ZELLATMUNG - Ruhr University Bochum...dessen Regulation, Citratzyklus, Atmungskette; Prinzipien und...

19
7 ZELLATMUNG A. BIOCHEMISCHE GRUNDLAGEN Im aeroben Metabolismus gebildetes ATP wird zum großen Teil in Mitochondrien synthetisiert und im Cytosol verbraucht. Bei der mitochondrialen ATP-Synthese wird die Oxidation von Substraten wie NADH und Succinat durch Sauerstoff mit der Phosphorylierung von ADP ge- koppelt; dieser Prozess heißt oxidative Phosphorylierung. Er wird von Enzymen der inneren Mitochondrienmembran katalysiert, wobei die Energie für die Bildung von ATP von den Oxi- dationsvorgängen bereitgestellt wird. Die Energieübertragung geschieht durch Ionen-Pumpen, die Protonen ohne begleitende Anionen durch die innere Mitochondrien-Membran transportieren (elektrogener Protonen- transport). Dabei entstehen gleichzeitig ein Protonengradient und ein Membranpotential (au- ßen positiv); beide können als Komponenten eines "elektrochemischen Protonengradienten" aufgefasst werden. Bei der NADH-Oxidation verschwinden Protonen aus der Matrix: NADH + H + + ½ O2 NAD + + H2O Der Beitrag dieser skalaren (nicht elektrogenen) Protonen ist gering, da sie bei der Reduktion von NAD + wieder freigesetzt werden, und soll hier nicht weiter besprochen werden. Protonenpumpen, die durch Elektronentransport getrieben werden, sind in den Komplexen I, III und IV enthalten; sie transportieren Protonen in den Intermembran-Raum. Die ATP- Synthase ist eine Protonenpumpe, die diese Protonen zurück in die mitochondriale Matrix fließen lässt und dadurch die Energie für die ATP-Synthese erhält. Auch dieser Protonen- transport ist elektrogen, d.h. er findet ohne begleitende Anionen statt. Dieser Mechanismus der oxidativen Phosphorylierung basiert auf der 1961 zuerst formulierten "chemiosmotischen Theorie" des Engländers Peter Mitchell, für die er 1979 den Nobelpreis bekam. Die Elektronen werden durch NADH und FADH2 an die Atmungskettenkomplexe I und II geliefert. In den hier durchgeführten Versuchen wird Succinat, als Substrat des Komplexes II (auch als Succinatdehydrogenase bekannt) verwendet. Durch die Oxidation von Succinat zu Fumarat wird gleichzeitig der Cofactor FAD zu FADH2 reduziert. Die Elektronen des FADH2 können daraufhin weitergeleitet und in die Atmungskette eingebracht werden. - OOC-CH2-CH2-COO - + FAD - OOC-CH=CH-COO - + FADH2 Succinat Fumarat

Transcript of ZELLATMUNG - Ruhr University Bochum...dessen Regulation, Citratzyklus, Atmungskette; Prinzipien und...

Page 1: ZELLATMUNG - Ruhr University Bochum...dessen Regulation, Citratzyklus, Atmungskette; Prinzipien und Mechanismen der Stoffwechselregulation; Unterschiedliche Mechanismen der ATP-Bildung;

7

ZELLATMUNG

A. BIOCHEMISCHE GRUNDLAGEN

Im aeroben Metabolismus gebildetes ATP wird zum großen Teil in Mitochondrien synthetisiert

und im Cytosol verbraucht. Bei der mitochondrialen ATP-Synthese wird die Oxidation von

Substraten wie NADH und Succinat durch Sauerstoff mit der Phosphorylierung von ADP ge-

koppelt; dieser Prozess heißt oxidative Phosphorylierung. Er wird von Enzymen der inneren

Mitochondrienmembran katalysiert, wobei die Energie für die Bildung von ATP von den Oxi-

dationsvorgängen bereitgestellt wird.

Die Energieübertragung geschieht durch Ionen-Pumpen, die Protonen ohne begleitende

Anionen durch die innere Mitochondrien-Membran transportieren (elektrogener Protonen-

transport). Dabei entstehen gleichzeitig ein Protonengradient und ein Membranpotential (au-

ßen positiv); beide können als Komponenten eines "elektrochemischen Protonengradienten"

aufgefasst werden. Bei der NADH-Oxidation verschwinden Protonen aus der Matrix:

NADH + H+ + ½ O2 NAD+ + H2O

Der Beitrag dieser skalaren (nicht elektrogenen) Protonen ist gering, da sie bei der Reduktion

von NAD+ wieder freigesetzt werden, und soll hier nicht weiter besprochen werden.

