Zur Entstehungs- und Frühgeschichte des Terminus Motette

14
Zur Entstehungs- und Frühgeschichte des Terminus Motette Author(s): Klaus Hofmann Source: Acta Musicologica, Vol. 42, Fasc. 3/4 (Jul. - Dec., 1970), pp. 138-150 Published by: International Musicological Society Stable URL: http://www.jstor.org/stable/932192 . Accessed: 10/06/2014 05:00 Your use of the JSTOR archive indicates your acceptance of the Terms & Conditions of Use, available at . http://www.jstor.org/page/info/about/policies/terms.jsp . JSTOR is a not-for-profit service that helps scholars, researchers, and students discover, use, and build upon a wide range of content in a trusted digital archive. We use information technology and tools to increase productivity and facilitate new forms of scholarship. For more information about JSTOR, please contact [email protected]. . International Musicological Society is collaborating with JSTOR to digitize, preserve and extend access to Acta Musicologica. http://www.jstor.org This content downloaded from 188.72.96.180 on Tue, 10 Jun 2014 05:00:22 AM All use subject to JSTOR Terms and Conditions

Transcript of Zur Entstehungs- und Frühgeschichte des Terminus Motette

Page 1: Zur Entstehungs- und Frühgeschichte des Terminus Motette

Zur Entstehungs- und Frühgeschichte des Terminus MotetteAuthor(s): Klaus HofmannSource: Acta Musicologica, Vol. 42, Fasc. 3/4 (Jul. - Dec., 1970), pp. 138-150Published by: International Musicological SocietyStable URL: http://www.jstor.org/stable/932192 .

Accessed: 10/06/2014 05:00

Your use of the JSTOR archive indicates your acceptance of the Terms & Conditions of Use, available at .http://www.jstor.org/page/info/about/policies/terms.jsp

.JSTOR is a not-for-profit service that helps scholars, researchers, and students discover, use, and build upon a wide range ofcontent in a trusted digital archive. We use information technology and tools to increase productivity and facilitate new formsof scholarship. For more information about JSTOR, please contact [email protected].

.

International Musicological Society is collaborating with JSTOR to digitize, preserve and extend access toActa Musicologica.

http://www.jstor.org

This content downloaded from 188.72.96.180 on Tue, 10 Jun 2014 05:00:22 AMAll use subject to JSTOR Terms and Conditions

Page 2: Zur Entstehungs- und Frühgeschichte des Terminus Motette

138 J. Stenzl: Eine unbekannte Sanctus-Motette vom Ende des 13. Jahrhunderts

115 120

8W *

125 130

men .]

men .1 8 [

(132)

Zur Entstehungs- und Friihgeschichte des Terminus Motette

KLAUS HOFMANN (TUBINGEN)

I Zwei Aufs itze haben in jiingerer Zeit die Frage nach dem Ursprung des Terminus

M o t e t t e neu beantwortet: Rolf Dammanns Untersuchung Geschichte der Begriffs- bestimmung Motette ' und Giinter Birkners Studie Motetus und Motette2. Dammann und Birkner stimmen iiberein in der Sicht der sprachgeschichtlichen Entwicklung, deren Darstellung derjenigen Walther von Wartburgs im FranzBsischen Etymologischen Worterbuch 3 (FEW) entspricht: afrz., aprov. motet ist abgeleitet von afrz., aprov. mot ,,Vers", ,Strophe", das seinerseits auf lat. muttum ,,Mucks", ,,unartikulierter Laut" zuriickgeht; motetus ist die latinisierte Form von motet.

Unterschiede allerdings bestehen in der Interpretation dieses Sachverhaltes. Dam- mann versteht das Suffix -et von motet als Instrumental- oder Funktionalsuffix und damit motet als ,,das mit Versen Versehene": die nachtriiglich mit einem poetischen Text versehene Klausel, wie sie am Anfang der Geschichte der Motette steht4. Dem- gegeniiber konnte Birkner anhand der Begriffspaare muttu - muttettu (sard.), motto -

1 AfMw XVI (1959), S. 337-377. 2 AfMw XVIII (1961), S. 183-194. s Art. muttum in: FEW VI/3 (1969), S. 303-305. - Fiir die Vermittlung eines Vorabdrucks des Artikels und ffir die Beratung in romanistischen Fragen bin ich Herrn Dr. Frank-Rutger Hausmann, Freiburg i. Br., zu Dank verpflichtet. 4 DAMMANN, S. 343-346.

This content downloaded from 188.72.96.180 on Tue, 10 Jun 2014 05:00:22 AMAll use subject to JSTOR Terms and Conditions

Page 3: Zur Entstehungs- und Frühgeschichte des Terminus Motette

K. Hofmann: Zur Entstehungs- und Friihgeschichte des Terminus Motette 139

mottetto (altit.) und mottum - mottettum (mlat.) evident machen, daB motet eine Diminutivform ist: muttu, motto und mottum bezeichnen im speziellen Gebrauch ein

gr6d3eres monostrophisches Gedicht, muttettu, mottetto und mottettum hingegen ein kleineres, das im allgemeinen den Umfang von zwei bis vier Versen nicht iiberschreitet; zugleich ist muttu, motto, mottum auch Oberbegriff, der als solcher auch auf kleinere Gebilde angewendet werden kann5.

Die UIbertragung dieser Verhjltnisse auf das franzdsische Begriffspaar mot - motet ist zweifellos gerechtfertigt. Utberdies lassen sich noch aus dem Mittelfranzbsischen Belege fiir das diminutivische Verstiindnis von motet anfiihren. So weist das FEW6 fiir motet u. a. die Bedeutungen p e t i t renseignement, p e t i t mot und c o u r t e devise nach. Neben motet gibt es bereits im Altfranz6sischen die ebenfalls von mot

abgeleitete, eindeutig diminutivische Form motel7. Diese mu3 im 13. Jahrhundert einigermaBen gebriiuchlich gewesen sein, denn ihr lateinisches Derivat, motellus, begegnet in den Lehrschriften der Zeit relativ hliufig8.

Mit der Erkenntnis, daB motet als Diminutiv zu verstehen ist, mu3te an die Stelle von Dammanns Deutung eine neue Erklirung des Sachbezugs von motet treten. Ein Problem ergibt sich hierbei vor allem daraus, daB die Motetten des 13. Jahrhunderts im allgemeinen weit fiber den normalen Umfang eines motet, die Zwei- bis Vierzeilig- keit, hinausgehen. Birkner schreibt, die Motettentexte zeigten ,,unter dem Begriff des motet(us) eine Anlage, die eine friihere und strenge Scheidung allein dem mot zu- erkannt haitte", und kommt zu dem SchluB, daB die Motette urspriinglich einen die

Bezeichnung motet rechtfertigenden Umfang besessen haben muB, doch dann schon in einem friihen Stadium der Entwicklung das Merkmal der Kiirze aufgegeben habe 9.

