Zweitmeinungen - Bertelsmann Stiftung · Newsletter 01|2016 R R R. 2 genutzt hätten, bejahten...

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Zweitmeinungen gesetzlich neu geregelt Die zunehmende Menge einiger Wahleingriffe (der sogenannten elektiven Operationen) in Deutschland, bei denen der Verdacht besteht, dass häufiger fragliche Indikationen vorliegen, hat dazu geführt, dass viele Krankenkassen ihren Versicherten die Ver- mittlung zweiter Meinungen ausdrücklich anbieten. Dabei erhalten Patienten eine durch die Krankenkasse vermittelte unabhängige zweite ärztliche Begutachtung und Beratung. Das 2015 in Kraft getretene GKV-Versorgungsstärkungsgesetz sieht im neuen § 27 b SGB V vor, dass Versicherte von Ärzten bei bestimmten planbaren Eingriffen mindestens zehn Tage vor dem Eingriff über ihr Recht aufgeklärt werden sollen, eine solche zweite Meinung einzuholen. Die Eingriffe, für die dieses Recht gelten soll – ebenso wie qualitative Voraussetzungen, die Leistungserbringer erfüllen müssen, die eine Zweitmeinung hier abgeben (und abrechnen) können –, legt der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) fest. Dabei ist die gesetzliche Vorgabe, bei bestimmten Eingriffen möglichst eine Zweitmeinung einzuholen, nicht neu. Schon seit 1989 sollten die Krankenversicherungen in den Verträgen mit den Krankenhäusern nach § 137 SGB V vereinbaren, für wel- che „erheblichen chirurgischen Eingriffe“ eine Zweitmeinung notwendig ist. Zu einer solchen Vereinbarung ist es aber nie gekommen. Neu ist, dass der G-BA diesen Passus konkretisiert und tatsächlich umsetzt. Die Aktualität des Themas hat im Sommer 2011 einen Aufmerk- samkeitsschub erfahren, als das Online-Zweitmeinungsportal „Vorsicht! Operation“ ein mediales Echo auslöste. Seitdem wird in Deutschland wieder über den möglichen Nutzen strukturier- ter ärztlicher Zweitmeinungen bei der Therapiewahl diskutiert (Siegmund-Schultze und Hibbeler 2011). Empirisch hochwertige Arbeiten, die den Nutzen von Zweitmeinungen hierzulande bele- gen, wurden in den vergangenen Jahren aber nur hinsichtlich der Behandlung von Patienten mit einem Hodenkarzinom publi- ziert (Zengerling et al. 2014). Editorial Ein Zweitwagen ist längst Standard in vielen Haushalten, die Zweitwohnung ist für manchen Beschäftigten nicht ungewöhnlich, der Zweitschlüssel sollte stets zur Sicherheit bereitliegen – die ärztliche Zweitmeinung jedoch ist für die meisten Versicher- ten immer noch eher die Ausnahme. Dabei wäre es gerade vor schwerwiegenden oder folgenreichen Entscheidungen ange- messen, dazu noch eine zweite Meinung zu hören. Die ärztliche Zweitmeinung sollte uns nicht ungewöhnlich erscheinen, weil sie Sicherheit bieten kann. In dieser Art mögen Krankenkassen oder Gesundheitspolitiker abgewogen haben, als sie beschlossen, den Versicherten die Vermittlung einer unabhängigen ärztlichen Zweitmeinung aus- drücklich einzuräumen. Das GKV-Versorgungsstärkungsgesetz (2015) schreibt diesen Anspruch nun fest: Versicherte müssen von ihrem Arzt bei bestimmten planbaren Eingriffen mindestens zehn Tage vorher über ihr Recht auf eine solche Zweitmeinung aufgeklärt werden. Daraus ergeben sich eine Reihe von Fragen. Sind weitere Infor- mationen zu Erkrankungen stets sinnvoll? Ist eine zusätzliche Meinung vor einer Operation immer wertvoll? Sind wir bereit, bei wichtigen gesundheitlichen Fragen für ein zweites Urteil einen eigenen finanziellen Beitrag zu leisten? Ändern wir unsere Einstellung zu einem Eingriff, wenn wir eine weitere Meinung kennen? Die hier vorgestellten Ergebnisse geben Antworten auf diese Fragen. Der Newsletter zeigt aber auch, dass die jetzige Konstruktion der Zweitmeinung längst noch nicht zu Ende gedacht ist. Vielmehr deutet sich an, dass der Wunsch nach einer Zweit- meinung über die bisher festgelegten Wahleingriffe hinausgeht. Zweitmeinungen: Inanspruchnahme und Nachfrage aus Sicht der Bevölkerung Max Geraedts, Rike Kraska NEWSLETTER 01 | 2016 RRR

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Zweitmeinungen gesetzlich neu geregeltDie zunehmende Menge einiger Wahleingriffe (der sogenannten elektiven Operationen) in Deutschland bei denen der Verdacht besteht dass haumlufiger fragliche Indikationen vorliegen hat dazu gefuumlhrt dass viele Krankenkassen ihren Versicherten die Ver-mittlung zweiter Meinungen ausdruumlcklich anbieten Dabei erhalten Patienten eine durch die Krankenkasse vermittelte unabhaumlngige zweite aumlrztliche Begutachtung und Beratung

Das 2015 in Kraft getretene GKV-Versorgungsstaumlrkungsgesetz sieht im neuen sect 27 b SGB V vor dass Versicherte von Aumlrzten bei bestimmten planbaren Eingriffen mindestens zehn Tage vor dem Eingriff uumlber ihr Recht aufgeklaumlrt werden sollen eine solche zweite Meinung einzuholen Die Eingriffe fuumlr die dieses Recht gelten soll ndash ebenso wie qualitative Voraussetzungen die Leistungserbringer erfuumlllen muumlssen die eine Zweitmeinung hier abgeben (und abrechnen) koumlnnen ndash legt der Gemeinsame Bundes ausschuss (G-BA) fest

Dabei ist die gesetzliche Vorgabe bei bestimmten Eingriffen moumlglichst eine Zweitmeinung einzuholen nicht neu Schon seit 1989 sollten die Krankenversicherungen in den Vertraumlgen mit den Krankenhaumlusern nach sect 137 SGB V vereinbaren fuumlr wel-che bdquoerheblichen chirurgischen Eingriffeldquo eine Zweitmeinung notwendig ist Zu einer solchen Vereinbarung ist es aber nie gekommen Neu ist dass der G-BA diesen Passus konkretisiert und tatsaumlchlich umsetzt

Die Aktualitaumlt des Themas hat im Sommer 2011 einen Aufmerk-samkeitsschub erfahren als das Online-Zweitmeinungsportal bdquoVorsicht Operationldquo ein mediales Echo ausloumlste Seitdem wird in Deutschland wieder uumlber den moumlglichen Nutzen strukturier-ter aumlrztlicher Zweitmeinungen bei der Therapiewahl diskutiert (Siegmund-Schultze und Hibbeler 2011) Empirisch hochwertige Arbeiten die den Nutzen von Zweitmeinungen hierzulande bele-gen wurden in den vergangenen Jahren aber nur hinsichtlich der Behandlung von Patienten mit einem Hodenkarzinom publi-ziert (Zengerling et al 2014)

EditorialEin Zweitwagen ist laumlngst Standard in vielen Haushalten die Zweitwohnung ist fuumlr manchen Beschaumlftigten nicht ungewoumlhnlich der Zweitschluumlssel sollte stets zur Sicherheit bereitliegen ndash die aumlrztliche Zweitmeinung jedoch ist fuumlr die meisten Versicher-ten immer noch eher die Ausnahme Dabei waumlre es gerade vor schwerwiegenden oder folgenreichen Entscheidungen ange-messen dazu noch eine zweite Meinung zu houmlren Die aumlrztliche Zweitmeinung sollte uns nicht ungewoumlhnlich erscheinen weil sie Sicherheit bieten kann

In dieser Art moumlgen Krankenkassen oder Gesundheitspolitiker abgewogen haben als sie beschlossen den Versicherten die Vermittlung einer unabhaumlngigen aumlrztlichen Zweitmeinung aus-druumlcklich einzuraumlumen Das GKV-Versorgungsstaumlrkungsgesetz (2015) schreibt diesen Anspruch nun fest Versicherte muumlssen von ihrem Arzt bei bestimmten planbaren Eingriffen mindestens zehn Tage vorher uumlber ihr Recht auf eine solche Zweitmeinung aufgeklaumlrt werden

Daraus ergeben sich eine Reihe von Fragen Sind weitere Infor-mationen zu Erkrankungen stets sinnvoll Ist eine zusaumltzliche Meinung vor einer Operation immer wertvoll Sind wir bereit bei wichtigen gesundheitlichen Fragen fuumlr ein zweites Urteil einen eigenen finanziellen Beitrag zu leisten Aumlndern wir unsere Ein stellung zu einem Eingriff wenn wir eine weitere Meinung kennen Die hier vorgestellten Ergebnisse geben Antworten auf diese Fragen Der Newsletter zeigt aber auch dass die jetzige Konstruktion der Zweitmeinung laumlngst noch nicht zu Ende gedacht ist Vielmehr deutet sich an dass der Wunsch nach einer Zweit-meinung uumlber die bisher festgelegten Wahleingriffe hinausgeht

ZweitmeinungenInanspruchnahme und Nachfrage aus Sicht der BevoumllkerungMax Geraedts Rike Kraska

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genutzt haumltten bejahten allerdings 26 Prozent der Befragten

Diese Ergebnisse stehen in starkem Kontrast zu Befragungsergebnissen die kuumlrzlich bekannt gegeben wurden Eine repraumlsentative telefonische Befragung von rund 1000 gesetzlich Versicherten im Sommer 2015 durch das Forsa-Institut im Auftrag der Techniker Krankenkasse ergab dass sich 74 Prozent eine Zweit-meinung bei einem anderen Mediziner einholen wuumlrden sollte ihr Arzt eine Operation oder Untersuchung in der Klinik vorschlagen (Techniker Kranken-kasse 2015)

Eine Befragung aus der Asklepios-Gruppe (IMWF und Asklepios 2014) stellte eben-falls eine hohe Nutzung von Zweitmeinun-gen fest Hier gaben 52 Prozent an schon einmal eine zweite aumlrztliche Meinung eingeholt zu haben Auf die Frage ob sie zukuumlnftig im Krankheitsfall eine zweite Meinung einholen wuumlrden gaben 16 Pro-zent an dass sie dies bestimmt 37 Pro-zent wahrscheinlich und 41 Prozent even-tuell tun wuumlrden Diese Angaben werden von den Studienautoren so zusammen-gefasst dass 94 Prozent der Deutschen zukuumlnftig im Krankheitsfall eine zweite Meinung einholen werden oder dies zu mindest erwaumlgen

Die Diskrepanzen zu den fruumlheren Befra-gungen koumlnnen erklaumlrt werden wenn man die Gruppe der Befragten und den Befragungsmodus dieser Studie beruumlck-sichtigt Hierbei handelte es sich um eine Online-Befragung von 1000 Erwachse-nen womit die nicht online-affinen Buumlr-ger schon einmal nicht repraumlsentiert sind Zudem zeigt die Aufschluumlsselung des Bildungsabschlusses der Befragten dass eine verzerrte Stichprobe befragt wurde 53 Prozent verfuumlgten hier uumlber einen houmlheren Bildungsabschluss waumlhrend dies im Bundesdurchschnitt nur 29 Prozent sind

Deutschland koumlnnen nur als widerspruumlch-lich bezeichnet werden ndash und sie lassen viele Fragen offen

So hatte die Kassenaumlrztliche Bundesver-einigung (KBV) in ihrer Versichertenbe-fragung 2006 eine Stichprobe von 4315 Erwachsenen telefonisch zum Thema Zweitmeinungen befragt (KBV 2006) Hauptergebnis war dass 16 Prozent der Befragten die in den letzten zwoumllf Mona-ten beim Arzt gewesen waren sich eine zweite Meinung eines anderen Arztes zu ihrer Erkrankung geholt hatten Etwas haumlufiger nahmen Buumlrger zwischen 50 und 59 Jahren chronisch Kranke und Privatversicherte eine Zweitmeinung in Anspruch 61 Prozent derjenigen die eine zweite Meinung eingeholt hatten gaben an dass die Aumlrzte zur gleichen Einschaumlt-zung gekommen waren Hier unterschie-den sich jedoch die Befragten hinsichtlich ihres (Aus-)Bildungsniveaus Befragte mit houmlherem Bildungsabschluss gaben zur Haumllfte an dass es keine Uumlbereinstim-mung gab waumlhrend diejenigen mit dem niedrigsten Bildungsabschluss nur zu einem Viertel eine Diskrepanz zwischen den aumlrztlichen Meinungen erkannten