Protonenpumpen, die durch Elektronentransport getrieben werden, sind in den Komplexen I,

III und IV enthalten; sie transportieren Protonen in den Intermembran-Raum. Die ATP-

Synthase ist eine Protonenpumpe, die diese Protonen zurück in die mitochondriale Matrix

fließen lässt und dadurch die Energie für die ATP-Synthese erhält. Auch dieser Protonen-

transport ist elektrogen, d.h. er findet ohne begleitende Anionen statt. Dieser Mechanismus

der oxidativen Phosphorylierung basiert auf der 1961 zuerst formulierten "chemiosmotischen

Theorie" des Engländers Peter Mitchell, für die er 1979 den Nobelpreis bekam.

Die Elektronen werden durch NADH und FADH2 an die Atmungskettenkomplexe I und II

geliefert. In den hier durchgeführten Versuchen wird Succinat, als Substrat des Komplexes II

(auch als Succinatdehydrogenase bekannt) verwendet. Durch die Oxidation von Succinat zu

Fumarat wird gleichzeitig der Cofactor FAD zu FADH2 reduziert. Die Elektronen des FADH2

können daraufhin weitergeleitet und in die Atmungskette eingebracht werden.

-OOC-CH2-CH2-COO- + FAD -OOC-CH=CH-COO- + FADH2

Succinat Fumarat

Page 2: ZELLATMUNG - Ruhr University Bochum...dessen Regulation, Citratzyklus, Atmungskette; Prinzipien und Mechanismen der Stoffwechselregulation; Unterschiedliche Mechanismen der ATP-Bildung;

8

Da ATP in der Mitochondrienmatrix synthetisiert, aber in der Regel im Cytosol verbraucht wird,

sind Transportvorgänge für Substrat und Produkt der oxidativen Phosphorylierung wichtig.

ADP und Phosphat werden in die Matrix und ATP wird in das Cytosol transportiert. Dies

geschieht durch zwei Transportsysteme.

1. Die Adeninnukleotid-Translokase ermöglicht den Austausch von Matrix-ATP gegen

cytosolisches ADP:

Cytosol Matrix

ADP-3 ADP-3

ATP-4 ATP-4

Dieser Prozess ist elektrogen und wird durch das Membranpotential getrieben: beim

ADP/ATP-Austausch wird durch ATP eine negative Ladung mehr in das Cytosol

transportiert, als durch ADP in die Matrix gelangt.

2. Der Phosphat-Transporter katalysiert den Austausch von Matrix-OH- gegen cytosoli-

sches Phosphat:

Cytosol Matrix

H2PO4- H2PO4

-

OH- OH-

oder, davon nicht unterscheidbar, den Kotantransport von Phosphat und Protonen:

Cytosol Matrix

H2PO4- H2PO4

-

H+ H+

Dieser Prozess ist elektroneutral und wird durch den pH-Gradienten getrieben.

Die Stöchiometrie der ATP-Bildung bei der Oxidation von NADH oder FADH2 wird durch das

P/O-Verhältnis (oder ATP/O- oder ADP/O-Verhältnis, je nachdem, welche Reaktion betrachtet

wird) ausgedrückt. Theoretisch hängt das ATP/O-Verhältnis von der Zahl der elektrogenen

Protonen ab, die

1. im Elektronentransport produziert,

2. bei der ATP-Synthese und

3. während des Substrat- und Produkt-Transports verbraucht werden.

Das ATP/O-Verhältnis für die Oxidation von NADH oder FADH2 wird gewöhnlich mit 3 bzw. 2

angegeben. Experimentell werden häufiger Werte um 2,5 für NADH und 1,5 für Succinat

gefunden.

Page 3: ZELLATMUNG - Ruhr University Bochum...dessen Regulation, Citratzyklus, Atmungskette; Prinzipien und Mechanismen der Stoffwechselregulation; Unterschiedliche Mechanismen der ATP-Bildung;

9

Aus energetischen Gründen kann ATP nicht ohne gleichzeitig ablaufende Redoxvorgänge

synthetisiert werden. Umgekehrt würde die Oxidation von NADH oder FADH2 ohne gleichzeitige

Phosphorylierung nur Wärme erzeugen. Eine kinetische Kontrolle, die Atmungskontrolle,

verhindert dies und lässt nennenswert schnelle Oxidation in der Atmungskette nur zu, wenn die

Möglichkeit der ATP-Synthese durch Anwesenheit von ADP gegeben ist.

