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63 RAAbits Chemie, April 2018
II/H
32. Geliikation – revolutionäre Texturen in der Molekularküche 1 von 26
Geliikation – revolutionäre Texturen in der
Molekularküche
Janina Neukirch, Bremen und Silvija Markic, Ludwigsburg
Niveau: Sek. II
Dauer: 4–6 Unterrichtsstunden
Kompetenzen: Die Schülerinnen und Schüler1 können …
– Aufgrund der Kenntnisse zum Thema Proteine Erfahrungen aus dem Alltag (Molekularküche) erläutern
– Unterschiede zwischen der herkömmlichen und molekularen Küche nennen
– Gesetzmäßigkeiten vermuten, Hypothesen bilden, Prognosen wagen
– Versuche planen und durchführen
– Experimente, Erkenntnisse und Fakten in angemessener Fachsprache präsentieren
Der Beitrag enthält Materialien für:
ü Offene Unterrichtsformen ü Selbstständiges Arbeiten in Gruppen
ü Schülerversuche ü Projektarbeit
ü Fachübergreifenden Unterricht ü Hausaufgaben
Hintergrundinformationen
Die moderne Molekularküche ist dadurch gekennzeichnet, dass sie im Gegensatz zur traditionellen Küche mithilfe von naturwissenschaftlichen Überlegungen und zugrundeliegenden chemischen, physikalischen und biologischen Kenntnissen spek-takuläre und ungewöhnliche Geschmackserlebnisse zu erzeugen versucht. Diese werden nicht nur durch eine unterschiedliche Herangehensweise in der Zubereitung der Speisen erreicht. Neben der Nutzung ungewöhnlicher technischer Geräte, wie beispielsweise Rotationsverdampfer und Vakuumgeräte, spielen Texturgeber eine wichtige Rolle in der Molekularküche. Das Ziel der modernen Molekularköche in der Arbeit mit den Texturgebern besteht darin, die Textur einer Speise zu verändern. Eines dieser texturgebenden Verfahren (neben der Sphäriikation und der Emulsii-kation/Schaumbildung) ist die Geliikation.
Einfach gesagt ist Geliikation der Prozess der Aggregatszustandsänderung. Unter der Geliikation wird das Überführen von Flüssigkeiten in einen verdickten oder sogar festen, gelartigen Zustand unter der Verwendung von Geliermitteln verstan-den. Geliermittel sind häuig spezielle Hydrokolloide (Polysaccharide und Proteine, die in Wasser als Kolloide in Lösung gehen und ein hohes Vermögen zur Gelbil-dung zeigen), die Wasser binden und gleichzeitig ihre eigenen Ketten miteinander zu einem dreidimensionalen Netzwerk verbinden.
1 Im weiteren Verlauf wird aus Gründen der einfacheren Lesbarkeit nur „Schüler“ verwendet. Schülerinnen sind genauso gemeint.
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Hinweise zur Didaktik und Methodik
Der Kontext der vorliegenden Unterrichtseinheit liegt auf dem texturgebenden Ver-fahren der Geliikation. Dieses ist eines der wichtigsten Verfahren in der mole-kularen Küche. Dabei sollen die beiden Texturgeber Gelatine und Agar-Agar experimentell untersucht werden. Die Schüler sollen anschließend mithilfe von Arbeitsmaterialien den Gelierungs- sowie den Verdickungsvorgang anhand
von Molekülstrukturen, im Speziellen die des Proteins Gelatine, verstehen. Dabei wird der Fokus unter anderem auf die „Struktur-Eigenschafts-Geschmacks-
Beziehungen“ gelegt. Insgesamt zielen die Arbeitsmaterialien auf das Löslich-
keitsverhalten ab und stellen durch die genauere Klärung des Gelierungsprozes-ses der Gelatine eine Verknüpfung zum Thema der Proteine her. Hierbei werden auch die vier Proteinstrukturen behandelt und der Prozess der Denaturierung wiederholt.
