Zünder der schweren Wurfmine Z.s.W.M. aus dem 1....

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MITTEILUNGEN 2/2009 20 Zünder der schweren Wurfmine Z.s.W.M. aus dem 1. Weltkrieg Michael von Wezyk (OG Sankt Augustin/Köln/Bonn) Dieser Zünder dürfte wohl einer, wenn nicht sogar der Größte im 1. Weltkrieg verwendet Kopfzünder sein. Seine Länge beträgt 17 cm (inkl. der relativ kleinen Zündladungsbüchse [10]) im Durchmesser sind es gemessene 8,3 cm und sein Gewicht beträgt ohne Füllstoffe 2.125 Gramm. Verwendet wurde dieser Zünder nur auf der schwe- ren Wurfmine der Firma Erhardt – später Rheinme- tall. Meinen Unterlagen und Nachforschungen zufolge wurde diese schwere Wurfmine in den ersten zwei Kriegsjahren (1914/15) verwendet; es gibt zumindest nur aus diesen Jahren entsprechend gestempelte Zünder. So ist aus der einschlägigen Literatur zu entnehmen, dass die deutschen Trup- pen am 13. August 1914 zum ersten mal vier Stück dieser Minenwerfer einsetzten um die Befesti- gungsanlagen des Forts Fleron bei Lüttich zu zer- stören. Die drall stabilisierte Mine mit einem Gesamtgewicht von rund 100 kg wurde von einer ähnlich großen Mine abgelöst, die wohl im Herstel- lungsaufwand und bei der Verwendung Vorteile auf- wies. Eine Eigenart dieser Minen war, dass bereits bei der Herstellung in das Führungsband Züge und Felder eingearbeitet waren. Die Mine musste sozu- sagen in die Züge und Felder des Werferrohres eingedreht werden und verlies das Werferrohr, angetrieben durch die Treibladungsgase mit ent- sprechender Drehung. Die Wirkungen dieser Minen mit annähernd 50 kg Sprengstoffinhalt müssen auch bei Verwendung minderwertiger Ladungen, aber gewaltig gewesen sein. Nun aber wieder zurück zum Zünder selber. Um den Zünder funktionsbereit zu machen ist vor Verwendung der Vorstecker (1) zu entfernen. Das unter der Aluminiumkappe (2) befindliche Schlag- stück (3) mit Zündpille ist von einem dünnen Blech- mantel (4) umgeben, der im oberen Bereich etwas aufgeweitet ist. Durch diese Aufweitung ergibt sich ein größerer Durchmesser der nun verhindert, dass das Schlagstück in einem Einsatz (5) im Zünderkör- per durch eine entsprechende Bohrung auf die

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Page 1: Zünder der schweren Wurfmine Z.s.W.M. aus dem 1. Weltkriegbdfwt.de/wp-content/uploads/2014/10/10_zdr_swmi_kw.pdf · Waffen-Arsenal, Wolfgang Fleischer. Title: Heft_2_2009_S_U1_U4:Heft_2_2009_S_U1_U4

MITTEILUNGEN 2/200920

Zünder der schweren Wurfmine Z.s.W.M. aus dem 1. WeltkriegMichael von Wezyk (OG Sankt Augustin/Köln/Bonn)

Dieser Zünder dürfte wohl einer, wenn nicht sogarder Größte im 1. Weltkrieg verwendet Kopfzündersein. Seine Länge beträgt 17 cm (inkl. der relativkleinen Zündladungsbüchse [10]) im Durchmessersind es gemessene 8,3 cm und sein Gewicht beträgtohne Füllstoffe 2.125 Gramm.Verwendet wurde dieser Zünder nur auf der schwe-ren Wurfmine der Firma Erhardt – später Rheinme-tall. Meinen Unterlagen und Nachforschungenzufolge wurde diese schwere Wurfmine in denersten zwei Kriegsjahren (1914/15) verwendet; esgibt zumindest nur aus diesen Jahren entsprechendgestempelte Zünder. So ist aus der einschlägigenLiteratur zu entnehmen, dass die deutschen Trup-pen am 13. August 1914 zum ersten mal vier Stückdieser Minenwerfer einsetzten um die Befesti-gungsanlagen des Forts Fleron bei Lüttich zu zer-stören. Die drall stabilisierte Mine mit einemGesamtgewicht von rund 100 kg wurde von einerähnlich großen Mine abgelöst, die wohl im Herstel-lungsaufwand und bei der Verwendung Vorteile auf-wies. Eine Eigenart dieser Minen war, dass bereitsbei der Herstellung in das Führungsband Züge undFelder eingearbeitet waren. Die Mine musste sozu-sagen in die Züge und Felder des Werferrohres eingedreht werden und verlies das Werferrohr,

angetrieben durch die Treibladungsgase mit ent-sprechender Drehung. Die Wirkungen dieser Minenmit annähernd 50 kg Sprengstoffinhalt müssen auchbei Verwendung minderwertiger Ladungen, abergewaltig gewesen sein. Nun aber wieder zurück zum Zünder selber.Um den Zünder funktionsbereit zu machen ist vorVerwendung der Vorstecker (1) zu entfernen. Dasunter der Aluminiumkappe (2) befindliche Schlag-stück (3) mit Zündpille ist von einem dünnen Blech-mantel (4) umgeben, der im oberen Bereich etwasaufgeweitet ist. Durch diese Aufweitung ergibt sichein größerer Durchmesser der nun verhindert, dassdas Schlagstück in einem Einsatz (5) im Zünderkör-per durch eine entsprechende Bohrung auf die

