Zeitschrift für Naturforschung / B / 17...

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306 H. BERG UND H. E. JACOB Biologische Wirkungen photochemischer Wasserstoffperoxydbildung 1. Mitt.: Cytotoxische Effekte von Anthrachinonsulfonsäuren in bestrahlten Suspensionen von Proteus vulgaris Yon H. B erg und H.-E. J acob Aus der Deutschen Akademie der Wissenschaften zu Berlin, Institut für Mikrobiologie und experimentelle Therapie Jena (Direktor Prof. Dr. med. H. K nöll ) (Z. Naturforschg. 17 b, 306—309 [1962] ; eingegangen am 18. November 1961) Die photochemische H20 2-Bildung wird als eine weitere Möglichkeit geprüft, um cytotoxische Effekte in der Mikrobiologie hervorzurufen. Suspensionen von Proteus vulgaris (SG 2), die Anthra chinonsulfonsäuren in einer Konzentration von 6-10~4-m. enthalten, werden mit Licht der Wellen längen > 360 m^ bestrahlt und einerseits die resultierende H20 2-Konzentration gemessen, anderer seits die Keimzahlen zu verschiedenen Zeiten bestimmt. Unter vorliegenden Bedingungen wird eine so starke Wirkung erzielt, daß bei Versuchsende ein Bruchteil der eingesetzten Bakterien vermeh rungsfähig bleibt. Aus dem Vergleich mit zugesetztem H20 2 wird gefolgert, daß sich die oxydations freudigen Radikale OH und H02 maßgeblich an der cytotoxischen Wirkung beteiligen. Durch grundlegende Untersuchungen der War- bürg- Schule1 wurde gezeigt, daß in der Haupt sache strahlenchemisch gebildetes Wasserstoffper oxyd für die Glykolysehemmung2 von Ascites-Tu- morzellen verantwortlich zu machen ist. Einen zweiten Weg zur Erzeugung von Wasser stoffperoxyd in Zellsuspensionen gehen G logner, W olf und H olzer 3 sowie T iedemann und Mitarbb.4, indem sie ein organisches Redoxsystem (mit positi vem Redoxpotential unter „physiologischen Stan dardbedingungen“ z. B. Methylenblau, Naphtho- chinon, Phenanthrenchinon) als Wasserstoffakzeptor für die Zell-Dehydrasen zusetzen und kontinuierlich oder plötzlich durch Luftsauerstoff reoxydieren las sen. Das dabei entstehende H202 zeigte bei Ascites Tumorzellen die erwartete Glykosehemmung. Nunmehr soll über einen dritten Weg: die Bil dung von H20 2 aus einem photochemischen Kreis prozeß 5 und die Wirkung, zunächst in einer Bak teriensuspension, berichtet werden. Der Suspension wird ein photoreduzierbares or ganisches Redoxsystem (mit negativem Redox potential unter „physiologischen Standardbedingun gen“) zugesetzt und entsprechend seiner langwelli gen Absorption (n —> n* Übergang) belichtet. Die 1 a) 0. W arburg, K. Gawehn u . A. W. Geissler, Z. Natur forschg. 12 b, 393 [1957]. b) 0. Warburg, W. Schröder, H. Gewitz u . W. Völker, Naturwissenschaften 45, 192 [1958]. c) O. W arburg , Naturwissenschaften 46, 25 [1959]. 2 H. Holzer u . S. Frank, Angew. Chem. 70, 570 [1958]. 3 P. Glogner, H. P. W olf u . H. Holzer, Biochem. Z. 332, 407 [I960]. entstehende reduzierte Form (Hydrochinon, Leuko verbindung) wird bekanntlich6 durch anwesenden Gelöstsauerstoff unter Bildung von H202 reoxydiert nach folgendem Brutto-Schema: hv Q— Q* (i) Q* + DH2--*QH2 + D (2) QH 2+ O2—>Q + H202 (3) worin bedeuten: Q oxydierte Form (Chinon), qh 2 reduzierte Form (Hydrochinon), Q* angeregtes Chinon, DH2 Wasserstoffdonator. Aus Gründen der Stabilität und schnellen Photo reduktion wurde für Q in vorliegender Mitteilung hauptsächlich Anthrachinon-2-sulfonsäure (A2Q) verwendet. Das physiologische Standardpotential E liegt bei —0,25 V, das Halbstufenpotential (jty.) bei —0,52 V gegen NCE in Phosphatpuffer. Als DH2 können Alkohole, Zucker, Aminosäuren, Pro teine und sogar Wasser fungieren. Die gemeinsame Wirkung von Photosensibilisa tor, Licht und Sauerstoff bezeidhnete R aab 7 als photodynamischen Effekt. 4 a) H. Tiedemann, H.-J. Risse u . J. Born, Z. Naturforschg. 13 b, 657 [1958]. b) H. Tiedemann u . H. J. Risse, Z. Na turforschg. 16 b, 120 [1961]. 5 H. B erg , Habil.-Schrift, Jena 1960. 6 a) Th. James, I. M. Snell u. A. W eissenberger, J. Amer. chem. Soc. 60. 98, 2084 [1938]. b) D. H. Porter, D.A.S. 1 079 604 ref. C 131. 16 859 [I960]. 7 O. R aab , Z. Biol. 39, 524 [1900], This work has been digitalized and published in 2013 by Verlag Zeitschrift für Naturforschung in cooperation with the Max Planck Society for the Advancement of Science under a Creative Commons Attribution-NoDerivs 3.0 Germany License. On 01.01.2015 it is planned to change the License Conditions (the removal of the Creative Commons License condition “no derivative works”). This is to allow reuse in the area of future scientific usage. Dieses Werk wurde im Jahr 2013 vom Verlag Zeitschrift für Naturforschung in Zusammenarbeit mit der Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften e.V. digitalisiert und unter folgender Lizenz veröffentlicht: Creative Commons Namensnennung-Keine Bearbeitung 3.0 Deutschland Lizenz. Zum 01.01.2015 ist eine Anpassung der Lizenzbedingungen (Entfall der Creative Commons Lizenzbedingung „Keine Bearbeitung“) beabsichtigt, um eine Nachnutzung auch im Rahmen zukünftiger wissenschaftlicher Nutzungsformen zu ermöglichen.

