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Zeitschrift des Berufsverbandes der Kinder- und Jugendärzte e.V. Heft 03/11 · 42. (60.) Jahr · A 4834 E www.kinder-undjugendarzt.de HANSISCHES VERLAGSKONTOR GmbH · LÜBECK Forum: Computerspiele zwischen Spaß, Pädagogik und Exzess Fortbildung: Kindliche Frakturen und deren Behandlung, Teil 2 Berufsfragen: Wer schlecht kodiert, verliert Magazin: Schwerpunkt: Frühe Bildung, Teil 3

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Heft 03/11 · 42. (60.) Jahr · A 4834 E

www.kinder-undjugendarzt.de

HANSISCHES VERLAGSKONTOR GmbH · LÜBECK

Forum: Computerspielezwischen Spaß,Pädagogik und Exzess

Fortbildung:Kindliche Frakturen und deren Behandlung, Teil 2

Berufsfragen:Wer schlechtkodiert, verliert

Magazin:Schwerpunkt:Frühe Bildung, Teil 3

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KINDER- UND JUGENDARZT 42. Jg. (2011) Nr. 3

Zeitschrift des Berufsverbandes der Kinder- und Jugendärzte e.V.Herausgeber: Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte e.V.in Zusammenarbeit mit weiteren pädiatrischen Verbänden

130 Vermischtes131 Computerspiele zwischen

Spaß, Pädagogik und ExzessMeike Isenberg

134 Von Sport bis Kultur: Früh-förderung im PraxistestRegine Hauch

136 Eine NachleseUlrich Fegeler

138 Für die HPV-Impfung gibtes mehr als ein ArgumentUwe Büsching

140 Das Leser-Forum142 Vermischtes

Forum Fortbildung Berufsfragen Magazin143 Kindliche Frakturen und

deren Behandlung, Teil 2Barbara Ludwikowski

148 Das infektanfällige Kind –über sinnvolle Diagnostikzur wirksamen TherapieVolker Wahn

155 Das infektanfällige Kind –wann an angeborene De-fekte der „Innate Immu-nity“ denken?Horst von Bernuth

161 Der besondere Fall: Die Fu -sobacterium necrophorumTonsillitis in der PraxisJürgen Hower,Heinz-Hubert Feucht

165 Impressum166 Consilium Infectiorum:

Impfungen beim Neugebo-renen mit Situs inversus ab-dominalis und AsplenieReinhard Berner

168 Das Leser-Forum169 Welche Diagnose wird

gestellt?Christin Forner, Peter Müller

171 Review aus englisch -sprachigen Zeitschriften

173 Wer schlecht kodiert, verliertEberhard Lassen

176 Zahl der Assistentinnen inder Weiterbildung steigtWolfgang Gempp

177 Zusammenfassung der VorstandsklausurWolfram Hartmann

179 Der Praxis-PKW des ArztesThomas Ketteler-Eising,Ute Baldner

183 Deutsche Akademie fürKinder- und Jugend -medizinHans-Jürgen Nentwich

185 Welche Bildung brauchenKinder? – Teil 3Regine Hauch

186 Betreuung, Erziehung undBildung kleiner Kinder alsgemeinsame AufgabeKarl Neumann

189 Buchtipp190 Fortbildungstermine BVKJ191 20 Jahre beim BVKJ191 Praxistafel191 Tagungen und Seminare192 Personalia194 Nachrichten der Industrie194 Wie man Prüfarzt werden

kann198 Wichtige Adressen des BVKJ

Inhalt 03 I 11 Redakteure: Prof. Dr. Hans-Jürgen Christen, Hannover, Prof. Dr. Frank Riedel,Hamburg, Dr. Wolfgang Gempp, Konstanz, Regine Hauch, Düsseldorf

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Beilagenhinweis:

Dieser Ausgabe liegen in voller Auflage das Programmheft des 41. Kinder- und Jugendärztetages Berlin, als Teilauflage das Programmheft der 24. PzA Worms,das Programmheft der 1. PzA Heidelberg sowie eine Beilage der Firma Norginezu den häufigsten pädiatrischen Diagnosen nach ICD-10-GM, bei.

Wir bitten um freundliche Beachtung und rege Nutzung.

Welche Bildung brauchen Kinder?

Von der Kleinkinderbewahranstaltzum Lernort Kita S. 185

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Proximale Tibiafraktur (0,5 %)

Nicht dislozierte Eminentiafrakturen werden nachPunktion des Hämarthros in einer Gipshülse in Streck-stellung eingegipst für 4–5 Wochen und können sofortbelastet werden. Dislozierte Frakturen können durch ar-throskopische Reposition oder offene Reposition undmit resorbierbaren Schrauben oder Nähten fixiert wer-den. Fugenkreuzende Schrauben können jedoch zuWachstumsstörungen führen. Frakturen der proximalenMetaphyse haben in den letzten Jahren deutlich durchTrampolinverletzungen zugenommen. Dies war frühereine äußerst seltene Fraktur. Hier muss auf eine exakteStellung in der Frontalebene geachtet werden, um Varus-fehlstellungen zu vermeiden. Engmaschige Röntgenkon-trollen nach einer Woche sind hier notwendig, um nocheventuelle Korrekturen vornehmen zu können.

Patellafrakturen (1 %)Sie sind meistens durch ein direktes Anpralltrauma

verursacht. Das Durchschnittsalter beträgt 12,5 Jahre.Die überwiegende Form ist der Polabriss. Die meistenFälle sind nicht disloziert und werden konservativ mit ei-ner Ruhigstellung behandelt. Bei dislozierten Frakturenoder bei Verdacht auf ein Kniebinnentrauma (bei ca.30 % der Patienten) muss die Abklärung durch eine MRTUntersuchung und ggf. Arthroskopie erfolgen. Die ope-rative Behandlung ist bei einer größeren Dehiszenz derFragmente oder einer osteochondralen Abscherungengegeben. Die Prognose ist in der Regel sehr gut.

Diaphysäre Tibiafraktur (5,8 %)Die Tibiaschaftfraktur ist die häufigste Fraktur der

unteren Extremität (Abb. 4). Eine notfallmäßige Versor-gung erfolgt bei drohendem Kompartementsyndrom, of-fen Frakturen, vollständig dislozierten Frakturen und beiRotationsfehleern über 15°. Hier können eine Repositionund intramedulläre Nagelung oder ein Fixateur externeangelegt werden. Die konservative Behandlung erfolgtmit einem Oberschenkelgips, eine Röntgenkontrollenach einer Woche soll durchgeführt werden, da es beson-ders bei Schrägfrakturen zu einer Varusfehlstellung imGips kommen kann und diese dann noch korrigiert wer-den kann. Die Gipsbehandlung ist ca. 4–5 Wochen langerforderlich und Sport kann vier Wochen nach Konsoli-dierung wieder aufgenommen werden.

Tibia distal: Metaphysäre und epiphysäre Ti-biafrakturen, mediale und laterale Frakturen

Es werden die Epiphysenfrakturen und Übergangs-frakturen (two plane, triplane) unterschieden. Fraktur-spalten über 2 mm sind disloziert und müssen osteosyn-thetisch durch Reposition und Schraubenosteosyntheseversorgt werden (Abb. 5). Die Diagnose wird besondersbei den Übergangsfrakturen und unsicherer Beurteilungder Frakturspaltbreite im CT gestellt (Abb. 6). Die kon-

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Abb. 4: Tibia-schrägfraktur

in 2 Ebenenin achsenge-rechter Stel-lung und in

Gipsschieneruhiggestellt

Abb. 3:Femurschaft-fraktur mitESIN versorgt

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servative Behandlung erfolgt vier Wochen im Unter-schenkelgips, und der Patient kann sofort ohne Belas-tung mobilisiert werden. Bei Schraubenosteosynthesenerfolgt die Metallentfernung nach drei Monaten. Ein vor-zeitiger partieller Fugenschluss kann auch nach korrek-ter Osteosynthese auftreten. Bei Kindern älter als zwölfJahre kommt dies seltener vor. Schmale Brücken könnenwieder spontan gesprengt werden. Undislozierte Fraktu-ren haben in der Regel kein Risiko einer Wachstumsstö-rung.

Frakturen des FußesFußwurzelfrakturen sind sehr selten. Kalkaneusfrak-

turen bedürfen eines großen Traumas und hier sind dannauch an Wirbelsäulenfrakturen zu denken. Eine genaueDiagnostik erlaubt die CT Untersuchung. UndislozierteFrakturen werden in einem Entlastungsgips (Unter-schenkelhülse mit einem Bügel) behandelt. Patienten mitdislozierten Frakturen, die eine operative Behandlungbenötigen, sollten von entsprechend erfahrenen Opera-teuren behandelt werden, da es in der Folge zu ausgepräg-ten Beschwerden mit Arthrosen im unteren Sprungge-lenk kommen kann.

Frakturen der Metatarsalia und Zehen (6,9 %)Undislozierte Frakturen der Metatarsalia werden im

Unterschenkelgips und die der Zehen im Dachziegelver-band behandelt. Rotationsfehler werden nicht spontanausgeglichen und müssen reponiert und ggf. mit Kirsch-

nerdrähten fixiert werden. Die häufigste Fraktur des Mit-telfußes ist die Basisfraktur von Metatarsale V. Der Frak-turspalt ist quer, im Gegensatz zur längsverlaufendenApophyse. Selten sind diese Frakturen so stark disloziert,dass eine Zuggurtungsosteosynthese notwendig ist.

Prävention In der Prävention sollte ein Augenmerk in der Erken-

nung von Risikogruppen bezogen auf die Persönlichkeitund deren besonderer Schulung erfolgen. Im Schulsportbesteht ein hohes Risiko Frakturen zu erleiden, hier sollteder Sportunterricht individuell an das Leistungsvermö-gen, die Koordination und Leistung der Schüler ange-passt werden. In der Prävention der Schädel Hirn Trau-mata muss über das hohe Risiko der Verletzung im Stra-ßenverkehr und über den großen Nutzen von Helmen re-gelmäßig aufgeklärt werden. Erwachsene sollten hier alsBeispiel vorausgehen, damit dieses Verhalten nachge-ahmt wird.

Literatur beim Verfasser

Interessenkonflikt: Die Autorin erklärt, dass kein Interessenkon-flikt besteht.

Anschrift der Verfasserin:

PD Dr. Barbara LudwikowskiFachärztin für Kinder- und JugendchirurgieLeitende Ärztin Kinderchirurgie und KinderurologieKinderkrankenhaus auf der BultJanusz-Korczak-Allee 12, 30173 HannoverE-Mail: [email protected] Red.: Christen

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Abb. 5: Über-gangsfrakturder distalen Tibia (Triplane)vor und nachOsteosynthese

Abb. 6: DerFrakturspaltist im CTdeutlich bes-ser zu beur-teilen im Ver-gleich zurRöntgenauf-nahme

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Sekundäre Immundefekte, insbesondere die HIV-In-fektion, sind vielen Ärzten bekannt. Die Diagnostik beiVerdacht auf HIV-Infektion ist dabei vergleichsweise ein-fach durchzuführen: Bei Patienten > 18 Monate Messungder HIV-Antikörper, bei Patienten < 18 Monate HIV-PCR, bei Infizierten dann Quantifizierung von CD4-Zel-len und HI-Viruslast.

Schwieriger ist dagegen die Diagnostik bei Patientenmit Primären Immundefekten (PID), sodass wir uns indiesem Beitrag auf diese konzentrieren wollen. Zu Be-ginn sollen einige Kasuistiken illustrieren, bei welcherklinischen Problematik der Verdacht auf einen PID er-weckt wird und wie dann die Labordiagnostik eine Diag-nose und gezielte Therapie ermöglicht. Die Problemewirken zunächst alltäglich, nur bei genauerem Hinsehenmerkt man, dass man es doch nicht mit einem „Standard-fall“ zu tun hat.

Fall 1Familienanamnese, Schwangerschaft und Geburt wa-

ren unauffällig. Im Alter von einem Jahr stationärer Auf-enthalt wegen infizierter perianaler Fistel, wobei aucheine mesenteriale Lymphknotenschwellung festgestelltwurde. Mit 2 Jahren generalisierte Impetigo sowie ein Re-zidiv der perianalen Fistel. Ein Phagozytosetest war un-

auffällig. Mit 3 Jahren machten zervikale Lymphknoten-abszesse eine Operation erforderlich, dazu antibiotischeTherapie, mehrere Rezidive. Langsam zeigte sich aucheine Gedeihstörung. Wachstumsentwicklung bis 4. LJentlang der 3. Perzentile, seither < 3. Perzentile. Mit 5 Jah-ren Husten, „Infektsymptomatik“. Kurze Zeit später Fie-ber bis 40° C. Zunächst ambulante Behandlung mit Am-picillin/Sulbactam. Keine Besserung. Umstellung auf Ce-furoxim+Clarithromycin. Auch darauf keine Besserung.Stationäre Aufnahme in auswärtigem Krankenhaus.Dort unter antibiotischer Therapie weiter hohes Fieber.Bronchoalveoläre Lavage: Kein Keimnachweis. Serolo-gisch hochtitrig Antikörper gegen Candida und Aspergil-lus. HRCT: Solide Infiltration der rechten Lunge imOberlappen, Arrosion von drei Rippen, Weichteilinfiltratin der Nähe des Sternums (Abb. 1). Verlegung nach Ber-lin.

In Berlin bei Konstellation „Perianale Fisteln, Lymph-knotenabszesse, antibiotikaresistente Pneumonie, hoch-titrig Pilzantikörper, per continuitatem wachsendes Lun-geninfiltrat“ Durchführung eines DHR-Tests (= Burst-Test), bei dem sich zeigte, dass die Granulozyten keinenoxidativen Stoffwechsel hatten. Somit Diagnose: Septi-sche Granulomatose, X-chromosomale Form. DiePneumonie konnte als Aspergillus-Pneumonie identifi-ziert werden. Es folgten sieben Monate i.v. Therapie mitVoriconazol, danach wurde eine Stammzelltransplanta-tion durchgeführt. Nach komplikationsreichem Verlaufund letztlich erfolgreicher Transplantation (Tx) ist derJunge auf dem Weg nach Hause.

Fall 2Die Eltern des Kindes sind konsanguin. Bereits vor

19 Jahren haben sie ein Kind im Säuglingsalter an einer„Lungenerkrankung“ verloren. Nach unkomplizierterSchwangerschaft problemlose Geburt in einem auswärti-gen Krankenhaus. Geburtsgewicht 2150 g (3.–10. Per-zentile), Körperlänge 45 cm (10.–50. Perzentile), Kopf-umfang 33 cm (10.–50. Perzentile). APGAR 9/9. Postpar-tal kurzfristig Neigung zu Hypoglykämien. ZunächstEntlassung. Im Verlauf aber erheblicher Gewichtsverlustvon ~10%, Ichthyosis der Haut mit Superinfektion

Das infektanfällige Kind – über sinnvolleDiagnostik zur wirksamen Therapie

Prof. Dr. med.Volker Wahn

Infektionskrankheiten sind jedem Leser nur allzu gut bekannt. Wer sich an seinen letzten „Infekt“ erinnert, wird fast immer sagen können, dass dieser zwar lästig war, dass er sich aberdavon nach 1–2 Wochen vollständig erholt hat. Ein solcher Verlauf ist die Regel. In Einzelfäl-len aber verlaufen Infektionen ungewöhnlich schwer oder organdestruierend, sodass an eineStörung der Immunabwehr, primär oder sekundär, gedacht werden muss.

Abb. 1: HRCTder Lunge miteinem soliden

Infiltrat imrechten Ober-

lappen. DieAufnahme ver-

danken wirdem Carl-

Thiem-Klini-kum in Cott-bus (CA: PDDr. T. Erler)

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(Staph. aureus). Im Blutbild ausgeprägte Eosinophilie,die in Kombination mit dem Hautbefund den V.a. Comel-Netherton-Syndrom erweckte. Entlassung in stabilem Zustand. Wenig später erneute Aufnahme beiV.a. Malabsorptionssyndrom mit Diarrhoe und ausge-prägter Ichthyosis mit Superinfektion. Wegen Hypoalbu-minämie Gabe von Humanalbumin 20%. Laborche-misch Erniedrigung der Immunglobuline IgG, IgA undIgM, aber Erhöhung des IgE. Überweisung an unsere Klinik.

Zur Abgrenzung Comel-Netherton-Syndrom gegen-über einem Omenn-Syndrom wurden zunächst eineOberflächenmarkeranalyse, ein Lymphozytentransfor-mationstest sowie eine Klonalitätsanalyse der T-Zellendurchgeführt. Bereits die Oberflächenmarker waren be-merkenswert (Tab. 1):

Fall 3FA: unauffällig. EA: Reifgeborener Junge der 38. SSW,

Geburtsgewicht 2770 g, Länge 51,5 cm. UnauffälligeSchwangerschaft und Geburt. Ungefähr vier Wochen vorder stationären Aufnahme zeigte der Patient eine Ge-wichtsstagnation und verweigerte zunehmend die Nah-rungsaufnahme. Zwei Wochen später Aufnahme im aus-wärtigen Krankenhaus zur weiteren Diagnostik undTherapie. Nach einer gewissen Basisdiagnostik wurde alsUrsache der Nahrungsverweigerung am ehesten eineStörung der Mutter-Kind-Interaktion angesehen. Eswurde eine familienpsychologische Betreuung empfoh-len und eine Magensonde gelegt. Die weitere Ernährungerfolgte nun per Magensonde mit Hilfe eines ambulan-ten Kinderpflegedienstes. Bei Vorstellung in unserer Kli-nik berichteten die Eltern zudem über Husten und eineauffallend vermehrte Schlappheit, jedoch kein Fieber.

Bei der hier vorgenommenen Abklärung der Dystro-phie fielen dann dramatische Befunde auf: Neben demerneuten Nachweis von Norovirus (über nun 5 Wochen!)im Stuhl, waren im Plasma IgG und IgA nicht nachweis-bar, IgM mit 460 mg/dl für das Alter stark erhöht. Eswurde ein Hyper-IgM-Syndrom vermutet, das im Laboraber nicht bestätigt werden konnte. Stattdessen fielen beider Analyse der Lymphozyten-Oberflächenmarker 2 Be-funde auf (Tab. 2):

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Tab. 1: Lym-phozyten-

Oberflächen-marker bei

Patient 2

Marker (in %) Patient Normbereich(soweit bekannt)

CD3 96 48–75(reife T-Zellen)

TZR �/� 99(T-Z. mit �/� Rezeptor)

TZR �/� 0(T-Z. mit �/� Rezeptor)

CD4 74 33–58(Helferzellen)

CD4+CD45RA+ 0(naive Helferzellen)

CD4+CD45RO+ 100(Memory Helferzellen)

CD8 20 11–25(Zytotoxische T-Zellen)

CD16+CD56+CD3- 3 2–14(natürliche Killerzellen)

CD19 0 14–39(B-Zellen, Marker 1)

CD20 0 6–26(B-Zellen, Marker 2)

Das Fehlen von B-Zellen bei einem Jungen lässt aneine X-chromosomale Agammaglobulinämie denken.Neben den B-Zellen fehlten aber auch �/� T-Zellen undinsbesondere naive T-Zellen. Im Lymphozytentransfor-mationstest zeigte sich eine normale Proliferation aufMitogene, was nicht auf einen klassischen SCID (SevereCombined Immunodeficiency) hinweist. Bei der Analysedes V�-Repertoirs waren die T-Zellen aber eindeutig oli-goklonal, vereinbar mit der Diagnose eines Omenn-Syndroms (korrekter wäre: Omenn-Phänotyp, da gene-tisch nicht homogen). Bei der folgenden genetischenAnalyse fand sich dann eine RAG1-Mutation. Therapie:Stammzell-Tx vom HLA-identen Geschwister. Unkom-plizierter Verlauf.

Marker % der Lymphozyten

CD3 50

CD4 9

CD45RA 57

CD45RO 36

CD8 37

CD20 41

CD56+/CD3- 11

CD20/HLA DR 0

Tab. 2: Lymphozyten-Oberflächenmarker vonPatient 3

Zum einen war die Anzahl der T-Helferzellen (CD4)mit 9% deutlich vermindert, zum anderen fehlte die Ex-pression von HLA DR auf B-Zellen. Das HLA Klasse II-Molekül ist dort normalerweise zu 100% nachweisbar.Damit war die Diagnose eines MHC II-Mangels gestellt,die einzig kurative Stammzell-Tx konnte veranlasst wer-den.

Fall 4Bis zum Alter von 3 Jahren war das Mädchen gesund.

Im Sommer 2009 Abnahme der körperlichen Leistungs-fähigkeit, im August wollte sie kaum noch laufen. Im Sep-tember kamen Temperaturen bis 38°C hinzu, Bein- undBauchschmerzen, vermehrtes Schwitzen, kein Appetit,Gedeihstörung. Es erfolgte stationäre Aufnahme im aus-wärtigen Krankenhaus. Bei Aufnahme zeigte sich eine ge-neralisierte Lymphadenopathie, bei deren Abklärungüberall M. avium gefunden wurde, auch in der Blutkul-tur. Es wurde die Diagnose einer disseminierten M.

Hinter „Säug-lings-Ekzem“

kann sich PIDverbergen

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avium Infektion gestellt und eine antimykobakterielleChemotherapie mit Rifambutol, Ethambutol, Clarithro-mycin und Prothionamid eingeleitet. Beim Immunstatusergab sich der V.a. Immundefekt wegen niedrigen CD8-Zellen. Das Kind wurde dann zu uns verlegt.

Ein hier durchgeführtes abdominelles MRT zeigteauch noch nach Monaten der Therapie, dass das Abdo-men voll ist mit geschwollenen Lymphknoten, sowohl re-tro- wie auch intraperitoneal (Abb. 2).

Immundiagnostik in unserer Klinik: Normale Impf -antikörper und Immunglobuline, bei Oberflächenmar-kern leichte Verminderung von CD8 und �/� T-Zellen,etwas reduzierte Reaktion auf Mitogene, normale Reak-tion auf Antigene. Normale Granulozytenfunktion.Überprüfung der Interferon-�/Interleukin-12-Achse(Labor von Prof. JL Casanova, Paris): Fehlende Bildungvon IFN-� nach Stimulation mit BCG allein oder BCG +IL-12. Dringender V.a. Defekt des IL-12-Rezeptors. The-rapie: Antimykobakteriell (anfangs 5er Kombination,derzeit noch 2er Kombination aus Rifabutin und Clari-thromycin), Interferon-� s.c. 3x in der Woche. Damitweitgehend normales Leben möglich bei allerdings per-sistierender Gedeih- und Wachstumsstörung. Aktuellbeginnendes Aufholwachstum.

Fall 5Der Patient ist das erste Kind nicht konsanguiner El-

tern. Nach unauffälliger Schwangerschaft Geburt spon-tan in der 40. SSW. APGAR 9/10, Geburtsgewicht 3350 g,Geburtslänge 51 cm. Im Alter von 3 Monaten erstmalsAbszess an der linken Wange, der im auswärtigen Kran-kenhaus konservativ behandelt werden konnte. WenigeTage später entwickelte sich ein perianaler Abszess, derkinderchirurgisch in unserem Haus versorgt wurde. ImDezember 2008 erneut stationärer Aufenthalt im aus-wärtigen Krankenhaus wegen erster Pneumonie.

Seit Mai 2009 Besuch der Kindertagesstätte. Seitdemeinmal Gastroenteritis, zudem erneute Pneumonie. We-gen der auffälligen Anamnese wurde von Kollegen desauswärtigen Krankenhauses eine immunologische Diag-nostik eingeleitet. Dabei zeigte sich, dass das Kind keineImmunglobuline und, trotz adäquater Impfung, keineImpfantikörper hatte. Verlegung zu uns wegen Pneumo-nie und V.a. Immundefekt.

Bei dem hier durchgeführten Röntgenbild sahen wirrechts parakardial bronchopneumonischen Infiltrate(Abb. 3).

Die auswärts erhobenen Befunde konnten bestätigtwerden: Immunglobulin G <40 [470–1230] mg/dl; Im-

munglobulin A 5 [21–145] mg/dl; Immunglobulin M 22[47–175] mg/dl. Die Lymphozyten-Oberflächenmarkerwiesen schnell auf die Diagnose hin: CD3 (T-Zellen)7217/�l absolut, CD4 (Helferzellen) 5041/�l absolut,CD8 (Zytotoxische Zellen) 2016/�l absolut, CD4/CD8-Ratio 2,50, CD19 (B-Zellen) 0%, CD20 (B-Zellen) 0%,NK-Zellen 465/�l absolut. Der entscheidende Befund istalso das selektive Fehlen der B-Zellen. Die vermutete Di-agnose einer X-chromosomalen Agammaglobulinämiekonnte molekulargenetisch bestätigt werden. Seithersubkutane Substitution der fehlenden Immunglobuline.Keine weiteren Infektionen mehr.

Fall 6Das letzte vorgestellte Mädchen entstammt einer Fa-

milie ohne bemerkenswerte Anamnese. Entwicklung zu-nächst unauffällig. Im Alter von 2 Jahren Meningokok-kenmeningitis, die in einer auswärtigen Klinik früh er-kannt und mit Erfolg behandelt werden konnte. Danachzunächst normaler Kitabesuch. Im Alter von 4 Jahrendann Vorstellung in unserer Klinik mit schwerer Erkran-kung und einem auffälligen Hautbefund (Abb. 4):

Fortbildung

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Abb. 2: Ab-dominellesKerspintomo-gramm vonPatient 4

Abb. 3: Röntgen-Thorax bei Patient 5

Abb. 4 aund b:Hautbefundbei Patient 6

Im Liquor und in der Blutkultur Nachweis von N. me-ningitidis. Erfolgreiche antibiotische Therapie, keine Re-siduen. In Remission dann Analyse des Immunsystems.Dabei weitgehend normale Befunde, für den klassischen(CH100) wie auch für den alternativen Komplementweg(AH100) konnte allerdings keine Aktivität gemessen

„Immundiag-nostik“ undsich nach demKind richten,nicht danach,was das Laborkann

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werden. Bei der Messung der Einzelkomponenten C3und C5-C9 konnte dann ein Defekt der Komplement-komponente C7 nachgewiesen werden.

Wie häufig sind solche Immundefekte?Über die Häufigkeit der PID gibt es in Deutschland

keine präzisen Zahlen. Sicher sind diese selten, einzelneVarianten mögen nur einmal in Deutschland vorkom-men. Da wir aber inzwischen um die 200 verschiedenePID (Notarangelo et al. 2009) kennen, einzelne davonmit einer Prävalenz von 1:3000 – 1:4000 (IgA-Mangel mit1:500 ausgeklammert), müssen wir damit rechnen, dassein symptomatischer Immundefekt auch in der deut-schen Bevölkerung mit einer Prävalenz von etwa 1:2000vorkommt. 2007 wurde in den USA in 10.000 Haushal-ten eine Telefonumfrage durchgeführt (Boyle und Buck-ley 2007), die diese Zahlen untermauert.

Was lernen wir von den beschriebenen Patienten?

Infektionen finden sich in der Anamnese eines jedenKindes. Man muss diese dann näher analysieren, ob PID-Warnzeichen (s. unten) für Immundefekte vorhandensind. Das war bei allen hier vorgestellten Patienten derFall, die Immundefektdiagnostik war also klar indiziert.

Die Fälle zeigen uns aber auch, dass wir unser diag-nostisches Profil dem Problem anpassen müssen: WelcheErreger spielten eine Rolle, welche Art der Infektion, wel-che Begleitbefunde lagen vor u.a.m. Danach wird ein di-agnostischer Plan erstellt. Ausführlich haben wir das di-agnostische Vorgehen vor kurzem publiziert (Wahn undvon Bernuth 2009). Diese Arbeit ist online kostenlos überwww.immundefekt.de einsehbar.

Schließlich zeigen die Fälle, dass sich die Therapie sehrspezifisch nach der Diagnose richtet. So kommen zum ei-nen konservative rekonstituierende Maßnahmen zumEinsatz, zum anderen die Stammzell-Transplantation,deren Ergebnisse in den letzten Jahren deutlich besser ge-worden sind.

Wann ist Infektanfälligkeit pathologisch?Solange wir durch natürliche Infektionen oder durch

Impfungen keine Immunität aufgebaut haben, sind wir

gegen den jeweiligen Erreger „infektanfällig“. Es bedarfalso zusätzlicher Kriterien um zu entscheiden, ob mandie z.T. teure Labordiagnostik durchführt. Diese sind inTab. 3 dargestellt (nach Wahn und Weiss, 2008).

Auch die Lokalisation der Infektionen spielt eineRolle. Während „normale“ Infektionen eher monotopsind oder auf lokale Probleme zurückgeführt werdenmüssen, sind Infektionen bei immundefizienten Patien-ten oft polytop. Eine scharfe Grenze lässt sich dabei je-doch nicht ziehen, da es ohne Frage auch PID-Patientengibt, die z.B. fast ausschließlich Atemwegsinfektionen ha-ben. Beispiele lokaler Störungen, die zu rezidivierendenInfektionen beitragen können, fasst Tabelle 4 zusammen.

