte…

Nachdem er die Seifenschachtel gegen einen Tanga mit Leo-pardenmuster eingetauscht hatte und in einen frischen Anzuggeschlüpft war, setzte Larry sich auf das Feldbett und band sei-ne Schuhe zu. Er schaute auf die Uhr und stellte fest, daß trotzdes unfreiwilligen Zwischenspiels im Reich der Halluzinogenenoch immer etwas Zeit war, bis die sprechenden Möpse um elfihren großen Auftritt in der Lounge »Zum kleinen stolzen See-

mann« hatten. Es war erst zwanzig nach zehn. Noch genügendZeit, um sich nach dem Debakel mit Dewmi im Speisesaal miteinem kleinen Imbiß zu stärken. Möglicherweise würde ein or-dentliches Essen auch das hinterhältige Brummen in seinemSchädel vertreiben, das ihn an seine Zeit in der High-Schoolerinnerte, als er von den Freunden der Mädels, denen er miteinem an seinem Schuh befestigten Taschenspiegel unter die

Page 137: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 137/317

 

Röcke sah, als Preis für den Anblick des einen oder anderenBaumwollschlüpfers regelmäßig eins auf die Kauleiste bekam.Seit jenen unschuldig verträumten Jugendzeiten führte er ein

halbes Dutzend Stiftzähne im Mund spazieren.Larry verließ seine Kabine und fuhr hoch in den Speisesaal.

Nur noch wenige Tische waren besetzt. Gleichwohl war dasBüfett nach wie vor reichhaltig bestückt, doch ihm war momen-tan nicht nach Bohnendip oder mintgrünem Hackbraten zumu-te (obwohl Mintgrün bei Hackbraten schon immer seine Lieb-lingsfarbe gewesen war). Er trottete zur Fleischtheke hinüber,um sich noch eine Portion Tlanfelkel zu holen, aber Wang hatteanscheinend bereits Feierabend, denn das Warmhalteferkel warunbeaufsichtigt. Allerdings wies ein Schild an einem der Nies-wächter (unverzichtbar vor allem in Zeiten, wo unter den Pas-sagieren Schnupfen grassierte) darauf hin, daß man sich dieSpeisen unter der roten Zweitausendfünfhundert-Watt-

Wärmelampe, mit der man Essen über eine Entfernung vonhundertfünfzig Metern warm halten konnte, selbst auffüllendurfte. Doch Larry hatte gar keinen Blick für die knackigenWürste und saftigen Kasselerscheiben in Sauerkraut. Auch derRahmbraten und die eingelegten Otterzungen interessierten ihnnicht. Er hatte plötzlich nur noch Augen für die Wärmelampe,die über der Theke hing. Seine Gedanken drehten sich um dieMöpse und darum, was sie ihm über diesen Benefizauftritt indem Frauengefängnis erzählt hatten, und auf einmal hatte ereine Idee von der Art, wie sie normalerweise bloß wahrhaftgroßen Männern vorbehalten ist. Männern wie Sokrates, Do-nald Duck oder Winfried Clutterbuck, dem Erfinder der Flüs-sigseife. Eine Idee, die so unendlich dämlich war, daß man sie

 beinahe schon wieder als Geniestreich betrachten konnte.

Page 138: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 138/317

 

Verstohlen schaute Larry sich nach neugierigen Augen um,aber die wenigen Gäste, die sich im Speisesaal aufhielten, wa-ren entweder dicht bis zur Halskrause und lagen mit dem Ge-

sicht in ihren Tellern oder starrten konzentriert derart auf ihrEssen, daß man unweigerlich den Eindruck gewann, sie fürch-teten sich, an ihren mikroskopisch kleinen Kaviarschnittchen zuersticken. Jedenfalls hatte er von denen nichts zu befürchten.

Er beugte sich vor, schaltete die Wärmelampe aus und tastetenach der Glühbirne, doch spätestens in dem Moment, als seineFingerkuppen sich anzufühlen begannen, als hätte er sie in einHandbad aus siedendem Öl getaucht, wurde Larry bewußt,daß es besser gewesen wäre, einen Augenblick zu warten, da-mit die Birne abkühlen konnte. Er stieß ein schmerzerfülltesKeuchen aus und hüpfte mit rot leuchtenden Fingern das Büfettentlang, bis er bei einer großen Schüssel mit eisgekühltenHummern vorbeikam und seine Hand stöhnend bis zum Ellbo-

gen in das Eis stieß. Eine Wolke Wasserdampf stieg zischendauf.

Larry seufzte erleichtert. Immer schon hatte er das Gefühlgemocht, wenn der Schmerz nachließ…

Nachdem seine Finger schließlich ihre ursprüngliche Haut-farbe zurückgewonnen hatten, ging er wieder zur Fleischtheke,

und diesmal ließ sich die Wärmelampe aus der Fassung drehen,ohne daß seine Hände fritiert wurden. Er ließ die Birne in seineTasche gleiten und verließ den Speisesaal.

Ein Stück weiter auf demselben Flur lag der rund um die Uhrgeöffnete Bordsupermarkt, wo man von Schokolade über Ge-tränke und Badeklamotten bis hin zu Wohnzimmergarniturenund Einbauküchen alles kaufen konnte, was man an Bord eines

Page 139: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 139/317

Page 140: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 140/317

 

fast verlassen hatte, rief ihm die Kassiererin spöttisch nach:»Und viele Grüße an Ihren Freund!«

»Danke«, murmelte Larry kleinlaut. »Werd’ ich ausrichten…«

In der Lounge »Zum kleinen stolzen Seemann« war allesdunkel, als Larry aus dem Lift trat. Nur die Notbeleuchtungüber der Bühne brannte und verbreitete ein mattes, uringelbesLicht, so daß man die Silhouetten der Kisten und Segelaufbau-ten erahnen konnte. Allerdings war die Bühne bereits für denAuftritt der singenden Möpse vorbereitet worden. Instrumente

standen dort, Mikrofonständer und gewaltige Lautsprecherbo-xen, fast so groß wie die, die Larry hinten in seinen VW-Käfereingebaut hatte, nachdem die Rückbank draußen war, die so-wieso nicht benutzt wurde. Ein Spotlight an einem Schwenk-arm war auf die Bühne gerichtet.

Larry huschte lautlos den Mittelgang entlang zu dem Aufbau,an dem der Scheinwerfer angebracht war, stieg auf eine der

Kisten und drehte die Halogenbirne vorsichtig aus der Fassung.Dann holte er die Wärmelampe hervor und schraubte sie hin-ein, bevor er von der Kiste runterstieg und sich umschaute, ob jemand ihn bemerkt hatte. Doch da war niemand. Nicht einmaldie Groupies der Möpse ließen sich blicken.

Perfekt…

Larry warf die Birne in eine als Mülleimer umfunktioniertemittelalterliche Fäkalientonne, die einen höchst authentischenGeruch verströmte, und ging weiter zu der Tür im hinteren Teilder dunklen Lounge, die auf einem richtigen Piratenschiff indie Kapitänskajüte geführt hätte, hier aber die Garderoben derauftretenden Künstler mit der Wirklichkeit verband. Er öffnete

die Tür, schlüpfte durch den Spalt und fand sich in einem hell

Page 141: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 141/317

 

erleuchteten Flur mit holzgetäfelten Wänden wieder, von demzu beiden Seiten je zwei Türen abgingen, also insgesamt vier.An den Türen waren Schilder mit den Namen der Stars ange-

 bracht.Larry besah sich nacheinander die Schildchen.

Auf dem ersten Schild stand: William »Billy« Clinton (aliasBlane Sheppard). Dann: Mr. Ed, das sprechende Pferd. Danach:Dieser Typ aus der Fernsehshow. Und zu guter Letzt: Die Möp-se, versehen mit einer kunstvollen Zeichnung von den Twin

Peaks in Kanada – zumindest behauptete das der Künstler…Er blieb vor der Tür des Duo mopsonale stehen, legte das Ohrans Holz und horchte. Als von drinnen kein Laut zu verneh-men war, drehte er den Knauf und schlüpfte in die Garderobeder Möpse. Nachdem er die Tür hinter sich geschlossen hatte,trat er vor und sah sich staunend um.

Es hatte den Anschein, als gingen Mutter und Tochter in ihrerRolle als Country-&-Western-Sängerinnen völlig auf. Mehrnoch, als würden sie sich einbilden, tatsächlich Country-&-Western-Sängerinnen zu sein. Ihre Garderobe war komplett imStil alter John-Wayne-Filme gehalten, auch wenn das Blut fehl-te. Links an der Wand unter dem großen Spiegel stand ein höl-zerner Pferdetrog, offenbar zum Haarewaschen. Davor hatten

zwei Frisierstühle in Form von Sätteln ihren Platz gefunden. Anden Wänden hingen Jagdgewehre, Skalps und Bisonhörner, diegleichzeitig als Kleiderbügel für die Kostüme der Möpse her-hielten. Ein altes Whiskeyfaß stand in der Ecke, vermutlich leer,daneben eine gigantische Flasche Haarspray, doppelt so großwie Larry, mit einem umgebauten Revolver als Zerstäuber. Ne- ben der Tür lagen mehrere Heuballen, die die Möpse zwar ei-

Page 142: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 142/317

Page 143: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 143/317

Page 144: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 144/317

Page 145: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 145/317

 

Enttäuscht setzten die anderen Kerle sich wieder hin.

Wydoncha schaute lächelnd auf Larry herab. »Ja, wen habenwir denn da?« säuselte sie und zwinkerte ihm fröhlich zu. »Ei-

nen Freiwilligen!«»Hallo, mein Hengst!« begrüßte ihn Nailmi.

»Äh, hallo«, sagte Larry, etwas kleinlaut. Er stand zwischenden Möpsen, die ihn um mehr als zwei Köpfe überragten, undsah sich links und rechts von wogenden Milchtüten bedrängt.Im grellen Licht der Scheinwerfer sah sein Polyesteranzug noch

weißer aus, als er ohnehin schon war. Nie zuvor hatte er mehrwie Elvis Presley ausgesehen als in diesem Moment.

»Du bist genau der Richtige«, erklärte Nailmi, nachdem sieihn einer optischen Leibesvisitation unterzogen hatte. »Nur ei-ne Sache fehlt noch…«

Larry sah sie an. »So? Und welche?«

»Die wichtigste!«Damit zog Nailmi hinter einem der vielen Heuballen, mit de-

nen die Bühne in dem Versuch dekoriert worden war, das Pira-tenschiff in einen Pferdestall im Wilden Westen zu verwandeln,einen riesigen Cowboyhut hervor und setzte ihn Larry auf, dermit einemmal doppelt so groß wie zuvor war. Der Hut saß ihmtief in der Stirn, reichte ihm fast bis über die Augen. Die Krem-pe war so breit, daß sie sich ideal als Abfahrtsschanze fürZwerge geeignet hätte. Mit diesem Hut erinnerte Larry von fer-ne ein wenig an Hoss Cartwright, auch wenn er nicht ganz sodick war.

Nailmi trat zurück und betrachtete ihr Werk. »Perfekt!«

Page 146: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 146/317

 

Larry zupfte zweifelnd an der Krempe herum. Er konntekaum was sehen. »Wenn du meinst…«

»Entschuldigt uns jetzt eine Sekunde, Leute«, wandte Wydon-

cha sich an das Publikum. »Wir müssen kurz was rausholen…«Mit diesen Worten drehten sich die Frauen um.

Ein entsetztes Raunen ging durch die Menge. Panik machtesich breit. Ein Hauch von Massenhysterie lag in der Luft. Wür-den die Möpse tun, was alle ersehnten, auch wenn sich alle ir-gendwie davor fürchteten, daß sie wirklich tun könnten, was

alle wollten?Einen Augenblick später drehten die Möpse sich um – und

hatten nicht getan, was alle wollten, daß sie es taten. Statt des-sen hatten sie ihre Banjos gegen Waschbrett (Nailmi) undWaschtrogbaß (Wydoncha) getauscht. Nailmi drückte Larryzwei leere, bauchige Whiskeyflaschen in die Hand.

»Weißt du, was du machen sollst?«Larry schüttelte den Kopf.

»Blasen«, erklärte Wydoncha.

Larry grinste dreckig. »He, klasse!« Dann wurde ihm klar, daßer mitten auf der Bühne stand, vor einem Saal voller gierigglotzender Voyeure, die vielleicht zwar nicht so schlimm wie er

selbst, aber immer noch schlimm genug waren, und sah sichunbehaglich um. »Ähm… Hier?«

»Sicher!« Nailmi nickte. »Wo denn sonst?« Dann wandte siesich an den Beleuchter, der sich irgendwo im Hintergrund hielt,und rief: »He, John, wie wär’s mit etwas gedämpfter Beleuch-tung?«

 John nickte. »Jau!«

Page 147: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 147/317

Page 148: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 148/317

 

nung dabei war durchzubrennen. Wie das Stroboskoplicht ei-ner Disco tauchte es die Bühne abwechselnd für wenige Sekun-denbruchteile in Licht und Dunkel, beleuchtete wild davonflie-

gende Fetzen von Larrys Anzug und Hemd, gefolgt vom rotenund weißen Stoff der Kostüme der Möpse. Begleitet von einemlauten Intermezzo heiserer, wollüstiger Jauchzer und dem auf-geregten Johlen und Pfeifen des Publikums, das es nicht mehrauf den Sitzen hielt, enthüllte das Wechselspiel von Licht undSchatten immer neue, pikante Details der Manege-a-trois. Erstsah man ein in sich verschlungenes Knäuel nackter Körper, vor

allem Möpse, wenn man auch nicht sagen konnte, welche zuwelcher gehörten. Dann Larry, der in bester Wildwestmanierauf den Rücken der Frauen ritt, ein Lasso schwingend, und laut»Jipeee!« schrie, bevor das fassungslose Publikum verfolgte,wie die Möpse, Bauch an Rücken, mit Larry zwischen sich, überdie Bühne hüpften, der ein Gesicht machte, als würde die Kraft

der zwei Herzen jeden Moment bei ihm versagen. Danachwälzten sich Larry und die Möpse in den unmöglichsten Positi-onen über die Bühne, stets nur für einen Lidschlag aus derDunkelheit gerissen, und es sah so aus, als würden sie Dingemachen, für die die Zuschauer eigentlich hätten bezahlen müs-sen, doch weil man’s eben nicht richtig sehen konnte, verzichte-te man darauf, die Künstler für ihre körperbetonte Darbietung

zu entlohnen. Jedenfalls entpuppte sich die Show als riesiger Erfolg. Das

Publikum pfiff, applaudierte und verlangte bereits nach einerZugabe, als Larry noch nicht mal mit seinem Solo fertig war.Dann erlosch das Spotlight, begleitet von den enttäuschten Ru-fen des Publikums, schließlich ganz, und Schwärze, erfüllt von

den Grunzlauten heißer Leidenschaft, senkte sich über die

Page 149: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 149/317

 

Bühne. Larry hingegen brannte noch mindestens eine Minutelichterloh weiter, bis auch seine kleine Birne ihm letztlich denDienst versagte.

Page 150: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 150/317

 

9.

Coitus interruptus

Nach einer wildbewegten Nacht – die See wurde gegen Morgenhin ziemlich unruhig –, zwei Stunden unruhigen Schlafs, in de-nen Larry von seiner ehemaligen Kunstlehrerin von der High-School träumte, Ms. Stone, die ihm beigebracht hatte, wie man

seinen Pinsel ungeachtet mangelnden Talents richtig gebrauch-te. Nach einer kalten Dusche und einer Familienpackung AlkaSeltzer suchte er gegen halb elf Uhr schließlich den Speisesaalheim. Die kräftezehrenden Ereignisse der letzten Stunden ver-langten nach einem soliden Frühstück. Abgesehen von ihmhielten sich keine weiteren Gäste in dem Saal auf – natürlichnicht, schließlich brieten die meisten Passagiere bereits seit zwei

Stunden auf dem Achterdeck in der prallen Sonne –, so daß ersich in aller Ruhe einen Teller mit Brötchen, Aufschnitt, Brot,Käse, Marmelade, Rührei mit gebratenem Schinkenspeck, klei-nen Bratwürsten, Erdbeerjoghurt und Doughnuts mit Schoko-überzug volladen konnte. Er setzte sich an einen Tisch in derEcke, ließ sich vom Kellner eine große Kanne Kaffee bringen,

schwarz wie die Füße von Michael Jordan, und aß. Nachdem ersich zweimal nachgenommen hatte (und keine Würstchen mehrda waren), fühlte er sich ausreichend gestärkt, den Herausfor-derungen des neuen Tages zu begegnen. Doch bevor es dazukam, hörte er mit einemmal ein heiseres, gutturales Stöhnen,das ihn sofort an die wogenden Möpse der Möpse erinnerte.Sein erster Impuls war, sich unter dem Tisch zu verstecken.Doch dann merkte er, daß die Geräusche von einer Tür im Hin-

Page 151: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 151/317

 

tergrund des Speisesaals kamen, und er gab innerlich Entwar-nung. Auch wenn er beileibe kein Kostverächter war, besaßselbst Larry so etwas wie einen natürlichen Selbsterhaltungs-

trieb. Er stand auf und ging zur Tür.Das Stöhnen wurde mit jedem Schritt lauter. Neugierig blieb

er vor der Tür stehen, die mit diversen Schildern versehen war,die nachdrücklich darauf hinwiesen, daß diese Räumlichkeitenfür die Öffentlichkeit geschlossen waren und nur Personen abachtzehn Jahren Zutritt hatten, und auch die nur dann, wennsie Mitglied waren – worin, wofür, warum, weswegen oderweshalb, wurde allerdings nicht deutlich.

Verbote machen neugierig. Larry drückte sein Ohr gegen dasHolz.

Dahinter schien mächtig was los zu sein. Er hörte Stöhnen, Jammern, Wimmern und das vertraute Geräusch von zweiSchweinehälften, die im Kühlraum gegeneinanderstoßen, wenn

der Truck sich in eine Kurve legt.Das schien ja eine tolle Party zu sein…

Unwillkürlich schlich sich ein Grinsen auf Larrys Gesicht.

Er wollte die Tür öffnen, doch sie war verschlossen. Mißmutigrüttelte er ein paarmal am Knauf, aber ohne Erfolg. Dann hob erdie Hand und klopfte, doch niemand reagierte. Das Gestöhneund Gegrunze ging mit unverminderter Heftigkeit weiter. Lar-ry überlegte, ob er die Tür eintreten sollte, um an den Früchtender Leidenschaft teilzuhaben, die dahinter allem Anschein nachgepflückt wurden. Doch dann wurde ihm bewußt, daß die Türungefähr dreimal so groß war wie er – obgleich das natürlichkein neues Problem für ihn war –, und nahm von diesem Ge-

danken Abstand, zumal er eigentlich kein Mann der Gewalt

Page 152: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 152/317

Page 153: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 153/317

Page 154: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 154/317

Page 155: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 155/317

Page 156: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 156/317

 

scheinung abgab. Das war ihm in der Vergangenheit ja bereitshäufig von vielen Leuten bestätigt worden, vor allem von Frau-en, die erklärten, daß sie noch nie einem Typen über den Weg

gelaufen waren, der so aussah wie er (und er sich gefälligst ver-ziehen solle). Im übrigen hatte er auf dem gesamten Schiff bis-lang noch keinen Mann gesehen, der rein äußerlich auch nurannähernd mit ihm konkurrieren konnte. Die meisten Kerle anBord trugen bunte, knielange Boxershorts mit Bananenmusterund Shirts mit Aufdrucken wie »Unausstehlich… und stolzdarauf« oder »Ein ganzer Kerl dank Chappi«. Dann gab es noch

die zahlenmäßig unterlegene Badehosenfraktion, doch außerdicken Beulen an den falschen Stellen (Knie, Schultern, Nase)hatten diese Burschen nichts zu bieten, was Millionen andererMänner nicht auch hatten. Okay, zugegeben, vielleicht hattenein paar der Kerle ein paar mehr Haare auf dem Kopf als er,aber soviel er wußte, zählten Haare – es sei denn künstlich er-

stellte – nicht als Kleidungsstück. Von dieser Warte aus betrach-tet, war ihm der Sieg also schon so gut wie sicher.

Larry steckte die TLP-Punktekarte mit der Absicht wieder ein,umgehend die Räumlichkeiten aufzusuchen, in denen derWettbewerb ausgetragen wurde. Auf dem Weg zum Aufzugerregte eine per definitionem sonderbare Gestalt seine Auf-merksamkeit, die auf dem Achterdeck stand und sich redlichmühte, einen vergnügten Eindruck zu machen. Der Mann wareinen Kopf größer als Larry, trug lange, weite rote Shorts mitgrünen Palmwedeln, ein zu kurzes gelbes T-Shirt, brauneStrümpfe, die bis zu den knochigen, haarigen Knien hinauf-reichten, und klobige Schnürschuhe. Ein buschiger Schnauzer,wie man ihn sonst nur bei Walrössern und gewissen altdeut-

schen Schauspielern antrifft, verdeckte den Großteil seines Ge-

Page 157: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 157/317

Page 158: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 158/317

Page 159: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 159/317

 

vendeltönen gehalten. Den größten Teil des Raumes nahm eingewaltiges Computerterminal, der CyberMode 2000™, nebstmehrerer Bandmaschinen ein, mittels derer der Modekoeffi-

zient eines Teilnehmers bis auf ein Millitausendstel genau fest-gestellt werden konnte, indem die Daten, die von der ein-drucksvollen 3D-Holographie-Scannerplattform in der Ecke anden Rechner übermittelt wurden, vom Computer mit unzähli-gen Terabytes von Modetrends, die auf den Magnetbändernschlummerten, verglichen und von der CPU ausgewertet wur-den. Ansonsten bestand die Einrichtung des Raumes lediglich

aus einer Schaufensterpuppe, die adrett neben der Scanner-plattform plaziert worden war und den Eindruck erweckte,nicht einfach nur zu Dekorationszwecken hier herumzustehen,was sich bestätigte, als Larry näher trat und eine bemerkens-werte Beule im Schritt des männlichen Mannequins bemerkte.

Nachdem Larry sich vergewissert hatte, daß niemand in der

Nähe war, der ihn dabei beobachten konnte, wie er einer Puppean die Hose ging, ließ er die Finger behutsam über den Schrittdes Plastikgenossen gleiten.

Unter dem graubraunen Hosenstoff spürte Larry deutlich et-was Hartes, Längliches.

Larry runzelte die Stirn.

Was zum Teufel hatte denn das zu bedeuten?Er hatte zwar schon des öfteren von diesen ultrarealistischen,

synthetisch generierten Puppen gehört, die sich anschickten,die guten alten Gummidollies abzulösen, aber das waren allesFrauen gewesen – oder zumindest humanoide Maschinen, diesich den Anschein gaben, Frauen zu sein, und einzig zu dem

Zweck hergestellt worden waren, den Männern dieser Welt

Page 160: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 160/317

 

immer und jederzeit ohne Widerworte und ohne Haushalts-geldforderungen zu Willen zu sein, was den Unterschied zurealen Frauen wiederum beträchtlich erhöhte. Aber wenn die-

ser Bursche das männliche Äquivalent dieser neumodischenPuppen war, würde er vermutlich zwei Türen weiter, im Lie- bes-Meister 2000™, gestanden haben, deshalb griff Larry forschnach dem Hosenschlitz des Kerlchens und murmelte: »Okay,Kumpel, laß mal sehen, was du zu bieten hast…«

Er zog den Reißverschluß ratschend herunter, griff neugierigin die Hose – und holte ein Kartenlesegerät hervor.

»Merkwürdiger Platz für so was«, kommentierte Larry, zogdie TLP-Punktekarte hervor und steckte sie in das Lesegerät.Als ihn eine weibliche Lautsprecherstimme einen Moment spä-ter dazu animierte, die Scannerplattform zu betreten, folgte erselbstgewiß diesem Ansinnen.

Einen Augenblick lang passierte nichts. Plötzlich begann der

Computer elektronisch zu brummen, die Bänder in den Band-geräten fingen an, sich zu drehen, und ein lavendelfarbenerLichtstrahl tastete Larry auf der Plattform von oben her lang-sam und gründlich ab. Gleichzeitig entstand auf dem Monitorder CyberMode 2000™-Konsole ein 3D-Abbild von ihm, dasfast noch besser aussah als Larry in natura – wie schwierig oder

einfach dies auch sein mochte.Als er zu Ende gescannt worden war, stieg er von der Platt-

form herunter und ließ demonstrativ die Fingerknöchel kna-cken. Er fühlte sich klasse. Er fühlte sich stark.

Irgend etwas an dem Brummen, mit dem der Computer dieübermittelten Daten auswertete und seinen Modekoeffizienten

ermittelte, sagte ihm, daß er gewinnen würde.

Page 161: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 161/317

 

Aber entweder hatte er einen Gehörschaden und verstandnicht recht, was der Rechner sagte, oder der Computer war de-fekt, denn auf einmal knackte es in den Lautsprechern, und die

Frauenstimme, die ihn bereits beim LiebesMeister 2000™-Kontest verhöhnt hatte, sagte kichernd: »Ihre Punktzahl, LarryLaffer… Zwei.«

Larry fluchte.

Zum Teufel, das konnte, das durfte doch nicht wahr sein!Nach welchen Kriterien bewerteten die Jurymitglieder denn

hier? Nach Bauchumfang? Oder Penislänge? Wenn Larry nichtder bestgekleidete Mann an Bord der P. M. S. Bouncy war, werdann? Etwa diese Typen mit ihren ultraweiten Boxershorts undden modisch kotzgrünen Plastiklatschen? Oder doch die ausge- beulte Badehosenfraktion?

In dem Bewußtsein, daß es keinen Sinn hatte, zu versuchen,mit der Computerfrau zu diskutieren – weil man mit Frauen

einfach nicht diskutieren kann; viertausend Jahre fast zivilisier-ter Geschichte haben das hinlänglich bewiesen –, trat Larry aufden Gang hinaus. Er fühlte sich schlecht. Er fühlte sich matt.Geknickt schlurfte er den Flur entlang in Richtung Aufzug.

Vielleicht, dachte er resigniert, lag es ja wirklich an seinenHaaren. Unter Umständen sollte er sich ein Toupet beschaffen

und es anschließend noch einmal versuchen. Schlechter konntedas Ergebnis nicht ausfallen.

Eine Weile lief er ziellos an Bord umher, stromerte so unruhigüber die Decks, als würde er dringend eine Toilette suchen, bisihn sein Weg endlich zu Kapitän Queegs Ballsaal führte – aller-

dings hatte er nicht den Hauch einer Ahnung, wer dieser Kapi-

Page 162: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 162/317

 

tän Queeg sein sollte. Eine große Statue von König Neptun in-klusive Krone und dreizackigem Riesenzahnstocher bewachteden Eingang des Saals. Es mochte Zufall oder Schicksal gewe-

sen sein – aber möglicherweise einfach auch nur ein simplerKniff des genervten Autors, der nicht wußte, wo er die Szenesonst halbwegs sinnvoll in die Handlung integrieren sollte –,daß im Inneren des Ballsaals, der einer Unterwasserwelt nach-empfunden und zudem vermutlich der hoffnungslos kitschigs-te Ort war, den es auf Erden gab, an einem Zeichentisch einewunderschöne Frau mit hochgestecktem rotem Haar saß und

mit schwungvollem Strich Modeentwürfe anfertigte. Um sieherum auf dem Boden lagen die zerknüllten Zeugnisse zahlrei-cher Stunden offenbar erfolgloser Arbeit, während sich über ihrder Glasboden des Oberdeckpools befand, durch den man un- behelligt und ungestraft die nackten Körper der Schwimmer begaffen konnte, ohne sich dafür extra in einen Taucheranzug

zwängen zu müssen, wie Larry es zu tun pflegte, wenn er imSommer ins Freibad ging.

Während er näher trat, schwankte Larrys Aufmerksamkeitzwischen den nackten Leibern über seinem Kopf und der Rot-haarigen am Zeichentisch hin und her. Als jedoch eine Frauohne Badeanzug, die von den Ausmaßen her nicht von einemrussischen U-Boot zu unterscheiden war, über ihm herumpad-delte und die Lippen gegen das Glas preßte, entschied er ange-ekelt, daß es lohnenswerter war, sich mit der hübschen Zeich-nerin zu befassen.

Neugierig musterte er sie.

Die Frau war schlichtweg eine Schönheit. Dieses hochgesteck-te rote Haar. Die blauen Augen, rein wie das Wasser des Hud-son, wenn man sich den ganzen Klärschlamm und den anderen

Page 163: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 163/317

 

Dreck wegdachte. Ausdrucksvolle Wangenknochen. Ein voller,kirschroter Mund, darüber eine dezente Stupsnase. Bekleidetwar sie mit einem knallgrünen Designerhemd, das den Nabel

freiließ und auch sonst einige tiefe Einblicke erlaubte, einemengen rosa Rock, schwarzen Strümpfen und Pumps. Aber nocheindrucksvoller als ihre modischen Klamotten war zweifellosdas, was der Stoff nicht bedeckte. Der Körper der jungen Frausorgte dafür, daß Larry fast schwindlig wurde. Schlank, grazil,an den richtigen Stellen eine Handvoll üppiger und Beine, die bis zum Himmel reichten. Er wollte sich nicht hundertprozentig

festlegen, aber auf den ersten Blick schätzte er sie auf sechs-undzwanzig, einsdreiundachtzig, 92-53-93. Auf diffuse Weisekam ihm die Schöne obendrein seltsam bekannt vor. Fast fühlteer sich an seine Kunstlehrerin aus der High-School erinnert,diese junge Referendarin, die der Klasse beim Aktzeichnenselbst Modell gesessen hatte – er hatte gerade letzte Nacht von

ihr geträumt. Ihre Kurse waren immer voll belegt gewesen, proPlatz zwanzig Dollar, zahlbar an die Schulrüpel, die wußten,was die Sache Burschen wie Larry wert war, und dies gewinn- bringend ausnutzten. Nie hatte er Ms. Stone begehrenswertergefunden, als wenn er sie porträtierte.

Wie immer beim Anblick einer schönen jungen Frau, die nichtdas Weite suchte, sobald sie ihn sah, verfiel Larry in diesen fe-dernden, tigermäßigen Gang, den er sich von John Travolta inSaturday Night Fever abgeguckt hatte, blieb neben dem Zeichen-tisch stehen, stemmte lässig die rechte Hand in die Hüfte undsagte mit smartem Lächeln (oder dem, was er dafür hielt): »Hal-lo, meine Schöne! Was macht eine Nixe wie Sie hier in Atlan-tis?«

Page 164: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 164/317

 

Die Rothaarige warf ihm einen verächtlichen Blick zu. »GehenSie, bitte!« sagte sie mit breitem französischem Akzent (oderdem, was sie dafür hielt). »Das ier ist eine geschlossene Gesell-

schaft! Isch abe diesen Ballsaal für die Dauer der gesamtenKreusfahrt gemietet, und isch will mit Sischerheit nischt su-sammen mit jemandem gesehen werden, der so gekleidet istwie Sie.«

Larry grinste fröhlich. »Ah, Französin, ja? Oh, isch liebe diefransösische Art!«

Die Rothaarige verdrehte gequält die Augen. »Ja, das kannisch mir vorstellen…« Dann murmelte sie, mehr zu sich als zuihm: »Ich habe immer noch kein Glück gehabt. Möglicherweise beginnen meine kreativen Säfte wieder zu fließen, wenn ichmich für ein paar Minuten von diesem Hohlkopf ablenken las-se…« Sie strich sich in einer überaus eleganten Geste einen un-sichtbaren Fussel von der Bluse, was er mit professionellem

Interesse zur Kenntnis nahm, und stellte sich vor: »Isch bin üb-rigens Jamie Lee, die berühmte Modeschöpfern.«

Larry runzelte die Stirn. »Doch nicht etwa die  Jamie Lee? Die Jamie Lee Coitus, das frühere langbeinige Supermodel?« Aufeinmal war ihm klar, woher er sie kannte.

