Worte wie Spuren - Weisheit der Indianer

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    Worte wie Spuren

    Weisheitder

    Indianer

    Herder

    Freiburg . Basel Wien

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    Herausgegeben und eingeleitet

    von MariaOtto

    Dritte Auflage

    Umschlagfoto: Erich Lessing

    Alle Rechte vorbehalten - Printed in Germany

    Fr diese Ausgabe:Verlag Herder Freiburg im Breisgau 1985

    Herstellung: Freiburger Graphische Betriebe 1987

    ISBN 3-451-20552-1

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    Inhalt

    Einleitung. . . . . . .

    I. Der heilige Kreis .

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    I. Harmonie des Alls . . . . . . . . . " I 5Wir sind keine Minoritt - Spuren berall

    Schpferlied - Ein Nest im Universum

    2. GewagteBrderlichkeit " 25Die weien Wurzeln des Friedens - Wohin mit

    den Wilden - Den Ha hinweglcheln

    3 Was Anstandist " 37Die Kultur des Zuhrens - Die Gefhle des an-

    dern nicht verletzen

    4 Die Schwachen mittragen. . . . . .. 45Ich spreche fr sie - Keiner soll frieren wegen

    der Klte der andern - Kein Generationenkon-

    flikt

    5 leder willgutsein, keiner besser. ...

    53

    Nicht auf Kosten der andern - Regieren macht

    arm - Vielfalt des Einmaligen: statt Egoismus

    5

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    6. WortundWissen . . . . . . . . . .. 65Das wahre Wort - Poesie - Lernen - Erleuchtung

    und Rat - An den Grenzen des Lebens

    H. Was ist Wirklichkeit? 77

    I. Das G e l d ~ . . . . . . . . . . . . . .. 77Sage mir, was dich bewegt - Leih-Gaben - Ver

    schenk-Fest - Kostenloses Glck - Weg des Gei-

    stes

    2. DerTraum. . . . . . . . . . . . . .. 87Menschsein heit trumen knnen - Lied im

    Traum - Visionen

    3 DasLachen . . . . . . . . . . . ...

    97Der Klang dieses Lachens - Die komische Seite-

    Singen und tanzen

    4. Viel Zeit. . . . . . . . . . . . . . .. 105Zeit zum Leben - Zeit zum Danken - Zeit

    zum Schauen

    5. Die Freundschaft . . . . . . . . . .. 11 5Innige Nhe - Das weie Rehfell des Mitleids -

    Alle sind wir Verwandte

    6. In Schnheit istes vollendet. . . ...

    123Es war berall schn - Der Pfad der Schnheit

    Quellenverzeichnis . .

    6

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    Einleitung

    Wie lebt eine Gesellschaft ohne Rivalitt, wiefunktioniert ein Wirtschaftssystem ohne Wett-bewerb?

    Diese Gesellschaft lebt nichtund diese Wirt-

    schaft funktioniert nicht, sagen unsere Sozial-psychologen und konomen.

    Wettbewerb ist der Stachel, der die Men-schen zur Leistung treibt. Wo staatsbrokrati-sche Zwnge ihn ersetzen, hinkt das Ergebnisstets hinter dem Ziel her. Also doch wiederWettbewerb ... Weil die Menschen nun einmalanders nicht zu motivieren sind?

    Die Verallgemeinerung ist falsch. Wenn wir

    so sind, die Indianer sind es nicht. Zu ihren Tu-genden, von denen wir erfahren, zhlt diese,da sie nicht nur ohne Wettbewerb auskom-men, sondern ihm entgegenhandeln.

    Aus dem Dilemma des schleichend gehssi-

    gen Konkurrenzkampfes einerseits und desZwangssystems andererseits kann tatschlichnur die "Tugend" retten, die einen dritten Weg

    7

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    Einleitung

    wei. Es ist vielleicht noch der einzige, der

    menschenwrdige Weg: Bewegtsein aus Ein-

    sicht, Motiviertsein aus Lust zum Guten: An

    trieb genug, seine Sache gut zu machen, fr die

    anderen Gutes zu entdecken, ohne dabei zu

    verlieren.

    Manmu in

    einer groen Harmonie leben,wenn man an allem Guten teilhat, ob es das der

    andern oder das eigene ist - was dann wenig

    Unterschied macht.

    Wir andern richten eher die Welt zugrun

    de, als da wir der menschlichen Seele solcheFhigkeit zutrauen. Aber wir knnen uns die-

    sen mden Pessimismus nicht noch lange lei

    sten.

    In unseren Tugendspiegeln war freilich nicht

    immer die Harmonie der Krfte zu finden, son

    dern fter der Konflikt, der die Einsichten und

    die Triebe g ~ g e n e i n a n d e r ergrimmen lt.Darum tut es uns gut, zum berlebenden

    Rest dieser Vlker hinzuschauen und ein wenigvon der Dynamik seiner Zielvorstellungen zu

    verspren, damit wir wieder an die menschli

    che Tauglichkeit zum Guten glauben und sie

    uns auch abverlangen knnen.

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    Einleitung

    Oder gibt es das fr uns nicht, nur fr die Indianer?

    Unseren Sprchen nach mte es gehen. Re-den wir nicht auch von Brderlichkeit, sptestens seit der Franzsischen Revolution, lngstaber schon, seit wir als Christen vom Vater im

    Himmel wissen, dessen Sonne Gerechte undUngerechte umfngt? (Mt. 5,45).Der heilige Kreis der Indianer, der nicht zu

    lt, da einer ber dem andern steht - fhrenwir nicht die Parolen von Freiheit und Gleich

    heit an Menschenrechten im Mund, und hrenschon seit wir Christen sind: keiner nenne sichMeister ber die andern, einer diene dem andern? (Mt 23,8-11).

    Nichtdienen aber - so wurde auch uns gesagt- sollen wir dem Geld, dem Gtzen Mammon(Mt 6,24), mit dem die Indianer nicht gerneumgehen, und der angehufte berflu von Be-sitz - der ihnen verchtlicher ist als Armut -,

    der sei, so hrten auch wir, unser nicht wrdig,sondern gut genug fr Rost und Motten ...(Mt 6, 19).

    Mit Vielwissen die andern auszustechen gilt als schlechter Ton bei den Indianern - sei

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    Einleitung

    Torheit, wurde auch uns gesagt, da die wahre

    Erkenntnis den Einfltigen offenbart werde (Lk

    10,21, Mt 21,251.

    Den Schwachen, Kleinen und von Mhsal

    Beladenen und den Letzten in der Reihe gelte

    die frohe Botschaft zuerst, und die Starken soll

    ten die Schwachen tragen - was zum indianischen Anstand gehrt -, wurde uns viele Male

    eingehmmert (Mt 11,28),

    Die Achtung vor dem anderen verbiete uns,

    ihn zu beschimpfen und ihn zu verurteilen (Mt

    5, 22; 7, II - Achtung ist ein Grundwort der indianischen Gemeinschaft.

    Wenn wir das alles seit langem kennen,

    warum durchformt es nicht unser Wesen, son

    dern bleibt uns uerlich, vereinzelte Gebote,die wir in vereinzelten Fallen manchmal befol

    gen?

    Liegt da im Seelengrund eine zersetzende

    Fehlhaltung? Ist es eben doch die Ausschlie

    ung des Prinzips der Rivalitt, die dem indianischen Lebensideal die Quelle offenhlt, aus der

    sich die Einheit der Tugend schpft?

    Die genannten Lebensweisungen kann man

    Zug um Zug durchgehen, man wird sehen, sie.

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    Einleitung

    werden durch Konkurrenzkampf zerstrt.,Wenn einer den andern ausstechen will J kann

    er ihm nicht wahrhaft Bruder sein. Wissen undBesitz werden zum bertrumpfen gebraucht,Machtmittel konservieren die berlegenheitber Schwchere, die Achtung vor den anderen

    steht im Schatten und auf dem Papier.Die Natur wird ausgebeutet, weil der

    Wettbewerb, das Wettrsten, das Wettproduzieren zur endlosen Steigerung verurteilt ist.

    Geht es ohne Rivalitt? Wir knnen es fastnicht glauben. Nichts scheint Spa zu machenohne den Anreiz, beim Lernen, im BerufJ imSport, anderen den Rang abzulaufen, es besserzu machen als sie den Preis davonzutragen,

    und man hlt solchen Wetteifer noch fr ge-sund.

    Es geht aber doch, wie uns die Indianer zei-

    gen, und das ist die ungeheure Erfahrung fr

    uns. Es geht dann, wenn statt des Krftemessensmit den anderen, statt des wetteifernden Ver-gleichs auf Schmalspur - der zu ffischerGleichmacherei fhrt J die nur durch

    ves berholen,

    durch kurzlebige Siege im ewi-gen Krieg skandiert wird - die einzige ihm

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    Einleitung

    gewachsene Motivation einspringt: die Hoch

    achtung vor dem Unvergleichlichen, wie die In

    dianer sie haben: jeder ist in seiner Ganzheit

    einmalig, verschieden, soll gefrdert werden,

    soll leben drfen, sein Glck haben. So kann je-

    der sein Bestes geben - statt besser sein zu wol

    len als die anderen.

    Die Achtung vor dem stets Einmaligen macht

    behutsam im Umgang nicht nur mit den Mit

    menschen, sondern auch mit der Natur: Wir

    wissen seit einiger Zeit, da wir mehr als "Umweltbewutsein" von den Indianern lernen

    knnen. Wir betreiben Umweltschutz (wenn

    um unser selbst willen, sie, um der Dinge und

    Wesen willen. Wir haben Angst, uns den Bodenzu entziehen, sie haben Liebe.

    Poesie verwebt sie mit der Natur. Mnner,

    Frauen und schon, die Kinder sind es gewohnt,

    sich in Liedern und Gedichten auszudrcken.

    (Darunter Haiku-artige, blitzend knappe Im-pressionen, wie sie den Kapiteln dieses Bchleins vorangestellt sind.

    Geraten heute fters agitatorische Tne hin

    ein in diese Dichtungen, so ist das nach der

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    Einleitung

    jahrhundertelangen Unterdrckung des ameri

    kanisches Urvolkes durch die eingewanderten

    Weien nur allzu begreiflich.Die Poesie des Tages wird abgelst durch die

    der Nacht. Trumebauen Brcken ins Unsicht

    bare hinber, dessen Realitt als kostbar und

    unbezweifelbar erachtet wird. Praktiken - allenvoran das tagelange Fasten in der Einde -, die

    in traumartige Zustnde und zu Visionen fh

    ren, sind so alt wie der indianische Lebensstil.

    Aus Trumen und Visionen schpft der India

    ner seine geistige Kraft, mit ihnen begrndet erseine Lebensentscheidungen.

    Auf den flieenden Grenzen zwischen den

    Realitten des Tages und der Nacht findet ein

    Austausch statt, der durch nichts bewertbar ist

    als durch die Frchte, die er jeweils bringt oder

    bringen wird.

    In Gedichten, Mythen, Zaubersprchen,

    aber auch in gedankenreichen politischen Re-

    den kommt der Indianer irgendwann wie selbstverstndlich auf "Schnheit" zu sprechen.

    "Schnheit" ist eines seiner geliebtesten Worte.

    Diese Vorliebe zeichnet das indianische Volk

    vor allen andern aus. Nichts ist charakteristi-

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    Einleitung

    scher als die Schluformel nach Gebeten oder

    Beschwrungen, die fr unser "Amen" steht:

    "In Schnheit ist es vollendet." Wo Schnheitden Augen und Herzen so nahe ist, entfallen

    viele Irrwege.

    Treten wir in den Geist der indianischen Men

    sehen ein, der anders ist als der unsrige, so umfngt uns in eins damit die Natur, in die er

    gefgt ist, dieselbe Natur fr uns und alle Men

    schen, die uns das Andersartige hren und se-

    hen lt. Das unerhrt andere, der Geist des

    Nicht-Wettbewerbs, der so groe Harmoniehervorbringt, mag in manchen Schriften etwas

    idealisiert sein: wenn ein Volk solches zum

    Ideal gewhlt hat, verwundert es genug und

    zeigt einen Weg.