Fortbildung

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Tab. 3: Unter-schiede zwi-

schen physio-logischer und

pathologi-scher Infekt-anfälligkeit

Eigenschaft Physiologische Pathologischeder Infektionen Infektanfälligkeit Infektanfälligkeit

Häufigkeit Max. 8 Minor-Infek- >8 Minor-Infek-tionen/Jahr bis zum tionen/Jahr bis zumKleinkindesalter, Kleinkindesalter unddanach seltener darüber hinaus

Schweregrad leicht, Minor- z.T. schwer, Major-Infektionen Infektionen*

Verlauf Akut chronisch, rezidivierend

Residuen Nein Ja

Rezidiv mitdemselben Erreger Nein Ja

OpportunistischeInfektion Nein Ja

* Pneumonie, Sepsis, Meningitis, Enzephalitis, Osteomyelitis, septische Arthritis, Empyem, tiefeViszeralabszesse

Infektionsort mögliche Ursache

Haut Ekzem, Verbrennungen

Atemwege Cystische Fibrose

Ziliendyskinesie-Syndrom

Bronchopulmonale Dysplasie

Asthma bronchiale

Ösophagotracheale Fistel

Gastroösophagealer Reflux

Bronchialfehlbildungen

Chronische Fremdkörperaspiration

Ohren Adenoide

Meningen Neuroporus, Liquorfistel

Harnwege Reflux, Fehlbildungen

Tab. 4: Lokale Ursachen für rezidivierende, abermonotope Infektionen

Etwas spezifischer sind die 12 Warnzeichen, bei derenVorhandensein an Primäre Immundefekte gedacht wer-den sollte. Auch sie sind hier noch einmal zusammenge-fasst (modifiziert nach Wahn 2000, Tab. 5).

1. Positive Familienanamnese für angeborene Immun-defekte

2. 8 oder mehr eitrige Otitiden pro Jahr 3. 2 oder mehr schwere Sinusitiden pro Jahr 4. 2 oder mehr Pneumonien innerhalb eines Jahres 5. Indizierte antibiotische Therapie über 2 oder mehr

Monate ohne Effekt6. Impfkomplikationen bei Lebendimpfungen (insbes.

BCG, Rotaviren und Polio nach Sabin)7. Gedeihstörung im Säuglingsalter, mit und ohne chro-

nische Durchfälle8. Rezidivierende tiefe Haut- oder Organabszesse9. 2 oder mehr viszerale Infektionen (Meningitis, Osteo -

myelitis, septische Arthritis, Empyem, Sepsis)10. Persistierende Candida-Infektionen an Haut oder

Schleimhaut jenseits des 1. Lebensjahres11. Chronische Graft vs Host Reaktion (z.B. unklare Ery-

theme bei kleinen Säuglingen)12. Rezidivierende systemische Infektionen mit atypi-

schen Mykobakterien (nicht: nur einmalige zervikaleLymphadenitis)

Tab. 5: Zwölf Warnzeichen für mögliche angebo-rene Immundefekte

Immundefektekönnen in jeder

Praxis und injeder Klinikvorkommen

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Bevor nun bei pathologischer Infektanfälligkeit oderbei Vorhandensein von Warnzeichen Blut untersuchtwird, sollte differentialdiagnostisch die Möglichkeit inErwägung gezogen werden, dass die Mutter des Kindes aneiner HIV-Infektion leidet, die sie auf das Kind übertra-gen hat. In diesem Fall kann die HIV-Diagnostik beimKind ganz gezielt eingesetzt werden. Zudem sollten diebereits oben erwähnten lokalen Ursachen für vermehrteInfektanfälligkeit bedacht und ggf. ausgeschlossen wer-den (Tab. 4).

Welche Erreger wurden nachgewiesen?Von wegweisender Bedeutung für weitere Untersu-

chungen ist die Frage, welche Erreger als Auslöser nach-gewiesen wurden. Folgende Möglichkeiten kommen inBetracht:� Bakterien (bekapselt, nicht bekapselt) � Mykobakterien (typisch, atypisch) � Viren � Pilze � Protozoen/Parasiten � Mehrere Erregerarten

Immundefiziente Patienten können oft keine Anti-körper bilden. Daher kommt der serologischen Diagnos-tik (Messung von Antikörpern) zum Erregernachweisnur geringe Bedeutung zu. Entscheidend sind direkte Er-regernachweise mittels Kultur, Färbung, Antigennach-weis oder PCR.

Aus den nachgewiesenen Erregern ziehen wir danndie Schlüsse, welches der Abwehrsysteme untersuchtwerden sollte, da die einzelnen Systeme unserer Abwehrunterschiedliche Wertigkeit bei unterschiedlichen Erre-gern haben:� Bakterien: B-Zellen, T-Zellen, Phagozyten, Komple-

ment, Innate Immunity, Nachweis der Milz (Sonogra-phie)

� Mykobakterien, insbes. atypische, sowie BCG: T-Zellen, Phagozyten, Innate Immunity

� Viren: T-Zellen, (B-Zellen), NK-Zellen, NKT-Zellen,Innate Immunity

� Pilze: T-Zellen, Phagozyten � Protozoen/Parasiten: T-Zellen, (B-Zellen), Phago -

zyten � Mehrere Erregerarten: Alle Systeme

Welche Labortests eignen sich zumScreening?

Ärzte, die sich in der differenzierten immunologi-schen Diagnostik nicht auskennen, sollten bei Verdachts-fällen großzügig einfache Screening-Untersuchungenveranlassen:� Blutbild � Differentialblutbild � Immunglobuline IgG, IgA, IgM

Die Kosten sind vergleichsweise gering (€ 2–3), wasim Zeitalter von Budgets eine nicht unerhebliche Rolle

Fortbildung153

Bei Infekt -neigung immerorientierendeDiagnostik

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spielt. Natürlich werden mit diesem Screening nicht alleImmundefekte erkannt, aber vielleicht 50–60% (Kindes-alter) bis 80% (Erwachsenenalter). Das ist nicht ideal,aber ein Schritt nach vorn. Folgende Ergebnisse aus demScreening können auf einen Immundefekt hinweisen(auch Absolutwerte beachten!):� Leukopenie � Leukozytose � Lymphopenie � Neutropenie � Neutrophilie � Eosinophilie � Thrombozytopenie � niedrige Serum-Immunglobulin-Konzentrationen

Das Differentialblutbild sollte zumindest einmal ma-nuell (erfahrene MTA!) erstellt werden, da einem sonstwichtige Befunde wie z.B. Riesengranula, die Pelger- Huet’sche Kernanomalie oder Howell-Jolly-Körperchen,die für die Immundefektabklärung von erheblicher Be-deutung sind, entgehen können.

Weitere Abklärung im LaborDie weiterführende Diagnostik sollte möglichst ge-

meinsam mit einem pädiatrischen Immunologen vorge-nommen werden a) in jedem Fall, in dem das Screening auffällige Befunde

ergeben hat, aber auch b) wenn die klinische Symptomatik eindeutig auf einen

PID hinweist. Die oben geschilderten sechs Fälle haben gezeigt, dass

die Diagnosen mit Hilfe eines Untersuchungsprofils, dasfür HIV-Patienten entwickelt worden ist, nicht hätten gestellt werden können. Das diagnostische Profil richtetsich also nach der Infektions-Anamnese des Kindes! Details sind bei Wahn und von Bernuth (2009) jeder-zeit im Internet nachzulesen (http://www.reference-global.com/doi/pdfplus/10.1515/JLM.2009.041). Kom-merziell arbeitende Labors können auf diese Publikationhingewiesen werden.

Bei www.immundefekt.de sind für denjenigen, der sichin die Materie hinein vertiefen möchte, auch diagnosti-sche Algorithmen publiziert, die von einer Reihe deut-scher klinischer Immunologen erarbeitet wurden(http://www.immundefekt.de/immundefekte-inhalt.pdf).Sie sollen eine Hilfestellung bieten auf dem Weg vom klinischen Problem hin zu einer molekularen Diagnose.

Haben wir einen Immundefekt ausgeschlos-sen, wenn alle Tests normal sind?

In der Regel kann, wenn die o.g. Tests normal ausfal-len, davon ausgegangen werden, dass ein Immundefektnicht vorliegt. In Einzelfällen müssen wir uns aber selbstimmer wieder kritische Fragen stellen:Haben wir wirklich eine umfassende Anamnese erhoben?Haben wir wirklich die indizierte Diagnostik veranlasst?Haben wir wirklich ein zuverlässiges Labor genutzt?Wissen wir wirklich schon alles?

Die letzten Jahre haben gezeigt, dass immer wiederneue Erkrankungen beschrieben wurden, die mit Hilfeunserer bisherigen Diagnostik nicht erkannt worden wa-ren. Bei dringendem klinischem Immundefekt-Ver-dacht muss also experimentell geforscht werden, bisman den Defekt gefunden hat! Eine Kodierung wie „Im-mundefekt ausgeschlossen“ oder „idiopathische Infek-tionen bei immunkompetentem Kind“ nehmen wir beieinem klinisch eindeutig auffälligen Patienten nichtmehr vor.

AusblickMit der oben ausgeführten diagnostischen Strategie

sollte es gelingen, die Mehrzahl der Kinder mit heute be-kannten Primären Immundefekten frühzeitig zu erken-nen, bevor destruierende Infektionen irreversible Schä-den hinterlassen haben. Es wäre schön, wenn sich nieder-gelassene Kinderärzte wie auch Klinikärzte mit demNetzwerk FIND-ID (http://www.find-id.net/) assoziie-ren. Das Netzwerk soll einen niederschwelligen undschnellen Gedankenaustausch mit einem regionalenoder überregionalen PID-Zentrum ermöglichen. Part-ner im Netzwerk erhalten ein Zertifikat, das in Praxisoder Arbeitszimmer aufgehängt werden kann.

Literatur beim Verfasser

Interessenkonflikt: Der Autor hat Vortragshonorare erhalten vonfolgenden Firmen: CSL Behring, Octrapharma.

Korrespondenzadresse:Prof. Dr. med. Volker WahnKlinik für Pädiatrie – Campus Virchow KlinikumAugustenburger Platz 1, 13353 Berlin, Tel. 030 / 450566693E-Mail: [email protected] Red.: Riedel

Fortbildung

KINDER- UND JUGENDARZT 42. Jg. (2011) Nr. 3

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WeiterführendeDiagnostik

möglichst amPID-Zentrum

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Der Begriff „Innate Immunity“ beschreibt didaktischden Gegensatz zur „Adaptive Immunity“. Ins Deutscheübersetzt wird oft von „angeborener“ und „erworbe-ner“ Immunität gesprochen. Die Unterschiede zwischendiesen beiden Armen des Immunsystems sind in der fol-genden Tabelle aufgeführt (Tab. 1). Die funktionell wich-tigsten Eigenschaften des angeborenen Immunsystemssind die Folgenden: Die angeborene Immunität erkenntBestandteile gefährdender Erreger über seit Geburt un-verändert bestehende, nicht klonal rearrangierte Rezep-toren. Diese erkennen Makromoleküle innerhalb von Se-kunden bis Minuten und die Zellen der angeborenen Im-munität sind in der Lage, eine Reaktion gegen diese Ma-kromoleküle auch innerhalb von Sekunden bis Minutenaufzubauen. Gefährdende Moleküle müssen also nichtprozessiert und präsentiert werden, sondern sind für dasangeborene Immunsystem sofort als gefährlich erkenn-bar und induzieren eine rasche Abwehr.

Beispiele solcher Abwehrmechanismen des angebore-nen Immunsystems sind die Sauerstoffburstreaktion in-nerhalb neutrophiler Granulozyten, die Erkennung ge-fährlicher Moleküle durch Toll-like-Rezeptoren auf Ma-krophagen und neutrophilen Granulozyten und derenInduktion verschiedener Akut-Phase-Antworten (Fie-ber, IL-6- und CRP-Anstieg). Defekte der Sauerstoff -burstreaktion wie bei Septischer Granulomatose sindkürzlich an anderer Stelle ausführlich vorgestellt worden[1]. Der folgende Artikel beschränkt sich auf die Darstel-lung angeborener Defekte in den Signalwegen der Toll-like-Rezeptoren und damit auf die Darstellung von ange-borenen Immundefekten der „Innate Immunity“ im en-geren Sinne.

Immundefektdiagnostik bei Zustand nach invasiven eitrigen Infektionen – Verdachtauf defekte Signalübertragung in Toll-like-Rezeptor- und Interleukin-1 Rezeptor-abhängigen Signalwegen

Klinisches Beispiel:

Kind unverwandter Eltern, im Alter von 13 Monatenerkrankt an einer akuten Mittelohrentzündung und eit-rigen Arthritis des linken Hüftgelenks durch Pneumo-kokken. Im Alter von fünf Jahren Entwicklung einer eit-rigen Arthritis des rechten Hüftgelenkes in Kombination

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Das infektanfällige Kind –wann an angeborene Defekte der„Innate Immunity“ denken?

PD Dr. Horstvon Bernuth

Wann muss gezielt nach angeborenen Immundefekten im Bereich der „Innate Immunity“ ge-sucht werden? Krankheitsbilder, die eine gezielte Suche nach Defekten der „Innate Immunity“veranlassen müssen, sind: rezidivierende invasive eitrige Infektionen (Meningitis, Sepsis) odereinmalige besonders schwere oder seltene invasive eitrige Infektionen (Arthritis/Osteomyeli-tis, tiefer Organabszess), Enzephalitis durch HSV Typ 1, multiple schwere Infektionen durchverschiedene Erreger. Die in diesem Artikel vorgestellten Defekte der „Innate Immunity“ sindsomit Differenzialdiagnosen zu den folgenden bekannten angeborenen Immundefekten:Septische Granulomatose, Hyper IgE-Syndrome, schwere kombinierte Immundefekte ohneLymphopenie (SCIDs). Bei Verdacht auf Defekte der „Innate Immunity“ wird in Vollblut (Hepa-rinblut) oder Fibroblastenkultur die Zytokin- und/oder Interferonproduktion nach Stimulationmit Agonisten der Toll-like-Rezeptoren bestimmt.

Innate Immunity Adaptive Immunity

Evolutionär früh spät

Erkennung repetetive spezielleMakromoleküle kleine Moleküle

Rezeptoren keimbahnkodiert rearrangiertnicht klonal klonal

Ausreifung nicht nötig nötig

Reaktionszeit sofort – Stunden Stunden – Tage

Tab. 1: Die Abwehrsysteme der „Innate Immunity“ treten in der Ent-wicklungsgeschichte früh auf, erkennen mit ihren Rezeptoren großeMoleküle mit repetetiven Strukturen, verwenden nicht klonale, keim-bahnkodierte Rezeptoren, benötigen keine Ausreifung und reagie-ren auf Gefahr innerhalb von Sekundenbruchteilen bis Stunden. Ab-wehrsysteme der „Adaptive Immunity“ treten evolutionär später auf,ihre Rezeptoren erkennen spezifische kleine Moleküle, die Rezepto-ren werden rearrangiert. Das adaptive Immunsystem benötigt Stun-den bis Tage zur Ausreifung und entwickelt daher erst mit Verzöge-rung seine volle Wirksamkeit.

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mit einem ausgedehnten Retroperitonealabszess entlangdes rechten Iliopsoas-Muskel. Kulturell erneut Nachweisvon Pneumokokken. Bereits im Alter von vier Jahren wardas Kind für drei Monate antibiotisch wegen einer durchStreptococcus equi und Streptococcus pyogenes verursach-ten Pharyngotonsillitis behandelt worden. Zwischendem fünften und siebten Lebensjahr traten insgesamtneun Hautinfektionen auf, Erreger immer S. aureus.Während aller Infektionen stieg die Körpertemperaturnie über 38,5 ̊ C, das CRP nie über 19,5 mg/dl. Auch wäh-rend der schweren Infektionen lagen die Messwerte fürneutrophile Granulozyten zwischen 162 und 1320/µl.Ein Onkel des Patienten war im Alter von zwei Jahren aneiner durch S. aureus verursachten Meningitis und eineTante im Alter von acht Monaten an einer durch P. aeru-ginosa verursachten Meningitis verstorben. Immunglo-buline, großes Blutbild, Lymphozytensubpopulationenund Antikörper gegen Tetanustoxoid und Pneumokok-ken waren im infektionsfreien Intervall normal. Eine in-vitro-Aktivierung von Vollblut des Patienten mit hitzege-töteten Pneumokokken zeigte jedoch eine deutlich ver-minderte Produktion von TNF-�, Interleukin-1�, -6, -8,-10 und -12. Molekulargenetisch konnte eine homozy-gote Mutation (E402X) in IRAK4 gesichert werden, die

zum vollständigen Verlust der Proteinexpression führt.Post mortem wurde die gleiche Mutation bei beiden ver-storbenen Verwandten des Patienten gesichert [2].

Die im klinischen Beispiel beschriebenen rezidivie-renden invasiven Infektionen (Meningitis, Arthritis, Abszess) durch Eitererreger (Pneumokokken, Staphylo-kokken, Pseudomonaden) bei abgeschwächter Akut-Phase-Antwort trotz schwerer invasiver Infektion (nied-rige Körpertemperatur, relativ schwacher CRP-Anstieg)sind charakteristisch für eine gestörte Signalübertragungder Toll-like-Rezeptoren und der Interleukin-1-Rezepto-ren.

Bisher sind mit dem IRAK4-Defekt und dem MyD88-Defekt zwei autosomal rezessiv vererbte Immundefekteinnerhalb dieser Signalwege beschrieben worden [3, 4].Toll-like-Rezeptoren sind besonders dicht auf Makro-phagen und neutrophilen Granulozyten exprimiert, er-kennen Bakterienbestandteile und kontrollieren Signal-wege, die zur Translokation von Transkriptionsfaktorenin den Zellkern führen und letztlich zur Transkriptionvon Interleukinen [5]. Interleukin-1-Rezeptoren sindebenfalls auf den genannten Zellen exprimiert. Die auto-krine und parakrine Sekretion von Interleukin-1 ver-stärkt durch Aktivierung der gleichen Signalwege die

Fortbildung

KINDER- UND JUGENDARZT 42. Jg. (2011) Nr. 3

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Abb. 1: Signalwege, die von intrazellulären NOD-Rezeptoren oder extrazellulären TLR-Rezeptoren für Bakterienbestand-teile, von den TNF-Rezeptoren oder den Interleukin-1 Rezeptoren kontrolliert werden, steuern die Expression pro-inflam-matorischer Zytokine wie das Interleukin-6 (IL-6). Für die rot hervorgehobenen Moleküle in diesen Signalwegen sind an-geborene Defekte bekannt, die mit einer selektiven oder besonderen Anfälligkeit für bakterielle Infektionen einherge-hen. MyD88 und IRAK4 geben Signale von Toll-like-Rezeptoren und Interleukin-1-Rezeptoren weiter, die zur Phosphory-lierung und zum Abbau von IRAK1 führen. Der Abbau von IRAK1 führt zur Zusammenlagerung des NF-�B essenzielen Mo-dulators (NEMO) mit zwei Proteinkinasen, IKK� und IKK�. Der Komplex aus NEMO/IKK�/IKK� phosphoryliert Moleküle,die den Transkriptionsfaktor NF�B im Zytosol gebunden halten (Inhibitoren von NF�B, I�Bs). Die Phosphorylierung vonI�Bs führt zum Abbau dieser Moleküle und zum Konzentrationsabfall von NF�B im Zytosol und zum Konzentrationsanstiegvon NF�B im Zellkern. TYK2-Defekt und STAT-3 Defekt gehen mit einer verminderten Antwort auf Interleukin-6 einher.(Monatsschrift Kinderheilkunde, 2009, Volume 157, Number 9, P 886-895; Mit frdl. Genehmigung von Springer Science and Business Media)

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Akut-Phase-Antwort [6]. Der autosomal dominant ver-erbte STAT3-Defekt und der autosomal rezessiv vererbteTyk2-Defekt, die molekularen Ursachen von zwei Hyper-IgE-Syndromen, hingegen gehen mit einer vermindertenAntwort auf Interleukin-6 und einer erhöhten Anfällig-keit für invasive Staphylokokkeninfektionen einher [7,8]. Daher kann vermutet werden, dass in Zukunft weitereDefekte mit erhöhter Anfälligkeit für invasive bakterielleInfektionen in den skizzierten Signalwegen beschriebenwerden (Abb. 1). Eine defekte Signalübertragung derToll-like- und der Interleukin-1-Rezeptoren kann durchfehlende in vitro Produktion von Interleukinen durch Pa-tientenzellen nach Aktivierung durch Agonisten der Toll-like-Rezeptoren und durch Interleukin-1� diagnostiziertwerden [9-11].

Die kürzlich publizierte detaillierte Auswertung einesPatientenregisters von 48 Patienten mit vollständigemIRAK4-Defekt und 12 Patienten mit vollständigemMyD88-Defekt bestätigte die selektive Anfälligkeit dieserPatienten für invasive eitrige Infektionen. Die bisher be-schriebenen Erreger als Verursacher invasiver Infektio-nen sind in Tabelle 2 aufgeführt. Ebenfalls bestätigtwurde die trotz invasiver eitriger Infektion oft fehlendeAkut-Phase-Antwort bei diesen Patienten und die deut-lich verbesserte Prognose dieser Patienten nach Errei-chen der Adoleszens. Die Prognose von Patienten mitIRAK4-Defekt oder MyD88-Defekt wird durch die pro-phylaktische Gabe von Antibiotika mit Wirksamkeit ge-gen insbesondere Pneumokokken und Staphylokokkenerheblich verbessert. Patienten, Eltern und betreuendeÄrzte müssen darüber aufgeklärt werden, dass schwereinvasive Infektionen auch ohne oder nur mit verzögerterAkut-Phase-Antwort ablaufen können [12]. Die Patien-ten sollten alle für immungesunde Patienten empfohle-nen Impfungen der Ständigen Impfkommission(STIKO) erhalten.

Immundefektdiagnostik bei Zustand nach Enzephalitis durch Herpes Simplex VirusTyp 1 – Verdacht auf defekte Signalüber-tragung in Toll-like-Rezeptor-3-abhängigenSignalwegen

Klinisches Beispiel:Kind konsanguiner Eltern, erste Vorstellung des Jun-

gen im Alter von elf Monaten mit Fieber (39 °C) undlinksseitigem Krampfanfall mit nachfolgender Hemipa-rese. Verdacht auf Enzephalitis bei leichter Pleozytoseund Eiweißerhöhung im Liquor und fokalem EEG-Be-fund. Mittels Magnetresonanztomographie Nachweisnekrotischer bilateraler temporaler Läsionen, assoziiertmit thalamischer Hypodensität rechts. Anstieg von Anti-körpern gegen HSV-1 im Liquor im Verlauf mit höch -stem Wert 20 Tage nach Fieberbeginn und Nachweis vonAntikörpern gegen HSV-1 im Serum (IgM-Titer 1:160,IgG-Titer > 1:400). Zunächst erfolgreiche Behandlungmit Aciclovir intravenös. Drei Monate später erneuteAufnahme des Patienten, diesmal komatös und mitrechtsseitiger Hemiparese. Diagnose einer zweiten Enze-phalitis mit frischen occipitalen Läsionen mittels Mag -

netresonanztomographie. Intravenöse Behandlung mitAciclovir für einen Monat und Fortsetzung der Therapiemit oralem Aciclovir für zwei Monate. Dennoch im Ver-lauf Entwicklung von Dyspraxie und Hemianopsie. ImAlter von 31/2 Jahren dritte Enzephalitis mit Auftreten fri-scher Gehirnläsionen und ähnlichem Verlauf. Währendaller drei Infektionen war IFN-� im Serum und im Li-quor kaum nachweisbar.

Der Patient ist inzwischen zwölf Jahre alt und litt un-ter keinen weiteren Enzephalitiden. Die immunologischeDiagnostik ergab Normwerte für Immunglobulinspie-gel, Impfantikörper gegen Tetanus und Diphtherieto-xoid, Lymphozytensubpopulationen und Lymphozyten-transformationstest. Auffällig war eine abgeschwächteIFN-�/�-Produktion von peripheren mononukleärenZellen nach Stimulation durch Agonisten für die Toll-like-Rezeptoren (TLR) TLR7, TLR8 und TLR9 sowie eineabgeschwächte IFN-�-Produktion von Fibroblastennach Stimulation durch einen Agonisten für TLR3. Mo-lekulargenetisch konnte eine homozygote Deletion(1034del4) im UNC93B1-Gen gesichert werden. Die bei-den gesunden Eltern des Patienten waren heterozygot fürdiese Mutation, sodass ein autosomal-rezessiver Erbgangfür diese Erkrankung vorliegt [13].

Im Bereich der „Innate Immunity“ sind zwischenzeit-lich fünf Defekte molekular beschrieben worden, die allemit einer erhöhten Anfälligkeit für Herpesenzephalitiseinhergehen und entweder durch eine stark verminderteoder fehlende Produktion von IFN-� (x-chromosomalerNEMO-Defekt, autosomal rezessiver UNC93B1-Defekt,autosomal dominanter TLR3-Defekt, autosomal domi-nanter TRAF3-Defekt) oder aber ein fehlendes Anspre-chen auf IFN-� (STAT1-Defekt) charakterisiert sind [13-19]. Die Abbildung 2 verdeutlicht dies schematisch: NachEintritt in die Zellen entsteht intrazellulär im Replikati-onszyklus von Herpes Simplex Typ 1 doppelsträngige

Fortbildung

KINDER- UND JUGENDARZT 42. Jg. (2011) Nr. 3

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Tab. 2: Innerhalb der bisher beschriebenen Patienten wurden ca. 75%der invasiven Infektionen beim IRAK4-Defekt und beim MyD88-De-fekt durch Gram-positive Erreger (insbesondere Pneumokokken undStaphylokokken) und ca. 25% durch Gram-negative Erreger (insbe-sondere Pseudomonaden) verursacht. Eine erhöhte Anfälligkeit für in-vasive Pneumokokken, Staphylokokken und Pseudomonaden ist cha-rakteristisch für Defekte der Toll-like- und Interleukin-1-Rezeptorenund tritt in dieser Kombination bei keinem anderen Immundefekt auf.

Gram-positive Bakterien Gram-negative Bakterien

IRAK4-Defekt S. pneumoniae P. aeruginosaS. aureus H. influenzae type bS. parasanguis N. meningitidisS. milleri S. sonneiS. agalactiaeS. pyogenesA-hämolytische

StreptokokkenC. septicum

MyD88-Defekt S. pneumoniae P. aeruginosaS. aureus S. enteriditis Salmonella spp.

M. catarrhalis

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RNA, die vom endosomal lokalisierten Rezeptor TLR3erkannt wird. Mit diesem Rezeptor assoziierte, für dieSignaltransduktion essenzielle Proteine sind UNC93Bund TRAF3. Der mit UNC93B/ TRAF3 assoziierte Re-zeptor TLR3 aktiviert zwei Hauptsignalwege, den überIKK�/TBK1 und den aus NEMO/IKK�/IKK� bestehen-den IKK-Komplex. Diese führen zur Translokation derTranskriptionsfaktoren IRF3, IRF7 und NF-�B in denZellkern und bewirken die Produktion von IFN-�. IFN-� wird vom IFN-�-Rezeptor erkannt, der für die weitereSignaltransduktion STAT1 benötigt. Da der Rezeptor fürIFN-� in allen Geweben exprimiert ist, kann IFN-� so-wohl direkt am Infektionsort zur Expression antiviralerGene in benachbarten Zellen führen und diese in einenschwerer infizierbaren „antiviralen“ Zustand versetzen,als auch weiter entfernt NK-Zellen und dendritische Zel-len aktivieren, die ihrerseits antivirale Gene exprimieren.Eine defekte Signalübertragung der Toll-like-Rezeptor-3-abhängigen Signalwege kann durch eine fehlende in vi-tro Produktion von Interferon-� durch Patientenfibro-blasten nach Aktivierung durch Agonisten des Toll-like-Rezeptors-3 diagnostiziert werden [13, 17].

Die kürzlich publizierte detaillierte Beschreibung ei-nes Patientenregisters mit 85 an Herpesenzephalitis er-krankten Patienten ohne molekular definierten Defektzeigte, dass über die Hälfte dieser Patienten vor demzweiten Geburtstag erkrankten, weiterhin 12% dieser Pa-tienten aus konsanguinen Familien stammen und somitzumindest bei konsanguinen Patienten ein angeborener

Immundefekt als Ursache für eine Herpesenzephalitisnicht ausgeschlossen werden kann [20]. Die Prognosevon Patienten mit defizienter Bildung oder Antwort aufInterferon-� sowie der Stellenwert einer Prophylaxe mitAciclovir kann wegen der geringen Fallzahlen noch nichtabgeschätzt werden. Die betroffenen Patienten litten je-doch oft unter schweren Verläufen mit Defektheilungen.Der Stellenwert einer therapeutischen Gabe von Interfe-ron-� bei defizienter Bildung kann ebenfalls noch nichtabschließend beurteilt werden. Die Patienten sollten allefür immungesunde Patienten empfohlenen Impfungender Ständigen Impfkommission (STIKO) erhalten.