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Zündnadel trifft. Beim Abschuss wird das Schlag-stück durch sein Beharrungsvermögen (Masseträg-heit) so schwer, dass unter Gewalteinwirkung die imBlechmantel vorhandene Aufweitung sich rückver-formt und dieser nun mit dem Schlagstück zusam-men durch die Bohrung passt und auf die Nadeltrifft. Die Zündnadel sticht die Zündpille an, derFlammenstrahl wird durch entsprechende Bohrun-gen so geleitet, dass zum einen das Pulverkorn des Brennrings (11) entfacht wird, zum anderenaber auch die Blockadeladungen der Sicherungs-klammern (7) des Aufschlag-Schlagstückes (8)abbrennen. Die entstehenden Verbrennungsgaseentweichen aus zwei Öffnungen (13) im Zünder-oberteil.Ist die Zerlegung der Wurfmine in der Lufterwünscht, so kann dies über den Stellring (Tem-pierung) mit einer Skaletierung von 7-15 Sekundeneingestellt werden. Der Zündvorgang ist bereitsdurch den Abschuss eingeleitet. Ist der Abbranddes Pulverkorns im Brennring (11) an eine bestimm-te Stelle im Zünderteller gelangt überträgt sich dieFlamme über eine Bohrung im Zünderkörper (12)auf eine Verstärkungsladung aus Schwarzpulverüber der Zündladung (10). Der verstärkte Flammen-strahl schlägt in die Sprengkapsel, zündet diese,diese wiederum die Zündladung und nachfolgendauch die Minenfüllung.Bei gewünschter Zündung bei Aufschlag erfolgtdies über ein separates Schlagstück. Dieses Schlag-stück ist im oberen Bereich rundum mit einer Nutversehen, in die zwei Klammern (7) eingreifen undes fixieren.Wie bereits geschildert sind beim Abschuss durchdie Zündeinleitung die Blockadeladungen dieserKlammern abgebrannt und unter Federdruck wei-chen Diese aus der Nut zurück und geben dasSchlagstück frei. Dieses Schlagstück ist nicht wiesonst üblich mit einer Zündpille bestückt, sondernbesitzt derer zwei. Die Zündpillen sind so im oberen

und unteren Teil des Schlagstück angeordnet, dassdazwischen der Zündnadelträger jeweils mit einerSpitze in Richtung der Zündpille, Platz findet. DieseAnordnung von Zündnadeln und Zündpillenbegründet sich durch nachfolgende Eigenschaft.Bedingt durch die relativ geringe Fluggeschwindig-keit der schweren Geschosse erhalten diese auchnur eine geringe Geschossrotation. Dies führt dazu,dass eine gleichbleibende Drehung um die Mittel-achse zur Stabilisierung nicht gewährleistet ist undhierdurch ein Trudeln oder sogar ein Überschlagenmöglich wird. So kann es vorkommen, dass die Mine mit demHeck aufschlägt; ein nur bei Aufschlag mit der Spit-ze wirksames Schlagstück wäre jetzt wirkungslos,das gewählte Verfahren zündet jedoch sicher. Bei einem völlig gleichmäßig waagerechten Auf-schlag, auch dies wäre denkbar, würde aber auchdiese Technik versagen. Die Zündung erfolgtjedoch trotzdem nach Abbrand der maximalenBrennzeit des Brennringes.Zu Versagern oder Blindgängern kann es eigentlichnur dann kommen, wenn bereits die pyrotechnischeZündeinleitung beim Abschuss versagt. Sollten, aus welchen Gründen auch immer, die bei-den Klammern beim Abschuss nicht mehr in die fürdie Fixierung vorgesehene Nut eingreifen, wäre dasSchlagstück beweglich und es käme bereits beimAbschuss zur Zündung. Das in zwei Richtungen bewegliche Schlagstückbringt also nicht nur Vorteile sondern birgt auchGefahren.Quellennachweis:Taschenbuch für den Artilleristen. Rheinmetall Bor-sig 2. AuflageAtlas Les Fusees Allemandes. Armée BelgeDatenblätter des KRD Munster (1978-1983)Notes of German Fuzes. General Headquarters LondonWaffen-Arsenal, Wolfgang Fleischer