WOMB 06/14 – Bregenzer Wald: Einsame Bike Erlebnisse in Vorarlberg

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Reportage, veröffentl. WOM Medien

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DIE ALPEN GELTEN ALS DAS AM BESTEN ERSCHLOSSENE GEBIRGE DER ERDE.

HIER NOCH PLÄTZE ZU FINDEN, DIE NICHT AUCH VON MOUNTAINBIKERN

SCHON VOLLENDS IN BESCHLAG GENOMMEN WURDEN, IST KEINE LEICHTE

AUFGABE. MANCHES MAL LIEGT DAS GESUCHTE ABER ERSTAUNLICH NAH. DER

BREGENZERWALD JEDENFALLS IST NAHE GENUG AM BODENSEE, DEM ALLGÄU

UND DEM KLEINWALSERTAL GELEGEN, UM LEICHT ÜBERSEHEN ZU WERDEN.

GERADE DESHALB SIND WIR DORTHIN GEFAHREN!

Text: Marco Felgenhauer | Foto: David Schultheiss

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Text: Marco Felgenhauer | Foto: David Schultheiss

GESCHICHTEN 39

Nun mal ehrlich: nix gegen die Vorarlberger! Werden die übrigen Österreicher jedoch nach ihrem westlichsten Bundesland befragt, erscheint das Grenzgebiet zur Schweiz weiter weg zu liegen als – sagen wir mal – Hawaii oder die Mongolei. Ginge es nach den Tirolern, müsste das Land eher „Hinterarlberg“ heißen, schließlich ist Bregenz nur via Arlbergpass oder Arlberg-tunnel zu erreichen. Oder eben durch Deutschland, aber das ist schon eine ganz andere Hürde. Im alpenländischen Erdkundeunterricht wird der Landstrich wohl ebenso leicht vergessen wie Mecklenburg-Vorpommern oder das Saarland.

Aus deutscher Sicht rollt es sich dagegen ganz leicht nach Vor-arlberg. Die Autobahn bis Lindau findet jeder, der schon einmal auf der Eurobike war. Danach gilt es nur noch, etwas Geld in die Hand zu nehmen, um im Pfändertunnel Bregenz ganz elegant zu umgehen, und schon ist Vorarlberg erreicht. Für unser Ziel, den Bregenzerwald, muss man nur noch die nächste Ausfahrt erwischen und schon windet sich die Straße hinauf in die typisch grünen Berge dieser Ecke der Alpen. Grün wie die saftigen Alm-wiesen, die sich zahlreich an die kahlen Berge schmiegen. Kahl? Richtig! Die zuvor gewählte Schreibweise ist kein Zufall oder gar der Irrtum der Rechschreibkorrektur. Wurde bei der Besiedelung dieser Berglandschaft um die Jahrtausendwende – wohlgemerkt der ersten – noch von einem „Bregenzer Wald“ gesprochen, den es zu roden galt, so gilt diese Bezeichnung inzwischen als veral-tet. Die Bauern haben in den Jahrhunderten ganze Arbeit geleis-tet, und was an Bäumen nicht den Nutztieren weichen musste, wurde später von der Skiindustrie beseitigt. Wie stand es in einer

Landschaftsbeschreibung geschrieben? „Die Erschließung des Bregenzerwaldes ist abgeschlossen“. Wohl wahr, erreichbar ist hier alles mit den unterschiedlichsten Verkehrsmitteln. Auch Au im Bregenzerwald ist schnell gefunden und damit auch unser Hotel. Ausgestiegen, eingecheckt und ein langes Gesicht gezo-gen. Der Blick nach draußen verheißt nichts Gutes!

Erinnerungen werden wach an den letzten Trip nach Vorarlberg, damals jedoch ins weiter südlich gelegene Montafon. Wenn die Feuchtigkeit vom Bodensee hier hoch kommt, kann es einige Zeit dauern, bis sich der Regen aus dem Talkessel wieder verzogen hat. Irgendwoher muss das satte Grün an der Berghängen ja kommen. Momentan sieht alles jedoch grau in grau aus. Eine gute Gelegenheit also, sich einmal mit dem Hotelchef Christian Reich zu unterhalten.

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GESCHICHTEN

InsiderwissenChristian gehört sicherlich zu denjenigen Hoteliers, die ihr eigenes Hobby ins Geschäft integriert haben. Im Klartext: Hier ist man für die entscheidenden Hinweise an der richtigen Stelle. Im Allgemeinen brennt er natürlich für die Besonderheiten seiner Heimatregion und erzählt uns von der Vielseitigkeit des Bregenzerwaldes. Wald lasse sich hier durchaus noch finden, nur eben in den Tallagen und nicht oben an den Berghängen. Von den Unterschieden im Vorderen und Hinteren Bregenzerwald ist da die Rede, von sanften Hügeln bis hin zu schroffen Gipfeln mit langen harten Anstiegen. 450 Kilometer ausgewiesene Touren führen durch diese abwechslungsreiche Landschaft, bis hinüber ins benachbarte Kleine und Große Walsertal, die auch innerhalb eines Tages zu erreichen sind.

