WR-Luftfahrtbroschüre

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Die Luftverkehrsteuer und ihre Folgen für den Standort Deutschland Luftfahrt unter Druck DIE STIMME DER SOZIALEN MARKTWIRTSCHAFT

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Die Luftverkehrssteuer und ihre Folgen für den Standort Deutschland

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Die Luftverkehrsteuer und ihre Folgen für den Standort Deutschland

Luftfahrt unter Druck

DIE STIMME DER SOZIALEN MARKTWIRTSCHAFT

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Millionen Menschen nutzen Jahr für Jahr den Luftverkehr, um in Länder in aller Welt zu reisen. Auch die deutsche Wirtschaft ist auf Flugverbindungen zu Märkten weltweit angewiesen, um Geschäftsbeziehungen aufzubauen bzw. zu

pfl egen und um Waren zu ex- und importieren.

Trotz dieser großen Bedeutung für individuelle Mobilität und wirtschaftliche Prosperität wurde der Luftverkehr mit Einführung der Luftverkehrsteuer im nationalen Alleingang belastet.

Seit den ersten Überlegungen zu ihrer Einführung ist die Ablehnung gegenüber dieser Steuer unverändert groß: Zahlreiche Fachpolitiker der Großen Koalition im Wirtschafts- und Verkehrsausschuss des Deutschen Bundestags haben aufgrund der einseitigen Benachteiligungen für Unternehmen des Luftverkehrsstandorts Deutschland unmiss-verständlich die Abschaffung der Steuer gefordert, ebenso der Bundesrat. Und nicht zuletzt Fluggesellschaften und Flughäfen, Gewerkschaften sowie die gesamte deutsche Industrie haben mehrfach verdeutlicht, wie die Steuer ihre internationale Wettbewerbs-fähigkeit negativ beeinträchtigt und daher die Abschaffung der Steuer gefordert.

In der vorliegenden Broschüre fasst der Wirtschaftsrat nochmals die entscheidenden Aspekte der Diskussion zur Luftverkehrsteuer zusammen und formuliert darauf aufbau-end seine Schlussfolgerungen.

Berlin, im November 2014

Wolfgang Steiger Dr. Werner KookGeneralsekretär Vorsitzender der Bundesfachkommission Verkehrspolitik, Logistik und Infrastruktur

Vorwort

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Was ist die Luftverkehrsteuer?Laut Luftverkehrsteuergesetz (LuftVStG) müssen Fluggesellschaften seit 1. Januar 2011 für jeden ihrer Passagiere, der mit einem Abflug von einem deutschen Flughafen seine Reise beginnt, eine Steuer an das Bundesfinanzministerium entrichten. Die Höhe richtet sich in der Regel nach der zurückgelegten Entfernung bis zum Endziel der Flugreise:

O 7,50 € für Flugreisen mit Endziel in Ländern insbesondere in Europa O 23,43 € für Flugreisen mit Endziel in Ländern insbesondere im Nahen Osten O 42,18 € für Flugreisen mit Endziel in Ländern insbesondere in Amerika,

Asien und Afrika.1

Mit der Luftverkehrsteuer wollte und will der Bund jährlich rund eine Milliarde Euro einnehmen. Ein Ziel, das seit 2011 in jedem Jahr nahezu erreicht wurde.

Welche Auswirkungen hat die Luftverkehrsteuer?Das Forschungsunternehmen Intraplan, das regelmäßig auch für das Bundesverkehrsmi-nisterium Verkehrsprognosen und -analysen erstellt, hat im Frühjahr 2012 einen Bericht über die Auswirkungen der Luftverkehrsteuer vorgelegt.2 Auch das Bundesministerium der Finanzen (BMF) war nach § 19 Absatz 4 LuftVStG dazu verpflichtet, dem Deutschen Bundestag bis zum 30. Juni 2012 eine Evaluierung der Steuer vorzulegen. Diesem Auftrag ist das Ministerium fristgerecht nachgekommen und hat einen Evaluierungsbericht er-stellt. Dieser beruht im Wesentlichen auf Erkenntnissen des auf Verkehrsanalysen spezi-alisierten Schweizer Forschungsinstituts INFRAS, dessen umfassende Analyse als Anhang Bestandteil des BMF-Gutachtens ist.3

Beide Gutachten kommen zu dem Ergebnis: Die Luftverkehrsteuer verursacht

O Wettbewerbsverzerrungen zu Lasten deutscher Fluggesellschaften und O Passagierverluste zu Lasten deutscher Flughäfen und Fluggesellschaften.