5 BIRKNER, S. 184 ff. 6 A. a. O., S. 304. ,, petit " und ,, courte " von mir gesperrt.

Z. B. bei GACE DE LA BUIGNE (1373): ,,Chanter motelz Et rondeaux" (nach FRID'RIc GODEFROY, Dictionnaire de l'ancienne langue

francaise V [Paris 1888], s. v. motel, S. 422). Ein friiherer Beleg (aus

der Zeit um 1300) findet sich m6glicherweise in dem Roman Miliacin ou Conte du Cheval de Fust von GIRARDIN D'AMIENS; dazu: FRIEDRICH LUDWIG, Repertorium organorum recentioris et motetorum vetus- tissimi stili I/1 (Halle 1910), 2., erw. Aufl. (Nachdrudck), hg. v. L. A. DITTMER (Hildesheim 1964), S. 341 f. ' Zu motel und motellus: DAMMANN, S. 348. Dammann gibt an, die Form motel beruhe auf Irrtum, und bezieht sich dabei auf v. Wartburg; dessen Anmerkung ,Die von Godefroy gegebene form motel scheint auf irrtum zu beruhen" (a. a. O., S. 306, Anm. 6) zieht indes doch wohl nur die Sorgfalt Godefroys bei der Wiedergabe des Gace-de-la-Buigne-Zitats - s. o., Anm. 7 - in Zweifel. Fiir eine spditere Zeit belegt Godefroy die Form zudem bei Du Bellay (vgl. auch v. WARTBURG, a. a. O., S. 304); einen weiteren Beleg aus dem 16. Jahrhundert (Aneau, 1539) gibt EDMOND HUGUET, Dictionnaire de la langue francaise du seizieme siecle V (Paris 1961), S. 345, s. v. motel. - Die Form motellus wird von einigen Autoren des 13. Jahrhunderts ausschliel3ich gebraucht, so von Johannes de Garlandia, Lambertus, dem Anonymus 7 und dem Anonymus St. Emmeram. Bei Johannes de Grocheo (Der Musik- traktat des Johannes de Grocheo, hg. v. ERNST ROHLOFF, in: Media Latinitas Musica II [Leipzig 1943] - im folgenden kurz ,,Rohloff" -, S. 53) und Jacobus von Liittich (CS II, 394b) begegnet motellus neben motetus. - Eine Entsprechung zu motel - motet findet sich in dem Terminuspaar rondel - rondet. Nach FRIEDRICH GENNRICH, Das altfranzasische Rondeau und Virelai im 12. und 13. Jahrhun- dert, in: SMMAE X (Langen 1963), S. 3 f., handelt es sich hierbei um heute noch lebendige Dialekt- varianten: rondet ist eine nord-, rondel eine zentralfranz6sische Diminutivform. Vgl. dazu auch: HANS HEINRICH EGGEBRECHT und FRITZ RECKOW, Das Handwbrterbuch der musikalischen Terminologie, in: AfMw XXV (1968), S. 257 f. I S. 190.

This content downloaded from 188.72.96.180 on Tue, 10 Jun 2014 05:00:22 AMAll use subject to JSTOR Terms and Conditions

Page 4: Zur Entstehungs- und Frühgeschichte des Terminus Motette

140 K. Hofmann: Zur Entstehungs- und Frahgeschichte des Terminus Motette

Diese Erkliirung befriedigt nicht ganz. So fehlen insbesondere zahlenmai3Big ins Gewicht fallende Belege fiir den von Birkner angenommenen friihen Motettentypus.

Nur einige wenige derartig kurze Motetten sind iiberliefert. Fine Reihe von Beispielen bieten die Motettensammlungen R und N, in denen sieben (R 35-41) bzw. neun (N 65-73) solcher ,,Kurzmotetten" zu einer Gruppe zusammengefaBt sind o. DaB diese Kompositionen nicht das Ausgangsstadium der Entwicklung der Motette verk6rpern, zeigt vor allem die kompositorische Behandlung des Tenors, der meist unregelmiiBig rhythmisiert ist und gele- gentlich von der Tonfolge der choralen Vorlage abweicht - Merkmale, die sich vorzugsweise in der Motette des spiten 13. Jahrhunderts finden.

Auch miissen jene friihen Motetten, die noch durch die blo3e Neutextierung von Klauseln entstanden, im allgemeinen eine Linge von vier Verszeilen iiberschritten haben. Dies zeigt der Umfang sowohl derjenigen Motetten, zu denen eine Klausel-

vorlage iiberliefert ist, als auch eines GroBteils der nur als Klausel iiberlieferten Discantussaitze.

Das Friihstadium der ,,motethaft kurzen" Motette hat es wohl nie gegeben. Die von Birkner aufgewiesene Diskrepanz zwischen der Liinge der Motette und der Kiirze eines motet im urspriinglichen Sinne diirfte von Anfang an bestanden haben; sie besteht zumindest schon zu der Zeit, aus der die ersten sicheren Belege ffir motet(us) als Terminus der Mehrstimmigkeit stammen: dem zweiten Drittel des 13. Jahrhunderts. Die Gattung Motette kann damals nicht mehr als einige Jahrzehnte alt gewesen sein. Sollte ihr Name so friih schon die Verbindung zu seiner urspriinglichen Bedeutung verloren haben? Das ist wenig wahrscheinlich, zumal, wie noch zu zeigen sein wird, motet als Bezeichnung fiir ein kurzes Gedicht noch gegen Ende des Jahrhunderts in Gebrauch ist. Offenbar ist es nicht das Moment der Kiirze, das motet = kleines Gedicht mit motet = Motette verbindet.

Im iibrigen bleibt es erstaunlich, daB mit motet ein vulgairsprachlicher Terminus in den Bereich der Mehrstimmigkeit eindringt. Es ist sicher richtig, wenn Birkner diese Erscheinung mit dem zeitweiligen Vorrang der vulgairsprachigen Motette und dem Zug zur Literarisierung des musikalischen Bereichs in Verbindung bringt".1 Gleich- wohl ist zu bedenken, daB ja andere Termini, insbesondere die lateinischen Stimm- bezeichnungen tenor, triplum und quadruplum, beibehalten und allenfalls franz6sisiert, nicht aber durch neuartige ersetzt wurden ". M6glicherweise hat dieses ,,Einbrechen" eines vulgairsprachlichen Terminus einen gewichtigeren Grund: das Bediirfnis, die neue, vulgairsprachige Motette von der herk6mmlichen lateinischen terminologisch zu unterscheiden, weil zwischen beiden Arten der Motette nicht nur sprachliche, sondern tiefgreifende satztechnische Unterschiede bestehen.

Bei dem Versuch, die hier angesprochenen Probleme zu klairen und einen stringen- teren Sachbezug des Terminus motet ausfindig zu machen, fiihrt Birkners Vermutung weiter, daB motet urspriinglich vulgi!rsprachige Texte bezeichnet habe, ,,die unter dem

10 Dazu: LUDWIG, Repertorium I/1, S. 294 f. u. 298. 11 Bes. S. 189, 191 f. u. 194. 12 Vgl. die von DAMMANN, S. 347, gegebenen Beispiele aus dem zweiten Teil des Roman de la Rose und dem Roman de Fauvel. Die vulgirsprachliche Bezeichnung quadruple kommt in dem Quadruplum 1798] vor.