    Sicher ist es nicht der Weg des wetteifernden

    Nachmachens, sondern des eigenen Beitrags,

    den man vielleicht nach und nach entdeckt,

    nachdem man dem anderen lange achtsam und

    dankbar zugehrt hat.

    (Die Textauswahl hlt sich an die Indianer Nordamerikas. )

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    Der klare Himmel

    liebt es

    mich singen zu hren.

    Song of the Anishinabe

    Umstehende Zeichnung: Sonnentanz und Jahreskreis

    (Akwesasne, wo das Rebhuhn balzt).

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    Harmonie des Alls

    Der Kreis hat fr uns eine spirituelle Bedeu-

    tung. Die ganze Schpfung ist ein Kreis ... Alles

    ist Teil dieser Harmonie ... Wir entdecken die

    Symmetrie der Natur und bertragen sie auf die

    Dinge, die wir lernen mssen.

    E. B. Banai, Indianerschulen

    1. Wir sind keine Minoritt

    Wir brauchen kein "Pan-Indianertum", umuns zu vereinigen ... Die Schpfung ist verei

    nigt, wir sind keine "Minoritt", wenn wir eins

    sind mit den Grsern, den Sternen und dem

    Wind. Wir sind eine Minorittengruppe, wenn

    wir uns von unseren Verwandten in der Schp

    fung lossagen und uns einbilden, die Wege der

    Schpfung gehren irgendeinem Ding, das man

    "Indianer" nennt. Akwesasne Notes

    Wie ihre groen Vorfahren werden die india

    nischen Vlker zum Geist beten mit einer

    Liebe, die durch alle Welt strmt, wie die sanfte

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    Harmonie des Alls

    Sterne. All diese spirituellen Wesen sind unsere

    Lehrer. Und auch wir haben spirituelle We

    sen in unsund sie knnen uns etwas von derWeisheit unserer Herzen lehren. Der Schpfer

    hat uns das Wissen von Schnheit und Liebe

    und Freude und Frieden in unsere Herzen gege-

    ben, damit sie uns lehren und uns den wahrenPfad des Lebens fhren. Saupaquant: Akwesasne

    Es wurde behauptet, wir htten keinen Hch

    sten Gott, weil er namenlos ist. Das ist nicht so.

    Das Hchste Wesen ist unbenannt, weil es un

    erkennbar ist. Wir nhern uns Ihm durch jenen

    Teil von Ihm, der uns nahe und in der Reich

    weite menschlichen Verstandes ist... Darumbegegnen wir allen Dingen der Schpfung mit

    Ehrfurcht. Gormann, Narva;oVision: Spiritual Legacy

    Mein Volk - es gibt keine "moderne" Welt. Es

    gibt nicht einmal eine weie Welt - es gibt die

    Welt des groen Geistes und der Mutter Erde.

    Durch die alten heiligen Wege knnen wir als

    Volkund

    Nationen berleben.

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    Der heilige Kreis

    Mein Volk - ich hre in der Stadt diese Stimmen.... Auch die feinen Risse im Zement, diedie Form von Winterbumen annehmen, sagenes und die Regenbogen in den lpftzen aufder Strae.

    Ich habe gesprochen. Gayle High Pine: Akwesasne

    3. Schpferlied.

    Ich habe dich gemacht,

    Den roten Abend gebe ich dir.Yuma und Cocopa: Music

    Die

    Wasser hoben sich als Wolken in die Luft.Trockenes Land erschien, Gras und Bumewuchsen.

    Da stiegen die Scharen der Geister hinab undwurden Fleisch und Blut. Sie ernhrten sich

    von den Krnern der Grser und den Frchtender Bume,

    und das Land erzitterte bei ihren uerungen der Freude und des Dankes gegenber Wa-

    konda, dem Schpfer aller Dinge.Omaha

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    Harmonie des Alls

    Unser Erster Vater, der absolute, ging hervor

    aus der Urfinsternis ...

    Er sah nicht die Finsternis, obgleich die

    Sonne noch nicht existierte. Er war erleuchtet

    durch den Widerschein seines inneren Selbst.

    Die Gedanken in seinem heiligen Innern, die

    waren seine Sonne. Mbaya

    Du hast die Erde heilig gemachtwie auch meinen Krper,

    darum will ich in deinem Namendie Erde heilig halten,

    jeden Grashalm achten und

    die Blumen und Bume ehren.

    Mit der Verehrung alles Lebendigen wchst

    meine Seeleund mein Leib wird stark im Rhythmus

    deiner Sonne und deines Mondes.

    Gebet eines Schamanen

    Wakan-Tanka, du bist jedes und alles, und

    doch ber allem. BlackElk(Sioux)

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    Der heilige Kreis

    Er, der Schamane, wurde zugelassen in die Ge-

    genwart eines groen Mannes. Er sah diesen

    Mann nichtin dieser Welt, sondern in einer

    Welt weit fort von der unseren. Der groe Mann

    war bekleidetmit dem Tag, ja mit dem strah-

    lendsten Tag, den erje gesehen hatte, einem Tag

    vieler lahre, ja immerwhrender Dauer. Dieseganze Welt waraufihm ausgebreitet, so da auf

    ihm die Erde undalle Dinge zu sehen waren . ..

    Alle schnen und lieblichen Dinge seien auf

    ihm zu sehen gewesen, wie wenn man die Erde

    betrachtet htte. D. Brainerd, Memoirs

    4. Ein Nest im Universum

    Der. Kreis stellt ein Nest dar und er wird mit

    den Zehen gezogen, weil der Adler (Symbol des

    Groen Geheimnisses) sein Nest mit seinen

    Klauen baut. Wiewohl wir den nestbauenden

    Vogel nachahmen, liegt in der Handlung nocheine weitere Bedeutung; Wir denken an Tirawa,

    wie er die Welt erschafft, damit das Volkin ihr

    wohnen kann. Pawnee: Hako-Zeremonie

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    Harmonie des Alls

    Unsere Tipis (Zelte) waren rundwie Vogelne

    ster und immer im Kreis aufgestellt, im Ring

    des Volkes, einem Nest aus vielen Nestern.

    BlackElk(Siouxl

    Whrend das Gedrnge des Berufsverkehrs immer weiter die Straen der Stdte verstopfte

    und die Luft verschmutzte, folgen die vier

    Winde noch dem Weg des Groen Geistes ...

    Und whrend Dmme errichtet wurden ber

    die Flsse und den laichenden Fischen dieRckkehr versperrten, kmpfen die Fische

    noch darum, den Weisungen und Wegen des

    Groen Geistes zu folgen ...

    Und whrend die Menschen ihre wahnsinnigen Trume von Macht und Reichtum aufKo-

    sten anderer, ihrer eigenen Brder, weitertrie

    ben, was nicht der Weg des Groen Geistes

    ist ...

    ... trafen wir uns, nicht um ber Heute undGestern zu weinen, sondern um eine bessere

    Zukunft fr unsere Kinder zu planen und zu

    schaffen.

    Wir trafen uns, als Wchter dieses Schildkr-

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    Der heilige Kreis

    ten-Insellands, um unsere Strke und unsern

    Mut zu erneuern angesichts all dessen, was

    bel ist an diesem Tag und Zeitalter.

    N. A. Indian Unity Convention: The Way

    Lied vom Himmels-Webstuhl

    o unsre Mutter Erde, 0 unser Vater Himmel,Eure Kinder sind wir, und mit mden Rcken

    bringen wir euch die Gaben, die ihr liebt.

    Webt nun fr uns ein Kleid von hellem GlanzDie Kette sei das weie Licht des Morgens,

    Der Einschu sei das rote Licht des Abends,

    die Fransen seien der fallende Regen,

    der Saum sei der ragende Regenbogen.

    So webt fr uns ein Kleid von hellem Glanz,

    da wir recht wandern, wo Vgel singen,

    da wir wandern, wo Gras ist, wo es grnt,

    o unsere Mutter Erde, 0 unser Vater Himmel.

    Songs ofthe Tewa

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    2. Gewagte Brderlichkeit

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    Dort oben stehen unsre Herzen

    am unendlichen Himmel.

    F. Densmore, Pawnee Music

    Umstehende Zeichnung: Akwesasne, wo das Rebhuhn balzt.

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    Gewagte Brderlichkeit

    1. Die Weien Wurzeln des Friedens

    Die"Vereinten Nationen" der Irokesen dientenBenjamin Franklin zum Vorbild fr den Zusam-

    menschlu der USA. Der Bund der "Fnf Natio-

    nen" (spter "Sechs Nationen "), von den Iroke-

    sen auch "Der Groe Frieden" oder"Das Lang-haus" genannt, wurde lange vor dem Eindrin-

    gen der Weien, sptestens Mitte des 15. Jahr-

    hunderts gegrndet. Die Idee und Satzung

    dieses Friedensbndnisses stammt von dem sa-

    genumwobenen Deganawidah, der seine Sen-dung vom Herrn des Himmels empfangen hat.

    Sein Helfer und Sprecher war Hiawatha.

    Das irokesische Wort "Frieden" bedeutet "gu-

    tes Leben und Handeln ", sein Symbol war der

    Baum, unter dessen Wurzeln die Kriegswaffen

    begraben wurden. Der Baum steht fr Gesetz

    (dasselbe Wort wie Frieden), Verfassung, Recht-

    schaffenheit. Die Zweige bedeuten Schutz, die

    Wurzeln die nach den vier Himmelsrichtungengehende Einladung an alle Nationen, sich dem

    Bunddes Friedens anzuschlieen.

    vgl. White Roots ofPeace

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    Der heilige Kreis

    Um 1450 am Onondaga See

    Ich bin Deganawidahund mit den verbndeten Fhrern der Fnf Na-

    tionen

    pflanze ich den Baum des Groen Friedens '"

    Wurzeln haben sich ausgestreckt

    vom Baum des Groen Friedens ...

    und der Name dieser Wurzeln ist:

    die Groen Weien Wurzeln des Friedens.

    Wenn je ein Mensch oder eine Nation

    auerhalb der Fnf Nationenden Wunsch bekunden wird,

    den Gesetzen des Groen Friedens zu folgen ...

    mgen sie den Wurzeln zu ihrem Ursprung hin

    nachgehen ...

    und sie werden willkommen geheien,Schutz zu suchen unter dem Baum ...

    Prambel zur Konstitution der Vereinten Nationen der Iro-kesen (ursprnglich die Mohawk, Oneida, Onondaga,

    Cayuga und Senecai spter kamen die Tuscarora hinzu)White Roots ofPeace

    (Nach diesem historischen Symbol des Friedensbaumesnennt sich heute eine indianische Aktionsgruppe "TheWhite Roots ofPeace".)

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    Gewagte Brderlichkeit

    Geht zurck in euer Lager", sagte Deganawi

    dah. "Sagt eurem Huptling, die gute Botschaft

    des Friedens sei gekommen und es werde kei

    nen Hader mehr geben in diesem Dorf. Wenn

    er fragt, woher der Frieden kommen solle, sagt

    zu ihm: ,Er wird kommen/."

    "Woher kann der Frieden kommen?" fragte der

    Huptling. Sie antworteten: "Er wird kommen."

    Darauf sagte der Huptling: "Wahrlich das ist

    eine wundervolle Sache. So eine Botschaft

    bringt schon von sich aus Frieden ins Lager,wenn die Menschen nur daran glauben. Alle

    werden froh und wohlgemut sein, wenn sie h

    ren, da dies geschehen wird." White Roots of Peace

    Wenn die Menschen meine Botschaft anneh

    men", sagte Deganawidah, "werden sie aufh

    ren zu tten, und das Blutvergieen wird ein

    Ende nehmen in diesem Land."Atotarhos Kopf war bedeckt mit Schlangen

    und sein Krper war mehrfach gewunden. Er

    liebte die Unordnung und hate den Frieden,

    aber das sagte er nicht, denn sein Geist war ver-

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    Der heilige Kreis

    dreht und seine Taten waren bse und indirekt.