Hinunter geht es selten auf verblockten Trails, dafür flüssig auf Wald- und Schotterwegen aller Couleur. Für die Anstiege stehen die zahllosen Wirtschaftswege der Liftgesellschaften zur Verfügung. Oder eben die dazugehörigen Bahnen, die meist auch im Sommer in Betrieb sind. Kosten entstehen dadurch keine: Die Benutzung ist bei der Bregenzer Gäste-Card bereits inklu-sive, und die bekommt jeder, der mindestens drei Tage in der Region übernachtet. Darüber hinaus lassen sich damit auch die öffentlichen Bäder nutzen sowie etliche kulturelle Einrichtungen. Doch zu einem Museumsbesuch kann uns auch das Vorarlberger Regenwetter nicht bewegen. Lieber beobachten wir noch das Geschehen aus dem warmen Zimmer heraus – Christian wettet bereits auf die durchbrechende Sonne.

Hätten wir eine Flasche Wein dagegengesetzt – er hätte uns am Abend einladen können. Mit der Präzision des Einheimischen hat er die Sonne bereits erahnt, nun zeichnen sich die ersten Strahlen in der Wolkendecke ab. Nichts wie raus aufs Bike und so schnell wie möglich nach oben. Zum Glück ist die Bahn Richtung Diedamskopf nicht weit, und so stehen wir kurz darauf knapp 900 Höhenmeter weiter oben, knapp oberhalb der Mit-teldiedamsalpe. Einer dieser typischen Kuhpfade führt uns erst einmal ein paar Meter nach unten, bevor wir halbwegs befestig-ten Boden erreichen. Der Aufstieg, soviel ist schnell klar, wäre einer dieser Schotterweg-Klettereien geworden, denen wir nicht unbedingt eine Träne nachweinen. Wir wenden uns dagegen nach links dem Gipfel zu. Gut 300 Höhenmeter sind das noch, nicht schlecht für eine Tour „aus der kalten Hose“ und nach der langen Anreise.

Doch inzwischen lächelt uns die tief stehende Sonne ins Gesicht, und so kurbeln wir mit einem guten Gefühl dem Gipfel entgegen, vorbei an saftigen Almwiesen, die ihre herbstliche Ruhe genie-ßen. Die Kühe, sonst gern gesehene und gehörte folkloristische Begleiter im kultivierten Teil der Alpen, genießen längst die Win-terruhe in den Ställen ihrer Besitzer. Stille liegt somit über dem Berg. Eine Ruhe, die uns Zeit gibt, das Farbenspiel zu bewun-dern, das die Sonne in die spätsommerlichen Wiesen zaubert. Das Panorama? Grandios! Was die Skihänge an Tristesse zeigen – erst recht in der Übergangszeit zwischen der Sommersaison und dem Skibetrieb – macht die Aussicht auf die umliegenden Gipfel locker wett.

„Eine Ruhe, die uns Zeit gibt, das Farbenspiel zu bewundern, das die Sonne in die spätsommerlichen Wiesen zaubert.“

Einsame Trails und kahle Berge

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Westlich von uns kündigt der Hohe Ifen die Grenze nach Deutschland und damit ins Allgäu an, weiter südlich reicht der Blick bis über den Flexenpass hinweg in die Arlberger Gruppe, und ganz im Süden leuchten die 3.000er der Silvretta. In der klaren Luft scheinen die Distanzen zu schrumpfen, und es fällt schwer, sich weiter auf den Weg zu konzentrieren.

Einsame WegeWas uns dabei erst bewusst wird: Wir sind allein unterwegs. Abgesehen von den letzten Wanderern, die, wie inzwischen üb-lich, freundlich grüßen, anstatt sich über die Mountainbiker zu beschweren, ist niemand mehr in den Bergen zu sehen. Klar, die Saison ist offiziell vorbei, doch der warme Spätsommer ist trotz-dem einladend genug für längere Biketouren. Doch nach wie vor ist der Bregenzerwald ein Geheimtipp, so überstrapaziert dieser Begriff auch sein mag. Tirol, das Salzburger Land und Kärnten sind die Bikeregionen Österreichs. Vorarlberg wird auch in dieser Hinsicht seinem Ruf gerecht. Während im Kleinwalsertal, das inzwischen in Sichtweite liegt, der Biketourismus blüht, ist es diesseits des Widdersteins, Grünhorns und Hohen Ifens noch beschaulich ruhig. Mit all den Vorteilen, die wenig überlaufene Wege so mit sich bringen. Eine einsame Gipfelrast beispiels-weise! Der Himmel ist inzwischen tief blau, und wir trocknen uns kurz in der doch recht frischen Luft, bevor es zurückgeht in Richtung Tal.