Durchführung
Zum Thema der Molekularküche kann eine kurze Einleitung gegeben werden. Dies kann mithilfe der Folie M 1 „What is cooking in the kitchen?“ stattinden. Die Folie ist im Sinne eines stummen Impulses zu verstehen. Fragen Sie Ihre Schüler, was sie auf den Fotos erkennen und was dies überhaupt mit der Chemie zu tun hat. Fragen Sie Ihre Schüler anschließend, was sie mit der Molekularküche verbinden und ob sie selber evtl. schon (erste) Erfahrungen damit gemacht haben. Themati-sieren Sie, dass die Molekularküche sich naturwissenschaftliche Überlegungen, zum Beispiel aus der Chemie und der Physik, zu Nutze macht, um neue Geschmackser-lebnisse zu kreieren. Dabei sollte deutlich unterschieden werden, dass es sich bei der molekularen Küche nicht um „kleinere Portionen“ von etwas handelt, sondern dass Texturen verändert und ungewöhnliche Zubereitungsweisen genutzt werden. Somit kann der Übergang auch auf die Texturgeber geschaffen werden.
Zur Orientierung kann den Schülern vorab das Glossar – Begriffe aus der Mole-
kularküche (M 2) mit den wichtigsten Begriffen aus der Molekularküche ausge-händigt werden.
Achtung: Die Experimente sollten in der Schulküche stattfinden. Bitte ausschließ-
lich Geräte aus der Küche verwenden und keine Gerätschaften aus der
Chemie-Sammlung. Die Experimente können auch zu Hause durchge-
führt werden.
Die Schüler steigen in die Unterrichtseinheit mit dem Experiment auf dem Arbeits-blatt M 3 Gelatine und Agar-Agar im Vergleich ein. Hierbei wird ein Prob-lem aus dem Alltag eines Chefkochs dargestellt, welches die Schüler experimentell lösen sollen. Ziel ist das Verfassen eines Empfehlungsschreibens an den Chefkoch. Die Aufgabe besteht darin, eine Gelatine-Pizzasauce und eine Agar-Agar-Pizzasauce herzustellen und diese anschließend nach ihrer Aushärtung, auf Hitzestabilität, Säu-reempindlichkeit und auf ihr Mündgefühl zu testen. Um die Aufgaben besser lösen zu können, steht den Schülern das Material M 4 Tipps und Informationstext zur Verfügung. Begleitend dazu füllen die Schüler das Arbeitsblatt M 5 Gelatine und
Agar-Agar im Vergleich aus.
Im nächsten Teil der Einheit beschäftigen sich die Schüler mit dem theoretischen Hintergrund der Geliikation aus Sicht der Chemie. Mithilfe des Arbeitsblattes M 6
Kochen aus Sicht der Chemie – Geliikation und Proteine bearbeiten die Schüler mithilfe verschiedener Informationstexte und dazugehörigen Aufgaben den fachlichen Hintergrund zum Thema Proteine. Dabei werden verschiedene Kompe-tenzbereiche (Fachwissen und Erkenntnisgewinnung vordergründig) und Anforde-rungsbereiche angesprochen. Es ist zu empfehlen, dass die Schüler das Material in Zweier-Teams bearbeiten. Eine Besprechung des Materials kann im Plenum oder anhand einer Musterlösung stattinden.
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Im letzten Schritt der Einheit indet eine Zusammenführung des gelernten Wissens in Form eines weiteren Experiments statt. Die Schüler sollen sich in die Rolle eines Chefkochs versetzten und Spaghetti in der molekularen Küche entwickeln. Dazu steht M 7 Spaghetti mal anders zur Verfügung.
Neben der Durchführung der Einheit im Unterricht besteht die Möglichkeit das Mate-rial im Rahmen eines Projekttages einzusetzen.
In den Erläuterungen und Lösungen (S. 19) ist eine „Einkaufsliste“ beigefügt. Dort sind Mengenangaben und weitere praktischen Hinweise zu inden. Die Angaben gel-ten für eine Schülergruppe für Versuch M 3 und M 7.