This content downloaded from 188.72.96.180 on Tue, 10 Jun 2014 05:00:22 AMAll use subject to JSTOR Terms and Conditions

Page 5: Zur Entstehungs- und Frühgeschichte des Terminus Motette

K. Hofmann: Zur Entstehungs- und Friligeschichte des Terminus Motette 141

Namen motets als Gattung schon vorher existierten, sei es als rein literarische Gebilde oder wahrscheinlich auch als kurze, mit einer Melodie versehene Lieder" 13. Dies weist auf jene ,,andere" Wurzel der vulgairsprachigen Motette des 13. Jahrhunderts, deren Rolle bei der Erforschung der friihen Motette bisher meist stark vernachlassigt worden ist: das einstimmige volkssprachige Lied. Sein Einflul3 schlaigt sich auf das deutlichste in einer Eigentiimlichkeit der vulgairsprachigen Motette nieder: in der Gepflogenheit, Liedbruchstiicke, sogenannte Refrains, zitatartig an prominenter Stelle, besonders am Anfang und am Schlu3, in der Motettenoberstimme anzubringen. Einen Eindruck von der iiberaus gro3en Haiufigkeit derartiger ,Zitate" in der vulgairsprachigen Motette des 13. Jahrhunderts vermittelt Friedrich Gennrichs Bibliographie der Motetten14 (in der allerdings 1Ingst nicht alle in den Motetten vorkommenden Refrains erfa8t sind). Der Vergleich mit anderweitigen Olberlieferungen von Refrains, die in Motetten vor- kommen, vielfach auch die Analyse des Motettensatzes, macht deutlich, daB die Refrains normalerweise mit der ihnen urspriinglich eigenen Melodie ,,zitiert" werden.

Dies hat erhebliche kompositionstechnische Konsequenzen. Denn der Refrain wird offenbar nicht ,,beildufig" angefiihrt, sondern ist Ausgangspunkt bei der dichterisch-musikalischen Konzeption des Ganzen. Der einmal gewihlte Refrain bestimmt die Thematik des Textes und dessen formale Details in ebenso hohem MaBe wie wesentliche Ziige des Motettensatzes, von der Rhythmisierung der Tenor-Tonfolge - die ja so angelegt werden mul, daB sich zwischen Refrainmelodie und Tenor ein zusammenklangstechnisch korrekter Satz ergibt, - bis hin zu Einzelheiten der melodischen und rhythmischen Ausgestaltung der Oberstimme. Charakte- ristische satztechnische Komplikationen der Refrain-Tenor-Kombination in Verbindung mit typischen, meist sentenzartigen Refrainwendungen des Textes finden sich auch in zahlreichen Motetten, fiir die Refrains nicht anderweitig belegt sind: Offenbar enthalt bis gegen Ende des 13. Jahrhunderts normalerweise jede vulgirsprachige Motette einen Refrain15.

Die Refrains der Motetten aber entsprechen, im Unterschied zu den Motetten selbst, ausnahmslos dem durch die Bezeichnung motet gegebenen Kriterium der Kiirze: Meist handelt es sich um Abschnitte von nur zwei Versen.

So liegt die Vermutung nahe, daB motet urspriinglich diese kurzen, sentenz- oder devisenartigen Refrains bezeichnet hat6 und, da diese das charakteristische Merkmal der vulgirsprachigen Motette sind, schlieflich auf das Ganze, die vulgirsprachige Motette, iiberging.

Diese Vermutung ldIBt sich durch zahlreiche Belege erhtrten 17

'" S. 194. 14 Bibliographie der iltesten franzisischen und lateinischen Motetten, in: SMMAE II (Darmstadt 1957). Die im vorliegenden Aufsatz verwendeten Handschriftensiglen und Motettennummern folgen Gennrichs Bibliographie. 15 Auf die Refraintechnik der friihen vulgirsprachigen Motette kann hier nicht niher eingegangen werden. Eine ausfiihrliche Darstellung gebe ich in meiner Dissertation Untersuchungen zur Kompo- sitionstechnik der Motette im 13. Jahrhundert, durchgefWhrt an den Motetten mit dem Tenor IN SECULUM (Freiburg i. Br. 1968). Die Arbeit erscheint voraussichtlich 1971 im Druck. 16 Ahnlich bereits DAMMANN, S. 349. 17 Die meisten der folgenden Belege sind bereits bei FRIEDRICH LUDWIG, Repertorium I/i, S. 331, ver- zeichnet. Ludwig macht dort, im AnschluB an K. Bartsch (1884), darauf aufmerksam, daB gelegentlich Refrains als motet bezeichnet werden. Ludwig scheint allerdings mit dem von ihm zitierten Bartsch angenommen zu haben, es erklire sich ,aus dem haufigen Vorkommen des Refrans in Motets, daB die Refrins bei Citaten in Dichtungswerken manchmal... geradezu als Motets bezeichnet werden".

This content downloaded from 188.72.96.180 on Tue, 10 Jun 2014 05:00:22 AMAll use subject to JSTOR Terms and Conditions

Page 6: Zur Entstehungs- und Frühgeschichte des Terminus Motette

142 K. Hofmann: Zur Entstehungs- und Frihgeschichte des Terminus Motette

So werden in dem gegen 1290 verfa3ten Roman du Renart le Nouvel 8 an fiinf Stellen Refrains angefiihrt, die ausdriicklich als motet bezeichnet werden, wie z. B. in V. 2444 ff.: Et Renart lors prent a canter

Ce motet basset et sieri:

J'ai jo - ie ra -me - n6 - e chi.19

Die iibrigen als motet bezeichneten ,,Zitate" des Romans sind: V. 6828 (Refrain 780), 6838 (Refrain 653), 6874 (Refrain 997) und 7078 (Refrain 1127 in einer, Refrain 86 in drei anderen Handschriften). Die hier angefiihrten Refrains sind, ab- gesehen von Nr. 653 und Nr. 1127, auch anderweitig belegt, zum Teil mit derselben Melodie.

Zwei weitere Belege bringt ein Salus d'Amours in der aus dem 13. Jahrhundert stammenden20 Handschrift Paris B. N. fr9. 837. In Strophe 28 (fol. 269) heitt es21:

Com cele qui chanta cest motet en present: Qui me rendroit mon aignel et mon domage, A li me rent22.

Der hier als motet bezeichnete Textabschnitt aber kehrt wieder als Refrain des Liedes Agniaus dous, Nr. 4 des Kodex Paris B. N. fr9. 12483 23. AuBerdem wird in dem genannten Salus d'Amours auch der - anderweitig nicht nachweisbare - Refrain zu Strophe 17, Se j'avoie a fere ami, Je le feroie brunet 24, als motet bezeichnet25.

Die eben genannte Handschrift Paris B. N. fr9. 12483 aus dem 14. Jahrhundert mit wahrscheinlich dilteren Musikeinlagen26 gibt ihrerseits einen Beleg: In Nr. 15, einem einstimmigen Lied mit dem Refrain Vierge Marie douce et piteuse 27, beginnt die erste Strophe: Un motet vous voudrai chanter28. Da es sich bei dem Werk, wie Ludwig darlegt, nicht um eine Motette handeln kann29, diirfte motet hier ebenfalls den Refrain bezeichnen.