Inhaltsverzeichnis

Vorwort ........................................................................................................................................................ 1

Was ist die Luftverkehrsteuer? ............................................................................................................ 3

Welche Auswirkungen hat die Luftverkehrsteuer? ....................................................................... 3

Auswirkung 1: Wettbewerbsverzerrungen zu Lasten deutscher Fluggesellschaften ...................................... 4

Auswirkung 2: Passagierverluste zu Lasten deutscher Flughäfen und Fluggesellschaften ......................……7

Auswirkung 3: Volkswirtschaftliche Nachteile durch die Luftverkehrsteuer .....................................................9

Auswirkung 4: Doppelbelastung durch die Luftverkehrsteuer ............................................................................. 11

Schlussfolgerung: Die Luftverkehrsteuer schadet dem Standort Deutschland ......................................................12

1 Die ursprünglichen Steuersätze lagen für die jeweiligen Entfernungsklassen mit 8 €, 25 € und 45 € zunächst höher. Sie wurden aufgrund neuer Einnahmen aus der Einbeziehung des Luftverkehrs in den Europäischen Emissionshandel abgesenkt.

2 Intraplan (2012): Untersuchung zur verkehrlichen und volkswirtschaftlichen Wirkung der Luftverkehrsteuer, München.

3 Bundestagsdrucksache 17/10225: Bericht an den Deutschen Bundestag über die Auswirkungen der Einführung des Luftverkehrsteuergesetzes auf den Luftverkehrssektor und die Entwicklung der Steuereinnahmen aus der Luftverkehrsteuer.

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Das Ministerium zieht aus diesen Erkenntnissen als „eigene Einschätzung“ den Schluss: „Unter dieser Prämisse [das heißt einer angenommenen Kostenüberwälzung zu 80 Pro-zent des jeweiligen Steuersatzes] belaufen sich die aufgrund der Einführung der Luftver-kehrsteuer von den deutschen Luftverkehrsunternehmen als Gewinnreduktion oder Defi-zitvergrößerung zusätzlich zu tragenden Kosten auf bis zu 100 Millionen [Euro pro Jahr].“6

Welche gravierenden Auswirkungen eine solche – vermeidbare – Zusatzbelastung auf die Ergebnissituation der deutschen Airlines hat, zeigt eine Aufstellung des Luft-verkehrsverbandes BDL. Demnach betrug die operative Marge der Lufthansa- Passage-Gruppe und der Airberlin-Gruppe in den Jahren vor Einführung der Luftverkehrsteuer zusammengenommen im Schnitt 2,2 Prozent. Nach Einführung der Steuer fällt sie auf 0,8 Prozent. Die Steuerbelastung durch die Luftverkehrsteuer beträgt gleichzeitig 1,7 Pro-zent des Umsatzes.

Vergleich der durchschnittlichen Operative Marge von Lufthansa Passage- und Air berlin-Gruppe in den Jahren 2006 – 2010 und in den Jahren 2011 – 2013 (in %)

Vergleich der durchschnittlichen Belastung durch die LuftVSt am Anteil des Umsatzes in den Jahren 2006-2010 und in den Jahren 2011-2013 (in %)

Quelle: BDL

2,2 0,8

0

2

4

2006-2010 2011-2013

0

1,7

0123

2006-2010 2011-2013

Vergleich der durchschnittlichen Belastung durch die LuftVSt am Anteil des Umsatzes in den Jahren 2006 – 2010 und in den Jahren 2011 – 2013 (in %)

Vergleich der durchschnittlichen Belastung durch die LuftVSt am Anteil des Umsatzes in den Jahren 2006-2010 und in den Jahren 2011-2013 (in %)

Quelle: BDL

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2006-2010 2011-2013

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2006-2010 2011-2013

Quelle: BDL

Auswirkung 1: Wettbewerbsverzerrungen zu Lasten deutscher Fluggesellschaften

Warum kann die Luftverkehrsteuer den Wettbewerb verzerren, schließlich müssen doch auch ausländische Fluggesellschaften die Steuer für Passagiere entrichten, die auf einem deutschen Flughafen in ihre Flugzeuge steigen?