Hinweise zum fachübergreifenden Unterricht
In dieser Unterrichtseinheit lassen sich verschiedene Möglichkeiten für einen fächer-übergreifenden Unterricht inden.
Auf der einen Seite bietet sich die Möglichkeit einen Bezug zu dem Fach Haus-
wirtschaft herzustellen an. Die Schüler können hier verschiedene Speisen auf die herkömmliche Art und Weise und entsprechend der Molekularküche vorbereiten und diese auch probieren und vergleichen. Des Weiteren können die Schüler am Ende der Unterrichtseinheit ein Menü zusammenstellen, was sie z. B. für am kreativs-ten oder für gesund halten. Dies kann in der Klasse diskutiert und anschließend zusammen gekocht werden. Es ist zu vermuten, dass dies für einige Schüler auch eine erste Möglichkeit bietet, sich mit der molekularen Küche auseinanderzusetzten. Darüber hinaus ist es vorstellbar, dass ein Kochabend vorbereitet wird, an dem die Schüler evtl. mithilfe der Eltern ein Menü nachkochen.
Naheliegend ist auch ein fächerübergreifender Unterricht mit dem Fach Biologie. Die Schüler beschäftigen sich dabei mit Themen wie Lipide, Proteine, Saccharide, etc.. Zu thematisieren wäre auch, welche Funktionen diese in dem menschlichen Körper haben und was z. B. eine gesunde und ausgewogene Ernährung bedeutet.
Eine weitere Möglichkeit für einen fächerübergreifenden Ansatz bietet das Fach Wirtschaft, Politik und Ethik. Die Schüler können sich dabei mit den Kostenun-terschieden zwischen der Essenszubereitung nach der herkömmlichen Küche und nach der molekularen Küche beschäftigen. Hierbei kann auch auf die verschiedenen, mit einer E-Nummer gekennzeichneten Zusatzstoffe in Lebensmitteln eingegangen werden und über jene sowohl naturwissenschaftlich als auch ethisch und wirtschaft-lich diskutiert werden.
Literatur
Antoniewicz, Heiko; Dahlbeck, K.: Verwegen Kochen: Molekulare Techniken und Texturen. Matthaes Verlag GmbH. Stuttgart 2008.
Das Buch präsentiert einige Rezepte der molekularen Küche. In verschiedenen Kapi-teln des Buches werden bestimmte Techniken veranschaulicht, erklärt und durch verschiedene Rezepte unterstützt.
Randel, Gabriele: Molekulare Desserts: 40 Desserts von Prois für Einsteiger und Fortgeschrittene – der perfekte Dessert-Spaß. Neuer Umschau Buchverlag GmbH. Neustadt an der Weinstraße 2009.
Das Buch präsentiert verschiedene Desserts, die nach den Techniken der molekula-ren Küche anzufertigen sind.
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Scheffel, Lars: Kochen, Braten, Backen – Chemie, Physik und Biologie in der Küche. Schneider Verlag GmbH. Hohengehren, Baltmannsweiler 2011.
Verschiedene Fragestellungen zum Thema Ernährung werden in dem Buch behan-delt. Die Fachinformationen werden kurz und prägnant dargestellt und durch Expe-rimente unterstützt. Methodische Umsetzung – unter Berücksichtigung der Schüler-vorstellungen – werden präsentiert, genauso wie verschiedene Rezepte.
Vilgis, Thomas A.: Das Molekül-Menü: Molekulares Wissen für kreative Köche. S. Hirzel Verlag. Stuttgart 2011.
Der Autor präsentiert viele Basislebensmittel sowie naturwissenschaftliche Vor-gänge rund um das Kochen.
Vilgis, Thomas A.: Die Molekül-Küche: Physik und Chemie des feinen Geschmacks. S. Hirzel Verlag. Stuttgart 2013.
Das Buch präsentiert die Nano-Welt der Kochkunst und zeigt anhand verschiedener Gerichte, wie diese in der Theorie und Praxis funktioniert.