Im Rahmen einer vom Bundesministe-rium fuumlr Bildung und Forschung (BMBF) gefoumlrderten Studie wurden 1925 Patien-ten befragt die sich zum Zeitpunkt der Befragung im Krankenhaus befanden (de Cruppeacute und Geraedts 2014) Dabei repraumlsentierten die gewaumlhlten 46 Kran-kenhausabteilungen aus elf Fachgebieten 92 Prozent aller stationaumlren Patienten im Jahr 2012 In dieser nicht nur theore-tisch sondern praktisch stark betroffenen Gruppe gaben lediglich sechs Prozent der Patienten an vor dem Krankenhausauf-enthalt eine zweite Meinung in Anspruch genommen zu haben Die anschlieszligende Frage ob sie sich eine solche Zweitmei-nung vorher gewuumlnscht haumltten wurde von nur fuumlnf Prozent positiv beantwortet Die Frage ob sie jemals vor einer aumlrzt-lichen Behandlung eine Zweitmeinung

Zweitmeinungseffekte und Bedarf bisher unklar

In der Forschungsliteratur wurden auch international bisher nur relativ wenige Studien zu den Effekten von Zweit-meinungen publiziert (Geraedts 2013) Eine erste Studienwelle erschien in den 1970er Jahren nachdem verschiedene Krankenversicherer in den USA obliga-torische Zweitmeinungen bei bestimm-ten Operationen eingefuumlhrt hatten die sehr haumlufig und mit groszligen regionalen Unterschieden durchgefuumlhrt wurden Die Studien bestaumltigten den allgemein gewuumlnschten Effekt einer Reduktion der Operationszahlen (etwa Grafe et al 1978) In weiteren Studien wurden auch die damit moumlglichen Einsparungen unter-sucht Hier kamen die Studien zu sehr unterschiedlichen Ergebnissen bei denen das Verhaumlltnis von Programmkosten zu Einsparungen zwischen 13 und 122 schwankte Eine laumlngerfristige Evaluation eines Zweitmeinungsprogramms aus dem Staat New York quantifizierte dieses Verhaumlltnis sogar mit nur 1134 (McSherry et al 1997)

Zusammenfassend wurden die bis 1990 vorliegenden Studien als insgesamt unzu-reichend bezeichnet da die jeweiligen Studiendesigns keine kausale Interpre-tation zulieszligen (Lindsey und Newhouse 1990) Dies muss wohl auch fuumlr die zwischenzeitlich erschienenen Studien konstatiert werden Es bleibt zu hoffen dass das vom Gesetzgeber eingefuumlhrte Zweitmeinungsverfahren in Deutschland die gewuumlnschten Effekte zeigen wird

Aber nicht nur der Nutzen von Zweitmei-nungen sondern auch der Bedarf und eine eventuell bereits stattfindende Nut-zung der von einzelnen Krankenkassen oder anderen Initiativen eingefuumlhrten Zweitmeinungsprogramme kann noch nicht sicher beziffert werden Die bishe-rigen Erkenntnisse zum Bedarf und zur Nutzung aumlrztlicher Zweitmeinungen in

3 Ein Newsletter der Bertelsmann Stiftung und der BARMER GEK

solche ohne diese Erfahrung Weitere Einflussfaktoren waren das Patientenalter (vor allem die unter 25-Jaumlhrigen erwogen eher als Aumlltere eine Zweitmeinung) das Vorliegen einer privaten Krankenver-sicherung sowie haumlufigere Arztkontakte und bereits mindestens einmal durch-gefuumlhrte Hausarztwechsel

Wenn grundsaumltzlich danach gefragt wird bei welchen Erkrankungen es fuumlr den Befragungsteilnehmer wichtig waumlre eine Zweitmeinung einholen zu koumlnnen ergibt sich eine starke theoretische Nachfrage Bei einer Auswahl von vier konkreten Krankheitskomplexen und einer Rubrik bdquosonstige Erkrankungenldquo fanden es 83 Prozent der Befragten wichtig bei Krebserkrankungen die Moumlglichkeit einer Zweitmeinung zu haben bei Erkrankun-gen am Herz oder an den Gefaumlszligen sind es 71 Prozent bei Hirnleistungsstoumlrun-gen 66 Prozent und bei Erkrankungen an Knochen Gelenken oder Muskeln 65 Prozent Bei bdquosonstigen Erkrankungenldquo erachteten es immer noch 29 Prozent als wichtig eine Zweitmeinung einholen zu koumlnnen

Ein aumlhnliches Bild ergibt sich wenn aus einer Liste von Untersuchungen und Behandlungen diejenigen angekreuzt werden sollen fuumlr die die Befragten eine Zweitmeinung wichtig faumlnden Mehr als die Haumllfte empfindet eine solche Moumlg-lichkeit als wichtig bei medikamentoumlsen Behandlungen wegen Krebs (70 ) bei einer Chemotherapie (67 ) einer Strah-lentherapie (61 ) bei Operationen an KnochenGelenken (56 ) und Operatio-nen an inneren Organen (56 ) (Abbil-dung 1)

Konkret danach gefragt bei welchen Aumlrz-ten die Moumlglichkeit einer Zweitmeinung wichtig waumlre nannten 54 Prozent der Befragten Untersuchungen oder Behand-lungen bei Orthopaumlden 45 Prozent Fach-aumlrzte aus anderen Fachgebieten und 38 Prozent Aumlrzte im Krankenhaus Fuumlr weni-

sionsanalysen untersucht (Gewichtung fuumlr Alter Geschlecht Region Bildung und Einkommen ndash so kann eine Reprauml-sentativitaumlt der Stichprobe fuumlr die Bevoumll-kerung zwischen 18 und 79 Jahren erzielt werden)

Als moumlgliche Einflussfaktoren auf die Beantwortung der Fragen wurden fol-gende Variablen beruumlcksichtigt Wohnre-gion Ortsgroumlszlige Geschlecht Patientenal-ter Sozialschicht Art der Krankenversi-cherung Familienstand Berufserfahrung im Gesundheitswesen Unterstuumltzung durch Angehoumlrige Gesundheitszustand Arztkontakthaumlufigkeit Hausarzt-Erfah-rung und Erfahrungen mit Arztdiagnosen

Ergebnisse

Bedarf oder Wunsch nach Zweitmeinungen

Je nach konkreter Fragestellung aumluszliger-ten sich die Befragten zu ihrem Bedarf an einer Zweitmeinung unterschiedlich bdquoHatten Sie schon einmal (oder oumlfter) die Idee dass Sie eine Zweitmeinung zu irgendeiner bei Ihnen anstehenden Untersuchung oder Behandlung einholen koumlnntenldquo beantworteten 33 Prozent der Versicherten mit bdquoja einmalldquo (21 ) oder bdquoja zweimal oder oumlfterldquo (12 ) In den multivariaten Analysen erwiesen sich verschiedene Einflussgroumlszligen als bedeut-sam fuumlr die Idee eine Zweitmeinung einzuholen

Als wichtigster Faktor zeigte sich der Gesundheitszustand der Befragten Im Vergleich zu Versicherten die ihren Gesundheitszustand als ausgezeichnet einschaumltzten hatten diejenigen mit schlechtem Gesundheitszustand 13-mal oumlfter die Idee eine Zweitmeinung einzu-holen Versicherte die angaben schon einmal mit der Diagnose oder der vor-geschlagenen Behandlung eines Arztes nicht einverstanden gewesen zu sein bejahten die Frage siebenmal oumlfter als

Wollen Patienten eine Zweit-meinung ndash und bei welchen ErkrankungenVor diesem Hintergrund bleibt zunaumlchst unklar wie viele Buumlrger es fuumlr wichtig erachten eine Zweitmeinung einholen zu koumlnnen und fuumlr welche Erkrankungen Untersuchungen und Behandlungen dies gewuumlnscht wird Beschraumlnkt es sich auf die von der Gesundheitspolitik nun vorge-sehenen planbaren Eingriffe sogenannter mengenanfaumllliger Leistungen oder wuumln-schen sich Buumlrger eine Zweitmeinung in ganz anderen Bereichen

Zudem bleibt offen wie viele Buumlrger aktuell zweite aumlrztliche Meinungen einholen bei welchen diagnostischen oder therapeutischen Prozeduren dies geschieht und ob es hierbei Unterschiede zwischen soziooumlkonomischen Statusgrup-pen gibt Weiterhin unbekannt ist ob die Versicherten uumlber das Angebot der Kran-kenkassen Bescheid wissen und welche Erfahrungen damit vorliegen

Daruumlber hinaus wurde bisher auch noch nicht die Zahlungsbereitschaft fuumlr eine zweite Meinung erfragt Denn wenn es infolge des Versorgungsstaumlrkungsgeset-zes zu einer definitiven Benennung der Eingriffe kommt fuumlr die die Einholung einer Zweitmeinung von der GKV verguuml-tet wird ist absehbar dass die Kostener-stattung von Zweitmeinungen zu anderen Eingriffen schwierig werden kann Hierzu sollte dringend die Meinung der Bevoumllke-rung erfragt werden um vorsorglich auf eventuelle Probleme der Gesetzgebung hinweisen zu koumlnnen

Methode

Die Antworten von 1598 schriftlich Befragten wurden zunaumlchst deskriptiv ausgewertet Zusammenhaumlnge zwischen den einzelnen Antworten und jeweils moumlglichen Einflussfaktoren wurden biva-riat und multivariat mithilfe von Regres-

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ger bedeutsam hielten dies die Befragten bei Augenaumlrzten (30 ) Zahnaumlrzten (29 ) und Hausaumlrzten (20 )

Beim Versorgungssektor der fuumlr eine Zweitmeinung favorisiert wird ergab sich eine leichte Praumlferenz fuumlr den niederge-lassenen Bereich 55 Prozent bevorzugten einen anderen niedergelassenen Arzt 45 Prozent dagegen einen anderen Arzt einer Krankenhausambulanz oder Poli-klinik Seltener genannt wurden Aumlrzte von Patientenverbaumlnden (29 ) Aumlrzte der Krankenkassen (25 ) oder des Gesund-heitsamts (19 )

per Telefon Internet oder E-Mail konnten sich hingegen eher juumlngere und maumlnn-liche Patienten vorstellen

Inanspruchnahme und Erfahrungen mit Zweitmeinungen

Obwohl sehr viele Befragte den Wunsch aumluszligern insbesondere bei bedrohlichen Erkrankungen beziehungsweise Unter-suchungen oder Behandlungen eine Zweitmeinung einzuholen hat nur ein Viertel dies mindestens einmal tatsaumlch-lich umgesetzt 24 Prozent der Befragten ndash immerhin 72 Prozent derjenigen die schon einmal die Idee einer Zweitmei-nung hatten ndash haben bereits einmal (16 ) oder oumlfter (8 ) eine Zweitmeinung bei einer anstehenden Untersuchung oder Behandlung in Anspruch genommen

Von den Faktoren die sich bei den multivariaten Analysen als statistisch bedeutsamer Einfluss herausstellten sind zunaumlchst die Zahl der Arztkontakte in den letzten zwoumllf Monaten zu nennen ndash wobei mehr Arztkontakte mit einer houmlheren Chance einhergehen eine Zweitmeinung eingeholt zu haben Weiterhin hatten Befragte die schon einmal unzufrieden mit einer Diagnose oder Behandlung waren bereits oumlfter eine Zweitmeinung in Anspruch genommen Allerdings betraf das nicht diejenigen Befragten die mit ihrem Hausarzt und der Praxis unzufrie-den waren ndash stattdessen stieg die Chance eine Zweitmeinung eingeholt zu haben sogar mit der Zufriedenheit mit dem Hausarzt und der Praxis Zudem war im Suumlden oder Nordwesten Deutschlands die Wahrscheinlichkeit houmlher als im Osten dass eine Zweitmeinung genutzt wurde

Die Erfahrungen der Befragten mit einer bereits eingeholten Zweitmeinung wurden weiter spezifiziert Zunaumlchst interessierte von wem die erste Empfehlung oder Indikation zu einer notwendigen Unter-suchung oder Behandlung stammte und bei wem anschlieszligend die Zweitmeinung

Auszliger Frage steht dabei dass Versicherte fuumlr eine Zweitmeinung den persoumlnlichen Kontakt mit einem Arzt bevorzugen (90 ) waumlhrend der Besuch einer Beratungs-stelle (26 ) oder eine aumlrztliche Beratung uumlber Telefon Internet oder E-Mail (10 ) nur selten favorisiert wird