    "Wann wird das sein?" schrie er.

    Den letzten Ton lie er anschwellen in ein

    Geheul, das weit durch die Wlder drang und

    allen, die es hrten, Schrecken einjagte. Es war

    der hhnische Schrei des Zweiflers, der Men-

    schen ttete, indem er ihren Glauben zerstrte.White Roots ofPeace

    Die Verfassung der Fnf Nationen, die vormehr

    als fnfhundertJahren am Onondaga See vorge-legt und angenommen wurde, besteht heute

    noch.

    Sie beruhtaufdem Grundsatz der Einheitin

    Verschiedenheit.Freiheit von Furcht sollte durch festes Zusam-

    menhalten gewhrleistet werden.

    Fr Freiheit von Mangel sorgte die Bestim-

    mung, da die Jagdgrnde allen offen sein soll-

    ten. Die Rohstoffe sollten allgemein zugnglichsein ...

    Religionsfreiheit galt unter den Fnf Natio-

    nen als ein so natrliches Recht, da es in der

    Verfassung keiner Erwhnung bedurfte auer

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    Gewagte Brderlichkeit

    im Falle etwa hinzukommender fremder Natio-

    nen, denen es ausdrcklich zugestanden wurde.

    Redefreiheit war ein in der Irokesischen Le-

    bensweise so tief eingebettetes Recht, da es in

    der verfassung nicht verankert werden mute.

    Dafr waren die FeuerSymbol, um die sich aller-

    orts die Gruppenzum

    Gesprch versammelten.leder Clan, ;ede Familie, Mnner und Frauen,

    alle hatten ihrFeuer.

    Nur die Freiheit, ihre Freiheit zu zerstren,

    versagten sich die FnfNationen selbst.

    White Roots ofPeace

    Wann immer die Verbndeten Oberhupter

    sich versammeln, um Rat zu halten", hatte Deg

    anawidah gesagt, "sollen die Onandaga-Fhrer

    eine Ansprache halten und Dank sagen der

    Erde, wo Menschen wohnen, den Wasserstr

    men, den Teichen, den Quellen und den Seen,

    dem Mais und dem Obst, den Heilkrutern undBumen, den Waldbumen fr ihre Ntzlich

    keit, den Tieren, da sie uns als Nahrung die

    nen und uns ihre Pelze zur Kleidung geben, den

    groen Winden und den sanften Winden, den

    31

  • 8/14/2019 Worte wie Spuren - Weisheit der Indianer

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    Der heilige Kreis

    Donnerwesen, der Sonne, dem Mond, den Bo-

    ten des Schpfers, die seine Wnsche offenba

    ren, und dem Groen Schpfer, der im Himmel

    oben wohnt, der dem Menschen ntzliche

    Dinge gibt und der der Quell und der Lenker

    von Heil und Leben ist.

    Danach sollen die Onandaga-Fhrer die Ratsversammlung als erffnet erklren. 11

    White Roots ofPeace

    Essoll die Pflicht der Verbndeten Oberhupter der Fnf Nationen seinII, sagte Deganawi

    dah, von Zeit zu Zeit, je wie die Umstnde es

    erfordern, als Ratgeber und geistliche Fhrer ih

    res Volkes zu wirken und sie an ihres Schpfers

    Willen und Worte zu erinnern. 11 White Roots ofPeace

    2. Wohin mit den Wilden

    Die Fnf Nationen hegten lange Zeit Hoffnungen, da sie die Franzosen Kanadas unter den

    Baum des Friedens bringen knnten.

    "Wenn ihr, wie ihr es gerne sagt, unsere See-

    len liebt, so liebt auch unsere Krper"

    , sagten

  • 8/14/2019 Worte wie Spuren - Weisheit der Indianer

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    Gewagte Brderlichkeit

    sie zu ihnen, "und lat uns hinfort nur eine ein-

    zige Nation sein." White Roots ofPeace

    Die franzsischen Delegierten fanden sich von

    der vollen Ratsversammlung empfangen; die In-

    dianer saenim

    Kreisum

    ein symbolischesFeuer, wie die Verfassung ihnen vorschrieb.

    Zum zweiten Mal boten die Fnf Nationen Frie-

    den an.

    Onagan, ein Huptling, sprach mitErnstund

    Wrde, wiewohl nicht ohne einen Anflug vonHumor, wie er so oft die Irokesische Redekunst

    erwrmt, und sandte dem Gouverneur erneut

    Vorschlge fr einen allumfassenden Frieden.

    "Er ergriff die Hnde von P. Ragueneau und

    von Sieur Nicolet, den Delegierten ", schreibt P.

    Le leune, "dann berhrte er ihr Gesichtundihr

    Kinn undsagte zu ihnen: ,Nichtnurwerden un-

    sere Sitten eure Sitten sein, sondern wir werden

    so eng vereint sein, da unser Kinn mitHaarenbedeckt werden soll und mit Brten wie bei

    h '"euc

    Die Antwortdes Gouverneurs warkhl und

    ablehnend. Erglaubte, das Angebot der Irokesen

    33

  • 8/14/2019 Worte wie Spuren - Weisheit der Indianer

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    Der heilige Kreis

    sei von Furcht diktiert. So kam es zum Krieg.

    Das warimJahre 1642. White Roots of Peace

    Wir kennen den Platz der Cherokees in dieser

    Welt. Jahrhundertelang regierten wir uns selbst

    in Frieden und Harmonie. Unsere Regierung

    bestand nie aus einem Mann, oder aus wenigen

    Mnnern. Sie ist unser ganzes vereinigtes Volk.

    Wir sprachen mit Weisheit und Wrde zu un-

    seren Mitmenschen. Wir lernten von der Welt

    um uns herum und machten guten Gebrauchvon ihren Gaben. Wir lehrten die Menschen,

    was wir wuten, und sie belehrten uns. Daher

    knnen wir zivilisiert genannt werden.

    Botschaft der Versammlung auf den Hgeln der Ozarks:The Way

    3. Den Ha hinweglcheln

    Du lcheltest,ich lchelte,

    so sind wir beide glcklich,

    aber tief drunten im Innern

    ist Ha zwischen uns.

    34

  • 8/14/2019 Worte wie Spuren - Weisheit der Indianer

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    Gewagte Brderlichkeit

    La uns nicht zeigen, was wir innen fhlenfr einander.

    Lcheln wir weiterbis wir unsern Hahinweglcheln. Anishinabe: The Way

    Zwischen 1850 und 1860 erschienen die Reiseberichte desBremer Ethnographen Johann Georg Kohl, der sich lngereZeit bei den Ojibwas aufhielt und ihr Vertrauen gewann. Essind Zeugnisse von bemerkenswerter Aufgeschlossenheit.In ihnen ist manches noch Gegenwart, was in den authenti-schen uerungen der Indianer von heute nur noch Be-schwrung der Vergangenheit ist.

    Es haben jetzt hieraufunserer Insel die politi-

    schen Verhandlungen zwischen den Amerika-

    nischen Agenten und den Indianern angefan-gen. Und so haben wir denn alle Tage ffentli-che Ratsversammlungen unter freiem Himmel,

    bei denen sich viele Indianische Huptlinge als

    Redner hervortun. Recht viel Belehrendes und

    Charakteristisches kommtdabei an den Tag:"Da ist ein groer Geist" so begann der heutigeRedner, "von dem alle guten Dinge hier aufEr-den kommen. Er hat sie den Menschen gege-

    ben. Den Weien wie den Roten. Denn er sieht

    35

  • 8/14/2019 Worte wie Spuren - Weisheit der Indianer

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    Der heilige Kreis

    auf keine Verschiedenheit der Farbe. Sie ms

    sen sich unter einander ber den Besitz dieser

    von Gott gegebenen Dinge einigen." Kitschi-Gami

    Ein wunderliches verfahren wurde von den

    Pomo angewendet, um dem schdlichen Einfluder Weien zu begegnen. War einer der Ihren

    von fremden Einflssen so sehr angesteckt, da

    erals gefhrlich angesehen wurde, so versuchten

    seine Dorfgenossen ihn dadurch zurHrde zu-

    rckzuleiten, da sie ihm Ehren und Verant-wortlichkeiten bertrugen, bis hin zum Amt

    des Huptlings. Pomo Folkways

    Als das eingeborene Volk dieses Landes sindwir zu diesem Weltkonzil gekommen, um euch

    zu zeigen, da wir trotz all der Dinge, die ihr

    uns angetan habt, immer noch ein Gefhl der

    Sympathie und der Freundlichkeit fr euch inunseren Herzen haben.

    Segwalise, in Genf 1977: Akwesasne

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    3. Was Anstand ist

  • 8/14/2019 Worte wie Spuren - Weisheit der Indianer

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    Die Tage des Frhlingsregens wecken

    die Erde

    wie man einen Trumer wecken

    wrde

    oder einjunges Mdchen lieben

    behutsam erstmals.Anishinabe: The Way

    Umstehende Zeichnung: Indianisches Dekorationsmuster

    (Akwesasne).

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    Was Anstand ist

    1. Die Kultur des Zuhrens

    Ich setzte mich so, da der alte Mann nichtdurch die leiseste Bewegung von mir in seiner

    Rede gestrt werden konnte. Zu dieser Hflich-

    keit waren wir erzogen. Ohijesa (Sioux)

    Die starke Abneigung der Indianer, jemand ins

    Wort zu fallen, ist mit ihrem Respekt vor den

    Worten zu erklren. Nur selten, im Notfall,

    wird einer die Stimmen der andern mit einemEinspruch bertnen. Der Grund ist zwar

    schon in dem zu suchen, was man fr gute Ma-

    nieren hlt. Aber darber hinaus geht der Wert

    des Wortes so weit, da er das Recht des einzel-

    nen umschliet, seine eigenen Worte zu spre-chen, ohne unterbrochen zu werden.

    Shirley HilI Witt (Irokesin): TheWay

    Aufgute Sitten und Anstand wurde viel gehal-ten. Den Erwachsenen, besonders den alten

    Leuten, begegneten wir Kinder mit Achtung ...

    Direkte Anrede wurde vermieden. Statt des Na-

    mens gebrauchte man bei Respektspersonen

    39

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    Der heilige Kreis

    aus Hflichkeit die Verwandtschaftsbezeich-

    nung oder den Titel.

    Freigebigkeit gegen die Armen und Ehrfurcht

    vor der Religion, namentlich vor dem Groen

    Geist, nahmen den ersten Rang in der Erzie-

    hung ein. Ohijesa, Indianische Kindheit

    Schon die kleinsten Kinder werden an Schwei-

    gen und Ruhe gewhnt ... Zwar versteht sich

    unser Volk zu bestimmten Zeiten auf unbn-

    dige Lustigkeit, dochin

    der Regel geben Ernstund Anstand den Ton an. Ohijesa, Indianische Kindheit

    Fast jeden Abend erzhlten Vater, Mutter oder

    Groeltern eine Geschichte oder Sage ... dieder kleine Junge am nchsten Abend wiederer-

    zhlen mute ... Der Indianerknabe war in der

    Regel ein guter Zuhrer und hatte ein ausge-

    zeichnetes Gedchtnis. Ohijesa, Indianische Kindheit

    Ich habe whrend des langen frostreichen Win

    ters ein Vokabularium der Mandan-Sprache zu

    sammengestellt. Dabei habe ich festgestellt, da

    40

  • 8/14/2019 Worte wie Spuren - Weisheit der Indianer

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    Was Anstand ist

    weder die Mandans noch ihre Nachbarvlker

    Worte frdas Fluchen haben! Reise des Prinzen Wied

    Sie keifen und schreien nicht miteinander. Flu

    chen und dergleichen kommt bei ihnen nie vor.

