W.Tan: "Challenge Everything" - Spiele erster und zweiter Ordnung. Das Computerspiel als...
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Spiele erster und zweiter Ordnung -Das (Computer)Spiel als
Bildungsmedium?
Wey-Han Tan 3.7.2007
„ “
Vortrag vom 3.7.2007 in der Ringvorlesung „Medien und Bildung“, Universität Hamburg. Videoaufzeichnung unter http://mms.uni-hamburg.de/blogs/medien-bildung/index.php/author/wey/
Mediale Repräsentationen
Bild, Photo, Film, Hypertext, Simulation - Ordnungen der Repräsentation
Computerspiel als Sonderform der Simulation: Erforsch- und Manipulierbare Abbildung von Ereignisregeln oder Ereignisnetzen mit oder ohne Ziel- bzw. Startvorgaben
Computerspiele heute
Soziopolitisches Phänomen Globaler Wirtschaftsfaktor Beeinflußt Verständnis von Usability und
Interfacegestaltung Mediennutzung von Kindern und Jugendlichen Synergetische Verbindung zwischen
unterschiedlichen Akteuren Pädagogisch-didaktische Utopie
Soziopolitische Wahrnehmung
6.3 Aufwachsen ohne Gewalt (...) Die Koalitionspartner verabreden, den Schutz von Kindern und Jugendlichen nachhaltig zu verbessern. Die aktuellen Regelungen sind angesichts der rasanten Entwicklungen im Bereich der Neuen Medien noch nicht ausreichend, um den wachsenden Gefährdungen junger Menschen auf dem Mediensektor wirksam entgegenzutreten. (...) • Verbot von „Killerspielen“
Koalitionsvertrag der CDU, CSU und SPD vom 11.11.2005
Soziopolitische Wahrnehmung
“Sen. Sam Brownback (R-Kansas) on Tuesday reintroduced the Truth in Video Game Rating Act, first proposed last September. It calls for requiring video game rating organizations to play all games “in their entirety” before issuing labels and prohi-biting game developers from withholding any “hidden” game content from raters.„
CNET-News, 14.2.2007
Shannon & Weaver:Modell der Kommunikation
Soziopolitische Wahrnehmung
1. Virtuelle Gewalt gegen Menschen2. Fehlende moralische Rechtfertigung für das Töten von
Menschen3. Fehlende ironische Brechung
Grundlage für Restriktionen nach dem British Board of Film Classification):
Stefan Schultz in Spiegel Online (21. Juni 2007),„Über die Grenze des Vertretbaren“
„In (...) World War II games, where is the liberation of the concentration camps? I am looking for the motivation rather than just shooting a bunch of human figures.“
David Franzoni, Screenwriter, auf der DICE-Convention 2006
Soziopolitische Wahrnehmung: Probleme
Verzicht auf visuelle Gewaltdarstellungen bedeutet nicht Gewaltlosigkeit oder ethische Unbedenklichkeit
Komplexe und evtl. erweiterbare Simulationen spiegeln das Verhalten des Spielers wieder
Bedenkliche Rechtfertigung von Gewalt durch Einbettung in eine passende Rahmennarration
Komplexes und vergleic hba r hermetisches Medienformat schürt Ängste
PEGI-Symbole
America‘s Army Die Sims
Ökonomische Bedeutung
Ökonomische Bedeutung
Bereits höherer globaler Umsatz als die Filmindustrie
Als In-Game Werbeträger mittlerweile genauso wichtig wie das Fernsehen
Wichtigster Schrittmacher für die technologische Weiterentwicklung von Hard- und Software im Consumerbereich
Ökonomische Bedeutung: Probleme
Innovationsfeindliche Verwertungslogik großer Vertriebsfirmen
Konzentration auf sichere Bereiche wie ‚ ‘Visualisierung und Physik.