Die multivariaten Analysen zur Frage bei wem eine Zweitmeinung am ehesten eingeholt wuumlrde ergaben als wesentliche Einflussgroumlszligen die Region das Patien-tenalter und das Patientengeschlecht So wurde der Besuch einer Beratungsstelle eher von Patienten in den neuen Bundes-laumlndern praumlferiert Die aumlrztliche Beratung

Untersuchungen und Behandlungen bei denen die Moumlglichkeit einer Zweitmeinung fuumlr wichtig erachtet wird (Angaben in Prozent)

0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100

Abbildung 1

Quelle Gesundheitsmonitor 2016 n = 1598

nein weiszlig nicht keine Angabeja

medikamentoumlse Behandlung (gegen Krebs)

Chemotherapie

Strahlentherapie

Operation an KnochenGelenken

Operation an inneren Organen

Herzkatheter

medikamentoumlse Behandlung (nicht wegen Krebs)

sonstige Operationen

Zahnersatz

Gelenkspiegelung (Arthroskopie)

zahnaumlrztliche Operationen

SpiegelungEndoskopie innerer Organe

sonstige UntersuchungBehandlung

5 Ein Newsletter der Bertelsmann Stiftung und der BARMER GEK

eingeholt wurde Tabelle 1 verdeutlicht dass die erste Indikationsstellung die dann in einer Zweitmeinung resultierte am haumlufigsten vom Hausarzt stammte (38 ) Nur ein Drittel dieser Indikati-onsstellungen wurde bei einem anderen Hausarzt uumlberpruumlft (13 ) Zumeist scheinen niedergelassene spezialisierte Fachaumlrzte und zu einem geringeren Teil Krankenhausaumlrzte fuumlr eine Zweitmeinung aufgesucht worden zu sein Wenn Ortho-paumlden Zahnaumlrzte Augenaumlrzte oder Onko-logen die erste Indikation gestellt hatten scheint die zweite Meinung bei einem anderen Arzt der gleichen Fachdisziplin eingeholt worden zu sein

Die Befragten die tatsaumlchlich eine Zweit-meinung in Anspruch genommen hatten taten dies noch ausgepraumlgter (als bei der theoretischen Frage) durch einen per-soumlnlichen Kontakt zum Arzt (97 ) und nur selten in einer Beratungsstelle (1 ) oder via Telefon Internet oder E-Mail mit einem Arzt (3 )

Bei den Gruumlnden fuumlr das Einholen einer Zweitmeinung lassen sich drei Gruppen unterscheiden (Abbildung 2) zum einen Befragte die schlechte Erfahrungen mit fruumlheren Untersuchungen oder Behand-lungen gemacht haben (zusammen rund 43 ) beziehungsweise kein Vertrauen zum Arzt haben (19 ) zum anderen Befragte die allgemein unsicher sind hin-sichtlich der Entscheidung fuumlr oder gegen eine Behandlung (53 ) und dann noch Befragte die aufgrund von Empfehlungen eine Zweitmeinung suchen (15 )

Moumlgliche Einflussfaktoren sind das Patientenalter das Patientengeschlecht und die Art der Krankenversicherung So geht ein houmlheres Patientenalter mit einer groumlszligeren Chance einher eine Zweitmeinung aufgrund von allgemeiner Unsicherheit oder fehlendem Vertrauen zum Arzt einzu holen Weiterhin haben eher weibliche Patienten sowie Patienten mit einer gesetzlichen Krankenversiche-

Fachdisziplinen von denen die Erst- und Zweitmeinung stammte (Befragte mit Zweitmeinungserfahrung)

Hausarzt

Facharztdisziplin

Orthopaumlde

Zahnarzt

Krankenhausarzt

Augenarzt

Onkologe

38

31

26

16

9

6

2

anderer Hausarzt

andere Facharztdisziplin

anderer Orthopaumlde

anderer Zahnarzt

anderer Krankenhausarzt

anderer Augenarzt

anderer Onkologe

13

40

26

14

14

5

3

Anteil in ProzentErstmeinung Anteil in ProzentZweitmeinung

Tabelle 1

Quelle Gesundheitsmonitor 2016 n = 382 Mehrfachnennungen moumlglich

Gruumlnde fuumlr das Einholen einer Zweitmeinung (Befragte mit Zweitmeinungserfahrung Angaben in Prozent)

0 10 20 30 40 50 60

Abbildung 2

Quelle Gesundheitsmonitor 2016 n = 379 Mehrfachnennungen moumlglich

einfach unsicher hinsichtlich der Entscheidung

fruumlhere UntersuchungenBehandlungen

hatten keinerlei Nutzen

kein Vertrauen zum Arzt

Angehoumlrigegute Freunde hatten dies empfohlen

fruumlhere UntersuchungenBehandlungen hatten

gesundheitlich negative Folgen

war im Fernsehen in Zeitschriften empfohlen

sonstiger Grund

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rung eine Zweitmeinung aufgrund von Unsicher heiten oder fehlendem Vertrauen ein geholt In den Gruppen die eine Zweit-meinung wegen schlechter Erfahrungen oder aufgrund von Empfehlungen ein-geholt hatten konnten hingegen keine statistisch bedeutsamen Unterschiede gefunden werden

Betrachtet man das Spektrum der Untersuchungen und Behandlungen bei denen eine Zweitmeinung eingeholt

Waumlhrend beim Wunsch nach einer Zweit-meinung die Krebserkrankungen fuumlhrend waren (Abbildung 1) gaben nur wenige Befragte mit Zweitmeinungserfahrung an diese bei einer medikamentoumlsen Behand-lung wegen Krebs einer Chemotherapie oder Strahlentherapie gemacht zu haben Die groumlszligte Gruppe derjenigen die eine zweite Meinung wahrgenommen hatten nutzte diese fuumlr andere als die bei der Befragung spezifisch aufgefuumlhrten Unter-suchungen und Behandlungen sodass die Rubrik bdquosonstige Untersuchung oder Behandlung ldquo angekreuzt wurde (rund 48 )

Die Zweitmeinungen haben beim Groszligteil (72 ) der Befragten mit einer solchen Erfahrung zu einer Veraumlnderung der Entscheidung in Bezug auf eine laut Erst-meinung indizierte Untersuchung oder Behandlung gefuumlhrt 45 Prozent der Befrag-ten bejahten eine Entscheidungsaumlnderung 26 Prozent gaben dies bdquozum Teilldquo an und nur 27 Prozent verneinten ihre Entschei-dung veraumlndert zu haben (Abbildung 4)

Bei den multivariaten Analysen stellte sich unter anderem das Patientenalter als ein moumlglicher Einflussfaktor heraus So ging ein juumlngeres Patientenalter mit einer houmlhe-ren Chance einher dass eine Zweitmeinung auch zu einer Entscheidungsaumlnderung fuumlhrte Zudem war die Zufriedenheit mit der bisherigen Untersuchung oder Behand-lung ebenfalls ein statistisch bedeutsamer Einfluss Die Zweitmeinung fuumlhrte eher zu einer Entscheidungsaumlnderung wenn Patienten mit der bisherigen Diagnose oder Behandlung unzufrieden waren

Dementsprechend hielten fast alle Befragten das Einholen der Zweitmei-nung fuumlr sinnvoll 74 Prozent konstatier-ten bdquoja auf jeden Fallldquo sinnvoll weitere 15 Prozent bdquoeher jaldquo und sieben Prozent bdquoteils teilsldquo Nur vier Prozent antworte-ten bdquoeher neinldquo und ein Prozent bdquonein auf keinen Fallldquo

wurde dann unterscheidet sich die tat-saumlchliche Inanspruchnahme wiederum vom theoretischen Wunsch wie ein Ver-gleich von Abbildung 3 mit Abbildung 1 deutlich macht Von den Befragten mit einer Zweitmeinungserfahrung gaben 16 Prozent an diese zweite Meinung bei Operationen an Knochen oder Gelenken eingeholt zu haben Am zweithaumlufigsten wurden medikamentoumlse Behandlungen genannt die nicht wegen einer Krebs-erkrankung angezeigt waren (11 )

Untersuchungen und Behandlungen zu denen eine Zweitmeinung eingeholt wurde (Befragte mit Zweitmeinungserfahrung Angaben in Prozent)

0 10 20 30 40 50 60

Abbildung 3

Quelle Gesundheitsmonitor 2016 n = 379 Mehrfachnennungen moumlglich

Operation an KnochenGelenken

medikamentoumlse Behandlung (nicht wegen Krebs)

zahnaumlrztliche Operationen

Zahnersatz

sonstige Operationen

SpiegelungEndoskopie innerer Organe

Operation an inneren Organen

Gelenkspiegelung (Arthroskopie)

medikamentoumlse Behandlung (wegen Krebs)

Chemotherapie

Herzkatheter

sonstige UntersuchungBehandlung

7 Ein Newsletter der Bertelsmann Stiftung und der BARMER GEK

Erfahrungen mit dem Beratungsangebot der Krankenkassen

Die meisten Krankenkassen bieten ihren Versicherten inzwischen einen telefoni-schen Beratungsservice an der bei Bedarf auch eine aumlrztliche Beratung umfasst die wiederum zum Teil explizit auch Zweit-meinungen anbietet Einige Krankenkassen benennen Erkrankungen fuumlr die sie einen fachlich versierten Zweitmeinungsservice vorhalten Der Bekanntheitsgrad dieses Angebots und die Erfahrungen mit einer telefonischen Beratung durch die Kranken-kassen war ebenfalls Thema der Befragung

Von dem Angebot einer telefonischen Bera-tung durch Aumlrzte der eigenen Kranken-kasse wussten 27 Prozent der Befragten Manche waren sich sicher dass ihre Krankenkasse ein solches Angebot nicht vorhaumllt (4 ) Die meisten Befragten (68 ) gaben an dies nicht zu wissen Von denen die das Angebot ihrer Krankenkasse kann-ten hatten 20 Prozent dieses schon einmal genutzt ndash das entspricht knapp sechs Pro-zent aller Befragungsteilnehmer

Die Befragten die eine telefonische aumlrzt-liche Beratung ihrer Krankenkasse in Anspruch genommen hatten waren fast durchweg damit zufrieden Knapp 69 Prozent waren entweder sehr (32 ) oder eher (36 ) zufrieden weitere 19 Prozent vermerkten bdquoteils teilsldquo Nur zwoumllf Pro-zent waren eher (9 ) oder sehr unzufrie-den (3 )

Die telefonische aumlrztliche Beratung der Krankenkasse fuumlhrte seltener zu einer Entscheidungsaumlnderung als die meist im persoumlnlichen Gespraumlch wahrgenommene Zweitmeinung (Abbildung 4) Stattdessen wurde eher das Vertrauen in die Erst-meinung gestaumlrkt So gaben 34 Prozent der Befragten einer Krankenkassenbe-ratung an dass das Vertrauen in die urspruumlngliche Arztempfehlung sehr viel (9 ) oder etwas groumlszliger (25 ) als vor der Beratung war Fuumlr 52 Prozent war das

Entscheidungsveraumlnderung aufgrund der Zweitmeinung (Befragte mit Zweitmeinungserfahrung Angaben in Prozent)

0 10 20 30 40 50

Abbildung 4

Quelle Gesundheitsmonitor 2016 n = 379

ja

nein

teilsteils

weiszlig nicht mehr

keine Angabe

Reaktionen auf eine telefonische aumlrztliche Beratung der Krankenkasse (Befragte mit telefonischer Beratungserfahrung Angaben in Prozent)

0 10 20 30 40 50

Abbildung 5

Quelle Gesundheitsmonitor 2016 n = 89 Mehrfachnennungen moumlglich

fuumlr die zuerst vom Arzt empfohlene Behandlung

entschieden

noch eine Zweitmeinung bei einem anderen

niedergelassenen Arzt eingeholt

im Internet noch einmal ausfuumlhrlich uumlber die

UntersuchungBehandlung informiert

nichts unternommen und die Entscheidung

fuumlr laumlngere Zeit aufgeschoben

fuumlr eine ganz andere Untersuchungs-

Behandlungsmethode entschieden

8

Vertrauen in die Erstmeinung unveraumln-dert und nur fuumlr 14 Prozent war es etwas (5 ) oder sehr viel geringer (8 ) als vorher

Auf die aumlrztliche Beratung ihrer Kranken-kasse reagierten die Befragten unter-schiedlich Die meisten (45 ) entschie-den sich fuumlr die zuerst vom Arzt empfoh-lene Behandlung 24 Prozent holten noch eine Zweitmeinung bei einem anderen niedergelassenen Arzt ein 21 Prozent informierten sich weiter im Internet und 20 Prozent unternahmen nichts und schoben die Entscheidung auf Nur acht Prozent entschieden sich fuumlr eine ganz andere Untersuchungs- oder Behand-lungsmethode (Abbildung 5)