Internet
Hollmach, Sandra und Kuske, J.: Gelatine – Eigenschaften, Herstellung und molekulare Struktur. Universität Bayreuth 2010.
http://daten.didaktikchemie.uni-bayreuth.de/umat/gelatine/gelatine.htm
Die Seite stellt verschiedene „Experimente“ der molekularen Küche sowie den theore- tischen Hintergrund dar.
Materialübersicht
· V = Vorbereitungszeit SV = Schülerversuch Ab = Arbeitsblatt/Informationsblatt
· D = Durchführungszeit LV = Lehrerversuch Fo = Folie
M 1 Fo „What’s cooking in the kitchen?”
M 2 Ab Glossar – Begriffe aus der Molekularküche
M 3 SV Gelatine und Agar-Agar im Vergleich
· V: 5 min
· D: 25 min
rAgar-Agar
rGelatine als Pulver
r200 g passierte Tomaten
rSalz
rToastbrot
rZitronensaft
rOregano
rPfeffer
rOlivenöl
rCabanossi
rKäse
rBasilikum
rMozzarella
rTomaten
rBackpapier
r1 Schere
r2 kleinen Schalen (50 ml)
r1 mittelgroße Schale (300 ml)
r1 Messbecher (100 ml)
r2 kleine Kochtöpfe
rKochlöffel
r2 Thermometer
r1 Stoppuhr
rTeelöffel und Esslöffel
r1 Bratpfanne
rMesser
r1 Pfannenwender
rTeller
r1 Glas
rpH-Papier
rPipette
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32. Geliikation – revolutionäre Texturen in der Molekularküche 5 von 26
M 4 Ab Tipps und Informationstext zu M 3
M 5 Ab Gelatine und Agar-Agar im Vergleich
M 6 Ab Kochen aus Sicht der Chemie – Geliikation und
Proteine
M 7 SV Spaghetti mal anders
· V: 5 min
· D: 25 min
r2 g Agar-Agar oder Gelatine als Pulver
r50 g weiße Schokolade
rKokosraspeln (zum Dekorieren)
rErdbeeren (zum Dekorieren)
rEiswasser
rKochtopf
rLöffel
rStrohhalme oder dünne Schläuche
rPlastik-Spritze
rgroße und lache Schale, z. B. eine Aulaufform (ca. 30 cm lang)
Minimalplan
Die Unterrichtseinheit lässt sich gut in den Unterrichtsalltag integrieren, kann aber auch sehr gut in Form eines Projekttages in der Schulküche durchgeführt werden. Die Planung für die Umsetzung im Unterrichtsalltag sieht wie folgt aus:
1./2. Stunde
(M 1–M 2)
Geben Sie eine kurze Einführung anhand der Folie M 1 und teilen Sie das Glossar M 2 aus. Beginnen Sie mit dem Schülerversuch
M 3 und geben Sie direkt das Arbeitsblatt M 5 mit aus. Das Material M 4 dient als Hilfestellung. Die Materialien sollten bereits für alle Gruppen bereit liegen. Sind die Schüler vorzeitig fertig, können sie mit den weiterführenden Aufgaben M 6 beginnen.
3./4. Stunde
(M 3)
Beginnen Sie mit einer kurzen Wiederholung der Ergebnisse aus den letzten Stunden. Fahren Sie dann mit der selbstständigen Bearbeitung der weiterführenden Aufgaben M 6 beispiels-weise in Gruppenarbeit fort. Ist der zeitliche Rahmen eng, kann der Rest als Hausaufgabe erledigt werden. Auch das Zusatzexpe-
riment M 7 kann bei Vorhandensein der Materialien problemlos zu Hause durchgeführt werden.
5./6. Stunde
(M 3–M 4)
Sollten Sie noch eine Doppelstunde zur Verfügung haben, lässt sich weiter an den weiterführenden Aufgaben M 6 arbeiten. Das Zusatzexperiment M 7 kann ebenfalls durchgeführt wer-den. Nutzen Sie den Rest der Stunde als Sicherungsphase.
Die Erläuterungen und Lösungen zu den Materialien inden Sie ab Seite 19.