»Oh, oui«, bestätigte sie nickend. »Aber was soll das eißen,

frühere? Isch bin immer noch siemlisch langbeinisch!«»Ehm, stimmt«, sagte Larry mit sehnsuchtsvollem Blick auf

ihre endlos langen Beine. »Tut mir leid. Das hatte ich im Mo-ment übersehen.«

 Jamie Lee gab sich gönnerhaft und sah großzügig über diesenFrevel hinweg. »Nun, vergessen wir das«, winkte sie ab. »Isch

 bin also Jamie Lee. Und wer sind Sie, wenn isch fragen darf?«

Page 165: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 165/317

 

»Oh, ich bin Larry. Larry Laffer. Vielleicht haben Sie ja auchschon von mir gehört?« Konnte ja immerhin sein. In der Ge-gend, in der er gewöhnlich auf die Jagd ging, war er bei den

Mädels zumindest so bekannt wie ein bunter Hund.»Eh, nö«, machte Jamie Lee seine Hoffnungen zunichte, ohne

auf ihren französischen Akzent zurückzugreifen.

Larry bemerkte es und runzelte die Stirn. »Sagen Sie mal, vonwo kommen Sie eigentlich, Jamie Lee?«

»Isch komme«, sagte sie, »aus Freudenstadt.«

»Ich nehme an, Sie schreiben Ihren Namen K-E-U-T-U-S?« Jamie Lee sah ihn irritiert an. »Nein. Warum?«

Larry verkniff sich die Antwort, peinlich berührt, betrachtetedie Modezeichnungen auf dem Zeichentisch, die allerdingsnicht unbedingt originell wirkten – aber schließlich war Larry jaauch kein Modekritiker, der das, was schick war, jedes Jahr neu

definieren muß –, und sagte enthusiastisch: »Hey, ich wette, Siekönnen mir bei diesem Wettbewerb helfen, Jamie Lee! Eine derDisziplinen heißt: Bestgekleideter Mann. Haben Sie irgendwel-che Vorschläge?«

»Vorschläge?« Sie sah geringschätzig an ihm herab, als ob sieannahm, daß die Kategorie Schlechtgekleidetster Mann wohleher seine Domäne wäre (womit sie nicht ganz unrecht hatte).»Haute Couture? Sie?«

»Ja!« Larry nickte nachdrücklich. »Der Plastikanzug. Irgend-wie beeindruckend, nicht wahr?«

 Jamie Lee rümpfte nur die Nase.

»Sie sehen verwirrt aus«, versuchte Larry es auf die Softie-

verständnisvoll-und-den-Schrank-voll-mit-Rohkost-Tour, die

Page 166: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 166/317

 

vor allem bei Frauen verfing, die sich ihre Pullover im Dritte-Welt-Laden kauften. »Woran arbeiten Sie gerade?«

»Verwirrt?« echote Jamie Lee entrüstet. »Stinksauer bin isch!

Isch wollte diese dämlische Kreusfahrt dasu nutsen, um derPresse meine neue Frühjahrskollection zu präsentieren. Isch abedenen sogar die Passage besahlt! Jetzt abe isch erfahren, daßmein Ersrivale, Calvin Klone, dieses Mistaas, mir die Show ge-stohlen at. Er kopierte meine Kollection, wartete, bis wir abge-legt atten, und verkaufte der Modewelt das Ganze dann als sei-ne Schöpfung!«

»Aber das darf er doch nicht!« ereiferte sich Larry.

»Hah! Sagen Sie ihm das!« brauste sie auf. »Was sur Hölle sollisch jetst machen? Meine gesamte Linie wird doch ausgelacht!Isch abe alles ineingesteckt, und nun eißt es doch, isch ätte ab-gekupfert! Isch sollte noch etwas seigen, ehe wir ankommen,aber… Isch bin geschlagen! Keine Inspiration!« Sie seufzte

herzerweichend.»Oh, das ist schrecklich!« sagte er mitfühlend. »Ich wünschte,

ich könnte Ihnen irgendwie helfen… Wie sah Ihre Kollektiondenn aus?«

»Nun, sie wirkte sehr, sehr feminin und sexy«, erklärte JamieLee mit verklärtem Blick. »Genau der richtige Look fürs Büro

und die Zeit danach. Sie traf den Stil der modernen Frau voneute. Wirklich inspirierend!« Mit anderen Worten: Genau sowie alle anderen Designerklamotten…

Larry musterte die zusammengeknüllten Blätter, die in Ber-gen auf dem Boden um den Zeichentisch herumlagen. »Sie ha- ben sich aber durch eine Menge Papier gewühlt!«

Page 167: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 167/317

 

»Ja, was soll isch denn machen?« sagte Jamie Lee matt. »Isch brauche eine Idee. Von irgendwo er!«

Wie ein Bluthund, der seine Beute wittert, erahnte Larry eine

Chance, wie er mit etwas Glück zwei Fliegen mit einer Klappeschlagen konnte. Die eine Fliege war der Bestgekleideter-Mann-Wettbewerb. Die andere Fliege Jamie Lee Coitus selbst.

»Nun, äh, wenn ich Ihnen da irgendwie raushelfen würde«,sagte er langsam. »Mit einer Idee beispielsweise, dann würdenSie sich doch sicherlich dankbar zeigen, nicht wahr?«

»Dankbar oui«, sagte Jamie Lee. »Gefällig… Sweifelhaft. Daswäre so uncuturell.«

»Tja«, sagte er, geschickt das Thema wechselnd. »Was fürStoff bevorzugen Sie denn in dieser Saison?«

Die Rothaarige legte die endlos langen Beine übereinander.Das Nylon ihrer Strümpfe raschelte erotisierend. »Naturbelas-

sene, gefärbte und gemusterte Baumwolle. Weich. Fließend.Alles mit Kick.« Sie schaute ihn fragend an. »Und Sie?«

»Was Gefühlsechtes!« sagte Larry. »Sie verstehen?«

 Jamie Lee verzog das Gesicht. »Da müßt’ ich raten…«

Er zupfte an seinem breiten Hemdkragen. »Ähm, falls Ihnendas Glück doch noch hold sein sollte und Sie es schaffen, noch

vor dem Ende dieser Kreuzfahrt eine Kollektion auf die Beinezu stellen, besteht dann vielleicht eine Möglichkeit, eine Kartefür Ihre Modenschau zu ergattern?«

»Oh, nein!« sagte Jamie Lee und schüttelte heftig den Kopf.»Nur für die Presse! Ordinäres Volk ist nicht erwünscht!«

Da Larry sich zwar gelegentlich als ordinär betrachtete – und

hin und wieder auch als vulgär, sexistisch, derb und pervers,

Page 168: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 168/317

 

was das anbetraf –, sich ansonsten aber nicht unbedingt demgemeinen Volke zugehörig fühlte, fiel es ihm nicht schwer, denletzten Satz geflissentlich zu überhören. Ohnehin war er mit

den Gedanken ganz woanders. »Also, ähm, wenn hier eineModenschau stattfinden soll«, sagte er langsam, »dann müßtenhier doch eigentlich auch irgendwo ein paar Models rumlaufen,richtig?«

»Me oui«, antwortete die geplagte Modeschöpferin und nick-te. »Aber was können die schon für moi tun? Sie haben dochnichts ansusiehen!«

»Na, Mensch«, murmelte er. »Das wäre doch mal ’ne Show…«

 Jamie Lee lupfte die Brauen. »S’il vous plaît?«

»Oh, nichts, nichts«, winkte Larry hastig ab. »Ich sagte bloß,daß ich mich langsam wieder auf die Socken machen muß. Ich bin dann erst mal raus, Jamie Lee.«

»Du warst nie drin«, erwiderte sie kühl.Schon möglich, dachte Larry, als er sich entfernte. Aber daswird sich hoffentlich bald ändern…

Page 169: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 169/317

 

10.

Formalitäten

Nachdem er Kapitän Queegs Ballsaal und Jamie Lee Coitus hin-ter sich gelassen hatte, hielt Larry es für angebracht, sich umeine Sache zu kümmern, die er eigentlich bereits seit gesternmittag hatte in Angriff nehmen wollen, wozu er aber aufgrund

gewisser, größtenteils hormongesteuerter Geschehnisse, diedem geneigten Leser inzwischen vertraut sein dürften, jedochnicht gekommen war. Auch wenn es ihm zutiefst widerstrebte,wurde es allmählich Zeit, dafür zu sorgen, daß Drew Barring-more, dieses göttliche Weib mit der Riesenerektion, ihre Kla-motten zurückbekam, denn offenbar war das der einzige Weg,sie auszuziehen, sie zunächst einmal anzuziehen. Doch dazu

mußte er diesen Schiffsjungen finden, der Drews Koffer nachihrer Ankunft an Bord gestern früh irgendwo versteckt hatte,und so, wie er die Dinge sah, würde das nicht eben einfachwerden, denn soweit er bislang festgestellt hatte, war an Borddieses Schiffes nichts einfach. Selbst so profane Dinge wie derGang zur Toilette wuchsen sich hier zu mittelschweren Katast-

rophen aus. Aber das war er im Grunde ja nicht anders ge-wohnt, immerhin weilte er bereits ein paar Jahre auf diesem bescheidenen Planeten, der außer Frauen, Discomusik undDoppelwhoppern mit Käse, Tomate, Schinken und extra vielZwiebeln wenig zu bieten hatte, womit andere bewohnte Ge-steinsbrocken im weiten Universum nicht auch aufwartenkonnten.

Page 170: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 170/317

Page 171: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 171/317

Page 172: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 172/317

 

Larry seufzte bei dieser geschichtsphilosophischen Erkennt-nis.

Er war wirklich in der falschen Zeit geboren worden.

Während er so dastand und auf einer Woge des Selbstmitleidstrieb, bemerkte er mit einemmal eine gar sonderbare Gestalt inMatrosenuniform, die sich, grimmig vor sich hin brummend,über das Promenadendeck schob. Die Matrosin mochte eineFrau sein. Doch eine Instanz in Larry sträubte sich gegen diesenGedanken. Frauen waren gewöhnlich schöne, sinnliche Ge-

schöpfe. Zu Frauen fühlte man sich hingezogen, wollte in ihrerNähe sein. Diesem Weib hingegen wollte man nicht einmal ausder Entfernung begegnen, schon gar nicht, wenn es dunkel war.Sie war mittelgroß, korpulent, mit ausladenden Hüften, Armenwie Baumstämmen und einem Holzbein, das so konstruiertwar, daß es sich mit diversen Werkzeugen aufrüsten ließ. Siehatte einen Drei-Tage-Bart, eine dicke Warze auf der Wange,

ein Kopftuch, eine Augenklappe und ein Gebiß, das dem Prin-zip der Sparsamkeit in schweren Zeiten Tribut zollte, indem esmehr Lücken als Zähne aufwies. Ein Geruch nach Altöl, Fischund ranzigem Schweiß ging von ihr aus, möglicherweise hatteihr Deodorant versagt. Eine Kreatur wie diese hatte zuletzt un-ter den Händen eines gewissen Dr. Frankenstein das Licht der

Welt erblickt.Dennoch hatte Larry das unbestimmte Gefühl, daß dieses We-sen ihm möglicherweise helfen konnte. Wenn sie hier alsMatrosin arbeitete, wußte sie vielleicht, wo er den Schiffsjungenfinden könnte. Deshalb überwand er seinen Abscheu, ging zuihr hinüber und sagte ein bißchen unsicher: »Ähm, bitte, ent-schuldigen Sie, Miss. Darf ich Sie einen Moment stören?«

Page 173: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 173/317

 

Die Matrosin blieb stehen und sagte: »Diese v*******e Salzluftverrostet mir noch den verf*****n Stecksockel für mein elendesHolzbein!« Offenbar war das ihre Art der Begrüßung.

»Äh, ja, ich heiße Larry«, sagte er nervös. »Larry Laffer.« Ergiggelte, wie immer, wenn er sich vorstellte.

»Ich bin die Peggy«, sagte die Matrosin mit Reibeisenstimme.»Hab’ ich schon gesagt, daß diese verf*****e salzige Luft mirden s****ß Stecksockel für mein Sch…«

»Ja ja«, sagte er hastig. »Schon gut. Danke sehr.«

»Deswegen mußt du ja noch lange nicht so überheblich wer-den, du Sackg*****t!« brauste Peggy auf.

»Äh, das war nicht meine Absicht«, sagte er beschwichtigend.Er spürte instinktiv, daß es besser war, ein solches Geschöpfnicht zu reizen, zumal das Holzbein mit Sicherheit auch zurVorneverteidigung eingesetzt werden konnte. »Sie haben übri-

gens einen wunderschönen… Namen, Miss Peggy.«Sie funkelte ihn mit dem gesunden Auge an, das nicht von derKlappe verdeckt war. »Ach, findest du? Meine ver*****e Mutterhat mich Margaret genannt, du Sch****r!«

Larry zog es seufzend vor, das Thema zu wechseln. »Liegt dasnun an mir, oder fluchen Sie ziemlich viel?«

»Fluchen?« Peggy warf sich entrüstet in die Brust (kein schö-ner Anblick). »Blödsinn! du A*****loch! Das ist meine Grund-stuhlbildung.«

Larry runzelte die Stirn. »Meinen Sie nicht vielleicht Grund-schul bildung?«

»Nein, du Wi****r!« widersprach Peggy heftig. »Ich meine, ich

hab’ soviel Scheiße in mir, die kommst schon zum Mund raus.

Page 174: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 174/317

 

Haha.« Sie lachte schallend. Es klang, als würde ein Set alterKochtöpfe in der Schrottpresse recycelt werden.

Larry schluckte, verkniff sich einen Kommentar und erkun-

digte sich teilnahmsvoll danach, wie sie ihr Bein verloren hatte,auch wenn er von vornherein wußte, daß das ein Fehler war.Ein böser Fehler.

Und er hatte recht.

»Ich hab’ mein besch*******s Bein bei einem verf*****n Unfallverloren«, erklärte sie, so laut, daß das halbe Promenadendeck

an ihrer bewegenden Leidensgeschichte teilhaben mußte. »Sowar das. Eines Tages mischte ich versehentlich SO-Gel mit Deo-spray zusammen, und das gab eine mörderische Kontaktexplosi-on!«

Er runzelte die Stirn. »Sexualgleitcreme? Deospray? Und da- bei haben Sie Ihr Bein verloren?«

»Na, sagen wir mal so, ich hab’s mir nicht gerade in meineverd*****n Achselhöhlen gesprüht«, pöbelte sie los. »Okay, duverf*****s Ar******h?«

»O-Okay«, sagte er hastig. »Keine weiteren Details, bitte!«

Gnädigerweise kam Peggy seinem Gesuch nach und begnügtesich statt dessen damit, ihren linken Zeigefinger so tief in dasrechte Nasenloch zu bohren, daß Larry befürchtete, es würde jeden Moment aus dem Ohr wieder auftauchen. Um Schlimme-res zu verhindern, erkundigte er sich danach, ob sie ihm wo-möglich irgendwie bei Thyghs Liebhaberpreis helfen könne –und beging den nächsten schweren Fehler.

»Dir helfen?« brüllte sie lauthals. »Zur Hölle, nein! Jungs wiedu sabbern doch andauernd diesen ver******n LiebesMeister

2000™ voll! Und jetzt rat mal, wer die Schw******i wegwischen

Page 175: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 175/317

 

darf? Ja ja, die gute olle Peggy, die macht das! Ich kann dir garnicht sagen, wie oft ich schon mit meinem versch******n Holz- bein in diesem s****ß Abfluß hängengeblieben bin!«

Larry schaute sich peinlich berührt um, ob irgendwer, den erkannte oder kennenlernen wollte, beobachtete, wie er sich mitdiesem fragwürdigen Individuum unterhielt. Da niemand ausdieser Kategorie zu sehen war, sagte er: »Ähm, eine Frage, MissPeggy. Können Sie mir vielleicht sagen, wo ich hier an Bord denSchiffsjungen finde?«

»Du dämlicher Schw******d!« brummte sie. »Weißt du dennnicht, daß du diesen gottverf*****n Ba****d nie findest, wenn duihn brauchst? Shit! Ich suche jede Nacht nach diesem Hun-des**n, kurz vorm Schlafengehen. Und? Finde ich ihn viel-leicht? Nein, verd****t!« Sie schickte einen farbenfrohen Fluchhinterher, der noch weniger druckreif als der Rest ihrer Aus-sprüche war, selbst wenn das schwerlich möglich schien.

Larry widerstand dem Drang, sich vorzustellen, was MissPeggy wohl kurz vor dem Zubettgehen von dem Schiffsjungenwollte, und sagte langsam: »Ich schätze, meine Wünsche sindeinfacher als Ihre. Ich möchte ihn bloß was fragen.« Nämlich, wodieser Idiot den Koffer von Drew Barringmore versteckt hat… 

»Nun«, sagte sie ruhiger. »Da ist dieser ver*****e Xqwzts. Der

drückt sich immer im Pausenraum der Angestellten beim Casi-no unten rum. Warum versuchst du’s da nich’ mal?«

Larry nickte. »Danke für den Tip! Können Sir mir sonst nochirgendwas über diesen Xquatsch erzählen?«

»Billiger ausländischer Ba****d«, berichtete sie. »Alles, was erund seinesgleichen wollen, ist, uns Amerikanern die guten Ar-

 beitsplätze wegnehmen!«

Page 176: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 176/317

 

»Gibt es möglicherweise irgendwas, das Xqwzts braucht? Et-was, womit ich ihm einen Gefallen tun könnte?«

»Aaaarggh!« Peggy zischte wütend. »Ich hab’ keine Ahnung,

ob er was braucht, aber ich weiß genau, was er will. Und das ist bestimmt kein Schäferstündchen auf meiner M****i!«

»Ja, das kann ich mir vorstellen«, sagte Larry voll Mitgefühlfür den armen Schiffsjungen. Der Gedanke, was dieses Monstermit einem Mann anstellen mochte, wenn er ihr in ihrer Kabinehilflos, auf Gedeih und – mehr noch – Verderb ausgeliefert war,

ging ihm gewaltig an die Nieren. Er mochte manchmal ein har-ter, abgebrühter, gefühlskalter Schweinehund sein, aber daswar einfach zuviel.

Peggy starrte ihn an. »Häh?«

»Ohm, ähm, ich fragte gerade, was das wohl ist, das Xqwztshaben will«, sagte er hastig. »Nichts weiter.«

»Du einfältiges Stück Sch***e!« fluchte sie. »Hat deine Muttervielleicht auch Kinder mit Verstand auf die Welt gebracht? Erwill unbedingt einwandern, okay? Aber er hat keine verdamm-te Chance, weil er keinen verdammten Paß hat!«

»Einen Paß, wie?« Larry legte den Kopf schief. »Na ja, so wassollte sich hier doch auftreiben lassen.«

»Du bist schon ein besonders blödes Stück Walddung, was?Weißt du nicht mehr, was mit den ganzen Pässen passiert ist,als ihr elenden Ar********r an Bord gekommen seid? Natürlichnicht, Wi*****r. Wahrscheinlich warst du gerade damit beschäf-tigt, den feschen Offizieren hinterherzuhecheln…«

Larry wurde bewußt, daß sie recht hatte – nicht unbedingt,was seine Mutter anging (obgleich diese Sache gründlich über-

dacht werden wollte), sondern darüber, was mit den Pässen

Page 177: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 177/317

 

passiert war. Alle Passagiere, darunter auch Larry, hatten ihrePapiere beim Einchecken beim Steward hinterlegen müssen.Warum, wußte er nicht, aber es sollte wohl kein Problem sein,

sich seinen Paß zurückzuholen. Doch erst einmal war es sicherratsam, sich mit diesem Xschlaff zu unterhalten, um zu sehen,ob sich die Mühe, sich einem Gespräch mit Peter, dem Purser,auszusetzen, auch irgendwie rentieren würde. Also verab-schiedete Larry sich von der Matrosin, die ihm einen üblenFluch mit auf den Weg gab, der selbst einem taubstummen Af-roamerikaner die Schamesröte ins Gesicht getrieben hätte. Er

machte sich umgehend auf zum Pausenraum der Angestellten,um diesen Xwichs zu suchen.

Xwurst hatte den Pausenraum jenseits des »Pair-o-dice« allemAnschein nach als Privatrefugium annektiert – oder waren dieDesigner, die die Einrichtung des Schiffes entworfen hatten,

diesmal noch mehr entgleist als bei zahlreichen anderen Räum-lichkeiten an Bord? Man kam sich vor wie in einem afrikanisch-tibetanischen Bergtempel, wenn die Ähnlichkeit mit einemhoffnungslos überfüllten Trödelladen auch nicht von der Handzu weisen war.

Überall standen quasikulturelle Artefakte herum, wie Minia-

turstatuen der riesigen Steinköpfe von den Osterinseln und eineHookah; dergleichen hatte Larry zum letzten Mal bestaunt, alser damals mit den Beatles nach Indien zu den Maharishi ge-gangen war. An den Wänden hingen Teppiche und ein seltsamgeformter Schild, der dem Etikett nach zu urteilen die Reliquieeines nahezu unbekannten afrikanisches Stammes war, auchwenn man eher den Eindruck hatte, es sei von einem industriel-len taiwanesischen Stamm in Schichtarbeit gefertigt worden.

Page 178: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 178/317

 

Chinalaternen baumelten von der Decke, die die Lebenseinstel-lung von Xqwzts widerspiegelten: Wenn man nur lange genugrumhängt, bekommt man irgendwann vielleicht die Erleuch-

tung. Der Geruch von Räucherstäbchen und Maschinenöl dräu-te in der Luft, was einigermaßen sonderbar war, weil sich di-rekt über dem Kopf des Schiffsjungen – der eigentlich mehr einSchiffsmann war – ein großer Lüftungsschacht in der Wand befand.

Xqwzts selbst saß im Schneidersitz auf einem Nagelbrett undübte sich in transzendentaler Meditation – oder machte er nurein Nickerchen? Er war ein kleiner, brauner Kerl mit dickenLippen und Ziegenbart unter einem Wust dunkler Locken, dieunter einer knappen roten Kappe hervorlugten. Er trug eingrünes T-Shirt, einen roten Blazer und eine original bayerischeLederhose zu seinen nackten Füßen mit den großen Zehen. Eswar unmöglich festzustellen, welcher Rasse, Nation oder Haut-

farbe er sich zugehörig fühlte.Als er Larry näher kommen sah, bequemte er sich, aus den

Tiefen seines Verstandes aufzutauchen, grinste ihn an und sag-te in holperigem Englisch: »Ah, Grüße sein dir, Fremder! Wasdich führen in meine Gemach? Du sein hier für schweinischeBilder?«

»Hm? Oh. Äh. Entschuldigung«, sagte Larry, der völlig ver-wirrt war. Etwas, das wie eine Bohne aussah und zwischenzwei phallusartigen Wachskerzen in einem Gurkenglasschwamm, zog so sehr Larrys Blick an, daß er kaum mitbekam,was Xqwzts verbal absonderte. »Ich heiße Larry«, stellte er sichendlich doch noch vor. »Larry Laffer.«

»Ah so, ja!« lachte Xqwzts. »Du sein große Null!«

Page 179: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 179/317

 

Er runzelte die Stirn. »Große Null?« Im ersten Moment glaub-te er, der Bursche wolle ihn beleidigen, doch dann redete er sichein, zu wissen, wovon Xqwzts sprach. »Ach ja. Das ist meine

Kabinennummer.«»Egal«, sagte Xwqzts. »Du hier wegen schweinische Bilder?«

»Ähm, nein«, sagte Larry unsicher. »Eigentlich nicht.«

»Wie du meinen.« Er verlagerte auf dem Nagelbrett ein wenigdas Gewicht, damit sein Hintern ja gleichmäßig gepierct wurde.»Du nur sagen, was du wollen, und geht klar.«

Larry gluckste. »Eh, danke. Ich werd’s mir merken… Weswe-gen ich hier bin… Du bist doch der Schiffsjunge, oder nicht?«

»Ja«, sagte Xqwzts gedehnt, um eine Sekunde später den Kopfzu schütteln. »Nein. Vielleicht. Weiß nicht.«

Larry brummte. »Hm. Du scheinst dir deiner Sache nicht ge-rade sicher zu sein.«

Xqwzts schnalzte mit der Zunge. »Na ja, seit ich gesehen, wieLeben an Bord, ich viel lieber Kreuzfahrt als Arbeit.«

Larry nickte. »Verstehe. Wie wär’s, wenn du trotzdem malmeine Kabine putzen würdest? Da sieht’s nämlich aus…« Erzog eine demonstrative Grimasse, als hätte er unter seinerSchuhsohle etwas wirklich Widerwärtiges entdeckt.

»Könnt’ ich machen«, sagte Xqwzts. Dann: »Ach, lieber nicht.«»Aber warum denn nicht?« hakte Larry nach. »Wenn du doch

der Schiffsjunge bist?«

»Eigentlich du mich von jetzt an nennen Verantwortlicher fürAusstattung und Wartung«, widersprach er. »Keine Drecksar- beit mehr für mich.«

Larry runzelte die Stirn. »Und warum nicht?«

Page 180: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 180/317

 

Xqwzts grinste. »Na, wer kann schon rumkommandieren je-mand mit solche Bilder?« Damit griff er in die Tasche, holte eingroßes Leporello hervor und ließ es lässig ausklappen. Es war

voller Farbfotos, die gewisse Herrschaften in gewissen Situatio-nen zeigten, über die ihre Frauen gewiß nicht sonderlich erfreutsein würden.

»He!« rief Larry aufgeregt. »Du meinst Erpressung!«

»Oh, neineineineinein!« widersprach Xqwzts heftig. »Du müs-sen sofort Mund auswaschen mit Seife! Nein, jeder kaufen Bil-

der für persönliche Album! Souvenir von Reise! Gute Fotos,weil guter Film. Gute Kamera. Gute Winkel. Hasselblatt, mittle-res Format. Neunzig-Millimeter-Linse. Klasse Qualität. Kannman vergrößern. Toll für über Sofa. Und noch besser, für überBett…« Er grinste anzüglich.

Larry, normalerweise beileibe kein Vertreter der zimperlichenSorte, zog es vor, das Thema zu wechseln. Ȁhm, Miss Piggy

hat mir gesagt, du würdest dich fürs Reisen interessieren«, sag-te er bedächtig. »Stimmt das?«

»O ja!« Xqwzts nickte. »Ich liebe Reisen! Aber jetzt ich wollenseßhaft werden.«

Scheinheilig: »Ach, wirklich? Wo denn?«

»Wo? Vereinigte Staaten, natürlich! Ich lieben Vororte von SanFrancisco! Ich wollen großes Volvo, Haus mit Efeu und großeSatellitenschüssel für Empfang von zweihundert Programme!Aber muß Paß sehen, damit kann machen Kopie zum Einrei-sen.« Er sah Larry forschend an. »Wo deiner?«

»Och, irgendwo«, erwiderte er ausweichend. »Aber wenn ichihn dir gebe, würdest du mir dann einen Gefallen tun?«

Page 181: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 181/317

 

»Dann ich dir tun jeden Gefallen«, sagte Xqwzts und zwinker-te ihm verschwörerisch zu. »Auch zwei- oder dreimal, wennmeinen, daß du wollen.«

Larry verschluckte sich und hustete. »Äh, gut zu wissen…«»Also, was jetzt sein mit Schweinbilder?« brachte Xqwzts sein

Lieblingsthema wieder auf. »Wir haben noch. Du wollen wel-che, Mr. Lafferhose?«

»Wer ist denn drauf auf diesen Bildern?« erkundigte er sich,nicht uninteressiert, nachdem er eben die Kostprobe gesehen

hatte. »Leute vom Schiff?« Oder womöglich… Käpt’n Thygh? »Oh, du aber mächtig clever!« lobte der Verantwortliche für

Ausstattung und Wartung. »Du wollen also kaufen schweini-sche Bilder?«

»Äh, nein«, winkte er ab. So was kam bei Frauen immer gutan, auch wenn gerade keine in der Nähe war. »Ich interessiere

mich nicht für Pornographie.« Er schaffte es, so zu klingen, alssei das eine ansteckende Krankheit. »Ich bin Künstler!« 

»O ja, Künstler«, nickte Xqwzts. »Ich auch Künstler! Und dashier sein sehr ungewöhnliche Kunstwerke…« Er wedelte mitdem Leporello voller Schweinskram vor Larrys Nase herum.

Er kratzte sich am Kinn. »Ach, wirklich?«

»Ja!« versicherte Xqwzts. »Das seien ganz besondere Fotos!Das seien Fotos von – dir!« 

»Was?« Im ersten Moment glaubte Larry, sich verhört zu ha- ben, aber dann präsentierte Xqwzts ihm eine Reihe von Bildern,auf denen er sich selbst erkannte, ohne viel an und schwitzend,aber nicht, weil es so heiß war. Die Möpse waren ebenfalls mit

Page 182: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 182/317

 

von der Partie, alle sechs. »He!« rief er. »Woher hast du dennsolche Fotos von mir?«

»Och, das kein Problem.« Xqwzts winkte ab. »Schneller Film.

Sehr schneller Film. Auch gut im Dunkeln.«Larry zog eine Grimasse und versuchte sich vorzustellen, was

seine Mutter dazu sagen würde, wenn sie solche Bilder von ihmzu Gesicht bekam. Obwohl, bei näherer Betrachtung ließ er esdoch besser bleiben.

»Äh, nun, ich schätze, ich sollte wohl ein paar Bilder von mir

kaufen«, sagte er verlegen. »Nimmst du Kreditkarten?«»Aber sicher das!« Xqwzts nickte und zählte an den Fingern

die Karten ab, die er akzeptierte. »American Express, Master-Card, Visa, Harper, Cash International…«

Seufzend zog Larry seine La Costa Lotta Card aus der Tascheund reichte sie Xqwzts, der damit den Akku fütterte, der neben

ihm stand, und dabei fröhlich vor sich hin summte. Eine halbeMinute später erhielt Larry seine Karte zusammen mit einemSet Bilder von sich und den Möpsen live in Konzert zurück undwar um sage und schreibe fünfhundert Dollar ärmer. So vielMoos für so wenige schweinische Bildchen war selbst für ihneine schmerzhafte Erfahrung. Doch was sollte er machen?Wenn seine Mama von der Sache erfuhr, konnte er sich einsar-

gen lassen. Obwohl: War seine Mutter eigentlich nicht schonseit Jahren Blumenerde?

Ohne auf die Frage nach den sogenannten letzten Dingen aufdie Schnelle eine befriedigende Antwort zu finden, steckte Lar-ry Fotos und Kreditkarte ein und gelangte zu dem Schluß, daßes für den Augenblick erst einmal genug mit multikulturellem

Gedankenaustausch war.

Page 183: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 183/317

 

»So, ich muß dann mal wieder«, sagte er. »Tschüß, Xqwzts.«

»Na, tschüß«, erwiderte Xqwzts liebenswürdig, wozu er frei-lich auch allen Grund besaß, bedachte man, daß er Larry so-

eben satte fünfhundert Bugs abgenommen hatte…

Larry versuchte, den Gedanken an das Geld zu verdrängen, dasXqwzts sich unter den Nagel gerissen hatte, und konzentriertesich auf wesentlichere Dinge, wie zum Beispiel darauf, wo erdie nächsten fünfhundert Dollar für die Miete herbekommen

sollte und warum er Xqwzts eigentlich keinen Schuldscheingegeben hatte. Oder einen Scheck. Oder sonst etwas, das manplatzen lassen konnte, ohne dabei am Ende selbst der Ange-schmierte zu sein. Allerdings war es möglich, daß sich die In-vestition noch auszahlen würde, wenn es ihm tatsächlich gelin-gen würde, über Xqwzts an Drews Koffer zu gelangen. Wasihm dann bevorstand, war nicht mit Geld zu bezahlen…

Larry ging hinüber ins Atrium und zum Schalter des Pursers.Dort hatte er seinen Paß beim Einchecken abgegeben, und dortwürde er ihn auch wiederbekommen, selbst wenn das bedeute-te, sich einmal mehr mit Peter auseinandersetzen zu müssen.