Zahlungsbereitschaft

Bei der Zahlungsbereitschaft teilen die Befragten sich in zwei fast gleich groszlige Gruppen bdquoWaumlren Sie unter bestimmten Bedingungen bereit einen Teil der Kosten fuumlr eine aumlrztliche Zweitmeinung selbst

Bei der Houmlhe der Zahlungsbereit-schaft zeigten sich ebenfalls statistisch bedeutsame Unterschiede zwischen den Sozialschichten ndash die jedoch anders als erwartet ausfielen Waumlhrend die Befragten im Median zu einer Kosten-uumlbernahme von 80 Euro bereit waumlren lag der Mittelwert bei 154 Euro wobei An gehoumlrige der Unterschicht im Mittel 388 Euro die der Mittelschicht 117 Euro und die der Oberschicht 124 Euro zu zahlen bereit waumlren

Diskussion und gesundheits-politische Implikationen fuumlr das Verfahren der Zweitmeinung

Mehr als zwei Drittel der Bevoumllkerung halten es fuumlr wichtig dass das Gesund-heitssystem die Moumlglichkeit bietet eine Zweitmeinung einholen zu koumlnnen Fuumlr besonders relevant halten die Buumlrger eine solche Moumlglichkeit gerade bei Krebserkrankungen bei Operationen an Knochen und Gelenken sowie inneren Organen und bei Herzkatheteruntersu-chungen Etwa ein Viertel der Bevoumllke-rung hat bereits konkrete Erfahrungen mit Zweitmeinungen gemacht Diese wurden groumlszligtenteils vor operativen Eingriffen aufgrund einer Entscheidungs-unsicherheit oder schlechter Erfahrun-gen mit fruumlheren Untersuchungen oder Behandlungen eingeholt

Bei knapp drei Viertel derjenigen die Erfahrungen mit Zweitmeinungen haben hat die zweite Meinung zu einer Ent-scheidungsaumlnderung gefuumlhrt Daher ist es auch nicht verwunderlich dass Zweit-meinungen fast durchweg als sinnvoll eingeschaumltzt werden Die Haumllfte der Bevoumllkerung kann sich vorstellen unter bestimmten Umstaumlnden zumindest einen Teil der Kosten selbst zu tragen wobei diese Zahlungsbereitschaft in direktem Zusammenhang mit der individuellen Finanzkraft steht

zu bezahlenldquo beantworteten 54 Prozent mit bdquojaldquo (7 ) oder mit bdquovielleicht kommt drauf anldquo (47 ) waumlhrend 45 Prozent klar bdquonein auf keinen Fallldquo antworte-ten Erwartungsgemaumlszlig waren in den bivariaten Analysen Privatversicherte und Oberschichtangehoumlrige am ehesten bereit einen Teil der Kosten zu zahlen Zudem waren Mittelschichtangehoumlrige im Vergleich zu Unterschichtangehoumlri-gen ebenfalls statistisch bedeutsam eher bereit zur Kostenuumlbernahme

Unter welchen Bedingungen koumlnnen sich die Befragten die Uumlbernahme eines Teils der Kosten vorstellen Auch hier zeigten sich gleichartige bedeutsame Unter-schiede abhaumlngig von der Zugehoumlrigkeit zur Sozialschicht sowie vom Versiche-rungsstatus Eine besonders hohe Zah-lungsbereitschaft bewiesen die Befragten wenn es sich um lebensbedrohliche Erkrankungen solche mit Behandlungs-risiken oder lange andauernden Sympto-men handelte (Abbildung 6)

Zahlungsbereitschaft fuumlr Zweitmeinungen in Abhaumlngigkeit von der Art der Erkrankung Behandlung (Befragte mit grundsaumltzlicher Zahlungsbereitschaft Angaben in Prozent)

0 10 20 30 40 50 60 70

Abbildung 6

Quelle Gesundheitsmonitor 2016 n = 89 Mehrfachnennungen moumlglich

bei einer lebensbedrohlichen Erkrankung

bei einer geplanten Behandlungsmethode

die auch Gesundheitsrisiken mit sich bringt

bei einer Erkrankung wenn die Symptome

laumlngere Zeit nicht abnehmen

bei einer geplanten Behandlungsmethode

deren Nutzen nicht bewiesen ist

eigentlich immer

9 Ein Newsletter der Bertelsmann Stiftung und der BARMER GEK

Die Befragung des Gesundheits monitors bestaumltigt damit zum einen die oben erwaumlhnten Ergebnisse der KBV-Versicher-tenbefragung und zum anderen die eigenen Ergebnisse bei der Befragung von Krankenhauspatienten ndash hier lag der Anteil der Patienten mit einer Zweit-meinungserfahrung bei rund 25 Prozent Dagegen erscheinen die Befragungser-gebnisse der Asklepios-Gruppe mit einer angeblichen Zweitmeinungserfahrung von 50 Prozent der Bevoumllkerung tatsaumlchlich als zu hoch

Ein wichtiges Ergebnis fuumlr die gesund-heitspolitische Diskussion zur Ausgestal-tung des gesetzlichen Zweitmeinungs-verfahrens liegt darin dass sich rund drei Viertel der Bevoumllkerung wuumlnschen eine Zweitmeinung einholen zu koumlnnen Dabei bezieht sich dieser Wunsch nicht nur auf die vom Gesetzgeber ins Auge gefassten elektiven mengenrelevanten operativen Eingriffe sondern die Versicherten halten eine zweite Meinung gerade bei schweren Erkrankungen vor allem auch Krebser-krankungen fuumlr wichtig

Ebenfalls als Hinweis fuumlr die weitere Ausgestaltung der Verfahren zu wer-ten sind die Ergebnisse zur Praumlferenz fuumlr Zweitmeinungen durch Fachaumlrzte im niedergelassenen Bereich Und die Befragten moumlchten sich im persoumlnlichen Gespraumlch beraten lassen nicht per Telefon oder Internet

Die von den Krankenversicherungen bereits angebotenen oft telefonbasierten Angebote sind den meisten Versicherten bisher unbekannt Diese Beratungen fuumlhren wesentlich seltener zu einer Aumlnde-rung der Entscheidung als eine zweite Meinung von Aumlrzten im persoumlnlichen Kontakt Ob dies Vorteil oder Nachteil ist laumlsst sich anhand der Befragungsergeb-nisse nicht schlussfolgern Auf jeden Fall scheint die telefonische Beratung durch Aumlrzte der Krankenkassen ndash im Vergleich zur persoumlnlichen Beratung durch nieder-

gelassene Aumlrzte ndash die Ratsuchenden oumlfter mit Unsicherheiten uumlber ihre Entschei-dung zuruumlckzulassen

Mindestens die Haumllfte der Bevoumllkerung ist grundsaumltzlich bereit fuumlr eine aumlrztliche Zweitmeinung zu zahlen Es gibt jedoch klar Unterschiede nach Sozialschichten Bei einer Ausgestaltung des Zweit-meinungssystems als kostenpflichtiges Zusatzangebot der Krankenversiche-rungen waumlre mit einer Verstaumlrkung der sozialen Disparitaumlten von Gesundheit und Krankheit in Deutschland zu rech-nen Der ungewoumlhnliche Befund dass Angehoumlrige der unteren Schicht die zah-lungsbereit waumlren einen houmlheren Betrag ausgeben wuumlrden als Angehoumlrige houmlherer Schichten laumlsst sich am ehesten dadurch erklaumlren dass die Kosten beziehungs-weise die Verguumltung aumlrztlicher Beratung moumlglicherweise uumlberschaumltzt werden

Insgesamt gibt es eine groszlige Nachfrage nach Zweitmeinungen vor allem bei Unsicherheiten hinsichtlich der Behand-lung schwerer Erkrankungen Zweit-meinungen werden zum Teil schon jetzt eingeholt und als entscheidungsrelevant und sinnvoll erachtet Damit dies auch zukuumlnftig so bleibt sollte ein patien-tenorientiertes gerechtes Angebot allen sozialen Schichten zur Verfuumlgung gestellt werden das nicht auf mengenrelevante Eingriffe beschraumlnkt ist im persoumlnlichen Kontakt zu Aumlrzten stattfindet und keine Zuzahlung erfordert

Literatur

n de Cruppeacute W und M Geraedts Abschlussbericht Krankenhauswahl-verhalten chronisch Kranker 2014 wwwforschung-patientenorientierungdefilesabschlussbericht_geraedts_ krankenhauswahlverhalten-bmbf-01gx1047pdf (Download 4112015)

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n Grafe W R C K McSherry M L Finkel und E G McCarthy bdquoThe elec-tive surgery second opinion programrdquo Annals of Surgery (188) 3 1978 323ndash330

n IMWF ndash Institut fuumlr Management- und Wirtschaftsforschung GmbH ndash und Asklepios Kliniken Hamburg GmbH Studie Zweitmeinungsverfahren aus Patientensicht Hamburg 2014 wwwimwfdeStudien-und-Untersu-chungenStudie-Zweitmeinungsverfah-ren-aus-Patientensicht-2014 (Download 812015)

n KBV ndash Kassenaumlrztliche Bundesverei-nigung Versichertenbefragung der Kassenaumlrztlichen Bundesvereinigung Ergebnisse einer repraumlsentativen Bevoumll-kerungsumfrage MaiJuni 2006 wwwkbvdemediaspVersicherten-befragung_2006_08_15_1_pdf (Down-load 4112015)

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n Techniker Krankenkasse bdquoDrei Viertel der gesetzlich Versicherten wuumlrden bei OP-Empfehlung zweite Meinung einholenldquo Pressemitteilung 7102015 wwwtkdetkpressemitteilungengesundheit-und-service773104 (Down-load 22102015)

10

Autorin und Autor

Prof Dr med Max Geraedts M San ist Universitaumltsprofessor fuumlr Gesund-heitssystemforschung an der Fakultaumlt fuumlr Gesundheit der Universitaumlt WittenHerdecke Nach dem Studium der Humanmedizin in Marburg und einer aumlrztlichen Taumltigkeit in der dortigen Universitaumltsklinik studierte er Gesund-heitswissenschaften und Sozialmedi-zinPublic Health an der Universitaumlt Duumlsseldorf Er war wissenschaftlicher Mitarbeiter an den Universitaumlten Duumlsseldorf und Tuumlbingen sowie Postdoc-toral Fellow am Institute for Health Policy Studies der Universitaumlt in San Francisco Nach der Habilitation im Fach Gesund-heitssystemforschung in Tuumlbingen war er Professor fuumlr Public Health in Duumlsseldorf bevor er 2009 den Lehrstuhl fuumlr Gesund-heitssystemforschung in Witten uumlber-nahm Seine Forschungsschwerpunkte liegen in der Evaluation gesundheits-politischer Maszlignahmen im Allgemeinen und der Messung und Evaluation der Qualitaumlt der gesundheitlichen Versorgung im Speziellen

Rike Kraska Diplom-Biomathematikerin ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut fuumlr Gesundheitssystemforschung an der Fakultaumlt fuumlr Gesundheit der Uni-versitaumlt WittenHerdecke Von 2007 bis 2012 studierte sie Biomathematik mit den Schwerpunkten StatistikStochastik und Molekularbiologie an der Ernst-Moritz-Arndt-Universitaumlt Greifswald Zu ihren Arbeits- und Forschungsschwerpunkten gehoumlren die Planung und Auswertung von Sekundaumlrdatenanalysen und die Evaluation der Qualitaumlt der gesundheit-lichen Versorgung

11 Ein Newsletter der Bertelsmann Stiftung und der BARMER GEK

Das Angebot an Gesundheits-Apps waumlchst stetig Im Web buhlen unzaumlhlige Gesund-heits-Websites um die Aufmerksamkeit der Nutzer Doch was verbirgt sich hinter dem Angebot welche Relevanz hat es fuumlr die Gesundheitsversorgung Die Bertels-mann Stiftung hat den Markt der digita-len Gesundheits-Anwendungen fuumlr Buumlrger systematisch analysiert und Thesen zum Status quo des Angebots abgeleitet

Der Diskurs um Chancen Risiken und Folgen digitaler Anwendungen im Gesundheitsbereich erfordert eine struk-turierende Basis In der Grundlagenstudie bdquoDigital-Health-Anwendungen fuumlr Buumlrgerldquo haben die Studienautoren im Auftrag der Bertelsmann Stiftung ein umfassendes Klassifikationsverfahren fuumlr Digital-Health-Anwendungen entwickelt und den bislang unuumlbersichtlichen Markt der Anwendungen in sieben uumlbersichtliche Typen eingeteilt Im SPOTLIGHT GESUND-HEIT sind die zentralen Aus sagen der Studie zusammengefasst Die Kernthese lautet Digital-Health-Anwendungen sind ein bedeutender Hebel fuumlr Patient Empower ment Jedoch werden die Poten-ziale noch kaum genutzt Die Akteure des klassischen Gesundheitssystems muumlssen die Chancen von digitalen Technologien aktiv auf greifen und Verfahren fuumlr die Etablierung von Innovationen entwickeln die der Dynamik des digitalen Marktes Rechnung tragen