Spiele als Spin-Offs anderer medialer Originalformate‚ ‘
Wrights Domestic Simulator Unreal 1998, 2003, 2006 Das Spiel zum Film
Erweiterte Usability und Interfaces
Hedonistische Qualitäten erhöhen neben rein pragmatischen Aspekten den Marktwert und die Effizienz der Nutzung von ernsten Anwendungen‚ ‘
Bereits aus der Freizeit bekannte Interface-Spielmetaphern und Interface-Hardware sorgen für schnelle Einarbeitung in ernste Anwendungen‚ ‘
Werkzeug zur Prozessführung, rechts Gestaltung nach Starcraft (1998)Burmester, Hassenzahl und Koller (2002), "Beyond Usability"
Erweiterte Usability und Interfaces
"„Joy of use” ist ein wichtiges Marketingargument geworden. (...) Auch für bestimmte Formen der Arbeit wie der sogenannten „Emotionsarbeit“ (...), d.h. Arbeit, bei der das Vermitteln posi-tiver Emotionen ein Teil der Arbeitsaufgabe ist. (...) Speziell zur Arbeit in Call-Centern konnten Millard, Hole und Crowle (1999) zeigen, dass eine Benutzungsoberfläche, die Spaß vermittelt, auch die Qualität der Arbeit heraufsetzt."
Burmester, Hassenzahl und Koller (2002), "Beyond Usability"
Erweiterte Usability und Interfaces
„(...) since war is a highly competitive situation, with rules (...), goals, winners and losers, competitive games are a great way to train. In the words of one former officer: ‚You play these games as a kid, you grow up understanding the risks and rewards of making decisions in real life.’ (...) War gaming has become a business term.“
Prensky (2001), „True Believers“
„(...) the thing that the entertainment industry can get the most from DOD (Anmk.: Department of Defense) is just knowing what’s been done, so they don’t have to reinvent the wheel“.
Eric Haseltine, bis 2002 Exec Vice Pres von Walt Disney Imagineering, zitiert von Prensky (2001), „True Believers“
Erweiterte Usability und Interfaces: Probleme
Illusion der Harmlosigkeit und Beherrschbarkeit Entgrenzung von Arbeitszeit und Freizeit, von
Ernst und Spiel Verbindungspunkt für kommerzielle, militärische
und politische Interessen
Werbespot für Areva (2007), Das Vermächtnis des Amun (1997), Future Combat Systems (2004)
Bildung und Ausbildung
Motivation und Autonomie für Lebenslanges Lernen in einer ‚ ‘
'Wissensgesellschaft‘ Gezieltes erreichen bildungsferner
Schichten durch Spielangebote Nutzbarmachung spielerischer Energien
beim Lehren und Lernen
Bildung und Ausbildung
„Mit zunehmender Bildung geht (...) das Interesse an (...) Computerspielen (...) zurück.“
Über Gymnasiasten und Realschüler; JIM-Studie von 2005
Bildung und Ausbildung
"Was bedeutet lebenslanges Lernen? (...) Mit dem Begriff Lernen wird häufig die eigene mehr oder minder lang zurück liegende Schulerfahrung assoziiert: mit Zwang und Verpflichtung, mit Ohnmacht gegenüber den Lehrern und der Institution, mit der Anhäufung von Wissen zweifelhafter Relevanz für das wirkliche Leben jenseits des Schulhofes sowie mit Wiederholen, Üben und Anstrengung (...). Die Forderung nach lebenslangem Lernen kann daher leicht abschreckend wirken.“
Meier u. Seufert (2002), „Erfahrungen mit und Perspektiven für digitale Lernspiele in der betrieblichen Bildung“
Bildung und Ausbildung: Serious Games
America‘s Army (Waffensysteme), Physikus (Physik), Vermächtnis des Amun (Windows NT)
Food Force (Welternährungsprogramm), Bitte nicht stören (Sexualaufklärung), Global Conflicts: Palestine (Nahost-Berichterstattung)
Bildung und Ausbildung: Lernspiele
„Wer holt den Titel?Würfel Dich Deinem Ziel entgegen, erspiele Dir Deinen "Bachelor", den immer noch leichten Studienabschluss der 1. Spielrunde. Oder kämpfe um den "Master", die echte Herausforderung der 2. Spielrunde. (...) Wundert Euch nicht, wenn dabei auch noch was 'hängen bleibt' - Erfolgserlebnisse garantiert!“
Aus der Spielbeschreibung des Brettspiels 'Chemikum'
Die pädagogisch-didaktische Utopie
Simulation erster Ordnung
Exploratives, selbstbestimmtes, individuelles und bedeutungsvoll situiertes Lernen
(reproduzierbar, distributierbar, dokumentierbar)
Die pädagogisch-didaktische Utopie
Eigenständige Involvierung Mund zu Mund Propaganda Freizeitbeschäftigung Synergieeffekte Kommunikation und Gruppenbildung Streben nach Meisterschaft Hunger nach neuem
Das ideale ‚Serious Game‘:
Die pädagogisch-didaktische Utopie
Lehr-Lern-Dreieck nach Wildt in Bremer (2004), „Szenarien mediengestützten Lehrens und Lernens i.d. Hochschule“.