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3 06 H. BERG UND H. E. JACOB

Biologische Wirkungen photochemischer Wasserstoffperoxydbildung

1. M itt.: Cytotoxische Effekte von Anthrachinonsulfonsäuren in bestrahlten Suspensionen von Proteus vulgaris

Yon H. B e r g und H.-E. J a c o b

Aus der Deutschen Akademie der Wissenschaften zu Berlin, Institut für Mikrobiologie und experimentelle Therapie Jena (Direktor Prof. Dr. med. H. K n ö l l )

(Z. Naturforschg. 17 b, 306—309 [1962] ; eingegangen am 18. November 1961)

Die photochemische H20 2-Bildung wird als eine weitere Möglichkeit geprüft, um cytotoxische Effekte in der Mikrobiologie hervorzurufen. Suspensionen von Proteus vulgaris (SG 2 ), die Anthra­chinonsulfonsäuren in einer Konzentration von 6 -1 0 ~ 4-m. enthalten, werden mit Licht der W ellen­längen > 360 m^ bestrahlt und einerseits die resultierende H20 2-Konzentration gemessen, anderer­seits die Keimzahlen zu verschiedenen Zeiten bestimmt. Unter vorliegenden Bedingungen wird eine so starke Wirkung erzielt, daß bei Versuchsende ein Bruchteil der eingesetzten Bakterien vermeh­rungsfähig bleibt. Aus dem Vergleich mit zugesetztem H20 2 wird gefolgert, daß sich die oxydations­freudigen Radikale OH und H 0 2 maßgeblich an der cytotoxischen Wirkung beteiligen.

Durch grundlegende Untersuchungen der W a r - b ü r g - Schule1 wurde gezeigt, daß in der H aupt­sache strahlenchemisch gebildetes W asserstoffper­oxyd fü r die Glykolysehem m ung2 von Ascites-Tu- m orzellen verantwortlich zu machen ist.

Einen zweiten Weg zur Erzeugung von W asser­stoffperoxyd in Zellsuspensionen gehen Glogner, W olf und H olzer3 sowie T iedemann und M itarbb.4, indem sie ein organisches Redoxsystem (m it positi­vem Redoxpotential unter „physiologischen S tan­dardbedingungen“ z. B. M ethylenblau, Naphtho- chinon, Phenanthrenchinon) als W asserstoffakzeptor fü r die Zell-Dehydrasen zusetzen und kontinuierlich oder plötzlich durch Luftsauerstoff reoxydieren las­sen. Das dabei entstehende H 20 2 zeigte bei Ascites­Tumorzellen die erwartete Glykosehemmung.