Das SPOTLIGHT GESUNDHEIT zu Gesundheits-Apps ist im Kontext des neuen Projekts bdquoDer digitale Patientldquo entstanden In dem Projekt setzt sich die Bertelsmann Stiftung mit dem Einfluss der Digitalisierung auf die Gesundheits-versorgung auseinander

Weblink wwwder-digitale-patientde Autoren T Thranberend K Knoumlppler T NeiseckeGesundheits-Apps Bedeutender Hebel fuumlr Patient Empowerment ndash Potenziale jedoch bislang kaum genutzt SPOTLIGHT GESUND-HEIT Nr 2 2016 Bertelsmann Stiftung (Hrsg)Preis kostenlos ISSN (Online) 2364-5970

LiteraturTippGesundheits-Apps ndash Bedeutender Hebel fuumlr Patient Empowerment

Autoren TG Grobe S Steinmann J Szecsenyi BARMER GEK Arztreport 2016 Schriftenreihe zur Gesundheitsanalyse Band 37 Preis 1490 euromiddot ISBN 978-3-946-19902-1 Mail versorgungsforschungbarmer-gekde

BuchTipp BARMER GEK Arztreport 2016

Bereits zum zehnten Mal gibt der BARMER GEK Arztreport 2016 einen umfassenden Uumlberblick zur ambulanten aumlrztlichen Versorgung in Deutschland Berichtet werden vorrangig Ergebnisse aus dem Jahr 2014 sowie Trends die auf Auswertungen von anonymisierten Daten der BARMER GEK zu mehr als 8 Millionen Versicherten ab 2005 beruhen Der diesjaumlhrige Schwerpunkt des Repor-tes befasst sich mit dem Thema raquoAlter und Schmerzlaquo Diagnosen mit direktem Schmerzbezug wurden 2014 bei 46 Pro-zent der Bevoumllkerung dokumentiert Der von akuten Schmerzen betroffene Bevoumll-kerungsanteil duumlrfte damit noch unter-schaumltzt werden Die Auswertungen fokus-sieren vorrangig auf chronische Schmer-zen die eine eigenstaumlndige Erkrankung darstellen Entsprechende Diagnosen wurden 2014 in Deutschland bei rund 325 Millionen Menschen dokumentiert Schmerzpatienten sind haumlufig von einer Vielzahl an Erkrankungen betroffen das-Arzneiverordnungsvolumen uumlbersteigt altersentsprechend erwartete Werte um

mehr als 70 Prozent Insbesondere bei aumllteren Schmerzpatienten ist mit Arz-neimittelwechselwirkungen zu rechnen Eine interdisziplinaumlre und gut vernetzte Versorgung erscheint vor diesem Hinter-grund fuumlr Schmerzpatienten besonders wuumlnschenswert

Routinemaumlszligig werden im Report aktua-lisierte Auswertungen zur Inanspruch-nahme der ambulanten Versorgung zu Kosten sowie zu Erkrankungen praumlsentiert Ein gesonderter Abschnitt des diesjaumlhrigen Reportes befasst sich ergaumlnzend mit Aufmerksamkeitsdefizit- Hyperaktivitaumltsstoumlrungen (ADHS) und Methylphenidat-Verordnungen womit ein Update zu Schwerpunktauswertungen aus dem Arztreport 2013 bereitgestellt wird

Der BARMER GEK Arztreport wird in Zusammenarbeit mit dem AQUA - Institut fuumlr angewandte Qualitaumltsfoumlrderung und Forschung im Gesundheitswesen Goumlttin-gen herausgeben

Bertelsmann StiftungProgramm Versorgung verbessern ndash Patienten informieren Carl-Bertelsmann-Str 25633311 Guumltersloh wwwbertelsmann-stiftungdewwwgesundheitsmonitorde

Barmer GEK Lichtscheider Str 89ndash9542285 Wuppertalwwwbarmer-gekde

RedaktionDr Jan BoumlckenDr Ruumldiger MeierjuumlrgenDr Thomas Brechtel

IllustrationChristoph J Kellnerwwwanimanovade

AutorenProf Dr med Max GeraedtsRike Kraska Diplom-Biomathe matikerin ( Universitaumlt WittenHerdecke)

KontaktKatharina Einhaus Tel (05241) 81-8 13 81 Fax (05241) 81-68 13 81 katharinaeinhaus bertelsmann-stiftungde

Page 2: Zweitmeinungen - Bertelsmann Stiftung · Newsletter 01|2016 R R R. 2 genutzt hätten, bejahten allerdings 26 Prozent der Befragten. Diese Ergebnisse stehen in starkem Kontrast zu

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genutzt haumltten bejahten allerdings 26 Prozent der Befragten

Diese Ergebnisse stehen in starkem Kontrast zu Befragungsergebnissen die kuumlrzlich bekannt gegeben wurden Eine repraumlsentative telefonische Befragung von rund 1000 gesetzlich Versicherten im Sommer 2015 durch das Forsa-Institut im Auftrag der Techniker Krankenkasse ergab dass sich 74 Prozent eine Zweit-meinung bei einem anderen Mediziner einholen wuumlrden sollte ihr Arzt eine Operation oder Untersuchung in der Klinik vorschlagen (Techniker Kranken-kasse 2015)

Eine Befragung aus der Asklepios-Gruppe (IMWF und Asklepios 2014) stellte eben-falls eine hohe Nutzung von Zweitmeinun-gen fest Hier gaben 52 Prozent an schon einmal eine zweite aumlrztliche Meinung eingeholt zu haben Auf die Frage ob sie zukuumlnftig im Krankheitsfall eine zweite Meinung einholen wuumlrden gaben 16 Pro-zent an dass sie dies bestimmt 37 Pro-zent wahrscheinlich und 41 Prozent even-tuell tun wuumlrden Diese Angaben werden von den Studienautoren so zusammen-gefasst dass 94 Prozent der Deutschen zukuumlnftig im Krankheitsfall eine zweite Meinung einholen werden oder dies zu mindest erwaumlgen

Die Diskrepanzen zu den fruumlheren Befra-gungen koumlnnen erklaumlrt werden wenn man die Gruppe der Befragten und den Befragungsmodus dieser Studie beruumlck-sichtigt Hierbei handelte es sich um eine Online-Befragung von 1000 Erwachse-nen womit die nicht online-affinen Buumlr-ger schon einmal nicht repraumlsentiert sind Zudem zeigt die Aufschluumlsselung des Bildungsabschlusses der Befragten dass eine verzerrte Stichprobe befragt wurde 53 Prozent verfuumlgten hier uumlber einen houmlheren Bildungsabschluss waumlhrend dies im Bundesdurchschnitt nur 29 Prozent sind

Deutschland koumlnnen nur als widerspruumlch-lich bezeichnet werden ndash und sie lassen viele Fragen offen

So hatte die Kassenaumlrztliche Bundesver-einigung (KBV) in ihrer Versichertenbe-fragung 2006 eine Stichprobe von 4315 Erwachsenen telefonisch zum Thema Zweitmeinungen befragt (KBV 2006) Hauptergebnis war dass 16 Prozent der Befragten die in den letzten zwoumllf Mona-ten beim Arzt gewesen waren sich eine zweite Meinung eines anderen Arztes zu ihrer Erkrankung geholt hatten Etwas haumlufiger nahmen Buumlrger zwischen 50 und 59 Jahren chronisch Kranke und Privatversicherte eine Zweitmeinung in Anspruch 61 Prozent derjenigen die eine zweite Meinung eingeholt hatten gaben an dass die Aumlrzte zur gleichen Einschaumlt-zung gekommen waren Hier unterschie-den sich jedoch die Befragten hinsichtlich ihres (Aus-)Bildungsniveaus Befragte mit houmlherem Bildungsabschluss gaben zur Haumllfte an dass es keine Uumlbereinstim-mung gab waumlhrend diejenigen mit dem niedrigsten Bildungsabschluss nur zu einem Viertel eine Diskrepanz zwischen den aumlrztlichen Meinungen erkannten

Im Rahmen einer vom Bundesministe-rium fuumlr Bildung und Forschung (BMBF) gefoumlrderten Studie wurden 1925 Patien-ten befragt die sich zum Zeitpunkt der Befragung im Krankenhaus befanden (de Cruppeacute und Geraedts 2014) Dabei repraumlsentierten die gewaumlhlten 46 Kran-kenhausabteilungen aus elf Fachgebieten 92 Prozent aller stationaumlren Patienten im Jahr 2012 In dieser nicht nur theore-tisch sondern praktisch stark betroffenen Gruppe gaben lediglich sechs Prozent der Patienten an vor dem Krankenhausauf-enthalt eine zweite Meinung in Anspruch genommen zu haben Die anschlieszligende Frage ob sie sich eine solche Zweitmei-nung vorher gewuumlnscht haumltten wurde von nur fuumlnf Prozent positiv beantwortet Die Frage ob sie jemals vor einer aumlrzt-lichen Behandlung eine Zweitmeinung

Zweitmeinungseffekte und Bedarf bisher unklar

In der Forschungsliteratur wurden auch international bisher nur relativ wenige Studien zu den Effekten von Zweit-meinungen publiziert (Geraedts 2013) Eine erste Studienwelle erschien in den 1970er Jahren nachdem verschiedene Krankenversicherer in den USA obliga-torische Zweitmeinungen bei bestimm-ten Operationen eingefuumlhrt hatten die sehr haumlufig und mit groszligen regionalen Unterschieden durchgefuumlhrt wurden Die Studien bestaumltigten den allgemein gewuumlnschten Effekt einer Reduktion der Operationszahlen (etwa Grafe et al 1978) In weiteren Studien wurden auch die damit moumlglichen Einsparungen unter-sucht Hier kamen die Studien zu sehr unterschiedlichen Ergebnissen bei denen das Verhaumlltnis von Programmkosten zu Einsparungen zwischen 13 und 122 schwankte Eine laumlngerfristige Evaluation eines Zweitmeinungsprogramms aus dem Staat New York quantifizierte dieses Verhaumlltnis sogar mit nur 1134 (McSherry et al 1997)

Zusammenfassend wurden die bis 1990 vorliegenden Studien als insgesamt unzu-reichend bezeichnet da die jeweiligen Studiendesigns keine kausale Interpre-tation zulieszligen (Lindsey und Newhouse 1990) Dies muss wohl auch fuumlr die zwischenzeitlich erschienenen Studien konstatiert werden Es bleibt zu hoffen dass das vom Gesetzgeber eingefuumlhrte Zweitmeinungsverfahren in Deutschland die gewuumlnschten Effekte zeigen wird

Aber nicht nur der Nutzen von Zweitmei-nungen sondern auch der Bedarf und eine eventuell bereits stattfindende Nut-zung der von einzelnen Krankenkassen oder anderen Initiativen eingefuumlhrten Zweitmeinungsprogramme kann noch nicht sicher beziffert werden Die bishe-rigen Erkenntnisse zum Bedarf und zur Nutzung aumlrztlicher Zweitmeinungen in

3 Ein Newsletter der Bertelsmann Stiftung und der BARMER GEK

solche ohne diese Erfahrung Weitere Einflussfaktoren waren das Patientenalter (vor allem die unter 25-Jaumlhrigen erwogen eher als Aumlltere eine Zweitmeinung) das Vorliegen einer privaten Krankenver-sicherung sowie haumlufigere Arztkontakte und bereits mindestens einmal durch-gefuumlhrte Hausarztwechsel

Wenn grundsaumltzlich danach gefragt wird bei welchen Erkrankungen es fuumlr den Befragungsteilnehmer wichtig waumlre eine Zweitmeinung einholen zu koumlnnen ergibt sich eine starke theoretische Nachfrage Bei einer Auswahl von vier konkreten Krankheitskomplexen und einer Rubrik bdquosonstige Erkrankungenldquo fanden es 83 Prozent der Befragten wichtig bei Krebserkrankungen die Moumlglichkeit einer Zweitmeinung zu haben bei Erkrankun-gen am Herz oder an den Gefaumlszligen sind es 71 Prozent bei Hirnleistungsstoumlrun-gen 66 Prozent und bei Erkrankungen an Knochen Gelenken oder Muskeln 65 Prozent Bei bdquosonstigen Erkrankungenldquo erachteten es immer noch 29 Prozent als wichtig eine Zweitmeinung einholen zu koumlnnen