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M 2 Glossar – Begriffe aus der Molekularküche
Gelifikation Die Geliikation ist ein texturgebendes Verfahren
in der Molekularküche, welches eine Gelierung
beschreibt. Hierbei handelt es sich um die Her-
stellung von Gelen aus einer Flüssigkeit. Bekannte
Geliermittel sind z. B. Gelatine, Agar-Agar, Pektin,
Johannisbrotkernmehl und Carrageen.
Molekularküche Die Molekularküche stellt eine neue Entwicklung in der Gastrono-
mie dar. Dabei werden Kenntnisse aus der Wissenschaft genutzt,
um neue Gerichte zu kreieren oder vorhandene Rezepte neu zu
interpretieren. Ziel der Molekularköche ist es dabei stets, spekta-
kuläre und ungewöhnliche Geschmackserlebnisse zu erzeugen.
Im Fokus stehen die Verbesserung und Neuentwicklung von ver-
schiedenen Gar-, Gefrier- und Trocknungsverfahren sowie der
Umgang mit Texturgebern.
Hierzu werden Geräte und Materialien aus dem Labor genutzt,
wie z. B. Präzisionswaagen, Pipetten, Spritzen, aber auch Rotati-
onsverdampfer, Vakuumgeräte und lüssiger Stickstoff.
Mundgefühl Das Mundgefühl beschreibt die physikalischen und chemischen
Interaktionen einer Substanz in unserem Mund. Hierbei steht
besonders die Wahrnehmung der Eigenschaften im Vorder-
grund.
Sphäre Eine Art Kugel bestehend aus einem lüssi-
gen Kern, der von einer Hülle aus dem Gel
dieser Flüssigkeit eingefangen wird.
Sphärifikation Die Sphäriikation ist ein texturgebendes
Verfahren in der Molekularküche, welches
die Bildung von Sphären beschreibt. Hier-
bei kommt der Texturgeber Natriumalgi-
nat zum Einsatz, der in Verbindung mit
Calcium-Ionen die Bildung der Sphären
ermöglicht.
Textur Die Textur beschreibt neben den Struktur- und Eigenschafts-
merkmalen eines Stoffes auch deren subjektive Wahrnehmung.
So wird jemand der Schokolade bereits kennt, bei jedem wei-
teren Verzehr von Schokolade seine Erfahrungen in seine
Geschmackswahrnehmung mit einließen lassen.
Texturgeber Texturgeber werden in der Molekularküche eingesetzt, um durch
die Veränderung von Strukturen und Konsistenzen der Speisen
ein Geschmackserlebnis hervorzurufen. Beispiele für die Arten
der Konsistenzänderung sind das Verdicken, das Gelieren, die
Sphäriikation und die Bildung von Schäumen.
Texturgeber sind in den meisten Fällen Lebensmittelzusatz-
stoffe, die auch in der Lebensmittelindustrie eingesetzt werden
und sich in unseren Supermarkt-Produkten wiederinden lassen.
Lebensmittelzusatzstoffe werden mit einer E-Nummer gekenn-
zeichnet.
Bei den Texturgebern handelt es sich speziell um diejenigen
Zusatzstoffe, die die Textur einer Speise verändern. Dies können
z. B. Gelier- und Verdickungsmittel, aber auch Emulgatoren und
Stabilisatoren sein.
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M 3 Gelatine und Agar-Agar im Vergleich
Beim Molekular-Italiener geht es drunter und drüber. Der Chefkoch ist dabei, ein neues Rezept für eine molekulare Pizza in Form eines Gelees zu entwickeln. Leider kann er sich zwischen den beiden Texturgebern Gelatine und Agar-Agar nicht entscheiden. Die Schüler sollen ihm bei der Entscheidung durch die Entwicklung wissenschaftli-cher Methoden zur Eigenschaftsuntersuchung der beiden Texturgeber helfen.