Page 4: ZELLATMUNG - Ruhr University Bochum...dessen Regulation, Citratzyklus, Atmungskette; Prinzipien und Mechanismen der Stoffwechselregulation; Unterschiedliche Mechanismen der ATP-Bildung;

10

Abb. 1: Schematische Darstellung der oxidativen Phosphorylierung

Abb. 1 zeigt die wichtigsten Prozesse der oxidativen Phosphorylierung, die in der Mitochondrienmatrix und an der inneren

Mitochondrienmembran ablaufen. (I-IV) Komplex I-IV der Atmungskette; (F1/F0) ATP-Synthase; (U) Coenzym Q; (C)

Cytochrom c; (T) Adeninnukleotid-Translokase; (P) Phosphat-Transporter; (EH/E-) Entkoppler im protonierten bzw.

dissoziierten Zustand; (blaue Pfeile) Elektronenfluss; (rote Pfeile) Protonentransport; (grüne Pfeile) mitochondrielle

Transportsysteme.

Einige Teilschritte der oxidativen Phosphorylierung lassen sich durch spezifische Inhibitoren

hemmen.

1. Der Elektronentransport wird gehemmt

a) zwischen NADH und Coenzym Q (Komplex I) durch Rotenon und Barbiturate

b) Succinat und Coenzym Q (Komplex II) durch Malonat

c) zwischen Coenzym Q und Cytochrom c (Komplex III) durch Antimycin,

d) zwischen Cytochrom c und Sauerstoff (Komplex IV) durch Cyanid und Sulfid.

2. Die ATP-Synthese wird durch Oligomycin und DCC (Dicyclohexylcarbodiimid) direkt

gehemmt. Arsenat wirkt indirekt: es wird anstelle von Phosphat mit ADP verknüpft; das

so gebildete Arsenyl-ADP hydrolysiert spontan und bildet ADP und Arsenat zurück.

3. Der ADP/ATP-Austausch wird durch Atractylosid gehemmt.

4. Der "elektrochemische Protonengradient" wird durch Entkoppler wie 2,4-Dinitrophenol

(DNP) kurzgeschlossen. DNP ist eine schwache Säure, die cytosolische Protonen

elektrogen in die Matrix transportiert, indem sie in neutraler Form (EH) in die Matrix

diffundiert, dort ein Proton an das alkalischere Milieu abgibt und dann als lipophiles Anion

Page 5: ZELLATMUNG - Ruhr University Bochum...dessen Regulation, Citratzyklus, Atmungskette; Prinzipien und Mechanismen der Stoffwechselregulation; Unterschiedliche Mechanismen der ATP-Bildung;

11

(E-) vom Membranpotential zurück in das Cytosol (bzw. den Intermembranraum)

gezogen wird, wo der Zyklus erneut beginnen kann

Cytosol Matrix

H+ + E- EH EH H+ + E-

E E

Carbonylcyanide 3-chlorophenylhydrazone (CCCP), eine schwache Base, ist ebenfalls ein

sehr effektiver Entkoppler, dessen Wirkungsmechanismus sich in analoger Weise beschreiben

lässt.

Cytosol Matrix

H+ + E- EH+ EH+ H+ + E-

E E

Allgemeine Fragestellungen

Zentrale Stoffwechselprozesse: Glykolyse, alkoholische Gärung, Glykogenstoffwechsel und

dessen Regulation, Citratzyklus, Atmungskette;

Prinzipien und Mechanismen der Stoffwechselregulation;

Unterschiedliche Mechanismen der ATP-Bildung;

Struktur und Funktion der Mitochondrien;

Chemiosmotische Theorie;

Membranstruktur;

Ionentransport durch die Mitochondrienmembran;

Ionen-Pumpen und Ionophore;

Prinzipien der Entkopplung;

Gruppenübertragungspotentiale;

Wasserstoffübertragende Coenzyme;

Funktionen von Nucleosidtriphosphaten

Page 6: ZELLATMUNG - Ruhr University Bochum...dessen Regulation, Citratzyklus, Atmungskette; Prinzipien und Mechanismen der Stoffwechselregulation; Unterschiedliche Mechanismen der ATP-Bildung;