Immundefektdiagnostik bei Anfälligkeit fürinvasive Infektionen durch verschiedene Erreger mit oder ohne ektodermale Dysplasie – Verdacht auf Defekt in NEMO-abhängigen Signalwegen

Klinisches Beispiel:

Kind unverwandter Eltern. Im Alter von zwei Jahrenentwickelte der Junge eine Lymphadenitis colli durchM. avium. Diese rekurrierte im Alter von vier Jahren undmachte eine „Neck dissection“ gefolgt von einer vierfachtuberkulostatischen Kombinationstherapie erforderlich.Mit sieben Jahren entwickelte der Patient einen chroni-schen Husten und im Alter von acht Jahren hatten sichBronchiektasen gebildet. Im 9. Lebensjahr trat eine er-neute, diesmal disseminierte (Befall von Wirbelsäule,Hüftknochen, beiden Femora und Haut) Infektion

Fortbildung

KINDER- UND JUGENDARZT 42. Jg. (2011) Nr. 3

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Abb. 2: Signalwege, die von endosomal lokalisierten Toll-like-Rezeptoren (TLR3, TLR7 und TLR8) für virale DNA kontrol-liert werden, steuern die Expression von Interferon-�. Für die blau hervorgehobenen Moleküle in diesen Signalwegensind Immundefekte, die mit einer erhöhten Anfälligkeit für Enzephalitis durch Herpes Simplex einhergehen, bekannt. DieAktivierung von TLR3, TLR7 und TLR8 führt in Verbindung mit dem Komolekül UNC93B über die Aktivierung von TBK1und NEMO zur Translokation der Transkriptionsfaktoren IRF3, IRF7 und NF�B in den Zellkern. NEMO-Defekte (siehe die-ser Beitrag), STAT1-Defekte und Tyk2-Defekte können ebenfalls mit einer verminderten Bildung von Interferon-� oder ei-nem verminderten Ansprechen auf Interferon-� einhergehen.(Monatsschrift Kinderheilkunde, 2009, Volume 157, Number 9, P 886-895; Mit frdl. Genehmigung von Springer Science and Business Media)

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durch Mykobakterien auf. Mit zwölf Jahren erkrankteder Junge an einer autoimmunhämolytischen Anämie(direkter Coombs Test positiv) und einer bilateralen En-zephalitis durch Herpes simplex-Virus Typ 1, an der ertrotz Therapie mit Aciclovir und IFN-� sechs Monatespäter verstarb. Immunglobuline zeigten die Konstella-tion eines Hyper-IgM-Syndroms: Erniedrigte IgA-Spie-gel (10 mg/dl) und IgG-Spiegel (135 mg/dl), erhöhterWert für IgM (315 mg/dl). Die immunologische Diag-nostik im Alter von 21/2 Jahren ergab Normwerte fürLymphozytensubpopulationen und Lymphozytentrans-formationstest, erniedrigte IFN-�-Sekretion nach Sti-mulation von Vollblut durch BCG und IL-12. Molekular-genetisch konnte im NEMO-Gen die Mutation110_111insC gesichert werden, die einerseits ein vorzei-tiges Stopcodon erzeugt, andererseits durch einen zusätz-lichen Reinsertionspunkt die residuelle Produktion einesverkürzten NEMO-Proteins erlaubt. NEMO ist x-chro-mosomal lokalisiert und die Mutter des Patienten trugauf einem ihrer x-Chromosomen ein mutiertes Allel, so-dass ein x-chromosomal rezessiver Erbgang vorliegt [15,21].

Das Akronym NEMO steht für NF�B Essential MOdulator. NEMO ist ein Gerüstprotein ohne eigene ka-talytische Aktivität, an dem verschiedene immunologi-

sche und nicht-immunologische Signalwege konvergie-ren (Abb. 1 und 2). NEMO dient als Plattform für Kina-sen, die Inhibitoren des Transkriptionsfaktors NF�B(I�Bs) phosphorylieren. Nach Phosphorylierung der In-hibitoren werden diese abgebaut und binden nicht mehrNF�B, sodass der Transkriptionsfaktor in den Zellkerntranslozieren kann und zur Transkription verschiedenerGene beiträgt. Signalwege, die am NEMO Komplex in dieEndstrecke der NF�B-Kontrolle einmünden, sind dieoben bereits erwähnten Toll-like-Rezeptor- und Inter-leukin-1-Rezeptor- abhängigen Signalwege, der TNF�Rezeptor abhängige Signalweg und der Signalweg, dervom Ektodermale Dysplasie und Anhidrosis Rezeptor(EDAR) abhängig ist [22]. NEMO ist so essenziell, dassein vollständiges Fehlen dieses Proteins mit dem Lebenunvereinbar ist. Alle Patienten mit NEMO-Defekt weisendaher eine Restfunktion des Proteins auf. NEMO ist au-ßer in Leukozyten auch in Epithelien des Körpers expre-miert.

Analog zu den manigfachen Signalwegen, die vonNEMO kontrolliert werden, und in Abhängigkeit vomAusmaß der Funktionseinschränkung sind das klinischeBild der NEMO-Defekte und die immunologischenFehlsteuerungen bei NEMO-Defekten sehr vielfältig. Dieklinische Präsentation reicht von isolierten Immunde-

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fekten mit selektiver Anfälligkeit für Eitererreger überschwere Immundefekte mit Anfälligkeit für verschiedeneErreger ohne Ektodermale Dysplasie [15, 21, 23], Im-mundefekte mit partieller Ektodermaler Dysplasie (nurkonische Zähne) [24], Immundefekte mit vollständigerEktodermaler Dysplasie (Zahnfehlbildungen, fehlendeSchweißdrüsen, schütteres Haar) bis zu Immundefektenmit Ektodermaler Dysplasie und Osteopetrosis mit Lym-phadenitis [22, 25, 26]. Das Erregerspektrum reicht da-bei von Mykobakterien über Gram-negative wie Gram-positive Bakterien, Pneumocystis jirovecii bis zu Cyto-megalievirus und HSV1. Die Infektionen sind invasivund oberflächlich [22, 27], Autoimmunphänomene anverschiedenen Organsystemen können auftreten [21,28]. Viele Patienten weisen eine Dysglobulinämie (Hy-per-IgM-Phänotyp, IgA-Mangel, IgG-Mangel, IgM-Mangel, etc.), eine verminderte humorale Antwort aufPolysacharidantigene („Polysacharidspezifischer Im-mundefekt“) sowohl vom Isotyp IgG (vermindertes An-sprechen auf unkonjugierten Pneumokokkenimpfstoff)als auch vom Isotyp IgM (verminderte Isohämaglutinin-Titer) auf [22, 29-31]. Eine verminderte Aktivität natür-licher Killerzellen und Hämophagozytosephänomenewurden beschrieben [32, 33]. Ähnliche Krankheitsbildertreten beim autosomal dominant vererbten Defekt desI�B� (IKBA-Defekt) auf [34-36]. Viele Patienten mitNEMO-Defekt zeigen eine verminderte IL-10-Produk-tion nach Aktivierung von Vollblut mit TNF� [11, 22].Dieser Test ist jedoch weder spezifisch noch sensitiv, so-dass zum sicheren Ausschluss eines NEMO-Defekts alleIsoformen des Gens sequenziert werden sollten und derNachweis des NEMO-Proteins erfolgen muss.

Die Prognose von Patienten mit NEMO- oder I�B�-Defekt ist sehr variabel, da sie in hohem Maße von der in-dividuellen Mutation und der daraus resultierendenqualtitativen, quantitativen und gewebsspezifischenRestfunktion des Proteins abhängig ist [37]. Entspre-chend reichen die therapeutischen Optionen von der le-benslangen prophylaktischen Gabe von Antibiotikaund/oder der Substitution von Immunglobulin G bis zurKnochenmarktransplantation.

Die publizierte Erfahrung mit Knochenmarktrans-plantationen umfasst sechs Patienten mit NEMO-Defektund zwei Patienten mit I�B�-Defekt [26, 38-40]. Vier dersechs transplantierten Patienten mit NEMO-Defekt undeiner der zwei transplantierten Patienten mit I�B�-De-fekt sind am Leben. Die beiden verstorbenen Patientenmit NEMO-Defekt hatten Knochenmark von einem pas-senden nicht-verwandten Spender erhalten und warenan einer venös-okklusiven Erkrankung beziehungsweisean einer Infektion verstorben [26, 40]. Die vier überle-benden NEMO-Patienten hatten nicht-HLA-idente(6/10 bzw. 7/10) Nabelschnurzellen oder Knochenmarkvon passenden verwandten Spendern erhalten [39-42].Der verstorbene Patient mit I�B�-Defekt hatte Nabel-schnurzellen eines nicht-verwandten Spenders erhalten[40], der überlebende Patient mit I�B�-Defekt hatte maternales haploidentes T-Zell depletiertes Knochen-mark erhalten [38].

Da Mutationen in NEMO und IKBA auch zur Beein-trächtigung vieler Signalwege in nicht-hämatopoeti-schen Geweben führen, können auch bei transplantier-ten Patienten mit NEMO-Defekt oder mit I�B�-DefektEktodermale Dysplasie, autoentzündliche Darm- undHauterkrankungen sowie infektiöse Erkrankungen derHaut und Schleimhaut auftreten [38, 41, 42]. Über Imp-fungen muss im Einzellfall entschieden werden.

Fazit für die Praxis

Krankheitsbilder, die eine gezielte Suche nach Defek-ten der „Innate Immunity“ veranlassen müssen, sind:

– rezidivierende invasive eitrige Infektionen (Meningi-tis, Sepsis) oder einmalige besonders schwere oder sel-tene invasive eitrige Infektionen (Arthritis/ Osteomy-elitis, tiefer Organabszess)

– Enzephalitis durch HSV Typ 1

– multiple schwere Infektionen durch verschiedene Er-reger

Die in diesem Artikel vorgestellten Defekte der „In-nate Immunity“ sind somit insbesondere Differentialdi-agnosen zu den folgenden bekannten angeborenen Im-mundefekten:

– Septische Granulomatose

– Hyper-IgE-Syndrome

– Schwere kombinierte Immundefekte ohne Lympho-penie (SCIDs)

Bei Verdacht auf Defekte der „Innate Immunity“ wirdin Vollblut (Heparinblut) oder Fibroblastenkultur dieZytokin- und/oder Interferonproduktion nach Stimula-tion mit Agonisten der Toll-like Rezeptoren bestimmt.Genaue Modalitäten der Diagnostik (Materialmenge,Probenversand, Adresse) können beim Verfasser erfragtwerden.

Danksagung

Der Verfasser dankt cand. med. Karoline Strehl für dieDurchsicht des Manuskripts.

Literatur beim Verfasser

Interessenkonflikt: Der Autor erklärt, das kein Interessenkonfliktvorliegt.

Korrespondenzadresse:

PD Dr. Horst von BernuthKlinik für Kinderheilkunde mit Schwerpunkt Pneumologieund ImmunologieAugustenburger Platz 113353 BerlinTelefon: 030 450 666384E-Mail: [email protected] Red.: Riedel

Fortbildung

KINDER- UND JUGENDARZT 42. Jg. (2011) Nr. 3

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FallberichtV.S., ein 15 2/12 Jahre altes Mädchen, stellte sich we-

gen einer seit zwei Tagen bestehenden akuten Tonsillitisund Pharyngitis in der Praxis vor. Der Allgemeinzustandder zwischen 38°C und 39°C fiebernden Patientin warleicht beeinträchtigt, die Sprache kloßig. Bei der Unter-suchung fand sich ein hochroter Rachen mit beidseits ge-schwollenen, eitrig-membranös belegten Tonsillen. Diesubmandibulären Lymphknoten waren beidseits weich,vergrößert und druckschmerzhaft tastbar. Bei der weite-ren körperlichen Untersuchung zeigten sich keine Be-sonderheiten, Leber und Milz waren nicht vergrößert.Eine Doppelniere beidseits war von Voruntersuchungenbekannt. Im Rachenabstrich konnten keine Streptokok-ken der Gruppe A (GAS) nachgewiesen werden. Der Mononukleose-Schnelltest war negativ.

Im Blutbild fand sich eine Leukozytose von 17.500/µl(82% Neutrophile, 11% Monozyten, 6% Lymphozyten)bei normaler Thrombozytenzahl (252.000/µl). Die Wertefür die Serumenzyme GGT, SGPT und LDH lagen imNormbereich. Bei der erweiterten serologischen EBV-Di-agnostik betrugen die EBV-Early Antigen-AK <1 (IgG)R.U./ml, EBV-EBNA1-AK (IgG) >100 R.U./ml, EBV-VCA-AK (IgG) >100 R.U./ml und die EBV-VCA-AK(IgM) <0,9 R.U./ml.

Der erste Versuch, einen Erreger mit der PCR nach -zuweisen, scheiterte. In der Kultur konnten nicht weiterdifferenzierbare Anaerobier nachgewiesen werden. Dieklinische Symptomatik besserte sich unter der Gabe von 4-mal 250 mg Cefuroxim über 8 Tage, sodass die Patien-tin die Therapie beendete.

Nach weiteren 7 Tagen trat ein Rezidiv mit der glei-chen Symptomatik auf, sodass die Behandlung zunächstmit einer einmaligen Gabe von 1,0 g Rocephin i.v. undanschließender oraler Gabe von 4 mal 250 mg Cefuroximwieder aufgenommen wurde. Im anlässlich des Rezidivserneut durchgeführten Abstrich konnte eine niedrigeEBV-DNA Konzentration [10.000 Genomäquivalente]

wie bei einer Reaktivierung nachgewiesen werden, fürdas FN eine hohe DNA-Konzentration von 500.000 Ge-nomäquivalenten als Zeichen für eine akute Infektion ge-funden werden.

Im Rahmen der durchgeführten respiratorischenMultiplex PCR (Adenovirus, Boca-Virus, Chlamydo-phila pneumoniae, Coronaviren, Influenza A und B, Le-gionella pneumophila, humane Metapneumoviren, My-coplasma pneumoniae, Parainfluenza Typ 1/2/3, Rhino-viren, RS-Viren, Streptococcus pneumoniae, Haemophi-lus influenzae, Moraxella catarrhalis) wurde auch nachmöglichen anderen verursachenden Erregern für denAtemwegsinfekt gesucht. Eine Infektion mit diesen Erre-gern konnte ausgeschlossen werden. In der ebenfalls imRahmen des Rezidivs angelegten Kultur fanden sich er-neut anaerobe Erreger, die sich einer eindeutigen Diffe-renzierung entzogen. Die kulturelle Anzucht von FN istimmer noch ein generelles Problem, da mit den kommer-ziellen Testsystemen zur biochemischen Differenzierungvon Anaerobiern eine Differenzierung selbst auf Genus-level schwierig ist und eine falsche Typisierung als Bacte-roides spp. häufig vorkommt. Damit wird ein kulturellerNachweis von Fusobacterium necrophorum im Routine-Betrieb erschwert.

Unter der erneuten antibiotischen Therapie mit Cefu-roxim und Metronidazol bildeten sich die klinischenSymptome der FN-Infektion vollständig und anhaltendzurück.

Diskussion

Die meisten bakteriellen Tonsillitiden und Pharyngi-tiden werden durch ß-hämolysierende Streptokokkender Gruppe A (GAS) verursacht [3]. Deshalb konzentrie-ren sich auch die Leitlinien zur Behandlung der Pharyn-gitis überwiegend auf den Nachweis oder Ausschluss ei-ner GAS-Pharyngitis [4]. Die GAS-Pharyngitis tritt miteinem Anteil von 15–20% an allen Pharyngitiden beiKindern und Jugendlichen zwischen 5 und 15 Jahren auf

Fortbildung

KINDER- UND JUGENDARZT 42. Jg. (2011) Nr. 3

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Der besondere Fall .Die Fusobacterium necrophorum-Tonsillitis in der Praxis

Dr. Jürgen Hower

Prof. Dr. med. Heinz-Hubert Feucht

Bei der Diagnostik der Tonsillitiden und Pharyngitiden im Adoleszenten- und jungen Erwachsenenalter

wird ein häufig vorkommender anaerober Erreger des Nasen-Rachenraumes, das Fusobacterium ne-

crophorum (FN), meist nicht erfasst. Das FN ist seit Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts als Erreger le-

bensbedrohlicher menschlicher Erkrankungen bekannt [1]. Die vorliegenden epidemiologischen Daten

und das mit der Erkrankung einhergehende Risiko einer schwer verlaufenden Infektion lassen eine Di-

agnostik nicht nur in der Klinik, sondern auch in der Praxis notwendig erscheinen. Zumindest sollte bei

der Pharyngitis-Diagnostik nach Ausschluss einer Gruppe A-Streptokokkeninfektion an die Möglichkeit

einer FN-Infektion gedacht werden. Damit können die Betroffenen vor einem möglichen Schaden be-

wahrt werden, wie der folgende Fallbericht zeigt [2].

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[5, 6]. Sie findet sich weniger häufig bei Kindern <3 Jah-ren und bei Erwachsenen. Die Bedeutung von GAS-In-fektionen liegt nicht nur in der Häufigkeit ihres Auftre-tens begründet, sondern auch in den damit eventuell ver-bundenen Folgen, vor allem dem rheumatischem Fieberund der Glomerulonephritis.

Die FN-Infektion, auch als Lemierre- oder bei un-vollständiger Ausprägung als Lemierre-like Syndrombezeichnet, galt lange als „vergessene Krankheit“ unddürfte auch heute nur einen geringen Bekanntheitsgradbesitzen und damit entsprechend selten diagnostiziertwerden. Berichte über FN-Infektionen haben in der letz-ten Zeit jedoch zugenommen. Ob dies an einem wach-senden Bekanntheitsgrad, an einer verbesserten Diag-nostik, an einer Resistenzentwicklung oder einer zuneh-menden Zurückhaltung bei der Verordnung von Anti-biotika liegt, kann auf Grund der vorhandenen Datennoch nicht entschieden werden. Neuere epidemiologi-sche Studien zeigen aber, dass FN-Tonsillitiden und-Pharyngitiden im Adoleszenten- und jungen Erwach-senenalter mit ungefähr 10% aller Pharyngitiden etwaebenso häufig vorkommen wie GAS-Infektionen [2, 7].Dieser gram-negative, obligat anaerobe Erreger führt inetwa 1 von 400 Fällen einer FN-Pharyngitis zu Septikä-mien und lebensbedrohlichen, eitrigen Komplikationen.Dieser schwere Infektionsverlauf wird in der Literatur alsLemierre-Syndrom oder als Nekrobazillose bezeichnet[8]. Das Lemierre-Syndrom übersteigt damit das Ri-siko des akuten rheumatischen Fiebers im Rahmen ei-ner GAS-Erkrankung. Deshalb plädiert Centor in eineraktuellen, in den Annals of Internal Medicine unter derRubrik „Perspectives“ erschienenen Studie für eine Er-gänzung des „Pharyngitis-Paradigmas“ bei Adoleszentenund jungen Erwachsenen [8]. Bei dieser Patientengruppesollte bei einer Tonsillitis und Pharyngitis nicht nur GASsondern auch FN ausgeschlossen werden.

Wenn die übliche Tonsillitis oder Pharyngitis bei ei-nem Heranwachsenden sich unter Antibiotika nicht in-nerhalb von ein bis zwei Tagen bessert sondern sich dasklinische Bild weiter verschlechtert, spätestens dannsollte differentialdiagnostisch an eine FN-Infektion ge-dacht und eine weitere Diagnostik durchgeführt werden.Es stellt sich die Frage, warum bei der Prävalenz der Er-reger das Lemierre-Syndrom nicht häufiger beobachtetwird. Dies mag, obwohl nicht bewiesen, an der häufig inUnkenntnis des Erregers eingeleiteten antibiotischenTherapie liegen. Die frühe Diagnose und Behandlung deranaeroben Pharyngitis scheint zur Vermeidung eines Le-mierre-Syndroms entscheidend zu sein [9]. In einer sichüber sechs Monate erstreckenden britischen Studiekonnten GAS bei 13,5% aller Abstriche, mit Spitzen von23% bei den 0–10- und den 26–35-jährigen nachgewie-sen werden. Am häufigsten wurden FN-Isolate mit 9,48%(44/464) in der Altersgruppe der 11–25-jährigen nachge-wiesen [10]. Damit ist FN der zweithäufigste im Ra-chenraum vorkommende Erreger.

Auch an eine mögliche Mensch-zu-Mensch-Übertra-gung des Erregers sollte gedacht werden, wie Bonhoefferet al. erstmals beobachten konnten [11]. In der Kinder-

klinik Basel hat sich die behandelnde Ärztin bei einem15-jährigen Mädchen mit einem Lemierre-Syndrom in-fiziert.

Der geschilderte Erkrankungsverlauf unserer Patien-tin ist insofern von besonderem Interesse, als es im Rah-men einer durch die positive EBV-PCR bestätigten Reak-tivierung zur FN-Infektion gekommen war. In der Lite-ratur wird über einzelne Fälle von EBV-Erkrankungen,aber auch von anderen Erkrankungen mit assoziierterFN-Infektion berichtet [12]. Warum die Erreger plötz-lich in die Mukosa des Pharynx eindringen ist unklar. Eswird auf Grund tierexperimenteller Befunde vermutet,dass hierzu ein sich synergistisch auswirkender zweiterInfekt erforderlich ist [13]. Über eine FN-Infektion beieiner EBV-Reaktivierung liegen nach meinen Recher-chen bisher zumindest keine publizierten Beobachtun-gen vor. Der Krankheitsverlauf unserer Patientin war ver-gleichsweise mild, wenn es auch zu einem Rückfall kam.Dies mag am frühen Beginn der antibiotischen Therapie,vielleicht aber auch an der milden EBV-Reaktivierunggelegen haben [14]. Chacko et al. berichten in einer Fall-serie von Lemierre- und Lemierre-like Syndromen überPatienten mit einer akuten EBV-Infektion, wobei Patien-ten mit einem schwereren EBV-Verlauf auch einenschwereren Krankheitsverlauf bei der FN-Infektion zeig-ten.

Die aktuellen publizierten und eigenen Daten spre-chen für eine Ergänzung der Pharyngitis-Diagnostikbei Adoleszenten und jungen Erwachsenen um die Be-stimmung von FN. Halsschmerzen, die oft ehr als eineBefindlichkeitsstörung betrachtet werden, können derAusgang für ein lebensbedrohendes Lemierre-Syndromwerden [15]. Mit der Suche nach FN-Erregern wird diePharyngitis-Diagnostik jedoch auch komplizierter. Wiedie eigenen Bemühungen zeigen, war nicht die zweima-lige Kultur, sondern allein die PCR beim zweiten Abstrichzielführend für die Diagnostik. Eine Anaerobier-Kulturwird von den meisten Labors nur auf spezielle Nachfragedurchgeführt und scheint auch dann oft nicht erfolgreichzu sein. Nur mit Hilfe der PCR konnte in unserem Fallder Erreger identifiziert werden.

Die frühe Diagnose und Therapie einer FN-Infektionkann wahrscheinlich ein Lemierre-Syndrom verhindern.Die Infektion mit FN führt erst zu einer Tonsillitis, kannunbehandelt aber innerhalb von 4–8 Tagen, maximal vonzwei Wochen, zu einem peritonsillären Abszess mit an-schließender Thrombophlebitis der Vena jugularis undeiner Septikämie führen [1, 16]. Eine verzögerte Einlei-tung der antibiotischen Therapie beeinflusst den Krank-heitsverlauf negativ [9]. Gehrt et al. empfehlen daher,dass alle Patienten mit Strep A-negativen Abstrichen beiVerdacht einer bakteriellen Tonsillitis und bei Patientenim Alter zwischen 10 und 40 Jahren auf FN getestet wer-den [17].

Schwer zu behandelnde, oft im Rahmen einer in-fektiösen Mononukleose auftretende Strep A-negativeTonsillitiden, die sich auch unter hohen Antibiotikaga-ben nur langsam bessern, kommen in der täglichen Pra-xis immer wieder vor. Bei einem solchen Krankheitsbild

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besteht dann ein dringender Verdacht auf eine FN-Infek-tion. Rechtzeitige Gaben eines ß-Laktamase stabilenAntibiotikums, unter Umständen in Kombination mitMetronidazol, vermeiden, rechtzeitig verabreicht, ei-nen schweren Krankheitsverlauf. FN ist gegenüber Chi-nolonen, Gentamycin und Makrolide resistent, Tetracy-kline sind wenig wirksam [1]. Die Dauer der Therapie istentsprechend den unterschiedlichen klinischen Verläu-fen variabel und bewegt sich in der Literatur-Analyse vonArmstrong et al. bei den veröffentlichten Fällen zwischen9 und 84 Tagen [18]. Eine Therapie unter zwei Wochenscheint, wie auch die Erfahrungen mit unserer Patientinzeigen, unvernünftig zu sein.

Schlussfolgerungen

Der entzündete und wiederholt entzündete Pharynxkann Ausgangspunkt für eine lebensbedrohende Infek-tion sein. Bei schwer therapierbaren Tonsillitiden solltein der Praxis vor allem im Adoleszentenalter an eine FN-Infektion und die damit verbundenen möglichen undschweren Folgen (Lemierre-Syndrom) gedacht werden.Nach der GAS-Pharyngitis ist die FN-Pharyngitis die

zweithäufigste Ursache für eine Halsentzündung vor al-lem bei Jugendlichen. Die Diagnose kann in geeignetenLaboratorien durch einen Rachenabstrich auf Anaero-bier und wahrscheinlich noch besser und schneller durcheine PCR gesichert werden. Die schnelle Einleitung einerwirksamen antibiotischen Therapie kann lebensrettendsein.

Literatur bei den Verfassern.

Interessenkonflikt: Die Autoren erklären, dass kein Interessen -konflikt vorliegt.

Dr. Jürgen HowerKinderarztMellinghofer Str. 25645475 Mülheim an der RuhrEmail: [email protected]

Prof. Dr. med. Heinz-Hubert FeuchtFacharzt für Mikrobiologie, Virologie undInfektionsepidemiologieAescuLabor HamburgHaferweg 3622769 HamburgEmail: [email protected] Red.: Christen

Fortbildung

KINDER- UND JUGENDARZT 42. Jg. (2011) Nr. 3

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Zeitschrift des Berufsverbandes der Kinder- und Ju-gendärzte e.V.Begründet als „der kinderarzt“ von Prof. Dr. Dr. h.c.Theodor Hellbrügge (Schrift leiter 1970 – 1992).

Herausgeber: Berufsverband der Kinder- und Ju-gendärzte e.V. in Zusammenarbeit mit weiteren pä-diatrischen Verbänden.

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IMPRESSUM

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KINDER- UND JUGENDARZT 42. Jg. (2011) Nr. 3

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Frage: Bei einem jetzt eine Woche alten Neugeborenenwurden folgende Diagnosen gestellt: Situs inversus abdo-minalis, angeborene Asplenie, ASD II.

Welche Impfungen sollten bei diesem Säugling durch-geführt werden und nach welchem Impfschemata:

� Rotavirusimpfung?

� Meningokokken-Impfung, laut DGPI-Handbuch 3 xim 1. Lebensjahr?

� Pneumokokken- und Sechsfach-Impfung, laut STIKO?

� Chemoprophylaxe mit Cefuroxim (wie seitens derUniklinik empfohlen) oder Penicillin?

� „Prophylaktische antimykotische Therapie mit Mo-runal“ (seitens der Uniklinik empfohlen) notwendig?

Antwort: Die Frage nach den empfohlenen Impfungenist vergleichsweise einfach zu beantworten:

a) Die Sechsfach-Impfung (einschl. Hib) und die Pneu-mokokken-Impfung sollten entsprechend den übli-chen STIKO-Empfehlung frühestmöglich im erstenLebensjahr begonnen und zeitgerecht fortgeführt undabgeschlossen werden.

b) Eine Meningokokken-Impfung im ersten Lebensjahrist sinnvoll; der Meningokokken-Konjugatimpfstoffmuss hierfür im ersten Lebensjahr dreimal gegebenwerden mit einem weiteren Booster im zweiten Le-bensjahr; hierbei handelt es sich um eine Indikations-Impfung außerhalb des regulären Impfplans.

c) Die Indikation für eine Rotavirus-Impfung (respek-tive das Risiko einer Rotavirus-Gastroenteritis) gehtbei Patienten mit Asplenie nicht über die bei anderenSäuglingen hinaus. Sie bleibt eine individuelle Ent-scheidung.

d) Eine Influenza-Impfung ist dagegen ab dem Alter vonsechs Lebensmonaten in jedem Fall zu empfehlen, daInfluenzavirusinfektionen die Anfälligkeit für inva-sive Pneumokokken- und Meningokokken-Infektio-nen relevant erhöhen; auch hierbei handelt es sich umeine Indikations-Impfung.

Zur Frage nach der empfohlenen Chemoprophylaxe:

Hier wird das Eis deutlich dünner, was den Evidenz-grad der Empfehlungen angeht. Dennoch wird in den

meisten Quellen die Prophlyaxe mit Penicillin 2 x200.000 IE täglich bis einschließlich fünftes Lebensjahrempfohlen. Für ältere Kinder und Erwachsene gibt eskeine Evidenz für einen protektiven Effekt der Prophy-laxe.

Die Prophylaxe mit Cefuroxim wird nicht empfohlen.Alternativ zu Penicillin kann man in den ersten beidenLebensjahren auch Amoxicillin (2 x 125 mg tägl.) einset-zen. Die Rationale für die Wahl von Amoxicillin in denersten beiden Lebensjahren ist u. a. die Wirksamkeit auchgegen Haemophilus influenzae. Studien zur Überlegen-heit gegenüber Penicillin gibt es allerdings nicht.