Entscheidend für die Beantwortung ist, inwieweit die Weitergabe der Steuer an die Pas-sagiere möglich ist. Denn grundsätzlich gibt es zwei Möglichkeiten:

1. Die Steuer wird ganz an den Passagier weitergegeben, das heißt der Ticketpreis wird um den Steuersatz angehoben, den die Fluggesellschaft für diesen Passagier entrich-ten muss.

2. Die Steuer wird nur unvollständig oder gar nicht an den Passagier weitergegeben. Die Fluggesellschaft muss dann die Steuer selbst teilweise oder ganz tragen.

Die Wettbewerbsverzerrung durch die Luftverkehrsteuer resultiert daraus, dass Airlines mit Sitz im Ausland die zu zahlende deutsche Luftverkehrsteuer durch ihre Flugumsätze weltweit kompensieren und auf Preiserhöhungen im deutschen Verkehr verzichten kön-nen. Deutsche Unternehmen können dies so nicht, da sie im Gegensatz zu ausländischen Airlines den Großteil ihres Umsatzes durch der Steuer unterliegende Abflüge von deut-schen Flughäfen erzielen. Heimische Anbieter stehen damit unter erheblichem Druck:

O entweder die Steuer auf die Ticketpreise voll zu überwälzen – mit der Folge, Marktan-teile gegenüber ausländischen Konkurrenten zu verlieren,

O oder die Steuer – wie ihre ausländischen Konkurrenten – nicht auf die Passagiere zu überwälzen – mit der Folge, die fällige Steuer selbst zu begleichen.

Beides belastet ihr operatives Ergebnis erheblich.

Das Gutachten des Bundesministeriums der Finanzen bestätigt diese Wettbewerbs-verzerrung: „Im Unterschied zu den Unternehmen mit Sitz in Deutschland gaben die Un-ternehmen mit Sitz im Ausland an, dass ihre Wettbewerbsfähigkeit nicht beeinträchtigt werde … Zudem betonen die ausländischen Luftverkehrsunternehmen die Ausweichmög-lichkeiten.“4 Unternehmen mit Sitz in Deutschland beklagen hingegen unisono eine Ver-schlechterung ihrer internationalen Wettbewerbsposition.5

4 Ebd., S. 153.5 Ebd., S. 162.

6 Ebd., S. 42.

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wanderungen „auf dem Luftweg“ identifiziert und sogar als bedeutsamer klassifiziert als Abwanderungen „auf dem Landweg“.10

Starts auf deutschen Flughäfen (2010 – 2013): Deutsche Fluggesellschaften vs. euro pä ische Netzwerkcarrier (in %)

Starts auf deutschen Flughäfen (2010-2013): Deutsche Fluggesellschaften vs. europäische Netzwerkcarrier (in %)

Quelle: BDL

-4,8

10

-10

-5

0

5

10

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Deutsche Fluggesellschaften Europäische Netzwerkcarrier

Quelle: BDL

Auswirkung 2: Passagierverluste zu Lasten deutscher Flughäfen und Fluggesellschaften

Die jeweiligen Gutachten von Intraplan und INFRAS (BMF) identifizieren als Folge der Luftverkehrsteuer Passagierverluste in Millionenhöhe: Demnach sind (potentielle) Passa-giere aufgrund der Steuer entweder nicht geflogen oder (in geringem Maße) auf andere Verkehrsmittel ausgewichen oder aber (im stärkeren Maße) auf ausländische Flughäfen (und somit zu ausländischen Fluggesellschaften) abgewandert.

Doch handelt es sich bei den identifizierten Passagierverlusten um Einmaleffekte oder wirken diese Schädigungen auch in den Folgejahren fort?

Hierzu hatte das Bundesfinanzministerium erneut INFRAS um ein Folgegutachten gebe-ten. Ein zentrales Ergebnis ist: Die identifizierten Passagierverluste sind auch im Folge-jahr 2012 zu beklagen.11

Es wäre sicherlich zu einfach, diese augenfällige Ergebnisverschlechterung allein auf die Luftverkehrsteuer zurückzuführen. Doch angesichts der ausgewiesenen hohen Belas-tung und der selbst durch das Bundesfinanzministerium bescheinigten Ergebnisbelas-tung ist davon auszugehen, dass die Luftverkehrsteuer zumindest einen großen Anteil an dieser negativen Entwicklung hat.7

Wie groß das Ausmaß der Wettbewerbsverzerrung durch die Luftverkehrsteuer ist, belegt auch die Tatsache, dass deutsche Luftfahrtunternehmen – dies sind im Wesentlichen vier Airlines bzw. Airline-Gruppen – 55 Prozent der Steuerschuld zu tragen haben, während sich der Rest der Steuer auf über 100 insbesondere ausländische Airlines verteilt.