Die pädagogisch-didaktische Utopie: Probleme
FormalisierungProgrammierungNutzungsgewohnheiten
RationalitätLehrziel-/MethodenvorgabeInstitutionalisierte Autorität
Re-Konstruktivistische Lernspiele innerhalb einer festen, gegebenen Rahmung
Spielüberschreitende Spiele sind schwer wahrnehmbar und definierbar
Instrumentalisierbarkeit und leichte Anschlußfähigkeit an vorhandene Machtstrukturen (subjektive Objektivität und spielerische Freiheit)
Die pädagogisch-didaktische Utopie: Probleme
Ästhetische Spieleigenschaften
Wechsel des Realitätsbezugs,Kommunizierung des Wechsels, Grenzziehung
Selbstverantwortung, freiwillig angenommene Regelhaftigkeit, bewußte Assimilation
Wiederholung und innere Unendlichkeit, Ambivalenz und Beeinflussbarkeit des Ausgangs
Folgenlosigkeit und Sicherheit trotz Konflikts
Platonische Höhle „Gut“ und „Böse“
Eigenschaften des Computerspiels
Hermetische Software Reglementierte Regelmodifizierbarkeit Beliebige Vernetzbarkeit Kostengünstig kopierbar, modifizierbar und
distributierbar Schmales technisches Zeitfenster der
Spielbarkeit
Spielzeug und/oder Regelspiel?
Spiele erster Ordnung
Spiele zweiter Ordnung
Spiele erster Ordnung: Beispiele
America‘s Army (2002) (Unreal 1998)
Physikus (2000) (Myst 1993)
Die Sims (2000)
Physische Simulation
Logische Simulation
Systemische Simulation
Physische Simulation: America s ‘Army
Klare Rollenvorgabe und Rahmennarration Selektiv hohe Authentizität Nichtlineare, komplexe Szenarios Betonung von Teamfähigkeit und Regelachtung Große, betreute Community of Practice / of Interest Filterfunktion für die Spieler, für die Deutungs-
autonomie eine untergeordnete Rolle spielt
Logische Simulation: Physikus
Eindeutige Zuordnungen von Objekt, Funktion und Bedeutung
Orientierung innerhalb eines Hypertexts mit fokussierten Interaktionsmöglichkeiten ( Links ) ‚ ‘und Zielen
Anreicherung mit Mikrosimulationen und umfangreichem Nachschlagewerk
Systemische Simulation: The Sims
Indirektes Systemisches Regeln und Tunen statt mechanischem Steuern (Ziel: Metastabilität)
Erweiterbarer Systemelemente-Pool Realismus durch Mehrdeutigkeit Realismus durch Alltagsbezug
Systemik: Moglichkeitsraum statt Moglichkeitspfad
Systemische Simulation
Tuning, Metastabilität / Homöostase, Perturbation
Spiele erster Ordnung: Innenperspektive
Pfadartiger, bedingter Hypertext oder
Spiele zweiter Ordnung: Übersicht
Menüfunktionen
Wiederherstellbarkeit von Spielständen: Multiperspektivität und Synchroporosität ( gleichzeitig mehrere Strategien ‚ ‘ausprobieren)
Verändern von Umweltbedingungen oder Spielavatar-Eigenschaften
Cheats und Walktroughs
Walkthroughs: Sichtbarmachung von Linearität und Rigidität selbst komplexer logischer Simulationen
Cheats: Möglicher Charakterwechsel des Spiels Erweiterung des Deutungs- und Handlungsraums
aus einem Spielaußen: Unterstreichung der Artifizialität und Kontrollierbarkeit des Spiels
Sims: +5000$-CheatDoom: No Clipping-Cheat
Exploits und Emergent Gameplay
Exploits: Innovative Durchbrechung von Erwartungshaltungen, ähnlich dem Hack.