N unm ehr soll über einen dritten W eg: die Bil­dung von H 20 2 aus einem photochemischen K reis­prozeß 5 und die W irkung, zunächst in einer Bak­teriensuspension, berichtet werden.

D er Suspension wird ein photoreduzierbares o r­ganisches Redoxsystem (m it negativem Redox­potential unter „physiologischen S tandardbedingun­gen“ ) zugesetzt und entsprechend seiner langwelli­gen A bsorption ( n —> n* Ü bergang) belichtet. Die

1 a) 0. W a r b u r g , K. G a w e h n u . A.W . G e i s s l e r , Z. Natur­forschg. 12 b, 393 [1957]. b) 0. W a r b u r g , W . S c h r ö d e r ,H. G e w i t z u . W. V ö l k e r , Naturwissenschaften 45, 192[1958]. c) O. W a r b u r g , Naturwissenschaften 46, 25[1959].

2 H . H o l z e r u . S . F r a n k , Angew. Chem. 70, 570 [1958].3 P. G l o g n e r , H . P. W o l f u . H . H o l z e r , Biochem. Z. 332,

407 [I960].

entstehende reduzierte Form (Hydrochinon, Leuko­verbindung) w ird bekanntlich6 durch anwesenden Gelöstsauerstoff un ter Bildung von H 20 2 reoxydiert nach folgendem Brutto-Schem a:

hvQ— Q* (i)Q* + DH2--* Q H 2 + D (2)QH2 + O2—>Q + H20 2 (3)

worin bedeuten:Q oxydierte Form (Chinon),q h 2 reduzierte Form (Hydrochinon),Q* angeregtes Chinon,DH2 Wasserstoffdonator.

Aus G ründen der S tabilität und schnellen Photo­reduktion wurde fü r Q in vorliegender Mitteilung hauptsächlich A nthrachinon-2-sulfonsäure (A2Q) verwendet. Das physiologische Standardpotential E

liegt bei — 0,25 V, das H albstufenpotential (jty.) bei — 0,52 V gegen NCE in Phosphatpuffer. Als D H 2 können Alkohole, Zucker, A m inosäuren, P ro ­teine und sogar W asser fungieren.

Die gemeinsam e W irkung von Photosensibilisa­tor, Licht und Sauerstoff bezeidhnete Raab 7 als photodynam ischen Effekt.

4 a) H. T i e d e m a n n , H.-J. R i s s e u . J. B o r n , Z. Naturforschg.13 b, 657 [1958]. b) H. T i e d e m a n n u . H. J. R i s s e , Z. Na­turforschg. 16 b, 120 [1961].

5 H. B e r g , Habil.-Schrift, Jena 1960.6 a) T h . J a m e s , I. M. S n e l l u . A. W e i s s e n b e r g e r , J . Amer.

chem. Soc. 60. 98, 2084 [1938]. b) D. H. P o r t e r , D.A.S.1 079 604 ref. C 131. 16 859 [I960].

7 O. R a a b , Z. Biol. 39, 524 [1900],

This work has been digitalized and published in 2013 by Verlag Zeitschrift für Naturforschung in cooperation with the Max Planck Society for the Advancement of Science under a Creative Commons Attribution-NoDerivs 3.0 Germany License.

On 01.01.2015 it is planned to change the License Conditions (the removal of the Creative Commons License condition “no derivative works”). This is to allow reuse in the area of future scientific usage.

Dieses Werk wurde im Jahr 2013 vom Verlag Zeitschrift für Naturforschungin Zusammenarbeit mit der Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung derWissenschaften e.V. digitalisiert und unter folgender Lizenz veröffentlicht:Creative Commons Namensnennung-Keine Bearbeitung 3.0 DeutschlandLizenz.

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BIOLOGISCHE WIRKUNGEN PHOTOCHEMISCHER W ASSERSTOFFPEROXYDBILDUNG 307

Methodik und Präparate1. D ie B e s t r a h l u n g

Die Bakteriensuspensionen befanden sich in Uviol­glasgefäßen, die 20 cm von der Reflektorlampe (Ber­liner Glühlampenwerk) im temperierten Wasserbad bestrahlt wurden.

Die Wolframlampe besaß eine mittlere Bestrahlungs­leistung von 0,13 W cm-2 , wobei das Maximum im Gebiet von 500 — 600 m,w lag; wogegen der Anteil von Wellenlängen unter 360 m/< zu vernachlässigen war.