Ein aumlhnliches Bild ergibt sich wenn aus einer Liste von Untersuchungen und Behandlungen diejenigen angekreuzt werden sollen fuumlr die die Befragten eine Zweitmeinung wichtig faumlnden Mehr als die Haumllfte empfindet eine solche Moumlg-lichkeit als wichtig bei medikamentoumlsen Behandlungen wegen Krebs (70 ) bei einer Chemotherapie (67 ) einer Strah-lentherapie (61 ) bei Operationen an KnochenGelenken (56 ) und Operatio-nen an inneren Organen (56 ) (Abbil-dung 1)

Konkret danach gefragt bei welchen Aumlrz-ten die Moumlglichkeit einer Zweitmeinung wichtig waumlre nannten 54 Prozent der Befragten Untersuchungen oder Behand-lungen bei Orthopaumlden 45 Prozent Fach-aumlrzte aus anderen Fachgebieten und 38 Prozent Aumlrzte im Krankenhaus Fuumlr weni-

sionsanalysen untersucht (Gewichtung fuumlr Alter Geschlecht Region Bildung und Einkommen ndash so kann eine Reprauml-sentativitaumlt der Stichprobe fuumlr die Bevoumll-kerung zwischen 18 und 79 Jahren erzielt werden)

Als moumlgliche Einflussfaktoren auf die Beantwortung der Fragen wurden fol-gende Variablen beruumlcksichtigt Wohnre-gion Ortsgroumlszlige Geschlecht Patientenal-ter Sozialschicht Art der Krankenversi-cherung Familienstand Berufserfahrung im Gesundheitswesen Unterstuumltzung durch Angehoumlrige Gesundheitszustand Arztkontakthaumlufigkeit Hausarzt-Erfah-rung und Erfahrungen mit Arztdiagnosen

Ergebnisse

Bedarf oder Wunsch nach Zweitmeinungen

Je nach konkreter Fragestellung aumluszliger-ten sich die Befragten zu ihrem Bedarf an einer Zweitmeinung unterschiedlich bdquoHatten Sie schon einmal (oder oumlfter) die Idee dass Sie eine Zweitmeinung zu irgendeiner bei Ihnen anstehenden Untersuchung oder Behandlung einholen koumlnntenldquo beantworteten 33 Prozent der Versicherten mit bdquoja einmalldquo (21 ) oder bdquoja zweimal oder oumlfterldquo (12 ) In den multivariaten Analysen erwiesen sich verschiedene Einflussgroumlszligen als bedeut-sam fuumlr die Idee eine Zweitmeinung einzuholen

Als wichtigster Faktor zeigte sich der Gesundheitszustand der Befragten Im Vergleich zu Versicherten die ihren Gesundheitszustand als ausgezeichnet einschaumltzten hatten diejenigen mit schlechtem Gesundheitszustand 13-mal oumlfter die Idee eine Zweitmeinung einzu-holen Versicherte die angaben schon einmal mit der Diagnose oder der vor-geschlagenen Behandlung eines Arztes nicht einverstanden gewesen zu sein bejahten die Frage siebenmal oumlfter als

Wollen Patienten eine Zweit-meinung ndash und bei welchen ErkrankungenVor diesem Hintergrund bleibt zunaumlchst unklar wie viele Buumlrger es fuumlr wichtig erachten eine Zweitmeinung einholen zu koumlnnen und fuumlr welche Erkrankungen Untersuchungen und Behandlungen dies gewuumlnscht wird Beschraumlnkt es sich auf die von der Gesundheitspolitik nun vorge-sehenen planbaren Eingriffe sogenannter mengenanfaumllliger Leistungen oder wuumln-schen sich Buumlrger eine Zweitmeinung in ganz anderen Bereichen

Zudem bleibt offen wie viele Buumlrger aktuell zweite aumlrztliche Meinungen einholen bei welchen diagnostischen oder therapeutischen Prozeduren dies geschieht und ob es hierbei Unterschiede zwischen soziooumlkonomischen Statusgrup-pen gibt Weiterhin unbekannt ist ob die Versicherten uumlber das Angebot der Kran-kenkassen Bescheid wissen und welche Erfahrungen damit vorliegen

Daruumlber hinaus wurde bisher auch noch nicht die Zahlungsbereitschaft fuumlr eine zweite Meinung erfragt Denn wenn es infolge des Versorgungsstaumlrkungsgeset-zes zu einer definitiven Benennung der Eingriffe kommt fuumlr die die Einholung einer Zweitmeinung von der GKV verguuml-tet wird ist absehbar dass die Kostener-stattung von Zweitmeinungen zu anderen Eingriffen schwierig werden kann Hierzu sollte dringend die Meinung der Bevoumllke-rung erfragt werden um vorsorglich auf eventuelle Probleme der Gesetzgebung hinweisen zu koumlnnen

Methode

Die Antworten von 1598 schriftlich Befragten wurden zunaumlchst deskriptiv ausgewertet Zusammenhaumlnge zwischen den einzelnen Antworten und jeweils moumlglichen Einflussfaktoren wurden biva-riat und multivariat mithilfe von Regres-

4

ger bedeutsam hielten dies die Befragten bei Augenaumlrzten (30 ) Zahnaumlrzten (29 ) und Hausaumlrzten (20 )

Beim Versorgungssektor der fuumlr eine Zweitmeinung favorisiert wird ergab sich eine leichte Praumlferenz fuumlr den niederge-lassenen Bereich 55 Prozent bevorzugten einen anderen niedergelassenen Arzt 45 Prozent dagegen einen anderen Arzt einer Krankenhausambulanz oder Poli-klinik Seltener genannt wurden Aumlrzte von Patientenverbaumlnden (29 ) Aumlrzte der Krankenkassen (25 ) oder des Gesund-heitsamts (19 )

per Telefon Internet oder E-Mail konnten sich hingegen eher juumlngere und maumlnn-liche Patienten vorstellen

Inanspruchnahme und Erfahrungen mit Zweitmeinungen

Obwohl sehr viele Befragte den Wunsch aumluszligern insbesondere bei bedrohlichen Erkrankungen beziehungsweise Unter-suchungen oder Behandlungen eine Zweitmeinung einzuholen hat nur ein Viertel dies mindestens einmal tatsaumlch-lich umgesetzt 24 Prozent der Befragten ndash immerhin 72 Prozent derjenigen die schon einmal die Idee einer Zweitmei-nung hatten ndash haben bereits einmal (16 ) oder oumlfter (8 ) eine Zweitmeinung bei einer anstehenden Untersuchung oder Behandlung in Anspruch genommen

Von den Faktoren die sich bei den multivariaten Analysen als statistisch bedeutsamer Einfluss herausstellten sind zunaumlchst die Zahl der Arztkontakte in den letzten zwoumllf Monaten zu nennen ndash wobei mehr Arztkontakte mit einer houmlheren Chance einhergehen eine Zweitmeinung eingeholt zu haben Weiterhin hatten Befragte die schon einmal unzufrieden mit einer Diagnose oder Behandlung waren bereits oumlfter eine Zweitmeinung in Anspruch genommen Allerdings betraf das nicht diejenigen Befragten die mit ihrem Hausarzt und der Praxis unzufrie-den waren ndash stattdessen stieg die Chance eine Zweitmeinung eingeholt zu haben sogar mit der Zufriedenheit mit dem Hausarzt und der Praxis Zudem war im Suumlden oder Nordwesten Deutschlands die Wahrscheinlichkeit houmlher als im Osten dass eine Zweitmeinung genutzt wurde

Die Erfahrungen der Befragten mit einer bereits eingeholten Zweitmeinung wurden weiter spezifiziert Zunaumlchst interessierte von wem die erste Empfehlung oder Indikation zu einer notwendigen Unter-suchung oder Behandlung stammte und bei wem anschlieszligend die Zweitmeinung

Auszliger Frage steht dabei dass Versicherte fuumlr eine Zweitmeinung den persoumlnlichen Kontakt mit einem Arzt bevorzugen (90 ) waumlhrend der Besuch einer Beratungs-stelle (26 ) oder eine aumlrztliche Beratung uumlber Telefon Internet oder E-Mail (10 ) nur selten favorisiert wird

Die multivariaten Analysen zur Frage bei wem eine Zweitmeinung am ehesten eingeholt wuumlrde ergaben als wesentliche Einflussgroumlszligen die Region das Patien-tenalter und das Patientengeschlecht So wurde der Besuch einer Beratungsstelle eher von Patienten in den neuen Bundes-laumlndern praumlferiert Die aumlrztliche Beratung

Untersuchungen und Behandlungen bei denen die Moumlglichkeit einer Zweitmeinung fuumlr wichtig erachtet wird (Angaben in Prozent)

0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100

Abbildung 1

Quelle Gesundheitsmonitor 2016 n = 1598

nein weiszlig nicht keine Angabeja

medikamentoumlse Behandlung (gegen Krebs)

Chemotherapie

Strahlentherapie

Operation an KnochenGelenken

Operation an inneren Organen

Herzkatheter

medikamentoumlse Behandlung (nicht wegen Krebs)

sonstige Operationen

Zahnersatz

Gelenkspiegelung (Arthroskopie)

zahnaumlrztliche Operationen

SpiegelungEndoskopie innerer Organe

sonstige UntersuchungBehandlung

5 Ein Newsletter der Bertelsmann Stiftung und der BARMER GEK

eingeholt wurde Tabelle 1 verdeutlicht dass die erste Indikationsstellung die dann in einer Zweitmeinung resultierte am haumlufigsten vom Hausarzt stammte (38 ) Nur ein Drittel dieser Indikati-onsstellungen wurde bei einem anderen Hausarzt uumlberpruumlft (13 ) Zumeist scheinen niedergelassene spezialisierte Fachaumlrzte und zu einem geringeren Teil Krankenhausaumlrzte fuumlr eine Zweitmeinung aufgesucht worden zu sein Wenn Ortho-paumlden Zahnaumlrzte Augenaumlrzte oder Onko-logen die erste Indikation gestellt hatten scheint die zweite Meinung bei einem anderen Arzt der gleichen Fachdisziplin eingeholt worden zu sein

Die Befragten die tatsaumlchlich eine Zweit-meinung in Anspruch genommen hatten taten dies noch ausgepraumlgter (als bei der theoretischen Frage) durch einen per-soumlnlichen Kontakt zum Arzt (97 ) und nur selten in einer Beratungsstelle (1 ) oder via Telefon Internet oder E-Mail mit einem Arzt (3 )

Bei den Gruumlnden fuumlr das Einholen einer Zweitmeinung lassen sich drei Gruppen unterscheiden (Abbildung 2) zum einen Befragte die schlechte Erfahrungen mit fruumlheren Untersuchungen oder Behand-lungen gemacht haben (zusammen rund 43 ) beziehungsweise kein Vertrauen zum Arzt haben (19 ) zum anderen Befragte die allgemein unsicher sind hin-sichtlich der Entscheidung fuumlr oder gegen eine Behandlung (53 ) und dann noch Befragte die aufgrund von Empfehlungen eine Zweitmeinung suchen (15 )

Moumlgliche Einflussfaktoren sind das Patientenalter das Patientengeschlecht und die Art der Krankenversicherung So geht ein houmlheres Patientenalter mit einer groumlszligeren Chance einher eine Zweitmeinung aufgrund von allgemeiner Unsicherheit oder fehlendem Vertrauen zum Arzt einzu holen Weiterhin haben eher weibliche Patienten sowie Patienten mit einer gesetzlichen Krankenversiche-

Fachdisziplinen von denen die Erst- und Zweitmeinung stammte (Befragte mit Zweitmeinungserfahrung)

Hausarzt

Facharztdisziplin

Orthopaumlde

Zahnarzt

Krankenhausarzt

Augenarzt

Onkologe

38

31

26

16

9

6

2

anderer Hausarzt

andere Facharztdisziplin

anderer Orthopaumlde

anderer Zahnarzt

anderer Krankenhausarzt

anderer Augenarzt

anderer Onkologe

13

40

26

14

14

5

3

Anteil in ProzentErstmeinung Anteil in ProzentZweitmeinung

Tabelle 1

Quelle Gesundheitsmonitor 2016 n = 382 Mehrfachnennungen moumlglich

Gruumlnde fuumlr das Einholen einer Zweitmeinung (Befragte mit Zweitmeinungserfahrung Angaben in Prozent)