»Hallo«, sagte er, bewußt freundlich. »Ich brauche meinenPaß, bitte. Ich bin Larry. Larry Laffer. Vielleicht erinnern Sie

sich an mich?«»Nein«, sagte Peter. »Unmöglich. Absolut unmöglich. Nichts

da. Nicht erlaubt.«

Larry runzelte verwirrt die Stirn. »Wie? Was?«

»Nein, ich erinnere mich nicht an Sie«, sagte der Steward inabfälligem Ton. »Und es ist absolut unmöglich, daß Sie Ihren

Paß bekommen, weil das nicht erlaubt ist.«

Page 184: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 184/317

 

»Was meinen Sie mit nicht erlaubt? Warum können Sie mirmeinen Paß nicht geben? Verdammt, es ist mein Paß!« brausteLarry ungehalten auf. »Es ist mein gutes Recht, meinen Paß je-

derzeit zurückzubekommen!«Peter hob abwehrend die Hände. Tränen schossen ihm in die

Augen. »Oh, Sie sind ja aber ein harter Bursche!« jammerte erweinerlich. »Bitte, bitte, nicht schlagen!« Dann seufzte er. »InOrdnung. Was soll’s? Sie können Ihren Paß wiederhaben. Sie brauchen mir bloß Ihren Ausweis zu zeigen.«

»Aber mein Paß ist mein Ausweis!«»Nun, ich brauche von Ihnen irgendeine Form der fotografi-schen Identifizierung«, sagte der Chefsteward ungerührt.»Sonst gibt es keinen Paß. So sind meine Vorschriften.«

Larrys Augen verengten sich zu Schlitzen. »Das legen Sie sichso zurecht, wie es Ihnen gerade paßt, was?« sagte er scharf.

»Tut mir leid«, erwiderte der Purser mitleidlos. »Kein Aus-weis mit Foto, kein Paß.«

Larry grollte. Irgendwie schaffte es der Knilch immer wieder,ihn innerhalb von weniger als einer Minute zur Weißglut zutreiben. Mühsam riß er sich zusammen und sagte langsam: »Ichhoffe, ich kriege das jetzt richtig zusammen… Um meinen Paßsamt Foto zu bekommen, muß ich Ihnen einen Ausweis mitPaßfoto zeigen. Korrekt?«

»Ach, kommen Sie mir doch bloß nicht mit Details!« winkteder Purser genervt ab. »Das interessiert doch niemanden!«

Larry fletschte fauchend die Zähne. Dann drängte er die Bes-tie in sich mühsam zurück, die danach verlangte, diesem Idio-ten an die Gurgel zu springen, und ärgerte sich gleichzeitig

darüber, daß seine animalische Seite niemals dann durchbrach,

Page 185: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 185/317

 

wenn er es wollte. Krampfhaft riß er sich zusammen und preßtezwischen zusammengebissenen Zähnen hervor: »Gibt es hieran Bord irgendwo die Möglichkeit, einen Ausweis mit Paßfoto

herstellen zu lassen?«»Ja, sicher«, sagte Peter spöttisch. »Ich werde Ihnen auch noch

dabei helfen, den Paß des armen Mr. Laffer zu stehlen!«

»Aber ich bin Mr. Laffer!« jammerte er.

Der Chefsteward machte eine wegwerfende Handbewegung.»Das muß erst noch bewiesen werden, Sie alter Knacker!«

Sämtliche Willenskraft, die Larry aufbringen konnte, war nö-tig, um ihn nicht hier und jetzt und auf der Stelle zum Meu-chelmörder werden zu lassen. Seine Hände öffneten undschlossen sich krampfhaft. In seinen Augen glomm pure Blut-gier. Im Geiste sah er sich, wie er sich vorbeugte, dem StewardZeige- und Mittelfinger von unten in die Nasenlöcher stieß undihn an seinem eigenen Riechkolben über den Tresen zog, umihm danach mit der Konzentration und Langsamkeit des wah-ren Genießers nacheinander alle Finger zu brechen. Benommenversuchte er, an weniger verhängnisvolle Dinge wie Frauen-Rugby, pasteurisierte Milch oder Corn Flakes mit Wirsingge-schmack zu denken, und schaffte es irgendwie, das Atrium zuverlassen, ohne eine Fahrkarte nach Sing-Sing einzulösen.

Fünfzehn Minuten später hatte Larry sich wieder so weit unterKontrolle, daß er nicht mehr versuchte, mit bloßen Händen dieReling des Oberdecks zu erwürgen. Seufzend strich er sich daskarge Haar aus der Stirn, während der Ansager per Lautspre-cher verkündete, daß Woody soeben die Selbststimulations-

Simulation gewann, die Teil des TLP-Wettbewerbs war. Beim

Page 186: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 186/317

 

Oben-Ohne-Seilhüpfen der Frauen hatte Becky nach Punktenden Sieg davongetragen.

Larry beobachtete eine gutgebaute junge Blondine in einem

knappen Bikini mit dem Muster der Stars and Stripes, die ihrenwohlgeformten Körper auf dem Sonnendeck freiwillig den an-züglichen Blicken der Männer aussetzte. Er wandte den Blickab und fragte sich, wie zum Teufel er an seinen Paß kommensollte. Peter, der Purser, bestand darauf, daß er sich irgendwieauswies, aber wie sollte er das, wenn sein Ausweis unerreich- bar in einem Schließfach hinter der Rezeption lag?

Larry seufzte.

Verdammt, warum mußte nur alles immer so kompliziertsein? Er griff in seine Tasche, holte die Fotos hervor, die er vonXqwzts gekauft hatte und ihn tatsächlich ein paarmal von sei-ner besten Seite (von hinten) zeigten. Plötzlich hatte er eine I-dee.

Der Steward verlangte eine »fotografische Identifizierung«,damit er sehen konnte, daß er der war, für den er sich ausgab,was natürlich vollkommen schwachsinnig war, denn wer hätteer schließlich sonst sein sollen, wenn nicht er selbst? Also waralles, was Larry tun mußte, um seinen Paß zu bekommen, sichfotografisch identifizieren zu lassen. Auf einem der Fotos von

Xqwzts war deutlich sein Gesicht zu sehen. Wenn er die untereHälfte wegschnitt – den Teil, der wirklich interessant war – undauf seine Keycard klebte, die wie eine Ausweiskarte aussah undmit allen möglichen Daten zu seiner Persona non grata verse-hen war, konnte es womöglich klappen, den Steward an derNase herumzuführen.

Page 187: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 187/317

 

Doch dafür brauchte er ein paar Kleinigkeiten, wie Gummi-kleber und eine Schere, die er aber mit Sicherheit im Bordsu-permarkt kaufen konnte. Kurz entschlossen machte er sich auf

den Weg in den Markt, suchte die Dinge zusammen, die er brauchte, und ging damit zur Kasse.

Die Kassiererin – auf ihrem Schildchen stand CLOVIS – mus-terte erst den Gummikleber, dann Larry, dann wieder denGummikleber mit einem Blick, in dem sich Abscheu und Neu-gierde die Waage hielten, und sagte: »Na, wieder für IhrenKumpel?«

Larry schüttelte den Kopf. »Nein. Für mich.«

»Sie sind wohl auch einer von diesen dreckigen kleinen Per-versen, was?« erkundigte sich Clovis abfällig. »Die mit allemrumspielen, was sie in die Grabbelfinger kriegen, ob es nun Se-xualgleitcreme, Gummikleber oder Fliegenfänger sind.«

Die anderen Kunden sahen Larry stirnrunzelnd an.

Er trat unruhig von einem Fuß auf den anderen. »Ähm, ichfürchte, hier liegt ein Mißverständnis vor«, sagte er kleinlaut.»Ich hatte ehrlich nicht vor, die Klebe…«

Die Kassiererin winkte gleichgültig ab. »Ja, schon gut. SparenSie sich das für jemanden, der sich die Hosen mit der Kneifzan-ge zumacht! Ich weiß genau, was Sie für einer sind! Jawohl!Perverse Subjekte wie Sie rieche ich tausend Meter gegen denWind! O nein, mir können Sie nichts vormachen!« Sie wackeltemit dem Kopf.

»Nein«, sagte Larry müde. »So ist das gar nicht. Ich…«

»Oh, halten Sie bloß die Klappe!« fuhr ihn die Kassiererin an.Ihre Augen glommen unheilvoll. »Geben Sie mir dreißig Dollar,

Page 188: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 188/317

 

und sehen Sie zu, daß Sie mit Ihrem Spielzeug verduften, SieWüstling, bevor ich wirklich ausfallend werde!«

Er zückte grummelnd seine Brieftasche, drückte Clovis drei-

ßig Dollar in die Hand und verließ den Supermarkt schnell undmit gesenkten Schultern. Die anderen Kunden sahen ihm, mit-leidig die Köpfe schüttelnd, nach.

Erst als er unten in seiner Kabine war, fiel Larry auf, daß derGummikleber und die Schere zusammen nur knapp vier Dollargekostet hatten…

Das Zusammenbasteln des Ausweises war so einfach, daßLarry sich unwillkürlich fragte, warum es überhaupt so etwaswie amtliche Erkennungspapiere gab, wenn sie sowieso jedernach Belieben herstellen konnte. Er schnitt die untere Hälfte desBildes ab, bestrich die Rückseite des Fotos mit Gummikleber, sodaß das Bild nicht mehr nur schmutzig, sondern auch klebrigwar, und pappte es neben die Angaben zu seiner Person auf dieSchlüsselkarte. In knappen fünf Minuten hatte er den erstenpornographischen Ausweis der Welt produziert. Irgendwie wares schon immer Larrys Art gewesen, Nova zu schaffen. (Oderdoch eher Noven? Novenen? Novizen?)

 Jedenfalls fuhr er kurz darauf mit dem Ausweis zur Rezeption

hoch, wo Purser Peter rege interessiert in einem Magazin mitHerrendessous blätterte.

»Entschuldigen Sie«, sagte Larry überfreundlich, obwohl ihmallein beim bloßen Anblick des Stewards die Galle bereits wie-der zu kochen begann. »Ich hätte gern meinen Paß, bitte.«

Peter schaute von seinem Magazin auf. »Wozu? Den brauchen

Sie hier an Bord nicht.«

Page 189: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 189/317

 

»Sehen Sie, hier ist mein Ausweis!« sagte Larry heftig undwedelte ihm mit seiner beklebten Schlüsselkarte so hastig vordem Gesicht herum, daß man zwar nicht viel erkennen konnte,

aber dennoch den Eindruck hatte, etwas Amtliches vor sich zuhaben. »Das ist doch das, was Sie haben wollten, oder? Und jetzt packen Sie sich, Sie perplexer Paranoiker, und bringen Siemir meinen Paß! Pronto!«

»Jawohl, der Herr!« Der Steward nickte unterwürfig undschlich davon. Als er eine halbe Minute später zurückkam, hat-te er Larrys Paß dabei. Er schob ihm das Dokument über denTresen zu. »Bitte schön, Ihr Paß. Aber verlieren Sie ihn nicht.Hier auf dem Schiff lungern genügend finstere Gestalten rum,die bloß darauf warten, arglosen und unvorbereiteten Gästensolch fette Beute aus der Tasche zu ziehen.«

Larry steckte seinen Paß ein. »Das bezweifle ich«, entgegneteer liebenswürdig. »Sie sind ganz einfach paranoid.«

Der Steward rümpfte die Nase. »Oh, vielen Dank, der Herr.Wir hochrangigen Offiziere können ja gar nicht genug bekom-men von solchen Beleidigungen durch dieses elende Passagier-geschmeiß!«

»Na, sehen Sie«, sagte Larry, freundlich lächelnd. »Dann hattedie Sache ja am Ende doch noch was Gutes…«

Ohne den Kommentar des Stewards abzuwarten, drehte ersich um und marschierte geradewegs hinüber zu den Aufzü-gen. Er fuhr nach unten und betrat kurz darauf erneut den Pau-senraum der Angestellten.

Xqwzts hockte noch immer auf seinem Nagelbrett und medi-tierte.

»Heda, Xqwzts!« begrüßte Larry ihn fröhlich.

Page 190: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 190/317

 

»Du schon wieder«, erwiderte Xqwzts. »Mr. Laffermann. Wasdu wollen? Noch mehr schweinische Bilder?«

Larry schüttelte den Kopf. »Danke. Im Augenblick nicht…

Hör mal, Xqwzts, ich weiß, wie gern du reisen möchtest. Ich binselbst ein bißchen ein Weltreisender. Ich habe sogar meinen Paßdabei…«

Xqwzts horchte auf. »Wie, du haben Paß?« sagte er aufgeregt.»Ich nie gesehen amerikanischen Paß! Du mir zeigen Paß! Laßmich sehen Paß!«

Larry reichte ihm seinen Paß.»Ah, danke!« Xqwzts nahm den Paß entgegen und betrachtete

ihn fasziniert. Plötzlich nahm er seine Kappe ab und zog einenSchlüssel daraus hervor, den er an einen Nagel an der Wandhängte, bevor mit einemmal dichter schwarzer Qualm um ihnherum aufwallte und ihn innerhalb von Sekunden vollständigeinhüllte. Alles, was er noch von Xqwzts wahrnahm, war seineStimme.

»Tschüß denn, Mr. Lafferhose!« rief er und ließ ein fröhlichesLachen folgen. Seine Worte verklangen im Nebel.

Larry wedelte hustend den Qualm beiseite, doch von Xqwztswar nichts mehr zu sehen. Er war verschwunden, wie vomErdboden verschluckt. Und er hatte Larrys Paß mitgehen las-sen.

Laffer fluchte. »Verdammt! Wo ist er bloß hin?«

Xqwzts blieb ihm eine Antwort auf diese Frage schuldig, e- benso wie den versprochenen Gefallen. Jedoch schien es sich bei dem Schlüssel, den er freundlicherweise zurückgelassenhatte, um eine Art Hausmeister- oder Generalschlüssel zu han-

deln. Also nahm er den Schlüssel achselzuckend an sich und

Page 191: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 191/317

 

wollte den kulturellen Gemischtwarenladen gerade wieder ver-lassen, als auf einmal ein verhaltenes Stöhnen an sein Ohrdrang, gefolgt von einem wollüstigen Jauchzen, dem sich Laute

anschlossen, die geradewegs einem Dokumentarfilm über dasPaarungsverhalten von Krustenechsen zu entstammen schie-nen.

Verwirrt sah Larry sich um.

Es hatte den Anschein, als würden die sinnlichen Geräuscheaus dem Lüftungsschacht kommen, der sich in anderthalb Me-

ter Höhe in der Wand befand. Anscheinend wurde in einemanderen Teil des Schiffes in ebendiesem Augenblick so was wieeine Orgie gefeiert, und als er die Karte der P. M. S. Bouncyhervorholte und mit der Richtung verglich, in die der Schachtführte, fand er auch heraus, wo: in dem Raum, der hinter derverschlossenen Tür lag, die er am Morgen im Speisesaal ent-deckt hatte.

Ein lüsternes Grinsen erschien auf seinem Gesicht.Offensichtlich war heute sein Glückstag!

Er überlegte nicht lange, was er tun sollte. Kurz entschlossenzog Larry sich einen Stuhl heran, um an den Lüftungsschachtzu gelangen, klappte das Gitter quietschend hoch und zwängtesich mit dem Kopf voran in die schmale Metallröhre.

Page 192: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 192/317

 

11.

Die Frau in Schwarz

Keuchend und schwitzend kroch Larry durch den Lüftungs-schacht. Er kam sich dabei ein wenig wie Bruce Willis vor, auchwenn er kein geripptes, blutverschmiertes Unterhemd trug. Zuallen Seiten war nur kaltes Blech, und mit jedem Meter, den er

sich weiter in den schmalen Schacht vorarbeitete, wurde esdunkler und dunkler. Proportional dazu wurde das Stöhnenund Wimmern und Juchzen vor ihm immer lauter, so daß Larrysich tapfer weiter durch die Röhre quetschte und sich auch voneiner fetten Ratte mit Holzbein nicht abschrecken ließ, die vorihm aufgeregt quiekend das Weite suchte.

Schließlich erreichte er das Ende des Schachts. Daß es tatsäch-lich das Ende war, zeigte sich daran, daß Larry in der Dunkel-heit plötzlich ins Leere griff, um mit einem heiseren Keuchenanderthalb Meter tief zu stürzen. Keuchend rappelte er sich aufund strich sich den Anzug glatt, auch wenn es in der Finsternissowieso niemand sah, obgleich sich mindestens ein DutzendPersonen in dem Raum aufhielten. Sie waren einfach nicht zu

überhören. Ihr lustvolles Schmatzen und Stöhnen und Wim-mern war so durchdringend, daß Larry spätestens jetzt klarwurde, daß es lohnendere Ziele gab, als Sex mit einer Frau zuhaben.

Sex mit mehreren Frauen beispielsweise!

Oh, klasse! dachte er aufgeregt. Eine Orgie!

»He!« rief er begeistert. »Ich will mitmachen!«

Page 193: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 193/317

Page 194: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 194/317

 

und den Boden küssen konnte, hielt er die Hände vor seinenLarry.

Um ihn herum standen Männer und Frauen in feiner Garde-

robe, Teller in den Händen, auf denen sich die Leckereien sta-pelten, und starrten ihn fassungslos an. Auch die Spitzenpuppein dem schwarzen Kleid, die er gesehen hatte, als er gesternmorgen an Bord gekommen war, war anwesend, zusammenmit diesem alten Kerl im Rollstuhl.

Zuerst glaubte Larry, nur noch der Freitod könne ihn vor der

grenzenlosen Schmach bewahren, sich den Leuten in all seiner bescheidenen Pracht gezeigt zu haben. Doch dann fiel sein trä-nender Blick auf ein Transparent, das über dem Tisch querdurch den Raum verlief. In großen schwarzen Lettern standdarauf zu lesen: BLIND-NACHTISCH-GESCHMACKSTEST.

»Nachtisch-Geschmackstest für Blinde?« murmelte er undatmete erleichtert auf. »Puh, das war knapp!« Grinsend deutete

er auf das Transparent und sagte: »Ist doch schön, wenn manweiß, daß auch die Sehbehinderten sich eine schöne Zeit ma-chen…«

Das nächste, was man von Larry sah, war ein formschönerSegelflug aus der Tür des Raumes, mitten hinein in einenBesteckwagen, der auf dem Gang zwischen den Tischen stand.

Keuchend, umgeben von einem Meer aus Gabeln, Messern undLöffeln, hockte er auf dem Fußboden und fragte sich, ob erwomöglich irgendwas Falsches gesagt hatte…

Als Larry nackt, weil man ihm seinen Anzug ärgerlicherweisenicht hinterhergeworfen hatte, Minuten später seine Kabine

 betrat und seufzend die Treppe hinunterging, wurde er bereits

Page 195: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 195/317

 

von jemandem erwartet. Die Frau in dem schwarzen Kleid, dieeben noch in dem Dessertraum gewesen war, saß auf seinemBett und stand auf, als er näher kam, beide Hände schamhaft

über der Stelle verschränkt, für die sich sowieso keiner interes-sierte, es sei denn vielleicht der Besitzer einer Kuriositäten-show.

Was Larry gestern beim Anblick ihres hüpfenden Hinterteils bereits vermutet hatte, wurde jetzt zur Gewißheit. Die Puppewar tatsächlich eine Pracht.

Lange, schwarze Haare. Blaue Augen. Rote Lippen. Irgendwiearistokratische Gesichtszüge. Große, goldene Ohrringe in Formvon Dollarzeichen, teurer als ein polnischer Sportwagen. UndKurven, gegen die selbst Picassos irrsinnige Kritzeleien wie ge-rade Striche wirkten.

»Hallo, Larry«, sagte sie, lächelte verführerisch. »Du heißtdoch Larry, oder?«

Er nickte, schluckte.

»Schön, daß du da bist! Und auch schon dem Anlaß entspre-chend gekleidet…«

Larry blieb unsicher am Fuß der Treppe stehen. Er hatte keineAhnung, wer diese Frau war, doch mit der Auffassungsgabedes passionierten Rockzipfeljägers erkannte er sofort, daß sichhier ungeahnte Möglichkeiten eröffneten, wenn er es richtiganstellte. Er mußte nur cool bleiben.

»Äh, ja, also, ich bin immer gerne, äh, angezogen«, stammelteer. »Also, ich meine, entsprechend…«

Die Frau in Schwarz sah großzügig über seine offensichtlichenArtikulationsschwierigkeiten hinweg. »Weißt du, Larry«, sagte

sie, während sie langsam, geschmeidig, näher kam und so dicht

Page 196: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 196/317

 

vor ihm stehenblieb, daß er ihren Atem warm und erdbeerigauf seinem erhitzten Gesicht spürte. »Ich habe ein Problem.«

»Ein Problem?« fragte er, um sich und sie von dem Drängen

in seiner Leistengegend abzulenken. »Und was für eins?«»Der alte Mann.«

»Der alte Kerl im Rollstuhl?«

Sie nickte. »Ja, genau der.«

 Also ist sie doch eine Krankenschwester, dachte er.

»Ich bin müde, Larry«, sagte sie und strich mit der flachen

Hand über seine gänzlich unbehaarte Hühnerbrust. »Ich habedas aus einem bestimmten Grund getan, weißt du…« Um einereiche Witwe zu werden… »Aber ich bin so müde vom Warten.Verstehst du mich?«

Larry nickte eifrig. »Oh, sicher!« Sie liebt ihren Beruf. Aber erläßt ihr keine Zeit mehr für Sex! »Ich verstehe dich!«

Sie seufzte schwer. »Ich dachte, es sei einfach. Er sieht aus, alsob er jede Sekunde einfach vornüberkippen könnte. Aber erspart seine Kräfte auf, bis wir zurück in der Kabine sind, unddann nimmt er mich ran bis zum Gehtnichtmehr.« Sie schluchz-te. »Ich halte das nicht länger aus, Larry. Dieser endlose Druck.Die ewigen Schläge…«

»Ähm, ich sehe dein Problem«, sagte Larry, obwohl er imGrunde nicht die geringste Ahnung hatte, was diese Kranken-schwestern und Körpertherapeuten (von wegen Schläge) sotrieben. »Und… ich bin die Lösung!«

Das ist ja einfacher, als ich dachte, dachte sie.

»So bist du also bereit zur schmutzigen Tat?«

Das ist ja einfacher, als ich dachte, dachte er.

Page 197: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 197/317

Page 198: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 198/317

 

eines weiteren Blickes zu würdigen. »Dann besprechen wir, wiewir es machen.«

Larry nickte. »Klingt großartig.«

Obwohl er völlig erschöpft war, blieb er dennoch kühl genugim Kopf, um den weiteren Tagesablauf nebst seiner regelmäßi-gen genitalen Aktivitäten im Auge zu behalten.

»Dann bis bald«, sagte sie, öffnete die Tür und verschwand.

»Moment!« rief Larry. »Welche Kabine denn? Wie heißt du?«

Doch die Frau in Schwarz war bereits fort.

Er war allein.Seufzend ging Larry zum Bett hinüber. Er bemerkte das weiße

Taschentuch, das davor auf dem Boden lag, und hob es auf. DieSeide fühlte sich weich und angenehm kühl an. Grübelnd ließer das Taschentuch durch seine Finger gleiten und betrachtetedie eingestickten Initialen.

A. A.Welcher Name sich wohl dahinter verbarg?

Wie so oft hatte Larry keinen Schimmer. Aber vermutlichwürde er es im Laufe des Tages erfahren. Gedankenverlorenhob er das Taschentuch an die Nase und atmete genießerischden schwachen Duft ein, der davon ausging. Lancôme, mögli-

cherweise Lanvin. Jedenfalls etwas Französisches.»Wie passend«, murmelte er.

Dann riß Larry sich aus seinen Tagträumereien los, griff nachseinem Koffer, schnappte sich einen neuen Anzug und zog sichan. Dieser Tag war viel zu schön, um ihn mit anstrengendenÜberlegungen über die Identität irgendwelcher schwarzhaari-

ger Krankenschwestern zu vergeuden, die in seiner Kabine auf

Page 199: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 199/317

Page 200: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 200/317

Page 201: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 201/317

 

sichtlich von gar nichts unterstützten Formen wirkte sie wie derpersonifizierte Engel der Sünde. Knallrote Lippen. Große grüneAugen. Wippende Ohrringe und ein Körper, der oben üppig

aus dem eng geschnürten Amazonenkampfdreß herausquoll,der mindestens drei Nummern zu klein war und trotzdem ge-rade so eben die wildwuchernden Früchte ihrer Brüste bedeck-te. Den Rest der atemberaubenden Erscheinung verbarg derTresen, doch im Grunde konnte es nur noch besser werden.Alles andere wäre schlichtweg undenkbar gewesen.

Er blieb unsicher vor dem Ausleihtresen stehen und räuspertesich. »Ähhmm…«

Die Frau ließ das Buch sinken, in dessen Lektüre sie vertieftwar, und legte es zu einigen anderen Bänden vor sich auf demTresen. Der Titel des Buches lautete Tausendundeine Art, Liebeauf dem Küchentisch zu machen. An der Wand hinter ihr hingenPeitschen, ein Gummihuhn (immer für einen Lacher gut) und

ein Kalender mit nackten Kerlen, die so geschwollen waren,daß sie aussahen, als wären sie am ganzen Körper von Wespengestochen worden. Der Blick, mit dem die Traumfrau Larry bedachte, ließ seine Knie weich wie Vanillepudding werden.

»Ähm, entschuldigen Sie, Miss«, sagte er. Irgendwie glaubteer, dieses Megababe von irgendwoher zu kennen, doch erst, als

er sich ihre Maße vergegenwärtigte, fiel ihm die Ähnlichkeitmit Victorian Principles auf. »Kann es sein, daß Sie hier mal dieBibliothekarin waren?«

»Die bin ich noch«, entgegnete Vicky mit einer Stimme, die soklang, wie andere Frauen stöhnten. Sie deutete auf die Beule inseiner Hosentasche. »Haben Sie da ein Buch, oder freuen Siesich bloß, mich zu sehen?«

Page 202: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 202/317

Page 203: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 203/317

 

Blick ablenkungshalber über die Titel der Bücher wandern, dievor Vicky auf dem Tresen lagen.

Eine Feldstudie über Pornographie von M. W. Schwantz. Schwar-

ze Cheerleader auf Cocks Island. Die Sage der zwei Titties vonCharles Figgins. Die Reiterei auf der Moni. Alles, was Sie schonimmer über Sex wissen wollten (aber nie selbst durch eigene Erfah-rung herausgefunden haben, weil Ihnen der Schneid dazu fehlte)… 

Larry gluckste überrascht. »Oh, mein Gott, Vicky«, raunte er.»Ich wußte gar nicht, daß solche Bücher legal sind.«

Die Bibliothekarin winkte lächelnd ab. »Die sind doch nochgar nichts. Sie sollten erst mal die in meiner Kabine sehen!«

 Aber nur zu gern, dachte er und sagte: »Das Leben hier an Bordmuß Ihnen doch wie ein einziger endloser Urlaub vorkommen.Ist das nicht schön?« Irgendwie hatte er das unbestimmte Ge-fühl, daß er sie dasselbe vor einiger Zeit schon mal gefragt hat-te, aber damals hatte ihm die alte, langweilige Vicky geantwor-tet. Jetzt hatte er die neue, scharfe Vicky vor sich, und da fieldie Reaktion möglicherweise ein klein wenig anders aus.

Victorian nickte. »Sicher, es ist perfekt… Sofern perfekt dieGewißheit bedeutet, jeden Tag exakt die gleichen Männer zuhaben, die man schon letzte Woche jeden Tag hatte…«

»Aber der ganze Spaß«, wandte Larry ein. »Das Nachtleben.Die endlosen Parties?«

Sie winkte ab. »Das ist nichts für mich.«

»Nun… Und was tun Sie dann für Ihre Unterhaltung?«

»Oh, ich fange bei einem Ende der männlichen Passagiere anund arbeite mich dann durch bis zum anderen«, erklärte sie,um mit einem Stoßseufzer hinzuzufügen:

Page 204: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 204/317

 

»Unglücklicherweise bin ich bei den meisten schon beim drit-ten Durchgang…«

Langsam wurde das Gesprächsparkett, auf dem sie sich be-

wegten, selbst Larry zu schlüpfrig – vermutlich ein Novum inseiner langen, erfolglosen Geschichte. Er rieb sich nervös dasKinn und sagte, in dem Versuch, auf ein unverfänglicheresThema zu sprechen zu kommen: »Ausgesprochen schlechtesWetter heute, nicht?«

Draußen schien strahlend die Sonne.

»Natürlich dürfen Sie«, nickte Vicky. Offenbar hatte sie seineFrage irgendwie falsch verstanden – oder interessierte sichherzlich wenig dafür, was er sagte. »Und wenn es mehr ist, ichhelfe Ihnen dabei…« Sie funkelte Larry herausfordernd an.»Larry«, sagte sie mit bebendem Vorbau, »es wird Zeit, meineliterarische Forschung in praktische Erfahrung umzusetzen!«

Er giggelte. »Nun, äh, das war ja irgendwie vorauszusehen«,stotterte er. »Ich würde Ihnen dabei natürlich gerne weiterhel-fen, Ihnen meine bescheidenen Dienste anbieten und…«

Weiter kam er nicht, denn plötzlich packte Vicky ihn und rißihn mit einem brutalen Ruck zu sich hinter den Tresen.

»Whoooaaaaa!« schrie Larry überrascht.

Er schrie die nächste halbe Stunde weiter. Mal allein, mal imDuett mit Vicky, mal Falsett, mal Baß, dann wieder Alt, Tenorund Sopran. Aber das Wer oder das Wie war in diesem Fallnicht halb so interessant wie das Warum…

Eine ganze Weile später, als sie hinter dem Ausleihtresen engumschlungen auf den schäbigen Überresten von Larrys zerfetz-

Page 205: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 205/317

 

tem Anzug lagen, der Vickys »literarischer Forschung« zumOpfer gefallen war, sagte Larry anerkennend: »Oh, Baby, du bist echt die Größte.« Er war noch immer ganz außer Atem. So

mußte sich jemand fühlen, der allein und ohne Pause den Pazi-fik durchschwommen hatte.

»Das weiß ich, Larrylein«, säuselte sie zufrieden. »Seitdem dumir dieses wunderbar schweinische Buch gegeben hast, habeich fast nichts anderes getan, als über Sex zu lesen, und jetzt binich die sexuell am umfassendsten gebildete Person an Bord.«

»Komisch.« Larry stützte sich auf den Ellbogen. »Eigentlichhatte ich bisher angenommen, ich wäre das.«

»Du?« Vicky bedachte ihn mit einem skeptischen Blick.

Er nickte. »Klar. Niemand weiß mehr über Sex als ich.«

»Doch«, behauptete Vicky. »Ich schon.«

»Dann beweis es!«

»Noch mal?« fragte Vicky hoffnungsvoll.Er winkte hastig ab. Im Moment fühlte er sich zu weiteren

Bildungserlebnissen gänzlich außerstande. »Äh, das ja nunnicht gerade. Und ich will auch ganz bestimmt nicht bestreiten,daß du wirklich weißt, was du tust. Daran gibt es gar keinenZweifel. Aber ich würde schon gern wollen, daß du mir be-

weist, daß du tatsächlich die sexuell kompetenteste Person aufdiesem Schiff bist. Würdest du das für mich tun, Vicky?«

»Für dich«, sagte sie, »würde ich alles tun… Aber wie?«

»Nun. Ich schätze, es gebe da eine Möglichkeit…«

Vicky lupfte die Brauen. »Oh, wirklich? Und welche?«

»Na«, sagte Larry bedächtig. »Wie wäre es, wenn du dich mal

am LiebesMeister 2000™ versuchen würdest?«

Page 206: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 206/317

 

»Gute Idee«, sagte Vicky. »Aber das geht leider nicht. Ich binhier Angestellte. Und Angestellten ist die Benutzung der TLP-Einrichtungen grundsätzlich untersagt. Außerdem habe ich

keine entsprechende Punktekarte.«»Aber ich«, sagte Larry, zog seine Karte aus den Fetzen der

Hose und wedelte damit vor ihrem Gesicht herum. »Du könn-test doch meine benutzen.«

»Nun ja…« Sie zögerte noch. »Ich weiß nicht recht…«

»Kein Selbstbewußtsein, wie?« fragte Larry zielsicher.