Dass die Unternehmen der deutschen Passagierluftverkehrswirtschaft in einem inten-siven internationalen Wettbewerb stehen, ist unbestritten: 81,4 Prozent der Passagiere, die 2013 auf einem deutschen Flughafen in ein Flugzeug stiegen, hatten als Reiseziel einen Flughafen im Ausland.8 Die Passagiere haben die Auswahl, mit welcher Flugge-sellschaft, einer in- oder ausländischen, sie dorthin fliegen. Deutsche Fluggesellschaften stehen hier mit ausländischen Airlines in erheblicher Konkurrenz. Dies gilt nicht nur für Verkehre mit Start- oder Endziel Deutschland, sondern auch für sogenannte Umstei-gerverkehre, zum Beispiel europäische oder interkontinentale Gäste, die mit deutschen Fluggesellschaften über deutsche Hubflughäfen ihre Zieldestination erreichen können – oder aber eben mit ausländischen Airlines über ausländische Hubflughäfen. Der Luft-verkehr unterscheidet sich durch diese hohe Wettbewerbsintensität von anderen Ver-kehrsträgern erheblich, wie zum Beispiel der Schiene, die fast ausschließlich national stattfinden und auf denen kein oder kaum Wettbewerb herrscht.

Die einseitigen Belastungen führen durch die Ergebnisbelastung dazu, dass die heimi-schen Fluggesellschaften längst nicht mehr die Wachstumstreiber an deutschen Flug-häfen sind: Vergleicht man die Angebotsentwicklung von deutschen Unternehmen mit wichtigen Wettbewerben – jeweils an deutschen Flughäfen – ist erkennbar, dass die deutschen Unternehmen zwischen 2010 und 2013 ihr Angebot um 4,8 Prozent zurück-fahren mussten, wohingegen europäische Konkurrenten ihr Angebot um zehn Prozent erhöht haben.9 Offensichtlich nutzen europäische Netzwerkcarrier die Schwäche der deutschen Konkurrenz, um Umsteigepassagiere aus Deutschland über ihre Drehkreuze fliegen zu lassen. Auch das Gutachten des Bundesfinanzministeriums hatte diese Ab-

7 Auch die Europäische Kommission weist in einer Analyse der europäischen Luftverkehrswirtschaft auf die negativen Folgen für die Wettbewerbsfähigkeit solcher nationalen Steuern hin, vgl. KOM(2012) 556.

8 Vgl. Statistisches Bundesamt, Fachserie 8, Reihe 6 für das Jahr 2013.9 Vgl. BDL (2014): Dritter Evaluierungsbericht.

10 Bundestagsdrucksache 17/10225, S. 40.11 „Aufgrund der im Grundlagenbericht festgestellten Dämpfung des Passagierwachstums besteht … ein – im

Vergleich zum Vorjahr in etwa gleichbleibender – Niveaueffekt der Gesamtpassagierzahl fort. Damit ergibt die … Forstschreibung, dass der im Jahr 2011 feststellbare Niveaueffekt [auch 2012] in etwa bestehen bleibt.“ Bun-destagsdrucksache 17/10985: Bericht an den Deutschen Bundestag über die Auswirkungen der Einführung des LuftVStG auf den Luftverkehrssektor und die Entwicklung der Steuereinnahmen aus der Luftverkehrsteuer – Fortschreibung, Aktualisierung und Ergänzung, S. 41.

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sagier die Luftverkehrsteuer entrichten. Mit dem Angebot (Fluggesellschaften) verlagert sich dann auch die Nachfrage (Passagiere) ins Ausland.13

Somit gehen dem Standort Deutschland unnötig Beschäftigungs- und Wertschöpfungs-chancen verloren: Flugzeuge starten nun – auch mit in Deutschland lebenden Passagieren – vermehrt auf Flughäfen im benachbarten europäischen Ausland, statt in Deutschland.