12

B. ZIELSETZUNG DER EXPERIMENTE

Mitochondrien, die auf schonende Weise aus frischer Bäckerhefe isoliert wurden, besitzen die

Fähigkeit zur ATP-Synthese. Diese läuft unter Verbrauch von Sauerstoff ab und ist abhängig

vom Vorhandensein von ADP und Phosphat. In den folgenden Versuchen sollen

- das ADP/O-Verhältnis und der Atmungskontrollkoeffizient unter Verwendung von

Succinat ermittelt werden;

- der Einfluss von Oligomycin, eines Inhibitors der ATP-Synthase, das den ATP/ADP-

Austausch hemmt, sowie des Entkopplers CCCP auf die oxidative Phosphorylierung

untersucht werden

- der Elektronenfluss der Atmungskette durch selektive Inhibitoren der Komplexe I bis III

gehemmt werden.

C. VERSUCHSDURCHFÜHRUNG UND VERSUCHSPROTOKOLL

Für den Versuch werden folgende Lösungen benötigt:

Mitochondriensuspension (91 mg Protein/ml) in isotonischer Pufferlösungen

- Testpuffer (20mM KH2PO4 pH = 7.2; 10mM MgCl2; 0,6M Sorbitol; 0,1% BSA, 0,5mM EDTA)

- 30 mM ADP (auf pH = 7.4 eingestellt)

- 1 M Succinat

- 0,5 mM CCCP*) in Ethanol

- Oligomycin*) (1 mg/ml in Ethanol)

- Rotenon*) (10 mg/ml Chloroform)

- 1,0 M Malonat

- Antimycin (2mg/ml in Ethanol)

(Formel s. Anlage)

Page 7: ZELLATMUNG - Ruhr University Bochum...dessen Regulation, Citratzyklus, Atmungskette; Prinzipien und Mechanismen der Stoffwechselregulation; Unterschiedliche Mechanismen der ATP-Bildung;

13

Versuchsanordnung:

Als Messzelle für alle Versuche dient ein thermostatisierbares Glasgefäß, das eine

Sauerstoffelektrode enthält (Abb. 2). Diese besteht aus einem Silber/Platin-Elektrodenpaar,

das sich in einer Elektrolytlösung befindet und durch eine gasdurchlässige Teflonmembran

umschlossen wird. Ein Verstärker versorgt die Elektroden mit einer Polarisationspannung,

wobei Sauerstoff, der sich zwischen den Elektrodenflächen befindet, vollständig reduziert wird.

Dadurch fließt zwischen den Elektroden ein Strom, der in einem direkten stöchiometrischen

Verhältnis zum verbrauchten Sauerstoff steht. Bei ausreichender Durchmischung des

Probevolumens (Magnetrührer!) erfolgt über die gasdurchlässige Teflonmembran ein rascher

Sauerstoffaustausch zwischen der Probe in der Messzelle und der Elektrolytlösung der

Elektrode, so dass der zwischen den Elektroden fließende Strom der jeweiligen

Sauerstoffkonzentration in der Probe proportional ist. Dieser Strom wird vom Verstärker in eine

Spannung umgewandelt und so verstärkt, dass sich eine Messgröße im Voltbereich ergibt, die

mit Hilfe eines A/D-Wandlers und eines PCs in ihrem zeitlichen Verlauf dargestellt werden

kann. Auf diese Weise können zeitliche Änderungen der Sauerstoffkonzentration registriert

werden; die Steigung einer aufgezeichneten Linie entspricht der Geschwindigkeit des

Sauerstoffverbrauchs.

Abb. 2: Versuchsanordnung zur Messung des Sauerstoffverbrauchs von

Mitochondrien

Page 8: ZELLATMUNG - Ruhr University Bochum...dessen Regulation, Citratzyklus, Atmungskette; Prinzipien und Mechanismen der Stoffwechselregulation; Unterschiedliche Mechanismen der ATP-Bildung;

14

1. Messung der Atmungskontrolle und des ADP/O-Verhältnisses mit den

Substraten Succinat

1.1. Eichung der Sauerstoffelektrode

Das Reaktionsgefäß wird mit Wasser gefüllt, das bei Raumtemperatur mit Luft gesättigt ist und

daher etwa 250 nmol O2 /ml enthält. Das Gefäß wird sofort mit einem Glasstopfen

verschlossen und der Magnetrührer wird eingeschaltet. Durch Betätigen des Start-Buttons im