    Kitschi-Gami

    2. Die Gefhle des andern nicht verletzen

    Du wirst alles, was Leben enthlt, hegen undschtzen, vom niedersten Kriechtier bis zum

    Menschen. Vor bereilten Worten und Taten

    wirst du dich zurckhalten, um nicht die Ge-

    fhle, die geistigen wie die krperlichen, deines

    Volkes zu verletzen ...

    Aus dem Amtseid der Pueblos: TheWay

    Ein traditionell erzogener Sioux uert sich nie-mals zu einerFrage in Gegenwart von Personen,

    die er fr besser unterrichtet hlt.

    Ebenso verbietet indianischer Takt, andere

    miteigenem Wissensvorsprung zu verletzen, die

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  • 8/14/2019 Worte wie Spuren - Weisheit der Indianer

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    Der heilige Kreis

    Machtdes eigenen Wissens gegen Freunde und

    Stammesmitglieder auszuspielen.

    Biegert, Indianerschulen

    Meine frhesten Erinnerungen an meinen

    Grovater, Homikniwa, sind voll freundlicher

    Gefhle. Oft schlief ich bei ihm. Vor Sonnen-aufgang sang er mir vor und erzhlte mir Ge-

    schichten. Er nahm mich mit auf die Felder und

    ich half ihm oder schlief unter einem Pfirsich-

    baum ... Von allen wurde er geachtet. Mich er-

    mahnte er, schlechte Gedanken meinem Geist

    fernzuhalten, zum Osten zu blicken, mich der

    lichten Seite des Lebens zuzuwenden und ein

    heiteres Gesicht zu zeigen, auch wenn ich un-

    glcklich war. The Return to the Old Gods (Hopi)

    Ich lernte, mich vor anderen Leuten gut zu ver-

    halten und zu benehmen. Ich lernte, da es hf-lich ist, zu anderen Leuten nur Gutes berjemand oder etwas zu sagen.

    John Stands in Timber, TheNorthern Ceyenne

    42

  • 8/14/2019 Worte wie Spuren - Weisheit der Indianer

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    Was Anstand ist

    Vor der Geschichte wurden die Kinder hufig

    gefragt: Was hast du heute Schnes gesehen?

    Was hast du heute gehrt, das dich gefreut hat?Oft schliefen die Kinder schon vor dem Ende

    der Geschichte ein - vielleicht trumend. In

    diesen Geschichten gab es nichts Schreckliches.

    Johnston, Manitu

    Die Indianische Fraujammertundklagt nicht,

    wenn ihr Mann auch heute Abend wieder wie

    gestern mit leeren Hnden nach Hause kommt.

    Ja sie fragt ihn nichtein Mal: hast du denn end-

    lich heute etwas g e s c h o s s e n ~ - Wenn er eintritt,so tutsie, als ob sie es kaum bemerke. Kitschi-Gami

    Wir Sioux haben ein ausgeprgtes Taktgefhl,

    wo es sich um Privatsphren handelt, eine F

    higkeit, nichts zu bemerken. Larne Deer

    Beim Jungmnnerfest wurde der am hchsten

    geehrt, der noch nie einem Mdchen den Hof

    gemacht hatte. Galt dies doch als lppisch, so-

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    Der heilige Kreis

    lange man noch nicht zu kriegerischen Ehren

    gekommen war, und die Neulinge waren stolz

    auf ihre Selbstbeherrschung.

    Ohijesa, Indianische Kindheit

    Unsere Mdchen verstehen zu lieben, auchwenn ihre Schchternheit sie davon abhlt, es

    ffentlich zu zeigen. Trotz aller gegenseitigen

    Scheu stand der Sex in Ehren, er mute sich nur

    an die guten Sitten halten.

    Um die Tochter zu bekommen, mute derMann ein paar Pferde mitbringen. Er bewies da-

    mit, da er Respekt hatte und da er fr die

    Frau sorgen knne. War er arm und trieb kein

    Pferd auf,so

    blieb doch eine Mglichkeit offen:Es gab eine eigens dafr vorgesehene Zeremo-

    nie mit dem Namen: IIEr liebte sie so sehr, wir

    gaben sie ihm", und dann wurde die Hochzeit

    ebenso schn. Larne Deer

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    4. Die Schwachen 1 1 1 i t t r a < - ~ e n

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    Manchmal geh ich umher

    trauernd ber mich selbst

    whrendder Wind mich davontrgt

    ber den Himmel.

    F. Densmore, Chippewa-Music

    Umstehende Abbildung: Gefiederte Wolke. Zeichnung auf einem

    Tongef (0. u. B. Tedlock (Hrsg.l, Canyonl.

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    Die Schwachen mittragen

    1. Ich spreche fr sie

    Ich will ein wicasa wakan sein, einer, der das

    Leid der anderen fhlt ... Vergangene Nacht

    wurde eine junge Frau mit ihrem Kind auf der

    Strae gettet. Davon war ich tief betroffen.

    Meine Gedanken sind bei ihnen. Bei Sonnenun-tergang werde ich zum Groen Geist fr sie

    sprechen. Ich tue das immer. Robert Kennedy

    wurde ermordet, kurz nachdem er hierher kam

    und mit uns Indianern sprach. Ich bin in meine

    Schwitzhtte gegangen und habe fr ihn einOpfer dargebracht. Meinst du, ein weier

    Mann wrde fr Crazy Horse beten? Lame Deer

    Dein Herz ist gut.

    Scheinende Dunkelheit wird hier sein.

    Du denkst nur an trbe, lstige Dinge,

    Du mut an Gutes denken.

    Lieg nieder und schlafe hier.Scheinende Dunkelheit wird zu uns kommen.

    Du denkst an dies Gute in deinem Traum.

    Gutes wird dir gegeben.

    Ich will dafr sprechen, und es wird eintreten.

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    Der heilige Kreis

    Es wird hier geschehen,

    Ich will bitten um dein Gutes,

    Es wird geschehen, derweil ich bei dir sitze,

    Es wird getan, derweil ich an diesem Ort bin.

    Yuma: c. D. Forde

    Alle Menschen, die hier sterben, jung oder alt,werden dort gleichen Alters sein; und jene, die

    verwundet sind, verkrppelt oder blind gewor-

    den, werden so gut aussehen wie die brigen.

    Dennnur

    das Fleisch ist verwundet: der Geistist so heil wie je. Deshalb sollen die Menschen

    stets den Verkrppelten oder Blinden helfen.

    Lenape

    2. Keiner soll frieren wegen der Klte

    der andern

    Wie die freundlichen Indianer von einst, dieallen Arbeit gaben und Sorge trugen fr die Ar-

    men, die Kranken und die Schwachen, so wer-

    den die Warriors of the Rainbow am Aufbau

    einer neuen We1t arbeiten. Keiner soll Hunger

  • 8/14/2019 Worte wie Spuren - Weisheit der Indianer

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    Die Schwachen mittragen

    oder Schmerz leiden wegen der Klte und Ver-

    gelichkeit der Menschen.

    Warriors ofthe Rainbow: The Way

    Die Indianer sind ein geduldiges Volk. Ihre

    Liebe zueinander strkt sie in der Not ... Weie

    haben mitunter in verzweifelter Lage ihre Ge-fhrten gettet und verzehrt. Bei Indianern

    wre dies ausgeschlossen. In Hungerzeiten

    pflegten die Erwachsenen sich uerste Entsa-

    gung aufzuerlegen,um

    fr die Kinder den Vor-rat zu sparen. Ohijesa, Indianische Kindheit

    Ausgelacht wird nur der Strkere oder der Bes-

    sere, nie der Schwache. Indianerschulen

    Solange es den Indianern gut geht, berlassen

    sie sich ganz dem glcklichen Leben. Jeder Tag

    brachte Vergngen, und jeder durfte sich derFreude daran hingeben. Den Armen kamen die

    Feste am meisten zugute, denn zu Ehren der Er-

    eignisse wurde den Bedrftigen immer groz-

    gig gespendet. Wohlhabende Familien waren es

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    Der heilige Kreis

    ihrem Ansehen schuldig, ffentliche Feste zu

    geben und aus diesem Anla wertvolle Ge-

    schenke auszuteilen. Ohijesa, Indianische Kindheit

    Wenn die Weien ihr Lebtag Bses tun und

    dann, wenn es zum Sterben kommt, bereuen,ist alles gut, aber bei uns ist das anders. Wir

    mssen stetig Gutes tun unser Leben lang.

    Wenn wir Mais und Fleisch haben, und von ei-

    ner Familie wissen, da sie nichts hat, teilen wir

    mit ihnen. Wenn wir mehr Decken haben, alswir brauchen, mssen wir denen abgeben, die

    bedrftig sind. Autobiography ofBlack Hawk

    Genug, die Leute scheinen miralle darberei-

    nig, da ein Unglcklicher an derHtte des In-

    dianers selten vergebens anpocht, und da

    dieser meistens bereit ist, sein letztes Mahl mit

    dem Hungrigen zu theilen ... Nicht selten beschmen sie den Christen, in-

    dem sie Eigenschaften, die man vorzugsweise

    christlich zu nennen pflegt, in viel hherem

    Grade zeigen als erselber. Kitschi-Gami

    5

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    Die Schwachen mittragen

    3. Kein Generationenkonflikt

    Ich war ein Kind, aber die alte Kiowa-Frau lie

    mich ein in ihres Geistes Gegenwart, in ihre

    Seele; sie ergriff Besitz von meiner Phantasie

    und lie mich teilhaben an dem reichen Schatz

    ihres Staunens und Entzckens. Sie lud michein, mit ihr gemeinsam dem Uralten und Ge

    heiligten gegenberzutreten. Das war etwas

    zeitlos Ewiges; es hatte mit ihrem hohen Alter

    nichts zu tun, weder ihr Alter noch meine Ju

    gend bildeten eine Schranke zwischen uns.Momaday, Haus aus Dmmerung

    MeinVater fuhr fort, mit leiser Stimme zu mirzu sprechen. So sprechen unsere Leute immer

    mit ihren Kindern, so leise und ruhig, dem

    Kind ist es, als trume es. Aber es vergit nie.

    Papago Woman

    Vieles, was zur Erziehung der Cheyenne India

    ner gehrt, lernte ich von meinem Grovater.

    Ich lernte, da die Sonne einen nie im Bett an-

    51

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    Der heilige Kreis

    treffen darf. Es war gut, aufzustehen, sobald

    man aufwachte, bevor die Sonne aufgegangen

    war. Hinauszugehen aus dem Tipi und zuzu-

    schauen, wie die Sonne vom Osten heraufstieg.

    The Northern Ceyenne

    Gib meinen Fhrern Weisheit und Verstehen,

    Schtze meine Krieger, bring sie heil zurck.

    Gib den jungen Leuten Liebe und Freude,

    Gib meinen Alten Gesundheit, langes Leben.

    Soda sie lange bei uns bleiben.

    Mach meinen Feind tapfer und stark, da ich,

    Wenn ich unterliege, nicht beschmt bin.

    Erleuchte mich,

    Da ich fr alle ein Herz habe.

    La mich jeden Tag leben, da am AbendMein Gebet nicht vergeblich war.

    Francis X. Guardipee (Blackfoot)

    Selbst AlM-Krieger wie Russel Means wren vonihren Leuten schnell vergessen, wrden sie

    nichtden Ratder Stammesltesten respektieren.

    Eine Kluft zwischen den Generationen wrde

    jedeAktion unmglich machen. Indianerschulen

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    5-jeder will gutsein, keinerbesser

    , .. I',.;;-: :~ ;

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    Nicht um meinen Brdern berlegen

    zu sein,

    suche ich Kraft,sondern um meinen grten Feind

    zu bekmpfen:

    mich selbst.