0 10 20 30 40 50 60

Abbildung 2

Quelle Gesundheitsmonitor 2016 n = 379 Mehrfachnennungen moumlglich

einfach unsicher hinsichtlich der Entscheidung

fruumlhere UntersuchungenBehandlungen

hatten keinerlei Nutzen

kein Vertrauen zum Arzt

Angehoumlrigegute Freunde hatten dies empfohlen

fruumlhere UntersuchungenBehandlungen hatten

gesundheitlich negative Folgen

war im Fernsehen in Zeitschriften empfohlen

sonstiger Grund

6

rung eine Zweitmeinung aufgrund von Unsicher heiten oder fehlendem Vertrauen ein geholt In den Gruppen die eine Zweit-meinung wegen schlechter Erfahrungen oder aufgrund von Empfehlungen ein-geholt hatten konnten hingegen keine statistisch bedeutsamen Unterschiede gefunden werden

Betrachtet man das Spektrum der Untersuchungen und Behandlungen bei denen eine Zweitmeinung eingeholt

Waumlhrend beim Wunsch nach einer Zweit-meinung die Krebserkrankungen fuumlhrend waren (Abbildung 1) gaben nur wenige Befragte mit Zweitmeinungserfahrung an diese bei einer medikamentoumlsen Behand-lung wegen Krebs einer Chemotherapie oder Strahlentherapie gemacht zu haben Die groumlszligte Gruppe derjenigen die eine zweite Meinung wahrgenommen hatten nutzte diese fuumlr andere als die bei der Befragung spezifisch aufgefuumlhrten Unter-suchungen und Behandlungen sodass die Rubrik bdquosonstige Untersuchung oder Behandlung ldquo angekreuzt wurde (rund 48 )

Die Zweitmeinungen haben beim Groszligteil (72 ) der Befragten mit einer solchen Erfahrung zu einer Veraumlnderung der Entscheidung in Bezug auf eine laut Erst-meinung indizierte Untersuchung oder Behandlung gefuumlhrt 45 Prozent der Befrag-ten bejahten eine Entscheidungsaumlnderung 26 Prozent gaben dies bdquozum Teilldquo an und nur 27 Prozent verneinten ihre Entschei-dung veraumlndert zu haben (Abbildung 4)

Bei den multivariaten Analysen stellte sich unter anderem das Patientenalter als ein moumlglicher Einflussfaktor heraus So ging ein juumlngeres Patientenalter mit einer houmlhe-ren Chance einher dass eine Zweitmeinung auch zu einer Entscheidungsaumlnderung fuumlhrte Zudem war die Zufriedenheit mit der bisherigen Untersuchung oder Behand-lung ebenfalls ein statistisch bedeutsamer Einfluss Die Zweitmeinung fuumlhrte eher zu einer Entscheidungsaumlnderung wenn Patienten mit der bisherigen Diagnose oder Behandlung unzufrieden waren

Dementsprechend hielten fast alle Befragten das Einholen der Zweitmei-nung fuumlr sinnvoll 74 Prozent konstatier-ten bdquoja auf jeden Fallldquo sinnvoll weitere 15 Prozent bdquoeher jaldquo und sieben Prozent bdquoteils teilsldquo Nur vier Prozent antworte-ten bdquoeher neinldquo und ein Prozent bdquonein auf keinen Fallldquo

wurde dann unterscheidet sich die tat-saumlchliche Inanspruchnahme wiederum vom theoretischen Wunsch wie ein Ver-gleich von Abbildung 3 mit Abbildung 1 deutlich macht Von den Befragten mit einer Zweitmeinungserfahrung gaben 16 Prozent an diese zweite Meinung bei Operationen an Knochen oder Gelenken eingeholt zu haben Am zweithaumlufigsten wurden medikamentoumlse Behandlungen genannt die nicht wegen einer Krebs-erkrankung angezeigt waren (11 )

Untersuchungen und Behandlungen zu denen eine Zweitmeinung eingeholt wurde (Befragte mit Zweitmeinungserfahrung Angaben in Prozent)

0 10 20 30 40 50 60

Abbildung 3

Quelle Gesundheitsmonitor 2016 n = 379 Mehrfachnennungen moumlglich

Operation an KnochenGelenken

medikamentoumlse Behandlung (nicht wegen Krebs)

zahnaumlrztliche Operationen

Zahnersatz

sonstige Operationen

SpiegelungEndoskopie innerer Organe

Operation an inneren Organen

Gelenkspiegelung (Arthroskopie)

medikamentoumlse Behandlung (wegen Krebs)

Chemotherapie

Herzkatheter

sonstige UntersuchungBehandlung

7 Ein Newsletter der Bertelsmann Stiftung und der BARMER GEK

Erfahrungen mit dem Beratungsangebot der Krankenkassen

Die meisten Krankenkassen bieten ihren Versicherten inzwischen einen telefoni-schen Beratungsservice an der bei Bedarf auch eine aumlrztliche Beratung umfasst die wiederum zum Teil explizit auch Zweit-meinungen anbietet Einige Krankenkassen benennen Erkrankungen fuumlr die sie einen fachlich versierten Zweitmeinungsservice vorhalten Der Bekanntheitsgrad dieses Angebots und die Erfahrungen mit einer telefonischen Beratung durch die Kranken-kassen war ebenfalls Thema der Befragung

Von dem Angebot einer telefonischen Bera-tung durch Aumlrzte der eigenen Kranken-kasse wussten 27 Prozent der Befragten Manche waren sich sicher dass ihre Krankenkasse ein solches Angebot nicht vorhaumllt (4 ) Die meisten Befragten (68 ) gaben an dies nicht zu wissen Von denen die das Angebot ihrer Krankenkasse kann-ten hatten 20 Prozent dieses schon einmal genutzt ndash das entspricht knapp sechs Pro-zent aller Befragungsteilnehmer

Die Befragten die eine telefonische aumlrzt-liche Beratung ihrer Krankenkasse in Anspruch genommen hatten waren fast durchweg damit zufrieden Knapp 69 Prozent waren entweder sehr (32 ) oder eher (36 ) zufrieden weitere 19 Prozent vermerkten bdquoteils teilsldquo Nur zwoumllf Pro-zent waren eher (9 ) oder sehr unzufrie-den (3 )

Die telefonische aumlrztliche Beratung der Krankenkasse fuumlhrte seltener zu einer Entscheidungsaumlnderung als die meist im persoumlnlichen Gespraumlch wahrgenommene Zweitmeinung (Abbildung 4) Stattdessen wurde eher das Vertrauen in die Erst-meinung gestaumlrkt So gaben 34 Prozent der Befragten einer Krankenkassenbe-ratung an dass das Vertrauen in die urspruumlngliche Arztempfehlung sehr viel (9 ) oder etwas groumlszliger (25 ) als vor der Beratung war Fuumlr 52 Prozent war das

Entscheidungsveraumlnderung aufgrund der Zweitmeinung (Befragte mit Zweitmeinungserfahrung Angaben in Prozent)

0 10 20 30 40 50

Abbildung 4

Quelle Gesundheitsmonitor 2016 n = 379

ja

nein

teilsteils

weiszlig nicht mehr

keine Angabe

Reaktionen auf eine telefonische aumlrztliche Beratung der Krankenkasse (Befragte mit telefonischer Beratungserfahrung Angaben in Prozent)

0 10 20 30 40 50

Abbildung 5

Quelle Gesundheitsmonitor 2016 n = 89 Mehrfachnennungen moumlglich

fuumlr die zuerst vom Arzt empfohlene Behandlung

entschieden

noch eine Zweitmeinung bei einem anderen

niedergelassenen Arzt eingeholt

im Internet noch einmal ausfuumlhrlich uumlber die

UntersuchungBehandlung informiert

nichts unternommen und die Entscheidung

fuumlr laumlngere Zeit aufgeschoben

fuumlr eine ganz andere Untersuchungs-

Behandlungsmethode entschieden

8

Vertrauen in die Erstmeinung unveraumln-dert und nur fuumlr 14 Prozent war es etwas (5 ) oder sehr viel geringer (8 ) als vorher

Auf die aumlrztliche Beratung ihrer Kranken-kasse reagierten die Befragten unter-schiedlich Die meisten (45 ) entschie-den sich fuumlr die zuerst vom Arzt empfoh-lene Behandlung 24 Prozent holten noch eine Zweitmeinung bei einem anderen niedergelassenen Arzt ein 21 Prozent informierten sich weiter im Internet und 20 Prozent unternahmen nichts und schoben die Entscheidung auf Nur acht Prozent entschieden sich fuumlr eine ganz andere Untersuchungs- oder Behand-lungsmethode (Abbildung 5)

Zahlungsbereitschaft

Bei der Zahlungsbereitschaft teilen die Befragten sich in zwei fast gleich groszlige Gruppen bdquoWaumlren Sie unter bestimmten Bedingungen bereit einen Teil der Kosten fuumlr eine aumlrztliche Zweitmeinung selbst

Bei der Houmlhe der Zahlungsbereit-schaft zeigten sich ebenfalls statistisch bedeutsame Unterschiede zwischen den Sozialschichten ndash die jedoch anders als erwartet ausfielen Waumlhrend die Befragten im Median zu einer Kosten-uumlbernahme von 80 Euro bereit waumlren lag der Mittelwert bei 154 Euro wobei An gehoumlrige der Unterschicht im Mittel 388 Euro die der Mittelschicht 117 Euro und die der Oberschicht 124 Euro zu zahlen bereit waumlren

Diskussion und gesundheits-politische Implikationen fuumlr das Verfahren der Zweitmeinung

Mehr als zwei Drittel der Bevoumllkerung halten es fuumlr wichtig dass das Gesund-heitssystem die Moumlglichkeit bietet eine Zweitmeinung einholen zu koumlnnen Fuumlr besonders relevant halten die Buumlrger eine solche Moumlglichkeit gerade bei Krebserkrankungen bei Operationen an Knochen und Gelenken sowie inneren Organen und bei Herzkatheteruntersu-chungen Etwa ein Viertel der Bevoumllke-rung hat bereits konkrete Erfahrungen mit Zweitmeinungen gemacht Diese wurden groumlszligtenteils vor operativen Eingriffen aufgrund einer Entscheidungs-unsicherheit oder schlechter Erfahrun-gen mit fruumlheren Untersuchungen oder Behandlungen eingeholt

Bei knapp drei Viertel derjenigen die Erfahrungen mit Zweitmeinungen haben hat die zweite Meinung zu einer Ent-scheidungsaumlnderung gefuumlhrt Daher ist es auch nicht verwunderlich dass Zweit-meinungen fast durchweg als sinnvoll eingeschaumltzt werden Die Haumllfte der Bevoumllkerung kann sich vorstellen unter bestimmten Umstaumlnden zumindest einen Teil der Kosten selbst zu tragen wobei diese Zahlungsbereitschaft in direktem Zusammenhang mit der individuellen Finanzkraft steht

zu bezahlenldquo beantworteten 54 Prozent mit bdquojaldquo (7 ) oder mit bdquovielleicht kommt drauf anldquo (47 ) waumlhrend 45 Prozent klar bdquonein auf keinen Fallldquo antworte-ten Erwartungsgemaumlszlig waren in den bivariaten Analysen Privatversicherte und Oberschichtangehoumlrige am ehesten bereit einen Teil der Kosten zu zahlen Zudem waren Mittelschichtangehoumlrige im Vergleich zu Unterschichtangehoumlri-gen ebenfalls statistisch bedeutsam eher bereit zur Kostenuumlbernahme

Unter welchen Bedingungen koumlnnen sich die Befragten die Uumlbernahme eines Teils der Kosten vorstellen Auch hier zeigten sich gleichartige bedeutsame Unter-schiede abhaumlngig von der Zugehoumlrigkeit zur Sozialschicht sowie vom Versiche-rungsstatus Eine besonders hohe Zah-lungsbereitschaft bewiesen die Befragten wenn es sich um lebensbedrohliche Erkrankungen solche mit Behandlungs-risiken oder lange andauernden Sympto-men handelte (Abbildung 6)

Zahlungsbereitschaft fuumlr Zweitmeinungen in Abhaumlngigkeit von der Art der Erkrankung Behandlung (Befragte mit grundsaumltzlicher Zahlungsbereitschaft Angaben in Prozent)

0 10 20 30 40 50 60 70

Abbildung 6

Quelle Gesundheitsmonitor 2016 n = 89 Mehrfachnennungen moumlglich

bei einer lebensbedrohlichen Erkrankung

bei einer geplanten Behandlungsmethode

die auch Gesundheitsrisiken mit sich bringt

bei einer Erkrankung wenn die Symptome

laumlngere Zeit nicht abnehmen

bei einer geplanten Behandlungsmethode

deren Nutzen nicht bewiesen ist

eigentlich immer

9 Ein Newsletter der Bertelsmann Stiftung und der BARMER GEK

Die Befragung des Gesundheits monitors bestaumltigt damit zum einen die oben erwaumlhnten Ergebnisse der KBV-Versicher-tenbefragung und zum anderen die eigenen Ergebnisse bei der Befragung von Krankenhauspatienten ndash hier lag der Anteil der Patienten mit einer Zweit-meinungserfahrung bei rund 25 Prozent Dagegen erscheinen die Befragungser-gebnisse der Asklepios-Gruppe mit einer angeblichen Zweitmeinungserfahrung von 50 Prozent der Bevoumllkerung tatsaumlchlich als zu hoch