Programm wird der Messvorgang gestartet. Sobald die auf dem Monitor dargestellte

Spannungslinie einen waagerechten oder nur geringfügig abfallenden, linearen Verlauf

anzeigt wird dem Wasser etwas Natrium-Dithionit (Reduktionsmittel) zugesetzt: dadurch wird

der im Wasser gelöste Sauerstoff verbraucht, und die registrierte Spannung fällt rasch ab, um

sich nach kurzer Zeit bei einem niedrigen Wert zu stabilisieren. Die Messung wird durch

Anklicken des Stop-Buttons beendet. Die graphische Darstellung der Messwerte wird dann

ausgedruckt. Die Differenz der Spannung vor und nach Zugabe von Dithionit entspricht einer

Sauerstoffkonzentration von 250 nmol/ml.

1.2. Bestimmung des Atmungskontrollkoeffizienten und des ADP/O-Quotienten

Vor Versuchsbeginn wird die Zelle mit Hilfe einer Vakuumvorrichtung (Pipettenspitze) entleeren

und dreimal mit Wasser nachgespült. Dabei ist drauf zu achten, dass das Wasser der letzten

Spülung möglichst vollständig entfernt wird. Entsprechend dem folgenden Versuchsplan werden

dann der Testpuffer und die Suspension von Hefemitochondrien in die Messzelle pipettiert.

Diese wird sofort mit einem Glasstopfen verschlossen, der mit einer kapillaren Öffnung versehen

ist, und der Magnetrührer wird eingeschaltet. Durch Betätigen der Start-Taste im Programm wird

der Messvorgang gestartet, und die Sauerstoffkonzentration in der Messzelle kann am Monitor

unmittelbar verfolgt werden. Nach Erreichen einer konstanten Geschwindigkeit der

Sauerstoffabnahme wird mit Hilfe einer Mikroliterspritze durch die Kapillare des Glasstopfens

ADP-Lösung, entsprechend dem Versuchsplan, zugegeben. Nun wird der aktive Zustand der

Mitochondrien erreicht und eine erhöhte Geschwindigkeit des Sauerstoffverbrauchs beobachtet,

die so lange anhält, bis das zugegebene ADP nahezu vollständig in ATP umgewandelt ist. Der

Sauerstoffverbrauch nimmt wieder ab, die Mitochondrien befinden sich im Ruhezustand. Die

erneute Zugabe einer größeren Menge von ADP ergibt das gleiche Bild. Lediglich die Dauer des

aktiven Zustandes und damit die Höhe des Sauerstoffverbrauches verändern sich entsprechend

der größeren Menge an zugegebenem ADP. Nach Erreichen des Ruhezustandes wird die

Messung durch Drücken des Stop-Buttons beendet.

Page 9: ZELLATMUNG - Ruhr University Bochum...dessen Regulation, Citratzyklus, Atmungskette; Prinzipien und Mechanismen der Stoffwechselregulation; Unterschiedliche Mechanismen der ATP-Bildung;

15

Der Quotient aus den Geschwindigkeiten im aktiven und im Ruhezustand wird als

Atmungskontrollkoeffizient bezeichnet. Aus der zugegebenen ADP-Menge und der im

aktiven Zustand verbrauchten Sauerstoffmenge lässt sich der ADP/O-Quotient errechnen

(siehe Rechenbeispiel).

Versuchsplan

Versuchsnummer 1.2.

Benutztes Substrat Succinat/ ADP

Mitochondriensuspension 30 µl

Succinat (1M) 5 µl

Warten, bis eine konstante Abnahme des O2-Verbrauchs erreicht ist

ADP (30 mM) 1 µl

Warten, bis eine konstante Abnahme des O2-Verbrauchs erreicht ist

ADP (30 mM) 2 µl

Page 10: ZELLATMUNG - Ruhr University Bochum...dessen Regulation, Citratzyklus, Atmungskette; Prinzipien und Mechanismen der Stoffwechselregulation; Unterschiedliche Mechanismen der ATP-Bildung;

16

2. Hemmung der ATP-Bildung durch Inhibitoren und Entkoppler

2.1 Hemmung des Elektronentransports

Bäckerhefemitochondrien werden in dem Reaktionsmedium (Testpuffer) resuspendiert.