Das saß!»Gib her!« Vicky riß ihm ungeduldig die Karte aus der Hand.

Larry grinste.

Frauen waren doch alle gleich…

Nachdem sich Vicky einen Morgenmantel über den atembe-raubenden nackten Körper geworfen hatte, machten sie sich auf

den Weg zum LiebesMeister 2000™, allerdings nicht, ohne vor-her einen kurzen Abstecher in Larrys Kabine zu machen, damiter sich neu einkleiden konnte. Allmählich ging sein Vorrat anPolyesteranzügen allerdings bedenklich zur Neige. Noch einpaar mehr solcher Leidenschaftsausbrüche, und er konnte denRest dieser Kreuzfahrt bei Drew auf dem Nudistendeck

verbringen – was bei näherer Betrachtung ja auch keine sooooschlechte Idee war.

Als sie die Räumlichkeiten des LiebesMeisters 2000™ ein paarMinuten vor Mittag betraten, fütterte Larry die Lippen der an-züglichen Konsole mit seiner TLP-Punktekarte, während Vickygelangweilt ihre blutrot lackierten Fingernägel betrachtete. Mitihren hochhackigen lila Pumps war sie fast doppelt so groß wie

Page 207: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 207/317

 

ihr Begleiter, und das, obwohl Larrys Schuhe sowieso schon mitextra hohen Sohlen versehen waren.

Die Türen von Kabine Zwei öffneten sich quietschend.

Die Metallmieze mit dem Irokesenschnitt saß teilnahmsloswie zuvor in der Ecke, die Zigarettenspitze in der Hand, undrauchte. Blaugrauer Dunst umwölkte die Gipfel ihrer künstli-chen Berge und Täler wie Frühnebel.

»Okay, Vicky«, sagte Larry, verstaute seine TLP-Karte wiederin der Tasche. »Dann leg mal los!«

Vicky warf dem Roboter einen forschen Blick zu und schnalz-te selbstbewußt mit der Zunge. »Jetzt wird sich zeigen, wer vonuns der wahre Sexperte ist!« Mit schwingendem Schritt undebensolchem Hintern trat sie in die Kabine.

Die Türen gingen quietschend hinter ihr zu.

Im unteren Bereich der Schwingtür sah Larry ihren Morgen-

mantel raschelnd zu Boden gleiten. Nur eine Sekunde später brach in der Kabine hektische Aktivität aus. Larry konnte nichtgenau sagen, was da drinnen vor sich ging, aber was er hörte,sprach eine recht deutliche Sprache.

Vicky Principles lief offenbar zur Bestform auf. Ihr Stöhnen,Schreien, Wimmern, Brüllen und jauchzen hallte so laut durchden Raum, daß Larry peinlich berührt von einem Bein aufs an-dere trat und versuchte, so auszusehen, als wäre er gar nicht da.Man konnte Vicky mit Sicherheit im ganzen Schiff hören! Ihrelautstarken Lustbezeigungen wurden immer durchdringender, bis man schließlich das Gefühl hatte, intensiver könnten sie nunnicht mehr werden – nur um einen Moment später festzustel-len, daß man sich getäuscht hatte.

Page 208: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 208/317

 

Mit fassungslosem Erstaunen verfolgte Larry, wie der Punk-tezeiger über der Kabinentür mit atemberaubender Geschwin-digkeit hochschnellte.

Dreihundert Punkte.Vierhundert.

Fünfhundert…

Bei siebenhundertsiebundzwanzig Punkten gab es plötzlicheinen ohrenbetäubenden Knall, als die Anzeigetafel explodierte.Ein Regen aus Plastik- und Glassplittern ging hernieder. Grauer

Rauch zog durch den Raum und sammelte sich unter der De-cke. Funken sprühten aus dem zerstörten Display, währendVictorian Principles zielstrebig dem Finale entgegenarbeitete –und nach einem letzten, ekstatisch auf- und abschwellendenSchrei, der Johnny Weissmuller vor Leid erblassen ließ, abruptverstummte. Dann öffneten sich die Türen der Kabine, und Vi-cky trat, sich den Mantel über die Schultern streifend, aus derKabine. Nicht einmal ihr Haar war durcheinandergeraten.

Die Metallbraut hingegen hockte hinter ihr vollkommen fertigin der Kabine. Auf ihrem unbeweglichen Eisengesicht lag einZug glücklicher Erschöpfung. Überall an ihrem Körper hingenKabel raus. Genüßlich zog sie an ihrer Zigarettenspitze.

»Na?« sagte Vicky, nicht im mindesten außer Atem. »Wie wardas, hm? Mal sehen, ob du das steigern kannst!«

»Oh, kann ich nicht«, gab Larry kleinlaut zu. »Du hast ganzklar gewonnen. Aber wie wär’s jetzt mit ein paar zusätzlichenPrivatlektionen?«

Vicky schnaubte – nicht gerade verächtlich, aber auch nichtsonderlich weit davon entfernt. Offenbar hielt ihr Interesse für

gewisse Männer nicht viel länger an als Larrys für gewisse

Page 209: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 209/317

 

Frauen. »Träum weiter, Larry! Versuch’s nächste Woche nochmal. Ich gehe jetzt in meine Kabine… mit einem ordentlich sti-mulierenden Buch.« Damit wandte sie sich um.

»He!« rief Larry. »Warte! Wie wär’s, wenn wir…«Doch da fiel die Tür bereits hinter Vicky ins Schloß.

Sie war fort.

Seufzend zupfte Larry an seinem Hemdkragen.

Das war wieder mal typisch. Er rackerte sich ab wie ein Wil-der, und am Ende stand er trotzdem wieder allein da. Der Mohr

hatte seine Schuldigkeit getan, der Mohr konnte gehen. Aber sowaren sie nun einmal, diese modernen Weiber. Dachten immernur an sich selbst…

Bevor er diese anthropologische Einsicht von großer Bedeu-tung weiter vertiefen konnte, verkündete die weibliche Compu-terstimme: »Ihre Punktzahl, Larry Laffer: Eintausend.« Kurze

Pause. Dann: »Oh, wow! Eine perfekte Punktzahl! Laffer,komm im Büro vorbei, okay? Gegen Mitternacht ist mein Dienstzu Ende. Oh, bitte, Larry, bitte!« flehte sie sehnsüchtig.

Er grinste.

 Ja, so waren sie nun mal, diese modernen Weiber…

Larry verließ den LiebesMeister 2000™ und war noch nicht

 beim Aufzug angelangt, als schon wieder das vertraute Klackender Bordlautsprecher ertönte.

» Achtung, bitte, eine Durchsage! Larry Laffer hat soeben den Sex-technikwettbewerb mit der Höchstzahl von tausend Punkten gewon-nen. Gratuliere, Larry! Was für ein Mann!« 

 Ja, dachte er, während er fasziniert einen großen Knutschfleck

auf seinem rechten Unterarm betrachtete, der in allen Farben

Page 210: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 210/317

 

des Regenbogens leuchtete und ihn zweifellos noch einige Zeitan Victorian Principles erinnern würde. Was für ein Weib… 

Page 211: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 211/317

 

13.

Lancôme [oder Lanvin]

Nach seinem literarischen Intermezzo mit der neuen, scharfenVicky, die ihm irgendwie viel besser gefiel als die alte Version,gönnte Larry sich eine einstündige Ruhepause. Er verbrachtesie damit, im Speisesaal Eier in allen Formen und Variationen

zu verzehren, die er finden konnte, um das drastische Defizit inseinem Körperhaushalt auszugleichen. Spiegeleier, Rühreier,pochierte Eier, Kaviar, russische Eier, eingelegte Eier, verloreneEier… Jede nur erdenkliche Art von Hühnern im Frühstadiumihrer Existenz landete zuerst auf seinem Teller und anschlie-ßend in seinem Magen, zusammen mit einer Flasche Weißwein(ausgewählt, weil Larry das Segelschiff auf dem Etikett so gut

gefiel), Vanilleeis mit Himbeeren und einem Käse irgendwo ausEuropa, in den allerdings jemand ein Dutzend Löcher geschnit-ten hatte, so daß er gezwungen war, die doppelte Menge seinerüblichen Portion zu beschlagnahmen. Im Grunde hätte er auchnoch Appetit auf eine ordentliche Portion Bohnendip gehabt,doch in Anbetracht der Ereignisse im Casino gestern abend hat-

te es das verantwortungsvolle Personal allem Anschein nachvorgezogen, diese Speise zu unterschlagen. Zum einen, um einePanik unter den Passagieren zu vermeiden, und zum anderen,weil es an Bord zu wenig Gasmasken gab.

Solcherart gestärkt, begab Larry sich anschließend zur Tür desDessertraums und lauschte.

Dahinter war alles ruhig.

Page 212: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 212/317

Page 213: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 213/317

Page 214: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 214/317

 

zu verbringen, so war es der Chefsteward. Er hatte Zugriff aufalle Passagierunterlagen.

Schweren Herzens begab sich Larry zur Rezeption, auch

wenn er ganz genau wußte, daß er es bereuen würde. Doch ihm blieb keine andere Wahl.

Larry blieb vor dem Tresen stehen und räusperte sich, um dieAufmerksamkeit des beschäftigten Pursers zu erregen, der seinMännermagazin (im wahrsten Sinne des Wortes) gegen einenComic von Micky Maus eingetauscht hatte.

Der Steward ließ das Heft sinken und sah ihn skeptisch an.»Ähm, hallo, wieder mal«, grüßte Larry. »Ich habe Interesse

an Ammbumsen.«

»Oh.« Die gleichgültige Miene des Pursers wurde augenblick-lich von einem breiten, anzüglichen Grinsen gespalten. »Wenndas so ist, bin ich ganz Ihr Mann!«

Larry schüttelte hastig den Kopf. »Äh, nein, ich meine… Ichsuche nach einer Passagierin namens Annette Ammbumsen.«

Der Purser seufzte, schwer enttäuscht. »Schade. Nun, ich gebeprinzipiell keine Informationen über unsere Passagiere an dieÖffentlichkeit. Auch nicht solche, die Ammbumsen betreffen.«

»Ach, kommen Sie schon«, sagte Larry und versuchte es auf

die freundschaftliche Tour. »Geben Sie sich einen Ruck!«»Na, vielleicht ließe sich da doch was machen«, sagte Peter,

 beugte sich über den Rezeptionstresen und zwinkerte ihmdurch die dicken Brillengläser zu.

Larry zog eine entsetzte Grimasse. »Äh, tja, nun, so wichtig istdie Sache nun auch wieder nicht«, stotterte er schnell und trat

den Rückzug an, bevor der Steward noch auf dumme Gedan-

Page 215: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 215/317

 

ken kam. »Wenn ich es recht bedenke, ich es sogar gar nicht sowichtig. Sogar völlig unwichtig. Ja ja…«

Der Purser zuckte die Achseln. »Wie Sie meinen.«

Larry verschwand aus dem Blickfeld der Rezeption und lehn-te sich ein paar Meter weiter mit dem Rücken gegen eine Säule.

»O Mann«, murmelte er matt. »Dieser Kerl schafft mich…«

Es war klar, daß er die Kabinennummer von Annette Amm- bumsen nicht von dem Steward bekommen würde – zumindestnicht auf eine akzeptable Weise. Aber er mußte an diese Num-

mer kommen.Er zermarterte sich seine Gehirnzellen, die er alle persönlich

mit Namen kannte, nach einer Möglichkeit, doch ohne Erfolg.Zufällig fiel sein Blick auf das weiße Telefon, das neben ihm ander Wand hing, und – Tusch, bitte! – mit einemmal hatte er eineIdee. Möglicherweise nicht so verwegen wie die Sachen mit den

Möpsen oder Victorian Principles, aber wenn er Glück hatte,würde sie zumindest ihren Zweck erfüllen.

Er nahm den Telefonhörer ab und wählte die 0.

Dreißig Meter weiter nahm Peter das klingelnde Telefon ab.

»Ja? Hier Purser. Sie wünschen?«

»Ja, ähm, hallo«, sagte Larry und verstellte seine Stimme, so

daß er klang wie Duffy Duck nach einer durchzechten Nacht,auch wenn der Unterschied zu seiner normalen Sprechstimmeso minimal war. »Können Sie mich vielleicht zur Ammbumsen-Kabine durchstellen, bitte?«

»Einen Moment…«

Es klackte in der Leitung. Dann das Tüten des Freizeichens.

Nach dem fünften Läuten wurde abgehoben.

Page 216: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 216/317

 

»Ja?« Eine tiefe, knarzende Männerstimme.

»Ja, hallo?« sagte Larry. »Sind Sie Ammbumsen?«

»Das waren wir«, erwiderte der Mann. »Jedenfalls so lange,

 bis das verdammte Telefon geklingelt hat…«Ohne ein weiteres Wort legte er auf.

Das Tüt-Tüt-Tüt des Besetztzeichens drang an Larrys Ohr.

Er legte den Hörer auf, verließ seinen Platz hinter der Säuleund ging zurück zur Rezeption, wo ihn der Steward mit einemBlick begrüßte, der selbst eine Eisenstange hätte weich werden

lassen.»Sie wünschen?« Kühl, aber nicht unbedingt abweisend,

wohl, weil er hoffte, daß Larry sich das mit dem Ammbumsennoch mal überlegt hatte.

»Nun, ehm, ich bin ein wenig in Sorge über die Belastungenauf meinem Konto«, erklärte Larry. »Können Sie mir sagen, ob

ich noch gedeckt bin?«Der Steward nickte. »Natürlich. Warten Sie hier, bitte. Ich bin

gleich zurück.«

Larry nickte. »Besten Dank.«

Peter entfernte sich und verschwand durch einen Perlenvor-hang in einem der angrenzenden Räume. Larry nutzte kaltblü-

tig die Gunst des Augenblicks, beugte sich über den Tresen unddrückte auf die Wahlwiederholungstaste des Pursertelefons,von dem aus der Steward ihn soeben zum Apparat der Amm- bumsens durchgestellt hatte. Prompt erschien auf dem LCD-Display die zuletzt angewählte Nummer.

GO OIL.

Page 217: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 217/317

 

Larry runzelte die Stirn. »GO OIL?« las er murmelnd. »Wassoll ich denn darunter verstehen?« Er seufzte resigniert. »Klas-se. Eine tolle Hilfe, wirklich…«

Bevor er völlig in den Tiefen der Depression versinken konn-te, wurde ihm mit einemmal klar, daß das Telefon verkehrt her-um stand und er die Nummer auf dem Kopf gelesen hatte. Erdrehte das Telefon also hastig zu sich herum, und siehe da, ausdem GO OIL wurde die 71009. Da die Nummern der Anschlüs-se an Bord mit den Kabinennummern identisch waren, bedeu-tete das, daß er Annette Ammbumsen in Kabine 71009 findenwürde.

Er grinste.

Das war hilfreich!

Als Larry aus den Augenwinkeln heraus bemerkte, daß derPurser zurückkam, drehte er das Telefon schnell wieder um,trat einen Schritt zurück und musterte voller Begeisterung seineFingernägel.

»Ihr Kontostand ist nicht der Rede wert«, klärte der Purserihn auf. »Bloß dreizehnhundertfünfundzwanzig Dollar undsieben Cents.«

»Dreizehnhundertfünfundzwanzig Dollar und sieben Cents?« Lar-ry konnte es nicht fassen. Wo um alles auf der Welt war seinGeld geblieben? »Zum Teufel, wie…« Dann entsann er sich ge-rade noch rechtzeitig, daß es unmöglich war, mit dem Stewardüber irgendwas zu diskutieren, und zwang sich, sich wieder zu beruhigen. »Okay«, sagte er mit geballten Fäusten. »Kein Prob-lem. Wenn’s weiter nichts ist…«

»Nein«, sagte Peter liebenswürdig. »Aber was nicht ist, kann

 ja noch werden, nicht wahr?«

Page 218: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 218/317

Page 219: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 219/317

 

relativ sicher, daß sich Drews Koffer in einem dieser Räume befand. Alles, was er nun noch tun mußte, war, ihn zu finden.

Wieder einmal verschwendete er keine Zeit damit, sich Ge-danken darüber zu machen, wie er am besten vorging, sondernmachte sich gleich auf den Weg zum hinteren Laderaum. Wäh-rend er sich mit dem Schlüssel an der massiven Stahltür zuschaffen machte, ertönte wieder mal eine Lautsprecherdurchsa-ge.

» Achtung, bitte, eine Durchsage! An Bord dieses Schiffes gibt eskeine, ich wiederhole, keine Urinale aus Messing. Der Spieler des Ba-riton-Saxophons findet das gar nicht komisch… Ende der Durchsa- ge.«

Larry giggelte belustigt und schaffte es endlich, die Tür zuöffnen. Angestrengt keuchend schob er sie auf. Doch wenn ererwartet hatte, bereits beim ersten Versuch fündig zu werden,hatte er sich getäuscht (wäre ja auch ein bißchen zu einfach ge-wesen). Statt des erhofften Koffers sah Larry sich einer aufwen-digen Maschinerie gewaltiger Apparaturen gegenüber, mit de-ren Hilfe die Pins der Bowlingbahnen oben auf dem Achter-deck wieder aufgestellt wurden. Rollwagen mit Bowlingpinsrollten auf Schienen zu großen Rohren, wurden nach oben ge-

saugt und in perfekter Aufstellung von einem mechanischenArm durch Löcher in der Decke nach oben geschoben. Es warso laut wie in einer Fabrikhalle.

Verwirrt fragte er sich, warum sie es nicht wie alle anderenBowlingbahnen machten und die Pins an Fäden aufstellten.Aber das war eine der vielen Fragen in Larrys Leben, auf die

Page 220: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 220/317

 

das Universum ihm wohl eine Antwort schuldig bleiben wür-de.

Larry verließ den Laderaum und nahm sich den nächsten vor.

Doch auch dort fand er nicht, was er suchte. Statt dessen stießer auf einen riesigen Glaskäfig, in dem ein halbes Dutzend fet-ter venezolanischer Biber, deutlich zu erkennen an ihren extra breiten Schwänzen, eifrig damit beschäftigt war, Holzstücke zuSägespänen zu verarbeiten, die vermutlich zum Anfeuern derSchiffsmotoren gebraucht wurden. Erneut fragte sich Larry,was um alles in der Welt das zu bedeuten hatte, doch als er nä-her darüber nachdachte, war er sich mit einemmal nicht mehrsicher, ob er es wirklich wissen wollte. Auch wenn er sichdurchaus für die Abgründe menschlicher Perversion interes-sierte, irgendwo gab es so etwas wie Grenzen, und Biber lageneindeutig außerhalb davon.

Grübelnd verließ Larry das Biberlager. (Moment! Ist Biberla-

ger nicht ein geschütztes Warenzeichen der US-Army? Achnein, das war Biwaklager… ) Jetzt blieb nur noch der Buglade-raum. Er konnte bloß hoffen, daß er dort fand, was er suchte,denn sonst würde Drew vermutlich bis zum Ende der Kreuz-fahrt nackt auf dem Sonnendeck am Pool liegen, Riesenerektio-nen schlürfen und ihn mit ihrem Gerede über Fokker heiß ma-

chen, ohne daß er im Gegenzug dazu kam, ihr seine Sammlungantiker Flugzeugstiche zu zeigen. Oder irgendwas, das antikenFlugzeugstichen ähnlich sah. Oder wenigstens etwas, von demer glaubte, daß es sie vielleicht interessieren könnte…

Gedankenverloren schlenderte Larry durch den Bauch desSchiffs zum Bug der P. M. S. Bouncy und stellte fest, daß an derTür des dortigen Laderaums ein kleines Schild prangte, auf

Page 221: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 221/317

 

dem stand: GEPÄCKRAUM – ZUTRITT NUR FÜRBESATZUNGSMITGLIEDER!

Er grinste.

Offenbar hatte er am Ende doch endlich noch Glück!Hoffnungsvoll schloß er die Stahltür auf, trat über die hohe

Schwelle – und blieb so abrupt stehen, als würde er sich aufeinmal daran erinnern, daß er vor der Abfahrt vergessen hatte,zu Hause das Wasser in der Badewanne abzustellen. Sein Grin-sen rutschte ab wie die Nase von Ronald Reagan und machte

einem ungläubigen Ausdruck Platz.Wenn Larry gehofft hatte, hier Koffer zu finden, dann wurde

er ausnahmsweise einmal nicht enttäuscht. Trotzdem blieb ihmdas Pech treu, denn der Gepäckraum, der mindestens die Grö-ße eines Fußballfeldes besaß, war bis obenhin mit Koffern undTaschen und Beuteln und Rucksäcken vollgestopft. Das mußtenMilliarden verschiedene Gepäckstücke sein, die hier lagerten,vielleicht noch mehr. Schmale Wege führten durch die fast biszur Decke aufragenden Kofferberge. Irgendwo weiter vorn fuhrein Mann in einem blauen Overall mit einem Gabelstapler Rei-setaschen spazieren.

Larry stöhnte. »O nein! Wie soll ich denn hier jemals DrewsKoffer finden? Die Sache mit der Stecknadel im Heuhaufen ist

dagegen ja das reinste Kinderspiel…«Resigniert seufzend, trat Larry an den erstbesten Kofferstapel

heran und versuchte, die Namensschilder zu lesen, die an denGriffen hingen. Die untersten vier oder fünf Schilder konnte erproblemlos lesen, aber danach wurde die Sache wegen seinerüberschaubaren Größe schon schwieriger. Er zog einige herum-

liegende Koffer zu sich heran, türmte sie aufeinander und stell-

Page 222: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 222/317

 

te sich obendrauf. Nun konnte er weitere Schilder lesen. Aberder Name Drew Barringmore kam ihm nicht unter die Augen.

 Jedoch war er noch immer nicht ganz oben, deshalb kletterte

er von dem Stapel herunter, fügte keuchend mehrere Koffer zudem Haufen hinzu und stieg erneut hoch.

Daß der fast drei Meter hohe Haufen bedenklich wackelteund schlingerte, merkte Larry wie üblich erst, als es bereits zuspät war.

Plötzlich spürte er, wie die Koffer unter ihm in Bewegung ge-

rieten, und riß entsetzt die Augen auf. Instinktiv griff er nacheinem Halt, bekam den Griff eines riesigen Samsonite-Hartschalenkoffers zu fassen und klammerte sich daran fest,während der Kofferstapel zur Seite kippte. Unvermittelt hatteer keinen Halt mehr unter den Füßen. Einen Moment lang hinger in der Luft, doch dann geriet der Haufen, in dem der Koffersteckte, an dem er sich festhielt, ebenfalls ins Rutschen, und mit

der Wucht einer Lawine ergossen sich Hunderte von Taschenund Koffern polternd auf den Boden.

Larry schrie auf und stürzte mit den Koffern in die gähnende,drei Meter tiefe Tiefe, um unter Dutzenden von Rucksäckenund Sporttaschen begraben zu werden.

Es war, als würde man Rugby mit den Fat Boys spielen. Müh-

sam keuchend, wühlte Larry sich durch die Kofferschichten indie relative Freiheit des Laderaums und blieb außer Atem obenauf dem mehrere Meter hohen Stapel sitzen. Doch gerade indem Moment, als er sich dazu beglückwünschen wollte, daß erdas Problem mit den unlesbaren Adreßanhängern so elegantgelöst hatte, geriet der Kofferberg von neuem ins Rutschen, und

Larry purzelte zusammen mit Hunderten Koffern und Taschen

Page 223: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 223/317

 

abwärts, um unsanft auf dem harten Boden des Gepäckraumszu landen. Mühsam, mit schmerzenden Gliedern, rappelte ersich auf – und bemerkte den großen braunen Hartschalenkof-

fer, der vom Gipfel des nachgebenden Berges herabstürzte, erst,als dieser ihm bereits wuchtig gegen den Schädel donnerte.

Keuchend gingen Larry und Koffer zu Boden, wo sie ange-schlagen liegenblieben.

Es dauerte ein paar Minuten, bis er wieder klar genug imKopf war, um sich aufzusetzen. Seinen Hinterkopf zierte eine

Beule, so groß wie ein Straußenei. Stöhnend rieb er sich dieSchläfe und seufzte angeschlagen: »Gott im Himmel, keine Frauder Welt ist es wert, daß ich so was auf mich nehme. Nicht mal,wenn sie völlig nackt ist…«

Dann fiel sein Blick auf das Etikett des Koffers, mit dem seinSchädel gerade so unsanft Bekanntschaft geschlossen hatte, unddas Grinsen kehrte auf seine Züge zurück.

Auf dem Namensschild an dem Koffer stand: DREWBARRINGMORE.

Zweifel ausgeschlossen.

Zufrieden schnappte er sich den Koffer und verließ den Ge-päckraum mit dem Gedanken, daß man hin und wieder auchdurch Kopfarbeit ans Ziel seiner Wünsche gelangte. Mit dem braunen Koffer in der Hand begab sich Larry zum Pool. In sei-nem privaten Pornokino sah er sich schon zusammen mit Drewauf dem Feldbett in seiner Spezialsuite liegen, die Positionenvariabel, die Federn angestrengt ächzend. Doch Dick, der Ste-ward, der hier den Bademeister spielte, oder umgekehrt, stelltesich Larry in den Weg, als er den Poolbereich betreten wollte,

und hob die Hand, als wäre sie ein Stoppschild.

Page 224: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 224/317

 

»He, tut mit leid, Kumpel. Aber hier ist Ende für dich.«

Larry verdrehte die Augen. »Was ist denn jetzt wieder?«

»Na, du«, sagte Dick. »Du kannst so nicht zum Pool.«

»Wie? So?« Irgendwie hatte Larry das sonderbare Gefühl, daßer dieselbe Szene vor einiger Zeit schon mal erlebt hatte. Abernatürlich konnte er sich da auch irren.

»Na, so eben«, präzisierte Dick. »Du weißt schon, Kumpel.Mit ’nem Koffer.«

Larry runzelte die Stirn. »Ach, wirklich? Und warum nicht?«

»Befehl vom Purser«, erklärte er. »Du könntest dich ja da drinheimlich wieder anziehen, oder so was.«

Larry seufzte – wieder einmal. »Okay, in Ordnung. Kann ichihn dann hierlassen? Paßt du für mich drauf auf?«

»Kumpel, seh’ ich vielleicht aus wie ein Gepäckschalter?«Schließlich gab Dick sich einen Ruck. »Ach was, weil du es bist.

Klar, laß ihn hier… Willst du wieder deinen kleinen Freund?«»Schätze schon«, sagte Larry und schlüpfte bereits aus seiner

 Jacke. »Ich hab’ mich irgendwie schon dran gewöhnt.«

Dick grinste hämisch. »Na, solange es keine Sucht wird…«

Zwei Minuten später marschierte Larry in seinem Elefan-tendreß über das Nudistendeck zu Drews Liege. Alles war ge-nau wie gestern. Sie lag völlig nackt da, den Laptop auf demSchoß. Ihr knackiger junger Körper glänzte vor Sonnencreme.Neben ihr auf dem Tischchen stand eine Riesenerektion. DasGlas war bereits ausgeleert.

»Hallo, Drew! Büffelst du gerade schwer?«

Page 225: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 225/317

Page 226: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 226/317

 

der Zunge ihren göttlichen Hintern anzugaffen. Sie drehte sichhalb zu ihm um, strich sich provozierend das Haar aus demGesicht und schenkte ihm ein Lächeln, das einen Mann mit

mehr Grips als Larry glatt um den Verstand gebracht hätte.»Na los, Larry!« sagte sie auffordernd. »Wo bleibst du denn?

Ich dachte, wir wollten in deine Kabine, um es uns ein bißchengemütlich zu machen. Komm schon!«

Er warf noch einen letzten, sehnsüchtigen Blick auf ihreHeckansicht und folgte ihr dann in einem seelischen Zustand,

der irgendwo zwischen Apathie, Trance und Läufigkeit lag. Mitden Gedanken war er bereits bei all den schönen Dingen, dieDrew und er anstellen würden, sobald sie unten in seiner Kabi-ne waren. Plötzlich machten ihm nicht mal mehr die hämischenRufe einer Gruppe bodygebuildeter Fitneßhengste in G-String-Badehosen etwas aus, die sich spöttisch über den guten altenDumbo ausließen. Denn angesichts der Wunder, die auf Larry

warteten, wäre selbst eine weltweite nukleare Katastrophe ihmin diesem Moment kaum mehr als ein teilnahmsloses Schulter-zucken wert gewesen. Man mußte eben Prioritäten setzen.

Fünf Minuten und zahlreiche gaffende Blicke anderer männli-cher Passagiere später, die nicht begreifen konnten, wie sich

eine Frau wie Drew Barringmore mit einem Mann wie LarryLaffer abgeben konnte, erreichten sie schließlich seine Spezial-suite. Sie gingen die Treppe hinunter und blieben neben demArmeebett stehen.

»So, da wären wir, Drew«, sagte Larry und fand wieder ein-mal die richtigen Worte für das Offensichtliche. »Rein einrich-

Page 227: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 227/317

 

tungsmäßig vielleicht nicht gerade der letzte Schrei, aber dafürziemlich geräumig.«

»Okay, Larry«, sagte Drew, die sich in der Umkleidekabine

ein knappes T-Shirt mit dem Logo der Universität von Kalifor-nien und einen knappen weißen Slip übergestreift hatte, um beides jetzt schon wieder auszuziehen. Larry wähnte sich be-reits im siebten Himmel und wollte es ihr gerade gleichtun, a- ber dann sagte sie: »Gib mir nur eine Minute, okay? Ich springerasch unter die Dusche und wasche mir die Sonnencreme ab…«

Und bevor Larry auch nur den Versuch unternehmen konnte,sie gewaltsam daran zu hindern, war Drew bereits an ihm vor- bei und unter der Dusche. Eine Sekunde lang war es ihm nochvergönnt, ihren wunderbaren nackten Körper durch den Plas-tikvorhang zu betrachten. Dann stellte sie das heiße Wasser an,und sofort wallten Wogen weißen Dampfs um sie herum auf.Innerhalb von zwei Sekunden war sie nur noch ein vager

Schemen inmitten der wabernden Wasserdampfwolken.Grummelnd ließ Larry sich auf das Feldbett sinken, betrachte-

te die duschende Drew und murmelte: »Oh, Junge. Wasser-dampf ist im Moment nicht das einzige, was aufsteigt…«

Ungeduldig hockte er da und wartete darauf, daß Drew ausder Dusche kam.

Und wartete.Und wartete.

Nach zehn Minuten ließ er einen Stoßseufzer vernehmen, deraus Regionen südlich des Nabels kam, und rief: »He, Drew,kommst du bald raus?«

Page 228: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 228/317

 

»Noch eine Minute! Ich muß erst diese Sonnenlotion abbe-kommen. Dieses Zeugs ist wasserfest, weißt du? Aber ich hab’sgleich geschafft…«

»Hoffentlich«, murmelte er.Und wartete weiter.

Irgendwann später – der Minutenzeiger seiner Armbanduhrhatte sich inzwischen ein ganzes Stück weiterbewegt – duschteDrew noch immer mit unvermindertem Elan, so daß er sichgezwungen sah, einen weiteren Anlauf zu unternehmen, um sie

aus der warmen Dusche ins ebenso warme Bett zu kriegen.»Hey, Drew, ist die Lotion nicht langsam runter?«

»Ja, vielleicht. Aber ich will sichergehen. Ich komme raus, so- bald ich blitzsauber bin. Nur noch einen Augenblick, Larry.Dann können wir in aller Ruhe rumfokkern.«

Trotz seiner nervlichen Anspannung konnte er sich ein schie-

fes Grinsen nicht verkneifen. »Verdammt, ja«, murmelte er lüs-tern. »Und wie wir rumfokkern werden…«

Diese angenehme Aussicht beschwichtigte ihn ein wenig,doch nach weiteren zwanzig Minuten strebte seine Geduldlangsam dem Nullpunkt entgegen. Er erhob sich, ging hinüberzu der Dusche, die in puncto Design und handwerklicher Ver-arbeitung exakt den traditionellen Richtlinien der Meister-handwerker von Obihati entsprach, deren Leitgedanke lautete,daß Dinge nur so lange funktionieren mußten, bis die Garantieabgelaufen war (im Fall der Dusche leider noch nicht), betrach-tete Drews nebulösen Körper inmitten der Wasserdampf-schwaden und versuchte es mit einer anderen Taktik, die viel-leicht erfolgreicher war.