Je enger das Spektrum des zur Prophylaxe eingesetz-ten Antibiotikums, desto geringer die Notwendigkeit füreine antimykotische Prophylaxe mit Moronal. Bei derGabe von Penicillin ist eine Prophylaxe a priori nicht zuempfehlen.

Mindestens so wichtig wie die Impfungen und sicher-lich wichtiger als die Antibiotika-Prophylaxe selbst ist dieintensive Aufklärung der Eltern bzw. Patienten mit As-plenie über das Risiko für invasive bakterielle Infektio-nen, die Aushändigung eines Notfall-Ausweises und dieKenntnis bzw. das Bewusstsein bei allen mitbehandeln-den Ärzten über die Grenzen von Impfschutz und Anti-biotika-Prophylaxe sowie über das lebenslang anhal-tende erhöhte Risiko; jede fieberhafte Erkrankung ist alsmöglicher Hinweis auf eine fulminante Sepsis (OPSI)anzusehen. Bei Anzeichen einer möglichen bakteriellenInfektion wie plötzliches hohes Fieber und Abgeschla-genheit sollte umgehend (innerhalb von Stunden), ggf.bereits vor der Krankenhauseinweisung, mit einem ge-eigneten Antibiotikum die empirische Therapie begon-nen werden.

Hilfreiche Informationen einschließlich eines Asple-nie-Passes für Patienten finden sich auch im Internet un-ter: http://asplenie-net.org

Prof. Dr. med. Reinhard BernerUniversitätsklinikum FreiburgZentrum für Kinder- und JugendmedizinMathildenstr. 1, 79106 Freiburg

Impfungen bei einem Neugeborenen mitSitus inversus abdominalis und Asplenie

Prof. Dr. med. Reinhard Berner

CONSILIUMINFECTIORUM

Das „CONSILIUM INFECTIORUM“ ist ein Service im „KINDER- UND JUGENDARZT“, unterstützt vonINFECTO PHARM. Kinder- und Jugendärzte sind eingeladen, Fragen aus allen Gebieten der Infektiologie an die Firma InfectoPharm, z. Hd. Herrn Dr. Andreas Rauschenbach, Von-Humboldt-Str. 1, 64646 Heppenheim, zu richten. AlleAnfragen werden von namhaften Experten beantwortet. Für die Auswahl von Fragen zur Publikation sind die Schrift-leiter Prof. Dr. Hans-Jürgen Christen, Hannover, und Prof. Dr. Frank Riedel, Hamburg, redaktionell verantwortlich.Alle Fragen, auch die hier nicht veröffentlichten, werden umgehend per Post beantwortet. Die Anonymität des Fragersbleibt gegenüber dem zugezogenen Experten und bei einer Veröffentlichung gewahrt.

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KINDER- UND JUGENDARZT 42. Jg. (2011) Nr. 3

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„Impfforum“von Prof.Dr. UlrichHeininger,KiJuA (2010)Heft 10, Seite655

Rechtzeitig vor Saisonbeginn er-klärte Prof. Heininger überzeugendin der Oktober-Ausgabe des Kinder-und Jugendarztes, warum das in derSchweiz empfohlenen FSME-Boos-terintervall von 10 Jahren besser be-gründet sei als die in Deutschlandempfohlenen Intervalle von 3 bzw. 5Jahren. Ähnlich widersprüchlicheUnterschiede zwischen Länderemp-fehlungen bestehen für den Altersbe-ginn: in der Schweiz 6 Jahre, inDeutschland 3 Jahre und in Öster-reich 1 Jahr. Unterschiedlich wirdauch die Expositionszeit für dieImpfempfehlung bewertet: In Däne-mark sind „einige Wochen“ in derRegel keine Impfindikation, in deransonsten streng einschränkend ge-meinten STIKO- Empfehlung (2) ge-nügt „vorübergehend“.

Die Kommission für Infektions-krankheiten und Impffragen derDAKJ kommentiert die Sachlage wiefolgt: „Angesichts der Seltenheit derFSME, des milden Verlaufes der Er-krankung im Kindes- und Jugendalter….. bleibt die Empfehlung der Imp-fung eine auf den speziellen Fall be-schränkte Maßnahme, die erst nachgenauer Analyse des konkreten Infek-tionsrisikos…durchgeführt wird“ (1).

Tatsächlich ist eine genaue Ana-lyse bei seltenen Erkrankungenzwingend, weil die Impfnebenwir-kungen ein größeres Gewicht be-kommen. Hierzu ein Beispiel:

Das Leser-Forum

Die Redaktion des Kinder- und Jugendarztes freut sich über jeden Leserbrief. Wir müssen allerdings aus den Zuschriften auswählen und uns Kürzungen vorbehalten. – Leserbriefe geben die Meinung des Autors / der Autorin, nicht der Redaktion wieder.E-Mails oder Briefe richten Sie bitte an die Redakteure (Adressen siehe Impressum).

Eltern kommen mit ihrem 12-jähri-gen Jungen in die Praxis, weil er überPfingsten für 10 Tage an einer Klas-senfahrt – verbunden mit einerWaldwanderung – in die Schweiz teil-nehmen soll und der Zielort in einemFSME Endemiegebiet liegt. Bei derRisikoabschätzung ist von einer all-gemeinen Inzidenz von (hoch ange-setzt) 12 Erkrankungen pro 100.000 /Jahr in der Schweiz auszugehen, beiKindern erkrankt jeder Vierte schwe-rer ohne Dauerschaden, entspre-chend 3/100.000 pro Jahr. Die Expo-sitionszeit ist in dem Beispiel nur 10statt 200 Tage (1/20), somit die Inzi-denz einer schwereren Erkrankung0,15/100.000/10 Tage (1/650.000 ).

Um ein Kind zu schützen, ist es so-mit notwendig 650.000 Kinder zuimpfen (~ 2 Mio. Injektionen). Hier-bei sind auch die Impfzwischenfälleund -nebenwirkungen wie Anaphy-laxie, neurologische Komplikatio-nen, Abszesse, Granulome etc. zu be-rücksichtigen.

Aus meiner Sicht der Praxis sindfür die Impfungen (20 min. pro Imp-fung) 10 Jahre ärztliche Tätigkeit zuveranschlagen, aus der Sicht der Fa-milien 2 Mio. zusätzliche Arztbesu-che, 300.000 Personen erleiden eineVeränderung des Allgemeinbefin-dens, 30.000 gehen damit zum Arztund riskieren Verdienstausfall.

Mein Fazit: Kinder sollten vor ei-ner Reise in ein FSME-Endemiege-biet mit möglicher Zeckexpositionnicht geimpft werden. Der zugefügteSchaden ist größer als der erreichteSchutz.

Literatur:1) Monatsschrift Kinderheilkunde, Januar

20042) Epidemiologisches Bulletin 3. Mai 2010 /

Nr. 17 Seite 152

Dr. Hartmut MorgenrothAm Ringofen 14, 40885 RatingenE-Mail: [email protected]

Kommentar von Prof. Dr. Ulrich Heininger zum Leser-brief von Herrn Dr. med.Hartmut Morgenroth

Herr Kollege Morgenroth vertrittin seinen Ausführungen die Auffas-sung, „Kinder sollten vor einer Reisein ein FSME-Endemiegebiet mitmöglicher Zeck(en)exposition nichtgeimpft werden. Der zugefügte Scha-den ist größer als der erreichteSchutz.“

Diese Meinung widerspricht derIntention meines Beitrags, in demich konträr zur Ansicht von HerrnMorgenroth explizit darauf hinge-wiesen habe, die kalte Jahreszeit (vorBeginn der alljährlichen Zeckenex-position im Frühjar, Sommer undHerbst) sei „eine günstige Zeit fürden Beginn einer Grundimmunisie-rung (Dosis 1 und 2) gegen FSME beigegebener Indikation“.

Auch zitiert Herr Morgenroth dieStellungnahme der „Kommission fürInfektionskrankheiten und Impffra-gen der DAKJ“ unvollständig unddurch Auslassen eines bedeutsamenTextteils leider auch sinnentstellend.Der komplette Text der zitierten Pas-sage unserer damaligen und auchheute noch gültigen Stellungnahmelautet (1):

„Angesichts der Seltenheit derFSME, des milden Verlaufes der Er-krankung im Kindes- und Jugendal-ter mit seltenen schweren Verläufenund in neuerer Literatur fast fehlen-den bleibenden Schäden sollten dieImpfempfehlungen der STIKO kor-rekt angewandt werden. Es gibt zurZeit keine Grundlage für eine gene-relle Einführung der Impfung, auchnicht in einzelnen Bundesländern.Vielmehr bleibt die Empfehlung derImpfung eine auf den speziellen Fallbeschränkte Maßnahme, die erstnach genauer Analyse des konkreten

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Infektionsrisikos und individuellerEntscheidung durchgeführt wird.“

Wir haben also nicht von derFSME-Impfung abgeraten, sondernauf ihre Anwendung im Rahmen derempfohlenen Indikationen hinge-wiesen.

Ferner hielten wir fest: „WennReisen in Risikogebiete in Deutsch-land oder Europa geplant werden,sollte rechtzeitig die Impfberatungerfolgen, da für das Erreichen desImpfschutzes im Schnellimmunisie-rungsverfahren 3 Wochen benötigtwerden.“

Und dies ist der springendePunkt: es ist unsere ärztliche Auf-gabe, Eltern bzw. Patienten, welcheeinem FSME-Krankheitsrisiko un-terliegen (sei es durch vorüberge-henden oder dauerhaften Aufenthaltin einem definierten Risikogebiet)über die Möglichkeit der Impfprä-

vention aufzuklären. Bekannterma-ßen ist die Einschätzung von Krank-heitsrisiken sehr subjektiv und indi-viduell, wobei die Empfehlungdurch Kinderärztin/-arzt im Rah-men der Impfberatung bei Eltern ei-nen eminenten Stellenwert hat (2).Diesen Vertrauensbonus dürfen wirnicht dazu missbrauchen, persönli-che Ansichten über allgemein gel-tende Empfehlungen (hier: die derSTIKO) zu stellen (3). Da gut wirk-same und gut verträgliche FSME-Impfstoffe verfügbar sind (4), gibt esmeines Erachtens nach keinen ver-tretbaren Grund, potentiell expo-nierten Personen aktiv von der Imp-fung abzuraten.

Literatur

1. Deutsche Akademie für Kinderheilkundeund Jugendmedizin, Kommission für In-fektionskrankheiten und Impfungen

(Mitglieder: Bartmann P, Heininger U,Huppertz HI, Kinet M, Korenke G Ch,Schick KH): Stellungnahme zur Präven-tion von Infektionen mit dem durch Zecken übertragenen Frühsommer-Me-ningoenzephalitis (FSME) – Virus imKindes- und Jugendalter (revidierte Fas-sung). Kinder- und Jugendarzt 2004;35:482-484

2. Heininger U. An internet-based survey onparental attitudes towards immuniza-tion. Vaccine 2006;24: 6351-6355

3. Robert Koch-Institut. Impfempfehlun-gen der Ständigen Impfkommission amRobert Koch-Institut/Stand Juli 2010.Epidem Bull 2010; 31: 279-298

4. Schumacher Z, Bourquin C, Heininger U:Surveillance for adverse events followingimmunization (AEFI) in Switzerland –1991-2001. Vaccine 2010;28: 4059-4064

Prof. Dr. Ulrich HeiningerUniversitäts-Kinderspital beider Basel(UKBB) Basel/Schweiz

Red.: Riedel

Anamnese und Untersuchungs -befunde

Bei dem altersgerecht entwickelten 8-jährigen Jungen handelt es sich um daserste Kind gesunder Eltern, das bislangnicht ernsthaft erkrankt war. Seit einigenTagen bestand eine fieberhafte Infektionder oberen Luftwege mit Temperaturen bis39°C, die zunächst symptomatisch thera-piert wurde. Der Patient entfieberte nach3 Tagen. Am 4. Tag wurde der Junge wegenakut aufgetretener Schmerzen in der Wa-denmuskulatur beidseits mit Gehunfähig-keit und einer typischen Schonhaltung mitZehenspitzenstand und gebeugten Knie-gelenken erneut vorgestellt (Abb. 1). Es be-standen auch ein moderater Druck-schmerz bei Wadenkompression sowie einMuskeldehnungsschmerz. Als Nebenbe-fund war ein unproduktiver Husten auf-fällig. Der übrige pädiatrisch-internisti-

sche und neurologische Status war wie dasEKG unauffällig. Labordiagnostik: Leuko-penie mit 2900/µl (normal 4500–13000),Kreatinkinase 5684 U/l (normal <246),GOT 180 U/l (normal <50), CrP negativ,Influenza-A-PCR positiv (H1N1).

Wie lautet die Diagnose?

��Abb. 1: Typischer Zehenspitzen-stand mit gebeugten Knien bei

beidseitigem Wadenschmerz

Welche Diagnose wird gestellt?Christin Forner und Peter Müller

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Differenzialdiagnosen

Andere infektiöse Myositiden (u.a.durch Coxsackie-, ECHO-, EBV- und Ade-noviren) idiopathische Myositiden (Der-mato-, Poly- und Einschlusskörperchen-myositis), systemische Autoimmunger-krankungen (Kollagenosen und Vaskuliti-den), neurogene Myalgien (u.a. Guillain-Barré-Syndrom), Muskeldystrophien.

Diskussion und Verlauf

Bei einer Reihe von Virusinfektionenkann es intra- oder postinfektiös zu Herz-und Skelettmuskelentzündungen kom-men. Diese Myositiden entstehen zum ei-nen durch einen zytopathogenen Effektder Viren, zum anderen wird eine derzeitnoch unzureichend geklärte immunologi-sche Komponente diskutiert (1). Klassi-scherweise sind Jungen deutlich häufigerbetroffen als Mädchen. Der Altersmedianliegt bei 7 Jahren (mit einer Spannweitevon 1–16 Jahren). Prädilektionsstellen derErkrankung sind der M. gastrocnemiusund der M. soleus (2). Dies spiegelt sichneben einem oft beschriebenen Druck-

schmerz bei Wadenkompression in einemtypisch gestörten Gehmuster mit ausge-prägtem Zehenspitzengang wieder. Häufigwird bei Dorsalflexion des Fußes ein Wa-dendehnungsschmerz ausgelöst. Die Pa-tienten sind dabei neurologisch immerunauffällig. Laborchemisch fand sich in al-len bisher beschriebenen Fällen eine zu-meist exzessiv erhöhte Kreatinkinase. We-niger konstant zeigen sich erhöhte Kon-zentrationen für andere Muskelenzyme(GOT und LDH). Die Myositis wird oftvon einer Leukopenie begleitet. Der Erre-gernachweis gelingt mittels PCR-Nachweisaus Nasopharyngealsekret. Über endemi-sche Häufungen der Influenza-assoziertenMyositis wurde auch in Deutschland wie-derholt berichtet; zuletzt kam es in der In-fluenza-Saison 2007/2008 zu einem Aus-bruch (3). Am häufigsten ist die Assozia-tion mit Influenza B.

Prinzipiell ist bei dieser infektassoziier-ten, gutartigen und selbstlimitierendenMyositis keine spezielle Therapie notwen-dig. Eine körperliche Schonung und anal-getische Therapie kann unterstützend wir-

ken. Die Krankheitsdauer beträgt zwi-schen einer Woche und zehn Tagen. Wiebei unseren Patienten bilden sich die para-klinischen Veränderungen innerhalb we-niger Wochen komplett zurück.

Grundsätzlich sollte bei isoliert beste-henden Muskelschmerzen in den Unter-schenkeln im Zusammenhang mit einerAtemwegsinfektion an diese Erkrankunggedacht werden. Somit können invasiveUntersuchungen und nicht indizierte The-rapien vermieden werden.

Literatur:

1. Endmann M, Becker JC, Kunze D: Benigne Myo-sitis nach Influenzainfektion. Monatsschr Kin-derheilkd 157: 993-996 (2009)

2. Lundberg A: Myalgia cruris epidemica. Acta Pae-diatr 46:18-31 (1957)

3. Epidemiologisches Bulletin 2009; 7:61-65

Korrespondenz:

PD Dr. med. P. MüllerHELIOS Krankenhaus LeisnigColditzer Str. 4804703 Leisnig Red.: Höger

Fortbildung

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Diagnose: Influenza-assoziierte Myositis (Syn.: Myalgia cruris epidemica)

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Abstract

Ziel der Studie war es, festzustellen, ob Kinder mit persistieren-dem arteriellen Hypertonus ein erhöhtes Risiko für Lernschwie-rigkeiten in der Schule als Manifestation von neurokognitivenProblemen aufweisen.

201 Kinder zwischen 10 und 18 Jahren, die beim Arzt wegen ar-teriellem Hypertonus vorgestellt wurden, sind in die Studie einge-schlossen worden. Die Patienten wurden nach dem Kriterium: Arterieller Hypertonus Ja/Nein stratifiziert. Die Eltern gaben an,ob bei den Kindern eine durch die Schule bestätigte Lernschwächeoder ein Aufmerksamkeits-Defizit-Hyperaktivitätsyndrom(ADHS) vorlag.

Es wurden 101 Kinder ohne arteriellen Hypertonus und 100Kinder mit arteriellem Hypertonus evaluiert. 18% (n=37) derKinder wiesen eine Lernschwäche auf. Im Vergleich zu Kindernohne arteriellen Hypertonus, hatten Kinder mit arteriellem Hy-pertonus ein signifikant erhöhtes Risiko für eine Lernschwäche(18% vs. 9%, p<0.001), unabhängig von einer Comorbidität mitADHS. Nach Korrektur nach demografischen Variablen undÜbergewicht, war die oddsratio für das Risiko einer Lernschwächefür Kinder mit Hypertonus im Vergleich zu gesunden Kindern mit4.1 (95% Konfidenzintervall 1,8–9,4) erhöht.

Die Rate von Lernschwäche mit oder ohne Behandlung einesADHS war für Kinder mit arteriellem Hypertonus signifikant er-höht. Diese Daten erweitern die Evidenz für Beeinträchtigungender kognitiven Funktion durch einen arteriellen Hypertonus undkönnten Diagnose- und Behandlungsalgorithmen bei Kindernmit einem Risiko für Lernschwäche verändern.

Kommentar

Der arterielle Hypertonus ist eine bei Kindern unterdiagnosti-zierte und untertherapierte Erkrankung. Die Arbeit von Adams etal. zeigt nun, dass der arterielle Hypertonus nicht nur langfristigdas Risiko für kardiovaskuläre Morbidität und Mortalität sowiefür die Entwicklung einer chronischen Niereninsuffizienz erhöht,sondern schon im Kinderalter durch eine Beeinträchtigung ko-gnitiver Funktionen zu Lernschwäche führen kann. Die Erkennt-nisse dieser Studie sind einerseits ein Aufruf zur Blutdruckmes-sung und ggf. Therapie durch einen päd. Hypertensiologen beiKindern mit Lernschwäche. Andererseits sollten sie aber auchdazu führen, dass bei Kindern mit nachgewiesenem arteriellenHypertonus auch anamnestisch Lernschwierigkeiten erfragt wer-den und ggf. eine entsprechende psychologische Testung durch-geführt wird.

(Lars Pape, Hannover)

Learning and Attention ProblemsAmong Children with Pediatric Primary HypertensionAdams HR, Szilagyi PD, Gebhardt L, Lande MB, Pediatrics,126: e1425, Dezember 2010

Review aus englischsprachigen Zeitschriften

Defizite beim Lernen und der Aufmerksamkeit beiKindern mit primärem arteriellen Hypertonus

Paediatric homoeopathy in Germany:results of the German Health Inter-view and Examination Survey for Chil-dren and Adolescents (KiGGS)Du, Y. and H. Knopf, Pharmacoepidemiol Drug Saf, 18:370-390, Mai 2009

Homöopathie zur Behandlung von Kindern inDeutschland?

Alternative Behandlungsformen erfreuen sich weltweit zuneh-mender Beliebtheit [1]. Auch in Deutschland hat ein unerwarte-ter Aufschwung der Inanspruchnahme der Homöopathie gegenjede nachvollziehbare Evidenz stattgefunden [2, 3]. Genauere Da-ten über den Gebrauch homöopathischer Arzneimittel liegen fürDeutschland aber bisher nicht vor. Du und Knopf haben im Rah-men des deutschen Kindergesundheits-Surveys (KiGGS) unter-sucht, welche Bevölkerungsgruppen in welchem Ausmaß beson-ders geneigt sind, homöopathische Behandlungsverfahren bei ih-ren Kindern einzusetzen [4].

Methode: 17.450 Kinder und Jugendliche im Alter zwischen0–17 Jahren nahmen an der zwischen 2003–2006 durchgeführtenStudie teil. Mit Hilfe dieser Stichprobe wurden die Prävalenz unddie Faktoren, die zur Inanspruchnahme der Homöopathie eineWoche vor der Befragung und Untersuchung geführt hatten, er-mittelt.

Ergebnisse: Insgesamt nahmen 8.899 Kinder 14.589 Medika-mente ein, davon 718 (8,1%, 718/8899) Kinder 951 homöopathi-sche Präparate (6,5%, 951/14589). Die häufigsten verordnetenhomöopathischen Präparate waren: Arnika-Präparate mit 11,5%,Ferrum phosphoricum 4,5% und Schüssler-Salze mit 4,1%. Diehäufigsten Indikationen, die zur Verschreibung homöopathischerPräparate führten, waren Rhinopharyngitis (10,9%), Prävention(8,2%), Husten (7,0) und Zahnen (3,6%). Etwa die Hälfte der Kin-der hatten die Präparate von Ärzten (25,7%) oder Heilpraktikern(23,1%) verordnet bekommen. Von den 718 homöopathisch be-handelten Kindern erhielten 565 (78,7%) Kinder ausschließlichein homöopathisches Präparat, während 153 Kinder (21,3%) zwei

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oder mehr Präparate einnahmen. Homöopathische Arzneimittelwurden exklusiv von 297 Kindern eingenommen, während 421(58,6%) eine gleichzeitige konventionelle Therapie erhielten. Beider Einnahme homöopathischer Arzneimittel wurde eine Arznei-mittelnebenwirkung im Vergleich zu 88 Arzneimittelnebenwir-kungen bei konventioneller Therapie angegeben. Die gewichtetePrävalenz für die Einnahme homöopathischer Arzneimittel be-trug über alle Gruppen und Stichprobenräume gleich für Jungenund Mädchen im Alter zwischen 0–17 Jahren 4,6% (95 KI4,0–5,2).

Die Einnahme homöopathischer Medikamente war eng mitdem sozio-ökonomischen Status verbunden. Im einzelnen betrugdie Prävalenz bei den 0–6-jährigen 6,2% (Odds Ratio [OR] 2,2,95% KI 1,7–2,9), bei Kindern, die in West-Deutschland wohnten,5,1% (OR 2,2, 95% KI 1,5–3,2), bei Kindern in Süd-Deutschland6,6% (OR 1,7, 95% KI 1,3–2,4), bei Kindern mit gesundheitlichenProblemen 6,8% (OR 3,0, 95% KI 2,2–4,2), bei Kindern ohne Mi-grationshintergrund 5,3% (OR 3,7, 95% KI 2,2–6,1), bei Kindern,die mehr als sechs Monate gestillt wurden, 7,6% (OR 2,2, 95% KI1,6–2,9), bei Oberklassen-Kindern 7,4% (OR 1,8, 95% KI 1,1–2,8)und bei Kindern von Müttern mit Hochschulbildung 7,2% (OR1,6, 95% KI 1,2–2,2).

Schlussfolgerungen: Homöopathie in Deutschland ist in derKinderheilkunde weit verbreitet und scheint sich vor allem beiökonomisch besser gestellten und besser ausgebildeten Familiengroßer Beliebtheit zu erfreuen. Homöopathische Präparate wer-den nicht nur von Heilpraktikern, sondern auch von Ärzten ver-ordnet.

Kommentar

Es ist schon erstaunlich und kaum zu erklären, wie und warumder Zuspruch zur Homöopathie und anderen alternativen Be-handlungsverfahren in der Bevölkerung weltweit zugenommenhat [1]. Es ist auch rational nicht nachzuvollziehen, warum Elternmit ihren Kindern einen Heilpraktiker aufsuchen, den sie extrabezahlen müssen und an deren medizinischer Ausbildung für Er-wachsene, erst recht für Kinder, gezweifelt werden muss [2, 3, 5].Trotz vieler gesundheitspolitischer Bedenken, die das Kosten-Nutzen-Verhältnis, die Wirksamkeit und die Ausbildung der Heil-praktiker, insbesondere für Kinder, betreffen, sind Heilpraktikerund die Homöopathie in der Bevölkerung populär [6, 7]. Beson-ders bildungsnahe und ökonomisch besser gestellte Schichtenscheinen, anders als vielleicht erwartet, für homöopathische Ver-fahren “anfällig“ zu sein, wie die KiGGS-Studie zeigt und auch einUS-amerikanischer Survey von 1998 belegt [4, 8]. Homöopathi-sche Arzneimittel werden von den Eltern als „natürlich“, risiko-arm und deshalb für Kinder als besonders geeignet wahrgenom-men. Dies entspricht auch den Erfahrungen des kinderärztlichenAlltags. Viele Kinderärzte setzen in ihrer Praxis homöopathischeBehandlungsverfahren ein – vielleicht, um den Wünschen man-

cher Mütter entgegenzukommen, vielleicht aber auch, weil sie vonder Wirksamkeit der Homöopathie bei manchen Erkrankungenüberzeugt sind. Alle Bemühungen, einen nachvollziehbarenWirksamkeits-Nachweis zu erbringen, sind aber bisher aus wis-senschaftlicher Sicht gescheitert [2, 3]. Die Ergebnisse der durch-geführten randomisierten und kontrollierten Studien unterschei-den sich nicht signifikant vom Plazebo-Effekt. Was macht also dieHomöopathie für viele Bevölkerungsgruppen so attraktiv, magsich der von Bürokratie, Fortbildungsauflagen und Quality-Ma-nagement geplagte Mediziner fragen? Biologisch ist das Wirkprin-zip der Homöopathie nicht plausibel. Deshalb wird sie sich mög-licherweise auch auf Dauer dem intellektuellen Verständnis derwissenschaftlichen Medizin und dem heutzutage gefordertenWirknachweis in randomisierten, kontrollierten Studien entzie-hen. Vielleicht spricht die Homöopathie eine spirituell-religiöseDimension an, die das Bedürfnis vieler Menschen befriedigt, unddie sie in der eher vom Intellekt und weniger vom Gefühl gesteu-erten wissenschaftlichen Medizin vermissen. Spirituell-religiöseErlebnisse können aber nicht wissenschaftlich verifiziert, sondernnur erlebt werden. Das mag auch für die Homöopathie und an-dere alternative Heilverfahren gelten und ihre Attraktivität erklä-ren. Was spricht in der Praxis dagegen, ein meist preiswertes, ehernebenwirkungs- und risikofreies homöopathisches Medikamentzu verordnen, wenn dies gewünscht und nichts Wesentliches inder „evidenzbasierten“ Therapie unterlassen wird? Der Glaube andie Wirksamkeit des alternativen therapeutischen Verfahrens magzumindest gefühlt zur Genesung beitragen. Vielleicht bleibt man-chem Kind damit eine auch nicht notwendige, möglicherweisenebenwirkungsreichere allopathische Behandlung erspart. Ver-lassen wir damit den Pfad einer kritischen, auf Evidenz basieren-den Medizin und senken den medizinischen Standard? Wie dieStudie von Du und Knopf ausweist, werden homöopathische Prä-parate meist bei selbst-limitierenden Bagatellerkrankungen ein-gesetzt, die keiner konventionellen Therapie bedürfen. Immerhinerhalten 60% der mit homöopathischen Medikamenten behan-delten Kinder zusätzlich eine ärztlich verordnete konventionelleAdd-on-Pharmakotherapie, was hoffen lässt, dass zumindest beider Mehrzahl der kranken Kinder keine notwendige konventio-nelle Behandlung unterlassen wird [4]. Eltern, die mit ihrem Kindeinen Heilpraktiker aufsuchen, sind oft mit der konventionellenTherapie unzufrieden und legen besonderen Wert auf eine inten-sive und individuelle Zuwendung mit ausreichender Zeit für eineumfassende Beratung und Betreuung [9, 10]. Es mag klug sein, da-ran zu denken, dass die Berücksichtigung unterschiedlicher Pa-tienten-Bedürfnisse kein Primat der alternativen, sondern auchBestandteil der konventionellen Medizin ist, wenn sie verantwor-tungsvoll gelebt wird.

Literaturzitate über den Autor: [email protected]

(Jürgen Hower, Mülheim)

Betriebswirtschaftliche Beratungfür Mitglieder des Berufsverbandes der Kinder- und Jugendärzte

An jedem 1. Donnerstag im Monat von 17.00 bis 21.00 Uhr stehen Ihnen Herr Jürgen Stephan und seine Mitarbeiter von derSKP Unternehmensberatung unter der Servicerufnummer 0800 1011 495 zur Verfügung.

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Berufsfragen

KINDER- UND JUGENDARZT 42. Jg. (2011) Nr. 3

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Die ambulanten Kodierrichtlinien (AKR) sollen dieRegeln zur ICD-10-GM-Kodierung bundesweit verein-heitlichen und präzisieren. Die AKR regeln nur die Ko-dierung der Behandlungsdiagnosen im Zuge der Abrech-nung (ICD-10-GM Version 2011), der ICD10-GM wirddadurch nicht verändert.