Angesichts dieser auch beschäftigungspolitisch negativen Folgen ist es nicht verwun-derlich, dass auch die Beschäftigten der Luftverkehrswirtschaft zunehmend gegen die Steuer aufbegehren. So haben in einer der zahlenstärksten Petitionen in der Geschichte des Deutschen Bundestags Piloten, Flugbegleiter und weitere Mitarbeiter mit 135.719 Un-terschriften auf die negativen Auswirkungen der Steuer aufmerksam gemacht. Zudem haben die Gewerkschaften gemeinsam mit den Betriebsräten und Arbeitgebern in einer so noch nie da gewesenen industriepolitischen Zusammenarbeit einen gemeinsamen Forderungskatalog vorgestellt, der unter anderem die Forderung nach einer sofortigen Abschaffung der Luftverkehrsteuer enthält.14

Auswirkung 3: Volkswirtschaftliche Nachteile durch die Luftverkehrsteuer

Neben den zuvor beschriebenen Auswirkungen auf den Luftverkehrssektor hat die Luft-verkehrsteuer auch Auswirkungen auf die gesamtwirtschaftliche Entwicklung. Denn Luftverkehr findet nicht aus Selbstzweck statt, sondern weil Bürger wie die Unterneh-men Luftverkehrsleistungen nachfragen. Und jede Beeinträchtigung des Luftverkehrs hat daher auch Auswirkungen auf die Gesamtwirtschaft.

O Passagiere: Wenn Flugverteuerungen oder geringere bzw. ins Ausland abgewanderte Flugangebote aufgrund der Steuer dazu führen, dass Bürger gar nicht mehr fliegen oder aber auf Flughäfen im Ausland ausweichen müssen, ist dies gleichbedeutend mit einem Wohlfahrtsverlust im Vergleich zur Situation ohne Steuer. Denn die Optionen „Nicht-Fliegen“ oder „von einem ausländischen Flughafen Abfliegen“ hätten sie auch ohne Steuer schon wählen können. Offenbar wollten sie dies nicht. Müssen sie es nun wegen der Steuer, sind sie gegenüber der Ausgangslage ohne Steuer schlechter ge-stellt.

Auch würde das Passagieraufkommen an deutschen Flughäfen – und bei deutschen Fluggesellschaften – ohne Luftverkehrsteuer jedes Jahr höher liegen als mit Luftverkehr-steuer.

Doch die Luftverkehrsteuer bremst nicht nur das Luftverkehrswachstum in Deutschland, sondern kurbelt es gleichzeitig im benachbarten Ausland an. Ein Vergleich der verkehrli-chen Entwicklung an grenznahen Flughäfen in Deutschland und im benachbarten Aus-land bestätigt dies. Zwischen 2010 und 2013 erlitten deutsche Flughäfen absolute Passa-gierverluste (minus 0,4 Prozent); ausländische Flughäfen konnten hingegen im besagten Zeitraum ein außergewöhnlich hohes Wachstum vorlegen (plus 35,8 Prozent).

Wachstum (2010 – 2013) grenznaher Flughäfen in Deutschland und im benachbarten Ausland (in %)

Wachstum (2010-2013) grenznaher Flughäfen in Deutschland und im benachbarten Ausland (in %)

Quelle: BDL

-0,4

35,8

-100

10203040

Flughäfen grenznah D Flughäfen benachbartesAusland

Quelle: BDL

Diese „Wachstumsschere“ zwischen grenznahen deutschen Flughäfen (inkl. des Flug-hafens Düsseldorf) und grenznahen Flughäfen im westeuropäischen Ausland hat sich allein zwischen 2012 und 2013 von 23 Prozent auf 36,2 Prozent schlagartig erhöht. Die Entwicklung der ersten sechs Monate 2014 zeigt, dass sie sich auch in diesem Jahr weiter öffnen wird.12

Doch es sind nicht nur nachfrageseitige Abwanderungen von Passagieren, sondern auch angebotsseitige Abwanderungen von Airlines, die die Verkehrsentwicklung auf deutschen Flughäfen negativ und auf benachbarten ausländischen Flughäfen positiv beeinflussen: Viele Fluggesellschaften entscheiden sich bei geplanten Angebotserweite-rungen gegen deutsche Flughäfen. Denn nur hier müssen sie für jeden abfliegenden Pas-

12 Vgl. BDL (2014): Dritter Evaluierungsbericht.

13 Eine Studie belegt, dass die grenzüberschreitende Konkurrenzsituation von Flughäfen aufgrund solcher Ab-wanderungen von Passagieren und Fluggesellschaften zugenommen hat, vgl. Copenhagen Economics (2012): Airport Competition in Europe.