Sobald ein konstanter Sauerstoffverbrauch zu beobachten ist, wird die Atmung durch

Anwendung des Entkopplers CCCP aktiviert. Die Zugabe von Inhibitoren und weiteren

Substraten erfolgt entsprechend dem Versuchsplan.

Versuchsplan

Versuchsnummer 2.1.

Benutztes Substrat Succinat

Benutzte Inhibitoren Rotenon

Benutzte Entkoppler CCCP

Testpuffer 1,6 ml

Mitochondriensuspension 20 µl

Succinat (1M) 5 µl

Warten, bis eine konstante Abnahme des Sauerstoffverbrauchs erreicht ist

CCCP 0,5 mM 1 µl

ca. 40 sec warten

Rotenon (10 mg/ml) 15 µl

ca. 2 min warten

Succinat (1 M) 100 µl

ca. 2 min warten

Page 11: ZELLATMUNG - Ruhr University Bochum...dessen Regulation, Citratzyklus, Atmungskette; Prinzipien und Mechanismen der Stoffwechselregulation; Unterschiedliche Mechanismen der ATP-Bildung;

17

Versuchsnummer 2.2.

Benutztes Substrat Succinat

Benutzte Entkoppler CCCP

Benutzte Inhibitoren Malonat

Testpuffer 1,7 ml

Mitochondriensuspension 20 µl

Succinat (1M) 5 µl

Warten, bis eine konstante Abnahme des Sauerstoffverbrauchs erreicht ist

CCCP 0,5 mM 5 µl

ca. 40 sec warten

Malonat (1 M) 30 µl

Versuchsnummer 2.3.

benutztes Substrat Succinat/ADP

benutzte Inhibitoren Antimycin A

Testpuffer 1,7 ml

Mitochondriensuspension 20 µl

Succinat (1M) 5 µl

Warten, bis eine konstante Abnahme des Sauerstoffverbrauchs erreicht ist

ADP (30 mm) 1 µl

ca. 1 min warten

Antimycin A (2 mg/ml) 10 µl

Page 12: ZELLATMUNG - Ruhr University Bochum...dessen Regulation, Citratzyklus, Atmungskette; Prinzipien und Mechanismen der Stoffwechselregulation; Unterschiedliche Mechanismen der ATP-Bildung;

18

2.4. Hemmung der ATP-Synthese und des ADP/ATP-Austausches / Entkopplung

durch CCCP (Carbonylcyanid-m-chlorphenylhydrazon)

Wie in den vorherigen Versuchen wird einer Suspension von Bäckerhefemitochondrien in

Testpuffer, zunächst Succinat und dann ADP-Lösung zugesetzt. Nach Erreichen der

Ruhephase wird der Inhibitor Oligomycin und etwa 1 min später weiteres ADP zugegeben.

Versuchsplan

Versuchsnummer 2.4.

Benutze Substrate Succinat/ADP

Benutzte Inhibitoren Oligomycin

Benutzte Entkoppler CCCP

Testpuffer 1,7 ml

Mitochondriensuspension 20 µl

Succinat (1M) 5 µl

Warten, bis eine konstante Abnahme des O2-Verbrauchs erreicht ist

ADP 30 mM 1 µl

Warten, bis der O2-Verbrauchs wieder abnimmt und der Ruhezustand erreicht ist

Oligomycin (1 mg/ml) 15 µl

ca. 1 min warten

ADP 30 mM 10 µl

Page 13: ZELLATMUNG - Ruhr University Bochum...dessen Regulation, Citratzyklus, Atmungskette; Prinzipien und Mechanismen der Stoffwechselregulation; Unterschiedliche Mechanismen der ATP-Bildung;

19

D. AUSWERTUNG UND FEHLERDISKUSSION

1. Berechnung des ADP/O-Verhältnisses und des Atmungskontrollkoeffizienten

Die Auswertung der Versuche erfolgt entsprechend den Abbildungen 3a und 3b. Entnehmen

Sie die Resultate dem bei der Versuchsdurchführung ausgedruckten Diagramm und

übertragen Sie diese in die entsprechenden leeren Kästchen der Abb. 4 (Messdaten).

1) Berechnen Sie aus den Ergebnissen der Versuche 1.1 und 1.2. folgende Größen:

a) die ADP/O-Quotienten für das Substrate Succinat. Warten, bis eine konstante

Abnahme des O2-Verbrauchs erreicht ist

b) die Reaktionsgeschwindigkeiten (nmol O/(min mg Protein)) für den aktiven Zustand

und den Ruhezustand mit Succinat

c) die Atmungskontrollkoeffizienten für Succinat.