In der nur Texte enthaltenden Handschrift D, die nach Ludwig ,,am Anfang des 14. Jahrhunderts" geschrieben wurde30, deren Inhalt aber zum Teil dem

,,*iltesten franz6sischen Motetten-Repertoire" angehart 31, finden sich zwei weitere Belege: In

is Renart le Nouvel, Le Roman de Renart, IV, hg. v. MioN (Paris 1826). 19 Refrain 667. Wiedergegeben nach FR. GENNRICH, Rondeaux, Virelais und Balladen aus dem Ende des 12., dem 13. und dem ersten Drittel des 14. Jahrhunderts mit den i berlieferten Melodien, Bd. II: Materialien, Literaturnachweise, Refrainverzeichnis (G6ttingen 1927), S. 156. 20 LUDWIG, Repertorium I/1, S. 331. 21 Nach LUDWIG, a. a. O., S. 331, und FR. GENNRICH, Rondeaux, Virelais und Balladen . . . II, S. 184. 22 Refrain 432. 23 LUDWIG, a. a. O., S. 331. Das Lied ist abgedruckt in: FR. GENNRICH, Rondeaux, Virelais und Bal- laden... Bd. I: Texte (Dresden 1921), S. 254-256. 24 Refrain 584. 25 LUDWIG, a. a. O., S. 331. 26 LUDWIG, a. a. O., S. 342. "7 Refrain ohne Nummer. 28 LuDWIG, a. a. O., S. 342. 29 Ebenda. 30 A. a. O., S. 307. 31 S. 308.

This content downloaded from 188.72.96.180 on Tue, 10 Jun 2014 05:00:22 AMAll use subject to JSTOR Terms and Conditions

Page 7: Zur Entstehungs- und Frühgeschichte des Terminus Motette

K. Hofmann: Zur Entstehungs- und Friihgeschichte des Terminus Motette 143

der Ballete Nr. 16 wird der - auch anderweitig vorkommende32 - Refrain 802 motet genannt 33: enannt33:Et por ceu aloit dixant

Cest motet par anradie: Ne me bates mie, Maleuroz maris, Vos ne m'aveis pas norrie!

Und in der PastorelleNr. 57 findet sich dieselbe Bezeichnung fiir den Refrain 1729 34: Celle qui par anvoixeure Aloit chantant cest motet: Robin tureleure Robinet!

Hier ist auch die von Dammann 35 angefiihrte Stelle aus Rutebeufs Gedicht Chariot et le Barbier einzuordnen: ,,..... se Rustebuds . .. Voloit dire deus motes nue's . . ."

36. Unter motes werden hier zweifellos nicht Motetten, sondern vermutlich kurze Gedichte nach Art der Refrains verstanden 37.

Die Motette hat ihren Namen von diesen kleinen Liedabschnitten, den Refrains. Nichts anderes als dies ist offenbar auch der Inhalt der beriihmten Erklairung Walter Odingtons: ,,motetus . . ., id est motus brevis cantilene" 38 - ,,motetus, das ist: der kurze mot einer cantilena" 39; cantilena bezeichnet vorzugsweise das Refrainlied40, und der motus brevis einer cantilena ist zweifellos der Refrain 41.

Aus der Umschreibung von motetus durch motus brevis wird deutlich, daB Odington motet(us) als Diminutiv von mot(us) versteht; mot(us) wird hier in seiner Eigenschaft als Oberbegriff verwendet, der, wie bereits gesagt wurde, auch auf das kleinere, meist zwei- bis vierzeilige Gedicht angewendet werden kann. Damit ist der AnschluB an den von Birkner dargestellten Gebrauch der Begriffspaare muttu - muttettu, motto - mottetto und mottum - mottettum gegeben. Einige Belege dafiir, daB noch am Ende des 13. Jahrhunderts mot im Sinne eines Oberbegriffs auch den Refrain bezeichnen

32 Dazu: GENNRICH, Rondeaux II, S. 111. 33 LUDWIG, Repertorium I/1, S. 331; GENNRICH, Rondeaux II, S. 111 u. 264 f. Der Text ist abgedruckt in: Altfranzbsische Romanzen und Pastourellen, hg. v. KARL BARTSCH (Leipzig 1870, Nachdruck Darmstadt 1967), S. 46. 34 LuDWIG, ebd. - Text: BARTSCH, a. a. O., S. 175. 35 S. 345. 36 Oeuvres completes de Rutebeuf, hg. v. EDMOND FARAL und JULIA BASTIN, II (Paris 1960), S. 264 (V. 81-83). 37 FARAL und BASTIN (ebd.) bemerken zu ,motes": , 1 ne semble pas que ce terme doive etre pris ici en son sens technique." 38 CS I, 246a. 39 Anders interpretiert von DAMMANN, S. 349, und BIRKNER, S. 186. Bereits Birkner deutet motus als lateinische Form von afrz. mot, bezieht jedoch brevis auf cantilena. motus in diesem Sinne ist ander- weitig nicht belegt. Fiir freundliche Auskiinfte iiber das Archivmaterial des Thesaurus linguae latinae und des Mittellateinischen Warterbuchs danke ich den Herren Dr. Frits Oomes und Dr. Hans Schmid in Miinchen. 40 Johannes de Grocheo, der streng zwischen cantus und cantilena unterscheidet, nennt cantilena

ausschlie1lich diejenigen Formen, welche einen Refrain besitzen (vgl. Rohloff 50--52). Was ein Refrain ist, erklirt er bezeichnenderweise anhand der cantilena: ,Responsorium vero est, quo omnis cantilena incipit et terminatur" (Rohloff 51). 41 Dazu: DAMMANN, S. 349, Anm. 2.

This content downloaded from 188.72.96.180 on Tue, 10 Jun 2014 05:00:22 AMAll use subject to JSTOR Terms and Conditions

Page 8: Zur Entstehungs- und Frühgeschichte des Terminus Motette

144 K. Hofmann: Zur Entstehungs- und Friihgeschichte des Terminus Motette

kann, finden sich in dem Roman du Renart le Nouvel; so wird z. B. in V. 2832 der Refrain 50o und in V. 7022 der Refrain 99 mot genannt42.

Offenbar war also die ursprtingliche Bedeutung des Begriffspaares mot - motet um 1300 noch geliiufig. DaB motet in dieser Zeit neben dem kleineren Gebilde auch das

grl3Bere, die Motetus-Stimme oder die Motette, bezeichnet, ist demnach wohl nur mit der besonderen Rolle und dem Gewicht des Refrains in der Motette zu erkliiren. Denk- bar ist, daB motet in der Bedeutung ,,Motetus-Stimme", ,,Motette" ein Bezeichnungs- fragment ist und auf Bezeichnungen wie etwa ,,Duplum mit motet" oder ,,Discantus mit motet" zuriickgeht. Belege dafiir lassen sich allerdings nicht finden.

II Die Frage, wann die Bezeichnung motet entstanden ist, wird sich exakt wohl nicht

mehr beantworten lassen. Wahrscheinlich miissen die oben genannten Belege durchweg als relativ spait gelten. Auch der nach Dammann ,,iilteste Beleg" 43 fiir den fran-

z6sischen Terminus, die bereits zitierte Stelle aus Rutebeufs Gedicht Chariot et le Barbier, entstammt friihestens dem mittleren Drittel des 13. Jahrhunderts 44. Aus dem von Dammann45 aufgewiesenen Vorkommen des Eigennamens Motet(us) seit dem Ende des 12. Jahrhunderts lassen sich tragfaihige Schliisse auf die Geschichte des Terminus wohl nicht ziehen46. Doch wird man annehmen diirfen, daB der Terminus mit dem Aufbliihen der Refraintechniken um die Jahrhundertwende im Bereich der einstimmigen Liedkunst entstanden ist.