14 Vgl. „Kernanliegen der deutschen Luftverkehrswirtschaft: Unsere gemeinsame Agenda von Unternehmen, Betriebsräten und Gewerkschaften“; unter: http://www.bdl.aero/download/730/gemeinsame-erklarung_luft-fahrt-und-verbande_11042013.pdf (abgerufen am 19.9.2014).

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Im Gegensatz zu diesen Ländern, deren Verantwortliche aus den negativen volkswirt-schaftlichen Auswirkungen nationaler Alleingänge im Luftverkehr gelernt haben, ver-harrt Deutschland (und mit ihm Österreich21) weiterhin auf seinem nationalen Allein-gang mit der Luftverkehrsteuer.

Zu einer volkswirtschaftlichen Analyse der Auswirkungen der Luftverkehrsteuer zählt nicht zuletzt auch die Betrachtung der durch die Steuer veränderten Verteilung der Steu-ereinnahmen. Denn die eine Milliarde Euro pro Jahr aus der Luftverkehrsteuer fließen ausschließlich dem Bundeshaushalt zu. Der Bund selbst, aber vor allem auch Länder und Gemeinden haben zeitgleich Mindereinnahmen zu beklagen, zum Beispiel aus geringe-ren Umsatzsteuer- und Gewerbesteuereinnahmen durch geringe Umsätze an Flughäfen. Diese Effekte sind umso größer, je mehr Passagiere auf ausländische Flughäfen und zu ausländischen Fluggesellschaften ausweichen. Denn die dort, statt in Deutschland, statt-findenden Geschäfte entziehen sich komplett der deutschen Besteuerung.

Auswirkung 4: Doppelbelastung durch die Luftverkehrsteuer

Neben den negativen betriebs- und volkswirtschaftlichen Auswirkungen stellt die Steuer zudem eine Abkehr von einer jahrzehntelang erfolgreich verfolgten Luftverkehrspolitik und Finanzierung des Luftverkehrs entsprechend internationalen Völkerrechts dar.

Grundlegend für das internationale Völkerrecht im internationalen Luftverkehr ist das Chicagoer Abkommen von 1944, das die Bundesrepublik Deutschland 1956 ratifiziert hat. In dem Abkommen wurden zu Beginn der kommerziellen Luftfahrt weltweit gülti-ge Grundsätze aufgestellt. Einem Grundsatz zufolge soll sich der Luftverkehr über kos-tendeckende Entgelte finanzieren und eben nicht über Steuern. Deshalb tragen auch in Deutschland die Nutzer des Luftverkehrs über Nutzerentgelte und -gebühren in Höhe von derzeit knapp vier Milliarden Euro pro Jahr die Kosten für Flughafeninfrastruktur, Flugsicherung, Luftsicherheit, CO2-Emissionen und Lärmschutz. Seit Einführung der Luft-verkehrsteuer werden die Nutzer des Luftverkehrs nun aber doppelt belastet, da sie zu-sätzlich zu diesen Kosten nun auch die Luftverkehrsteuer zu entrichten haben.

O Unternehmen: Luftverkehrsleistungen stellen einen wichtigen Produktionsfaktor von Unternehmen in einer stark arbeitsteilig geprägten Weltwirtschaft dar. Gerade für exportorientierte deutsche Unternehmen spielt der Luftverkehr eine große Rolle, wie eine repräsentative Umfrage des ifo Instituts München ergeben hat: Demnach ist für drei Viertel aller Industrieunternehmen in Deutschland Luftverkehr wichtig oder sehr wichtig.15

Flugverteuerungen aufgrund der Steuer, die insbesondere im weniger preissensitiven Businesssegment zu beachten sind,16 führen aber zu einer zusätzlichen finanziellen Belastung der Unternehmen. Der Geschäftsreiseverband, VDR, der die Unternehmen der produzierenden Wirtschaft in Deutschland vertritt, schätzt diese durch die Luft-verkehrsteuer bedingten direkten Kosten für ihre Unternehmen auf 400 bis 550 Mil-lionen € – pro Jahr.17