Schülerversuch: Der Molekular-Italiener
· Vorbereitung: 5 min · Durchführung: 25 min
Texturgeber Geräte
rAgar-Agar
rGelatine als Pulver
Zutaten:
r200 g passierte Tomaten
rSalz
rToastbrot
rZitronensaft
rOregano
rPfeffer
rOlivenöl
Für den Belag:
rCabanossi
rKäse
rBasilikum
rMozzarella
rTomaten
rBackpapier
r1 Schere
r2 kleine Schalen (50 ml)
r1 mittelgroße Schale (300 ml)
r1 Messbecher (100 ml)
r2 kleine Kochtöpfe
rKochlöffel
r2 Thermometer
r1 Stoppuhr
rTeelöffel und Esslöffel
r1 Bratpfanne
r1 Messer
r1 Pfannenwender
rTeller
r1 Glas
rpH-Papier
rPipette
Entsorgung: Hausmüll
Versuchsdurchführung
Die Pizzasauce in Geleeform wird nach dem Rezept (s. nächste Seite) hergestellt. Begonnen wird mit der Gelatine-Pizzasauce, danach folgt die Herstellung der Agar-Agar-Pizzasauce. Anschließend werden eigenständig Untersuchungen zur Aushär-tung, Hitzestabilität, Säureempi ndlichkeit, zum Mundgefühl und zum Geschmack vorgenommen.
Teelöffel und Esslöffel
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Rezept
1. Vorbereitung
Zunächst werden aus dem Backpapier 10 cm x 10 cm große
Stücke herausgeschnitten. Für die Pizzasauce werden 200 g
pürierte Tomaten in die mittelgroße Schale gegeben und mit
einer Prise Salz, etwas Pfeffer und 1 TL Oregano abgeschmeckt.
2. Die Gelatine-Pizzasauce
4 g Gelatine werden in 2 EL kaltes Wasser eingerührt und für 10 min aufquellen
gelassen. In der Zwischenzeit werden 100 ml der vorbereiteten pürierten Tomaten
mit einem Messbecher abgemessen und in einen kleinen Kochtopf gegeben. Die
Sauce wird auf etwa 80 °C erhitzt und anschließend von der Herdplatte genom-
men. Ist die Sauce auf eine Temperatur von etwa 60 °C herunter gekühlt, kann die
Gelatine eingerührt und aufgelöst werden. Die Masse wird direkt auf die kleinen
Backpapierzuschnitte in kleine Kreise gegossen.
3. Die Agar-Agar Pizzasauce
100 ml der vorbereiteten pürierten Tomaten werden abgemessen und in einen klei-
nen Kochtopf gegeben. Die Sauce wird kurz aufgekocht (bis zur Blasenbildung) und
kurz von der Herdplatte genommen. 2 g Agar-Agar werden klumpenfrei eingerührt
und die Masse anschließend nochmal für 2 min auf etwa 80 °C erhitzt. Die Masse
wird danach genau wie in Schritt 2 auf die Backpapierzuschnitte gegeben.
4. Der Pizzaboden
Aus den Toastbrotscheiben werden mit einem schmalen Glas kreisförmige Böden
ausgestochen. Diese werden mit etwas Olivenöl mit einem Teelöffel bestrichen und
im vorgeheizten Backofen bei 200 °C etwa 10 min knusprig gebacken.
5. Die Vervollständigung
Die Pizzaböden können mit den gelierten Pizzasaucen belegt werden und je nach
Geschmack mit klein geschnittenen Cabanossi, Käse und Basilikum oder mit Toma-
ten und Mozzarella verfeinert werden.
Aufgaben
Entwickelt selbstständig wissenschaftliche Methoden, um die Eigenschaften der beiden Texturgeber zu untersuchen. In Material M 4 i ndet ihr dazu einige Tipps. Bearbeitet anschließend die folgenden Aufgaben und notiert eure Ergebnisse auf dem Arbeitsblatt M 5.
1. Notiert eure Beobachtungen.
2. Für welches der beiden Geliermittel würdet ihr euch nun entscheiden? Schreibt ein kurzes Empfehlungsschreiben an den Chefkoch. Begründet darin, warum ihr euch für dieses Geliermittel entschieden habt.
3. Vervollständigt anschließend mithilfe des Rezeptes, des Infotextes und euren Ergebnissen die Steckbriefe des Chefkoches.