Auch das tibergehen des Terminus auf das Duplum der vulgairsprachigen Motette, dann auf diese selbst und schlie31lich auch auf lateinische und gemischtsprachige Kom- positionen - denn in dieser Stufenfolge diirfte die terminologische Entwicklung von- statten gegangen sein -, 1ii3t sich zeitlich kaum fixieren.

Mit einiger Sicherheit datierbare literarische Belege f/ir motet im Sinne von

,,Motetus-Stimme" oder ,,Motette" sind erst etwa vom Beginn des letzten Jahrhun- dertdrittels an greifbar, etwa in den bereits von Dammann angefiihrten Quellen, der Chronique de Saint-Denis aus dem Jahre 1274 und dem um 1270 verfal3ten zweiten Teil des Roman de la Rose47. Zu dieser Zeit befand sich die terminolo- gische Entwicklung offenbar bereits in einem spaiten Stadium. Im Roman de la Rose bezeichnet motet gleicherma8en das Duplum und die Motette als Ganzes48 - wenn- gleich freilich nicht

auszuschlieten ist, daB hierbei nur an vulgairsprachige Komposi-

42 Beide Refrains sind auch anderweitig iiberliefert, Refrain 99 u. a. als Refrain des Motet ent [1074] und in dem als Refrain-Cento angelegten Tenor der Motette [sso/s81]. 43 S. 345. 44 Als Hauptwirkungszeit des Dichters gelten die Jahre 1249-1285. DAMMANN, S. 345, Anm. 2, weist das Gedicht versehentlich dem 12. Jahrhundert zu. 45 S. 342. 46 Eine mehr als diuBerliche Beziehung zwischen dem Eigennamen Motetus und dem gleichlautenden Terminus ist unwahrscheinlich. Es liegt niher, den Familiennamen auf afrz. mote ,,Hiigel" - Diminutiv: motete - zuriickzufiihren. 47 DAMMANN, S. 345-347. 48 Vgl. die von DAMMANN, S. 346 f., gegebenen Belege.

This content downloaded from 188.72.96.180 on Tue, 10 Jun 2014 05:00:22 AMAll use subject to JSTOR Terms and Conditions

Page 9: Zur Entstehungs- und Frühgeschichte des Terminus Motette

K. Hofmann: Zur Entstehungs- und Friihgeschichte des Terminus Motette 145

tionen gedacht ist49. Mit der gleichen Selbstverstandlichkeit, mit der hier die Motette in einem Atemzuge mit ,,fableaus", ,,rondiaus", ,,conduiz" und chan1onetes" genannt wird, erscheint 1288 in dem Jeu du Pelerin, dem anonymen Prolog zu Adam de la Halles Robin et Marion, der speziellere Terminus motet ente (,,gepfropfter motet") im Zusammenhang mit ,,canchons", ,,partures" und ,,balades" 50

Mit motet ente ist jene besonders kunstvolle Form der vulgirsprachigen Motette ange- sprochen, die mit dem Beginn eines Refrains er6ffnet und von dessen Fortsetzung beschlossen wird. Aus der Tatsache, daB man diesen Typus mit einem eigenen Namen auszeichnete und auch Motets ents zu besonderen Sammlungen vereinigte 51, wird nebenbei augenf illig, welche Bedeutung dem Refrain und der Refraintechnik in der Motettenkunst des 13. Jahrhunderts zuerkannt wurde.

Mehrfach werden auch in den Musiksammlungen des 13. Jahrhunderts vulgair- sprachige Motetten mit dem Terminus motet belegt. Leider sind diese Handschriften nur ungefahr datierbar. In der Handschrift Paris B. N. frq. 845, die nach Friedrich Ludwig aus dem 13. Jahrhundert stammt52, steht am Beginn einer Gruppe von 15 Motets entes: ,,Ci conmencent Ii motet ente" (fol. 184)53. Ahnlich lautet die fIber- schrift in der wohl am Ende des Jahrhunderts entstandenen Handschrift R: ,, Ci commencent ii motet" (fol. 205)54; der Index des Chansonniers verzeichnet den Titel ,,Les motes" (fol. E')55. In dem aus der zweiten Jahrhunderthailfte stammenden Adam-de-la-Halle-Kodex Ha steht fol. 34' die Uberschrift ,,Li motet Adan".

Die Vermutung, daB motet(us) im Bereich der Motettenkunst des 13. Jahrhunderts zunichst und in erster Linie nur die Motetus-Stimme oder Motette mit franz6sischem Text bezeichnet habe 56, wird gestiitzt durch die Beobachtung, daB der Terminus in den Musiksammlungen der Zeit auf lateinische Motetten nicht - oder doch zumindest

iuBerst selten - angewandt wird.

Nur zwei periphere Quellen bieten - iiberdies unsichere - Gegenbelege: In dem innerhalb der Handschrift LoHa erhaltenen Inhaltsverzeichnis eines verlorenen Kodex, der Organa, Conductus und lateinische Motetten englischer Provenienz enthalten hat, tritt der Terminus dreimal (- im Plural in der abgekiirzten Form mot -) auf57 und bezeichnet im Sinne von ,,Motette" Kompositionen mit lateinischem Text. Das bier verzeichnete Motettenrepertoire weist auf die 2. Hilfte des 13. Jahrhunderts58; ob allerdings der Kodex selbst noch in diesem Zeitraum entstanden ist, ist fraglich. - Nach W. Meyer (1882) wird ,,in einem Fragment in Miinchen" die lateinische Motette [451] als ,,motetus episcopi Wilhelmi Parisiensis" ausge-

49 DAMMANN bemerkt zu dem an dritter Stelle genannten Beleg (S. 347; V. 21037-21041), dessen Verse eine Motettendarbietung schildern: ,Offensichtlich kommen franz6sische (= weltliche) Motetten zu Geh6r." (S. 346). 50 In V. 91. Adam le Bossu. Le ]eu de Robin et Marion suivi du leu du Pelerin, hg. v. ERNEST LANGLOIS

(Paris 1924), S. 73.

51 Eine Motet-ent&-Sammlung ist in der Handschrift Paris B. N. frg. 845 fragmentarisch iiberliefert (LuDwIG, Repertorium I/1, S. 306). Die in D enthaltenen 64 Motettentexte sind nach LUDWIG, Reper- torium I/1, S. 307, ,,fast ausschliel1ich" Motets entds. 52 A. a. O., S. 306. 5s Nach LUDWIG, ebd. -" Vgl. LUDWIG, a. a. O., S. 285. 55 Vgl. LUDWIG, a. a. O., S. 286. 56 BIRKNER, S. 193. 57 LUDWIG, a. a. O., S. 274 f. "s LUDWIG, a. a. O., S. 276.

This content downloaded from 188.72.96.180 on Tue, 10 Jun 2014 05:00:22 AMAll use subject to JSTOR Terms and Conditions

Page 10: Zur Entstehungs- und Frühgeschichte des Terminus Motette

146 K. Hofmann: Zur Entstehungs- und Frtihgeschichte des Terminus Motette

wiesen59. Um welche Handschrift es sich dabei handelt, war bereits Friedrich Ludwig (1910) unbekannt6o; auch hier mug also offenbleiben, ob der Beleg noch aus dem 13. Jahrhundert stammt.