2) Vergleichen Sie die Geschwindigkeiten des Sauerstoffverbrauchs im aktiven Zustand,

die Atmungskontrollkoeffizienten und die ADP/O-Quotienten für Succinat.

2. Einfluss von Inhibitoren und Entkoppler auf den Sauerstoffverbrauch von

Bäckerhefemitochondrien

1) zu Versuch 2.1. und 2.2. Bezug auf Rotenon und Malonat

a) Worin unterscheidet sich die Wirkung der in dieser Versuchsgruppe benutzen Inhibitoren

von derjenigen der im vorherigen Experiment (2.3. und 2.4.) eingesetzten Hemmstoffe?

b) Ordnen Sie die einzelnen Inhibitoren den entsprechenden Enzymen zu!

Inwieweit lässt sich diese Zuordnung durch das Versuchsergebnis bestätigen?

2) zu Versuch 2.3. bis 2.4: Bezug auf Oligomycin und Antimycin A

a) Welches sind die Angriffspunkte für die Inhibitoren Oligomycin und Antimycin A?

b) In Anwesenheit von Oligomycin wird kein Sauerstoffverbrauch beobachtet. Was wäre

zu erwarten, wenn nach Oligomycin-Zugabe ein Entkoppler (z.B. CCCP) zugesetzt

würde? Was wäre zu erwarten, wenn wir die Atmung zuvor statt mit Oligomycin mit

Antimycin A hemmen würden?

Page 14: ZELLATMUNG - Ruhr University Bochum...dessen Regulation, Citratzyklus, Atmungskette; Prinzipien und Mechanismen der Stoffwechselregulation; Unterschiedliche Mechanismen der ATP-Bildung;

20

Rechenbeispiel

zu Aufgabe 1.1a)

Der ADP/O-Quotient gibt das Verhältnis von ADP-Einsatz und Sauerstoffverbrauch, bezogen

auf atomaren Sauerstoff, an.

𝐴𝐷𝑃/𝑂 =𝑛𝑚𝑜𝑙 𝐴𝐷𝑃

2 × 𝑛𝑚𝑜𝑙 𝑂2

Der Sauerstoffverbrauch wird aus dem ausgedruckten Diagramm ermittelt, wie in

Abb. 3.dargesellt. Dazu werden im Bereich des 2. und 3. Ruhezustandes der

Sauerstoffverbrauchskurve (Abb. 3b) Tangenten angelegt. Die Strecke x entspricht dem

Sauerstoffverbrauch für die vorgegebene Menge an ADP. Die Strecke y in Abb. 3a gibt die

Differenz der Sauerstoffkonzentration von Wasser, welches bei Raumtemperatur mit Luft gesättigt

wurde, und von praktisch sauerstofffreiem Wasser an und entspricht somit einer O2-Konzentration

von 250 nmol/ml.

Abb. 3a: Eichung der Sauerstoffelektrode

Abb. 3b: Berechnung des Sauerstoffverbrauchs

Page 15: ZELLATMUNG - Ruhr University Bochum...dessen Regulation, Citratzyklus, Atmungskette; Prinzipien und Mechanismen der Stoffwechselregulation; Unterschiedliche Mechanismen der ATP-Bildung;

21

Für den Sauerstoffverbrauch gilt dann:

𝑆𝑎𝑢𝑒𝑟𝑠𝑡𝑜𝑓𝑓𝑣𝑒𝑟𝑏𝑟𝑎𝑢𝑐ℎ =250 𝑛𝑚𝑜𝑙

𝑦 ∙ 𝑚𝑙∙ 𝑉𝑇 ∙ 𝑥

Im folgenden Beispiel beträgt das Volumen des Testansatzes (VT) 1,8 ml; y entspricht 7,2 cm

und x = 2,6 cm.