Ziel ist nach Lesart der KBV, die ambulante Morbidi-tät besser abzubilden und damit mehr Geld von denKrankenkassen fordern zu können. Allerdings könnendie Krankenkassen bei nicht ausreichender Kodierungdas Honorar mindern. Auch ist es fraglich, ob sich mitdieser Form der Kodierung die Morbidität im kinder-ärztlichen Alltag wirklich abbilden lässt.

Nichtsdestotrotz ist die Kodierung nach den neuenRichtlinien seit dem 1.1.2011 bindend, eine Übergang-frist ist bis zum 31.12.2011 eingeräumt, dann wird„scharfgeschaltet“.

Der folgende Leitfaden soll eine Orientierung über dieAKR geben und bei der Kodierung Hilfestellung leisten.

Ambulante Kodierrichtlinien ab 1.1.2011Die Ambulanten Kodierrichtlinien bestehen aus ei-

nem allgemeinen Teil mit 11 Basisregeln (Kapitel A01 bisA11) und einem speziellen Teil B mit 61 speziellen Ko-dierrichtlinien in den Kapiteln B0100 –B2101 zu aus -gewählten komplexen Krankheitsbildern, z.B. B02402Diabetes mellitus, B0601 Epilepsie, B0606 Hemi-, Para-,Tetraparese und -plegie.

Allgemeine Grundsätze der AKR� Vorrang-Regel: Spezielle Kodierrichtlinien gelten vor

den Allgemeinen Kodierrichtlinien, die allgemeinenvor Regeln der ICD-10-GM.

� Die Kodierrichtlinien gelten für alle Leistungen zuLasten der GKV im ambulanten und belegärztlichenBereich.

� Der behandelnde Vertragsarzt ist für die sachge-rechte Kodierung verantwortlich, unabhängig davon,wer die Kodierung vornimmt.

� Nur behandlungsrelevante Diagnosen werden ko-diert, für die im aktuellen Quartal GKV-Leistungenabgerechnet wurden oder die im Zusammenhang miterbrachten Leistungen stehen, z.B. auch bei Beratun-gen, Überweisungen und Verordnungen.

Wer schlecht kodiert, verliert

Die Kodierung der Behandlungsdiagnosen mittels ICD-10 hat durch die Morbiditätsorientie-rung im Risikostrukturausgleich (RSA) und in der vertragsärztlichen Gesamtvergütung eineneue, weitreichende Bedeutung erhalten. Rund die Hälfte des Finanzvolumens im Gesund-heitsfond wird über Morbiditätsmerkmale verteilt. Außerdem werden künftig die regionalenAnteile an der Gesamtvergütung maßgeblich durch die räumliche Verteilung der Krankheits-last bestimmt. Die kodierten Behandlungsdiagnosen haben deshalb künftig eine erheblicheBedeutung auch bei der Abrechnung.

� Anamnestische Diagnosen ohne Leistungsbezugwerden nicht kodiert, sie dienen zur Dokumentation,aber nicht zur Abrechnung.

� Dauerdiagnosen werden nicht mehr automatisch insnächste Quartal übernommen. Eine Übernahme darfnur bei Leistungsbezug erfolgen, die Diagnosesicher-heit ist jeweils anzupassen.

� Die Anzahl von Behandlungsdiagnosen ist nicht be-grenzt, pro Behandlung muss mindestens eine ange-geben werden. Bei Mehrfachbehandlung derselbenErkrankung genügt die einmalige Angabe des ICD-Kodes. Erkrankt der Patient mehrfach an der gleichenErkrankung, dann sollte dies auch mehrfach kodiertwerden.

� Drei- bis vierstellige Kodes sind in der hausärztlichenVersorgung und im Notdienst ausreichend.

Zusatzkennzeichen für die Diagnose sicherheit (obli-gatorisch) G gesicherte Diagnose

Die Kennzeichnung G ist die Regel, besteht Zweifel, obVerdacht oder gesichert, wird eher mit „G“ kodiert.

V VerdachtsdiagnoseDie Behandlungsdiagnose ist weder gesichert nochausgeschlossen

A ausgeschlossene DiagnoseHat sich bei einer Behandlungsdiagnose der Verdachtnicht bestätigt, so gilt sie als ausgeschlossen –> Kodie-rung mit „A“.

Z Zustand (symptomlos) nach der betreffenden Diag-noseWenn die Behandlungsdiagnose nicht mehr besteht,aber eine Leistung, z.B. eine Beratung, verursacht, z.B.Zustand nach Krupp bei akutem Luftwegsinfekt, wirdsie mit „Z“ gekennzeichnet. Beispiel: Ein zweijähriges Mädchen wird mit einem

fieberhaften Infekt der oberen Luftwege beim Kinder-und Jugendarzt vorgestellt. Da im Rahmen eines vorher-gehenden Infektes eine obstruktive Laryngitis aufgetre-ten war, werden die Eltern ausführlich über Frühsymp-tome und das Verhalten im Falle eines erneuten Auftre-tens beraten:J06.9 G Infekt der oberen Luftwege, auch fieberhaftJ05.0 Z Akute obstruktive Laryngitis [Krupp]

Dr. EberhardLassen

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Berufsfragen

KINDER- UND JUGENDARZT 42. Jg. (2011) Nr. 3

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Folgezustände einer früheren Erkrankung sind meistals eigenständige Diagnosen im ICD-10 enthalten undwerden mit „G“ statt mit „Z = Zustand nach“ verschlüs-selt, z.B. E68 G Folgen der Überernährung

Zusatzkennzeichen für die Seitenlokalisation(optional):R rechtsL linksB beidseitig (bezieht sich auf paarige Organe und Kör-

perteile)

Mehrfachkodierung

Kreuz-Stern-System

Diese Kennzeichnungen unterliegen der Doppel-Klassi-fizierung† Kreuz-Kode verschlüsselt die Ätiologie (Primärkode)* Stern-Kode verschlüsselt die Manifestation (Sekun-

därkode)z.B. B26.1† Mumps-Meningitis und

G02.0* Meningitis bei anderortsklassifizierten Viruskrankheiten

Ausrufezeichen-Kodes:

! verschlüsseln Zusatzinformationen und dürfen nichtalleine stehenz.B. N39.0 Harnwegsinfektion und

B96.2! mit Erregernachweis E.ColiOb spezielle Kodiervorschriften bei einer Behand-

lungsdiagnose bestehen, wird in der Regel von der Pra-xissoftware angezeigt. Die AKR verlieren sich hier in Ein-zelheiten, die im pädiatrischen Alltag nur bei seltenen

oder sehr komplexen Krankheitsbildern zu beachtensind.

Grundsätzlich ist immer endständig zu verschlüsseln.Das können drei-, vier- oder fünfstellige Kodes sein.Nicht endständige Kodes sind mit „.-“ gekennzeichnetund zeigen, dass eine weitere Unterteilung folgt:

� Q05. – Spina bifida, MMC

� Q05.0 – zervikale MMC mit Hydrocephalus

� Q05.1 – thorakale MMC mit Hydrocephalus

� Q05.2 – lumbosakrale MMC mit Hydrocephalus

� Q05.4 – n.n.bez. Spina bifida mit Hydrocephalus

� Q05.6 – thorakale MMC ohne Hydrocephalus

� Q05.7 – lumbosakrale MMC ohne Hydrocephalus

� Q05.9 – Spina bifida, nicht näher bezeichnet

Es sollte, wenn möglich gezielt verschlüsselt werden,d.h. mit Angabe der Lokalisation oder des Organes. Nurin Ausnahmefällen, wenn nicht anders bekannt, sollte aufdie „.9“ = nicht näher bezeichnet, zurückgegriffen wer-den.

Spezielle Kodierrichtlinien müssen z.B. beim Diabe-tes mellitus beachtet werden. Hier muss zwingend biszur 5. Stelle kodiert werden. Die vierte Stelle beschreibtdie Komplikationen, die fünfte die Stoffwechsellage, obentgleist oder nicht entgleist (s. Abb. 1).

Behandlungsdiagnosen in besonderen Situationen

� Rezidive werden mit einem spezifischen Rezidivkodeoder wie die eigentliche Erkrankung verschlüsselt undnicht als „Zustand nach“; also als „Gesichert“.

� Übernahme von Diagnosen von mitbehandelndenÄrzten oder aus dem stationären Bereich nur, wenn siebehandlungsrelevant bzw. leistungsbezogen sind.

� Schweregrade einer Erkrankung sind zu kodieren.

� Verordnung ohne Arzt-Patient-Patient-Kontaktrechtfertigt dennoch die Angabe einer gesicherten Diagnose, zusätzliche Kodierung mit Z76.0.

Beispiel: Telefonische Rezept-Anforderung ohne AP-KontaktJ09.9 G fieberhafter InfektZ76.0 G Wiederholungsverordnung

Prophylaxe und Impfungen

Die Kinderfrüherkennunguntersuchungen U1-U11sind als gesicherte Behandlungsdiagnosen mit Z00.1G,die J1 und J2 mit Z00.3G zu verschlüsseln, auffällige Be-funde ebenfalls, z.B. Vorsorgeuntersuchung U8, Sigma-tismus

Z00.1 G Kindervorsorge

F80.8 G Sigmatismus interdentalis

Impfungen werden unter Z23 bis Z27 „Notwendig-keit der Impfung gegen .....“, verschlüsselt, wobei unter-schiedliche Kodes für die verschiedenen Impfungen ver-wendet werden (Abb. 2).

Abb. 1: Ein unkomplizierter Diabetes Typ 1 wird, wenn behand -lungs relevant, mit E10.90 G verschlüsselt

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Berufsfragen

KINDER- UND JUGENDARZT 42. Jg. (2011) Nr. 3

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Was passiert, wenn das Kodierprogrammfreigeschaltet wird:� Alle vorliegenden Dauerdiagnosen werden automa-

tisch in anamnestische Diagnosen umgewandelt. � Die Dauerdiagnosen müssen per Mausklick markiert

werden, damit sie als behandlungsrelevant in die Ab-rechnung übernommen werden. Es muss also ent-schieden werden, ob die Dauerdiagnose immer be-handlungsrelevant ist, oder ob sie nur im jetzigenQuartal abrechnungsrelevant ist und in Zukunft nuranamnestisch geführt werden soll. Ebenso kann dieDauerdiagnose als anamnestisch belassen werden.

� Das Freischalten hat keinerlei Auswirkung auf die Ab-rechnung! Die Überprüfung der Kodierung läuft imHintergrund und erzeugt zeitnah entsprechende Hin-weise oder Fehlermeldungen.

� Voraussichtlich ab dem 1. 1. 2012, nach Ende derÜbergangsfrist (wurde verlängert), wird das parallelmitlaufende KBV-Prüfmodul „scharf geschaltet“.

� Fehler beim Kodieren haben ab diesem ZeitpunktAuswirkung auf den Abrechnungsprozess, d.h. die an-gezeigten Fehler müssen zeitnah korrigiert werden,um eine Quartalsabrechnung nicht zu gefährden.

Weiterführende Hinweise finden sich im Internetunter:

ICD-10-GM-Version 2011 www.dimdi.de/KBV-ICD-Browser: www.icd.kbv.deAmbulante Kodierrichtlinien: www.kbv.de/kodieren/

Dr. Eberhard Lassen, LübeckMitglied im Honorarausschuss BVKJ Red.: ge

ICD-10-GM EBM 2009 Standardimpfungen für Kinder2011 GBA und Jugendliche (Auswahl) Punkte

regional unterschiedlich, hier Schleswig-Holstein

Z25.8 G 89102 FSME 90

Z24.6 G 89105 Hepatitis A 90

Z24.6 G 89106 Hepatitis B 130

Z25.8 G 89110 HPV 130

Z25.1 G 89111 Influenza ab 60 Jahren 150

Z25.1 G 89112 Influenza, sonstige Indikation 150

Z23.8 G 89114 Meningokokken C 130

Z23.8 G 89118 Pneumokokken-Konjugatimpfstoff 150

Z24.0 G 89121 Polio (IPV) 130

Z25.8 G Rotaviren Schluckimpfung

Z24.5 G 89809 Röteln Einzelimpfung 90

Z23.5 G 89124 Tetanus 90

Z24.2 G Tollwut postexpositionell

Z25.8 G 89125 Varizellen 150

Z27.8 G 89201 Td 150

Z27.1 G 89303 TdaP 90

Z27.3 G 89400 TdaP-IPV 220

Z27.4 G 89301 MMR 200

Z27.8 G 89401 MMR-V 220

Z27.8 G 89500 Impfung 5fach DTaP-Hib-IPV Penta 150

Z27.8 G 89600 Impfung 6fach DTaP-Hib-IPV-HB Hexa 370

Z29.1 G Immunprophylaxe bei Simultanimpfung(Tetanus, Tollwut, Hepatitis B)

Z28 G Impfberatung ohne Impfung (Glaubens-gründe, Gruppendruck, alternative Meinung,Kontraindikation) G wegen Beratung!

Abb. 2

Eine Auswahl der wichtigsten pädiatrischen ICD-10Diagnosen erscheint als Beilage in einer Teilauflageder Märzausgabe des Kinder- und Jugendarztes und

ist über die Geschäftsstelle des BVKJ erhältlich.

Der Länderrat des BVKJ hat sich am06. 02. 2011 in Fulda anlässlich seiner Jah-resversammlung mit dem Zwang zur Di-agnosekodierung für niedergelassene Ärz-tinnen und Ärzte beschäftigt. Grundsätz-lich hält der Länderrat die präzise und ver-einheitlichte Kodierung für notwendig.Bessere Kodierung ist ein weiterer Schrittauf dem Weg zum Ziel „gleiches Geld fürgleiche Leistung“; sie ist erforderlich für

die dringend notwendige Darstellung vonMorbidität im Kindes- und Jugendalterund als Basis für die ambulante pädiatri-sche Versorgungsforschung. Der Länder-rat kritisiert jedoch, dass die AKR für Poli-tik und Krankenkassen lediglich ein weite-res Instrument zur Verteilung des für dieambulante Versorgung nicht ausreichen-den Geldes ist. Und er kritisiert, dass das alsGrundlage für die Codierung eingesetzte

Instrument – der ICD-10 GM – unvoll-kommen, wenn nicht in vielen Fällen un-geeignet für die Pädiatrie ist. Zum letztenPunkt fordert der Länderrat alle Mitglie-der des BVKJ auf, Vorschläge für die An-passung und für den kreativen Umgangmit dem ICD-10 GM zu erarbeiten.

Dehtleff BanthienVorsitzender des BVKJ-Länderrats

Resolution des Länderrats zu den AKR

Resolution:Der Länderrat des BVKJ teilt die Sorge der niedergelassenen Kinder- und Jugendärzte, dass die gesetzlich geforderte Umsetzung der AKRzu einem unzumutbaren bürokratischen Aufwand in den Praxen führen wird. Der Länderrat unterstützt die Position des Vorstandes des BVKJ: Die Kodierung der Behandlungsdiagnosen und Vorstellungsanlässe mussunkompliziert ohne weiteren Verwaltungsaufwand unseren Leistungsbedarf abbilden. Das Versprechen, das Morbiditätsrisiko grundsätz-lich auf die Kassen zu übertragen, muss endlich umgesetzt werden.Sollte sich innerhalb der Erprobungsphase herausstellen, dass die Anpassung der ICD 10 GM an die pädiatrischen Belange nicht zufrieden-stellend umgesetzt wird, werden wir uns in den Gremien der Selbstverwaltung gegen eine Scharfschaltung der AKR wehren.

Red

.: ge

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Auch im Jahr 2010 gab es einen Anstiegder Mitgliedschaft im BVKJ um 670 neueÄrztinnen und Ärzte. Dabei betrug der Zu-gang bei den Ärzten 170 während sich dieZahl der Ärztinnen um 500 Kolleginnenerhöhte. Inzwischen sind 56 Prozent allerMitglieder des BVKJ weiblich.

Besonders hoch war wieder der Anstiegbei den in den Kliniken angestellten Assis-tentinnen in Weiterbildung; hier hat derTrend zur Teilzeitbeschäftigung zugenom-men.

Die Einzelkämpfer in den Einzelpraxensind langsam eine Minderheit im BVKJ.Inzwischen gibt es fast so viele Ärzte, die inPraxisgemeinschaften, Gemeinschaftspra-xen oder MVZ arbeiten: 2498 zu 2379, einPlus von 62 gegenüber 2009.

Der Trend zur Spezialisierung über Zu-satzweiterbildungen, Schwerpunkte aberauch Zusatzbezeichnungen hält an, Spit-zenreiter sind weiterhin die Neonatologen(652 +24).

Bedauerlich ist die Abnahme der zurWeiterbildung zugelassenen Kolleginnenund Kollegen. Leider wird so der nach -rückenden Generation die Möglichkeit ge-nommen, über die klinische Pädiatrie hi-naus auch die Praxispädiatrie zu erlernen.Die neue Gesellschaft für Ambulante All-gemeine Pädiatrie (DGAAP) sollte hiereine gezielte Kampagne starten. Nur sokann man dem von Allgemeinärzten im-mer wieder erhobenen Vorwurf begegnen,dass Pädiater in ihrer Facharztausbildung(im Gegensatz zu den Allgemeinmedizi-nern) ungenügend auf die Praxis vorberei-tet werden.

Wolfgang Gempp

Berufsfragen

KINDER- UND JUGENDARZT 42. Jg. (2011) Nr. 3

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Zahl der Assistentinnen in Weiterbildung steigt –Weiterbildungsplätze in pädiatrischen Praxen sinken

BVKJ-Altersstruktur nach Lebensalter, getrennt in männlich und weiblich am 31.12.2010

Angaben zur Berufsausübung bei Niedergelassenen am 31.12.2010

Service-Nummer der Assekuranz AGfür Mitglieder des Berufsverbandes der Kinder- und Jugendärzte

Den bewährten Partner des BVKJ in allen Versicherungsfragen, die Assekuranz AG,können Sie unter der folgenden Servicenummer erreichen:

(02 21) 6 89 09 21.

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Wie in jedem Jahr setzt sich der Vorstand des BVKJAnfang Januar zusammen, um Bilanz zu ziehen und dieAktivitäten des BVKJ für das beginnende Jahr in eine Wo-chenendklausurtagung ausführlich zu diskutieren unddas gemeinsame Vorgehen abzustimmen.

Schwerpunktmäßig hat sich der Vorstand mitfolgenden Themen befasst:

– Selektivverträge. Überleitung der Verträge auf dieKVen und Regelung der Verwaltungsgebühr an dieBVKJ-Service GmbH bei allen Verträgen

– Finanzierung von Projekten über die BVKJ-ServiceGmbH

– Allgemeine Kodierrichtlinien (AKR) – Haltung desBVKJ und Hinweise an die Verbandsmitglieder

– Mitgliederumfragen– Situation nach dem versuchten Systemausstieg der All-

gemeinärzte in Bayern– Homepage unserer Mitglieder bei www.kinderaerzte-

im-netz.de – Qualitätsindikatoren in der Patientenversorgung– weitere Planung der Kurse in psychosomatischer

Grundversorgung – Interne Organisation der Vorstandsarbeit (Aufgaben-

verteilung) – Repräsentanz des Vorstands nach außen und Schwer-

punkte des Verbandspolitik 2011

1. Selektivverträge

Im Rahmen der Abwicklung der Selektivverträge kla-gen unsere Mitarbeiterinnen immer wieder über die Pro-bleme mit schlecht organisierten Praxen. Die Hauptar-beit in der Geschäftsstelle besteht aus telefonischen Aus-künften (eine statistische Erfassung wird durchgeführt)und der Postbearbeitung. Beispielhaft bestand diese imNovember und Dezember 2010 aus dem Versand von 309Teilnahmebestätigungen an Ärzte, dem Versand von 77Sätzen Vertragsunterlagen trotz Abrufmöglichkeit allerVertragsunterlagen in PädInform, der Bearbeitung von158 Irrläufern (Falschversand an GiV), 1253 irrtümlichan die Geschäftsstelle gesandten Abrechnungen (ein-schließlich Privatliquidationen!) sowie sonstiger Post(206 Schriftstücke).

Die Geschäftsführung der BVKJ-Service GmbH be-müht sich, die Vertragsabläufe noch übersichtlicher dar-zustellen. Die Überleitung auf die KVen ist durch dieWeigerung der KV Hessen, die Verträge mit der TK undder Knappschaft vertragsgemäß abzuwickeln, erheblichins Stocken geraten. Da die KBV nicht garantieren kann,dass sich alle KVen an die Vereinbarungen halten, ist einegenerelle Abwicklung all unserer Verträge über die re-

gionalen KVen zum 01.04.2011 nicht möglich, hier ste-hen uns noch etliche Verhandlungsrunden bevor. Wirbitten dafür um Verständnis.

2. Offene Baustellen in diesem Zusammenhang:

� Die Nutzung von PädInform/Praxisfieber durch Ver-bandsmitglieder bzw. deren Mitarbeiter ist dringendzu verbessern

� Bezüglich der Überleitungsvereinbarungen und derAbführung von 1,7 Prozent des Honorars ist noch vielÜberzeugungsarbeit zu leisten.

� Die KBV muss vertragskonformes Verhalten der KVensicherstellen.

� Die künftige Verteilung der Untersuchungshefte istnoch zu regeln.

� Die Teilnahme von Allgemeinärzten ohne ausrei-chende Qualifikation aus „Sicherstellungsgründen“ist nicht akzeptabel.

� Das Ziel, den BVKJ-Mitgliedern über die Service-GmbH weitere Dienstleistungen anzubieten, konnteaufgrund der Arbeitsbelastung durch die Selektivver-träge noch nicht im angestrebten Umfang in Angriffgenommen werden.

3. Allgemeine Kodierrichtlinien

Vertragsärzte sollten die AKR nicht vor Ende März inihrem Praxissystem scharf schalten.* Grundsätzlich istsich der Vorstand einig, dass Patienten und Krankenkas-sen sehr wohl ein Anrecht auf vernünftige Diagnosendurch Vertragsärzte haben, wobei die Hoheit über die Di-agnosen beim Arzt bleiben muss. Es ist aber notwendig,den Ärzten die Angst vor den AKR zu nehmen. Die Ein-führung der AKR steht im Gesetz. Ob die von der KBVgenährte Hoffnung sich erfüllen wird, durch eine kor-rekte Umsetzung mehr Geld in das System zu bringen, istallerdings fraglich.

Die Kinder- und Jugendärzte erhalten frühzeitig Verbandshilfen zum Umgang mit den AKR. In denBVKJ-Landesverbänden gibt es schon Gruppen, die sichmit dem Thema befassen. Bis Anfang März (Kongress Jugendmedizin in Weimar) werden die Ausschüsse Honorar und Subspezialitäten die AKR gemeinsam bear-beiten.

Der Vorstand sieht keine Veranlassung zu einemBoykott der AKR wie er von einigen Mitgliedern durchMitgliederbefragung in PädInform vorgeschlagenwurde.

Der Vorstand wird auch nicht auf den Versuch des Sys-temausstiegs der Allgemeinärzte in Bayern reagieren, daer an seiner bisherigen Haltung festhält, im KV-Systemauf Veränderungen hinzuwirken und die Interessen der

Berufsfragen

KINDER- UND JUGENDARZT 42. Jg. (2011) Nr. 3

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Zusammenfassung der Vorstandsklausur vomJanuar 2011 in Köln und weiteren Aktivitätendes BVKJ

Dr. WolframHartmann

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Kinder- und Jugendmedizin im Rahmen der intensivenKontakte innerhalb der Selbstverwaltung und zur Politikzu vertreten.

4. Homepage

Der Vorstand wünscht, dass möglichst alle Verbands-mitglieder ihre Homepage bei kinderaerzte-im-netzeinrichten. Nur so können über unsere Verbandshome-page bei diversen Suchmaschinen möglichst viele Kin-der- und Jugendärzte gefunden und die heute so belieb-ten Apps zur Suche nach einer Kinder- und Jugendarzt-praxis genutzt werden. Ein entsprechender Passus soll inZukunft Bestandteil unserer Selektivverträge sein.

5. Qualitätsindikatoren

Es herrscht Konsens im Vorstand, dass der BVKJ dasThema „Qualität der ambulanten Kinder- und Jugend-medizin“ offensiv angehen muss, da sonst die Kinder-und Jugendmedizin „von außen definiert“ wird. Daherwird es wird im Rahmen des diesjährigen Obleutetref-fens ein Symposium zur „Pädiatrischen Qualitätssi-

cherung 2010 bis 2020“ geben. Das Symposium soll un-ter dem Titel „Ambulante Versorgung von Kindern undJugendlichen – Wer stellt was im Jahr 2020 sicher?“ ste-hen.

6. Psychosomatische Grundversorgung

Der Vorstand spricht sich für eine Fortführung derKurse zur psychosomatischen Grundversorgung aus.Neben der Geschäftsstelle sollen der Ausschuss Psycho-somatik und Psychotherapie und die Landesverbände indie Gestaltung eingebunden werden. Verbandsmitglie-der, die auch Fachärzte für Kinder- und Jugendlichenpsy-chiatrie sind, sollen bei der Auswahl von Referenten be-rücksichtigt werden. Pro Kalenderjahr werden drei Kurseangeboten. Bis auf weiteres wird Dr. Uwe Büsching dieKurse verantwortlich begleiten.

7. Intensivierung der Verbandsarbeit

Der Vorstand hat die Aufgaben der einzelnen Vor-stände und ihre Interessenschwerpunkte neu definiertund für den Rest der Amtszeit Schwerpunkte in der Ver-bandsarbeit festgelegt. Die Vorstandsarbeit soll gestrafftwerden. Zu den wesentlichen Tagesordnungspunktensollen mindestens 10 Tage vor der Vorstandssitzung Hin-tergrundinformationen und Unterlagen versandt wer-den.

Die Kontakte zur Basis sollen verbessert werden.Durch zusätzliche Aktivierung der Obleute soll mehrTransparenz der vielfältigen Verbandsarbeit hergestelltwerden. Insbesondere bei unseren Landesverbänden inden östlichen Bundesländern ist es uns bisher nicht ge-lungen, die Mitglieder ausreichend zu aktivieren und zurMitarbeit zu gewinnen. Die innerverbandlichen Aktivi-täten sind in den einzelnen Landesverbänden höchst un-terschiedlich. Hier hat der Länderrat eine wesentlicheunterstützende Aufgabe. Auch sind unsere Kolleginnenin den Gremien des Verbands unterrepräsentiert, ob-wohl sie inzwischen 65 Prozent unserer Mitglieder (mitsteigender Tendenz) ausmachen.

Die regionalen Praxisnetze sollen stärker in die Ver-bandsarbeit eingebunden werden. Die Basis des BVKJsoll durch Beiträge des Vorstandes und Zusammenfas-sungen der Vorstandsitzungen im Kinder- und Jugend-arzt noch umfassender informiert werden.

8. Politische Aktivitäten

Der Vorstand hat sich außerdem mit den Stellungnah-men zum Entwurf eines Bundeskinderschutzgesetzes,mit Stellungnahmen des BVKJ im Rahmen von Anhö-rungen bei der CDU/CSU-Bundestagsfraktion und zweiAnhörungen der Kinderkommission des DeutschenBundestages befasst. Den Wortlaut der Stellungnahmenfinden Sie in PädInform im Ordner „Mitteilungen desBVKJ“.

* (Inzwischen empfehlen BMG und KBV eine Verlängerung der Er-probungsphase bis zum Ende des Jahres 2011.)

Dr. Wolfram HartmannPräsident BVKJ

Berufsfragen

KINDER- UND JUGENDARZT 42. Jg. (2011) Nr. 3

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Steuerlich wird „notwendiges“ und „gewillkürtes“Praxisvermögen unterschieden. � Von notwendigem Praxisvermögen spricht man,

wenn die Praxisfahrten mehr als 50% der jährlichenKilometerleistung ausmachen.

� Betragen die Praxisfahrten mehr als 10% bis max.50%, so besteht eine Wahlmöglichkeit: Der PKW kanndann als „gewillkürtes“ Vermögen dem Praxisvermö-gen zugeordnet werden oder im Privatvermögen ver-bleiben.

� Bei einer Praxisnutzung des PKW von weniger als10% handelt es sich immer um Privatvermögen. Bei der Berechnung der Praxisnutzung ist zu beach-

ten, dass die Fahrten zwischen Wohnung und Praxis auchzu den Praxisfahrten gehören.

Hinweis: Bei einer Praxisnutzung unter 50% ist dieWahl des „gewillkürten“ Praxisvermögens bei gekauftenPKWs in der Regel nachteilig. Nutzt der Arzt seinen PKWdefinitiv weniger als 50% für Praxisfahrten, sollte er denPKW zumeist steuerlich als Privatvermögen behandeln.Auf die Besonderheiten beim „gewillkürten“ Praxisver-mögen soll nicht eingegangen werden. Bei Interesse fin-den Sie weiter Einzelheiten hierzu auf www.laufmich.deim Online-Service unter Tipps und Infos für den Heilbe-rufebereich.