    Sioux

    Umstehende Schmuckzeichnung: Frederick Weygold

    (C. A. Eastman, Winonal

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    Der heilige Kreis

    Diese Weien (sagte mein Onkel) mssen herz

    lose Leute sein, denn sie haben einen Teil ihrer

    Mitmenschen zu Dienern gemacht .. "

    Der grte Wunsch ihres Lebens ist offenbar

    der, reich zu werden, so viel Besitz wie mglich

    zu erwerben. Am liebsten wrden sie die ganze

    Welt ihr Eigentum nennen.Ohijesa, Indianische Kindheit

    Durch die Rasse "Indianer" zu sein, hat nichts

    damit zu tun, ob einer seine ursprngliche Weisung behlt, oder vergit. Wir alle kennen ein

    zelne "Indianer", die ihre ursprngliche Art

    vollkommen vergessen haben, und die Ge-

    schichte erzhlt uns von ursprnglichen Natio

    nen, die ihre Weisungen schon vor der Zeit der

    Eroberung vergaen. Eine der schwersten Ver

    letzungen grundlegender Weisungen wurde

    durch die Inkas begangen, die systematisch die

    Sprachen der benachbarten Nationen zerstrten und die Leute zwangen, ihre eigene Sprache,

    Quechua, zu sprechen. Es ist bezeichnend, da

    gerade diese Nationen, die am strksten vom

    ursprnglichen Weg abwichen, von den euro-

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    Jeder will gut sein, keiner besser

    pischen Historikern am meisten bewundert

    werden. Akwesasne

    2. Regieren macht arm

    Dazu mu man wissen, dadas

    Ansehen eines Indianers unter anderem- vom Wert seinerGe-

    schenke abhngig ist. Die angesehenen Mnner

    und Huptlinge unter ihnen sind deshalb im

    mer arm, weil sie alles von Wert unverzglich

    verschenken. Reise des Prinzen Wied

    Selbst wenn die Umstnde einen Anfhrer ver-

    langten, bestand kein Zwang, zu gehorchen.

    Man folgte dem Anfhrer freiwillig und hatte

    das Recht, sich zu verweigern... Johnston, Manitu

    ImAllgemeinen kann man bemerken, da nachdem Lgner keiner bei den Indianern mehrver-achtet ist, als .. , der habgierige Geizhals ...

    Wenn einer etwas hat, undso lange er hat, mu

    er nach ihrem Sitten-Gesetz den Ubrigen, die

    57

  • 8/14/2019 Worte wie Spuren - Weisheit der Indianer

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    Der heilige Kreis

    darben, mitteilen. Und Niemandkann sich bei

    ihnen in Ansehen und Achtung erhalten, der

    dies nicht willig undmitvollen Hnden tut. ..Es ist nicht selten, da wenn ein Huptling

    recht viele schne Waren bekam, entwederim

    Handel fr seine Jagdprodukte und Pelze, oder

    zur Anerkennung seiner hohen Stellung, er allediese Dinge aufeinen Haufen wirft, die Seinigen

    zusammenruft, undan sie alles bis aufdas letzte

    seidene Tchelchen verteilt. Ja kommter dabei

    ein Mal recht in Eifer, so zieht er auch sein

    Hemd aus, giebt es weg, und spricht: "So, Ihrseht, ;etzt habe ich nichts mehr zu geben, ich

    bin rmer als irgend einer von Euch und emp-

    fehle mich Eurer Barmherzigkeit. "

    Ein Mann, der solche Kapitalien in den Her-

    zen der Seinen anlegte, wird dann aber auch

    wieder viel reicher, als wenn er alle Waren in

    seine Kiste gepackt htte. Kitschi-Gami

    Mein Onkel und mein Grovater riefen mich

    fters zu sich und hieen mich niedersitzen

    und dann sprachen sie zu mir ber vieles, lehr

    ten mich Lieder und wie man Reden hlt ...

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    Jeder will gut sein, keiner besser

    Einmal mute ich mich auf Gehei des

    Grovaters den Reinigungsriten unterziehen

    und tags darauf bat er mich zu ihm ans Feuer zu

    sitzen. Er behielt mich dort eine lange Zeit und

    sagte mir viele Dinge ber unser Volk. Es fiel

    mir auf, da mein Onkel aus und ein ging, und

    ich vermutete, da ein Festmahl vorbereitetwurde. Da ich seit gestern fastete, fing ich an,

    an die guten Sachen zu denken, die es zu essen

    geben wrde ...

    Dann sagte mein Grovater zu mir: "Sohn,

    ich werde alt, ich habe lange Zeit Sorge getragenfr mein Volk. Immer habe ich versucht, zu

    tun, was gut und was recht ist. Ich bin umherge-

    gangen unter unsern Leuten und habe ihnen

    gute Worte gegeben. Nun bin ich ein alter

    Mann und auch dein Onkel ist alt." Ich sa zwi-

    sehen den beiden Mnnern, und jeder von ih-

    nen nahm mich bei der Hand. Dann fuhr mein

    Grovater fort: "Wir haben beschlossen, dir un-

    sern Posten zu geben. Nun bist du derHuptling unseres Volkes und mut Sorge fr

    es tragen, wie wir es getan haben. Wir wollen

    nun gehen und es dem Volk sagen."

    Und sie fhrten mich hinaus zwischen sich,

    59

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    Der heilige Kreis

    jeder hielt mich bei der Hand, und so fhrten

    sie mich zu dem versammelten Volk.

    Mitteilung von Benson (Ghalganal) Porno-Huptling

    3. Vielfalt des Einmaligen - statt Egoismus

    Der Groe Geist lt die Menschen verschieden sein. Er bewirkt, da ein Mensch sich an ei-

    nen bestimmten Ort hingezogen fhlt, sich

    dort wohlfhlt und sagt: "Hier bin ich glck

    lich, hier gehre ich hin."

    Der Groe Geist ist einer und viele zugleich.

    Er ist Teil der Sonne und die Sonne ist Teil von

    ihm. Er kann in einem Donnervogel sein, in ei-

    nem Tier, in einer Pflanze. Lame Deer

    Wir mssen wieder lernen, wir selber zu sein

    und die Vielfalt in uns zu fhlen und zu entdek

    ken ... Ich habe viele Pflanzen aufmerksam be-

    trachtet. Von den Blttern einer Pflanze, diealle auf demselben Stengel wachsen, ist keines

    ganz wie das andere.... Der Groe Geist hat es

    so gewollt. Fr alle Geschpfe auf der Erde hat

    er den Lebenspfad blo im groen vorgezeich-

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    Jeder will gut sein, keiner besser

    net; er zeigt ihnen die Richtung und das Ziel,

    lt sie aber ihren eigenen Weg dorthin finden.

    Er will, da sie selbstndig handeln, ihrem We-

    sen gem und ihren inneren Krften gehor

    chend. LameDeer

    Warum wollt ihr pltzlich Indianer werden?Was ist so toll daran, Indianer zu sein? Ihr

    knnt auch als Weie das Glck finden. India

    ner sind keine besseren Menschen.

    Ph. Deere, Medizinmann der Muskogee-Creek: Indianerschulen

    Die jungen weien Leute, die sich bemhen,

    die wahre Art wiederzufinden, sollten sich

    nicht vormachen, sie besen eine "indianische

    Seele". Die "indianische Seele" istnur

    ein My-thos, den man bestehen lt, damit die jungen

    weien Leute glauben, sie mten ihr eigenes

    Selbst verleugnen, wenn sie klar sehen wollen.

    Diese jungen Weien brauchen aber den Geist

    der Ureinwohner Amerikas nur, um sich zuerinnern, wer sie selbstwirklich sind} damit sie

    vielleicht versuchen knnen, ihren eigenen

    Leuten beizubringen, ein natrliches Leben in

    diesem Land zu fhren. Akwesasne

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    Der heilige Kreis

    Die Anishnabeg betrachteten den Menschen

    als ein Wesen, das wie sein Schpfer Visionen

    haben konnte....

    Und weil alle Menschen un

    terschiedlich begabt waren, erhielt jeder eine

    andere Vision, und jeder verwirklichte eine Vi-

    sion, wie er und niemand sonst sie verstand.

    Johnston, Manitu

    Die Auflsung der Stammesidentitt zu einem

    einzigen Brei von ,,Indianischsein", wie es in

    den Stdten zu geschehen scheint, ist eine Falle.Wir wissen, da wir wegen der Einheit des

    Stammes nicht auf unsere Individualitt ver

    zichten mssen - noch mssen wir das Stam

    mestum der Solidaritt zwischen den Stmmen

    opfern. Gayle High Pine: Akwesasne

    Wenn zwei Falken auf einem Baum sitzen und

    ein Schwarm Wildenten fliegt vorbei, dann sagt

    auch nicht ein Falke zum andern: "Schau, dafliegt die Mehrheit, das mu der richtige Weg

    sein, schlieen wir uns an!" Sie werden weiter

    hin als Falken dem Weg der Falken folgen.

    Ph. Deere: Indianerschulen

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    Jeder will gut sein, keiner besser

    Endlich schieter einmal ein Reh. Was wre

    natrlicher, als da sie alle, wie die hungrigen

    Wlfe, darber herfielen und sich sttigten, da

    sie auch ein paar gute Stcke davon zurckleg-

    ten, damit sie fr morgen oder bermorgen et-

    was htten. Der Indianer ist weit davon ent-

    fernt, diese Vorsichtsmaregeln seine erste Sorgesein zu lassen. Das strenge point d'honneurver-

    langtes, da er vor allen Dingen mitseinerFrau

    darber zu Rate gehe, wie das Reh unter die

    Nachbarn und Freunde zu verteilen sei. ... Fr

    "morgen oder bermorgen" bleibt dann vondem Reh nichts brig ... Es tritt wohl einer der

    Beschenkten hervor und spricht seinen Dank

    aus, indem er erwidert, "er wolle sich bemhen

    sich zum Frommen seines Freundes der gewich-

    tigsten Trume zu erinnern, die er ;e in seinem

    Leben gehabt habe, und ihm mitden Gedanken

    an diese Trume beistehen. Er wolle auch von

    Neuem fr ihn fasten, und den Meisterdes Le-

    bens bitten, da erErbarmen mitihm habe, undfernerJagdglckgebe. " Kitschi-Gami

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    Der heilige Kreis

    Der andere Wertmastab ...

    A ~ diese Weise kann denn natrlich nie ;e-mand dazu gelangen, die Frchte seiner An

    strengungen zu ernten. Aus diesem Grunde

    konnten sich nie wohlhabende undreiche Fami-

    lien unter ihnen organisieren, und sie blieben

    alle gleich arm und hilflos.

    Wenn man bedenkt, da diese gromtigen

    Geistes-Dispositionen ... schon seit vielen Jahr-

    hunderten unter den Indianern bestanden und

    gewirkt haben, so wre diese Eigentmlichkeitallein schon hinreichend, es zu erklren, wie

    selbst bei diesen, sonstso talentvollen aber ver-

    schwenderischen Leuten kein Fortschritt, keine

    Bildung in den Gang kommen konnte, und

    warum sie immer auf derselben Anfangsstufe

    stehen blieben. Htte man ihrem Charakter von

    Anfang herein, statt dieser heldenartigen Gro-

    muth etwas mehr bedachtsamen Egoismus ...

    einimpfen knnen, so wren sie vielleicht lngstweiter. Kitschi-Gami

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    6. Wort undWissen

  • 8/14/2019 Worte wie Spuren - Weisheit der Indianer

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    Das Lied ist so kurz, weil wir so viel

    verstehen.

    Autobiography of a Papago Woman

    Umstehende Zeichnung: Wapiti mit hoega, dem Symbol des qua-

    dratisch aufgeteilten, alle Lebewesen umfassenden Erdkreises, auf

    der Stirn (W. Mller, Siouxl.