Anscheinend muBte der neue Terminus motetus sich erst gegen dltere Bezeich- nungen, die fiir die lateinische Motette gebraiuchlich waren, durchsetzen: In MiiC wird die lateinische Motette noch tropus genannt (fol. 72, beim Beginn der Motette

[175] Hodie natus in Israhel - IN SECULUM: ,,Incipiunt tropi"). In ORawl heiBt der Text der Motette [228] Latex silice - LATUS (fol. 11') ,,prosa"61, und dieselbe

Bezeichnung findet sich in Da 521 fiir den Text der Motette [141] In serena facie - IN SECULUM (fol. 58).

Die friihesten Belege fiir den Terminus motet finden sich in Musiktraktaten des 13. Jahrhunderts. Allerdings sind auch diese Zeugnisse nicht exakt datierbar. Und

naturgemiB handelt es sich hier stets um die lateinische Wortform. Neben motetus

begegnet hier mehrfach auch die Form motellus.

Einigermaten genau fixierbar ist die Entstehungszeit von Francos Ars cantus mensurabilis62. Die Schrift entstand jedenfalls vor 1267 63, m6glicherweise schon ein bis zwei Jahrzehnte vorher. Franco gebraucht die Bezeichnung motetus nur ein einziges Mal, und zwar bei der Erklarung des ,,Discantus mit verschiedenen Texten". Ein solcher, so fiihrt Franco aus, liege sowohl bei dreistimmigen Motetten vor als auch bereits bei zweistimmigen, da ja der Tenor als texttragende Stimme gelte:

Cum diversis litteris fit discantus ut in mothetis, qui habent triplum vel tenorem, quia tenor cuidam litterae aequipollet 4.

Unter motetus wird demnach hier das Ganze, die ,Motette", verstanden. Ob aller- dings dabei nur an die vulgairsprachige Motette oder gleichermaBen auch an lateinische oder auch gemischtsprachige Kompositionen gedacht ist, ul3t sich aus dem gegebenen Zusammenhang nicht erschlieBen.

In der wohl nur wenig ilteren De musica mensurabili positio des Johannes de Garlandia65 wird der Terminus ebenfalls selten gebraucht. Johannes de Garlandia schreibt stets ,,motellus". In der Vatikanischen Fassung66, die wohl die grO6'te Authen- tizitat besitzt, kommt der Terminus dreimal vor: CS I, 177b, 179b und - von Cousse- maker nicht ediert - fol. 24. Die beiden erstgenannten Belege finden sich auch in der

59 LUDWIG, a. a. O., S. 253. 6o Ebenda. 61 LUDWIG, a. a. O., S. 324. 62 SIMON M. CSERBA, Hieronymus de Moravia O. P., Tractatus de Musica, Freiburger Studien zur Musikwissenschaft, 2. Reihe der Ver6ffentlichungen des Musikwissenschaftlichen Instituts der Uni- versittit Freiburg i. d. Schweiz, Heft 2 (Regensburg 1935) - im folgenden kurz ,,Cserba" -, S. 230-259 = CS I, 117-136. 63 HEINRICH BESSELER, Art. Franco von Kaln, in: MGG IV (1955), Sp. 693. 64 Cserba 252 = CS I, 130a. 65 Cserba 194-229 = CS I, 97-117, teilweise auch CS I, 175-182. Eine Neuausgabe des Traktats liegt im Manuskript vor: ERICH REIMER, Johannes de Garlandia: De mensurabili musica. Kritische Edition mit Kommentar und Interpretation der Notationslehre (Diss. Freiburg i. Br. 1969). Herrn Dr. Reimer sei auch an dieser Stelle fiir seine Hilfe in allen Johannes de Garlandia betreffenden Fragen freundschaftlich gedankt. 66 Hs. Rom, Biblioteca Apostolica Vaticana, Cod. lat. 5325, fol. 12'-30' (unvollstiindig ediert CS I, 175-182).

This content downloaded from 188.72.96.180 on Tue, 10 Jun 2014 05:00:22 AMAll use subject to JSTOR Terms and Conditions

Page 11: Zur Entstehungs- und Frühgeschichte des Terminus Motette

K. Hofmann: Zur Entstehungs- und Friihgeschichte des Terminus Motette 147

Fassung Briigge67. Die Nennung des Terminus fol. 24 der Vatikanischen Fassung begegnet auch in der von Hieronymus de Moravia iiberlieferten Version des Traktats (Cserba 212 = CS I, 107a). An dieser Stelle seiner Schrift behandelt Johannes de Garlandia das fakultative Setzen von Konkordanzen anstelle von Diskordanzen, wie es ,,praecipue in motellis" vorkomme. Mdglicherweise ist hier mit motellus speziell die vulgdirsprachige Motette gemeint, in der ja zusammenklangstechnische Komplika- tionen, bedingt durch die Verbindung der Refrainmelodie mit dem Tenor, besonders

hiiufig vorkommen 6. - Die Stellen CS I, 177b und 179b stiitzen eine solche Inter-

pretation allerdings nicht: motellus wird hier in einem so allgemeinen Sinne verwendet, daB auch die lateinischen Motetten in den Geltungsbereich des Terminus einbezogen sein diirften. Hervorzuheben bleibt, daB der Terminus bei Johannes de Garlandia durchweg - wie auch bei Franco - als Gattungsbezeichnung gebraucht wird.

Diese Belege miissen wohl als die friihesten gelten; denn ob die von Dammann69 angefiihrten Traktate Discantus positio vulgaris70 und der De musica libellus des Anonymus 771 wirklich aus dem Beginn des 13. Jahrhunderts stammen72, erscheint sehr zweifelhaft. In der uns vorliegenden Fassung reichen die beiden Schriften jeden- falls nicht vor die Mitte des Jahrhunderts zuriick.

Dies macht u. a. der Motettenbestand deutlich, auf den hier verwiesen wird. Es handelt sich bei der Discantus positio vulgaris un die Motetten [583], [448], [197], [266], [599] und [224] und bei dem De musica libellus um [91] und [317] - auger [91] lauter Kompositionen mit lateinischem Text. Alle diese Motetten sind in irgendeiner Form in der jiingeren iberlieferung der Motettenkunst des 13. Jahrhunderts durch die Handschriften Mo und Ba (daneben u. a. CI, Bes, Da) erhalten und geharen zum zentralen Motettenrepertoire der zweiten Jahrhundert- hilfte. Dies wird auch daraus deutlich, daB auf sie mehrfach auch in anderen Traktaten der Zeit verwiesen wird 73. Freilich reichen die meisten dieser Motetten auch zuricle in die iltere iberlieferung vor allem durch W2 und F. Doch machen hiervon mindestens drei Werke eine Ausnahme: [583], [197] und [91] sind nur in den Handschriften des jiingeren Repertoires zu finden und in ihrer friihesten Niederschrift erst um das Jahr 1265 in der Handschrift Boul greifbar 74. Da man annehmen darf, daB die Traktate des 13. Jahrhunderts fiir gew6hnlich auf das jeweils aktuelle Motettenrepertoire verweisen und die Niederschrift der Motetten eben- falls als Indiz fiir deren Aktualitit gelten kann, miissen die Traktate wohl - zumindest in ihrer vorliegenden Form - der zweiten Hilfte des 13. Jahrhunderts angehoren

75.