2. D ie A n z u c h t d e r B a k t e r i e n u n d d i e K e i m z a h l b e s t i m m u n g

Die Bakterien (Proteus vulgaris, SG 2) wurden auf Fleischwasseragar 16 Stdn. bei 37 °C bebrütet, abge­schwemmt, 2-mal gewaschen und mit Hilfe von T rü­bungsmessungen eine Suspension in m/45-Phosphat- puffer (pn 6,4) hergestellt, die etwa 1500 Keime in ml enthielt.

Die zu bestimmten Zeiten entnommenen Proben wurden auf 2-proz. Fleischwasseragar in meist 5 P ar­allelen nach Vortrocknung der Platten aufgespatelt und nach 20 Stdn. Bebrütung die entstandenen Kolonien ausgezählt. Die Werte zu Versuchsbeginn dienten als Grundlage für die Verwendung von Trübungsmessun­gen zum Einstellen der Bakteriensuspension.

3. D ie P r ä p a r a t eAnthrachinon-2-sulfonsaures-Na der Fa. Merck,

Darmstadt, wurde in Wasser gelöst und besaß in der Bakteriensuspension eine Konzentration von 6 -IO-4 molar. In der gleichen Konzentration verwendeten wir auch Anthrachinon-2.6-sulfonsaures-Na (The British Drug Houses L td .).

Das Katalasepräparat verdanken wir Herrn Dr. S c h ü t t e (Institut für Biochemie der Pflanzen, H alle). Die Stammlösung enthielt 0,07 mg Katalase pro ml. In den zu den entsprechenden Versuchen verwendeten Bakteriensuspensionen befanden sich im ml 0,00032 mg Katalase.

Abb. 1. Polarographische Verfolgung der H20 2-Bildung durch Bestrahlung von A2Q (6 -1 0 ~ 4-/n.) in Phosphatpuffer PH 7 nach 0 — 1 —2 —3 Stdn. (v. r. n. 1.). Aufnahmebedingun­gen: Polarograph LP 55, S = l:2 0 , A.-t=0,2 V, ab —0,4 V

bis —1,8 V; No-Entlüftung, gegen Bodenquecksilber.

Wasserstoffperoxyd wurde nach Verdünnen einer 30-proz. Lösung (Fa. Union Chimique Beige, S.A.) verwendet.

Die Konzentration des Wasserstoffsuperoxydes wurde polarographisch (Polarograph LP 55, Bezugselektrode: Bodenquecksilber) unter Verwendung einer Eich­lösung bestimmt. Die Stufe des Wasserstoffperoxydes überlagert sich der des Anthrachinonsulfonats (Abb. 1).

Die H20 2-Zusätze zur Bakteriensuspension (S. 308) erfolgten nach 20, 50, 80, 110 und 140 Min.; die dadurch entstandenen H20 2-Konzentrationen waren2,0 • 10~5-m.; 5,2 • 10~5-7n.; 9,2 • 10~5-m.; 1,5-IO“ 4-™, und 2,1 • 10-4 molar.

Ergebnisse1. V o r v e r s u c h e z u r p h o t o c h e m i ­

s c h e n H20 2 - B i l d u n gZunächst wurde unter verschiedenen Bedingungen

die H20 2-Bildung nach Gin. (1 — 3) studiert. Wie aus der Tab. 1 ersichtlich wird mit Isopropanol als Wasserstoffdonator nach 3 Stdn. Bestrahlung eine H20 2-Konzentration > 10“ 3-m. erreicht, während in rein wäßriger Lösung nur davon entsteht. Be­finden sich zusätzlich Bakterien oder Proteine in der Lösung, so ist die Ausbeute an H20 2 niedriger, da es bei der Oxydation z. B. von Aminosäuren 8 ver­braucht wird.

• 10-4 — m.

Lösung co Cl e2 C3

AoQ + Isopr. (5%) 0 5 9 14A2Q + Isopr. (5%) + Bakterien 0 4,5 7,5 11A2Q + H20 0 0,7 0,9 1,15A2Q ~r HoO -f- Bakterien 0 0,65 0,87 1,1A2Q + H 20 -f-Serumalbumin (0,6 mg/ml)

0 0,3 0,45 0,6

Tab. 1. H20 2-Bildung unter verschiedenen Bedingungen nach 1 —2 —3 Stdn. Bestrahlung-

Die Stabilität von zugesetztem H20 2 wurde im Dunkeln und bei Bestrahlung in getrennten Versuchs­reihen geprüft. Danach ist es in der Versuchsdauer von 3 Stdn. praktisch stabil außerhalb der Meßzelle, während sein Zerfall in Gegenwart von Quecksilber durch Extrapolation der Stufenhöhe auf den Beginn8 a) L. W e i l u . A. R. B u c h e r t , Arch. Biochem. Biophysics

34, 1 [1951], b) R. P r a u s , J. P r o t iv a u . J. D y r , Coll. czechoslov. chem. Comm. 24, 1091 [1959].