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    Wort und Wissen

    I. Das wahre Wort

    Der in seiner Tradition stehende Indianer fllt

    auf durch seine uerste Sorgfalt in der Wort-

    wahl, ob im Englischen oder in seiner Mutter-

    sprache. Jeder Gedanke soll so knapp wie mg-

    lich ausgedrckt werden. (Das heit also nicht,da indianische Reden kurz sind; denn sie sind

    reich an Gedanken. Indianer sind brillante Red-

    ner.) Sh. H.Witt(Irokesin):TheWay

    Nach der indianischen Auffassung fllt das ge-

    sprochene Wort nicht dahin, vielmehr nimmt

    es seinen Flug und lebt fr immer. Haben

    Worte den Wert von Unsterblichkeit, so

    nimmt man sich in acht, sie nicht wahllos oder

    falsch zu verwenden. Daher die dauernde Ver-

    wunderung bei den Indianern ber die dreisten

    Lgen, die von der Werbung, von Zeitungen,

    Politikern vorgebracht werden.Sh. H. Witt (Irokesin): The Way

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    Der heilige Kreis

    Daebaudjimod, der groe Erzhler, der ber al-

    les etwas wute, verlor irgendwann ganz all-

    mhlich das Vertrauen seiner Zuhrer. Ob-

    gleich Mnner und Frauen ihm weiterhin

    lauschten, glaubten sie ihm seine Berichte nicht

    mehr. "Er wei zuviel, kein Mensch kann so

    viel wissen." Manche sagten sogar: "Er hat zu-viel geredet. 11 Johnston, Manitu

    Ich habe von Gruppentherapie ... gehrt ...

    Nun, wir Indianer kannten diese Dinge lngst,

    bevor ihr darauf kamt. Seit unvordenklicher

    Zeit haben wir Sioux Zeremonien, die mit einer

    Art Gruppentherapie enden. Einer nach dem

    andern trat der Reihe nach in den Kreis und re-dete von seinen Problemen oder von dem, was

    ihn bedrckte. Larne Deer

    Manche Dinge mu man in Frieden lassen ...Ohne Geheimnisse kann der Mensch nicht le-

    ben. Er braucht sie notwendig. Larne Deer

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    Wort und Wissen

    2. Poesie ist, wo zwei Wrterzum erstenmal

    zusammentreffen. (indianisch)

    Stellt euch einmal diese alte Kiowa-Frau vor,

    meine Gromutter ... Und seid sicher, da ihre

    Hochachtung vor den Worten jederzeit sehr

    ausgeprgt war...

    Fr sie bedeuteten WorteMedizin; sie waren magisch und unsichtbar. Sie

    entsprangen dem Nichts und wurden Laut und

    Bedeutung. Sie waren etwas ganz Unschtzba

    res; man konnte sie nicht kaufen und verkau

    fen ...

    Ich war ein Kind und hrte ihr zu. Sie konnte

    nicht schreiben und nicht lesen, dennoch

    lehrte sie mich, in ihren Worten zu leben, zuzuhren und mich zu entzcken.

    Momaday, Haus aus Dmmerung

    Fast htte er innerlich Frieden gefunden ... Erwar mit sich allein, und er htte gern aus der

    Buntheit des Canyons ein Lied geformt, so wie

    die Frauen aus Torreon auf ihren Websthlen

    Gesnge aus buntem Garn woben, aber er

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    Der heilige Kreis

    konnte die richtigen Worte nicht finden. Es

    wre ein Schpfungsgesang geworden, er htte

    ganz tief von jener ersten Welt gesungen, vonFeuer und Wasser, und vom Auftauchen der

    Frhdmmerung zwischen den Hgeln.

    Momaday, Haus aus Dmmerung

    3. Stndig lernen

    Bei uns geht Erziehung mit allem andern Hand

    in Hand und ist zeitlich unbegrenzt. Man kannsie von nichts trennen, man lernt stndig, nicht

    nur, solange man klein ist. Indianerschulen

    Die Gromutter erwiderte:0hijesa mu ler-nen, da es im Leben viel Verborgenes gibt ...

    Nur denjenigen, die in der Einsamkeit suchen

    und fasten, enthllen sich die Wunder des Gro-

    en Geheimnisses. Ohijesa, Indianische Kindheit

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    Der heilige Kreis

    erreichen, wo sich ihm alles fgt. Dann wird er

    wissen, wann und wie er seine Macht ge-

    braucht.

    Und so wird er seinen dritten Feind besiegt

    haben. Der Mann wird a m Ende der Reise desLernens sein, und fast unversehens wird er dem

    letzten seiner Feinde begegnen: dem Alter! ...Das ist die Zeit, da ein Mann keine Furcht mehr

    kennt, keine ungeduldige Klarheit der Gedan

    ken - das ist eine Zeit, da er seine ganze Macht

    beherrscht, aber es ist auch die Zeit, da er ein

    unberwindliches Verlangen nach Ruhe hat.Wenn er seinem Verlangen auszuruhen und zu

    vergessen vllig nachgibt, wenn er sich selbst in

    Mdigkeit wiegt, wird er seine letzte Runde ver

    loren haben.Castaneda, Lehren desDon Juan

    4. Erleuchtung und Rat

    Was ich von Black Elk lernte, war nichtnur,was er sagte, so wertvoll das auch war, weit

    mehr lernte ich durch das, was er in seinem

    wahren Wesen war, unddies schien in Schwebe

    zu sein zwischen dieser Welt der geformten

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    Wort und Wissen

    Dinge und der anderen Welt des Geistes. In al-

    lem, was erwar, strahlte eine Atmosphre, die

    einem das Gefhl gab, da man sich in derGe-

    genwart eines heiligen Mannes befand.

    Spiritual Legacy

    Am Ende der Schwitz-Zeremonie wird die Trgeffnet, da "das Licht eintrete in die Dunkelheit, damit wir nicht nur mit unseren zwei Au

    gen sehen mgen, sondern mit dem einen

    Auge, dem des Herzens, mit dem wir all das se-

    hen und erkennen, was wahr und gut ist".Spiritual Legacy

    Wir rauchten schweigend, bis er (B1ack Elk)

    endlich, mit sanfter, freundlicher Stimme aufLakota zu sprechen begann . .. Zu meinerUber-

    raschung sagte er, da ermein Kommen erwar-

    tet habe. Es gebe vieles, was er mir gerne

    mitteilen wrde, bevorer, wie ersagte, "von die-

    ser Welt der Dunkelheit hinberginge in die an-dere wirkliche Weltdes Lichtes" ...

    Ich lebte mitihm undseiner hochherzigen Fa-

    milie fast ein Jahr lang undlernte von ihm und

    seinen Freunden . . . .Spiritual Legacy

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    Der heilige Kreis

    Der Groe Geist hat allen Dingen eine uner

    meliche Menge Kraft gegeben: den Kieselstei

    nen, den Ameisen, den Blttern, dem Wirbel

    sturm ... Und immer bleibt noch Kraft brig,

    unverbraucht, sie ist uns angeboten, aber wir

    drfen sie nicht anders als weise und besonnen

    gebrauchen. Larne Deer

    Die Hopi und alle eingeborenen Brder haben

    fortwhrend in ihrer Existenz dafr gekmpft,

    die Harmonie mit der Erde und mit dem Universum aufrecht zu erhalten ...

    Wir sind unserem Lebensplan gefolgt ... wir

    leben immer noch in bereinstimmung mit

    dem Modell des Lebens, das Massau'u uns gab.

    Wir haben den Glauben an Massau'u nicht ver

    loren.

    Heute haben sich fast alle Prophezeiungen er-

    fllt. Straen, gro wie Flsse, durchqueren das

    Land. Menschen sprechen mit Menschen durchdie Spinnweben der Telefonleitungen ... Zwei

    groe Kriege sind gefhrt worden ... Die Men

    sehen machen sich mit dem Mond und mit den

    Sternen zu schaffen. Hopi und andere eingebo-

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    Wort und Wissen

    rene Brder wurden gewarnt, da niemand ir-

    gend etwas vom Mond herunter auf die Erde

    bringen sollte - es wrde eine Unausgeglichen

    heit der natrlichen und universalen Gesetze

    schaffen.

    Wir kommen in die Zeit der Luterer, die

    vom Groen Geist gesandt wurden, um desMenschen Zerstrung an sich selbst und an der

    Natur aufzuhalten ...

    Banyacay, Rede in Vancouver: Akwesasne

    5. An den Grenzen des Lebens

    Sacred Pipe Huptling erzhlte mir von sich

    selbst: Ich war einmal gestorben. Indem ich

    starb, fand ich mich auf dem Weg in ein India

    nerdorf. Ich ging hinein und wandte mich gera-

    dewegs der Wohnung meiner Freunde und

    Verwandten zu. Ich ging in die Wohnung hin

    ein, aber es wurde mir kein Platz angeboten,und ich dachte, ich sei nicht willkommen.Ich

    verlie das Dorf Richtung Westen. Dann kam

    ich ins Leben zurck. Am Morgen war ich ge-

    storben und zum Leben kam ich wieder am

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    Der heilige Kreis

    Nachmittag ... Ich war noch nicht willkom

    men. Sie nahmen mich nicht auf. Seitdem bin

    ich berzeugt, da es ein Leben nach dem Tode

    gibt. Pawnee Hero Stories

    Grovater und ich plaudern.

    Grovater singt, ich tanze.Grovater lehrt, ich lerne.

    Grovater stirbt, ich weine.

    Ich warte geduldig, Grovater zu sehen

    in der Welt, die mir dunkel ist.Ich vermisse meinen Grovater.

    Geduldig Warten ist beladen von Einsamkeit.

    Ich weine und weine und weine.

    Wann werd ich ihn sehen? Aus dem Anishinabe

    Die Menschen sterben, doch leben sie erneut

    in der wirklichen Welt von Wakan-Tanka, wo

    nichts ist als die Geister aller Dinge; und dieses

    wahre Leben knnen wir hier auf Erden kennenlernen, wenn wir unseren Krper und unse

    ren Geist reinigen, so da wir Wakan-Tanka

    nherkommen, der die All-Reinheit ist.

    Black Elk: Spiritual Legacy

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    II.

    Was ist Wirklichkeit?

    1. Das Geld?

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    Wie beginne ich meine Lieder

    in der blauen Nacht, die herabkommt?

    Gesang einer Papago-Frau IOwl Womanj

    Umstehende Seite: Federngeschmckter heyoka, eine Art indiani

    scher Clown (Ausschnitt aus einer Fellzeichnung, B. Johnston,

    Manitu).

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    Das Geld?

    1. Sage mir, was dich bewegt

    Die grne Froschhaut - so nenne ich die Dollarnote. In unserer Haltung zum Geld unterscheiden wir Indianer uns wohl am meistenvon euch Weien ...

    Fr den weien Mann hat jeder Grashalmund jede Wasserquelle ein Preisschild. Unddaran krankt auch alles, schau dich doch um.

    LameDeer

    Ich fordere nichts. Die rzte der Weien, auchihre Priester beziehen ihre Einknfte. Ichnehme kein Honorar. Geht ein Mensch geheiltaus meinem Hause, so ist das mein Lohn. Mit

    unter reicht meine Kraft nicht hin, dann binich traurig. Habe ich die Kraft, so bin ich glcklich. Viele sinnen nur immer darauf, Geld zumachen. Daran denke ich nie. Lame Deer

    Du, Richard, bist ein Knstler. Das ist einGrund, warum wir gut miteinander auskommen. Die Knstler sind die Indianer der weienWelt. Sie werden Trumer genannt, die in den

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    Was ist Wirklichkeit?

    Wolken leben, leichtsinnige Typen, die ihr

    Geld nicht zusammenhalten knnen, Men

    schen, die sich der "Realitt" nicht stellen wol

    len. Das gleiche sagen sie auch ber die

    Indianer. Wie, zum Teufel, wollen diese Frosch

    hautmenschen wissen, was die Wirklichkeit ist?