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Warum erst
bei 60 °C
dazugeben?
Warum auf
80 °C erhit-
zen?
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32. Geliikation – revolutionäre Texturen in der Molekularküche 13 von 26
M 6 Kochen aus Sicht der Chemie – Gelifikation und
Proteine
Aufgaben
1. Informiert Euch mithilfe des Textes über die Begriffe „Texturgeber”, „Verdicken” und „Gelieren”.
Die Bedeutung von gelierenden und verdickenden Texturgebern in der
Molekularküche
Texturgeber in der Molekularküche haben meist nur ein Ziel: Sie sollen die Tex-tur einer Speise so verändern, dass ein angenehmes Mundgefühl geschaffen und gleichzeitig ein neues Geschmackserlebnis hervorgerufen wird. Viele dieser Tex-turgeber sind dazu da, eine Speise zu verdicken oder zu gelieren. Verändern sich die Fließeigenschaften (die rheologischen Eigenschaften) einer Flüssigkeit, in den meisten Fällen Wasser, ist dies oft auf eine Erhöhung der Viskosität zurückzuführen – die Beweglichkeit der Wassermoleküle wird herabgesetzt. Die Verringerung der Fließgeschwindigkeit hat eine längere Verweilzeit der Speise und damit auch der Aromen in unserem Mund zur Folge, wodurch ein intensiveres Geschmackserleb-nis herbeigeführt werden kann.
Die Einschränkung der Beweglichkeit der Wassermoleküle kann natürlich ganz einfach über das Abkühlen des Wassers, also über eine Änderung des Aggre-gatzustandes, erreicht werden, sodass sich eine kristalline Struktur bildet. In der Molekularküche jedoch sollen Möglichkeiten gefunden werden, eine Flüssigkeit zu „verfestigen“ ohne sie dabei zu gefrieren.
unverdickte Flüssigkeit verdickte Flüssigkeit Gel
a) Erklärt kurz, welche Rolle die Texturgeber beim Verdicken und Gelieren besitzen. Geht dabei auf die Struktur-Eigenschafts-Geschmacks-Beziehungen ein.
b) Beschreibt den Unterschied zwischen dem Verdicken und Gelieren auf Teilchen-ebene. Betrachtet dazu die Abbildung 1.
Abb. 1:
Schematische
Darstellung
der in Was-
ser gelösten
Moleküle der
Texturgeber
in den drei
Zuständen:
1. unverdickt
2. verdickt
3. Gel
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2. Entwickelt eigene Ideen, wie die Beweglichkeit der Wassermoleküle (in unserem Experiment: in der Tomatensauce) durch Hinzugabe von Texturgebern (z. B. Gela-tine, Agar-Agar) eingeschränkt werden kann. Welche Eigenschaften und Struk-turen müssen die Texturgeber dadurch aufweisen? Nutzt die Ergebnisse aus Aufgabe 1 und die Abbildungen 1–3.
Abbildung 2:
Darstellung eines Poly-
elektrolyten in Wasser.
Hydratwasser lagert
sich direkt um die
negativen Ladungen
des Moleküls.
(nach Vilgis, 2011, S.95)
Disperse Systeme
(s/l)
Teilchendurchmesser
der dispersen Phase
Beispiele
Echte Lösung < 1 nm Lösungen von Glucose oder Natriumchlorid (Einfachzucker, Ionen)
Kolloidale Lösung
• Molekül-Kolloide
• Micell-Kolloide
10–100 nm • Lösungen synthetischer oder natürlicher Makromoleküle (z. B. Polysaccharide wie Algi-nate, Cellulose und Agar-Agar oder Proteine wie Gelatine)
• Konzentrierte Tensid-Lösungen
Suspension > 1.000 nm Aufschlämmung von Aktivkohle in Wasser
Abbildung 3:
Einteilung von fest-lüssigen dispersen Systemen nach dem Teilchendurchmesser der dispersen Phase.(auf Grundlage von Marburger, Anke: Dissertation, 2003, S.14)
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