67 Hs. Briigge, Stadsbibliotheek, Boek 528, fol. 54'-59'. 68 S. o., S. 141. 69 S. 347 f. 70 Cserba 189-194 = CS I, 94-97. 71 CS I, 378-383. 72 So DAMMANN, S. 348 (S. 347 iiber die Discantus positio vulgaris: ,,spites 12. Jh."), im Anschlub an HEINRICH HiiSCHEN, Art. Anonymi, in: MGG I (1949), Sp. 494 u. 495. 73 Nachweise in: FR. GENNRICH, Bibliographie der ... Motetten. 74 [91] Bone compaignie - MANERE ist in Boul mit dem Duplum-Text [94] Virgne glorieuse iiber- liefert, doch hat hier, nach FR. LuDWIG, Die Quellen der Motetten ailtesten Stils, in: AfMw V (1923), S. 210, Anm. 2, urspriinglich der Anfang des Textes Bone compagnie gestanden. 75 Weitere Indizien fiir eine spate Redaktion der Discantus positio vulgaris nennt FRITZ RECKOW, Proprietas und perfectio, in: AMI XXXIX (1967), S. 137, Anm. 81. Nach Reckow kann die Angabe des Hieronymus, die Discantus positio vulgaris sei alter als die iibrigen von ihm iiberlieferten Schriften (,antiquior ... omnibus", Cserba 194 = CS I, 97a), ,,allenfalls fiir einige Abschnitte" des Traktats gelten.

This content downloaded from 188.72.96.180 on Tue, 10 Jun 2014 05:00:22 AMAll use subject to JSTOR Terms and Conditions

Page 12: Zur Entstehungs- und Frühgeschichte des Terminus Motette

148 K. Hofmann: Zur Entstehungs- und Friihgeschichte des Terminus Motette

Die Discantus positio vulgaris versteht unter ,,mothetus", wie bereits von Dam- mann dargelegt wurde76, sowohl das Duplum der Motette als auch die Motette als Ganzes; im Zusammenhang mit den angefiihrten Beispielen aus dem Motettenreper- toire des 13. Jahrhunderts bezeichnet motetus hier durchweg Motettendupla und Motetten mit lateinischem Text. Anders der De musica libellus: Hier wird die Bezeich-

nung motellus anscheinend nur fiir die Motettenoberstimme gebraucht77, offenbar aber gleichermaBen fiir die mit franzisischem wie die mit lateinischem Text versehene:

Notandum est quod motellus, cujuscunque modi sit, debet judicari de eodem modo de quo est tenor. Et ratio est, quia tenor est fundamentum motelli et dignior pars . . . Si ergo motellus est de primo modo sicut: Bone compaignie et O quam sancta et multi alii, et tenor est de quinto modo, motellus dicitur judicari de quinto, quia una longa et una brevis in motello equipollent uni longe in

tenore....78 Insgesamt ergibt sich bei der Durchsicht der Musiktraktate des 13. Jahrhunderts

ein Bild, dessen Uneinheitlichkeit nicht leicht zu erkliren ist. Immerhin zeigen die

Belege, daB der Terminus um die Mitte des Jahrhunderts auch schon das Ganze ,,Motette" bezeichnet, wenn auch in einigen FRillen offen bleiben mug3, ob hier mit motetus oder motellus bereits der Bereich der Motette mit lateinischem Text miterfaBt ist.

Bemerkenswert ist, da8 gerade die fiihrenden Schriften des mittleren Jahrhundert- drittels, Francos Ars cantus mensurabilis und die De musica mensurabili positio des Johannes de Garlandia, den neuen Terminus sehr selten gebrauchen. Und noch in den Lehrschriften der 70er Jahre begegnet die Bezeichnung motetus oder motellus nur gelegentlich. In der Abhandlung des Anonymus 4 ist nur ein einziges Mal von motellus die Rede, und zwar an einer aus dem Musiktraktat des Johannes de Garlandia iiber- nommenen Stelle79. Im Traktat des Lambertusso erscheint dreimal - CS I, 269b 8, 272b, 281a - die Form motellus im Sinne einer allgemeinen Gattungsbezeichnung. Erst die wortreiche Replik auf die Schrift des Lambertus, der 1279 verfalte Mensural- traktat des Anonymus St. Emmerams", gebraucht den Terminus haiufiger. motellus, wie der Anonymus stets schreibt, ist hier eine - durch den Kontext allerdings nicht

niher bestimmte - Gattungsbezeichnung.

DaB gerade die qualifizierteren Schriften den Terminus zunaichst weitgehend meiden, erscheint erklairlich: Er hat in ihrem Begriffssystem keinen Platz. Die Motette ist eben, von der Systematik der Lehrschriften her betrachtet, ein discantus; und die Stimme

iiber - oder besser ,,nach" - dem Tenor ist in jedem Falle die ,,zweite Stimme", das duplum. Wahrscheinlich aber ist der Sprachgebrauch der Musikpraxis dem der Lehre vorausgeeilt. Das kbnnte den freiziigigeren Terminusgebrauch in den weniger

76 S. 347 f. 71 Vgl. DAMMANN, S. 348. 78 CS I, 379b. 79 FRITz RECKOW, Der Musiktraktat des Anonymus 4, in: BzAfMw IV (Wiesbaden 1967), Teil I: Edition, S. 55 = CS I, 347a; vgl. CS I, 179b. so CS I, 251-281.

'1 Im AnschluB an Johannes de Garlandia (vgl. CS I, 177b). 82 HEINRICH SOWA, Ein anonymer glossierter Mensuraltraktat 1279, K6nigsberger Studien zur Musik- wissenschaft IX (Kassel 1930).

This content downloaded from 188.72.96.180 on Tue, 10 Jun 2014 05:00:22 AMAll use subject to JSTOR Terms and Conditions

Page 13: Zur Entstehungs- und Frühgeschichte des Terminus Motette

K. Hofmann: Zur Entstehungs- und Frithgeschichte des Terminus Motette 149

,,gelehrten" Traktaten erkliiren. Zugleich wiirde damit verstaindlich, warum sich inner-

halb des Musikschrifttums des 13. Jahrhunderts eine kontinuierliche terminologische Entwicklung nicht ablesen liiBt.