𝑆𝑎𝑢𝑒𝑟𝑠𝑡𝑜𝑓𝑓𝑣𝑒𝑟𝑏𝑟𝑎𝑢𝑐ℎ =250 𝑛𝑚𝑜𝑙

7,2 ∙ 𝑚𝑙∙ 1,8 𝑚𝑙 ∙ 2,6 𝑐𝑚

= 162 𝑛𝑚𝑜𝑙 𝑂2

Die Aktivierung der mitochondrialen ATP-Synthese erfolgte durch Zugabe von 2 µl 0,25 M

ADP-Lösung, das entspricht 500 nmol ADP. Daraus ergibt sich:

𝐴𝐷𝑃/𝑂 =500 𝑛𝑚𝑜𝑙

2 × 162 𝑛𝑚𝑜𝑙= 1,54

zu Aufgabe 1b)

𝑅𝑒𝑎𝑘𝑡𝑖𝑜𝑛𝑠𝑔𝑒𝑠𝑐ℎ𝑤𝑖𝑛𝑑𝑖𝑔𝑘𝑒𝑖𝑡 =𝑆𝑎𝑢𝑒𝑟𝑠𝑡𝑜𝑓𝑓𝑣𝑒𝑟𝑏𝑟𝑎𝑢𝑐ℎ/𝑚𝑖𝑛

𝑚𝑔 𝑃𝑟𝑜𝑡𝑒𝑖𝑛 𝑖𝑚 𝐴𝑛𝑠𝑎𝑡𝑧

Der Sauerstoffverbrauch pro Minute wird entsprechend dem Sauerstoffverbrauch in Beispiel

1a) berechnet. Dabei wird jedoch der Ausdruck x (= Sauerstoffverbrauch) durch x/min (=

Sauerstoffverbrauch pro Minute) ersetzt. (Beachten Sie bitte, dass die eingesetzten

Proteinmengen bei den einzelnen Versuchsansätzen differieren können!)

zu Aufgabe 1c)

𝐴𝑡𝑚𝑢𝑛𝑔𝑠𝑘𝑜𝑒𝑓𝑓𝑖𝑧𝑖𝑒𝑛𝑡 =𝑅𝑒𝑎𝑘𝑡𝑖𝑜𝑛𝑠𝑔𝑒𝑠𝑐ℎ𝑤𝑖𝑛𝑑𝑖𝑔𝑘𝑒𝑖𝑡 𝑖𝑚 𝑎𝑘𝑡𝑖𝑣𝑒𝑛 𝑍𝑢𝑠𝑡𝑎𝑛𝑑

𝑅𝑒𝑎𝑘𝑡𝑖𝑜𝑛𝑠𝑔𝑒𝑠𝑐ℎ𝑤𝑖𝑛𝑑𝑖𝑔𝑘𝑒𝑖𝑡 𝑖𝑚 𝑅𝑢ℎ𝑒𝑧𝑢𝑠𝑡𝑎𝑛𝑑

Page 16: ZELLATMUNG - Ruhr University Bochum...dessen Regulation, Citratzyklus, Atmungskette; Prinzipien und Mechanismen der Stoffwechselregulation; Unterschiedliche Mechanismen der ATP-Bildung;

22

Ergebnisse

zu Versuch 1.2.

Substrat Succinat

Sauerstoffverbrauch

in der aktiven Phase

(nmol O2):

Eingesetzte Menge an

ADP (nmol):

ADP/O-Quotient:

Sauerstoffverbrauch/min

in der Ruhephase

(nmol O2/min):

Sauerstoffverbrauch/min

in der aktiven Phase

(nmol O2/min):

Eingesetzte Menge an

Protein (mg):

Reaktionsgeschwindigkeit

in der Ruhephase

(nmol O/(min · mg Protein)):

Reaktionsgeschwindigkeit

in der aktiven Phase

(nmol O/(min · mg Protein)):

Atmungskontrollkoeffizient:

Page 17: ZELLATMUNG - Ruhr University Bochum...dessen Regulation, Citratzyklus, Atmungskette; Prinzipien und Mechanismen der Stoffwechselregulation; Unterschiedliche Mechanismen der ATP-Bildung;

23

zu Versuch 2.1. und 2.2.

zu Versuch 2.3. und 2.4.

Page 18: ZELLATMUNG - Ruhr University Bochum...dessen Regulation, Citratzyklus, Atmungskette; Prinzipien und Mechanismen der Stoffwechselregulation; Unterschiedliche Mechanismen der ATP-Bildung;

24

E. SCHLUSSFOLGERUNGEN

Page 19: ZELLATMUNG - Ruhr University Bochum...dessen Regulation, Citratzyklus, Atmungskette; Prinzipien und Mechanismen der Stoffwechselregulation; Unterschiedliche Mechanismen der ATP-Bildung;

25

F. ANHANG