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308 H. BERG UND H. E. JACOB

der Entlüftung (5 — 10 Min. Dauer) berücksichtigt werden muß.

2. B e s t r a h l u n g v o n B a k t e r i e n ­s u s p e n s i o n e n

Kontrollversuche zeigten, daß die Bestrahlung allein ebenso wie das Chinon (Suspension im Dun­keln aufbewahrt) während der Versuchsdauer keine Verringerung der Keimzahl zur Folge hatte. Mit­unter konnte in diesen Proben eine geringfügige Zunahme der Bakterienzahl festgestellt werden. Ur­sache dafür können Restteilungen sein.

Die Bestrahlung von Bakteriensuspensionen mit A2Q führte zu einer Abnahme der Zahl der vermeh­rungsfähigen Keime, abhängig vom Abstand der Lichtquelle, Temperatur und dem pn-Wert. Nach einer Latenzzeit von etwa einer halben Stde., die wohl z. T. durch die Katalase der Bakterien bedingt ist, nimmt die Wirkung des photochemisch entstan­denen H20 2 z u und erreicht nach zwei Stdn. ihr vol­les Ausmaß. Die Verminderung der relativen Keim­zahl bei verschiedenen Bestrahlungsbedingungen

Bestrahlungszeit [min] — *■

Abb. 2. Abnahme der Zahl der vermehrungsfähigen Bakte­rien (bei 35 °C, pn 6 ,4 ). 1. Bei 50 cm Lampenabstand (M it­telwert aus 4 Versuchen). 2. Bei 20 cm Lampenabstand (Mit­

telwert aus 20 Versuchen).

zeigt Abb. 2; nach 3 Stdn. waren bei einem Bestrah­lungsabstand von 20 cm * ~90% der Keime nicht mehr vermehrungsfähig.

3. V e r g l e i c h e n d e W a c h s t u m s ­h e m m u n g d u r c h H20 2 - Z u g a b e

Um zu entscheiden, ob der cytotoxische Effekt allein vom H20 2 ausgeht, wrurden entsprechende Zusätze zu Bakteriensuspensionen gegeben und diese bestrahlt oder im Dunkeln aufbewahrt.

Die Zugaben wurden so gewählt, daß die Vermin­derung der Keimzahl etwa der in der Suspension mit A2Q entsprach. Die Ergebnisse im Vergleich zur bestrahlten chinonhaltigen Bakteriensuspension ent­hält Tab. 2.a) Um eine vergleichbare Wirkung wie bei der

Bestrahlung von A2Q zu bekommen, muß bei einer Versuchsdauer von 3 Stdn. die H20 2-Zu- satzkonzentration einen beträchtlich höheren Wert erreichen, wie sie im Falle der Chinon- bestrahlung nachgewiesen wurde.

b) Die cytotoxische Wirkung des zugesetzten H20 2

war bei Bestrahlung wesentlich besser als im Dunkeln.4. B e e i n f l u s s u n g d u r c h Z u s ä t z e

z u r B a k t e r i e n s u s p e n s i o nDurch Zusatz von Katalaselösung in der oben an­

gegebenen Konzentration konnte die cytotoxische Wirkung völlig aufgehoben werden. Zugabe von Glutamat zur Bakteriensuspension hatte eine Ver­zögerung der Keimzahlabnahme zur Folge. In der nicht belichteten Kontrollprobe stieg jedoch mit­unter die Keimzahl etwas an, was auf Restteilungen zurückgeführt werden kann.

B estrahlungs­zeit

[Stdn.]

Bestrahlung m it A 2Q H202-Zusätzerelative K eim zahl2

gebildetes relative K onzentration H 2O2 K eim zahl1 H 2O2

(• 10~4- w ) [%] j [‘ 10 bei Bestrahlung im Dunkeln[%] [%1

0 0 100 0 100 1001 0,65 77 0,5 88 962 0,87 36 0,9 50 733 1,1 8 2,1 13 40

Tab. 2. H20 2-Konzentration und Keimzahl (35 °C ). 1 Mittel aus 20 Versuchen. 2 Mittel aus 7 Versuchen.