In dem letzten bedeutenden Musiktraktat des 13. Jahrhunderts, der Schrift des Johannes de Grocheo, spiegelt sich bereits der vorliufige Endpunkt der terminolo- gischen Entwicklung. Johannes de Grocheo durchbricht die Schranken des ,,klassischen" Lehrsystems und gliedert und benennt so, wie es die ,,moderni" in Paris tun: ,,Die Alten", so schreibt er iiber den ,,cantus praecise mensuratus", ,,teilten ihn auf mehrere Arten ein, wir aber teilen ihn nach dem Gebrauche der Modernen im allgemeinen in dreierlei ein, nimlich in den motetus, das organum und den abgehackten Gesang, welchen man hoquetus nennt" s3. Neben dem Motettensatz wird auch weiterhin dessen Duplum als motetus bezeichnet. Die Stimmen der Motette werden aufgezaihlt als ,,tenor, motetus, triplum, quadruplum" 84, und motetus in diesem Sinne ist ,,derjenige Gesang, welcher sich unmittelbar iiber dem tenor anreiht" 85

Die Gattungs- und Stimmbezeichnung motetus wird hier, am Ende des Jahrhunderts, ganz selbstverstaindlich, fast m6chte man sagen unreflektiert, gebraucht. Zu einer Zeit, da der urspriingliche Zusammenhang zwischen dem Terminus und der Sache zumindest anderweitig noch bewuBt ist, fehlt bei Johannes de Grocheo jegliche Erkli- rung des Wortes motetus. Die Besonderheit, daB die zweite Stimme der Motette nicht mehr - anders als etwa noch beim Hoketus - duplum heiBt, wird nicht begriindet. Und es findet sich kein Hinweis auf den literarischen Akzent, den der Terminus in den ersten Jahrzehnten gehabt haben muB, noch auf den urspriinglichen Zusammen- hang mit der vulgirsprachlichen Kunst und der Refraintechnik der friihen Motette. Offenbar vorbehaltlos wird nunmehr endgiiltig jede Art Motette und jedes Motetten- duplum als motetus bezeichnet, mithin auch das, wovon der motet sich ehemals durch seinen Namen abgehoben hatte: das Duplum mit lateinischem Text und die Motette mit einem oder mehreren nicht vulgairsprachlichen Oberstimmentexten.

Nicht nur Bedeutungsgehalt und Geltungsbereich des Terminus haben sich ver-

indert, die Motette selbst hat sich innerhalb des 13. Jahrhunderts gewandelt und in Praxis und Lehre betraichtlich an Boden gewonnen. Der motetus, bei Franco noch eine nur beilaiufig erwaihnte Unterart des Discantus, ist bei Johannes de Grocheo zu einem zentralen Lehrgegenstand des cantus praecise mensuratus geworden, der fiihrenden Rolle entsprechend, die die Motette bei den Pariser ,,moderni", im Zentrum der musikalischen Entwicklung, spielt. An die Stelle der liednahen und liedhaften, oft nur zweistimmigen Motette der Jahrhundertmitte ist ein ausgedehntes, hocharti- fizielles Gebilde vom Typus der Motetten des Petrus de Cruce getreten. Mehr und mehr entwickelt sich die Motette zu jener esoterischen Kompositionsgattung, in deren Bereich wenige Jahre sp5ter die Ars nova einsetzen wird. Andere, neue Formungs- prinzipien haben die Refraintechnik in den Hintergrund gedr ingt. Und so scheint Johannes de Grocheos Verzicht auf die Darlegung der Abkunft und urspriinglichen

83 Rohloff 84 (vgl. 53). 84 Rohloff 57. 85 Rohloff 88 (vgl. 57).

This content downloaded from 188.72.96.180 on Tue, 10 Jun 2014 05:00:22 AMAll use subject to JSTOR Terms and Conditions

Page 14: Zur Entstehungs- und Frühgeschichte des Terminus Motette

150 K. Hofmann: Zur Entstehungs- und Friihgeschichte des Terminus Motette

Bedeutung des Terminus nicht - wohl noch nicht - Unverm6gen zu sein, sondern vielmehr darauf zu beruhen, daB die Etymologie des Terminus zur Erhellung der Sache motet(us) nicht mehr beitrdigt. Kurz vor Ende des Jahrhunderts, in dem er aufgekom- men ist, beginnt der Terminus, sich aus seinem urspriinglichen Sinnbereich zu 18sen und sich endgiiltig zu einem musikalischen Fachwort zu verselbstiindigen, das in spite- ren Jahrhunderten stets neuer Erklairungen bedarf und neuen Deutungen offensteht.

Zum Tempo in der italienischen Mensuralmusik des 15. Jahrhunderts

WERNER FRIEDRICH KlUMMEL (MARBURG)

Das Tempo in der Mensuralmusik ist noch immer ein unzureichend geklairtes Problem, vor allem deshalb, weil die Musiktheoretiker zwar manchen AufschluB tiber relative Tempounterschiede und deren zahlenmaiBige Abstufungen geben, uns aber bisher nur eine einzige Quelle zur Verfiigung steht, aus der sich ein festes Zeitmal gewinnen lI*Bt. Diese Tempoberechnung des Johannes Verulus de Anagnia (um 1350)1 war vor Michael Praetorius der einzige bisher bekannte Versuch, fiir das musikalische Tempo einen absoluten Zeitwert zu bestimmen2. Wiihrend jedoch dieser Text friiheren Forschern Schwierigkeiten bereitet hatte, weil sich offenkundig ein viel zu langsames Tempo ergab 3, hat vor kurzem Salvatore Gullo durch eine neue, iiberzeugende Inter- pretation der Stelle Klarheit schaffen k6nnen und einen Tempowert ermittelt, der durchaus plausibel erscheint'.

Dennoch kann das Zeugnis des Johannes Verulus fuir sich allein nicht allzuviel Gewicht beanspruchen. Vergegenwartigen wir uns nur - woran man bisher nicht gedacht hat - die begrenzten technischen M6glichkeiten der damaligen Zeitmessung, die erhebliche Ungenauigkeiten mit sich bringen konnte. Da Johannes Verulus bei seiner Tempobestimmung von einer Stundenteilung in puncta, momenta und unciae ausging, wie sie in iihnlicher Form seit den friihmittelalterlichen ,,komputistischen" Traktaten iiblich war, bedurfte es einer Stundenmessung, die auf jeden Fall praiziser sein muBte, als es bei Sonnenuhren, Wasseruhren, Sanduhren und anderen Verfahren m6glich war, die fiir die Regelung des kirchlich-kl6sterlichen und staidtischen Lebens vollauf geniigten. Die friihesten Riideruhren, die als Turmuhren in der ersten Hailfte des 14. Jahrhunderts, also zur Lebenszeit des Johannes Verulus, zuerst in oberita-

1 JOHANNES VERULUS DE ANAGNIA, Liber de musica, in: ED. DE COUSSEMAKER, Scriptores de musica medii aevi Bd. III (Paris 1864), S. 130 (zit. im folgenden als: CoussS). 2 MICHAEL PRAETORIUS, Syntagma musicum Bd. III (Wolfenbiittel 1616) (Neudruck Kassel/Basel etc. 1958), S. 88 nennt fiir das normale Tempo 160 tempora in der Viertelstunde; dies bedeutet also ein Tempo von 85 MM. Vgl. CURT SACHS, Rhythm and Tempo. A Study in Music History (New York 1953), S. 203. Dagegen nimmt wenig spiter MERSENNE ein wesentlich langsameres Normaltempo an (s. unten S. ). s Vgl. JOHANNES WOLF, Geschichte der Mensuraltotation 1250-1460 (Leipzig 1904) (Neudruck Hildesheim 1965), S. 69; CURT SACHS, a. a. O., S. 187 f.

4 SALVATORE GULLO, Das Tempo in der Musik des XIII. und XIV. Jahrhunderts (Bern 1964), S. 69 ff. (= Publikationen der Schweizerischen Musikforschenden Gesellschaft, Serie I, Bd. o10).

This content downloaded from 188.72.96.180 on Tue, 10 Jun 2014 05:00:22 AMAll use subject to JSTOR Terms and Conditions