Zurück heißt in diesem Falle den gleichen Weg bergab, wenn auch nur für einige Meter. Schon bald wird es merklich spaßiger. Schmale Pfade ziehen sich quer über Skihänge und Kuhweiden, was beides das Gleiche bezeichnet, nur zu unterschiedlichen Jah-reszeiten. Vorsicht ist geboten, jedoch mehr vor den übergroßen Trittspuren der Weidetiere als vor komplizierten Streckenpassa-gen. Zwischendurch scheint sich der Weg fast zu verlieren, bevor dann doch wieder die eine oder andere Hütte von der nahenden Zivilisation kündet. Eine reichlich käsehaltige Brotzeit würde die-sen Nachmittag nun noch abrunden, doch dafür ist es schon zu spät im Jahr. Die Senner – vor allem die hübschen Sennerinnen – sind gemeinsam mit den Milchlieferanten ins Tal gezogen und gehen dort weniger beneidenswerten Beschäftigungen nach. Und wir fliegen ihnen entgegen. Urplötzlich geht es rechts weg, und seitdem nehmen das Gefälle und die Geschwindigkeit deutlich zu. Schon kurz darauf verschluckt uns der Wald, und wir zirkeln auf nicht zu schmalen Wegen zwischen den lange vermissten Bäumen hindurch. Der Boden ist tückisch, nasses Laub macht es schier unmöglich, anständigen Grip zu finden und obendrein sorgt die Sonne für rasche Wechsel zwischen Licht und Schatten. Doch der Weg ist frei, und wer nicht bremst, der verliert auch nicht den Grip. Oder so ähnlich …

Bike-WellnessZurück in Au genießen wir nun endlich die Vorzüge der geho-benen österreichischen Hotellerie: Im Bereich für Bike-Wellness spritzen wir erst einmal die Rest des Laubwaldes von den Rädern und verpassen den Ketten noch eine Massage mit ausreichend Öl. Scherz beiseite. In der Sauna, die ebenfalls angenehm wenig besucht ist, beleben wir unsere steifen Gelenke nach der kühlen Abfahrt und freuen uns schon vorab über den abendlichen Ausklang an der Bar. Das Wetter, so erfahren wir da, soll noch längere Zeit stabil bleiben. Auch wenn die Tage merklich kürzer werden, dürfte so noch die ein oder andere Tagestour möglich sein. Der Entschluss ist schnell gefasst: Wir bleiben noch einige Tage im Bregenzerwald.

Panorama beim Kartenstudium

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„Der Himmel ist inzwischen tief blau, und wir trocknen uns kurz in der doch recht frischen Luft, bevor es zurückgeht Richtung Tal.“

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HinkommenAuto: Von München über die A96 Lindau am Bodensee. Durch den Pfän-dertunnel (Maut) weiter auf der A14 (Maut) bis Dornbirn-Nord. Der B200 bis nach Au im Bregenzerwald folgen. Alter-nativrouten ohne Maut über die A96 bis Jengen/Kaufbeuren, weiter auf der B12 und B19 bis Immenstadt. Dann der B308 über Oberstaufen bis zur Landesgrenze folgen. Die B205 und B200 führen dann bis nach Au im Bregenzerwald.

Zug: Die Deutsche Bahn fährt von Mün-chen über Lindau bis nach Bregenz oder Dornbirn. Von dort ist eine Weiterfahrt mit dem Bus möglich.

Flug: Die nächsten Flughäfen befinden sich in Memmingen (ca. 90 km) und Friedrichshafen (ca. 60 km). Der nächste internationale Flughafen befindet sich in Zürich/Schweiz (ca. 130 km).

Beste ReisezeitMai bis September Meereshöhe: 800 – 2.135 m

NachfragenBregenzerwald TourismusGerbe 1135, 6863 Egg, VorarlbergTel.: +43 5512 23 [email protected]üro AuTelefon +43 5515 [email protected]

RumkommenDie Bike Schule BregenzerwaldArgenau 966883 Au/BregenzerwaldTel.: +43 660 14 29 [email protected]

RaufkommenBergbahnen DiedamskopfHalde 3006886 SchoppernauTel.: +43 (0) 5515 / [email protected]

UnterkommenAlpen Hotel Post ****Christian ReichArgenau 1006883 Au im [email protected]

Hotel Adler ****Fam. SimmaLisse 906883 Au im [email protected]/adler.html

Weitere spezialisierte Bike- betriebe findest du unter: www.bike-holidays.com

Appartements Haus Monika Monika und Dietmar Beer Eggele 157 6886 Schoppernau , Österreich Tel.: +436643520436 [email protected]/haus_monika

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