    LameDeer

    Dies ist der Fehler der "Indianerbewegungen"

    heute: Sie grnden Aktivitten auf rassische

    Voraussetzungen.

    Vielleicht ist diese Ansicht des ,,Indianerpro

    blems" vorstzlich betont worden durch Leute,

    die aus Kontroversen Geld herausschlagen oder

    gerne Zwietracht sen, so da unser Volk nie

    daran denkt, sich nach seinem Verhalten zu be-urteilen und zu erkennen, da wir es ntig

    haben, zu unseren Religionen zurckzukehren,

    wo wir wieder stark sind ... wirklich das Volk

    des Schpfers ... Wenn wir aber bereit sind, das

    Geldspiel mitzuspielen, drfen wir uns nicht

    ber das beklagen, was der weie Mann uns

    und der Erde antut, denn dann betreiben wir

    das gleiche schmutzige Spiel.

    Gaw-Wee-Traw: Akwesasne

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    Das Geld?

    2. Leih-Gaben

    Wir strebten Besitz nur an, um ihn weiterge-ben zu knnen. LarnePeer

    Wergab unsdie Gaben, die wir nicht besitzen,

    sondern leihen und weitergeben?

    Wer einte uns?

    Wer ebnete den Pfad der Seelen?

    Wer formte das Land des Friedens?Wer? Johnston, Manitu

    Meine Vernunft sagt mir, da Land nicht ver-

    kauft werden kann. Der Groe Geist gab es sei-

    nen Kindern, da sie darauf leben und es

    bebauen, soweit dies fr ihren Unterhalt ntig

    ist; und solange sie darauf wohnen und es pfle-

    gen, haben sie das Recht auf den Boden, dochwenn sie freiwillig weggehen, dann haben an-

    dere Menschen das Recht, sich da niederzulas-

    sen. Autobiography of Black Hawk

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    Was ist Wirklichkeit?

    Einerder obersten Werte bei den Ojibwa istdas

    Teilen des Besitzes mit anderen. Ausgewogenheit und Verhltnismigkeit bestimmen die

    Beziehungen. Habgierin ;ederForm wirdabge-

    lehnt, denn die nicht-menschlichen Wesen tei-

    len ;a auch ihre Macht mit den Menschen.

    Einmal wurde mir von einem lungen berichtet, dermitdem Ergebnis seines Puberttsfastens

    nichtzufrieden war. Erwollte unbedingt von al-

    len Blttern an allen Bumen der Welt trumen,

    damit ihm nichts mehr verborgen bliebe. Der

    pawagan, derihm in seinem Traum erschien, er-

    fllte ihm zwar seinen malosen Wunsch, sagte

    dann aber: "Sobald die Bltter zu fallen begin

    nen, wirst du krank werden, und wenn sie alle

    aufderErde liegen, so ist das dein Ende. " Und sogeschah es. Ubertriebenes Fasten ist ebenso ein

    Zeichen von Gier wie Horten. Hallowell: Canyon

    3. Verschenk-Fest

    Sie drohen uns auch mit dem Finger, wenn wir

    unser Verschenk-Fest haben. Sie wollen uns sa-

    gen, da arme Leute es sich nicht leisten kn

    nen, freigebig zu sein.Larne

    Deer

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  • 8/14/2019 Worte wie Spuren - Weisheit der Indianer

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    Das Geld?

    Du mut versuchen, deinem Vater und Gro-vater nachzueifern. Was waren das fr Krieger!

    Und was fr Feste veranstalteten sie! Ein armer

    , Jger kann keine Feste geben. Erinnerst du dich

    an die Geschichte von dem reichen Mann, der

    vierzig Feste in zwlfMonaten gab?

    Ohijesa, Indianische KindheitEs gab keine statische Gleichheit, auch keine festgeschrie-bene Klassentrennung zwischen Armen und Reichen, son-dern ein dynamisches, immer wiederkehrendes Austeilenund Ausgleichen.

    Die Pawnee Leute haben mirkleine Freundlich-keiten erwiesen, wie ich sie nie von Weienhtte erwarten knnen, mitdenen ich nichtver-wandt bin, und sie taten das ganz unauffllig.

    Im Dorf teilten die Wohlhabenden freigebig andie rmeren aus, undgastfreundlich waren siealle. Sie waren ein leichtbeschwingtes, frhlichesVolk, sie lieen sich nichts entgehen, was zu la-chen gab, undwaren verliebtin Witze.

    Pwanee Hero Stories

    Am meisten verachtet wird ein reicher Mann,der seinen Reichtum nicht austeilt ... Von ihm

    kann man sagen, er ist wahrhaft "arm". Mekeel

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    Was ist Wirklichkeit?

    Der alte Onkel lie auch manchmal einen

    Ochsen oder eine junge Kuh vor dem Haus ei-

    nes mittellosen Cousins zurck. "Mit dem Es-

    sen hat es mehr auf sich als nur das Verdauen",

    pflegte er zu mir zu sagen, "im Essen sind Gei-

    ster, die darber wachen. Wenn du ein Geizkra-

    gen bist, wird der Geist sich denken: DieserBastard ist mir zu knickrig, ich verschwinde,

    und er wird entweichen. Aber wenn du dein Es-

    sen mit andern teilst, wird der gute Geist bei dir

    bleiben. 11 Larne Deer

    4. Kostenloses Glck

    Unser einziger Reichtum waren die guten Ga-

    ben der Natur und die Fhigkeit, unser Glck,

    bei allen Gefahren, die uns umlauerten, in vol-

    len Zgen zu genieen. Ohijesa, Indianische Kindheit

    DerPapago Mann, der fr sein Volk gekmpft

    hat, erlangt dadurch keine Ehre, sondern allein

    durch die damit verbundene Tatsache, da erf-

    hig war, ein Liedzu "empfangen " ...

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    Das Geld?

    Knnen wir uns eine Gesellschaft vorstellen,

    die den aggressiven Durchsetzungswillen in kei-

    ner Weise honoriertundwo der Tatmensch nur

    geschtzt wird, sofern er auch ein Poet i s t ~ EineGesellschaft, wo nichtder Knstler der Unange-

    pate, der Auenseiter, ist, sondern der phanta-

    sielose Geschftsmann Underhill, Singing for Power

    5. Weg des Geistes

    Der Groe Geist hat die Blumen, die Flsse,die Fhren, die Zedern erschaffen, und er sorgt

    auch fr sie. Der Lufthauch durchweht sie, da

    sie atmen, auch Wasser gibt er ihnen, da sie

    wachsen ... Er sorgt sich auch um mich, gibt

    mir zu trinken und zu essen, lt mich gemein-

    sam mit den Pflanzen und Tieren leben.

    Ich will mich von den Leuten nicht abschlie-

    en, sondern mit ihnen im Gesprch bleiben,

    ihnen den alten indianischen Weg, den Wegdes Geistes zeigen. LarneDeer

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    Was ist Wirklichkeit?

    Diewichtigsten aller Geschpfe sind die Gefl-gelten, denn sie sind dem Himmel am nchstenund nicht an die Erde gebunden ...

    Die Vgel verlassen die Erde mit ihren Fl-geln, und auch wir Menschen knnen die Erdeverlassen, aber nicht mit Flgeln, sondern mit

    dem Geist.BlackElk

    Wenn die Kette aus trichten, wehleidigenngsten sich lst und mich freigibt

    und das Herz nicht mit dem Geistim Streit liegt,dann wird mein Leben Frieden haben.

    Johnston, Manitu

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    2. Der Traum

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    Am Himmel

    zieh ich dahin,

    einen Vogelbegleite ich.

    Chippewa (Ojibwa)

    Umstehende Abbildung: Bemalter, federngeschmckter Schild der

    Dakota-Indianer (W. Mller, Sioux).

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    Was ist Wirklichkeit?

    2. Lied im Traum

    In dem fernen Land des AdlersIn dem fernen Land des Adlers

    tnt das Rollen, dumpfer Wohlklang

    widerhallenden Donners. ThePimaIndians

    Ich bin der Schwarze Br. Um mich herum

    siehst du die leichten Wolken gebreitet.

    Ich bin der Schwarze Br. Um mich herum

    siehst du den leichten Tau fallen. The Pima Indians

    Wo die zwei Steine ragen,

    heulte schwarzer Windin schrecklichen Sten,

    Er trieb die Vgel vor sich her,

    die flatterten vor und zurck.

    Auf dem Gipfel des weien Ngiwolikda singen die grnen Frsche.

    Sie liegen nah bei den blauen Sturmwolken,

    viele Frsche sind da und singen. The Pima Indians

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    Der Traum

    Regenlied

    Nah im Westen singt das groe Meer.Die Wogen rollen auf mich zu,

    bedeckt mit vielen Wolken.

    Wo ich stehe, vernehm ich ihr Gedrhn.

    Die Erde schwankt unter mir und ich hredas tiefe Rumpeln. F. Densmore, Papago Music

    In der groen Nacht will mein Herz ausgehn,

    Die Finsternis kommt rasselnd auf mich zu,In der groen Nacht will mein Herz ausgehn.

    Owl Woman, Papago-Medizinfrau

    Mit einem groen Vogel

    ber mirwandre ich

    in den Himmel Traumlied aus d. Anishinabe

    3. Visionen

    Der spirituelle Weg der einsamen Einkehr, be-

    kanntunter dem Namen des Erflehens einerVi-

    sion, besteht darin, da der Einzelne an einem

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    Der Traum

    Dinge richteten, da sie in bernatrliche Ver-

    zckungen verfielen und zu einer gesteigerten

    Aufmerksamkeitsich erhoben ...

    Ich sage, ganz unglaublich wrden mirdiese

    Dinge erscheinen, wenn manmirnichthier von

    allen Seiten von ihnen als etwas Gewhnlichem

    sprche, wenn ich nichtin jedem Winkel diesesLandes dasselbe wieder hrte . . . Kitschi-Gami

    Unter allen Stmmen unseres Volkes gibt es

    die Lehre, die besagt, da man sich in die Ein-

    samkeit begeben sollte, in die Wildnis derBerge, der Wste oder der Meere, um dort die

    Anweisungen der Schpfung entgegenzuneh

    men ...

    Wir alle kennen die Kraft des Gebetes, un

    sere Sinne vorzubereiten, und die Kraft des Fa-

    stens, des Schwitzens und anderer Reinigungsri

    tuale, die unseren Geist und unsere Seele darauf

    vorbereiten, die Stimme des heiligen Geheim

    nisses zu hren. Saupaquant in: Akwesasne

    In der Vision kann ein Mensch sein erstesSelbst, seine krperlose Substanz sehen, hren,

    spren ...

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    Der Traum

    AIs Weshgishega grer wurde, hie sein Vater

    ihn fasten. Er sagte ihm, Erdschpfer habe ver

    schiedene Geister erschaffen, jeden mit besonderen Gaben. Sie geben den Indianern, was fr

    sie gut ist: dem einen Strke im Krieg, dem an

    dern Geschicklichkeit beim Jagen. Solche Seg-

    nungen sollte Weshgishega von den Geisternerbitten.

    Im Verlauf seines Fastens dachte Weshgi

    shega bei sich: "Nicht einer der Geister, die Erd

    schpfer geschaffen hat, kennt ihn wirklich,

    wie er ist. Nicht einer der Geister wurde vonihm gesegnet. Ob Erdschpfer mich segnen

    .. d 2"wr e....

    (Nur von Erdschpfer selbst wollte Weshgishega gesegnet

    werden. Nach zwlf Tagen mute er sein Fasten, das ver-'geblich war, abbrechen. Er wiederholte es mehrmals in sei-nem Leben unter groen Opfern. Statt Erdschpfer erschienen ihm Vgel, die ihn zum Besten hielten.)

    Er war soweit, da er zu sterben wnschte,

    denn er merkte, da alle boshaften Vgel derWeh ihren Scherz mit ihm trieben.