Page 229: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 229/317

 

»Hör mal, Drew, du mußt doch einsam sein da drinnen, soganz allein unter der großen Dusche. Willst du nicht ein biß-chen Gesellschaft? Ich könnte dir den Rücken schrubben.«

Drew lachte. »Danke für das Angebot, Larry. Aber seit ichYoga mache, kann ich das allein.«

»Na, dann…«

Seufzend watschelte Larry zum Feldbett zurück und nahmerneut Platz. Allmählich gelangte er zu der Einsicht, daß sichDrews Duschorgie möglicherweise noch eine Weile hinziehen

konnte, und ein Blick auf seine Uhr sagte ihm, daß es nun nichtmehr lange bis zu seinem Date in der Ammbumsen-Suite war.Wenn Drew also nicht bald fertig war, würde ihm heute abendein ganzes Kapitel seiner später noch zu schreibenden Autobio-graphie durch die Lappen gehen, und das konnte er unmöglichzulassen. Dafür boten sich ihm solche Gelegenheiten einfach zuselten.

Aber was sollte er machen?

Ließ er Drew in Ruhe walten, würde sie morgen früh nochunter der Dusche stehen und sich mit jeder Minute mehr undmehr in eine verschrumpelte rosa Rosine verwandeln. Anderer-seits war er aber ebensowenig gewillt, auf tiefschürfende Dis-kussionen über Anton Fokker zu verzichten. Dafür hatte er zu-

viel in die Sache investiert. Außerdem hatte er Drew bereits inseiner Kabine. Und nackt war sie auch schon. Er hatte sie bei-nahe soweit. Und wenn er sie jetzt noch irgendwie unter dieserverdammten Dusche wegbekam…

Während das Wasser weiter prasselte, überlegte er fieberhaft,wie er Drew dazu bringen sollte, ihren Platz unter dem warmen

Wasserstrahl aufzugeben. Zuerst ließ ihn sein Einfallsreichtum

Page 230: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 230/317

 

sträflich im Stich, doch dann fiel sein Blick zufällig auf die de-fekte Toilette. Auf einen freien Wasserstutzen an einem dergroßen Tanks, mit denen seine Kabine ausstaffiert war, und auf

einmal wußte er, was er zu tun hatte.Während Drew sich weiter den Freuden des warmen Wassers

hingab, schlich Larry die Treppe hinauf und öffnete draußenauf dem Korridor den Wasserschlauchkasten. Auf dem Kastenstand zwar, daß man den Schlauch nur im Notfall benutzensollte, aber für Larry war das hier ein absoluter Notfall, deshalbschnappte er sich den zusammengerollten Schlauch, schleppteihn runter in seine Kabine und schloß ein Ende an dem Wasser-stutzen am Tank an. Er versenkte das andere Ende im offenenSpülkasten der Feldtoilette und rieb sich zufrieden die Hände.

»So«, murmelte er. »Jetzt hat die Toilette wieder jede MengeWasser…«

Er wartete noch eine Minute, ob Drew womöglich freiwillig

aus der Dusche käme, doch als sie es nicht tat, griff er nach derToilettenspülung, um den Hebel kurz entschlossen und mit ei-ner gewissen Schadenfreude herunterzudrücken.

So, dachte er. Das müßte sie da eigentlich rauskriegen… 

Kaum hatte er die Spülung betätigt, schob sich aus dem Tankeine gewaltige Wasserblase, fast so groß wie ein Kleinwagen,

durch den Feuerwehrschlauch auf die Toilette zu. Larry tratsicherheitshalber einen Schritt zurück und beobachtete, wie dieBlase den Spülkasten erreichte, um schließlich blubbernd darinzu verschwinden. Dann erfüllte auf einmal ein dumpfes Grol-len und Poltern den Raum, als die Wasserleitungen an der De-cke lautstark zu wackeln begannen, gefolgt von Drews wildem

Schrei. Das warme Duschwasser verwandelte sich aufgrund

Page 231: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 231/317

 

des Staus in der Leitung ohne Warnung in Eiswasser. Mit ei-nem olympiareifen Satz sprang die junge Frau, laut kreischendvor kaltem Entsetzen, unter der Dusche hervor. Ein Blick auf

den Wasserschlauch genügte, und sie begriff, wer für diesenüblen, heimtückischen Anschlag verantwortlich war.

Larry grinste. »Na, da bist du ja…«

»Du elender Bastard!« schrie Drew wütend. Sie schnapptesich ihre Klamotten vom Boden und hielt sie schützend vor ih-ren nackten, tropfenden Leib. »Das war’s! Ich bleibe keine Se-

kunde länger bei einem Kerl, der so rücksichtslos ist wie du! Ichwill mit dir nichts mehr zu tun haben! Und zum Pool brauchstdu gar nicht erst wieder zu kommen!«

Damit rannte sie die Treppe hinauf und knallte die Tür so lauthinter sich zu, daß das ganze Schiff erbebte.

Larry sah ihr nach und seufzte müde. Sein Grinsen verflüch-tigte sich bemerkenswert schnell. Resigniert, mit hängendenSchultern, trottete er zur Dusche hinüber, drehte das Wasser ab,wobei er sich den Anzug von oben bis unten vollspritzte, undfragte sich matt, warum zum Henker er so kurz vor dem Zielimmer in den Sack hauen mußte – bildlich gesprochen. Erst hat-te ihn Dewmi Moore abserviert, und jetzt war ihm Drew sozu-sagen vom silbernen Tablett gesprungen. Alles, was ihm von

ihr noch blieb, war eine gelbgrüne Schimmelschicht, die sichwährend des Duschens am Boden der Kabine gebildet hatte.Eine verflucht klägliche Ausbeute für all die Mühe, die er aufsich genommen hatte, um Drew dorthin zu kriegen, wohin ersie nicht gekriegt hatte.

Doch noch war nicht aller Tage Abend. Noch hatte er seine

Verabredung mit Annette Ammbumsen, und wenn die fesche

Page 232: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 232/317

 

Dame in Schwarz hielt, was sie ihm am Morgen versprochenhatte, würde das zweifellos helfen, seine Enttäuschung überDrews Flucht zu überwinden.

Page 233: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 233/317

 

14.

Annette Ammbumsen

Es war halb neun Uhr, als Larry die Ammbumsen-Suite aufdem Promenadendeck des Luxusliners erreichte. Inzwischenhatte er sich seines nassen Anzugs entledigt, ihn zum Trocknenüber das Bett gelegt und sich mit einem identischen weißen Po-

lyesterdreß nebst blauem Hemd und Goldkette bekleidet. Be-schwingten Schritts schienderte er den dicken, vornehmen Per-serteppich entlang, der über den Gang zur Tür der Suite führte.Links und rechts ragten symbolisch Statuen von schwuchteli-gen Kerlen in engen, genitalverstärkenden Balletthöschen, mitnacktem Oberkörper und Zylinder auf, die langbeinige blondeDienstmädchen in die Lüfte hievten. Kronleuchter, die dekora-

tionstechnisch etwa dasselbe aussagten wie ein paar HandvollHundert-Dollar-Scheine, die man draußen an seine Tür klebt, baumelten von der Decke herab. An Barschaft schien es denAmmbumsens jedenfalls nicht zu mangeln.

Er blieb vor der großen Doppelglastür stehen, hinter der daseigentliche Portal der Suite lag – aus rostfreiem Stahl, einen

halben Meter dick und mit einem Dutzend Schlössern, Riegelnund Ketten versehen. Rechter Hand an der Wand befand sicheine Klingel, über der auf einem geschmackvollen original gol-denen Schild der Name AMMBUMSEN stand.

Larry wollte gerade nach der Klingel langen, als ihm auffiel,daß die Glastür einen Spaltbreit offenstand.

Er grinste.

Page 234: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 234/317

 

Anscheinend hatte Annette die Türen offengelassen, damit ersich selbst Zutritt zu ihren heiligen Hallen verschaffte.

Larry war von Haus nicht der Typ Mann, der sich ein solches

Angebot entgehen ließ. Er drückte die Glastür auf und schlüpf-te durch den Spalt. Die riesige Tresortür war ebenfalls unver-schlossen, so daß er sich einen Moment später in der Suite derAmmbumsens wiederfand. Allerdings hatte Annette es ver-säumt, das Licht anzulassen, so daß im Innern der Nobelkabineein Halbdunkel herrschte, das mehr verbarg, als es enthüllte.

Dennoch schaffte Larry es irgendwie, einen breiten Korridorentlangzuwandern, ohne das halbe Schiff auf sich aufmerksamzu machen. Er gelangte schließlich in ein großes Schlafzimmer,das vom Licht des Vollmonds, der bleich und hell und rundwie das Gesicht von Bob Hope am Nachthimmel stand,schwach erhellt wurde. Er konnte die Umrisse eines riesigenBettes ausmachen, umgeben von zahlreichen sonderbaren Ap-

paraturen, die er in dem Zwielicht aber nicht eindeutig zuzu-ordnen wußte. Unter der Steppdecke zeichnete sich der Umrißeines Körpers ab, der sich regelmäßig hob und senkte. Im gan-zen Raum roch es schwach nach Gardenien, mit einem SpritzerRosenwasser und einem Hauch von Intrige.

Eindeutig Lancôme – oder Lanvin?

 Jedenfalls Annettes Parfüm.Larry blieb neben dem Bett stehen und betrachtete einen Mo-

ment lang den atmenden Hügel unter der Decke. Er lächelte.Offenbar konnte Annette es kaum erwarten, ihn »einzuweisen«,wie sie es genannt hatte.

So rasch wie möglich entledigte er sich seiner Klamotten, warf

 Jacke, Hemd und Hose achtlos auf den Boden, schlug die Decke

Page 235: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 235/317

Page 236: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 236/317

 

»Larry, was tust du da?« fragte Annette, ebenso verwirrt.

Das wußte er auf einmal selbst nicht mehr so genau. Eigent-lich hatte er angenommen, daß er Sex mit ihr machte, aber

wenn sie da jetzt in der Tür stand, mußte er sich geirrt haben.Was die bange Frage aufwarf: Mit wem lag er dann im Bett? 

Mit einem sonderbaren Gefühl in der Magengrube schlug erdie Steppdecke beiseite – und stieß ein überraschtes Keuchenaus, als er erkannte, daß es der alte Greis aus dem Rollstuhlwar, der neben ihm im Bett ruhte und sich nicht rührte. Er war

nackt bis auf eine gelbe Schlafmütze mit roten Punkten. SeineAugen waren geschlossen. Neben ihm lagen prall gefüllteGeldsäcke, Bündel mit Geldscheinen und diverse Plastikbeutel,die, dem Inhalt nach zu urteilen, nichts waren, womit man sichan dieser Stelle näher befassen sollte. Auf dem hageren Gesichtdes alten Mannes lag ein seltsamer Ausdruck von Glückselig-keit und Befriedigung, als ob er tief und fest schlief und einen

schönen Traum hatte. Vielleicht irgendwas mit Pferden.Larry war mit einem Satz aus dem Bett. Sein Blick schwankte

zwischen Annette und dem Alten hin und her, bei dem es sichwohl um ihren Vater handelte, Aristoteles Ammbumsen. »Waszum Teufel…«

Annette Ammbumsen bedachte ihn mit einem vorwurfsvollen

Blick. »Larry, was hast du dir nur dabei gedacht?«Er kratzte sich verlegen an der Brust. »Also, ich, äh… Ich

dachte, du wärst…«

»… ruhig im Bett nebenan«, brachte sie den Satz für ihn zuEnde. Ihr Gesicht verfinsterte sich zunehmend, während sie ihneindringlich musterte. »Langsam wird mir alles klar…« Ein

Page 237: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 237/317

 

Herzschlag. Keine Beweise. Sehr sauber. Aber jetzt habe ich denSchwarzen Peter! 

»Hey«, sagte er leise, um den offenbar schlafenden Greis nicht

zu wecken. »Vielleicht sollten wir lieber rüber in dein Zimmergehen und dem alten Herrn seinen Schönheitsschlaf lassen.«

Sie winkte ab. »Oh, ich glaube, du willst genau hier sein.«

O nein! dachte Larry entgeistert. Sie glaubt, ich sei… vom anderenUfer! 

»Nein, äh, also, so ist das überhaupt nicht!« stammelte er.

»Hör endlich auf, hier den Blödmann zu spielen, Kumpel!«fuhr Annette ihn mit unerwarteter Heftigkeit an. »Du hast dasdoch die ganze Zeit geplant!«

»Annette«, sagte Larry matt, »du denkst doch nicht etwa…«

… ich sei vom anderen Ufer… 

»O doch. Genau das denke ich.« Du kaltblütiger Bastard! Ich

schätze, wir müssen es auf deine Weise spielen… Ihr Blick fiel auf seine Klamotten, die neben dem Bett auf dem

Boden lagen.

»Laß uns erst mal den Kram hier loswerden…«

Sie hob seinen Anzug auf, öffnete das Schiebefenster und warfihn hinaus. Der Wind trug den Polyesteranzug aufs Meer hin-

aus und weiter in Richtung Japan.»Hey!« rief Larry. »Meine Klamotten!«

»Willst du vielleicht, daß Beweismaterial rumliegt?« schnauz-te sie. Ihre Augen funkelten wütend. Dann nahm sie sich zu-sammen und sagte langsam, ruhiger: »In Ordnung, Larry. Ichglaube, du gehst jetzt besser, bevor du mir noch mehr hilfst…«

Er wollte widersprechen. »Aber…«

Page 238: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 238/317

 

»Verschwinde!« zischte Annette wütend, und irgendwas ander Art, wie sie das tat, sagte Larry, daß es unter Umständen besser war, ihrer freundlichen Bitte nachzukommen. Seufzend

hielt er die Stoffwindel vor sein bestes Stück und verließ dieAmmbumsen-Suite, um sich weitestgehend unbekleidet aufden Weg zurück zu seiner Kabine zu machen.

Bis er unten auf dem Flur war, an dem seine »Spezialsuite«lag, ging alles gut. Dann jedoch kam ihm zehn Meter vor seinerTür eine junge Mutter mit ihrem Kind entgegen. Das Mädchen– blond, mit langen Zöpfen, adrette Zahnlücke – deutete mitden Finger auf ihn und fragte ihre Mutter unschuldig: »Du,Mama, warum hat denn der lustige Onkel da eine Windel an?«

»Ich weiß nicht, Kind«, sagte die junge Mutter und musterteLarry argwöhnisch. »Vielleicht hat er ein Blasenproblem.«

Larry feixte verlegen.

Die Frau faßte das Kind bei der Hand und zog es eilig weiter.Einen Augenblick später verschwanden Mutter und Tochterum die Ecke.

Seufzend schloß Larry seine Kabinentür auf.

Heute ging wirklich alles schief.

Das Leben war manchmal ja so beschissen…

Page 239: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 239/317

 

15.

Segeltörn

Nach den herben Enttäuschungen mit Drew und Annette, vondenen Larry sich mehr versprochen hatte, als sie hielten, befander, daß es allmählich Zeit wurde, sich mal wieder um ThyghsLiebhaberpreis zu kümmern. Wenigstens ein Erfolgserlebnis

wollte er an diesem Abend noch auskosten dürfen. Allerdingsging seine Enttäuschung über Drew und Annette nicht so weit,daß er beschlossen hätte, die Damenwelt der P. M. S. Bouncyvollständig unbehelligt zu lassen. Vielmehr verfiel er auf die brillante Idee, das Nützliche mit dem Angenehmen zu verbin-den, und beschloß, sich darum zu kümmern, daß Jamie Lee Co-itus ihr kreatives Tief überwand, in der Hoffnung, daß sie sich

anschließend auf eine Weise erkenntlich zeigte, die Larry mehrzusagte als eine Karte für ihre Modenschau.

Er fand, daß sein Anzug eigentlich das Nonplusultra an Frei-zeitkleidung war und gut als Muster für Jamie Lees Entwürfedienen konnte. Der Plastikanzug war locker, aber elegant.Weiß, aber nicht zu glänzend. Leicht, aber lange haltbar.

Kunstvoll künstlich und knitterfrei. Etwas Besseres gab esschlichtweg nicht!

Allerdings hatte die Sache einen kleinen Haken, wie Larry beinäherem Grübeln feststellen mußte. Immerhin befanden sie sich ja auf hoher See, irgendwo auf dem Pazifik, Hunderte Meilenfern der Heimat oder zumindest vom nächsten Stoffgeschäft.

Page 240: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 240/317

Page 241: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 241/317

Page 242: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 242/317

 

wurde ihm klar, daß die Dinge im Endeffekt nie leichter waren,als er annahm. Selbst wenn die Segel aus Polyester bestanden,nützte ihm das herzlich wenig, falls er nicht an das Zeugs he-

rankam, um sich ein paar Quadratmeter abzuschneiden. Dazuhätten die Segel gehißt sein müssen. Und das waren sie nicht.

Larry grunzte mißmutig.

Warum mußten die Dinge nur immer so…

Ihm fielen plötzlich einige Kabel auf, die von unten an demMast emporliefen und ein Stück über seinem Kopf in einer e-

lektrischen Winde verschwanden, mit der die Segel maschinellgehißt wurden.

Nachdenklich legte er die Stirn in Falten.

Ob es ihm irgendwie gelingen könnte, das Segel selbst zu his-sen?

Mit diesem Gedanken im Hinterkopf verließ er seinen Platz

am Mast – auch wenn man von hier aus einen guten Blick aufden Poolbereich hatte – und kletterte an Deck hinunter, die Ka- bel immer im Auge. Unten angelangt, stellte er fest, daß die Lei-tungen in einer Art Schaltkasten verschwanden, der auf deranderen Seite mit einem Lautsprecher verbunden war. Viel-leicht befand sich in dem Kasten irgendein Relais oder Schalter,mit dem sich die Segel hissen ließen?

Da »vielleicht« für ihn seit jeher gleichbedeutend mit »aber si-cher« war – auf diese Weise schaffte er es, immer neue Versu-che bei der Eroberung der Damenwelt zu starten –, ging er vordem Kasten in die Knie, zog sein Allzweckmesser aus der Ta-sche, klappte den Schraubendreher raus und löste die Verdeck-platte. Er stellte sie neben sich an die Wand und nahm neugie-

rig das Innenleben des Schaltkastens in Augenschein.

Page 243: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 243/317

 

In dem Kasten befanden sich zwei Sicherungen. Während dieobere Sicherung der Markierung nach zu den Motoren gehörte,die die Segel ein- und ausrollten, wurde die untere für die

Durchsagelautsprecheranlage benötigt. Schalter gab es zwarnicht, aber als technisch versierter Laie wußte er natürlich, daßes möglich war, die Segelmotoren kurzzuschließen. Wenn ernur irgend etwas gehabt hätte, womit er die Kontaktpunkte der beiden Sicherungen miteinander verbinden konnte…

Larry sah sich suchend nach etwas um, das sich zur Not alsÜberbrückungskabel verwenden ließ, doch abgesehen von einpaar dekorativen Klecksen Möwendreck und einem Dutzendleerer Champagnergläser, die zusammen mit einem Geschwa-der ersoffener Fliegen in einem Kübel mit geschmolzenem Eis-wasser schwammen, gab es auf dem Deck nichts Brauchbares.Also fuhr er mit dem Aufzug in den Supermarkt hinunter,suchte die Haushaltswarenecke auf und fand schließlich, was er

 brauchte. Mit dem Überbrückungskabel in der Hand schritt erzur Kasse.

Clovis, die Kassiererin, musterte Larry, dann das Kabel unddann wieder Larry. Das hatte sie wirklich gut drauf. Als ihrBlick schließlich auf ihm ruhte, sagte sie angeekelt und abge-stoßen gleichermaßen: »Mein Gott. Was sind Sie nur für ein

kranker Mensch…«

Kurz darauf war Larry den Fängen der Kassiererin, die sicheinfach nicht von der Idee abbringen ließ, einen hoffnungslosPerversen vor sich zu haben, glücklich entronnen und kehrtemit dem Überbrückungsdraht zu dem Schaltkasten zurück.Schnell entfernte er die Plastikverpackung von dem Kabel. Er

Page 244: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 244/317

 

 brachte die eine Krokodilklemme am Pluskontakt der Motor-und die andere am Minuspol der Lautsprechersicherung an.Dann stieg er erneut die Segelaufbauten hoch, um zu sehen,

daß seine kleine Verkabelungsaktion den gewünschten Erfolggezeigt hatte.

Hatte sie nicht.

Als Larry zwei Minuten später keuchend und schwitzend o- ben bei den Quermasten anlangte, waren die Segel so eingerolltwie zuvor, und es sah nicht danach aus, als würde sich an die-

sem Zustand in nächster Zeit irgendwas ändern. Vermutlichhatte er keine andere Wahl, als darauf zu warten, daß die Tur- bine des Schiffes ausfiel und man deshalb auf die Segel zurück-greifen mußte, um vorwärtszukommen. Obwohl, wenn er nä-her darüber nachdachte, war es unter Umständen möglich, denSchiffsmotor ein bißchen zu sabotieren. So schwer konnte dasdoch nicht sein. Die Terroristen, die sich bemühten, die Zivilisa-

tion in die Steinzeit zurückzubomben, machten das schließlich jeden Tag.

Eine Lautsprecherdurchsage vereitelte seine Pläne. Als derSprecher die Passagiere darüber informierte, daß in einer hal- ben Stunde in der Lounge »Zum kleinen stolzen Seemann« BillClinton mit seiner Comedyshow auftrat, rollte sich das Segel

vollständig aus. Unverhofft hatte Larry Polyestertuch in Hülleund Fülle vor sich.

Er gluckste verblüfft, wenngleich zufrieden.

Offenbar hatte er durch die Verkabelung der beiden Siche-rungen am Schaltkasten bewirkt, daß die Motoren der Segelimmer dann aktiviert wurden, wenn über die Lautsprecher eine

Page 245: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 245/317

 

Durchsage kam. So hatte er sich das zwar nicht unbedingt vor-gestellt, aber wenn es funktionierte…

Einem geklauten Gaul schaute man nicht ins Maul!

Während ein leichter Nordostwind die Segel blähte, zog Larrysein Messer hervor, klappte die Klinge heraus und machte sichdaran, aus dem Polyestertuch ein solides, mehrere Quadratme-ter großes Stück herauszuschneiden. Er hatte seine Arbeit gera-de beendet und sich das halbe Segel des Luxusliners zusam-mengerollt unter den Arm geklemmt, als das Schicksal seinen

Lauf nahm.» Achtung, bitte, eine Durchsage!« erscholl es plötzlich aus denLautsprechern, während sich die Motorenwinde der Segel miteinem elektrischen Summen in Bewegung setzte. »Vergeßt nicht,Leute, heute nacht wartet wie immer unser beliebtes Mitternachtsbü- fett ›Gebogene Planke‹ auf euch, bis drei Uhr morgens im Restaurant.Ein paar Stunden später können Sie uns dann auf dem Pupsdeck bei

unserem Sonnenaufgangsfrühstück Gesellschaft leisten. Und natür-lich um zehn Uhr der Brunch im Speisesaal, das Mittagessen am Poolund der Vier-Uhr-Tee in der unteren Lobby. All das natürlich zusätz-lich zu unseren normalen drei Hauptmahlzeiten. Also, nicht verges-sen: Essen, essen, e…«

Den Rest der Durchsage verstand Larry nicht mehr, weil sich

das selbsttätig aufrollende Segel zu diesem Zeitpunkt bereits sofest um seinen Körper geschlungen hatte, daß er kaum nochLuft bekam. Auf einmal war um ihn herum nur noch Polyester-stoff. Er zappelte herum und versuchte, sich aus dem Segel zu befreien, doch er schaffte es nicht. Der Stoff war zu stramm ge-spannt.

Page 246: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 246/317

 

»O Mann«, seufzte er. »Hoffentlich macht er rasch eine neueDurchsage, damit ich hier wieder rauskomme…«

»Und das war die letzte Durchsage für heute«, tönte es aus den

Lautsprechern. »Gute Nacht. Und träumen Sie schön…«

Larry verbrachte eine unruhige und vergleichsweise unbeque-me Nacht in dem eingerollten Rahsegel. Zuerst hatte er wieder-holt versucht, sich aus seiner zwanghaften Isolation zu befreien,doch da er kaum einen Finger rühren konnte, geschweige denn

ein anderes Glied, blieb ihm nichts anderes übrig, als sich not-gedrungen in sein Schicksal zu fügen und das Beste aus derunerfreulichen Situation zu machen, in der er sich befand. Alsomachte er irgendwann weit nach Mitternacht die Augen zu undversuchte, ein wenig zu schlafen. Doch kurz bevor er in diesehnlich ausgestreckten Arme irgendwelcher Karibikbräute inknappen Baströckchen hinübergleiten konnte, machte es sich

eine Gruppe Möwen auf dem Segel bequem. Krächzend mar-schierten die Vögel auf ihm herum und pickten immer wiederschmerzhaft mit ihren langen, harten Schnäbeln nach ihm, weilsie sich durch sein Schnarchen offenkundig – und verständli-cherweise – gestört fühlten, so daß Larry letztlich nichts ande-res übrigblieb, als wach zu bleiben, um weitere Schnabelhiebe

seitens der Möwen abzuwenden. Erst gegen Morgen gewanndie Müdigkeit die Oberhand, und er schlief erschöpft ein – nurum einen Moment später von einer Lautsprecherdurchsagegeweckt zu werden, die donnernd über das Deck schallte.

»Guuuuteeeen Morgen, meine kleinen Kreuzfahrer!«  brüllte derAnsager gut gelaunt ins Mikrofon. »Der Morgen ist da! Ich hoffe,

Page 247: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 247/317

 

Sie hatten eine angenehme Nachtruhe und sind bereit, dem neuen Tag frisch und ausgeruht zu begegnen!« 

Larry hörte die Ansage.

Hörte, wie die Segelmotoren ruckend anliefen.Spürte, wie das Segel auf einmal in Bewegung geriet.

Und murmelte benommen: »Oh, oh…«

Nur eine Sekunde später gab ihn das aufrollende Segel freiund verschaffte ihm einen kostenlosen Dreißig-Meter-Bungeesprung, wenn auch ohne Gummiseil am Bein. Schrei-

end, wild mit den Armen rudernd, stürzte Larry in die Tiefe.Rasend schnell kam der Boden näher, kalt und hart. Er sah sich bereits plattgedrückt und mit gebrochenem Genick auf demDeck liegen, doch im sprichwörtlichen letzten Augenblick ver-ließ ein unglaublich dicker Matrose die Brücke der P. M. S.Bouncy und dämpfte Larrys Aufschlag durch seine Körperfülle

 beträchtlich. Dafür fing er sich eine Schelle ein, die seine Glo-cken bimmeln ließ. Doch in Anbetracht der wenig erfreulichenAlternative waren ein paar Jahre Kopfschmerzen letztlich ver-mutlich das kleinere Übel…

Nach einem Abstecher auf die Krankenstation, wo er sich vomBordarzt eine Familienpackung Aspirin besorgt hatte, und ei-nem üppigen Frühstück zur Stärkung der leibeigenen Regene-rationsfähigkeit für Schläge, die man von wütenden Matroseneinstecken mußte, fühlte sich Larry wieder so weit wiederher-gestellt, daß er sich den angenehmeren Dingen des Lebenswidmen konnte – wie beispielsweise, Jamie Lee die freudigeKunde zu überbringen, daß er unter Einsatz von Leib und Seele

Page 248: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 248/317

 

Polyesterstoff für sie organisiert hätte und er einem kleinenDankeschön dafür nicht eben abgeneigt wäre.

Den Polyester unter dem Arm, hoffend, daß niemand auf die

Idee verfallen würde, ihn zu fragen, woher er den Stoff hatteund ob er zufällig wüßte, was mit den Segeln passiert war, be-gab er sich zu Kapitän Queegs Ballsaal. Kapitän Queeg warzwar nicht da, aber dafür saß Jamie Lee Coitus schon wieder –oder immer noch? – an dem Zeichenbrett, während das Meerder zusammengeknüllten Entwürfe um sie herum immer grö-ßer wurde. Sie sah aus, als hätte sie in der Nacht ebensoweniggeschlafen wie er. Nervös spielten ihre Finger mit einem Filz-stift.

»Hi, Jamie Lee«, sagte er fröhlich. »Da bin ich wieder!«

»Oh, bonjour, Larry.« Müde, frustriert.

»Irgendwas passiert, während ich weg war?«

Sie seufzte. »Unglücklischerweise nischt…«»Jamie, Engel, lassen Sie den Kopf nicht hängen«, munterte ersie auf. »Dazu besteht überhaupt kein Grund, denn die LösungIhrer Probleme liegt direkt vor Ihren Augen!«

Sie sah ihn irritiert an. »Vous?«

»Na, ich!« sagte er, breitete die Arme aus. »Äh, nicht direkt

ich, aber mein Anzug! Der Plastikanzug! Weiß, aber nicht zuglänzend. Leicht, aber haltbar. Kunstvoll künstlich und knitter-frei! Purer Polyester! Freizeit, die ich meine! Ein absolut klassi-scher Look. Mit Bestnoten im Dauertest. Nach wie vor uner-reicht!«

Im ersten Moment schien sie bloß Quetzalcoatl zu verstehen.Dann breitete sich langsam ein Lächeln über Jamie Lees Gesicht

Page 249: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 249/317

 

aus, wie die Morgendämmerung nach einer stürmischenHerbstnacht. »Ah, oui!« strahlte sie. »Bon! Also, retro ist mo-mentan ja wieder in! Und Mode at schon verrücktere Sachen

gemacht. Außerdem: Ist Mode nischt die Kunst, Leute dasu su bringen, die alten Ideen für neu su halten? Leute das Seug be-gehren su lassen, das sie eben weggeworfen aben? Sacre Bleu,Larree! Das könnte wirklisch inauen! Und Calvin Klone, diesesSackgesischt, sieht dabei steinalt aus!«

Larry grinste. »Sag’ ich doch die ganze Zeit!«

Dann jedoch verdüsterte sich Jamie Lees Gesicht wieder. »Oh,warten Sie… Es ist unmöglisch«, sagte sie betrübt. »Wir sindauf oher See. Die Presse ist schon an Bord. Und ich abe keinenPolyesterstoff. Nicht einen einsigen Fetsen. Isch könnte per Faxordern. Ah, keine Chance. Aber, ich habe meine besten Nähe-rinnen ier… Nein, geht auch nischt, die sind bloß für Last-Minute-Änderungen. Die können nischt in kurser Seit eine gan-

ze Kollection nähen, ohne Stoffe. Vielleicht nächstes Jahr; wennich das nächste Jahr noch erlebe…« Sie seufzte schwer.

Larry hob die Hände. »Moment! So schnell sollten Sie nichtaufgeben, Jamie Lee! Schließlich haben Sie ja immer noch einenTrumpf in der Hinterhand!«

Sie sah ihn irritiert an. »Und welcher soll das sein?«

»Na, ich!« Damit zog er das Segeltuch aus der Tasche undhielt es ihr hin. »Hier, Jamie Lee, frisch eingetroffen aus demMitternachtsstoffgeschäft! Reinster Polyester!«

Plötzlich trat so ein komisches Funkeln in ihre großen blauenAugen. Von einem Moment zum anderen war Jamie Lee pureHektik. Sie sprang auf und machte sich mit flinken Fingern an

Larrys Anzug zu schaffen.