Befürworter der Luftverkehrsteuer argumentieren, dass auch andere europäische Staa-ten solche Flugabgaben erheben würden. Fakt ist vielmehr, dass die Niederlande ihren nationalen Alleingang mit einer Flugabgabe bereits nach einem Jahr im Juli 2009 be-endet haben.18 Auch Irland hat zum 1. April 2014 die nationale Air Travel Tax auf null € abgesenkt und somit de facto abgeschafft. Ziel ist, durch ein stärkeres Flugangebot ins-besondere auch den Incoming-Tourismus von den dämpfenden Fesseln der Steuer zu befreien.19 Eine Belebung des luftverkehrsbedingten Geschäftstourismus und somit des internationalen Handels mit britischen Unternehmen verspricht sich auch die Regierung des Vereinigten Königreichs. Sie schafft zum 1. April 2015 die beiden höchsten Steuerklas-sen der air passenger duty (APD) ab. Im Vorfeld dieser Entscheidung hatte eine Studie die volkswirtschaftlichen Kosten der APD ausführlich beschrieben und den möglichen volkswirtschaftlichen Nutzen einer Abschaffung als höher quantifiziert als eine Beibe-haltung.20

15 Vgl. BDL (2013): Luftverkehr und Wirtschaft.16 Vgl. Intraplan (2012): Untersuchung zur verkehrlichen und volkswirtschaftlichen Wirkung der Luftverkehrsteuer,

München, S. 31.17 Vgl. VDR (2014): Geschäftsreiseanalyse, 12. Ausgabe, S. 7.18 Vgl. KiM Netherlands Institute for Transport Policy Analysis (2011): Effects of the Air Passenger Tax.19 Vgl. http://www.bbc.com/news/world-europe-24556448 (abgerufen am 18.9.2014).20 Vgl. PriceWaterhouseCoopers (2013): The Economic Impact of Air Passenger Duty.

21 Österreich hat zeitgleich zur deutschen Luftverkehrsteuer eine Luftverkehrsabgabe eingeführt, deren Steuer-sätze für die jeweiligen Distanzklassen leicht unter den deutschen Steuersätzen liegen: 7 € (Distanzklasse I), 15 € (Distanzklasse II) und 35 € (Distanzklasse III).

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Schlussfolgerung: Die Luftverkehrsteuer schadet dem Standort Deutschland! Die Erhebung einer Luftverkehrsteuer im nationalen Alleingang schadet dem Luft-verkehrs- und Wirtschaftsstandort Deutschland. Zahlreiche Evaluierungsgutachten be-legen, dass die Luftverkehrsteuer eine klare Wettbewerbsverzerrung zu Lasten von Un-ternehmen darstellt, deren wirtschaftlicher Schwerpunkt aus Abflügen von deutschen Flughäfen besteht.

Dies betrifft zum einen deutsche Fluggesellschaften, die aufgrund der hohen Wettbe-werbsintensität im internationalen Luftverkehr entweder die Luftverkehrsteuer aus dem eigenen Ergebnis begleichen müssen oder aber bei Weitergabe der Steuer mit Markt-anteilsverlusten zu kämpfen haben; dies betrifft zum anderen aber auch die deutschen Flughäfen, die massiv unter Abwanderungen auf dem Land- wie auch auf dem Luftweg hin zu Konkurrenzflughäfen außerhalb Deutschlands leiden.

Die Luftverkehrsteuer belastet die Nutzer des Luftverkehrs unnötig: (Potentielle) Flug-passagiere haben eine geringere Auswahl an Flügen als ohne die Luftverkehrsteuer. Die deutschen Unternehmen müssen Mehrkosten für flugbedingte Geschäftsreisen in dreistelliger Millionenhöhe tragen. Nutznießer der Steuer ist einzig und allein der Bun-deshaushalt. Gemeinden und Länder verlieren hingegen wichtige Steuereinnahmen, da Flüge nun vermehrt im benachbarten Ausland stattfinden.

Der Wirtschaftsrat und seine Bundesfachkommission Verkehr, Logistik, Infrastruktur folgen daher insbesondere den Forderungen von Bundesrat, von Fachpolitikern aus Verkehrs- und Wirtschaftsausschuss im Deutschen Bundestag, von Betriebsräten und Gewerkschaften, von führenden Vertretern der deutschen Wirtschaft, vom Steuer-zahlerbund und nicht zuletzt von der deutschen Luftverkehrswirtschaft und ihren Beschäftigten:

Die Bundesregierung sollte die Steuer schnellstmöglich abschaffen!

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