* Für den Hauptteil der Versuche wurde dieser Abstand eingehalten.

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BIOLOGISCHE WIRKUNGEN PHOTOCHEMISCHER WASSERSTOFFPEROXYDBILDUNG 309

DiskussionDer photodynamische Effekt von Anthrachinon

und seinen Sulfonsäuren beruht in erster Linie auf deren ausgeprägter Fähigkeit zur H 20 2-Bildung. Eine Schädigung der Zelle infolge photosensibili­sierter selektiver Oxydation von Am inosäuren (H istidin, Tyrosin, Tryptophan und Cystin) u. a. Zellbestandteile, wie sie von P r aus , P rotiva und D yr 8b erw ähnt wird, dürfte kaum ins Gewicht fallen, da durch Katalasezusatz die W irkung aufgehoben werden kann.

Das photochemisch gebildete W asserstoffperoxyd hat in der Bakteriensuspension anscheinend eine beträchtlich höhere W irkung als das zugesetzte. W ir schließen daraus, daß die Zwischenprodukte der Bildung (und des Zerfalls) von H20 2 die schädi­genden Agenzien sind. W enn w ir die jüngsten E r­gebnisse der Radikalchemie 9 fü r vorliegenden Fall in Betracht ziehen, so sind zunächst Gl. (2) und (3) fü r den Bildungsprozeß aufzuteilen in:

Q* + DH2 —> QH + D H , (2 a)QH + 0 2 —> Q + HÖ2 , (3 a)

QH + HO, —> Q + H20 , . (3 b)Das relativ langlebige Radikal H 0 2 entsteht

ebenfalls durch Bestrahlung von H 20 2 :HOOH —> 2 ÖH , (4)

H 00H + Ö H - ^ H Ö 2 + H20 (5) und ist zu folgenden W eiterreaktionen fähig:

2 HÖ2 —> H20 2 + 0 2 , (6)HÖ2 + 0 2^zt [O2HO2] (Fixierung), (7)

HÖ271t O20 + H® (Dissoziation). (8)

Das kurzlebigere OH-Radikal entsteht auch m it Was-

9 The Fifth International Symposium on Free Radicals,Verlag Almquist und Wiksell, Uppsala 1961.

ser als D onator:Q* + H20 —>QH + OH (9)

und kann in der D unkelreaktion2 ÖH —> H20 2 (10)

kom binieren und weiter nach Gl. (5) in H 0 2 über­gehen.

Auch die Ergebnisse von W arburg (vergl. Tab. in 1. c .lb) lassen eine M itwirkung von Radikalen verm uten, weil zum H ervorrufen des gleichen schä­digenden Effektes eine größere Menge Peroxyd zu­gegeben werden m ußte als durch die Bestrahlung entstanden war. — Da sich in unseren Versuchen be­strahltes H 20 2 als w irksam er erweist als u n b e s tra f ­tes (Tab. 2 ) , dürften auch h ierfü r Radikale nach Gl. (4) und (5) verantwortlich zu machen sein.

In diesem Zusam m enhang muß auch der H in­weis von T iedemann und R isse 4 erwähnt werden. Sie ziehen bei der Autoxydation des Hydrochinons, die ebenfalls nach einem Radikalmechanismus ver­läuft, eine direkte Oxydation von Zellbestandteilen durch reaktionsfähige Radikale in Betracht. Aus unseren b isherigen Ergebnissen läßt sich eine M it­w irkung von Sem ichinon-Radikalen allerdings nicht erkennen, da K atalase auf sie keinen Einfluß haben dürfte.

W enn wir nunm ehr annehmen müssen, daß beim Auslösen des cytotoxischen Effektes OH- und H 0 2- R adikale m aßgeblich beteiligt sind, so drängt sich im Hinblick auf die W irkung der Katalase die V er­m utung auf, daß sie nicht nu r H 20 2 spaltet, sondern bereits die R adikalw irkung hemmt.

Die Ergebnisse über die cytotoxische W irkung auf andere Bakterienstäm m e sowie Ascites-Tumor- zellen sollen in den folgenden M itteilungen d ar­gestellt werden.

Für förderndes Interesse danken wir Herrn Prof. Dr.H. K n ö l l , für die technische Mitarbeit Frau H a m a n n und Frl. Z e h .

9 H. R. P e t r i , Naturwiss. Rdsch. 14, 26 [196]].