Page 250: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 250/317

 

»Los!« rief sie aufgeregt. »Jetzt aber schnell! Runter mit denKlamotten! Alles!«

Larry half ihr dabei, sich auszuziehen.

»Also gut«, sagte er, als er nur noch seinen Leopardenmuster-tanga trug. »Aber du versprichst mir, daß du mich auch mor-gen früh noch respektieren wirst, nicht wahr?«

Doch offenbar hatte Jamie Lee andere Dinge im Sinn als er.

»Los, beweg deinen Arsch hier raus, Larry!« rief sie und warfden Anzug über ihren Zeichentisch. »Isch abe jetst keine Seit für

Gewäsch! Isch brauche diesen Ansug als Muster für meine Kol-lection!«

»Oh… Aber ich dachte…«

»Und gib mir deine verdammte Unterwäsche!«

Larry verzog das Gesicht. »Was? Wie?«

»Deine Unterhose! Gib sie her!«

Seufzend streifte er den Tanga ab und reichte ihn ihr.

»So, und jetst raus ier!« sagte Jamie Lee, schob ihn zur Tür desBallsaals und hinaus auf den Flur. »Isch abe su arbeiten! Daswir die Kollection meines Lebens…«

Damit knallte die Tür hinter ihr zu.

Larry stand draußen auf dem Gang und starrte die verschlos-sene Doppeltür an. Irgendwie konnte er gar nicht glauben, daßdies alles wirklich passierte. Soviel Pech konnte doch nichteinmal er haben! Warum war Gott nur so ein ungerechterScheißkerl?

Seufzend wandte er sich ab und marschierte den Flur hinun-ter in Richtung Aufzug. Selten zuvor in seinem Leben hatte er

das Gefühl gehabt, so nackt zu sein.

Page 251: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 251/317

Page 252: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 252/317

 

ren. Vielleicht hob es ja ihre Stimmung ein wenig, wenn er ihrdie Police zurückbrachte.

Es war elf Uhr, als er vor der Ammbumsen-Suite auftauchte.

Da die Glastür diesmal verschlossen war, drückte er den Klin-gelknopf und lauschte dem dumpfen Läuten des Big Ben, dasaus dem Inneren zu ihm herausdrang.

Einen Augenblick lang geschah nichts. Dann wurde die Safe-tür langsam aufgeschoben, und Annette trat, erneut komplett inSchwarz und mit großem Hut, hinaus auf den Flur. Sie machte

ganz den Eindruck einer zufriedenen, glücklichen und – vorallem – reichen Frau. Doch offenbar hatte sie irgend jemand an-deren erwartet, denn als sie Larry sah, verdüsterten sich ihreZüge schlagartig.

»Oh. Du bist es«, sagte sie kühl, um dann diplomatisch folgenzu lassen: »Ähm, es ist… schön, dich wiederzusehen.«

Larry nickte. »Finde ich auch…« Er trat unruhig von einemFuß auf den anderen. »Äh, weißt du, ich fragte mich gerade…«Ob es vielleicht einen Weg gibt, dich ins Bett zu kriegen… »Ob wirnicht ein bißchen plaudern könnten?«

»Ich wüßte nicht, worüber wir miteinander reden sollten.«

»Na, weißt du«, begann Larry stockend. »Wegen gesternnacht. Ich wollte bloß…«… dich davon überzeugen, daß ich nichtlesbisch bin – körperlich… 

Annette seufzte. »Siehst du, Larry, du hast getan, was du tunmußtest. Aber ich will nicht mehr darüber sprechen, okay?«

»Aber… Ich… Also, gut.« Ihm war es im Grunde auch lieber,wenn sie das Thema wechselten. Dann konnte er sich zumin-dest nicht verquatschen. Er sah sich unschlüssig auf dem Kor-

ridor um und meinte schließlich, nur um irgend etwas zu sa-

Page 253: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 253/317

 

gen: »Ähm, wie geht’s denn dem alten Herrn? Alles in Ord-nung mit ihm?«

Annette nickte. »Ja. Alles bestens…«

»Ich hoffe, er macht ein schönes Nickerchen.«»O ja. Er hat es sich gemütlich gemacht.« Dann sah sie ihn

durchdringend an und fragte mißtrauisch: »Warum bist duhier, Larry?«

»Na ja, weißt du«, sagte Larry langsam. »Ich habe da etwas,von dem ich glaube, daß es dich interessieren könnte.« Damit

zog er die Versicherungspolice aus der Jackentasche. »Ich glau- be, das gehört dir.«

Annette starrte das Dokument eine Sekunde fassungslos an.Ihr war noch gar nicht aufgefallen, daß sie die Police verlorenhatte. Dann griff sie hastiger danach, als sie wollte, und sagte:»Ach ja! Die gehört tatsächlich mir! Danke, daß du sie mir zu-

rückgebracht hast…« Sie ließ die Police in der Tasche ver-schwinden.

Larry setzte zu einem zweiten Versuch an. »Ähem, ich dachte,also, weißt du, äh«, stotterte er kleinlaut, »für etwas derart Be-sonderes, also, da glaubte ich, da wäre doch vielleicht ein klei-nes Extra-Dankeschön fällig, oder?«

»Ich glaube, ich besitze nichts, was du haben möchtest«, sagteAnnette ausweichend.

»Im Gegenteil!« winkte er ab. »Du hast eine Menge von dem,was ich haben will!«

»Ich wüßte wirklich nicht, was.«

»Was dagegen, daß ich kurz reinkomme?«

Page 254: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 254/317

Page 255: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 255/317

 

mehr, als du verdienst! Und jetzt schieß in den Wind, Amigo!Verschwinde! Ich will dich nicht mehr sehen!«

Mit diesen Worten wandte sie sich um und verschwand wie-

der in der Suite. Die riesige stählerne Safetür fiel hinter ihr miteinem satten Krachen in die Schlösser.

Larry stand da, glotzte verdutzt die Tür an und lüftete seineMandeln. Konnte es sein, daß er da gerade irgend etwas falschinterpretiert hatte? Irritiert betrachtete er das Papier, das Annet-te ihm gegeben hatte.

Es war ein Aktienzertifikat, das dem stolzen Besitzer fünf Mil-lionen und einen Aktienanteil an der Ammbumsen TransportAG, kurz ATG, bescheinigte. Wie aus dem Kleingedrucktenweiter hervorging, gab es von der Gesellschaft insgesamt bloßzehn Millionen Aktien, was bedeutete, daß der Urkundeninha- ber der Boß der Ammbumsen Tranport AG war. Das allein wä-re noch nicht sonderlich beeindruckend gewesen, doch was die

Sache wirklich interessant machte, war der Umstand, daß Lar-rys Name unten auf dem Zertifikat stand.

Er blinzelte verwirrt. »Äh, was? Eine Fünfhundert-Millionen-Dollar-Aktie? Aber ich wollte doch mit ihr ins Bett!« 

 Jetzt ließ es sich beim besten Willen nicht mehr leugnen, daßdiese Kreuzfahrt anders verlief, als Larry es sich erhofft hatte.Nachdem er das vage Gefühl gewonnen hatte, daß er bei An-nette nicht landen konnte und Drew ihn auch nicht mehr sehenwollte – der Himmel mochte wissen, warum –, blieben ihm nurnoch zwei Möglichkeiten, noch mal auf seine Kosten zu kom-men: Jamie Lee Coitus und – Käpt’n Thygh.

Page 256: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 256/317

 

 Jedoch mußte er, um den Kapitän zu entern, erst mal diesendämlichen Wettbewerb gewinnen. Noch hatte er vier Diszipli-nen erfolgreich abzuschließen. Es wurde langsam Zeit, hier Ab-

hilfe zu schaffen.Mit diesem Vorsatz kramte er seine TLP-Punktekarte hervor

und überlegte, wofür er seine Zeit als nächstes verschwendensollte. Da er im Augenblick keine Lust hatte zu kochen und sei-ne Arme nach der Enttäuschung mit Drew letzte Nacht noch zuausgeleiert waren, um bereits Bowlingkugeln über die Bahnenzu schieben, entschied er sich nach reiflicher Überlegung fürdas Hufeisenwerfen. Doch diesmal würde er es nicht so dummanstellen wie bei seinen erfolglosen Versuchen beim Liebes-Meister 2000™ oder dem Bestgekleideten Mann.

Larry suchte erneut den Bordsupermarkt auf – auch wennihm der Gedanke nicht sonderlich gefiel, was Clovis, die Kas-siererin, denken (oder vielmehr: sagen) würde, wenn er ihr die

 batteriebetriebene Partylichterkette inklusive dazugehörigerFernbedienung vorlegen würde, die er zu kaufen beabsichtigte.Doch im Endeffekt siegte seine Gier danach, zu triumphalerSiegesmusik in Kapitän Thyghs Kabine einzuziehen, überSchamgefühl und Menschenverstand.

Allerdings hätte er sich gar keine Gedanken darüber zu ma-

chen brauchen, was die ältliche Kassiererin jetzt wieder denkenwürde, denn statt Clovis saß eine andere Frau an der Kasse. Jung, hübsch, blond. Mit einem weißen Kittel. Auf dem Na-mensschild an ihrer Brusttasche stand MARYLIN.

»Hallo«, sagte Larry, erleichtert, der Katastrophe trotz allemnoch einmal entgangen zu sein, und legte die Lichterkette mitFernbedienung auf das Rollband. »Schöner Tag, nicht?«

Page 257: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 257/317

Page 258: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 258/317

 

Doch dann sagte Larry sich, daß der Sieg nach all diesem Är-ger bloß noch süßer sein würde, und stieg mit der Lichterketteunter dem Arm die Leiter des wackeligen Baugerüsts hoch, das

Bob Bitt, der Bildhauer, benutzt hatte, um hoch oben unter derDecke letzte Korrekturen am Kopf der Venus vorzunehmen, bevor sie Larry zum Opfer gefallen war. Bereits gestern abendwar ihm dieser komische Stahlstab aufgefallen, der wie der Sta-chel einer Biene aus der Decke ragte und vom Pupsdeck direktdurch das Mahagoni-Imitat des Bodens gerammt worden war.Inzwischen hatte er in Erfahrung gebracht, daß dies die untere

Hälfte des Wurfziels war, das man mit den Hufeisen treffenmußte, und wie immer war er schonungslos bereit, dieses Wis-sen skrupellos für seine egoistischen Zwecke einzusetzen. Indieser Hinsicht unterschied er sich nicht im geringsten von sechsMilliarden anderen Menschen auf diesem Planeten.

Oben auf der Plattform angelangt, auf deren brüchiger Planke

noch immer die bitteren Tränen von Bob Bitt trockneten, sahLarry sich nach dem Stahlpin um und entdeckte ihn direkt überseinem Kopf. Feine Risse in der Decke liefen spinnennetzartigvon dem Stift weg und ließen erkennen, daß der Pin tatsächlichdirekt von oben durch das Deck geschlagen worden war.

Kurz entschlossen zog er die Lichterkette aus der Verpa-

ckung, die sich auf eine Distanz von tausend Metern mit derFernbedienung einschalten ließ, und wickelte sie geschickt umden Stahlpin. Der Stift mit den drumgebundenen blauen, rotenund gelben Lämpchen hätte irgendwie weihnachtlich ausgese-hen, wenn er grob baumförmig und grün gewesen wäre undauf dem Boden gestanden hätte. Doch da er mattgrau und spitzwar und zudem in der Decke steckte, wirkte er eher wie ein

mattgrauer, spitzer Stahlstift, der in der Decke steckte.

Page 259: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 259/317

 

Gleichwohl hoffte Larry, daß die gewagte Konstruktion ihrenZweck erfüllen würde. Er war zwar in Physik nie eine beson-ders helle Leuchte gewesen (ebensowenig wie in Chemie, Al-

gebra, Biologie, Englisch, Sport und einem Dutzend andererFächer), aber wenn er sich recht erinnerte, konnte man einStück Metall dadurch magnetisieren, daß man es durch dasDrumwickeln eines elektrischen Leiters in eine Spule verwan-delte. Mit anderen Worten: Er hoffte, daß der Stahlstift, sobalder die Lichterkette einschaltete, zu einem großen Elektromagne-ten wurde und die Hufeisen stark genug anzog, daß er gewann.

Natürlich, der Plan war ziemlich abenteuerlich; aber war dasnicht alles, was Larry tat?

Er kletterte von dem Gerüst herunter und begab sich zügignach oben auf das Deck, wo abgesehen von einem Fieberglas-zentauren mit lila Lockenschopf, der als Kartenlesegerät fun-gierte, kein Mensch zu sehen war, was Larry sehr entgegen-

kam, da so niemand mitbekommen würde, daß – und wie – er betrog.

Larry ging rüber zu dem Zentauren, dessen pferdemäßigesHinterteil besser aussah als mancher Mann von vorne, undsuchte nach dem Schlitz. Zuerst konnte er ihn nicht finden,doch dann entdeckte er ihn unmittelbar unterhalb des hoch

aufragenden, buschigen Schwanzes.»Seltsamer Platz für ein Kartenlesegerät«, murmelte er, zogseine TLP-Punktekarte hervor und schob sie dem Zentauren –im wahrsten Sinne des Wortes – in den Hintern. Dann rüttelteer heftig am Schwanz des Geräts, um die Eingabe zu bestätigen,und baute sich an der Wurflinie auf. Zehn Meter weiter hinten befand sich das Wurfziel, das er mit den Hufeisen treffen muß-

Page 260: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 260/317

 

te, um zu gewinnen, und zwar exakt fünfmal hintereinander.Fehlversuche wurden nicht anerkannt.

Eigentlich ein ziemlich schweres Unterfangen…

Aber nicht für einen Mann wie Larry Laffer!Entschlossen zog er die Fernbedienung aus der Tasche, drück-

te den Knopf, der die Lichterkette einschaltete und den Stahlpinhoffentlich in einen großen Magneten verwandelte, und nahmdie Hufeisen auf, die neben dem Wurfplatz in einem Ständerlagen. Er hatte keine Ahnung, ob es klappen würde, aber er

hoffte es. Denn falls nicht, hatte er diesen Wettbewerb schon sogut wie verloren.

Er wog das erste Hufeisen eine Sekunde lang abschätzend inder Hand. Dann holte er tief Luft, nahm zwei Schritte Anlauf –und schleuderte das Hufeisen in die Richtung des Stahlstifts.Der Pferdeschuh wäre mindestens einen halben Meter an demZiel vorbeigeflogen, hätte das Hufeisen nicht unvermittelt inder Luft einen eleganten Bogen beschrieben, als würde es ir-gendwie von einer unsichtbaren Macht beeinflußt, um haarge-nau das Wurfziel zu treffen. Scheppernd rutschte das Hufeisenan dem Stahlstift hinunter und blieb am Boden liegen, währenddie rote Lampe an der Spitze des Pins flackernd aufleuchteteund verkündete, daß er die erste Runde gewonnen hatte.

Larry klatschte zufrieden in die Hände.Na also! Klappte doch ausgezeichnet!

In rascher Folge schickte er die übrigen vier Hufeisen auf dieReise, und obwohl er nicht mal sonderlich genau zielte, fandensie alle sicher ihr Ziel. Die rote Lampe an der Spitze des Stahl-stifts kam aus dem Blinken gar nicht mehr raus.

Page 261: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 261/317

 

Als schließlich das letzte Hufeisen das Wurfziel getroffen hat-te, ertönte ein schrilles Heulen, und die Ansagerin ließ sich in bester Marktschreiermanier vernehmen: »Gratuliere! Und wie-

der ein Gewinner!«Larry warf sich in die Brust. Ja, dachte er fröhlich. Ich bin ein

Gewinner. Und zudem hatte er außerdem den längst fälligenBeweis dafür erbracht, daß Physikunterricht entgegen der land-läufigen Meinung doch etwas ist, das einen im Leben weiter- bringen kann – vorausgesetzt, man befindet sich irgendwann inder Situation, um jeden Preis beim Hufeisenwerfen gewinnenzu müssen.

Er hatte seine Karte noch nicht aus dem Darmtrakt des Zen-tauren entfernt, als der Ansager über Lautsprecher bereits bordweit die Kunde seines jüngsten Sieges verbreitete.

» Achtung, bitte, eine Durchsage! Larry Laffer hat soeben mit derHöchstpunktzahl von hundert Punkten das Hufeisenwerfen auf dem

Pupsdeck gewonnen, das Teil des TLP-Wettbewerbs ist. Gut gemacht,Larry! Denen hast du’s aber richtig gezeigt!« 

Dem konnte er nur zustimmen.

Doch obgleich sein Selbstbewußtsein durch den Triumphwieder etwas Auftrieb bekam, war er nicht gänzlich zufrieden.Denn irgendwas fehlte noch, um das erhebende Gefühl dieses

Sieges zu vervollständigen. Irgendwas Weibliches, mit langenBeinen, klasse Kurven und einem netten Gesicht.

Eine Frau.

Eine hübsche, junge Frau.

Eine Frau wie Jamie Lee Coitus.

Page 262: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 262/317

 

17.

Haute Couture

Als Larry wenig später bei Kapitän Queegs Ballsaal anlangte,stellte er fest, daß die mit einem riesigen goldenen Anker ver-zierte Doppeltür verschlossen war. Dafür entdeckte er einenhandgeschriebenen Zettel, der mit einer Heftzwecke an das

Holz geheftet war.Er stellte sich auf die Zehenspitzen und las ihn.

LARRY. TRIFF MICH HINTER DER BÜHNE. JAMIE LEE.

Er grinste.

Na, wenn das keine Einladung war…

»In Ordnung«, murmelte er lüstern. »Na endlich!«

Er wandte sich von der Doppeltür ab und ging nach hintenzur Bühnentür. Normalerweise war diese Tür verschlossen, dadie Passagiere hinter der Bühne nichts zu suchen hatten. Dochals er jetzt den Knauf drehte, erkannte er, daß sie offen war.

Erwartungsvoll zog er die Tür auf.

Dahinter gähnte Dunkelheit.

Neugierig trat er über die Schwelle.

»Jamie?« flüsterte er und dämpfte automatisch die Stimmeum ein Dutzend Oktaven. »Jamie Lee?«

Lautlos schwang die Tür hinter ihm zu.

Allumfassende Finsternis umgab ihn.

Page 263: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 263/317

 

Doch davon ließ er sich nicht abschrecken. Obwohl er kaumdie Hand vor den Augen sehen konnte, tastete er sich vorsich-tig vorwärts, die Hände suchend vor sich ausgestreckt.

»Jamie Lee?« rief er erneut. »Jamie? Bist du da?«Plötzlich flammten um ihn herum gleißende Scheinwerfer auf,

und heiße Discorhythmen erschollen aus dem Nichts. Auf ein-mal registrierte Larry, daß er am Anfang des Laufstegs stand,vor einem Saal, der bis zum letzten Platz mit Presseleuten ge-füllt war, und bevor er recht begriff, was er tat, ergriff sein Un-

terbewußtsein – schon immer der entschieden aktivere Part sei-nes Selbst – die Chance, der Welt zu zeigen, was für ein coolerTyp er war.

Lächelnd, mit wiegendem Travolta-Hüftschwung, marschier-te er den hell erleuchteten Laufsteg entlang, wiegte sich im Taktder Musik, federte in den Knien, schnippte lässig mit den Fin-gern, kurz, versuchte, so zu tun, als wäre er ein Mann auf der

Höhe der Mode. Und wundersamerweise schienen ihm dieLeute das abzukaufen plötzlich, denn sie pfiffen und applau-dierten und klatschten voll wilder Begeisterung. Blitzlichterzuckten immer wieder auf. Kameras surrten. Der Saal tobte.

Larry genoß einen Moment das trügerische Gefühl, von allengeliebt und begehrt zu werden, und legte eine richtige Show

hin. Dann, als er das Ende des Laufstegs erreichte, wollte er sichumdrehen, um noch mal zurück zu flanieren, aber plötzlichsprangen vor ihm zwei ältere Frauen mit blau gefärbten Haarenkreischend vor Begeisterung von ihren Stühlen auf, packten ihnam Aufschlag – und rissen ihn unter dem tosenden Applausder Menge vom Steg in die Reihen des Publikums.

»He!« rief er verwirrt. »He…«

Page 264: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 264/317

Page 265: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 265/317

Page 266: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 266/317

 

auf dem ersten Unterdeck auf, wo der Bestgekleidete-Mann-Contest ausgetragen wurde. Er ging dem Herrenmodell in derEcke erneut an die Hose, las seine TLP-Punktekarte ein und

stellte sich wie gehabt auf die riesige 3D-Holographie-Scannerplattform in der Ecke. Wie gehabt tastete das lavendel-farbene Licht ihn von Kopf bis Fuß ab. Wie gehabt summte undratterte es, als die ermittelten Daten an den CyberMode 2000™weitergegeben wurden, damit dieser seinen Modekoeffizientendiagnostizierte, und wie gehabt erschien Larrys eingescanntesAbbild auf dem Monitor der Konsole.

Dann, als das Licht erlosch, stieg Larry von der Plattform her-unter, strich sich das schüttere Haar aus der Stirn und wartetenervös auf die Bewertung seines Äußeren.

Einen Moment später knackte es in den Lautsprechern, unddie Ansagerin verkündete: »Ihre Punktzahl, Larry Laffer: Hun-dert.« Sie verstummte. Dann, verblüfft: »Was? Einhundert

Punkte? Die höchste Punktzahl? Oh, cool! Du geiler Typ!« Larry grinste. »Weiß ich ja längst…«

Zufrieden verließ er den Raum. Wie es aussah, hatte sich seinEinsatz für Jamie Lee letzten Endes doch noch gelohnt, wennvielleicht auch nicht ganz so, wie er gehofft hatte. Das war na-türlich ziemlich ironisch, denn obwohl er sich kein bißchen ver-

ändert hatte und genau dieselben Klamotten trug wie bei sei-nem erfolglosen Versuch gestern, war er trotzdem plötzlich aufder Höhe des neuesten Modetrends. Aber vermutlich mußte erden Damen und Herren Designern nur ein paar Monate Zeitgeben, dann würde er bald wieder so unhip wie immer sein.

Mit dem Gefühl, dem großen Ziel – Käpt’n Thyghs Mutterma-

le zu zählen – einen entscheidenden Schritt nähergekommen zu

Page 267: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 267/317

 

sein, wanderte Larry den Flur entlang zu Kapitän Queegs Ball-saal, in erster Linie, um sich bei Jamie Lee Coitus für ihre Hilfezu bedanken, und in zweiter, weil er hoffte, daß sie sich bei ihm

für seine Hilfe  bedanken würde, da sie ohne seinen Einsatz jaschließlich ziemlich dumm ausgesehen hätte. Schön, aberdumm.

Unterdessen verkündete der Ansager über das Lautsprecher-system an Bord die Nachricht von Larrys Sieg.

» Achtung, bitte, eine Durchsage! Larry Laffer hat gerade den Wett-

bewerb als Bestgekleideter Mann mit der absoluten Rekordpuntkzahlvon hundert Punkten gewonnen. Gratuliere, Larry! Die Welt der Mode wird nie wieder so sein wie früher.«

Einen Moment später erreichte er die Doppeltür des Ballsaals.Wie zuvor war sie verschlossen, und wie zuvor stak ein Zettelan einer Heftzwecke an der rechten Türhälfte.

Larry legte den Kopf schief und überflog die Zeilen.

CHER LARRY. NACHDEM ISCH DEN KURS DERWELTMODE GEÄNDERT ABE, WERDE ISCH NUN DIEÜBLICHEN TALKSHOWS BESUCHEN. ISCH BIN SISCHER,ES BEFRIEDIGT DISCH ENORM, EINEN WINZIGENBEITRAG ZU DER GRÖSSE VON MOI GELEISTET SU ABEN.WENN DU JEMALS IN MANHATTAN ODER PARIS BIST –

KAUF RUHIG EIN PAAR VON MEINEN SACHEN. BISIRGENDWANN. DEINE JAMIE LEE.

Er seufzte resigniert. »Klasse…«

Benommen fragte er sich, was er dem Schicksal nur getan hat-te, daß es ihn ständig so mies behandelte. Vermutlich verbargsich dahinter irgendein windiger kleiner Gott, der neidisch auf

den Schlag war, den er bei Frauen hatte, und deshalb nach

Page 268: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 268/317

 

Kräften versuchte, ihm die Tour bei den Mädels zu vermasseln.Das war jedenfalls die einzige plausible Erklärung, die ihm ein-fiel.

Höhere Gewalt.Anscheinend hatte Larry irgend etwas an sich, das sogar die

Götter vor Neid erblassen ließ.

Page 269: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 269/317

Page 270: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 270/317

 

ausgetretene Zigarettenkippen und zerdrückte Bierdosen. Ü- berall – an den Wänden, auf dem Fußboden, an der Decke – befanden sich Spritzer von Fett, Sauce, Ketchup und noch

schlimmerem Zeug. Der Mülleimer in der Ecke war der einzigeGegenstand in der Küche, der peinlichst sauber war – als obman grundsätzlich nie etwas wegwerfen würde, das sich nochverwerten ließ…

Unwillkürlich vollführte Larrys Magen eine Pirouette, als erdaran dachte, mit welcher Begeisterung er sich in den letztendrei Tagen jedesmal die Wampe vollgeschlagen hatte, wennsich ihm die Gelegenheit dazu bot. Doch er schaffte es, sich zu beherrschen – obwohl es in der Küche sowieso nicht aufgefallenwäre, wenn er alles vollgereihert hätte –, und sah sich nach ir-gendwas um, das er unter Umständen dazu gebrauchen konn-te, den Kochwettbewerb zu bestreiten.

Zuerst hatte er erwogen, in den Supermarkt zu gehen und ir-

gendwelche schon fertigen Tiefkühl- oder Dosengerichte madein Taiwan warm zu machen, aber letztlich war er zu demSchluß gelangt, daß es wohl besser war, den Preisrichtern ir-gendwas vorzusetzen, das nicht aussah, als wäre es bereitsmehrfach gegessen und wieder ausgespuckt worden.

Auf dem Tresen im Zentrum der Kombüse entdeckte Larry

neben einer sonderbaren Maschine, die der Aufschrift nach derCyberKäse 2000™ war, mit dem man problemlos auch als Laieseinen eigenen Käse frisch zubereiten konnte, einen Fisch, dernoch nicht der Guillotine zum Opfer gefallen war, eingewickeltin eine Seite des Magazins Der professionelle Koch, die ein Koch-rezept zu enthalten schien.

Ein Rezept! 

Page 271: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 271/317

 

Das war genau das, was Larry jetzt brauchte.

Er wickelte den toten Fisch vorsichtig aus. Einen Moment langüberlegte er, ob er den Quastenflosser noch brauchen konnte,

doch spätestens, als er den Ohrring, die Tätowierung (I WASMADE FOR LOVING YOU) und den mürrischen Gesichtsaus-druck des Geschuppten gewahrte, wurde ihm bewußt, daß ir-gend etwas mit diesem Fisch nicht stimmte. Außerdem hatteoffensichtlich sein Deodorant versagt, so daß Larry sich ge-zwungen sah, ihn mit angeekelt gerümpfter Nase im Eimer inder Ecke zu versenken. Die Zeitungsseite jedoch sah vielver-sprechend aus, auch wenn der Geruch, der von dem fettigenPapier ausging, nicht gerade mit seinem After-shave harmo-nierte.

Die Seite enthielt das detaillierte Rezept für etwas, das sich»Venezuelanischer Biberleskäse« schimpfte. Die Zutaten waren(in der Reihenfolge des Auftretens): Bibermilch – natürlich war

die Milch des vergleichsweise seltenen venezuelanischen Bibers jeder anderen Sorte vorzuziehen –, Salz, Kälberlab, das zur Notauch durch Zitronensaft ersetzt werden konnte, und ein Hauchvon Schimmel. Weiter hieß es in dem Rezept, daß man das Ge-richt mit einer bei lebendigem Leibe gehäuteten und grausamin Scheiben geschnittenen Kumquat-Orange zu »Venezuelani-

schem Biberleskäse mit Kumquat-Quiche« verfeinern konnte.Garniert war das Kochrezept mit einem Foto des fertigen Ge-richts, das so beeindruckend aussah, daß Larry beschloß, es(auch in Ermangelung brauchbar Alternativen) damit zu versu-chen.

Allerdings warf dies einige Versorgungsprobleme auf, dennals Larry unter Mißachtung jeglicher Gedanken an seine kör-perliche Unversehrtheit damit begann, die Schränke und

Page 272: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 272/317

 

Schubladen in der Kombüse zu öffnen, die wirkten, als wäredies mindestens seit dem Bau der Berliner Mauer nicht mehrgeschehen, stellte er schnell fest, daß es hier wenig gab, das er

zur Zubereitung des Biberleskäses gebrauchen konnte. Tatsäch-lich gab es in der Küche wenig, das man überhaupt gebrauchenkonnte, um irgendwas Nahrhaftes zuzubereiten, von dem man bereit war, es selbst zu essen – oder zumindest jemand anderemanzubieten.

Alles, was Larry fand, waren Meersalz in einem Streuer (demEtikett nach frisch vom Rumpf des Schiffes gekratzt) und eingroßer Kochtopf mit Deckel, der nicht aussah, als hätte die letz-ten zehn Jahre über eine tote Ratte darin gehaust, so daß ihmnach erfolgter Kücheninspektion nach wie vor Bibermilch, Käl- berlab, Schimmel und eine Kumquat fehlten.

Die Bibermilch schien ihm freilich nicht die am schwierigstenzu beschaffende Zutat zu sein. Schließlich hatte er auf der Su-

che nach Drews Koffer in einem der Heckladeräume eine ganzeKolonie fetter, wohlgenährter Biber entdeckt. Und wenn er sichrecht entsann, waren das sogar – venezuelanische Biber gewe-sen! Also schnappte Larry sich kurz entschlossen den Topf undmachte sich umgehend auf den Weg zum Biwaklager im hinte-ren unteren Laderaum.

Die sechs Biber waren nach wie vor emsig damit beschäftigt,ihre Zähne zu stärken und Holz zu Spänen zu verarbeiten. Lar-ry blieb, den Topf in der Hand, vor dem Käfig stehen undschaute zu, wie ein besonders fettes Exemplar mit einemSchwanz, so platt und quer gemustert, als wäre ein Truck drü- bergefahren, auf dem Rücken liegend einen Holzschuh zernag-

Page 273: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 273/317

Page 274: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 274/317

 

fig, was die Biber mit einem kollektiven Schnauben der Enttäu-schung zur Kenntnis nahmen, und kehrte in die Kombüse zu-rück, wo er den Topf mit der Bibermilch auf den Tresen neben

den CyberKäse 2000™ und den Salzstreuer stellte. Damit fehl-ten ihm für seine Quiche nur noch Kumquat-Orangen, Schim-mel und Kälberlab.

Als nächstes organisierte er den Schimmel. Er brauchte nichtlange danach zu suchen. Der Boden der Dusche in seiner Kabi-ne war nach Drews Wasserorgie mit einer üppig wucherndenSchicht edelsten grüngelben Schimmels bedeckt. Mit dem Mes-ser kratzte er das Zeug ab. Als er das körnige Pulver betrachte-te, merkte er, daß von dem matt pulsierenden Schimmel eineigentümliches Glühen ausging, das ihn an den Handkäse erin-nerte, den er so lange hinten in seinem Kühlschrank liegen-gelassen hatte, bis er – der genervte Handkäse, nicht Larry –sich irgendwann selbst verwirklichte und eine Gewerkschaft

gründete. Doch er nahm an, daß das Zeug seinen Zweck schonerfüllen würde.

Anschließend widmete Larry sich der Beschaffung der Kum-quats. Zuerst dachte er, daß es unmöglich wäre, hier auf demSchiff seltene Südfrüchte wie Kumquats zu finden. Doch dannerinnerte er sich plötzlich an die grotesk zugeschnittenen Na-

turstatuen auf dem Promenadendeck und mußte zugeben, daßer zuweilen mehr Glück als Verstand hatte – was im Grunde jaauch nicht weiter schwer war.