Ermittlung des Anteils an PraxisfahrtenUm zu ermitteln, in welchem prozentualen Umfang

ein PKW für Praxiszwecke genutzt wird, können ver-schiedene Unterlagen herangezogen werden, z.B. auchAbrechnungsunterlagen, Reisekostenaufstellungen oderselbst geführte Aufzeichnungen über einen repräsentati-ven Zeitraum von mindestens drei „Normalmonaten“.

Beispiel 1:Dr. A legt mit seinem PKW für Fahrten zwischen

Wohnung und Praxis im Jahr 6.000 km zurück. Weitere5.000 km entfallen auf Fahrten für Hausbesuche, zu Se-minaren, zum Steuerberater und andere Praxisfahrten.Für Privatfahrten legt er 9.000 km mit dem PKW zurück.Die Jahresfahrleistung beträgt 20.000 km. Daraus ergibtsich ein Anteil betrieblicher Fahrten von 55 % (6.000 km+ 5.000 km = 11.000 km / 20.000 km). Es handelt sich so-mit um notwendiges Praxisvermögen.

Ist der Praxisanteil erst einmal ermittelt, kann er auchfür Folgejahre angewendet werden, wenn sich keine we-sentlichen Veränderungen in Art und Umfang der Nut-zung ergeben.

Der PKW ist notwendiges Praxisvermögen –1%-Methode oder Fahrtenbuch

Liegt notwendiges Praxisvermögen vor, ist der Privat-anteil grundsätzlich nach der so genannten Listenpreis-methode oder auch 1%-Methode zu ermitteln. Hierbeiwird der Wert der privaten Nutzung pauschal anhand desListenneupreises des PKW im Zeitpunkt der Erstzulas-sung einschließlich Sonderausstattung und Umsatz-steuer berechnet (BLP). Er beträgt monatlich 1% desBLP. Der Kaufpreis nach Rabatten oder im gebrauchtenZustand ist dagegen nicht relevant.

Wird der PKW auch für Fahrten zwischen Wohnungund Praxis genutzt, ist für diese Fahrten eine zusätzlicheHinzurechnung vorzunehmen. Sie beträgt 0,03% desBLP pro Monat je Entfernungskilometer. Dagegen wirddie gesetzliche Entfernungspauschale von 0,30 € je Ar-beitstag und Entfernungskilometer berücksichtigt.

Beispiel 2:Dr. A fährt täglich 13 km zur Praxis hin und zurück.

Bei 230 Arbeitstagen ergeben sich hieraus 5.980 km(2 Fahrten pro Tag x 230 Tage x 13 km). Sein PKW hat einen BLP von 55.000 €.

Damit ergibt sich ein Privatanteil von 1 % x 55.000 €= 550 € monatlich, also 6.600 € pro Jahr.

Für Fahrten zwischen Wohnung und Praxis ergebensich zusätzlich:55.000 € x 0,03% x 13 km x 12 Monate = 2.574 €.

Davon wird die Entfernungspauschale abgezogen. Siebeträgt 230 Tage x 13 km x 0,30 € = 897 €. Der Differenz-betrag von 1.677 € (2.574 € - 897 €) ist – neben den 1 %für die private Nutzung – als fiktive Einnahme zu erfas-sen.

Insgesamt ergibt sich also eine fiktive Einnahme inHöhe von 8.277 € (6.600 € + 1.677 €) für die privateNutzung, die zu versteuern ist.

Im Gegenzug sind sämtliche Kosten des PKWs steuer-lich absetzbar. Bei PKW-Kosten in Höhe von z.B. 13.000€ sieht die Rechnung im Ergebnis wie folgt aus:fiktive Einnahme für die private Nutzung: 8.277 €Praxisausgaben: 13.000 €absetzbarer steuerlicher Saldo: 4.723 €

Die pauschalen Ansätze für die private Nutzung unddie Fahrten zwischen Wohnung und Praxis haben jedocheine Obergrenze. Ihre Summe darf die tatsächlichen Kos-ten des PKWs abzüglich der Entfernungspauschale nichtübersteigen (so genannte Kostendeckelung).

Berufsfragen

KINDER- UND JUGENDARZT 42. Jg. (2011) Nr. 3

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Der Praxis-PKW des Arztes

Praxisvermögen oder Privatvermögen – Das ist hier die Frage von der die steuerliche Behand-lung eines PKW abhängt. Je nachdem ob der PKW dem Praxisvermögen oder dem Privatver-mögen zugeordnet wird, ergeben sich Unterschiede in der steuerlichen Berücksichtigung vonPKW-Kosten und privater Nutzungsanteile.

Thomas Ketteler-Eising

Ute Baldner

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Daneben ist die Fahrtenbuchmethode möglich. DasFahrtenbuch muss laufend, zeitnah, in gebundener Formgeführt werden, jede einzelne Fahrt erfassen und mindes-tens folgende Angaben enthalten:

Datum der Fahrt, Kilometerstand zu Beginn undEnde jeder Fahrt, Startort, Reiseziel, bei Umwegen auchdie Route, Reisezweck und aufgesuchter Geschäftspart-ner bzw. der Hinweis „privat“ sowie die gefahrenen Kilo-meter.

Im Vergleich zeigt sich oft, dass ein Fahrtenbuch nichtzu einer erheblichen Verbesserung der steuerlichen Si-tuation beiträgt. Es ist daher nur selten lohnend, z. B. beieinem Landarzt mit einem hohen Anteil an Praxisfahrtenoder einem Arzt mit ausgeprägter Vortrags- oder Reise-tätigkeit.

Der PKW ist Privatvermögen

Gehört der PKW steuerlich zum Privatvermögen sinddie PKW-Kosten nicht in voller Höhe als Praxisausgabensteuerlich absetzbar. Zu ermitteln ist daher ein individu-eller Betrag an abziehbaren betrieblichen PKW-Kosten.

Hierfür kommt die Anwendung pauschaler Kilome-tersätze in Frage. Diese Methode ist leicht zu handhaben,da lediglich die tatsächlichen betrieblichen Kilometeraufgezeichnet werden müssen. Die betrieblichen Kilo-meter werden dann einfach mit 0,30 €/km multipliziert.

Zusätzlich ist die Entfernungspauschale von 0,30 € jeEntfernungskilometer und Arbeitstag zu berücksichti-gen.

Beispiel 3:Fahrten zu Seminaren etc.:3.000 km x 0,30 €/km = 900 €.Entfernungspauschale für die Fahrten zwischen Woh-nung und Praxis:230 Tage x 13 km x 0,30 €/km = 897 €Als Betriebsausgaben sind insgesamt abzuziehen 1.797 €(900 € + 897 €).

Alternativ zu den pauschalen Kilometersätzen kanndie betriebliche Nutzung auch mit einem individuellenKilometersatz berechnet werden. Hierzu müssen dieKosten des PKWs und die Jahresfahrleistung ermitteltund belegt werden, um die individuellen PKW-Kostenpro Kilometer zu errechnen.

Beispiel 4:Die PKW-Kosten wurden mit 13.000 € ermittelt, die

Jahresfahrleistung beträgt 20.000 km. Daraus ergebensich individuelle PKW-Kosten von 0,65 €/km (13.000 €/ 20.000 km).Fahrten zu Seminaren etc.:3.000 km x 0,65 €/km = 1.950 €.Entfernungspauschale für die Fahrten zwischen Woh-nung und Praxis:230 Tage x 13 km x 0,30 €/km = 897 €Als Betriebsausgaben sind insgesamt abzuziehen2.847 €.

Die Anwendung der pauschalen Sätze ist nur danngünstig, wenn die tatsächlichen Kosten pro Kilometerunter 0,30 € liegen.

Was passiert beim Verkauf des PKW?

Befindet sich der PKW im Praxisvermögen, so ist derVerkauf ein steuerpflichtiger Vorgang. Zu versteuern istdie Differenz zwischen dem Verkaufspreis und dem steu-erlichen Restwert des PKW. Dies kann bei einer Zuord-nung zum Praxisvermögen nachträglich zu Steuerbelas-tungen führen. Wird als Beispiel ein PKW erworben und6 Jahre später nach vollständiger Abschreibung für15.000 € verkauft, sind 15.000 € zu versteuern.

Der Verkauf eines PKW im Privatvermögen ist dage-gen in der Regel steuerlich nicht zu erfassen.

Fazit

Beim Kauf eines PKW lässt sich oft noch nicht vorher-sagen, ob dieser Praxisvermögen oder Privatvermögendarstellt, da der Umfang der zukünftigen Nutzung zu-nächst nur anhand von Vorgaben geschätzt werden kann.Soll der neue PKW einen anderen ersetzen, so können dieNutzungsverhältnisse des alten PKW bei der Schätzungzugrunde gelegt werden.

Im Einzelfall kann es steuerlich günstiger sein, wennder PKW kein notwendiges Praxisvermögen darstellt(Praxisnutzung < 50%). Dies trifft z. B. dann zu, wenn essich um eine teuren PKW mit einem hohen Listenneu-preis handelt oder um einen gebraucht gekauften PKW.Bei einer Praxisnutzung unter 50% ist die Zuordnungzum Privatvermögen in der Regel vorzuziehen, weil dannkein Veräußerungsgewinn zu besteuern ist.

In den Fällen, in denen Privatvermögen günstigerwäre, kann es daher sinnvoll sein, die Nutzung bewusst zusteuern, wenn sich die Praxisnutzung im Grenzbereichum +/– 50% bewegt. So kann der PKW z. B. für privateUrlaubsfahrten oder Wochenendfahrten genutzt wer-den, um den privaten Nutzungsanteil zu erhöhen. Zu-sätzlich kann der betriebliche Anteil verringert werden,indem für einige Praxisfahrten auf öffentliche Verkehrs-mittel zurückgegriffen oder der PKW des Ehegatten ge-nutzt wird. Auf diese Weise ist es möglich, einen betrieb-lichen Nutzungsanteil von weniger als 50% sicherzustel-len und damit die Möglichkeit der Zuordnung zum Pri-vatvermögen.

Thomas Ketteler-Eising, Steuerberater

Ute Baldner, Steuerberaterin

Laufenberg Michels und Partner, Köln Red.:ge

Berufsfragen

KINDER- UND JUGENDARZT 42. Jg. (2011) Nr. 3

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Professor Karl Ernst von Mühlendahl, auch ein Kollege derersten Stunde, hat im Kinder- und Jugendarzt (40, 2009,Nr. 12) ein Resümee der bisherigen 20-jährigen Arbeit der

DAKJ gezogen. Er musste feststellen, dass trotz hoher Einsatzbe-reitschaft der in der Akademie aktiv tätigen Kolleginnen und Kol-legen die ursprünglich aufgestellten Ziele nur unzureichendrealisiert wurden; dazu zählt er die Erarbeitung der Vorausset-zung und Rahmenbedingungen für die bestmögliche gesundheit-liche Versorgung von Kindern und Jugendlichen oder die Förde-rung der Interessen der Kinderheilkunde und deren Vertretunggegenüber der Öffentlichkeit. Die Ursachen sieht er zu einem inder zunehmenden selbstständigen Vertretung von spezifischenZielen durch die Mitgliedsverbände, zum anderen in der gerin-gen personellen und finanziellen Ausstattung der Akademie.

So wurden der DAKJ zwar satzungsgemäße Aufgaben zugewie-sen, deren Erfüllung jedoch häufig die vorhandnen Möglichkeitenüberstiegen. Dies führte wiederholt zu Kritik an der ungenügenderfolgreichen Aktivität der Akademie und damit zur Frustrationder ehrenamtlich tätigen Kolleginnen und Kollegen in der DAKJ.

Prof. von Mühlendahl hebt positiv die Arbeit der Kommissio-nen hervor und empfiehlt zusammenfassend die Fortsetzung derDAKJ-Arbeit: „Wenn es die Akademie nicht gäbe, müsste mansie schaffen“. Allerdings fordert er eine Fortsetzung der notwen-digen Strukturanpassung.

Der Vorstand hatte seit 2009 die Arbeit für eine Strukturanpas-sung der DAKJ aufgenommen. Nach intensiver Diskussion imVorstand wurde die Kommission „Zukunft der DAKJ“ beauf-tragt, sich mit dieser Thematik zu beschäftigen. In mehreren in-tensiven Beratungen wurden die Defizite der bisherigen Arbeit er-fasst und Vorschläge für eine Strukturanpassung der Akademiemit dem Ziel einer zukünftigen effizienten Arbeit aufgezeigt.

Anlässlich der Mitgliederversammlung im Februar 2010 er-folgte eine intensive Diskussion der Vorschläge und es wurden fol-gende Strukturanpassungen beschlossen:� Durch eine Satzungsänderung soll der die Aufgaben der Aka-

demie betreffende § 3 konsequent gestrafft werden. Im Vorder-grund der Neuformulierung stehen die „Koordinierung der ge-

meinsamen gemeinnützigen Ziele und Aufgaben der Mit-gliedsgesellschaften und deren Vertretung nach außen, insbe-sondere durch fortlaufende Erstellung und Umsetzung einesdurch die Mitgliederversammlung jährlich zu verabschieden-den verbindlichen Katalogs gemeinsamer Aufgaben“.Der DAKJ wurden für die Jahre 2010 und 2011 folgende defi-

nierte Aufgabenfelder übertragen:� Analyse und Zukunftsszenario der flächendeckenden Versor-

gung der Kinder und Jugendlichen in Deutschland, im Ver-gleich zu anderen europäischen Ländern. Konsequenz der de-mografischen Entwicklung

� Weiterbildung als ständige Aufgabe der Akademie� Definition der ambulanten allgemeinen Pädiatrie (Allgemein-

pädiatrie)� Fortbildung

Bestehende Kommissionen sollen überprüft, eventuell umge-widmet oder gegebenenfalls aufgelöst werden.

Die DAKJ öffnet sich für weitere Gesellschaften, die sich fürdie Kindergesundheit einsetzen.

Das Ziel dieser Festlegungen ist, der DAKJ Aufgaben zu über-geben, welche mit den vorhandenen Ressourcen erfüllbar sind. Eswird dabei aber auch gefordert, dass die Akademie über Aktivitä-ten der Mitgliedsverbände zu diesen Themen informiert wird –besser noch eine Abstimmung darüber erfolgt.

Am 11. und 12. November 2010 wurde anlässlich einer Klau-surtagung aller Akademiemitglieder über den Stand der Umset-zung der zuvor gefassten Beschlüsse berichtet: � Im Mai 2010 hat das Amtsgericht Berlin die Satzungsänderun-

gen bestätigt, sodass ab diesem Zeitpunkt die aktuelle Satzung,wie bei www.dakj.de einsehbar, gilt.

� Als neue Mitglieder konnten begrüßt werden: Julia von Seichefür das Aktionskomitee Kind im Krankenhaus (AKiK), ElfriedeZoller für den Berufsverband Kinderkrankenpflege Deutsch-land (BeKD), Dr. Petra Degenhardt in Vertretung von Prof.Jörg Fuchs von der Deutschen Gesellschaft für Kinderchirurgie(DGKCH) und Prof. Gernot Sinnecker für die Vereinigung leitender Kinder- und Jugendärzte und Kinderchirurgen

Berufsfragen

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Erforderliche Strukturanpassungen für dieFortsetzung einer zielorientierten Arbeit derDeutschen Akademie für Kinder- und Jugendmedizin

Vor 20 Jahren haben einige wissenschaftlich und berufspolitisch tätige Kollegen, dieNotwendigkeit der Gründung eines pädiatrischen Dachverbandes erkannt: Dies waren Jürgen Spranger (Mainz), Hans Ewerbeck (Köln), Paul Schweier (München), Werner Schmidt (Regensburg), Theodor Hellbrügge (München) und Klaus Palitzsch(Gelnhausen). Am 3. Dezember 1989 wurde in Bad Honnef die „Akademie für Kinder-heilkunde und Jugendmedizin“ (später „Deutsche Akademie für Kinder- und Jugend-medizin“) gegründet.

Prof. Dr. med.Hans-JürgenNentwich

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Deutschlands (VLKKD). Die aktuelle Struktur ist in Abbil-dung 1 dargestellt.

� Die Anzahl der Kommissionen wurde reduziert und die An-zahl der Mitglieder der einzelnen Kommissionen der Ge-schäfts- und Arbeitsordnung für Kommissionen angepasst.(Abbildung 2). Bearbeitungsstand der für die Jahre 2010 und 2011 der DAKJ

übertragenen Aufgaben:Die Kommission für Weiterbildungs- und Strukturfragen

wird die Weiterbildungsbefugten im Fach Kinder- und Jugendme-dizin intensiv unterstützen. Auch für die ab 2011 durch die Lan-desärztekammern jährlich durchzuführende Pflichtevaluierungder Weiterbildung wird eine Unterstützung der Weiterbildungs-befugten vorbereitet. Ziel ist die Erarbeitung von Empfehlungenzu Rotationen und Erstellung eines Muster-Logbuches für dasFachgebiet Pädiatrie.

Ein weiterer Schwerpunkt ist die Vorbereitung der neuenMusterweiterbildungsordnung im Jahr 2013. Die Inhalte müs-sen der aktuellen Entwicklung angepasst werden, wobei unter an-derem ein besonderer Schwerpunkt auf Themen aus dem Berei-

chen Jugendmedizin und allgemeine ambulante Pädiatrie zu le-gen ist.

Zum Thema „Szenario über die zukünftige Entwicklung derKinder- und Jugendmedizin“ wurde zunächst über möglicheSzenario-Techniken berichtet und dann über einen Katalog vonParametern (siehe Abbildung 3) diskutiert; zu den einzelnen Fra-gen soll der Ist-Zustand (2011) und eine mögliche Prognose bis2030 erarbeitet werden. Dies wird zunächst in den Mitgliedsver-bänden bis März 2011 realisiert. Am 22. 3. 2011 wird dann in ei-ner ersten Konsensuskonferenz versucht, sich auf die aussagefä-higsten Varianten der einzelnen Themen zu verständigen. Im Ok-tober 2011 soll in einer erweiterten Mitgliederversammlung,unter Teilnahme der Kommissionssprecher, eine vorläufigeEndfassung diskutiert und verabschiedet werden. Ein Vergleichder gegebenen Prognosen und des aktuellen Verlaufs muss dannalle fünf Jahre erfolgen und notwendige Korrekturen müssen an-gebracht werden. Der Prozess wird durch ein gesundheitswis-senschaftliches Institut begleitet. Mit dem Enddokument solleine Grundlage gegeben sein, welche eine sachliche, objektive undzielorientierte Diskussion mit gesundheitspolitischen Gremienermöglicht.

Mit dieser zielorientierten Arbeit der DAKJ wird ein Beitragzur Bündelung von Aktivitäten der einzelnen Mitgliedsverbändeauf den vereinbarten Gebieten geleistet werden.

Prof. Dr. med. H.-J. NentwichGeneralsekretär der Deutschen Akademiefür Kinder- und Jugendmedizin e.V.Chauseestr. 128/12910115 Berlin Red.: ge

Berufsfragen

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Gesetzlicher Vorstand: GeneralsekretärStellvertreter des Generalsekretärs

Vorstand: Präsidenten und Vizepräsidentender MitgliedsgesellschaftenGeneralsekretär und StellvertreterSchatzmeister

Mitglieder: Präsidenten und Vizepräsidentender MitgliedsgesellschaftenGeneralsekretär und StellvertreterSchatzmeisterDrei Vertreter jeder MitgliedsgesellschaftEin Vertreter der Gesellschaften DGKCH,BeKD, VLKKD und AKiK(neue Mitglieder)

Kooptierte Mitglieder: Kaiserin Auguste Victoria Gesellschaftfür Präventive PädiatrieGesellschaft für pädiatrische RadiologieDGKJP (Mitgliedschaft angeboten)

Fördernde Mitglieder: Zur Zeit keine

Abb. 1: Aktuelle Struktur der DAKJ

Abb. 2: Kommissionen der DAKJ

Kommission Kommissionssprecher

Kommission für Infektions-krankheiten und Impffragen Prof. Dr. Ulrich Heininger

Kommission für Weiterbildungs-und Strukturfragen Prof. Dr. Peter F. Hoyer

Kommission für ethische Fragen Prof. Dr. Volker von Loewenich

Kommission Forschung in derambulanten Kinder- undJugendmedizin Prof. Dr. Hans-Jürgen Nentwich

Kommission Jugendmedizin Dr. Dirk Schnabel

Kommission Kindergesundheitin KiTas Prof. Dr. Hans-Jürgen Nentwich

Kommission Kinderschutz Dr. Bernd Herrmann

Kommission für Umweltfragen Prof. Dr. Karl Ernst von Mühlendahl

GrundsatzparameterDemografie 0 bis 18 Jahre

Epidemiologie

Personelle Ressourcen

BetreuungskapazitätKapazität im stationären Sektor (Kliniken und Betten)

Kapazität im ambulanten Bereich (Anzahl und Struktur der Praxen)

Kapazität im sozial-pädiatrischen Sektor (Anzahl der SPZ)

Kapazität des ÖGD

Kapazität und Qualifizierung der Kinderkrankenschwestern

VersorgungsbedarfKrankenhaushäufigkeit

Bedarf für ambulanten Betreuung

Bedarf für spezialisierte Betreuung einschließlich SPZ

Präventionsbedarf

VersorgungsstrukturenFinanzierung (Erlösentwicklung, Systemgestaltung)

Flächendeckung

Stufenbetreuung

Vernetzung

Ambulant kombinierte Systeme

Anteil Fremdbetreuung (stationär und ambulanz)

Qualitäts- und Fehlermanagement

Telemedizin, Arbeitsteilung, Rationalisierung – Priorisierung –

Rationierung

Abb. 3: Themenkatalog für Prognoseeinschätzung

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Die Diskussion um die frühe Bildung bewegt aktuelldie Gesellschaft. Wie müssen Kita und Schule be-schaffen sein, damit sich Kinder in ihnen optimal ent-wickeln können? Diese Frage beschäftigt auch Kin-der- und Jugendärzte, sehen sie doch in ihren Praxentäglich die Ergebnisse gelungener und weniger ge-lungener Bildung und Erziehung. Die ersten Heftendes neuen Jahres haben wir daher dem Thema „Wel-che Bildung brauchen Kinder?“ gewidmet. Im Januar-

heft ging es um Frühförderung, ihre Defizite undChancen. Im Februar sind wir der Frage nachgegan-gen: Wie muss Schule aussehen, wenn sie möglichstallen Kindern gerechte Chancen bieten soll.

Im dritten und letzten Teil unserer Serie werfen wir ei-nen Blick auf die Geschichte der Kinderbetreuungund -bildung in Deutschland.

ReH

Frühe Bildung und Förderung .Welche Bildung brauchen Kinder? 3. Teil

Von der Kleinkinderbewahranstalt zum Lernort Kita

© DN – Fotolia.com

Magazin185

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Magazin

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Generell hat sich im Prozessgesellschaftlicher Moderni-sierung die Tendenz konti-

nuierlich verstärkt, die Primärzu-ständigkeit der Familie für eine ge-lingende Kindheit zu ergänzen odersogar zu ersetzen durch ein Ver-ständnis der (früh)kindlichen Sozia-lisation und Erziehung als einer ge-meinsam verantworteten gesamtge-sellschaftlichen Aufgabe. Spätestensseit dem 10. Kinder- und Jugendbe-richt besteht weitgehender Konsensdahingehend, dass es gilt, zum Wohlder Kinder eine „Kultur des Auf-wachsens“ zu sichern, d.h. „Koope-rationsformen, in denen Eltern undandere Erzieher sich in ihren diffe-renzierten Rollen gegenüber demKind gegenseitig stützen, so dassKinder nicht insulare Erfahrungs-welten durchwandern, in denen keinübergreifender Sinn gilt“ (BMFSFJ1998, S. 19).

Zum Stellenwert der Früh -pädagogik im „Projekt Moderne“ seit dem Zeitalterder Aufklärung

Im Zeitalter der Aufklärungwurde das Konzept einer kontrol-lierten Einwirkung auf die Kinderdurch Erziehung zum „Jahrhundert-

projekt“. Denn allgemein, speziellbei den Eltern der städtisch-bürger-lichen Elite, wuchs die Erkenntnis,dass das Verhaltensrepertoire des er-wachsenen Menschen eine Konse-quenz seiner Entwicklungsmöglich-keiten in der Kindheit ist. Kindheitwurde damit gleichsam „entdeckt“als Ressource, von deren planmäßi-ger und richtiger Nutzung wie in an-deren Bereichen des staatlichen undökonomischen Lebens das Wohl der(bürgerlichen) Gesellschaft ent-scheidend abhängig ist. Im gleichenKontext wurden aber auch dieGrundstrukturen des modernenDeutungsmusters von Kindheit fi-xiert, und zwar in der Form einerkindzentrierten Lebenswelt undKultur. Nach Jean-Jacques Rousse-aus „Kopernikanischen Wende“ zumKind (Herman Nohl) entfalteten diePädagogen die These vom „Eigen-recht des Kindes“, d.h. die Grund-überzeugung, dass das Kind keinkleiner, unvollkommener Erwachse-ner ist, sondern ein Subjekt, das seineErfüllung und Reife in sich selberträgt. Die Erziehung ist demgemäßangewiesen auf die im lernendenSubjekt selbst angelegten(Trieb)Kräfte und seinen Gestal-tungswillen.

Wie diese Ambivalenz bis in dieGegenwart thematisiert wird, lässtsich in den unterschiedlichen Leit-vorstellungen frühpädagogischerAnsätze verfolgen, nämlich durchdie jeweilige Akzentsetzung entwe-der einer eher sozialpädagogisch-fürsorgerischen Ausrichtung odervon Bildung in den pädagogischenProgrammen, also einer Ausrich-tung auf Kreativität und Kompe-tenz- bzw. Wissens entfaltung, auchim Sinne einer Vorbereitung auf dieSchule. Die Verschränkung der lei-tenden programmatischen Motivewird schon in der Bezeichnung derseit Mitte des 19. Jahrhunderts im-mer häufiger zu findenden öffentli-chen Institutionen deutlich: NebenNamen wie „Kleinkinderbewahr-Anstalt“ oder „Kinder-Garten“ gibtes immer wieder den Bezug auf„Schule“, z.B. „Aufsichtsschule“,„Warte“-, „Kinder“-, „Kinderbe-wahr“- oder schlicht „Vorschule“.

In enger Wechselwirkung von Pä-dagogik und Pädiatrie artikuliertsich seit dem 19. Jahrhundert undbeschleunigt seit dem Beginn des 20.Jahrhunderts mit der Psychologieund neuerdings den Neurowissen-schaften ein ständig steigendes Inte-resse an einer empirischen Analytik

Betreuung, Erziehung und Bildung kleinerKinder als gemeinsame Aufgabe

Ein gesellschaftliches Projekt mit langer Geschichte

Die Motive und Begründungen, die die aktuelle gesellschaftliche Bildungsdebatte zur Früh-förderung beherrschen, lassen sich über mehr als zwei Jahrhunderte in erstaunlicher Paralle-lität zurückverfolgen. Es ging und geht bis heute im Kern um das Spannungsverhältnis zwi-schen der Berücksichtigung der „wahren Bedürfnisse der Kinderwelt“ (Flashar 1865), in heu-tiger Sprache das „Kindeswohl“, einerseits und um die angemessene Konfiguration der die(Früh)Pädagogik bestimmenden Instanzen und Institutionen andererseits. Es ging und gehtalso um die Frage: welche Aufgaben müssen Familie, Kindertageseinrichtungen und -tages-pflege sowie Schule erfüllen, um durch intergenerational zu gewährleistende Vermittlung kul-turell-humaner Kompetenzen eine zukunftsorientierte gesellschaftliche Lebensform zu si-chern? Dabei spielen in wechselnder historischer Konstellation neben kinder- und bildungs-politischen Argumentationen familien-, frauen-, arbeitsmarkt- und wirtschaftspolitische Dis-kurse eine jeweils unterschiedlich gewichtete Rolle.

Prof.Karl Neumann

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der ontogenetischen Entwicklungdes Menschen. Diese verfolgt dasZiel, die kindliche Entwicklung inder Idealtypik einer Normalformverfügbar zu machen, um damitauch Zugang zu objektivierbarenMessverfahren für den Entwick-lungs-, Lern- und Leistungsstand ei-nes Kindes zu gewinnen. Gegenüberdieser Tendenz einer „Eroberung desKindes durch die Wissenschaft“(Gstettner), bei der Kindsein mit ei-nem Kind-Modell gleichsam metho-disch hergestellt zu werden droht,hat sich die Kindheitsforschung seitden 1980er Jahren zunehmend auchan Paradigmen des Sozialkonstruk-tivismus orientiert. Leitende Prä-misse ist hier, dass Kinder aktiv ander Konstruktion und Bestimmungihres eigenen Lebens, im Kontext derMenschen in ihrem Umfeld und derGesellschaft, in der sie leben, betei-ligt sind, und zwar mit einer Kreati-vität und Gestaltungsfähigkeit, diesich im Grundsatz nicht von der Er-wachsener unterscheidet. Kinderwerden gesehen als ökonomisch undgesellschaftlich produktive Mitglie-der der Gesellschaft. Dabei wird die„Lernarbeit“ in Erziehung und Bil-dungseinrichtungen als ihr selbst-ständiger Beitrag zu generationalenArbeitsteilung in modernen Indus-trie- und Wissensgesellschaften ver-standen. Auf der Suche nach kindli-cher Handlungsautonomie werdendie eigenen Sinn- und Wirklichkeits-konstruktionen der Kinder in ihrensozialen Interaktionen und selbstausgehandelten Regeln betrachtet.Im Zentrum dieses Kindheitskon-zepts steht das „kompetente“ Kindals „Akteur“, neugierig und mutig,das aus eigenem Antrieb heraus ex-plorierend lernt, sich in aktivem Dia-log mit seinen Mitmenschen entwi-ckelt, ein forschend und konstruie-rend allein und in Auseinanderset-zung mit seiner Umwelt der WeltSinn verleihendes Kind (vgl. Neu-mann 2010).