Emergent Gameplay: Kein Bruch der Spielregeln, sondern nur eine kreative ‚ ‘Umdeutung von Erwartungen, Methoden, Spielzielen
Machinima, Gamics und Transmedialität
Austauschbarkeit oder Trivialität des narrativen Rahmens bei bildgewaltiger Visualisierung fordert zur Umdeutung auf
Aneignung des vorgegebenen Deutungsrahmens Spiel mit den bzw. Verschränkung der jeweiligen
medialen Erwartungen (Transmedialität) und Narrationen (Intertextualität)
Gamic: Thomas Crown goes to townMachinima: Red vs. Blue (No.62)Virtuell-reale Transfererfahrung:Hardliner-Projekt (Jens Wiemken)
Skins, Mods, Add-Ons und Conversions
Skinning als Form der Umdeutung, Verfremdung und Aneignung
Verständnis für die Deutungsneutralität des abstrakten Programmcodes
Verantwortung für Spiel und Deutung Dauerhafter Eingriff in die autoritäre Regelebene
Moorhuhnjagd (1999), Border Patrol (2006?), Bush Shoot-out (2004?), „Skinned“
Skins, Mods, Add-Ons und Conversions
Counterstrike (Half-Life 1999)
+ =
Gonzalo Frasca (2003)Septmeber 12th - A toy world
Simcity Add-Ons
Autorensysteme und Programmierumgebungen:Ganzheitliche Spielentwicklung
Wechsel der Realitätsebenen Formalisierung einer Idee, Idealisierung
eines Formalismus: Reduktions- und Induktionserfahrung
Differenzmanagement Analog-Digital-Analog Spiel als Kommunikationsform
Spieler zweiter Ordnung: Grenzfläche
„Auch was noch so abseitig beginnt, kann überraschend schnell zur Standardapplikation werden [...]. Der Hacker schleppt also die Grenze, die er zu überwinden scheint, immer mit und zieht sie ununterbrochen neu. Wo immer durch ihn offensichtlich Spiele möglich werden, die vorher nicht da waren, erzeugt er selbst nicht nur einen ökonomischen, juridischen oder moralischen Regelungsbedarf, sondern auch einen hackerfreien Raum. Weil der Hacker diese Ambivalenz in sich trägt, kann er sich auch selbst entscheiden, ob er sich als Aufklärer oder Zerstörer betätigt, ob er Utopist oder Zyniker wird, Pädagoge oder Sicherheitsberater.“
Pias (2002), „Der Hacker“
Spiele zweiter Ordnung: Zirkularität
Spiele zweiter Ordnung: Entwickler
Versteckte Persiflagen und ironische Brechungen Adressieren anderer Realitätsebenen Ambivalenzen bzw. interpretatorischer Spielraum Akkretion von Systemelementen bis zu einer Stufe
latenter Emergenz Kommunikations- und Vernetzungsmöglichkeiten Aufnahme von Exploits und erfolgreichen
Emergenzen in zukünftige Spielkonzepte „Gaming of the oppressed (Frasca), Unusability“
Spiele zweiter Ordnung: Entwickler
Nachziehen, ermöglichen, herausforden...
Fazit: Probleme
Die Einbringung von wirtschaftlichen, militärischen und politischen Interessen in Computerspiele
Die Hermetik des Phänomens in der ‚ ‘soziopolitischen Wahrnehmung
Die Hermetik der Technik des Computerspiels ‚ ‘sowie des DRM
Erwartungsstabilisierte Spielgenres, Normalisierung von erfolgreichen Emergenzen
Die Konvergenz von Simulation und Realität (Arbeit, Spiel, Unterhaltung Lernen, Konsum, Kommunikation...)
Fazit: Ideen
Das Computerspiel als Medium Das Spiel zweiter Ordnung als Metapher für
ein erweitertes mediales Verständnis des Computerspiels
???
Paradox