Auf dem schnellsten Weg eilte Larry nach oben, blieb vor ei-ner Pflanze stehen, die man in die Form eines Schafes gezwun-gen hatte, und las auf einem am Topf angebrachten Schild:KUMQUAT-STRAUCH. VORSICHT, PESTIZIDBEHANDELT!

Page 275: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 275/317

Page 276: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 276/317

 

Larry kletterte auf einen der freien Hocker und verbrachte dieWartezeit, bis Johnson den Drink für den Bikini fertig hatte,damit, selbigen einer intensiven optischen Qualitätskontrolle zu

unterziehen. Als die Blondine dann mit wogendem Hinterteilabzog, eine Parfümwolke wie einen unsichtbaren Schleier hin-ter sich herziehend, beugte er sich über die Theke.

»Äh, entschuldige mal, Johnson…«

»Ja?« sagte er knapp.

»Ich hätte gerne ein Glas Limettensaft, bitte.«

»Nein«, ebenso knapp.Larry runzelte die Stirn. »Und warum nicht?«

»Wir können Limettensaft nicht einfach so ausschenken«,klärte der Barkeeper ihn auf.

»Oh. Und warum nicht?«

»Weil er nicht auf der Karte steht.«

Larry grunzte. »Ach, steht nicht drauf, was?«

 Johnson schüttelte den Kopf. »Nee. Und was nicht auf derKarte steht, schenk’ ich auch nicht aus.«

Larry dachte einen Augenblick über das Problem nach. Dannsagte er: »Nun, wie wäre es statt dessen mit einem Limonen-Rickey, Johnson? Steht der auf der Karte?«

Der Barkeeper nickte. »Ja, klar. Einen Limonen-Rickey für denGentleman in dem netten Fummel. Kommt sofort.«

»Aber laß den Gin weg, ja?« sagte Larry.

»Okay«, sagte Johnson. »Jungfräulich.«

»Aber laß den Soda weg, ja?«

»In Ordnung.«

Page 277: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 277/317

 

»Aber laß den Zucker weg, ja?«

Gequält: »Klar.«

»Aber laß das Eis weg, ja?«

 Johnson funkelte ihn wütend an. »Sicher.«»Und das Ganze ein bißchen plötzlich, ja?«

Verärgert schraubte der Barkeeper eine Flasche auf, füllte eingroßes Glas mit grünem Limettensaft, der roch wie die feuchtenHandtücher, die man immer bekam, wenn man bei Wally’s Chi-cken mehr als drei Hähnchen aß (weil sich die Investition für

den Laden sonst nicht rechnete, hatte Wally ihm irgendwannmal erzählt), und stellte es vor seinem Gast so unsanft auf dieTheke, daß es spritzte.

»Hier«, grollte er. »Ersticken sollen Sie dran!«

Larry bedankte sich, warf einen Fünfer auf die Theke, rutschtevom Hocker, das Glas Limettensaft in der Hand, und ging nach

unten in die Kombüse, wo er alle Ingredienzen, die er zur Zu- bereitung der Kumquat-Quiche benötigte, neben dem Cyber-Käse 2000™ auf den Küchentresen stellte. Er kramte das Rezepthervor, breitete es auf der Platte aus und warf, exakt der Anlei-tung folgend, die einzelnen Zutaten in die obere Öffnung desGeräts.

»Mal sehen«, murmelte er beschäftigt. »Etwas Bibermilch…Ein Fingerhut Schimmel, frisch von der Duschwand gekratzt…Eine Prise Salz… Und dieser Zitronensaft hier…«

Als der Trichter des CyberKäse 2000™ bis zum Stehkragenmit den Zutaten gefüllt war, schaltete Larry die Maschine einund trat hastig zurück. Damit folgte er nur der deutlich sichtba-ren, mit zwei blanken Totenschädeln verzierten Anweisung an

Page 278: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 278/317

 

der Seite des Geräts, die bei Mißachtung schwere Gesundheits-schäden versprach. Wie sich zeigte, war Larry eine Sekunde zufrüh zurückgetreten, denn mit einemmal erwachte der Apparat

unheilvoll summend und pfeifend zum Leben. Die Maschinewackelte wild hin und her. Stinkender schwarzer Qualm stiegvon dem CyberKäse 2000™ auf. Ein dröhnendes Poltern,Brummen und Rumoren erklang, daß Larry Angst hatte, derApparat würde ihm gleich in Einzelteilen um die Ohren fliegen.Schnell trat er noch zwei Schritte zurück, bereit, sich jederzeithinter dem Tresen in Deckung zu werfen, wenn es erforderlich

werden sollte.Indessen dröhnte der Käseapparat mit unverminderter Hef-

tigkeit weiter. Als Larry gerade dachte, es wäre unter Umstän-den besser, das Deck räumen zu lassen, spie der Apparat unterheftigem Würgen und Keuchen schließlich eine undefinierbare braungelbe Masse in die Schale, die unter der Maschine stand.

Von dem Produkt ging eine widerwärtige Dunstwolke aus,wohl am ehesten mit einem Besuch einer öffentlichen Bedürf-nisanstalt im Hochsommer zu vergleichen.

»Puuh.« Larry wedelte mit der Hand angeekelt vor seiner Na-se herum. »Das stinkt ja vielleicht…«

Aber immerhin war es original Venezuelanischer Biberleskä-

se, was bedeutete, daß er die erste Hürde schon einmal ge-nommen hatte. Jetzt mußte er daraus nur noch Kumquat-Quiche machen, und dann hatte er den Sieg beim Kochwettbe-werb bereits so gut wie in der Tasche – hoffte er zumindest.

Larry machte sich an die Arbeit.

Er vierteilte die Kumquats gnadenlos mit dem Messer, stellte

die niedliche Küchenuhr in Form eines fettleibigen Kochs mit

Page 279: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 279/317

 

einer Hähnchenkeule in Händen auf exakt fünfundfünfzig Mi-nuten ein, rührte die saftigen Kumquatscheiben in die Schalemit dem Biberleskäse, warf noch ein paar von den weniger e-

kelhaften Dingen rein, die auf der Theke rumlagen, füllte dasGanze in eine saubere Backform (okay, in eine Backform) undschmiß es in den vorgeheizten Ofen, wo es eine gute Stundefröhlich vor sich hin backte, bevor der Koch plötzlich zu läuten begann und Larry die Backform vorsichtig aus dem Rohr holte.

Die Quiche sah zwar schon wesentlich besser aus als vorher,doch der Geruch war nach wie vor derart penetrant, daß Larryautomatisch hoffte, alle Raten für seine Privathaftpflichtversi-cherung bezahlt zu haben. Das Zeug stank ekelhaft nach…Nein, es roch ganz einfach nur ekelhaft.

Ihm war klar, daß er die Quiche so unmöglich den Preisrich-tern vorsetzen konnte. Sie würden ihn nicht nur hochkant ausdem Wettbewerb werfen, sondern ihn geradewegs kielholen

lassen – oder ihn, was zweifellos noch wesentlich schlimmerwar, dazu zwingen, seine Quiche selbst zu essen. Er mußte sichalso irgendwas einfallen lassen, um das Zeug in eine Köstlich-keit zu verwandeln oder zumindest so weit zu verfeinern, daßes nicht mehr roch, als hätte er es gerade frisch von einer Kuh-weide geholt.

Aber wie?Oder besser: Womit?

In der Hoffnung, bei der Küchendurchsuchung vorhin viel-leicht irgend etwas übersehen zu haben, das er dazu verwen-den konnte, die Kumquat-Quiche genießbar zu machen, machteer sich daran, die Kombüse ein zweites Mal zu durchforsten. Er

Page 280: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 280/317

 

zog Schubladen auf, öffnete Schränke, ja, sah sogar in die Vor-ratskammer. Und tatsächlich: Er wurde fündig!

Ganz hinten in einer Schublade neben dem Herd, inmitten ei-

ner Sammlung versteinerter Mäusekötel, lag ein kleines, längli-ches Glasfläschchen mit einem grünlich phosphoreszierendenPulver.

Neugierig drehte Larry die Phiole zwischen den Fingern undlas halblaut, was auf dem Etikett stand.

»Orgasmuspuder. Nur zur äußeren Anwendung! Maximal ei-

ne Prise pro Anwendung! Achtung, akute Gesundheitsgefahr!«Larry wog die Flasche in der Hand und grinste.

Offenbar hatte das Schicksal doch noch ein Einsehen.

Zehn Minuten später stand Larry, seine Quiche de Larry stolzin den Händen, vor den drei Preisrichtern des Kochwettbe-

werbs, die hinter einer flachen runden Theke in Form eines rie-sigen Mundes mit roten Lippen saßen und, die Löffel bereitserhoben, gierig darauf warteten, daß es etwas zu futtern gab.Offenbar hatten sie heute noch nichts zum Mittagessen be-kommen.

Larry stellte die Quiche vor Richterin Julia auf die Theke. Die

Preisrichterin war eine vollbusige Matrone mit rotem Haar, derman deutlich ansah, daß sie in ihrem Leben noch nie ein Des-sert ausgelassen hatte. Oder ein Sorbet. Oder eine Mousse. Oderüberhaupt etwas halbwegs Eßbares, das sie in die Finger be-kam.

»Punktekarte, bitte!« sagte Richterin Julia.

Larry gab ihr seine TLP-Karte.

Page 281: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 281/317

 

Die Matrone schob die Karte in einen Computer, wartete, bisdie Daten eingelesen waren, und gab sie dann zurück.

»Danke sehr, Mr. Laffer…« Dann wandte sie sich der Quiche

zu und betrachtete die sonderbar schimmernde Speise neugie-rig von allen Seiten. »Nun, was haben wir denn da?«

»Quiche de Larry«, erklärte er stolz.

»Oh, wie originell! Na, dann wollen wir doch mal sehen…«

Sie stieß ihren Löffel in die Quiche, nahm einen Happen undkaute lautstark, auch wenn Larry keine Ahnung hatte, was es

an dem weichen Zeug zu kauen gab. Einen Moment lang mach-te sie ein Gesicht, als müsse sie sich augenblicklich übergeben.Doch dann entfaltete das Orgasmuspuder, mit dem er seineKreation aufgepeppt hatte, seine Wirkung, und die Matroneverzog heftig stöhnend das Gesicht. Ihre Augen funkelten wol-lüstig. Keuchend vor Lust und Verlangen wand sie sich auf ih-rem Stuhl und sank schließlich, unanständige Beckenbewegun-gen ausführend, unter die Theke, außer Sicht.

Richter Graham, ein dürrer Kerl mit Brille, der neben ihr saßund offenbar mehr der Gemüsetyp war, runzelte verwirrt dieStirn. Dann, als Richterin Julia sich unter dem Tresen laut stöh-nend aufbäumte, rief er: »Ich will das haben, was sie auch hat!«

Gierig griff er nach der Quiche de Larry, stieß seinen Löffelhinein und nahm einen großen Bissen, um zwei Sekunden spä-ter ebenfalls keuchend und hechelnd unter die Theke zu sinken.Aus seinem Mund lief Geifer.

»Ich will auch was von dem Zeug!« rief Richter Paul, ein di-cker, bärtiger Franzose mit Vollbart, Baskenmütze und einemBaguette unterm Arm, lauthals. Hastig grapschte er nach der

Quiche, panisch besorgt, daß er nichts mehr davon abkriegen

Page 282: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 282/317

 

würde. Ohne sich damit aufzuhalten, den Löffel zu benutzen,schob er sich die gesamte restliche Quiche de Larry auf einmalin den Rachen, kaute zweimal, stieß einen jodelnden Freuden-

schrei aus – und gesellte sich mit gierig verzerrtem Gesicht zuRichterin Julia und Richter Graham unter den Tresen.

Das Stöhnen der drei Preisrichter schwoll zu einem Stakkatoan, das die Theke erbeben ließ, und übertönte um ein Haar gardie Lautsprecherdurchsage, die in diesem Augenblick durchdas Schiff hallte.

» Achtung, bitte, eine Durchsage! Larry Laffer hat soeben den TLP-Kochwettbewerb mit der bislang unerreichten Spitzenpunktzahl vondreihundert Punkten für sich entschieden. Gratuliere, Larry! Du bist ja richtig zum Anbeißen!« 

Nach einem letzten, erheiterten Blick auf das wild ineinanderverschlungene Knäuel nun größtenteils nackter, keuchenderund schwitzender Leiber hinter der Theke trat Larry, fröhlich

vor sich hin summend, auf den Flur hinaus. Vielleicht, dachteer, während er zum Aufzug ging, hätte es bereits ausgereicht,eine kleine Menge von dem Orgasmuspulver auf die Quiche deLarry zu streuen, statt des ganzen Fläschchens…

Page 283: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 283/317

 

19.

Achterdeck-Bowling

Larry verschwendete seine kostbare Zeit nicht damit, die Süßedes Sieges auszukosten, sondern begab sich direkt zu den Bow-lingbahnen auf dem Achterdeck, um seinem Triumph beiKäpt’n Thyghs Liebhaberpreis den letzten Schliff zu verpassen.

Abgesehen von einem Schönling mit Dauerwelle, der nur eineknappe Badehose und Turnschuhe trug, waren alle Bahnen un- besetzt, so daß Larry mehr oder weniger freie Auswahl hatte.Er entschied sich schließlich für Bahn 69.

Indes der Kerl in der Badehose lässig seine Kugel schleuderteund regelmäßig sieben bis acht der neun Kegel abräumte, besahsich Larry die Bowlingkugeln in dem in Form eines Walrossesgestalteten Ständer hinter den Bahnen. Zunächst glaubte er, daßer es schaffen würde, den Wettstreit zu gewinnen, ohne zuschummeln. Doch als er die Finger in die Löcher steckte undversuchte, eine Kugel hochzuheben, vergaß er diesen Gedankenschnell wieder. Er konnte diese verdammte Bowlingkugel jakaum anheben! Wie wollte er dann damit fünfmal hintereinan-

der alle neune abräumen?Die Antwort war einfach: Gar nicht.

Also entsann er sich seines Vorgehens bei den anderen fünfDisziplinen und überlegte, wie er das Bowlingturnier gewinnenkonnte, das schließlich alles war, was noch zwischen ihm undKäpt’n Thygh stand. Doch ihm fiel nichts ein. Sosehr er sich

auch den Schädel zermarterte, es kam nichts dabei raus.

Page 284: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 284/317

 

Mißmutig vor sich hin brummend, verließ Larry die Bowling- bahn und streunte in der vagen Hoffnung, zufällig über eineIdee zu stolpern, die ihm zum Sieg verhelfen würde, durch das

Schiff. Die begrenzte Ewigkeit einer endlosen Stunde wollteund wollte ihm nichts einfallen, doch dann sah er plötzlich, wiePeggy mit einem Mop, der an ihrem Holzbein befestigt war,das Deck schrubbte, und schnippte auf einmal so heftig, daß ersich dabei fast die Finger brach.

Natürlich!

 Miss Peggy! Das war die Lösung!

Nun, eigentlich nicht direkt sie, aber das, was sie ihm bei ihrerUnterhaltung neulich erzählt hatte. Darüber, wie sie ihr Beinverlor.

Sexualgleitcreme und Deospray…

Begeistert von seiner eigenen Genialität – und aus Furcht, daßihn sonst der Mut verlassen würde – hastete er vom Promena-dendeck stante pede runter in den Bordsupermarkt, lief an denüberquellenden Regalreihen entlang und stellte sich mit einerTube SO-Sexualgleitcreme Extra-Feucht (auch als Rouletteku-gelpolitur verwendbar) und einer Dose Deospray MarkeTransPirenz an die Kasse.

Clovis, die Kassiererin, sah Larry an.

Dann die Sexualgleitcreme.

Dann wieder Larry.

Und brüllte lauthals nach dem Geschäftsführer.

Page 285: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 285/317

 

Nach einer Stunde ermüdender Diskussionen mit Carter Jack-son, dem lispelnden Geschäftsführer des Bordsupermarktes, diedamit endete, daß er in dem Laden Hausverbot auf Lebenszeit

erhielt, schlich sich Larry, mit Gleitcreme und Deospray unterdem Arm, in den Laderaum, in dem sich die Aufstellmaschine-rie für die Bowlingpins befand. So unauffällig wie möglichschaute er sich nach den Kegeln der Bahn 69 um und fandschließlich die Hebebühne, die sie durch die Löcher in der De-cke oben auf der Bahn plazierte. Er guckte sich verstohlen um,ob jemand in der Nähe war, doch außer einer Ratte, die in der

Ecke damit beschäftigt war, sich mit einem leeren Plastikbeutelzu paaren (daher die Bezeichnung Beutelratte) war der Lager-raum verlassen.

Niemand würde irgendwas bemerken.

Leise die Melodie von Rodriguez, das aufblasbare Wunderlamavor sich hin summend, entfernte Larry die Kappe von dem Deo

und sprühte die ganze Dose gleichmäßig auf die neun Bow-lingpins. Dann, als die Kegel über und über vor TransPirenzklebten und er kurz vor dem Erstickungstod stand, verließ erden Lagerraum und kehrte nach oben auf das Achterdeck zu-rück, wo der Bursche in der ultraengen Badehose (tat das ei-gentlich gar nicht weh?) noch immer damit beschäftigt war, bei

seinen Würfen regelmäßig den letzten Kegel stehenzulassen.Bahn 69 war nach wie vor frei.

Wunderbar…

Larry bezog an der Bahn Aufstellung, schob seine Punktekar-te einem langzahnigen Walroß ins Maul, das als Kartenlesege-rät fungierte, bis der Darmtrakt des Tieres eine für den Wett-

 bewerb geeichte Bowlingkugel freigab. Dann zog er die Sexual-

Page 286: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 286/317

 

gleitcreme und das weiße Spitzentaschentuch hervor, das An-nette Ammbumsen bei ihrem viel zu kurzen Gastspiel in derSeifenoper seines Lebens in seiner Kabine zurückgelassen hatte,

schraubte die Tube mit flinken Fingern auf und drückte dieHälfte des fettigen rosafarbenen Inhalts auf das Tuch, bevor erdie Kugel langsam und sorgfältig mit der Gleitcreme einrieb.

Als die Creme nach einer Minute angetrocknet war, sammelteer seine Kräfte, wuchtete die zwanzig Pfund schwere Bowling-kugel keuchend mit beiden Händen hoch und schleppte sie, ausallen Knopflöchern schwitzend, zu seiner Bahn, um anschlie-ßend erst einmal eine kleine Verschnaufpause einzulegen, da-mit er wieder ein wenig regenerierte.

Breitbeinig baute er sich schließlich am Fuß der Bahn auf, dieKugel zwischen den Schenkeln, und visierte mit konzentriertzusammengekniffenen Augen die neun Pins an, die zwanzigMeter weiter vorne aufragten. Dann holte er aus, das Gesicht

hochrot vor Anstrengung, schleuderte die Kugel mit beidenHänden vor und schickte sie auf die Reise.

Die Bowlingkugel kullerte im Zeitlupentempo über die Bahn.

Larry starrte ihr angespannt nach. »Komm schon«, murmelteer, heiser vor Aufregung. »Komm schon. Komm schon. Kommschon…«

Die Kugel rollte weiter.Und weiter.

Und weiter…

Irgendwann später – hätten Zuschauer an den Fernsehschir-men das dramatische Ereignis verfolgt, wäre längst ein verhal-tenes Schnarchen durch die Wohnzimmer gezogen – erreichte

die Kugel schließlich allen Unkenrufen zum Trotz die neun

Page 287: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 287/317

 

Pins. Sanft wie eine Feder traf sie auf die Kegel – und löstedurch den Kontakt mit dem Deospray, mit dem Larry die Pinseingesprüht hatte, eine bescheidene Explosion aus! Mit einem

lauten Knall flogen die Kegel davon, rissen sich gegenseitig umund fielen klappernd zu Boden, während ein grauer Miniatur-atompilz in die Höhe stieg.

Die rote Lampe über der Bahn begann heulend zu blinken.

Volltreffer!

Larry hatte alle neun Pins auf einmal abgeräumt!

Er stieß ein schrilles Triumphgeheul aus. Dann schnappte ersich die nächste Bowlingkugel und warf sie, sobald die Kegelwieder halbwegs standen.

Erneut leuchtete die rote Lampe auf.

Alle neune!

Larry lachte fröhlich und machte eifrig weiter.

Die dritte Kugel krachte ins Ziel.»Wow! Wow! Wow!« rief er und tanzte wie ein Derwisch auf

der Bahn auf und ab.

Die nächste Bowlingkugel.

Ka-wooooom! 

Und die letzte Runde…

Larry warf die Kugel.

Acht Kegel wirbelten davon. Der neunte Pin schwankte…

Er hielt den Atem an.

… und schwankte…

»Na, komm schon! Mach schon! Los doch!« 

… und fiel scheppernd um!

Page 288: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 288/317

 

Treffer – und versenkt!

Das rote Licht über Bahn 69 wirbelte Überstunden.

»Ja!« brüllte er begeistert und stieß in klassischer Siegespose

die Faust in die Luft. Er fühlte sich gut. Er fühlte sich großartig.Er fühlte sich wie ein Gewinner! 

Er war ein Gewinner!

Und als ob er das nicht schon immer gewußt hätte, verbreiteteder Ansager einen Moment später bereits die frohe Kunde vonLarrys Triumph in aller Herren Länder – oder zumindest auf

dem ganzen Schiff.» Achtung, bitte, eine Durchsage! Larry Laffer hat soeben mit dem

Sieg beim Bowlingwettbewerb mit einem neuen Rekord von dreihun-dert Punkten den Gesamtsieg von Thyghs Liebhaberpreis davongetra- gen! Herzlichen Glückwunsch, Larry! Dir steht eine bewegte Wochebevor! Käpt’n Thygh erwartet dich schon in ihrer Kabine. Laß sie

nicht zu lange warten!« Larry grinste breit. »Keine Sorge«, sagte er zufrieden. »Weißdoch jeder, daß ich nie irgendwas anbrennen lasse…«

Page 289: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 289/317

 

20.

Grand finale

Als Larry das Hauptdeck betrat, wo Käpt’n Thyghs Kabine lag,trugen zwei pfeifeschmauchende, muskelbepackte Matrosengerade eine Bahre heraus. Als sie an ihm vorbeikamen, erkann-te er, daß darauf ein Mann lag, der aussah, als wäre er mindes-

tens doppelt so alt wie Gott. Die Gestalt war vollkommen aus-gezehrt. Die Augen klebten tief in den Höhlen und waren dun-kel umrandet, wie nach einem Monat Dauerfernsehen. DasHaar stand strähnig zu allen Seiten vom Kopf ab. Noch nie zu-vor in seinem Leben war Larry jemandem begegnet, der so un-endlich erschöpft wirkte.

»Guter Gott«, murmelte er entsetzt. »Was um alles in der Weltist denn mit Ihnen passiert?«

»Ich… ich bin der Gewinner des TLP-Wettbewerbs von letzterWoche«, krächzte der Mann mühsam. Er hatte kaum die Kraftzu sprechen. »Oder zumindest die kläglichen Überreste davon.Und Sie? Wer… sind Sie?«

»Ich, äh, ich bin der Gewinner dieser Woche.«

Der Mann schaute ihn mit blanker Panik im Blick an. »GütigerHimmel, Mann, tun Sie sich selbst einen Gefallen und gehen Sieda nicht rein!« rief er flehentlich. »Gehen Sie da ja nicht rein! Siehaben nicht die geringste Ahnung, auf was Sie sich da einlas-sen! Tun Sie…«

Bevor er den Satz zu einem grammatikalisch und semantisch

 befriedigenden Abschluß bringen konnte, wurde sein Körper

Page 290: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 290/317

 

mit einemmal von einem heftigen Anfall geschüttelt. Er bäumtesich auf, keuchte wie ein Asthmatiker im Endstadium und fieldann einfach in Ohnmacht.

»O Gott!« rief Larry aufgeregt. »Stirbt er jetzt?«Einer der Matrosen, ein Kerl von einem Schrank, dessen Ge-

sicht ideal zum Eierabschrecken geeignet war, winkte ab, wäh-rend er stinkende Tabakwolken in die Luft blies. »Nur keineSorge. Das kennen wir schon. Ist jede Woche dasselbe Theater.Dem fehlt nichts weiter. In drei, vier Wochen ist der Bursche

wieder so fit, daß er allein gehen kann. Glauben Sie mir.«Larry schluckte. »Wie beruhigend…«

Er sah zu, wie die beiden Matrosen die Bahre mit dem reglo-sen Mann zum Aufzug trugen, und konnte nicht verhindern,daß sich seine Triumphgefühle mit Zweifeln durchsetzten. Lie- ber Himmel, der arme Kerl sah aus, als wäre er gefoltert wor-den – obwohl er natürlich nichts gegen Folterspielchen hatte,solange es im Rahmen blieb. Aber das…

Larry blickte zur offenstehenden Tür von Käpt’n Thyghs Ka- bine hinüber.

Sollte er da wirklich reingehen?

Einen Moment lang stand er unschlüssig da. Dann faßte er ei-nen Entschluß und sagte entschieden, wie um sich selbst Muteinzuflößen: »Ach, zum Teufel, ich bin so weit gekommen, dawerde ich doch jetzt nicht kneifen!«

Mit dem schwingenden Schritt eines Gewinners ging er hin-über zu der Tür. Dahinter war alles ruhig.

Die Ruhe vor dem Sturm…

Page 291: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 291/317

 

Larry verdrängte den Gedanken. Nein, er würde nicht knei-fen! Nicht nach allem, was er durchgemacht hatte. Er gab sicheinen Ruck, atmete tief durch und rief heiser: »Okay, Käpt’n!

Hier kommt dein neuer Herr und Meister!«Mit diesen Worten betrat er die Kabine.

Drinnen erwartete ihn eine Kulisse, die irgendwie mächtig nachnordischen Sagen roch. Die Kabine war wesentlich größer, alses von draußen den Anschein hatte, möglicherweise größer als

das ganze Schiff. Ringsum ragten die weißen Gipfel gewaltiger,schneebekränzter Berge in die Höhe. Überall wuchsen Blumenin allen Farben des Regenbogens. Direkt vor ihm ragte aus ei-nem wie mit dem Zirkel gezeichneten See mit klarstem Wasser,das von wunderschönen rosa Seerosen geziert wurde, eine Inselauf, auf deren höchstem Punkt (manche sagten auch Gipfel)sich eine riesige geöffnete Südseemuschel befand, so groß wie

ein Haus. Vögel zwitscherten im Geäst. Das Zirpen von Grillenwar zu hören. Im Hintergrund krakeelte eine Opernarie.

Larry hatte auf dieser Kreuzfahrt bereits zuviel gesehen underlebt, um über den unglaublichen Anblick, der sich ihm bot,übermäßig ins Grübeln zu geraten. Er nahm die phantastischeSzenerie einfach als gegeben hin, lief beschwingten Schritts

hinüber zu dem See, pflückte beim Laufen eine weiße Blumevom Wegesrand, roch daran, genoß den frischen, natürlichenDuft und warf das Grünzeug dann fröhlich beiseite. Er fühltesich unglaublich gut. Unglaublich frei. Beinahe glaubte er, flie-gen zu können, ohne auf die Schnauze zu fallen.

Als er das Seeufer erreichte, tauchten vor ihm aus den klaren

 blauen Fluten plötzlich mehrere große, flache Steine auf, die

Page 292: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 292/317

 

einen Pfad über das Wasser hinüber zu der Insel bildeten, aufderen Gipfel sich der Hort seiner Träume befand, erreichbarüber eine geschwungene marmorne Treppe. Ein Requisiteur

warf ihm aus den Kulissen einen Speer und einen Wikinger-helm mit riesigen Hörnern zu.

Larry fing den Speer geschickt mit einer Hand auf, häuptetesich mit dem Helm und hüpfte glücklich, leicht wie eine Feder,im Ballerinaschritt über die Steine, bis er zwei Meter vor demInselufer unversehens abrutschte und ins Wasser stürzte. DieMusik soff ebenso ab wie er selbst.

Doch einen Moment später schwoll die Arie triumphierendwieder an, als Larry wie einst Phönix aus der Asche aus demWasser auftauchte, mit starken, selbstsicheren Zügen ans Uferschwamm und so schnell die Stufen zum Gipfel der Insel em-porstürmte, wie seine kurzen Beine ihn trugen. Dann, endlich,langte er oben an – und da war sie!

Wie eine nordische Göttin saß Käpt’n Thygh in der riesigenSüdseemuschel, auf einer gigantischen weißen Perle. Sie trugein knappes, beinahe durchsichtiges weißes Kleid, das ihre ü- berirdisch üppigen Formen kaum zu bändigen vermochte. Einkleiner, goldener Helm mit zwei goldenen Flügeln, der aussah,als hätte sie ihn einem schnauzbärtigen Gallier geklaut, saß auf

ihrem schulterlangen, leuchtend güldenen Haar. Sie hatte einGesicht, gegen das die legendäre Lorelei glatt verblaßte, auchwenn es weniger Schiffe versenkte. Man sah ihr an, daß sie ar-rogant, verwöhnt und sexbesessen war, und dennoch – odermöglicherweise auch gerade deswegen – fühlte sich Larry wieim siebten Himmel.

Page 293: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 293/317

 

Überglücklich sank er vor ihr auf ein Knie, den Speer in derHand, das Haupt hoch erhoben, und breitete die Arme aus zumZeichen, daß ihr Held, ihr Prinz, ihr Beschützer eingetroffen

war.Käpt’n Thygh sah ihn an – und zog eine Grimasse. Offenbar

war sie von seinem Anblick nicht halb so überwältigt wie ervon ihrem. Die Triumphmusik verstummte abrupt. »Uhh…«

Larrys Lächeln verblaßte. Betrübt warf er den Speer beiseite,nahm den Helm ab und drückte ihn gegen die Brust. Noch nie

in seinem Leben war er so unglücklich gewesen. Wie hatte er bloß annehmen können, daß eine Göttin wie Käpt’n Thygh sichihm freiwillig hingeben würde, Wettbewerb hin oder her? Ermußte vollkommen bescheuert gewesen sein.

»Hallo«, sagte er schüchtern.

Käpt’n Thygh rümpfte die Nase. »Ähm, ich fürchte, da hat esirgendwo eine Verwechslung gegeben«, meinte sie. »Man hatmir gesagt, der Gewinner des Wettbewerbs sei ein gewisserLarry Laffer…«

»Na, das stimmt schon«, sagte er. »Das bin ich.«

»Oh«, machte Käpt’n Thygh, alles andere als begeistert.

Larry nahm sich vor, sich nicht entmutigen zu lassen.

»Weißt du, ich bin so aufgeregt, daß ich meine Kreuzfahrt umeine Woche auf Kosten der Reederei verlängern darf«, sagte er.»Und ganze sieben Tage mit einem Superbaby wie dir verbrin-gen kann.«

»Das muß aber ein Fehler im Prospekttext gewesen sein«,wandte sie ein. »Das war nie Teil des Supersparangebots…«

Page 294: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 294/317

 

Larry blinzelte. »Aber, äh, ich dachte… Du weißt schon… Indeiner Kajüte… Eine Woche lang…«

»Tut mir leid«, sagte Käpt’n Thygh kühl. »Doch da wird

nichts draus.«»Ja, aber… Warum denn nicht? Ich habe doch den Wettbe-

werb gewonnen! Fair und… Na ja, jedenfalls habe ich gewon-nen!«

Sie seufzte. »Ja, ich weiß. Nun, der Teil mit der Kreuzfahrt istnatürlich kein Problem. Ich bin sicher, deine Kabine ist auch

nächste Woche noch nicht belegt.«Er wollte protestieren. »Aber…«

»Und ich weiß«, fuhr sie fort, »der Gewinner soll eigentlicheine Woche mit mir verbringen… Aber ich bin so  gelangweilt.« Tatsächlich leuchtete ihr die Langeweile deutlich aus den reh- braunen Augen, was allerdings ein oft beobachtetes Phänomen

 bei Frauen war, die Larry begegneten.»Ja, aber wie kannst du denn jetzt einfach die Regeln ändern?Ich dachte, ich hätte den Wettbewerb gewonnen!«

Käpt’n Thygh legte den Kopf schief. »Nachdem ich dich gese-hen habe, Larry Laffer, verspüre ich plötzlich das Verlangennach mehr. Außerdem sage ich immer, ein Mann sollte erst wasgeben, bevor er was bekommt.«

Larry brummte unwirsch. Warum bloß waren die Dinge inseinem Leben immer so kompliziert? Vielleicht, überlegte er,nützte es was, wenn er es auf die einfühlsame Tour versuchte.