Friedrich Fröbels Projekt desKindergartens – Vision undgesellschaftliche Realität

Dieses Konzept lässt sich direktmit Friedrich Fröbels Modell früh-kindlicher Bildung und „Kinder-

pflege“ im Kindergarten (gegründet1840) und seiner Analyse der Mut-ter-Kind-Beziehung in der Familien-pädagogik seiner „Mutter- und Ko-selieder“ (1844) in Verbindung brin-gen. Fröbels Modell, ausdrücklichauch politisch motiviert, zeigt seineAktualität auch darin, dass es im Zu-sammenhang mit der „vernichten-den Gewalt äußerer, bürgerlicher, ge-selliger Lebens- und Berufsverhält-nisse“ seiner Zeit (Fröbel 1840/1986,S. 189), also den Folgekosten derModernisierung in Gestalt der Dis-soziation von Kinder- und Erwach-senenwelt konzipiert ist. Die Be-gründung einer zweiten, öffentli-chen Erziehungswelt für Kindersollte nach Fröbels Vorstellung nichteine Trennung zwischen Kinderle-ben und Familienleben herbeifüh-ren, sondern im Gegenteil dazu bei-tragen, dass die Beachtung undPflege der Kindheit als eine gemein-same Aufgabe der Familien, des Kin-dergartens und des ganzen Gemein-wesens wahrgenommen wird, undzwar für die Familien und Kinder al-ler gesellschaftlichen Schichten (vgl.Liegle 2006).

Die Aufklärungspädagogik einernaturgemäßen und vernunftgeleite-ten Erziehung auch schon der klei-nen Kinder, für die Fröbels(Früh)Pädagogik als Musterbeispielstehen kann, war im Kern anti-stän-disch. Die seit dem letzten Drittel des18. Jahrhunderts mit dem Anspruchauf Allgemeingültigkeit formulier-ten Prinzipien und Programme, wiekleine Kinder aufwachsen sollten, er-fuhren angesichts der gesellschaftli-chen Realität jedoch eine mehrfacheAufsplitterung und Umdeutung, vondenen die schichtspezifische diewichtigste war. Für die Begründungder öffentlichen Kleinkindererzie-hung wurde damit eine Figur etab-liert, die bis in die unmittelbare Gegenwart ihre Nachwirkung zeigt,z.B. indirekt in der inzwischen schonein Jahrzehnt laufenden Debatteüber die Konsequenzen der PISA-Ergebnisse, insbesondere das Skan-dalon der in der BRD nachhaltigandauernden Chancenungleichheitbzw. „Bildungsarmut“ der Kinderaus sozial benachteiligten Fami-lien.

Seit der Aufklärung kann auf einwachsendes explizites Sozialisati-ons- und Spezialwissen über die Ide-algestalt frühkindlicher Entwicklungund Erziehung zurückgegriffen wer-den. In der für dieses Zeitalter typi-schen gesellschaftlichen Konstella-tion wird die (bürgerliche) Familiemit intakter Mutter-Kind-Bezie-hung als sozialer Raum herausge-stellt, in dem die frühe Kindheit op-timal aufgehoben sei. In dem Maße,in dem die Voraussetzungen der bür-gerlichen Familiennorm aber nichterfüllt waren, sollten als „Notbehelf“öffentliche Bewahr- und Erzie-hungsanstalten geschaffen werden,die – den Zielvorgaben des ökono-mischen Systems Rechnung tragend,z.B. auch zur Ermöglichung vonFrauenerwerbstätigkeit oder sogarKinderarbeit – die sozialisatorischeFunktion der Familie ergänzend si-cherstellen und zugleich die aufGrund pädagogischer Einsicht not-wendige Erziehung und Bildung derKinder gewährleisten konnten. DieWidersprüche in dieser Begründungder öffentlichen Kleinkindererzie-hung werden besonders deutlich inden nach Ständen unterschiedenenEinrichtungen der Frühpädagogik:in den Bewahranstalten auf der ei-nen, den Kindergärten auf der ande-ren Seite mit ihren jeweiligen Pro-grammen. Die Kinder aus den unte-ren Volksklassen durften nicht überihren Stand hinaus erzogen werden,unter dieser grundlegenden Forde-rung stand der Alltag der Kleinkin-derbewahranstalten, dominiert vonGewöhnung an willigen Gehorsam,Gewissens- und Dankbarkeitserzie-hung. Selbst im Verlauf der Fröbel-Bewegung blieb des Prinzip der„Vorbereitung der Kinder der arbei-tenden Stände für ihren späteren Be-ruf“(von Marenholtz-Bülow) vor-herrschend.

Lernorte für Kinder – Erzie-hungs- und Bildungspartner-schaft als Schwerpunkt deraktuellen frühpädagogischenDiskussion

Der mit Fröbels Kindergarten-und Familienpädagogik-Modell un-ter dem Prinzip allseitiger Kinderbe-achtung und allseitiger kindlicherBildung sowie der „Vermittlung“

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zwischen Privatheit und Öffentlich-keit begründete frühpädagogischeDiskussionsstand ist eigentlich erstin der zweiten Hälfte des 20. Jahr-hunderts in der BRD mit verschiede-nen Projekten zur Schaffung von op-timalen „Lernorten für Kinder“ wie-der erreicht worden. Seit der Reformdes Vorschulbereichs in den 1960erund 70er Jahren wurde die Vermitt-lung von Elternhaus und Kinderta-geseinrichtungen zunehmend auchin ein Verhältnis der Kooperationund Mitwirkung umgewandelt. ImKontext der Kinderladenbewegunggingen wichtige Impulse für eine Er-neuerung der öffentlichen Kleinkin-dererziehung ausdrücklich von denEltern aus. Bis hin in die jüngsten na-tionalen und internationalen empi-rischen Untersuchungen zu den Ef-fekten institutioneller Frühpädago-gik ist konsequent deutlich gemachtworden, dass ohne Einbezug des fa-milialen Settings als lebenslang wirk-samer Grundlage für die Bildungs-biographie kein nachhaltiger Förde-rungserfolg der Kinder zu erreichenist.

Die von historischen Bezügenstark geprägte Frühpädagogik inDeutschland hat in den letzten bei-den Jahrzehnten durch breite Öff-nung zur internationalen Diskussionentscheidende Reformimpulse er-fahren, z.B. mit der Rezeption derReggio-Pädagogik, dem weltweitheute wohl am stärksten diskutiertenProgramm, und in der Entwicklung

des so genannten Situationsansatzes,dem gegenwärtig in der BRD domi-nierenden frühpädagogischen Kon-zept, das im Curriculum „SozialesLernen“ unter dem Leitziel der För-derung von Ich-, Sach- und Sozial-kompetenz die politisch geprägtenAnsätze der BefreiungspädagogikPaulo Freires sowie der CommunityEducation in Großbritannien mit -einander verband. Als vorbildhaftwerden gegenwärtig rezipiert die„Early Excellence Centers“ in Groß-britannien sowie das neuseeländi-sche Curriculum „Te Whäriki“, weilin diesen Ansätzen die Aspekte derKompetenzförderung der Kinder inden zentralen Lernfeldern ebensowie die verständigungsorientierteMitarbeit aller Partner im kind lichenLernprozess, die Gemeinwesenori-entierung und differenzierte Verfah-ren der Qualitätssicherung und da-mit auch die Anschlussfähigkeit derFrühpädagogik an schulisches Ler-nen in besonders gelungener Weiseintegriert werden.

Die inzwischen in allen Bundes-ländern eingeführten Bildungs- bzw.Orientierungspläne sind in ihren pä-dagogischen Programmen von ei-nem dialogischen Grundverständnisgeprägt. Sie fordern, extensiv eine„Erziehungs- und Bildungspartner-schaft“ mit den Eltern bzw. Familiender Kinder anzustreben und darüberhinaus zur „Stärkung familialer Be-ziehungs- und Erziehungskompe-tenzen“(BMFSFJ 2005) durch Maß-

nahmen der Familienbildung beizu-tragen. Aus pädagogischer Sichtkann diesen Empfehlungen prinzi-piell nur zugestimmt werden, aller-dings auch mit allem Nachdruck nurdarauf hingewiesen werden – auchdies ein ständig wiederkehrender Aspekt in der Geschichte der Früh -pädagogik –, dass zur Realisierungder planmäßig gewünschten Erzie-hungspartnerschaft die Politik, ins-besondere die Kommunalpolitik, ge-fordert ist, die entsprechenden (fi-nanziellen) Rahmenbedingungen zuschaffen. In vergleichbaren LändernEuropas, vor allem in Skandinavien,oder in Neuseeland, ist dies, auchim Sinne gesamtgesellschaftlicherKosten-Nutzen-Rechnungen (vgl.BMFSFJ 2005, S. 99 ff.), längst er-kannt und politisch umgesetzt wor-den.

Literatur

Bundesministerium für Familien, Senioren,Frauen und Jugend (BMFSFJ) (Hrsg.)(1998): Zehnter Kinder- und Jugendbe-richt. Bonn/Berlin: Eigendruck

Bundesministerium für Familien, Senioren,Frauen und Jugend (BMFSFJ) (Hrsg.)(2005): Zwölfter Kinder- und Jugendbe-richt. Berlin: Eigendruck

Erning, G./Neumann, K./Reyer, J. (Hrsg.)(1987): Geschichte des Kindergartens. 2Bde. Freiburg: Lambertus

Flashar, o.V. (1865): Kleinkinderschulen,Kinderbewahranstalten, Warteschulen,Kindergärten. In: Schmidt, K.A.(Hrsg.):Encyklopädie des gesamten Erziehungs-und Unterrichtswesens. Bd. 4, Gotha,S. 30 ff.

Fröbel, F.(1840/1986): Entwurf eines Planeszur Begründung und Ausführung einesKinder-Gartens. In: Ders.: „Kommt, lasstuns unseren Kindern leben!“ Aus dempädagogischen Werk eines Menschener-ziehers. Bd. 3. Berlin: Volk und Wissen,S. 189-198

Neumann, K. (2010): FrühpädagogischeAnsätze und Programme und ihre Be-stimmung des Verhältnisses von öffentli-cher und privater Erziehung. In: Cloos,P./Karner, B. (Hrsg.) (2010): Erziehungund Bildung von Kindern als gemeinsa-mes Projekt. Baltmannsweiler: Schnei-der, S. 80 -96

Liegle, L. (2006): Bildung und Erziehung infrüher Kindheit. Stuttgart: Kohlhammer

Karl Neumann

Der Autor ist emeritierter Professor für Er-ziehungswissenschaft. Langjähriger Vorsit-zender der Kommission „Pädagogik der frü-hen Kindheit“ der Deutschen Gesellschaftfür Erziehungswissenschaft und derzeitigerVorsitzender der deutschen Sektion der In-ternational Froebel Society. Red.: ReH

� Pädindex

Praxiseinrichtungen

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Magazin189

� Buchtipp

Anne Sparenborg-Nolte, Stefan Heinrich Nolte

Homöopathie –Alles Gute für Ihr KindWas Sie und die Natur für Ihr Kind tun können

Verlag Oberste-brink, 309 S., ISBN978-3934333-17-8,€ 24,90

„Homöopathie –Alles Gute für IhrKind“ ist in ersterLinie ein homöo-pathischer Ratge-ber für Eltern.

In übersichtlicherDarstellung und ansprechend aufbereitetauch ein Buch, das versucht, dem moder-nen medizinischen Aktionismus die natür-lichen Möglichkeiten der Homöopathie alssanfte, beobachtende und individuelle The-rapieform entgegenzusetzen. Die große Er-fahrung des Autorenpaares in der homöo-pathischen Behandlung von Kindernspricht hierbei aus jeder Zeile und machtdiesen Ratgeber durchaus auch für Fach-kollegInnen lesenswert.

Wie funktioniert Homöopathie? Worauswerden homöopathische Mittel gewonnenund wie wählt der Arzt die individuell passende Arznei? Anschaulich werdenGrundlagenthemen im ersten Kapitel be-handelt.

Der sich anschließende große Themen-block „Spezielle Krankheitsbilder“ wirddurch allgemeine Informationen zumThema Kindernotfälle eröffnet. Es folgenBeispiele zur homöopathischen Verord-nung bei verschiedenen Notfällen (die alle-samt „gut ausgehen“, also erfolgreich be-handelt werden.) Kindliche Entwicklung,sowie verschiedene klassische Kinder-krankheitsbilder, bespricht das Kapitel drei,das auch auf den Dauerdiskussionskom-plex „Homöopathie und Impfen“ ausführ-lich eingeht. Auch in diesen Abschnitt desBuches fließen in interessanter Art undWeise persönliche Erfahrungen und An-sichten der Autoren z. B. zum Thema Um-gang mit Gesundheit und Krankheit ein.

Der rein homöopathisch Interessierte wirddas folgende Kapitel über die wichtigstenhomöopathischen Arzneimittel von Aconi-tum bis Sulfur, in Zusammenhang mit denverschiedenen Kindercharakteren und de-ren herausstechenden Eigenheiten, mitgroßem Interesse lesen.

Als Kinderarzt und Psychotherapeut hatmich die Abhandlung über Heilungs -hindernisse im fünften Kapitel besondersinteressiert. Auszüge daraus wurden ja be-reits im Kinder- und Jugendarzt veröffent-licht.

Wer sein Wissen über Leben und Werk desSamuel Hahnemann auffrischen möchte,ist mit dem sechsten und letzten Kapitel gutbedient.

„Homöopathie – Alles Gute für Ihr Kind“ist einer von vielen homöopathischen Rat-gebern. Dieses sehr schön gestaltete undübersichtliche Buch sticht jedoch durchseine Verfasser und deren erfahrenen Um-gang mit der alten, immer wieder auferste-henden Heilmethode Homöopathie ausder Wolkendecke. Dazu tragen sicher auchdie ergänzenden, beinahe schon als medi-zinphilosophisch zu bezeichnenden Zu-sätze bei.

Für interessierte Eltern in jedem Fall einesehr gute Wahl. Für die ärztlich-therapeuti-sche Diskussion freue ich mich dagegenwieder auf die nicht-homöopatischen Es-senzen und Potenzen aus der – bekannter-maßen sympathischen – Sparenborg-Nol-teschen Feder.

Dr. med. Hartmut Hägele, Ravensburg Red.: ge

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Magazin190

KINDER- UND JUGENDARZT 42. Jg. (2011) Nr. 3

Fortbildungstermine des BVKJ

Auskunft: Dr. med. Annette Kriechling, Inder Trift 2, 99102 Erfurt-Niedernissa, Tel.0361/5626303, Fax 0361/4233827 �

17.–19. Juni 2011

41. Kinder- und Jugendärztetag 2011

des bvkj e.V., Berlin

Auskunft: Berufsverband der Kinder- undJugendärzte, Mielenforster Str. 2, 51069Köln, Tel. 0221 / 6 89 09 15/16, Fax: 0221/6 89 09 78 ([email protected]) �

18.–19. Juni 2011

6. Praxisfieber Live Kongress für MFA inKinder- und Jugendarztpraxen

des bvkj e.V., Berlin

Auskunft: Berufsverband der Kinder-und Jugendärzte, Mielenforster Str. 2,51069 Köln, Tel. 0221 / 6 89 09 15/16,Fax: 0221/6 89 09 78 ([email protected]) �

9.–10. Juli 2011

Pädiatrie zum Anfassen

des bvkj e.V., LV Baden-Württemberg,Heidelberg

Auskunft: Dr. Andreas Scheffzek, FriedrichEbert-Anlage 23a, 69126 Heidelberg, Tel.06221/23404, Fax: 06221/21506 �

27. August 2011Jahrestagung des LV Sachsendes bvkj e.V., DresdenAuskunft: Dr. med. K. Hofmann, PF 948,09009 Chemnitz, Tel. 0371/33324130, Fax0371/33324102 �

Juni 2011

Juli 2011

August 2011

2.–3. September 201114. Seminartagung des LV Hessendes bvkj e.V., LV Hessen, Bad NauheimAuskunft: Dr. Josef Geisz, Bahnhofstr. 24,35576 Wetzlar, Tel. 06441/42051, Fax06441/42949 �

10.–11. September 2011Pädiatrie zum Anfassendes bvkj e.V., LV Hamburg, Bremen,Schleswig-Holstein und Niedersachsen,LübeckAuskunft: Dr. Stefan Trapp, Bremen, Tel.0421/570000, Fax 0421/571000;Dr. Stefan Renz, Hamburg, Tel. 040/43093690, Fax 040/430936969;Dr. Dehtleff Banthien, Bad Oldesloe, Tel.04531/3512, Fax 04531/12397Dr. Volker Dittmar, Celle, Tel. 05141/940134, Fax 05141/940139 �

8.–12. Oktober 201139. Herbst-Seminar-Kongressdes bvkj e.V., Bad OrbAuskunft: Berufsverband der Kinder- undJugendärzte, Mielenforster Str. 2, 51069Köln, Tel. 0221/68909-15/16, Fax: 0221/68909-78 ([email protected]) �

5.–11. November 2011Jahrestagung des LV Niedersachsendes bvkj e.V., VerdenAuskunft: Dr. med. Tilmann Kaethner undDr. med. Ulrike Gitmans �

19.–20. November 20119. Pädiatrie zum Anfassendes bvkj e.V., LV Bayern, BambergAuskunft: Dr. Martin Lang, Tag.-Leiter:Prof. Dr. C. P. Bauer, Bahnhofstr. 4, 86150Augsburg, Tel. 0821/3433583, Fax0821/38399 �

Oktober 2011

November 2011

September 2011

� CCJ GmbH, Tel. 0381-8003980 / Fax: 0381-8003988,[email protected]

� Schmidt-Römhild-Kongressgesellschaft, Lübeck, Tel. 0451-7031-202,Fax: 0451-7031-214, [email protected]

� DI-TEXT, Tel. 04736-102534 / Fax: 04736-102536, [email protected]

� Interface GmbH & Co. KG, Tel. 09321-9297-850, Fax 09321-9297-851,[email protected]

24.–27. März 2011

8. Assistentenkongressdes bvkj e.V., Dresden

Auskunft: Berufsverband der Kinder- undJugendärzte, Mielenforster Str. 2, 51069Köln, Tel. 0221/6 89 09 15/16, Fax: 0221/6 89 09 78 ([email protected]) �

2. April 2011

34. Pädiatreff 2011

des bvkj e.V., LV Nordrhein, Köln

und 3. Kongress PRAXISfieber-regio fürmedizinische Fachangestellte in Kinder-und Jugendarztpraxen

Auskunft: Dr. Thomas Fischbach, 42719Solingen, Fax 0212/315364; Dr. AntonioPizzulli, 50679 Köln, Fax 0221/818089;Dr. Herbert Schade, Mechernich, Fax02443/171403 �

29.–30. April 2011

9. Pädiatrie à la carte des LV Westfalen-Lippe

des bvkj e.V., Bielefeld

Auskunft: Dr. med. Uwe Büsching, Dr.med. Marcus Heidemann, Bielefeld, Tel.0521/85342, Fax 0521/83021 �

14. Mai 2011

24. Fortbildungsveranstaltungmit praktischen Übungen

der LV Rheinland-Pfalz und Saarland imbvkj e.V., Worms

Auskunft: Prof. Dr. Heino Skopnik, Kin-derklinik Stadtkrankenhaus GmbH, Ga-briel-von-Seidl-Str. 81, 67550 Worms, Tel.06241/501 3600, Fax 06241/501 3699 �

21. Mai 20111. Hebammen- u. Pädiaterkongress NRWOberhausen

Auskunft: Dr. Antonio Pizzulli, 50679Köln, Tel. 0221/813281, Fax 0221/818089;Dr. med. Thomas Fischbach, 42719 Solin-gen, Fax 0212/315364 �

21.–22. Mai 201121. Pädiatrie zum Anfassendes bvkj e.V., LV Thüringen, Erfurt

März 2011

April 2011

Mai 2011

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Magazin

KINDER- UND JUGENDARZT 42. Jg. (2011) Nr. 3

191

20 Jahre beim BVKJ

Am 18. Januar 2010 wurden in Köln im Rahmen einer gemein-samen Feier des Vorstandes mit den Mitarbeiterinnen der Ge-schäftsstelle Gabriele Gesse (rechts) und Birgit Jennebach (links)für ihre nunmehr 20-jährige Mitarbeit für den BVKJ geehrt. ge

� Praxistafel

Anzeigenaufträge werden grundsätzlich nur zu den Geschäftsbedingungen des Verlages abgedruckt,

die wir auf Anforderung gerne zusenden.

Kinder- u. Jugendarztpraxis in nordbayer. Großstadtbietet Mitarbeit in Voll/Teilzeit.

Option späterer Übernahme gegeben.

Kontakt über 0160 944 78781

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Zuschriften unter Chiffre 1897 KJA 3/11 an den Verlag er-beten.

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Kontakt: mobil Tel. 0162 9221840

� Tagungen und Seminare

1.–2. April 2011, FreiburgTheorieseminar zur Ausbildung zum AsthmatrainerBlock 2Info: Prof. Dr. med. J. Forster, Tel. 0761/27112801 oderwww.aabw.de

6.–9. April 2011, Aachen26. Jahrestagung der GPGE e.V. undFortbildungskurs KindergastroenterologieInfo: www.gpge2011.eu

31. Mai–1. Juni 2011, Heidelberg58. Tagung der Psychosozialen Arbeitsgemeinschaftin der Pädiatrischen Onkologie und Hämatologie:Nachsorge – Sorge danach. Spätfolgen und Versor-gungsangeboteInfo: www.kinderkrebsinfo.de

2.–4. Juni 2011, Osnabrück35. Fortbildungstagung: Das Bobath-Konzept– konkret –Info: www.bobath-vereinigung.de

24.–25. Juni 2011, BerlinImmunologische Summer School 2011Info: www.charite-ppi.de/ unter „Veranstaltungen“

9.–10. Juli 2011, Wangen/AllgäuTheorieseminar zur Ausbildung zum AsthmatrainerBlock 1Info: Dr. med. T. Spindler, Tel. 07522/7971211 oderwww.aabw.de

23.–24. Juli 2011, Wangen/AllgäuTheorieseminar zur Ausbildung zum AsthmatrainerBlock 2Info: Dr. med. T. Spindler, Tel. 07522/7971211 oderwww.aabw.de

26.–27. August 2011, BerlinPneumologisch-allergologische Summer School2011Info: www.charite-ppi.de/ unter „Veranstaltungen“

2.–4. November 2011, Frankfurt/Main59. Tagung der Psychosozialen Arbeitsgemeinschaftin der Pädiatrischen Onkologie und Hämatologie:Psychoedukative MaßnahmenInfo: www.kinderkrebsinfo.de

April 2011

Mai 2011

Juni 2011

Juli 2011

August 2011

November 2011

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Magazin192

KINDER- UND JUGENDARZT 42. Jg. (2011) Nr. 3

65. Geburtstag

Herrn Dr. med. Ulrich Spiegelberg,Hirschhorn, am 05.04.Herrn Dr. med. Roland Zintgraf, Lörrach,am 07.04.Frau Dr. med. Elisabeth Jaritz-Eigen-mann, Friedland, am 09.04.Herrn Dr. med. Michael Rasch, Schönfließ, am 12.04.Herrn Dr. med. Thomas Abel, Berlin,am 22.04.Herrn PD Dr. med. Dipl.-Psych. ChristianWolff, Hagen, am 27.04.

70. Geburtstag

Frau Dr. med. Barbara Gern, Bottrop,am 08.04.Herrn Dr. med. Jochen Rümler, Fürth,am 08.04.Frau Dr. med. Antje Hesse, Düsseldorf,am 17.04.Frau Dr. med. Hella Bennek, Leipzig,am 18.04.Herrn Dr. med. Gunter Meyer, Stuttgart,am 18.04.Herrn Dr. med. Uwe Obermann, Wegberg, am 19.04.Frau Dipl.-Med. Brigitte Wendel, Stahnsdorf, am 19.04.Herrn Dr. med. Hartmut Dornow, Hannover, am 21.04.Frau Dr. med. Maja Ewringmann, Königswinter, am 22.04.Herrn Dr. med. Ehrenfried Lachmann,Weiden, am 23.04.Herrn Dr. med. Wilfried Besch, Isernhagen, am 29.04.Frau Dr. med. Brigitte Eichler, Pfaffenhofen, am 30.04.

75. Geburtstag

Frau Dr. med. Gisela Nolte, Vastorf,am 05.04.Frau Dr. med. Liane Nitschke, Berlin,am 15.04.Frau Dr. med. Susanne Fleischmann,Köln, am 18.04.Herrn Dr. med. Khosrow Amirpour,Wolfsburg, am 23.04.Herrn Dr. med. Volker Jährig, Limbach-Oberfrohna, am 24.04.Herrn Prof. Dr. med. Klaus-Dieter Tympner, München, am 26.04.Herrn Dr. med. Jörg Woweries, Berlin,am 28.04.Herrn Dr. med. Klaus Gritz, Bleckede,am 29.04.

Frau Maria Prazenicova, Senftenberg,am 30.04.

80. Geburtstag

Frau Dr. med. Renate Köhler, Eisenach,am 04.04.Herrn Dr. med. Volker Schöck, Bielefeld,am 10.04.Frau Dr. med. Lieselotte Salzmann, Montabaur, am 17.04.Herrn Dr. med. Johann Schwenk, Achern,am 29.04.Herrn Dr. med. Friedrich Steiner, Bremen,am 30.04.

81. Geburtstag

Herrn Dr. med. Faruk Ömer Erdem, Izmir, am 01.04.Frau Dr. med. Gisela Feldheim, Kronshagen, am 21.04.

83. Geburtstag

Herrn Dr. med. Otto Oertel, Metzingen,am 01.04.Herrn Dr. med. Dipl.-Psych. Helmut Eller,Bonn, am 20.04.Frau Dr. med. Susanne Stein, Köln,am 25.04.

84. Geburtstag

Frau Dr. med. Sigrid Schönbohm, Königswinter, am 02.04.Herrn Dr. med. Rudolf Schlanstedt, Goslar, am 06.04.Frau Dr. med. Marlis Gleichauf-Dauber,Mainz, am 16.04.

85. Geburtstag

Herrn Dr. med. Bertold Klüser, Köln,am 04.04.

87. Geburtstag

Herrn Dr. med. Heinz Wilutzky,Bad Kreuznach, am 05.04.Frau Dr. med. Erika Kühl, Berlin,am 15.04.Herrn Prof. Dr. med. Fritz Hilgenberg,Münster, am 24.04.Herrn Dr. med. Robert Schulz, Hildesheim, am 25.04.

88. Geburtstag

Frau Dr. med. Lieselotte Wolde, Olpe,am 05.04.Herrn Dr. med. Edward Jung, Mölln,am 07.04.

Frau Dr. med. Käthe Kleine, Paderborn,am 16.04.Frau Dr. med. Maria Ott, Allensbach,am 24.04.

89. Geburtstag

Frau Dr. med. Margret Kern, Stuttgart,am 24.04.

91. Geburtstag

Frau Dr. med. Gertrud Aldick, Münster,am 10.04.Frau Dr. med. Agnes Cohors-Fresenborg,Münster, am 18.04.Frau Dr. med. Adelheid Hanfland, Arnsberg, am 27.04.

93. Geburtstag

Herrn Dr. med. Hans J. Wessolowski,Stade, am 05.04.Frau Dr. med. Margarete Höbener, Dortmund, am 29.04.

94. Geburtstag

Frau OMR Dr. med. Gisela Müller-Kern,Leverkusen, am 06.04.

96. Geburtstag

Frau Dr. med. Anna Moesgen, Bonn,am 22.04.

97. Geburtstag

Frau Dr. med. Else Wegmann, Bremen,am 30.04.

101. Geburtstag

Herrn Dr. med. Ernst Lenth, Alsfeld,am 04.04.