    Erdschpfer, der hoch droben wohnt, hrte

    die Stimme des Mannes und sagte: ,,0 Weshgi

    shega, du weinst. Ich werde zu dir auf die Erde

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    Was ist Wirklichkeit?

    kommen. Dein Vater hat mir alles erzhlt." Als

    Weshgishega aufschaute, sah er einen Licht

    strahl, der sich deutlich vom Himmel zur Erdestreckte. Er reichte bis zu seinem Lager her.

    "Weshgishega, du hast gesagt, du wolltest mich

    sehen. Das kann jedoch nicht sein. Aber ich bin

    der Lichtstrahl.Du

    hast mich gesehen."Nicht mit irgendeiner Kriegskraft segnete

    ihn Erdschpfer nur mit Leben. CrashingThunder

    Wir Sioux sind sehr experimentierfreudig,wenn es um Religionen und Visionen geht.

    BlackElk, der Sioux-Traditionalist, fate als al-

    ter Mann Interesse fr das Christentum, und so

    mute seine Enkelin hinter ihm aufs Pferd sitzen und ihm aus der Bibel vorlesen, whrend er

    querfeldein ber die Prrie jagte. Lame Deer

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    3.Das Lachen,

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    Kommt alle! Steht auf!

    Dort drben dmmert eben der

    Morgen.letzt hre ich

    sanftes Lachen.

    F. Densmore, Papago Music

    Umstehende Zeichnung: Ojibwa-Schamane im wolkenlosen Him

    mel mit Mond und Sternen (Gravierung auf Birkenrinde; B. John

    ston, Manitul.

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    Das Lachen

    I. Der Klang dieses Lachens

    Sie sindimmeram Lachen. Wir, die wirTage,Wochen hindurch hart arbeiten undbestenfalls

    dann und wann ein hfliches Lcheln aufbrin-

    gen, knnen uns kaum an das liebenswrdige

    Lachen gewhnen, das die Rede derPapagos un-

    entwegt begleitet. Keine Gruppe von Papago

    Mnnern oderFrauen ist ;e beisammen ohne

    den Klang dieses Lachens. Als ich nach New

    York zurckkehrte nach Monaten, die voll die-

    ses Klanges waren, habe ich ihn vermit, wie ich frisches Wasser vermissen wrde, wenn ich es

    nie wieder trinken knnte. Underhill, Singing for Power

    Bei einigen Stmmen knnen die religisen Ze-remonien nicht beginnen, bevoralle Leute, vor

    allem die Fremden, gelacht haben.

    Bei den Hopi sagt man: "KrankheitundTod ha-

    ben ihren Grund vor allem im Kummer. "Ober den Rand des tiefen Canyon

    Ich glaube, da ich nirgends ein so echtes herz-

    liches Lachen erlebt habe wie am indianischen

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    Was ist Wirklichkeit?

    Lagerfeuer. Da habe ich schon einen ganzen

    Abend so mit Lachen zugebracht, da ich ein-

    fach nicht weiterlachen konnte. An manchen

    Abenden erhlt der Geschichtenerzhler des

    Dorfes seine Hrer in pausenloser Heiterkeit.

    Einen Scherz belzunehmen, htte gegen die

    gute Sitte verstoen. Ohijesa, Indianische Kindheit

    Uns Indianern ist das Lachen heilig. Fr so

    arme Leute wie wir, die alles verloren haben

    und von Tod und Traurigkeit bedrngt sind, istdas Lachen ein kostbares Geschenk.

    Wir Indianer lachen gern. In durchfrorenen

    und durchhungerten Nchten konnten wir

    ber den Geschichten eines Clowns unser

    Elend vergessen. Larne Deer

    Der Wind saust auf uns zu

    Weit her

    Schlgt Purzelbume, wenn er kommt.

    Am Rand der Welt

    steht er still.

    Die Wolken jagen auf uns zu

    nahe her

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    Was ist Wirklichkeit?

    Wo der Berg erzittert vom Donner

    erzittert mein Herz mit ihm.

    Das war's, was sie sangen. Wenn ich diesen Ge-

    sang singe, bringt er mich immer noch zum

    Tanzen. Autobiography ofa Papago Woman

    Die Anthropologen sagen immer, es sei noch

    zuviel vom alten Bffeljger in uns. Teile dein

    Essen, teile deine Habe. Das sei einmal richtig

    gewesen, damals ... - "Ihr habt euer Gehirn mit

    grnen Froschhuten vernagelt", sage ich zuden Anthros. "Wenn wir Indianer wirklich so

    schmutzige Wilde sind, wie ihr immer behaup

    tet, dann htten wir euch auffressen sollen, als

    ihr auf dieser Schildkrteninsel gelandet seid.Dann htte ich jetzt wenigstens meine Ruhe

    und meinen Frieden." Das bringt sie vorlufig

    zum Schweigen. Larne Deer

    Alle Voyageurs, die ich sprach, waren darber

    einig, da die Indianer, selbst wenn sie aufs

    Letzte herabgekommen sind, nichtnur nicht

    die Lustzum

    Mittheilen verlieren, sondern auch

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    Das Lachen

    berhaupt den Muth, die Hoffnung, und so zu

    sagen das Gottvertrauen so leicht nichtaufge-

    ben. "Wir Voyageurs" sagte mir einer von ih-nen, "wenn es knapp zugeht, wir werden ganz

    "de mauvaise humeur", wir brummen, wettern

    und fluchen schon, wenn derIndianer noch im-

    merlachtund

    scherzt. Kitschi-Gami

    3. Singen und tanzen

    Wie die frhlichen Indianer von einst, sollendie neuen Indianer ihrem eigenen Volk zurck

    bringen und auf andere Rassen ausbreiten, was

    das Leben in den alten Indianerdrfern fr alle

    zu einerso

    glcklichen Zeit machte: die Freudeguter Kameradschaft und die Herzlichkeit und

    Hflichkeit, die sie freinander hatten. Wie

    tanzten sie zusammen! Wie aen sie miteinan

    der und sangen sie miteinander voller Freude!

    Es wird wieder und besser kommen in derneuen Welt. Warriors ofthe Rainbow

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    Was ist Wirklichkeit?

    Den ganzen Tag erklangen die Willkommrufe

    beim Heranbringen eines Wildes ... Waren

    dann alle Jger heimgekehrt, herrschte eine sol-

    che Glckseligkeit und Zufriedenheit im Lager,

    wie ich sie bei den Weien, auch wenn es ihnen

    bestens ging, nie angetroffen habe.

    Ohijesa, Indianische Kindheit

    Die Kunst des Geschichtenerzhlens war eine

    Hauptquelle des Vergngens und der Erziehung

    bei den Eingeborenen. Das gilt heute noch. Ihrmt nur eine Gruppe von Indianern in locke-

    rer Stimmung zusammenbringen, und die Ge-

    schichten werden losgehen ...

    Wenn die Kunst des Erzhlens ausstirbt,

    dann sterben auch wir Eingeborenen" aus. Es istunser Lieblingssport, unser bestes Kommunika-

    tionsmittel, der uns bleibende Beweis eines

    frhlichen Geistes. J. Henry: Am. Indian Reader

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    Der Abend sinkt

    wohltnend

    und will widerhallen

    von unseren Liedern.

    Papago-Lied

    Umstehende Abbildung: Bemalter, federngeschmckter Schild der

    Dakota-Indianer (W. Mller, Sioux).

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    Viel Zeit

    I. Zeit zum Leben

    Meine Enkel, ich segne euch ...Immer wieder werdet ihr die Menschen er

    freuen durch das, was ihr tut. Das ist der Segen,

    den ich euch gebe. Doch, meine Enkel, erwartet

    keine Gegengabe von euren Mitmenschen, de-

    nen ihr gefllig wart ...

    Ihr werdet in Ruhe leben. Ihr werdet viel Zeit

    haben, um sie mit andern zu teilen.

    Michelson, (Fox), Speech ofthe Owl

    Frieden zieht in die Seelen der Menschen ein,

    wenn sie ihre Verwandtschaft mit dem Univer-

    sum wahrnehmen ... und wenn sie wahrneh-

    men, da in der Mitte des Universums Wakan-Tanka wohnt, und da diese Mitte berall ist,

    da sie innen in jedem von uns ist. BlackElk

    Der Kreis bedeutet uns die in Einheit versam-melten Menschen ... Alle Familien des Dorfes

    bildeten Kreise in einem weiteren Kreis, der

    wiederum von einem weiteren Kreis umfangen

    war, den sieben Ratsfeuern der Sioux, dem Ab-

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    Was ist Wirklichkeit?

    bild der Nation. Die Nation aber war dem Uni

    versum eingefgt, und da gibt sich alles in

    Kreisen, die Planetenbahnen, der Horizont, der

    Regenbogen ...

    Das Zeichen des Weien Mannes ist das

    Viereck. Sein Haus ist viereckig, seine Ge-

    schftsrume viereckig, die Tr ist viereckig,die den Freund aussperrt, viereckig ist der Geld

    schein, und die Termine, die zerstoene Zeit

    und die Stozeiten - mir zeigen sie berall Ek-

    ken und Kanten. Larne Deer

    In Winternchten, wenn wir unseren Haferbreioder unsere Kaninchensuppe gegessen hatten,

    unduns auf unsere Matten zurcklegten,pflegte mein Bruder zu meinem Vater zu sagen:

    "Mein Vater, erzhl uns etwas." Mein Vater

    legte sich ruhig auf seiner Matte zurecht, mit

    meiner Mutter neben ihm und dem Baby zwi-

    schen ihnen. Schlielich begann er langsam da-von zu erzhlen, wie die Welt anfing ... Unsere

    Geschichte ber die Welt ist voller Lieder, und

    wenn die Nachbarn meinen Vater singen hr

    ten, machten sie unsere Tr auf und stiegen

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    Viel Zeit

    ber die hohe Schwelle herein. Eine Familie

    nach der andern kam, und wir machten ein gro-

    es Feuer und hielten die Tr gegen die kalte

    Nacht geschlossen. Wenn mein Vater einen

    Satz beendet hatte, pflegten wir alle ihm das

    letzte Wort nachzusprechen. Schlief irgend je-

    mand ein, so hrte er auf. Er sprach kein Wortweiter. Aber wir dachten nicht ans Schlafen ...

    Autobiography of a Papago Woman

    Die Gste kamen mitihren Frauen undbrach-

    ten die heiligen Steinpfeifen mit, die sie besaen. Ein Bffelkalbfell wurde zwischen derTr und

    dem Feuer ausgebreitet. Von links der Tr be-

    ginnend reichten die Besucher ihre Steinpfeifen

    von Handzu

    Hand weiter. Sitting Elk (der dasFestmahl abhielt, weil seine Frau davon ge-

    trumt hatte) nahm die erste, legte sie aufdas

    Fell und rauchte sie mit Wildkarottenwurzeln.

    Er behandelte alle Steinpfeifen auf die gleiche

    Art und legte sie dann nebeneinander. Aucheine runde Rassel rauchte er, gab sie danach sei-

    nem Nebenmann undbatihn zu singen ... Be-

    vor dieser sang, berreichte er Sitting-Elk ein

    Geschenk. leder sang der Reihe nach.

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    Was ist Wirklichkeit?

    Es warnun Zeit, das Mahl auszuteilen ... Der

    alte Mann, der die Rassel hielt, sang ein Bren-

    lied, stellte sich vor das Fleisch, streckte eine

    Hand darber aus, Handflche nach unten, und

    verteilte es unter die Gste ... Die Steinpfeifen

    wurden ihren Eigentmern zurckgegeben,

    dann gingen alle nach Hause. The Crow Indians

    2. Zeit zum Danken

    Amfrhen Morgen ffneten sich die Blten,begannen die Vgel zu singen, standen Mnner

    und Frauen erfrischt und gestrkt auf, bereit fr

    ein neues Leben.

    Das Aufwachen war wie eine Wiedergeburt ...

    Mnner