»Also, wenn du so gelangweilt bist… Was erwartest du dannwirklich von deinem Leben?«

Page 295: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 295/317

 

Sie seufzte nachdenklich. »Ach, ich weiß nicht. Dieser ganzeKreuzfahrtkram ist auch nicht mehr das, was er mal war. Frü-her gab es Glamour und Glitter, Jet-set und Prominenz, Play-

 boys und reichlich Sex. Und heute? Barry Manilow, Chris Ro- berts und die Weather Girls. Eigentlich wollte ich nie Karriereauf einem Passagierschiff machen. Ich möchte zurück in mei-nen früheren Job.«

»Und was war das für ein Job?« erkundigte er sich.

»Käpt’n eines Supertankers!« erwiderte sie stolz.

Larry runzelte die Stirn. »Wirklich?«Sie nickte. »Jaaa! Und ich würde alles tun, um mal wieder eine

richtig gewaltige Masse unter mich zu kriegen… Ich verstehe bis heute nicht, warum ich aus meinem Job auf der AmmbumsenValdez gefeuert wurde, bloß weil wir zufällig ein bißchen aufGrund gelaufen sind. Als ob es meine Schuld wäre, daß Hazel-ton die Nacht lieber in meiner Kabine verbringen wollte als aufdieser zugigen alten Kommandobrücke…«

»Ja, das kann ich verstehen«, murmelte Larry.

Käpt’n Thygh sah ihn an. »Hm?«

»Äh, wird es nicht allmählich langweilig, jede Woche mit ei-nem anderen Mann zu verbringen?« artikulierte er das erste beste, was ihm in den Sinn kam, auch wenn es nicht besonderssinnvoll war. »Seine Launen, Wünsche, Vorlieben und eroge-nen Zonen zu erforschen? Herauszufinden, wie du ihm gefälligsein kannst?«

Sie legte verwirrt den Kopf schief. »Vielleicht verstehe ich dieFrage nicht richtig. Was genau willst du mir damit sagen?«

Page 296: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 296/317

 

Larry gluckste. »Ja, also, ähm, weißt du, was würdest du voneinem kleinen Ründchen Ankerwerfen halten?« wagte er sichvor. »Nur du und ich? Bug an Heck? Schlepper und Tanker?«

Sie verdrehte gequält die Augen. »Mein Gott, Larry, du bist jaeinfach jämmerlich! Wie bist du nur jemals am LiebesMeister2000™ vorbeigekommen?«

»Soll das vielleicht nein heißen?« hakte er nach.

Sie nickte. »Genau das soll es heißen, ja.«

»Nun gut«, sagte Larry langsam und beschloß, seinen letzten,

seinen einzigen Trumpf auszuspielen. »Aber was wäre… Also, bloß mal so angenommen… Weißt du, Mützchen, vielleicht binich ja der Kerl, der deine Träume verwirklicht!«

»Das bezweifle ich. Das bezweifle ich wirklich.«

»Nun«, sagte Larry ruhig. »Was würdest du dazu sagen,wenn ich dir erzählte, daß ich seit kurzem in bedeutender Posi-

tion bei einer größeren Schiffahrtslinie arbeite?«»Ich würde sagen, daß wir beide träumen.«

»Tja, dann hör auf zu träumen, Süße! Warte mal! Ich hol’ malkurz was raus…« Er fummelte an seinem Jackett herum.

»O Gott«, stöhnte Käpt’n Thygh und musterte Larry entsetzt.»Wie roh…«

»Jau, ziemlich roh«, bestätigte er und hielt ihr das Aktienzerti-fikat unter die Nase, das er von Annette bekommen hatte, ob-wohl er ja eigentlich mit ihr hatte ins Bett gehen wollen. »Rohöl-transporte!«

Sie betrachtete das Dokument und bekam große Augen. »Al-so, da soll mich doch der olle Klabautermann dingsdaen«,

Page 297: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 297/317

 

murmelte sie verblüfft. Sie schaute Larry an. »Heißt das, wasich vermute, daß es heißt? Daß du…«

»Daß ich der stolze neue Besitzer der absoluten Aktienmehr-

heit an der Ammbumsen-Transport AG, ATG, bin«, bestätigteLarry und nickte grinsend. »Genau. Ist ja nur das größte Rohöl-transportunternehmen der Welt…«

Ein Lächeln erschien auf Käpt’n Thyghs Gesicht, das ebenfallsEinzug in ihre Stimme fand, die auf einmal gar nicht mehr ab-weisend klang, sondern bloß noch verflucht sinnlich.

»Nun, das ändert natürlich alles«, sagte sie sanft.»Natürlich tut es das!« stimmte Larry zu. »Aber weißt du, die

weltweit größte Flotte von Supertankern zu dirigieren ist ja soanstrengend! Diese ewigen Umweltschützer. Die Steuern. Dieständigen Tumulte, wenn besoffene Kapitäne mit ihren Pöttenwieder mal an irgendwelche größeren Kontinente plauzen…«Er seufzte dramatisch.

»Tumulte können sehr aufregend sein«, stellte Thygh fest.

Larry lächelte. »Weißt du, Mützchen, in meiner Eigenschaftals Chef suche ich im Augenblick jemanden, der die Positiondirekt unter mir einnimmt.«

Käpt’n Thygh dachte einen Moment darüber nach. Dannstreckte sie lächelnd die Hände nach ihm aus. Als Larry auf-stand und, von einem Ohr zum anderen grinsend, zu ihr ging,klappte die Muschel langsam zu. Larry und Thygh verschwan-den außer Sicht. Man hörte das Rascheln von Kleidern. Dannerscholl erneut die Triumpharie, begleitet von Thyghs lustvol-lem Stöhnen.

»Larry«, stöhnte sie heiser. »Oh, Larry…«

Page 298: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 298/317

 

Er, keuchend: »Weißt du, Baby, ich weiß ja Opern wirklich zuschätzen. Aber würde es dir was ausmachen, mal was von mei-ner Musik aufzulegen?«

Die Oper verstummte und wurde durch Discomusik von Cooland the Gang ersetzt. Die geschlossene Muschel begann imRhythmus des Songs zu schwanken und zu schaukeln.

»Oh, Baby!« keuchte Larry glücklich. »Du bist die Größte! Dasist die schönste Nacht meines Lebens!«

»Oh, Larry«, seufzte Thygh wollüstig. »Larry, oh, Larry! Du

 bist mein Hengst! Mein Tier!« Ihre Stimme wurde immer höher.Dann brach das Stöhnen abrupt ab, und in plötzlich dominan-tem Tonfall erklärte sie streng: »Los, Laffer! Leg diese Hand-schellen an!«

Bevor Larry sich versah, klickten die blanken Stahlreifen umseine Handgelenke. Doch dieses Mal mußte er sich nicht selbstwieder daraus befreien. Das erledigte Thygh für ihn. Das undnoch eine ganze Menge mehr. Denn inzwischen war sie mitLarry gekommen – zu der Erkenntnis, daß zuweilen auch hoff-nungslose Versager einen gewissen Reiz haben können…

Page 299: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 299/317

 

Larry Laffer: Die Legende lebt!

Page 300: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 300/317

 

Larry Laffer – Die Legende

Die Spiele 

Leisure Suit Larry 1: In the Land of the Lounge Lizards (1987)

Larry Laffer entsprang den Hirnwindungen des Sierra-Designers Al Lowe, als er sich bewußt wurde, wie wenig er-

wachsene und humorvolle Unterhaltung sich auf dem Marktder Unterhaltungssoftware der späten achtziger Jahre tummel-te. In the Land of the Lounge Lizards, kurz Larry 1, führte den All-roundlooser im Polyesteranzug zum ersten Mal für eine Nachthinaus – in die berühmtberüchtigte Zockerstadt Lost Wages.Larry 1 entfachte innerhalb weniger Tage hitzige Diskussionenim prüden Amerika, das bis dahin lediglich Spiele kannte, die

primär auf Kinder ausgelegt waren. Zunächst schien es, alswürde Larry 1, ohne irgendwelche Werbung und Vorankündi-gungen veröffentlicht, ein Mißerfolg werden. Der erste Ver-kaufsmonat war eine einzige Katastrophe – die niedrigsten Ab-satzzahlen, die Sierra jemals hatte. Aber dann stiegen die Zah-len durch Mundpropaganda von Monat zu Monat weiter an,

 bis das Spiel schließlich durch die amerikanische Software Pub-lishers Association sogar mit der Platinauszeichnung für250.000 verkaufte Exemplare geehrt wurde. Außerdem wurdeLarry 1 zum besten Adventurespiel des Jahres 1987 erhoben,und das, obwohl es von nur zwei Leuten innerhalb von dreiMonaten entwickelt wurde: Al Lowe und Mark Crowe (heutearbeiten Dutzende von Programmierern, Musikern, Designern

und Grafikern zuweilen jahrelang an einem Programm). Wäh-

Page 301: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 301/317

 

rend Crowe in nur vier Wochen die gesamten Hintergründeund Animationen für das Spiel besorgte, obwohl er »hauptamt-lich« eigentlich an Sierras Space Quest II arbeitete, besorgte Lo-

we das Programmieren des Parsers, des Codes, der erkennt,was der Spieler eintippt, und darauf reagiert.

Fünf Jahre später, 1991, veröffentlichte Sierra eine komplettneu gestaltete Version von Larry 1, die mit VGA-Grafik und 256Farben aufwartete. Außerdem wurde das Spiel neu program-miert und die herkömmliche Tipp-doch-bis-deine-Finger- bluten-Eingabe durch eine moderne grafische Oberfläche er-setzt.

Leisure Suit Larry 2: Leisure Suit Larry Goes Looking For Love (InSeveral Wrong Places) (1988) 

Larry Laffer gewinnt in der Tombola – und bleibt trotzdemnur ein Verlierer! Ein romantisches Kreuzfahrtschiff bringt ihnzu mehreren schmucken Südseeinseln – und mitten hinein ineine wahnwitzige, internationale Geheimagentenverwicklung,die ihn nicht nur rührt, sondern auch kräftig schüttelt!

Nachdem Al Lowe festgestellt hatte, daß die Leute Larry trotzseiner offenkundigen Mängel wohl irgendwie mochten, beschloß er, die Fortsetzung moralisch ein wenig zu säubern,da sich einige Geschäfte geweigert hatten, Larry 1 zu verkaufen,weil es ihnen zu »schlüpfrig« war. Larry 2 wurde ursprünglichfür das Spielen von 6360 KByte-Disketten entwickelt (alle, diesich noch an die Dinger erinnern, mögen bitte die Hand heben).Zum ersten Mal wurden hier zukunftsweisende Filmtechniken

Page 302: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 302/317

 

wie Splitscreen und Fenster benutzt, und das bei doppelt sohoher Auflösung – aber nur halb so vielen Kalorien!

Leisure Suit Larry 3: Passionate Patti in Pursuit of the Pulsating Pec-torals (1989) 

Zurück auf dem Pfad der Lust, hat der Kaiser der billigenSprüche offenbar einen ebenbürtigen Gegner gefunden. Im ers-ten Teil von Larry 3 verkörpert der Spieler Larry – erst kürzlich

geschieden und gnadenlos auf Hasenjagd. Für den Höhepunktam Ende wechselt man kurzerhand das Geschlecht (ohne kom-plizierte Operation oder Hormonspritzen) und übernimmt dieRolle der Passionate Patti, was Larrys erotischem Eroberungs-feldzug eine ganz neue Seite abgewinnt.

Da zu der Zeit, als Larry 3 entstand, schon niemand mehr auf

Disketten zurückgriff, wurde zum ersten Mal eine Festplattezum Spielen benötigt. Trotzdem braucht das komplette Larry 3noch immer weniger als vier Megabyte. Im übrigen wollte AlLowe die Larry-Reihe hiernach eigentlich beenden. Währendder letzten Entwicklungsmonate antwortete er auf die Frage,was er sich denn für Larry 4 ausdenke, regelmäßig: »Nichts.Nichts, es wird niemals ein Larry 4 geben.« Und so kam es dann

auch. Als sich Lowe schließlich doch entschied, Larry zurück-kehren zu lassen (das Geld, Sie wissen schon… ), übersprang erLarry 4 (Arbeitstitel: The Missing Floppies) einfach und machtegleich mit Larry 5 weiter.

Page 303: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 303/317

Page 304: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 304/317

 

Leisure Suit Larry 6: Shape Up or Slip Out! (1993) 

Larry Laffer gönnt sich einen zweiwöchigen Traumurlaub im

La Costa Lotta-Club, einem exklusiven Fitneß-Tempel – inklusi-ve mehr köstlicher Anekdoten als jemals zuvor. Versuchen Siedoch einmal das Nudisten-Bungee-Jumping, tauchen Sie unterin einem entspannenden Moorbad, schwitzen Sie in der Saunaum die Wette, oder entspannen Sie sich beim Fettabsaugen. LaCosta Lotta ist das Paradies für Aufreißertypen wie Larry, so

daß sich hier ein Besuch in jedem Fall lohnt.Mit Larry 6 wollte Al Lowe gewissermaßen zu den Wurzelnder Larry-Reihe zurückkehren. Anders als in den letzten beidenSpielen gibt es diesmal keine ewig langen, selbstablaufendenSequenzen, keine Passionate Patti für die Ausgewogenheit und»political correctness« und keine aufgesetzte, ereignisschwereGeschichte. Einfach nur mehr Hasen, mehr komische Situatio-

nen, um Larry zu erniedrigen, und noch mehr Hasen. (Neben- bei, habe ich die Hasen schon erwähnt?)

Leisure Suit Larry: Collection (1994) 

Endlich sind sämtliche der klassischen Larry-Spiele auch ineiner hochwertigen Sammlerkollektion zu haben. Al Lowemußte acht Jahre – na ja, beinahe zumindest – schuften, um sei-nen Fans ein paar Stunden humoriger Unterhaltung zu bieten.Mit dabei sind außerdem u. a. die Laffer Utilities, Larry’s Big Sco-re, Larry’s Casino Games, Al Lowes Undubbed Video Interview undder absolute Urknaller schlechthin: Softporn! Was hier stark

nach Schmuddelfilm klingt, ist tatsächlich ein witziges Textad-

Page 305: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 305/317

 

venture aus den frühen Sierra-Tagen, das als Inspiration fürden Ur-Larry diente und garantiert keine einzige Grafik enthält.

Leisure Suit Larry 7: Yacht nach Liebe! (1996) 

Larry hat sich auf dem erotischsten aller Kreuzfahrtschiffe ei-ne Kabine gebucht, auf der P. M. S. Bouncy, das bis zum Buggefüllt ist mit wunderschönen Frauen – und jede ist tausendmalhipper, cooler und intelligenter als er. Aber der Oberhammer

an Bord ist zweifellos Käpt’n Thygh, eine blonde schwedischeWuchtbrumme, die auf ihrem Schiff allerlei neckische Spieleausrichten läßt – und der Hauptgewinn ist sie selbst! Hat Larryeine Chance, sie zu erobern? Nur mit Hilfe von sieben Schlüs-selschönheiten, die den Weg zur ultimativen nautischen Her-ausforderung pflastern.

Page 306: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 306/317

 

Hinter den Kulissen von

Yacht nach Liebe! 

Das Spiel 

In der offiziellen sechsten Larry-Folge (Al Lowe schwört, daßsein Hund den vierten Teil gefressen hat) verschlägt es Larryauf das aufreizendste Kreuzfahrtschiff der Welt, die P. M. S.

Bouncy, die als exotische Kulisse für seinen wohlverdientenUrlaub dient. Komischerweise fehlt es an Bord an den üblichenFlitterwöchlern respektive an Männern überhaupt; statt dessenist das Schiff bis zur Reling gefüllt mit tollen Frauen – alleschlauer, besser, cooler, als Larry es je sein wird.

»Auf einer kürzlichen Kreuzfahrt ist mir aufgegangen, daß so

ein Schiff ein perfekter Hintergrund für ein Adventurespiel ist«,erklärt Designer Al Lowe. »Es ist ein überschaubares und be-schränktes Gebiet mit einer begrenzten Anzahl an Zimmernund Bewegungsspielraum. Ich glaube, ein Luxusliner ist genaudie richtige Umgebung für das Spiel – rundum alles hübschfeucht. Und jetzt muß mir sogar das Finanzamt zugestehen, daßich die Reise als ›Recherche‹ absetze.«

Drei Jahre nach der Veröffentlichung von Leisure Suit Larry 6:Shape Up or Slip Out!, Up erscheint Yacht nach Liebe! rechtzeitigzu Weihnachten 1996. Obwohl Larry bekanntlich irgendwo inden siebziger Jahren hängengeblieben ist, sorgen Al Lowe undsein Produzent Mark Seibert für einen modernen, zeitgemäßenLook und einen völlig neuen Hintergrundstil, Musik in CD-

Page 307: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 307/317

 

Qualität und mehr animierte Zwischensequenzen und ›Kame-raeinstellungen‹ als jemals zuvor.

»In diesem Spiel sind mehr Animationen als in allen anderen

Teilen zusammengenommen«, sagt Lowe.»Aber wir haben vor allem den humoristischen Aspekt betont

– und nicht den Sex! Für Larry ist ja sowieso klar, daß es eherein paar Lacher mehr gibt als Schweinskram. Im Ernst, wir ha- ben ein paar wirklich originelle Charaktere geschaffen, und ichglaube ernsthaft, der Spieler wird die Herausforderung gut fin-

den – und ziemlich komisch!«Larry 7  begleitet unseren Beinahe-Helden durch eine Reihevon Wettkämpfen, die er nur mit Hilfe von sieben beinaheschon überirdischen Superfrauen gewinnen kann, von denenihm jede während einer mehr oder weniger fruchtvollen Be-gegnung einen Tip oder Gegenstand gibt, den er benötigt.

Was die Männer betrifft, hat sich Al etwas ganz Besondereseinfallen lassen. Man trifft auf Peter, Dick, Willy, Wang, John-son, John Thomas… Wer des Englischen mächtig ist, dürfte diesubtile Botschaft erfaßt haben.

Behind the Scenes 

Der Produzent von Larry 7, Mark Seibert, musikalischer Leiter bei Larry 5 und auch bei Titeln wie Phantasmagoria, King’s Quest7, Torin’s Passage und dem kultigen Klassiker Pepper’s Adventu-res in Time mit von der Partie, erläutert die Struktur des Pro-gramms: »Das Spiel ist sehr unlinear, der Spieler kann beinahevöllig nach eigenem Gusto die diversen Lokalitäten aufsuchen

oder den Frauen nachsteigen. Zu jeder Zeit hat man Zugriff auf

Page 308: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 308/317

 

eine Übersichtskarte des Schiffs und kann so augenblicklich zudem gewünschten Ort springen, ohne erst langwierig durchunwichtige Abschnitte laufen zu müssen.« Seibert weiter: »Wir

haben wirklich sehr viel Zeit dafür aufgewandt, für dieses Spieldas ultimative Interface zu entwickeln, und kombinierten die besten Features einer point-and-click-Steuerung mit klassischerTexteingabe und Menüs, wie man sie aus Windows 95 kennt.«Er kann sich ein Grinsen nicht verkneifen: »Es ist ein bißchenwie Command & Conquer – die Frauen haben das Kommando,und Larry versucht sie zu erobern.«* 

Yacht nach Liebe! präsentiert ein völlig neuartiges Interface.Der Spieler grast zwar weiterhin den Bildschirm nach Objektenab, aber wenn man einen Gegenstand findet, öffnet sich nun einsituationsabhängiges Fenster unterhalb des Mauszeigers. KeineIcons mehr, nur mehr Spaß!

Lowe und Seibert erlauben den Spielern gar, direkt an Larrys

amourösen Abenteuern teilzunehmen, durch ›Gastauftritte‹und selbstaufgenommene Dialoge, die notwendige Hardware(Scanner; Soundkarte plus Mikrofon) vorausgesetzt. »Dasknüpft an die Tradition von Larry 1 an, wo sämtliche Antwor-ten vom Anfang irgendwann später im Spiel wieder auftauch-ten«, erklärt Mark Seibert.

Immer noch nicht zufrieden damit, nur die Augen und Ohrenzu belästigen, gewinnt Yacht nach Liebe! außerdem auch nocheinem alten Gag neue multimediale Fähigkeiten ab: CyberSniff2000™. Dem Programm liegt eine Scratch-n-Sniff-Rubbelkarte bei, damit auch wirklich jedes Sinnesorgan stimuliert wird. De-signer Al Lowe dazu: »Eines der Rätsel dreht sich um ein Wür-

 

* Engl. to conquer = erobern; Anm. d. Übers.

Page 309: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 309/317

 

felspiel im Casino. Leider ist aber kein Platz mehr frei, und so bedient sich Larry kräftig am Bohnendip des Büfetts. Der Rest bleibt dem Spieler überlassen!« Er erklärt weiter: »Ich versuche

stets, die Leute richtig ins Spielgeschehen zu integrieren und sieimmer bei Laune zu halten. Yacht nach Liebe! modernisiert dasgesamte Genre mit neuen interaktiven Möglichkeiten. Es ist halteher wie Myst als wie Doom«, lacht er.

Al Lowe und Mark Seibert haben für Yacht nach Liebe! einTeam aus erfahrenen, hochkarätigen Sierra-Profis zusammen-gestellt. Dabei sind: Don Munsil, Co-Designer und Program-mierer, Steve Conrad, Hauptprogrammierer, Jason Zayas, A-nimationszeichner, Jason Piel, Hintergrundzeichner, sowieLayne Gifford, Hintergrundkoloristin. Zwei Zeichentrickstudi-os – Animation in New York und Los Angeles und West in Kroa-tien (nein, wirklich!) – vervollständigten die Keyframes (›In- betweening‹), kolorierten die einzelnen Bilder und digitalisier-

ten das gesamte Material, um es schließlich in das Programmzu integrieren.

Ein Quantensprung in Sachen Soundtrack wurde erreicht, in-dem auf das übliche MIDI-Gedudel ganz verzichtet und stattdessen handgemachte Musik (von echten Musikern) digitali-siert wurde. Der Künstler Frank Zottoli komponierte eigens für

Yacht nach Liebe! ein Dutzend neue Stücke und dirigierte eine Jazzcombo in den bekannten Mad-Hatter-Studios in Los Ange-les, in denen schon die Jazz-Legende Chick Corea Platten auf-genommen hat. Um den Retro-Appeal von Larry auch richtigeinzufangen, hat Mark Seibert zudem einige der größten Songsder 70er lizenziert. »Wir haben Samples von echten Klassikerndieses ruhmreichen Jahrzehnts im Spiel«, berichtet er stolz.

»Dieses Spiel wird wie eine richtige CD klingen!« Al Lowe

Page 310: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 310/317

 

 bringt es wieder mal auf den Punkt: »Unsere CD ist sogar imLaden erhältlich!«

Im Januar 1996 haben Lowe, Seibert und ihr Team begonnen,den neuartigen Stil des Spiels zu definieren. Schon frühzeitighat man sich dazu entschlossen, keine echten Schauspieler zu benutzen und das Programm komplett als Zeichentrickcartoonzu gestalten, weil Videosequenzen den typischen, komödianti-

schen Aspekt der Handlung zum Großteil zerstören und vorallem den ›Schmuddelfaktor‹ erheblich reduzieren würden.

Zum ersten Mal in der Larry-Reihe sollten echte Zeichentrick-animationen zum Zuge kommen, mit allen Eigenschaften undden flüssigen Bewegungen eines professionellen Cartoons. Lo-we und Seibert besuchten sogar Amerikas zweitgrößte Zo-ckermetropole Reno, nicht, um Spielautomaten zu füttern, son-dern vielmehr, um innerhalb des bekannten Harrah’s Casino Fo-tos zu schießen – als Grundlage für die Casinoszenen in Yachtnach Liebe! 

Bereits Ende März 1996 war man mit den grafischen Grundla-gen soweit fertig. Das neue, geniale Benutzerinterface wurdezur selben Zeit entwickelt. »Wir wollten dem Spieler das Gefühl

geben, daß für ihn alles möglich ist – zumindest auf den erstenBlick«, erklärt Mark Seibert die Philosophie hinter dem innova-tiven Programmcode.

Im April schließlich war das gesamte Layout des Spiels zumGroßteil definiert, und das Team begann mit der Teilen-und-erobern-Arbeit. Das ganze Spiel wurde in Sektionen unterteilt,

die grob einem weiblichen Hauptcharakter und den begleiten-

Page 311: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 311/317

Page 312: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 312/317

 

Al Lowe: Larrys Alter ego?

Über sein Alter spricht er grundsätzlich nicht, aber schon alsKind war Al Lowe ein richtiger Klassenclown, der seine Schul-kameraden amüsierte und seine Lehrer mit Witzen und Sprü-chen nervte. Ironischerweise wurde er Jahre später Musiklehrerund arbeitete in diesem Beruf fünfzehn lange Jahre. Heute, alsder zweifellos bekannteste Designer humorvoller Computer-

spiele, schließt sich damit der Kreis. Lowe vergnügt: »Das Tollean meinem Job ist, daß ich jetzt für genau dieselben Späßchengut bezahlt werde, die mir früher nur Ärger einbrachten!«

Stets mit der Nase hart im Wind, erkannte Lowe früh denTrend hin zum spielerischen Lernen und entwarf zusammenmit seiner Frau schon Anfang der achtziger Jahre Edutainment-

Titel. Unter dem Logo Sunnyside Soft produzierten sie drei Ti-tel – Dragon’s Keep, Bop-A-Bet und Troll’s Tale, die von Sierrarausgebracht wurden.

In seinen frühen Jahren leitete Lowe verschiedene Bereicheder Entwicklung bei Sierra: vom Design über Grafik bis hin zurMusik. Eigentlich war Lowe die Sierra-Musikabteilung zu An-fang der Achtziger. Nach solch unterschiedlichen Titeln wie u.a.  A Gelfling Adventure, Home Word Speller, Home Word Filer,Winnie the Pooh in the Hundred-Acre Woods, King’s Quest 2 (Mu-sik) und Mickey’s Space Adventure (Musik) hauchte er baldseinem ersten Grafikadventure Leben ein: The Black Cauldronwar eine genau Umsetzung des Disney-Films Taran und derZauberkessel (1985). Darauf folgte das Edutainment-Spiel Donald

Duck’s Playground. 1986 war Lowe dann sowohl der Hauptpro-

Page 313: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 313/317

 

grammierer von Roberta Williams King’s Quest III als auch vomersten Police Quest-Spiel, gefolgt von Programmierer- undKomponistenaufgaben für Space Quest II und King’s Quest IV. 

Aus Lowes populärer Leisure Suit Larry-Serie , von der bislangweltweit in fünfunddreißig Ländern drei Millionen Exemplareüber den Ladentisch gingen, entstand ein völlig neues Genre:Erwachsenenspiele. Und außerdem noch jede Menge kontro-verse Diskussionen. Der Bundesstaat Kalifornien zum Beispielerließ sogar eine Verfügung (Leisure Suit Larry-Bill), die er-wachsene Inhalte in Computerspielen untersagte. Doch dankdem Eifer von Fans und Spielindustrie war diesem Verbot gott-lob kein allzu langes Leben vergönnt.

Seit damals schuf Lowe fünf weitere Larry-Spiele, die alle zuVerkaufshits wurden, und hatte Auftritte in diversen Fernseh-shows (Entertainment Tonight). Zahlreiche Magazine – RollingStone, Playboy, New York Times – haben über Al Lowe und seine

Schöpfung berichtet. Heute lebt der Kult in Form der LeisureSuit Larry Collection und dem neusten Abenteuer Yacht nach Lie-be! weiter.

1992 erdachte Lowe mit Freddy Pharkas, dem Western-Apotheker, einen weiteren Hitcharakter. Als Hintergrund hier-für dient das historische Kalifornien nach der Goldrauschära.

Erst kürzlich ersann er mit Torin’s Passage außerdem ein heraus-forderndes und humorvolles Märchen-Adventure, das den jun-gen Helden Torin auf seiner gefahrvollen, faszinierenden Reisedurch mehrere Zauberwelten begleitet.

Al Lowe und seine Familie leben nach dem Umzug von Oak-hurst, Kalifornien, seit 1994 in Seattle. Er ist seit beinahe drei Jahrzehnten mit seiner Frau Margaret – ebenfalls eine Musik-

Page 314: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 314/317

 

lehrerin – verheiratet und stolzer Vater von Brian und Megan.Wenn er einmal gerade nicht mit dem Entwerfen von Spielenoder seiner Familie beschäftigt ist, mag Lowe ein gutes Buch,

einen unterhaltenden Film, einen schicken Segeltörn, schnelleSkiabfahrten und amüsante Comedyclubs. Und freilich musi-zieren er und sein Saxophon ab und zu in einer kleinen Jazz-combo und einer Big Band. Im Gegensatz zu seiner Schöpfung besucht Lowe selten Bars und haßt seit jeher Discomusik.

Betrachtet man sich den sprühenden Irrsinn, der seinen meis-ten Spielen zugrunde liegt, ist es nur angebracht, daß sich seineWirkungsstätte innerhalb des Sierra-Hauptquartiers in Bellevuenahe Washington, D. C, befindet.

Page 315: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 315/317

 

Danksagung

Danksagungen sind immer eine günstige Gelegenheit, den Leu-ten eins auszuwischen, die den gestreßten, termingeplagtenAutor bei der Fertigstellung seines aktuellen Machwerks ausdiversen zumeist nichtigen Gründen permanent von der Arbeitabgehalten haben. Im Fall von Yacht nach Liebe! waren dies: PeteThannes, der die schlechte Angewohnheit hat, immer dann an-

zurufen, wenn man am wenigsten mit ihm zu tun haben will;Mike Niceman, für den ziemlich dasselbe gilt, auch wenn erwenigstens versucht, seine Unzulänglichkeiten kurz zu fassen;Edgar Bracht, mein engagierter Lektor, bei dem ich mich aufdiesem Wege für die Unannehmlichkeiten entschuldigen möch-te, die ich ihm bereitet habe (das mit Ihrem Haus tut mir wirk-

lich aufrichtig leid; ist die Feuerwehr noch rechtzeitig eingetrof-fen?); Tina und Amir Keshavarz nebst Nachwuchs Dariush,obwohl er immer noch in die Windeln macht; Kerem Nielsen,der trotz seines bescheidenen Alters bereits eine ganz bemer-kenswerte Ähnlichkeit mit Larry Laffer aufweist; Rodriguez,das aufblasbare Wunderlama; Jack Koerber, dem ich bei unse-rer nächsten Begegnung aus Gründen, über die man besser

schweigt (bald ausführlich dokumentiert nachzulesen auf derSierra-Website http:\\www.sierra.com), mit bloßen Händenden Kopf abreißen werde; und nicht zuletzt meine Frau Margie,ohne deren tatkräftige Unterstützung dieses Buch bereits Mo-nate früher fertig gewesen wäre.

Doch mein größter Dank gebührt Leo Cardigan von Sierra-

CUC, ohne dessen Engagement und Einsatz dieses Buch ver-

Page 316: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 316/317

 

mutlich nie geschrieben worden wäre. Wenn Ihnen Yacht nachLiebe! also partout nicht gefallen hat, dann wissen Sie jetzt, werIhnen diese Suppe eingebrockt hat.

Also lassen Sie Ihre Wut nicht an mir aus, okay? Ich kannnichts dafür! Ehrlich nicht! 

Steve WhittonHidden Place, Connecticut

7. September 1997

Page 317: Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

8/19/2019 Witton Steve Die Verrückten Abenteuer Vom Larry Laffer

http://slidepdf.com/reader/full/witton-steve-die-verrueckten-abenteuer-vom-larry-laffer 317/317