Wir gratulieren zum Geburtstag im April 2011

Wir trauern um:

Frau Dr. med. Gisela Blase,Heilbad Heiligenstadt

Herrn Dr. med. Thomas Köhler, Wiesbaden

Frau Theda Nehring, Syke

Frau Dr. med. Jutta Maria Schilgen-Vetter, Wolfsburg

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Magazin193

KINDER- UND JUGENDARZT 42. Jg. (2011) Nr. 3

Landesverband Baden-Württemberg

Herrn Dr. med. Hendryk SchneiderFrau Dr. med. Jutta StitzHerrn Dr. med. Bernd SchindlerFrau Yaa Sasraku NipahHerrn Dr. med. Christoph MerzkirchFrau Dr. med. Claudia ReherFrau Julia Anna MöllerFrau Myriam TriebFrau Dr. med. Sonja RefleFrau Dr. med. Marena Rebekka NiewischFrau Dr. med. Christiane FiedlerFrau Dr. med. Heike ReimannFrau Lisa HeinrichFrau Dr. med. Renate SteinerFrau Silke VogtFrau Daniela Daser

Landesverband Bayern

Herrn Dr. med. Johannes Josef UrbanFrau Dr. med. Eva-Kristina Soballa-StehrFrau Dr. med. Corinna JansmaHerrn Dr. med. Andreas NowackHerrn Konstantinos SoulisFrau Dr. med. Alexa RothHerrn Dr. med. Fritz SchnebleFrau Andrea Johanna KlötzerFrau Dr. med. Doris GeisslerFrau Dr. med. Isabel AntoniFrau Dr. med. Tanja BittnerFrau Dr. med. Angela PfefferFrau Dr. med. Eva VotrubecFrau Frauke SchäferFrau Dr. med. Silvia AugustinFrau Susan SiegelFrau Dr. med. Alexia Horelt-Ernou

Landesverband Berlin

Frau Dr. med. Karin Jaroschenko-ZeilerFrau Cordula FrohoffFrau Cornelia KenneckeFrau Nina WildnerFrau Olesja SchoetzkeHerrn Martin ZurekFrau Ae-Rie ImFrau Stefanie Lenze

Landesverband Brandenburg

Frau Maria PrazenicovaFrau Manuela Görsdorf

Landesverband Sachsen

Frau Dr. med. Constanze HeineFrau Sandra WeineltFrau Dr. med. Ramune Kaiser-

MykolaitieneHerrn Dr. med. Ronald AdlerHerrn Dr. med. Christian SpeckmannHerrn Peter FischerFrau Jenny GösselFrau Julia Marie BöhmFrau Kristin BaumgartHerrn Peter FriedrichFrau Eileen HempelHerrn Dr. med. Felix ReschkeFrau Doreen SchnoorHerrn Arnd SperlingFrau Nadine SchneiderFrau Dr. med. univ. Sophie HeyselFrau Kristina StamosFrau Christin FernerFrau Cornelia Ermisch

Landesverband Sachsen-Anhalt

Frau Martina HagenbergFrau Kristin Brockauf-KnotheFrau Adda von Specht

Landesverband Thüringen

Frau Petra WinterFrau Monika ViefeldFrau Nele MalarskiFrau Dr. med. Julia JohneFrau Christina KühnFrau Dr. med. Katja BehrFrau Konstanze Lang-BöhmFrau Franziska JaenickeFrau Dr. med. Susann Schneider

Landesverband Westfalen-Lippe

Frau Anne RodewigFrau Dr. med. Sabine PetersFrau Maria LiapiFrau Verena OtteFrau Melanie HäberlenFrau Dr. med. Dörte WielandFrau Judith VerbeekFrau Dr. med. Isabel EngauFrau Dr. med. Gabi RönndahlFrau Christin Zander

Frau Elena BuciuFrau Julia von Horlacher

Landesverband Hamburg

Herrn Oliver SchnabelHerrn Jakob Olfe

Landesverband Hessen

Herrn Markus WaitzFrau Sabrina VölkleinFrau Dr. med. Angelika SchultzeFrau Anke Abou SaifFrau Irina Glatz

LandesverbandMecklenburg-Vorpommern

Herrn Dr. med. Frank KirchhoffFrau Ulrike MichelFrau Dr. med. Catrin Scheller

Landesverband Niedersachsen

Frau Anna Franziska NorrenbrockFrau Nina UnruhHerrn Dr. med. Thomas GrubbaHerrn Dr. med. Stefan PiefkeFrau Kirsten LöhmannHerrn Fouad Harfousch

Landesverband Nordrhein

Frau Andrea WülfrathHerrn Dr. med. Sea-Hyun LeeFrau Dr. med. Michaela KörberFrau Kristina MeyerHerrn Jonas HoppeFrau Anna Caroline BürgerFrau Sophia HömbergFrau Dr. med. Sonja VatheuerFrau Dr. med. Nicole TreptauFrau Dt. med. Sabine LaufenbergFrau Diana Patricia Gomez AlcazarFrau Ariane Melanie JaegerHerrn Dr. med. Jörn Giehler

Landesverband Rheinland-Pfalz

Frau Monika DetzelFrau Anna IvanovFrau Dr. med. Katharina Louise NillesHerrn Dr. med. Rouven PetermannFrau Dr. med. Anna WalterFrau Dr. med. Anke WenzelFrau Dr. med. Laura GöringerHerrn Sebastian Schlotter

Als neue Mitglieder begrüßen wir

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Nachrichten der Industrie

KINDER- UND JUGENDARZT 42. Jg. (2011) Nr. 3

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Ob es dieses Gespräch beim Ärzte-stammtisch gibt? – „Stell Dir vor, ich habegerade meine erste klinische Prüfung ab-geschlossen. Acht Patienten. Mal sehen, obdaraus ein Medikament wird.“ – „Ach, soviel Arbeit, und all die Vorbereitung. Unddann musst Du es den Patienten erklären.“– „Ich mache nur diejenigen Studien, vondenen ich überzeugt bin“. – „Trotzdem: so-viel extra Arbeit.“ – „Na ja, für die extra Ar-beit gibt es auch ein extra Honorar.“ –„Aha – ich verstehe.“

Ob der Kollege es verstanden hat? Im-merhin: klinischer Prüfer kann jeder Arztwerden, bei den meisten Studien mussman aber seine Facharztprüfung nachwei-sen können. Zusätzlich kommt eine Aus-bildung in Good Clinical Practice“ – diessind die Regeln, die bei klinischen Prüfun-gen anzuwenden sind, viele sind im Arz-neimittelgesetz und in den entsprechen-den Verordnungen zu finden, andere sindeinfach Regeln (so wie es Leitlinien gibt).Die Ausbildung dauert, wenn man dasnoch nie gemacht hat, knapp zwei Tage, beieinigen Ärztekammern kann man auch ei-nen Tag sowie On-line-Learning undSelbststudium kombinieren. Die Ausbil-dung gibt es teilweise kostenlos, teilweisemuss man dafür zwischen 100 und 500Euro zahlen. Sie findet meist an Wochen-enden statt, Verzeichnisse und Orte kannman im Internet finden.

Welche wesentlichen Punkte lernt mandort?

� Was eine klinische Prüfung ist (undwas nicht)

� Wozu klinische Prüfungen durchge-führt werden

� Gesetzliche Anforderungen

� Ethische Voraussetzungen und wozuEthik-Kommissionen da sind

� Arzneimittelgesetz, Good ClinicalPractice – Verordnung, Berufsordnung

� Aufklärung und Zustimmung der Prü-fungsteilnehmer

� Pflichten und Aufgaben von Prüfern

� Dokumentation von Befunden

� Unerwünschte Begleiterscheinungen:Definition und Meldepflichten

� Qualitätskontrolle durch Monitoring,Audit und Inspektion

Einfach ist es für alle, die in der Ausbil-dung an Klinik und Praxis schon einmalbei klinischen Prüfungen mitgearbeitethaben. Immer aber braucht man andere:nichtärztliches Studienpersonal, das dieDinge tut, für die es keinen Arzt braucht,organisieren eben, oft auch dokumentie-ren.

Welche Risiken kommen auf mich zu?Jeder Patient und Proband ist durch eineProbandenversicherung gegen Schädendurch die Studie abgesichert. Für Sie selberbedeutet die Studie keine zusätzlichen Ri-siken, wenn Sie ihre ärztlichen Pflichtengewissenhaft beachten und es nicht zu Be-trug oder Urkundenfälschung kommt.Ganz selten haben Kolleginnen und Kolle-gen gegen solche Regeln verstoßen, dannallerdings mit zivil- und strafrechtlichenFolgen.

Wenn man grundsätzlich findet, klini-sche Prüfungen seien interessant und manmöchte als Prüfer daran teilnehmen, so isteine Fortbildung wie oben beschriebeneinfach die Voraussetzung. Sicher könnteman die Fortbildung auch dann noch ma-chen, wenn man sich dafür entschiedenhat, für eine bestimmte Prüfung als Prüfertätig zu sein – aber das führt zu Verzöge-rungen von Wochen, da die Ethik-Kom-missionen auf dieser Fortbildung als Vo-raussetzung zu Recht bestehen. Und dannkann die klinische Prüfung schon begon-nen haben, und so spät kann man nichtmehr „einsteigen“.

Welche Fragen sollten Sie sich stellen,wenn der Vertreter eines Sponsors, meistaus der pharmazeutischen Industrie, anSie mit der Frage der Teilnahme herantritt?1. Welche Gründe gibt der Sponsor an,

warum diese klinische Prüfung durch-geführt werden soll? Schreibt er nur,dass man „Wirksamkeit und Verträg-lichkeit untersuchen“ will, oder gibt ersich damit mehr Mühe? Ist diese klini-sche Prüfung aus meiner Sicht sinnvoll?Ist sie geeignet, die wissenschaftlicheErkenntnis voranzubringen? Brauchtman sie, um ein neues, notwendigesMedikament oder einen neuen Impf-stoff zu entwickeln?

2. Kann ich diese klinische Prüfung mei-nen Patienten zumuten? Würde ich

mich selbst in eine solche klinische Prü-fung einschließen lassen? Mit welchenRisiken ist die Teilnahme verknüpft?Welche Vorteile haben die teilnehmen-den Patienten?

3. Habe ich Patienten wie sie für diesePrüfung gebraucht werden? Wenn icheinmal alle Patienten dieser Indikationder vergangenen drei Monate vor mirim Geist vorüberziehen lasse – wie vielehätte ich in die Studie einschließenkönnen?

4. Könnte ich diese Patienten – bei Impf-studien: beide Eltern – davon überzeu-gen, teilzunehmen? Ist die Patienten-aufklärung verständlich?

5. Wie viel Zeit muss ich pro Patient undpro Patientenbesuch für diese Studieaufwenden?

6. Habe ich und haben meine Praxisange-stellten oder Schwestern und Pflegerausreichend Zeit dafür? Für wie vielePatienten? Muss man den Umgang mitelektronischen Systemen (neu) erler-nen, wie lange dauert das, und nutztmir dieses Können auch zukünftig?

7. Ist das Prüfungshonorar angemessenfür diesen Aufwand (nach Abzug derSteuern)?Erst wenn Sie diese Fragen ausreichend

beantworten können sollten Sie sich füreine solche Prüfung verpflichten. Hinzukommt, dass die Vorbereitung auf eine sol-che Studie, abgesehen von sehr seltenenErkrankungen, sich nur lohnt, wenn manmehr als ein paar Patienten einschließenkann. Eine einfache Regel lautet: die aufge-wandten Stunden ärztlicher und nicht-ärztlicher Tätigkeit, die wegen der Studieanfallen, sollten durch das Studienhonorarmindestens gedeckt sein.

Und dann schauen Sie sich den Vertraggenau an:1. Sind die Aufgaben und Rechte der Ver-

tragspartner gut definiert?2. Sind die Zahlungen und Zahlungswei-

sen klar beschrieben?3. Ist sicher, dass die Ergebnisse der Studie

veröffentlicht werden?4. Ist die Haftung klar geregelt?5. Ist gewährleistet, dass bei Abbruch der

Studie die bis dahin erbrachten Studi-enleistungen bezahlt werden?

Eine besondere Kompetenz:Prüfärztin und Prüfarzt in klinischen Studien

Page 46: Zeitschrift des Berufsverbandes der Kinder- und ...60.)Jahrgang2011/kja03_2011.pdf · Die häufigste Fraktur des Mit-telfußes ist die Basisfraktur von Metatarsale V. Der Frak-turspalt

6. Übernimmt der Sponsor administra-tive Aufgaben wie etwa die Meldung beider Aufsichtsbehörde und die Einrei-chung bei der Ethik-Kommission?

7. Was passiert, wenn man sich nicht einigwird? Ist der Gerichtsstand in Deutsch-land, d.h. nach deutschem Recht?Klinische Prüfung kann also Freude

machen – wenn man auswählt. Es gibtauch Studien, die nicht dem Arzneimittel-gesetz unterliegen – aber Qualität gehörtimmer dazu. Dazu können gehören:1. Untersuchungen ohne ein Arzneimit-

tel, etwa um genetische Parameter beiPatienten mit einer bestimmten Er-krankung bestimmen und in Bezie-hung zu klinische Daten setzen zu kön-nen; dazu muss man oft Blut abneh-

men. Juristisch bezeichnet man dies als„biomedizinische Forschung am Men-schen“, und dazu gehört eine berufs-rechtliche Beratung durch die zustän-dige Ärztekammer – vor der Studie.

2. Beobachtungsstudien, bei denen keine„Intervention“ erfolgt, d.h. Sie doku-mentieren nur das, was Sie auch sonstdokumentieren.

3. Epidemiologische Studien: dort wirdetwa untersucht, ob bei Geimpften imVergleich zu nicht geimpften Proban-den eine Erkrankung in anderer Häu-figkeit auftritt. Die Probanden sind be-reits vor der Studie geimpft – ansonstenwäre es ja eine klinische Prüfung.Es ist schade, dass nur relativ wenige

Ärzte an klinischer Forschung teilnehmen.

GlaxoSmithKline führt in Deutschland je-des Jahr Studien an mehr als tausend Zen-tren durch, in Klinik und Praxis. Über 98%der befragten Ärzte sagen in der jährlichenPrüferzufriedenheitsumfrage, dass sieauch weiter gerne als Prüfer tätig sind.

Haben Sie Interesse als Prüfarzt für GlaxoSmithKline GmbH & Co. KG tätigzu werden, dann schicken Sie bitte dasbeiliegende Formular an uns.

Ihr

Dr. med. Michael HerschelArzt für Klinische PharmakologieLeiter Klinische ForschungGlaxoSmithKline GmbH & Co. KGTheresienhöhe 1180339 München

Nachrichten der Industrie

KINDER- UND JUGENDARZT 42. Jg. (2011) Nr. 3

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Ich habe Interesse als Prüfarzt tätig zu werden.

1. Anschrift der Praxis/Klinik: ______________________________________

______________________________________ Email-Adresse: ______________________________

2. Erfahrung im Bereich der Durchführung von Klinischen Studien: � JA � NEIN

3. Falls Erfahrung vorhanden, in welchen Indikationen wurden bisher Studien durchführt:

_____________________________________________________________________________________________________________

4. Haben Sie bereits ein ICH-GCP-Training absolviert? � JA � NEINWenn ja: � 1 Tag oder � 2 Tage

5. Blutentnahmen bei Kindern im Rahmen von Studien sind möglich? � JA � NEIN

6. Gibt es studienerfahrenes Personal (Arzthelferin, Studienkoordinator) an Ihrem Zentrum? � JA � NEIN

7. Gibt es einen oder mehrere weitere Ärzte an Ihrem Zentrum? � JA, wie viele? � NEIN

8. Welcher Interessenschwerpunkt liegt vor?� Prophylaktische Studien (z.B. Impfstoffstudien)� Therapeutische Studien (z.B. Asthmastudien etc.)� Epidemiologische Studien

Sonstiges/Kommentare:

_______________________________________________________________________________________________________________

_______________________________________________________________________________________________________________

_______________________________________________________________________________________________________________

„Ich willige ein, dass die übermittelten Informationen und personenbezogenen Daten im Zusammenhang mit einer (möglichen)Prüfarzttätigkeit unter Beachtung des Datenschutzes innerhalb des GlaxoSmithKline-Konzerns gespeichert, verarbeitet undgenutzt werden. Mir ist bekannt, dass ich jederzeit diese Einwilligung gegenüber GlaxoSmithKline GmbH & Co. KG, Theresien-höhe 11, 80339 München widerrufen kann.“

____________________________________________________________________________Ort, Datum, Unterschrift Vielen Dank für Ihre Angaben!

Fragebogen bitte an GlaxoSmithKline GmbH & Co. KG faxen: 089-360 44-8696

� �

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Nachrichten der Industrie

KINDER- UND JUGENDARZT 42. Jg. (2011) Nr. 3

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Ohrenschmerzen sind eines der häu-figsten Probleme mit dem Kinder in derpädiatrischen Praxis vorgestellt werden.Die physiologischen Bedingungen im Kin-desalter – gehäufte Infekte der oberenLuftwege, kurze und horizontal verlau-fende Paukenröhre und daraus resultie-rend eine schlechte Belüftung des Mittel-ohrs – begünstigen akute Infektionen derPaukenhöhle (akute Otitis media, AOM).Als Sonderform der Mittelohrentzündungkann eine chronisch suppurative Otitismedia (CSOM) auftreten, bei der einechronische Entzündung mit typischenKeimen (Pseudomonas aeruginosa, Sta-phylococcus aureus) bei zentral perforier-tem Trommelfell persistiert. Entzündun-gen des Außenohrs treten dagegen gehäuftbei verstärktem Wasserkontakt in der Ba-desaison („Badeotitis“) oder durch un-sachgemäße Verhaltensweisen (Reinigungdes Gehörgangs mit Wattestäbchen,Fremdkörperinsertion) auf.

Die diagnostische Abgrenzung von Oti-tis media und Otitis externa kann unterUmständen schwierig sein. Besonders beistark geschwollenem oder verlegtem äuße-ren Gehörgang ist eine Beurteilung desTrommelfells oft nicht möglich, und esmüssen weitere Kriterien herangezogenwerden1.

Hilfreich sind hier Infektanamnese, kli-nischer Befund, Schmerzcharakter undFunktionsprüfung. Der AOM geht meistein Infekt der oberen Atemwege voraus(Häufigkeitsgipfel in den Infektjahreszei-ten), die Körpertemperatur ist häufig er-höht, das Allgemeinbefinden herabgesetzt.Falls beurteilbar ist das Trommelfell hoch-rot, getrübt und vorgewölbt, im Perforati-

onsfall tritt eitriges, geruchloses, pulsie-rendes Sekret auf. Der Schmerz wird vonden Kindern als dumpf und in der Tiefedes Ohres empfunden und verstärkt sichdurch Schlucken oder Tubenmanöver. DieSchallleitungsfähigkeit ist eingeschränkt,das Hörvermögen herabgesetzt. Die OEdagegen tritt meist ohne vorangegangenenInfekt und in der Regel ohne Fieber auf,das Allgemeinempfinden ist mit Aus-nahme der als stark und stechend empfun-denen Schmerzen, insbesondere bei me-chanischer Erweiterung des Gehörgangs,nicht beeinträchtigt. Kennzeichnend sinddie Sekretbildung, starke Rötung undSchwellung des Gehörgangs. Nur bei voll-ständiger Verlegung kommt es zu einerEinschränkung der Schallleitungsfähig-keit1.

Während sich bei der Therapie derAOM das Konzept des „Watchful Waiting“etabliert hat, sollte bei der OE eine rascheIntervention im Vordergrund stehen. Ne-ben der Reinigung des Gehörgangs kommtdabei der Beseitigung der Erreger und ab-schwellenden Maßnahmen besondere Be-deutung zu2. Die entsprechenden HNO-Leitlinien empfehlen zur Beseitigung derhäufigsten Erreger Pseudomonas aerugi-nosa, Staphylococcus aureus und Proteusmirabilis eine antibiotische Lokalther-apie3. Bewährt hat sich dabei der WirkstoffCiprofloxacin4. Bei der Wahl eines Präpa-rates sollten neben dem Wirkstoff auchGalenik und Zusammensetzung berück-sichtigt werden: gute Benetzung und Haf-tung, ototoxisch unbedenkliche Inhalts-stoffe und ein an das Ohrmilieu angepass-ter pH tragen zu Effektivität und Sicher-heit der Behandlung bei. Mit Panotile®

Cipro Ohrentropfen steht ein Präparat mitlipohilen und viskösen Eigenschaften(gute Haftung und Benetzung) und gutans Ohrmilieu angepasstem pH 5,3–6,3zur Verfügung, das zudem den HilfsstoffGlycerol enthält, der für seine abschwel-lende Wirkung bekannt ist. Als einzige Ci-profloxacin-haltige Ohrentropfen kommtPanotile® Cipro dank Einmaldosisbehält-nissen ohne potentiell ototoxische Konser-vierungsstoffe aus5. Die hohe Therapiesi-cherheit spiegelt sich auch in der Tatsachewider, dass Panotile® Cipro als einzigesPräparat auch zur leitliniengerechten lo-kalen Therapie der chronisch eitrigen Oti-tis media mit Trommelfelldefekt zugelas-sen ist3,5. Panotile® Cipro kann auch bei lie-genden Paukenröhrchen angewendet wer-den6. Der behandelnde Pädiater hat mitPanotile® Cipro also ein Arzneimittel zurVerfügung, das bei OE auch mit unklaremTrommelfellbefund, bei chronischer Otitismedia mit Trommelfelldefekt oder liegen-den Paukenröhrchen eine effektive und si-chere Beseitigung der Erreger gewährleis-tet und so rasch zu einer Besserung der Be-schwerden des Patienten beiträgt.

Quellen:

Meyer F., Der Hausarzt 2005, 11:51

Michel O. et al., HNO-Nachrichten 2009, 4:28

Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für HNO-Heilkunde, Kopf- und Halschirurgie, Stand11/2008, http://leitlinien.net/ , 3.2.2011

Drehobl M. et al., Curr Med Res Opin 2008,24(12):3531

Fachinformation Panotile Cipro, Stand 5/2007

Miró N. et al., Otolaryngol Head Neck Surg 2000,123:617

Nach Informationen von Pierre FabrePharma GmbH, Freiburg

Effektive Therapie von Ohrenschmerzen

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Die Säuglingshaut unterscheidet sichdeutlich von der Hautstruktur des Er-wachsenen und ist mit dieser nicht ver-gleichbar. Somit ist auch die Hautschutz-barriere in den ersten Lebensjahren nochnicht voll entwickelt (2, 3, 4). Bei der Pflegeder Säuglingshaut sollte dies berücksich-tigt werden. Denn kommen zu einer erbli-chen Disposition noch zusätzlich negativeAußenfaktoren wie etwa eine falscheHautpflege, aggressive Seifen und hartesWasser dazu, kann die Barrierefunktionbeeinträchtigt und das Eindringen vonAllergenen begünstigt werden.

Erste evidenzgestütztePflegeempfehlungen

Die 2009 erstmals vorgelegten evidenz-gestützten Pflegeempfehlungen zur Reini-gung gesunder Säuglingshaut wurden nundurch einen Review wissenschaftlicherStudien bestätigt, den die Charité-Univer-sitätsmedizin Berlin gemeinsam mit Wis-senschaftlern von Johnson & Johnsondurchgeführt hat (5).

Die Experten empfehlen, Neugeboreneund Säuglinge nach Abfallen des Nabel-schnurrestes zwei bis dreimal in der Wochezu baden. Baden hat keinen negativen Ein-fluss auf die Barrierefunktion und ist demWaschen mit einem Waschlappen vorzu-ziehen. Das Wasser sollte 37–38 °C warmsein und das Bad nicht länger als 5–10 Mi-

nuten dauern. Milde Badezusätze für dieSäuglingspflege reinigen sogar besser alsWasser alleine. Sie beeinflussen den pH-Wert der Haut nicht negativ und reinigendie Haut auch von fettlöslichen Substan-zen wie Fäkal- und Cremeresten. Eine an-schließend verwendete Babypflege-Cremeverbessert darüber hinaus die physiologi-sche Barrierefunktion der Haut.

Öle in der Säuglingspflege

Öle sind wichtige Bestandteile derSäuglingshautpflege. Sowohl pflanzlicheals auch Paraffinöle besitzen pflegende Ei-genschaften und können zum Schutz derHautbarriere im Säuglingsalter beitragen.Eine Präferenz für Öle auf Pflanzen- bzw.Paraffinölbasis gibt es aus wissenschaftli-cher Sicht jedoch nicht. Wichtig für dierichtige Auswahl des geeigneten Öls sindvielmehr die Beschaffenheit der Säuglings-haut sowie der Verwendungszweck.

Pflanzenöle besitzen einen vielfältigenWirkcharakter, da sie oftmals weitere wert-volle Wirkstoffe enthalten wie zum Bei-spiel Phytosterine und Vitamin E (6). Li-nolensäure, etwa in Nachtkerzenöl, hateine entzündungshemmende und hydrati-sierende Wirkung und wird bei sehr tro-ckener und atopischer Haut empfohlen (7,8). Wenn Pflanzenöle zur Hautpflege ein-gesetzt werden, sollten sie einen hohenReinheitsgrad aufweisen und speziell für

die Säuglingshautpflege geeignet sein.Gänzlich ungeeignet sind Speiseöle odersolche, mit hohem Anteil an Ölsäure (wiein Olivenöl), da bereits eine geringe Mengedie Hautbarriere schädigen kann (9).

Paraffinöle in kosmetischer bzw. phar-mazeutischer Qualität hingegen weiseneine ausgezeichnete Hautverträglichkeitund Sicherheit auf, nicht zuletzt, weil siekeine zusätzlichen Wirkstoffe und damitkeine potenziellen Allergene enthalten. Siesind daher insbesondere bei empfindlicherund zu Allergien neigender Haut empfeh-lenswert. Da Paraffinöle nicht wie Pflan-zenöle auf der Haut aufgespalten werden,hält der schützende Effekt länger an (8).

Literaturangaben(1) Oord van den R et al. (2009), BMJ; 339:b2433 (2) Chu M et al. (2010), Poster at ICP Congress,

Johannesburg(3) Nikolovski J et al. (2008), J Invest Dermatol;

128:1728-1736(4) Stamatas GN et al. (2010), Pediatric Dermatol;

27(2):125-131(5) Blume-Peytavi U et al. (2011), Pediatric Der-

matol (submitted)(6) Garcia Bartels N et al. (2009), Skin Pharmacol

Physiol; 22:248-257 (7) Kerschbaum, S, Schweiger, P (2001), Infor -

mationen für die Pflanzenproduktion, Sonder-heft 1, Forchheim

(8) Schürer N (1998), Kosmet Med, 19(5):279(9) Cork MJ et al. (2008), ISAD Poster

Nach Informationen der Johnson & JohnsonGmbH, Neuss

KINDER- UND JUGENDARZT 42. Jg. (2011) Nr. 3

Die Bedeutung einer intakten Hautschutzbarriere im Säuglingsalter für die Prävention atopischer Hauterkrankungen ist be-kannt. Vor allem in den ersten Lebensjahren neigt die Haut bei einer Störung der Hautschutzbarriere verstärkt dazu, Ekzemeoder eine atopische Dermatitis zu entwickeln. Eine adäquate Hautpflege mit speziell für diese Altersgruppe entwickelten Pro-dukten kann einen wichtigen Beitrag leisten, die Barrierefunktion nicht nur intakt zu halten, sondern auch die Hautbarriere po-sitiv zu beeinflussen (1).

Nachrichten der Industrie197

Richtige Hautpflege im Säuglingsalterkann Hauterkrankungen vorbeugen

Expertenmeinung: Pflanzen- oder Paraffinöl – Was ist zu berücksichtigen?Ulla Busmann, Pflegepädagogin, Essen: „Nicht alle Öle sind für jedes Kind geeignet. Die Beschaffenheit der Säuglingshaut, d.h.

ob sie zum Beispiel eher trocken ist oder das Kind zu Allergien oder gar Hautekzemen neigt, spielt eine große Rolle. Es sollten nurÖle mit hohem Reinheitsgrad verwendet werden, die nachweislich für die Hautpflege von Babys geeignet sind. Grundsätzlich habenPflanzenöle positive Eigenschaften und oft auch einen zusätzlichen Nutzen. Sie enthalten ungesättigte Fettsäuren und weitere Inhalts-stoffe mit Wirkcharakter.

Einige der über 40 Pflanzenölsorten haben aber auch ein bekanntes Allergiepotenzial, z.B. Erdnuss- und Sesamöl. Paraffinöle ent-halten demgegenüber keine weiteren Wirkstoffe und haben kein allergenes Potenzial. Sie können bedenkenlos eingesetzt werden.

Ein Hinweis zur Reinigung beim Baden: Es reicht nicht, reines Öl ins Badewasser zu geben. Das alleine hat keinen reinigenden Ef-fekt und führt eher dazu, dass das Kind eine ölige Haut bekommt und leicht durch die Hände gleiten kann. Deshalb rate ich immerzu einem Einsatz von milden Babyreinigungsprodukten und Babybadeölen, die für die Reinigung der Säuglingshaut entwickelt wur-den und dafür nachweislich geeignet sind.“

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198Wichtige Adressen

Präsident des BVKJ e.V. Tel.: 02732/762900

Dr. med. Wolfram Hartmann E-Mail: [email protected]

Vizepräsident des BVKJ e.V. Tel.: 08671/5091247

Prof. Dr. med. Ronald G. Schmid E-Mail: [email protected]

Pressesprecher des BVKJ e.V. Tel.: 030/3626041

Dr. med. Ulrich Fegeler E-Mail: [email protected]

Sprecher des Honorarausschusses des BVKJ e.V.Dr. med. Roland Ulmer E-Mail: [email protected]

Sie finden die Kontaktdaten sämtlicher Funktionsträger des BVKJ unter www.kinderaerzte-im-netz.de und dort in

der Rubrik „Berufsverband“.

Geschäftsstelle des BVKJ e.V.

Hauptgeschäftsführer: Dipl.-Kfm. Stephan Eßer Tel.: 030/28047510, Tfx.: 0221/683204

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Verhandlungsbevollmächtigter: Herr Klaus Lüft E-Mail: [email protected]

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