Ein wichtiges Ergebnis fuumlr die gesund-heitspolitische Diskussion zur Ausgestal-tung des gesetzlichen Zweitmeinungs-verfahrens liegt darin dass sich rund drei Viertel der Bevoumllkerung wuumlnschen eine Zweitmeinung einholen zu koumlnnen Dabei bezieht sich dieser Wunsch nicht nur auf die vom Gesetzgeber ins Auge gefassten elektiven mengenrelevanten operativen Eingriffe sondern die Versicherten halten eine zweite Meinung gerade bei schweren Erkrankungen vor allem auch Krebser-krankungen fuumlr wichtig

Ebenfalls als Hinweis fuumlr die weitere Ausgestaltung der Verfahren zu wer-ten sind die Ergebnisse zur Praumlferenz fuumlr Zweitmeinungen durch Fachaumlrzte im niedergelassenen Bereich Und die Befragten moumlchten sich im persoumlnlichen Gespraumlch beraten lassen nicht per Telefon oder Internet

Die von den Krankenversicherungen bereits angebotenen oft telefonbasierten Angebote sind den meisten Versicherten bisher unbekannt Diese Beratungen fuumlhren wesentlich seltener zu einer Aumlnde-rung der Entscheidung als eine zweite Meinung von Aumlrzten im persoumlnlichen Kontakt Ob dies Vorteil oder Nachteil ist laumlsst sich anhand der Befragungsergeb-nisse nicht schlussfolgern Auf jeden Fall scheint die telefonische Beratung durch Aumlrzte der Krankenkassen ndash im Vergleich zur persoumlnlichen Beratung durch nieder-

gelassene Aumlrzte ndash die Ratsuchenden oumlfter mit Unsicherheiten uumlber ihre Entschei-dung zuruumlckzulassen

Mindestens die Haumllfte der Bevoumllkerung ist grundsaumltzlich bereit fuumlr eine aumlrztliche Zweitmeinung zu zahlen Es gibt jedoch klar Unterschiede nach Sozialschichten Bei einer Ausgestaltung des Zweit-meinungssystems als kostenpflichtiges Zusatzangebot der Krankenversiche-rungen waumlre mit einer Verstaumlrkung der sozialen Disparitaumlten von Gesundheit und Krankheit in Deutschland zu rech-nen Der ungewoumlhnliche Befund dass Angehoumlrige der unteren Schicht die zah-lungsbereit waumlren einen houmlheren Betrag ausgeben wuumlrden als Angehoumlrige houmlherer Schichten laumlsst sich am ehesten dadurch erklaumlren dass die Kosten beziehungs-weise die Verguumltung aumlrztlicher Beratung moumlglicherweise uumlberschaumltzt werden

Insgesamt gibt es eine groszlige Nachfrage nach Zweitmeinungen vor allem bei Unsicherheiten hinsichtlich der Behand-lung schwerer Erkrankungen Zweit-meinungen werden zum Teil schon jetzt eingeholt und als entscheidungsrelevant und sinnvoll erachtet Damit dies auch zukuumlnftig so bleibt sollte ein patien-tenorientiertes gerechtes Angebot allen sozialen Schichten zur Verfuumlgung gestellt werden das nicht auf mengenrelevante Eingriffe beschraumlnkt ist im persoumlnlichen Kontakt zu Aumlrzten stattfindet und keine Zuzahlung erfordert

Literatur

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10

Autorin und Autor

Prof Dr med Max Geraedts M San ist Universitaumltsprofessor fuumlr Gesund-heitssystemforschung an der Fakultaumlt fuumlr Gesundheit der Universitaumlt WittenHerdecke Nach dem Studium der Humanmedizin in Marburg und einer aumlrztlichen Taumltigkeit in der dortigen Universitaumltsklinik studierte er Gesund-heitswissenschaften und Sozialmedi-zinPublic Health an der Universitaumlt Duumlsseldorf Er war wissenschaftlicher Mitarbeiter an den Universitaumlten Duumlsseldorf und Tuumlbingen sowie Postdoc-toral Fellow am Institute for Health Policy Studies der Universitaumlt in San Francisco Nach der Habilitation im Fach Gesund-heitssystemforschung in Tuumlbingen war er Professor fuumlr Public Health in Duumlsseldorf bevor er 2009 den Lehrstuhl fuumlr Gesund-heitssystemforschung in Witten uumlber-nahm Seine Forschungsschwerpunkte liegen in der Evaluation gesundheits-politischer Maszlignahmen im Allgemeinen und der Messung und Evaluation der Qualitaumlt der gesundheitlichen Versorgung im Speziellen

Rike Kraska Diplom-Biomathematikerin ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut fuumlr Gesundheitssystemforschung an der Fakultaumlt fuumlr Gesundheit der Uni-versitaumlt WittenHerdecke Von 2007 bis 2012 studierte sie Biomathematik mit den Schwerpunkten StatistikStochastik und Molekularbiologie an der Ernst-Moritz-Arndt-Universitaumlt Greifswald Zu ihren Arbeits- und Forschungsschwerpunkten gehoumlren die Planung und Auswertung von Sekundaumlrdatenanalysen und die Evaluation der Qualitaumlt der gesundheit-lichen Versorgung

11 Ein Newsletter der Bertelsmann Stiftung und der BARMER GEK

Das Angebot an Gesundheits-Apps waumlchst stetig Im Web buhlen unzaumlhlige Gesund-heits-Websites um die Aufmerksamkeit der Nutzer Doch was verbirgt sich hinter dem Angebot welche Relevanz hat es fuumlr die Gesundheitsversorgung Die Bertels-mann Stiftung hat den Markt der digita-len Gesundheits-Anwendungen fuumlr Buumlrger systematisch analysiert und Thesen zum Status quo des Angebots abgeleitet

Der Diskurs um Chancen Risiken und Folgen digitaler Anwendungen im Gesundheitsbereich erfordert eine struk-turierende Basis In der Grundlagenstudie bdquoDigital-Health-Anwendungen fuumlr Buumlrgerldquo haben die Studienautoren im Auftrag der Bertelsmann Stiftung ein umfassendes Klassifikationsverfahren fuumlr Digital-Health-Anwendungen entwickelt und den bislang unuumlbersichtlichen Markt der Anwendungen in sieben uumlbersichtliche Typen eingeteilt Im SPOTLIGHT GESUND-HEIT sind die zentralen Aus sagen der Studie zusammengefasst Die Kernthese lautet Digital-Health-Anwendungen sind ein bedeutender Hebel fuumlr Patient Empower ment Jedoch werden die Poten-ziale noch kaum genutzt Die Akteure des klassischen Gesundheitssystems muumlssen die Chancen von digitalen Technologien aktiv auf greifen und Verfahren fuumlr die Etablierung von Innovationen entwickeln die der Dynamik des digitalen Marktes Rechnung tragen

Das SPOTLIGHT GESUNDHEIT zu Gesundheits-Apps ist im Kontext des neuen Projekts bdquoDer digitale Patientldquo entstanden In dem Projekt setzt sich die Bertelsmann Stiftung mit dem Einfluss der Digitalisierung auf die Gesundheits-versorgung auseinander

Weblink wwwder-digitale-patientde Autoren T Thranberend K Knoumlppler T NeiseckeGesundheits-Apps Bedeutender Hebel fuumlr Patient Empowerment ndash Potenziale jedoch bislang kaum genutzt SPOTLIGHT GESUND-HEIT Nr 2 2016 Bertelsmann Stiftung (Hrsg)Preis kostenlos ISSN (Online) 2364-5970

LiteraturTippGesundheits-Apps ndash Bedeutender Hebel fuumlr Patient Empowerment

Autoren TG Grobe S Steinmann J Szecsenyi BARMER GEK Arztreport 2016 Schriftenreihe zur Gesundheitsanalyse Band 37 Preis 1490 euromiddot ISBN 978-3-946-19902-1 Mail versorgungsforschungbarmer-gekde

BuchTipp BARMER GEK Arztreport 2016

Bereits zum zehnten Mal gibt der BARMER GEK Arztreport 2016 einen umfassenden Uumlberblick zur ambulanten aumlrztlichen Versorgung in Deutschland Berichtet werden vorrangig Ergebnisse aus dem Jahr 2014 sowie Trends die auf Auswertungen von anonymisierten Daten der BARMER GEK zu mehr als 8 Millionen Versicherten ab 2005 beruhen Der diesjaumlhrige Schwerpunkt des Repor-tes befasst sich mit dem Thema raquoAlter und Schmerzlaquo Diagnosen mit direktem Schmerzbezug wurden 2014 bei 46 Pro-zent der Bevoumllkerung dokumentiert Der von akuten Schmerzen betroffene Bevoumll-kerungsanteil duumlrfte damit noch unter-schaumltzt werden Die Auswertungen fokus-sieren vorrangig auf chronische Schmer-zen die eine eigenstaumlndige Erkrankung darstellen Entsprechende Diagnosen wurden 2014 in Deutschland bei rund 325 Millionen Menschen dokumentiert Schmerzpatienten sind haumlufig von einer Vielzahl an Erkrankungen betroffen das-Arzneiverordnungsvolumen uumlbersteigt altersentsprechend erwartete Werte um

mehr als 70 Prozent Insbesondere bei aumllteren Schmerzpatienten ist mit Arz-neimittelwechselwirkungen zu rechnen Eine interdisziplinaumlre und gut vernetzte Versorgung erscheint vor diesem Hinter-grund fuumlr Schmerzpatienten besonders wuumlnschenswert

Routinemaumlszligig werden im Report aktua-lisierte Auswertungen zur Inanspruch-nahme der ambulanten Versorgung zu Kosten sowie zu Erkrankungen praumlsentiert Ein gesonderter Abschnitt des diesjaumlhrigen Reportes befasst sich ergaumlnzend mit Aufmerksamkeitsdefizit- Hyperaktivitaumltsstoumlrungen (ADHS) und Methylphenidat-Verordnungen womit ein Update zu Schwerpunktauswertungen aus dem Arztreport 2013 bereitgestellt wird

Der BARMER GEK Arztreport wird in Zusammenarbeit mit dem AQUA - Institut fuumlr angewandte Qualitaumltsfoumlrderung und Forschung im Gesundheitswesen Goumlttin-gen herausgeben

Bertelsmann StiftungProgramm Versorgung verbessern ndash Patienten informieren Carl-Bertelsmann-Str 25633311 Guumltersloh wwwbertelsmann-stiftungdewwwgesundheitsmonitorde

Barmer GEK Lichtscheider Str 89ndash9542285 Wuppertalwwwbarmer-gekde

RedaktionDr Jan BoumlckenDr Ruumldiger MeierjuumlrgenDr Thomas Brechtel

IllustrationChristoph J Kellnerwwwanimanovade

AutorenProf Dr med Max GeraedtsRike Kraska Diplom-Biomathe matikerin ( Universitaumlt WittenHerdecke)

KontaktKatharina Einhaus Tel (05241) 81-8 13 81 Fax (05241) 81-68 13 81 katharinaeinhaus bertelsmann-stiftungde

Page 3: Zweitmeinungen - Bertelsmann Stiftung · Newsletter 01|2016 R R R. 2 genutzt hätten, bejahten allerdings 26 Prozent der Befragten. Diese Ergebnisse stehen in starkem Kontrast zu

3 Ein Newsletter der Bertelsmann Stiftung und der BARMER GEK

solche ohne diese Erfahrung Weitere Einflussfaktoren waren das Patientenalter (vor allem die unter 25-Jaumlhrigen erwogen eher als Aumlltere eine Zweitmeinung) das Vorliegen einer privaten Krankenver-sicherung sowie haumlufigere Arztkontakte und bereits mindestens einmal durch-gefuumlhrte Hausarztwechsel

Wenn grundsaumltzlich danach gefragt wird bei welchen Erkrankungen es fuumlr den Befragungsteilnehmer wichtig waumlre eine Zweitmeinung einholen zu koumlnnen ergibt sich eine starke theoretische Nachfrage Bei einer Auswahl von vier konkreten Krankheitskomplexen und einer Rubrik bdquosonstige Erkrankungenldquo fanden es 83 Prozent der Befragten wichtig bei Krebserkrankungen die Moumlglichkeit einer Zweitmeinung zu haben bei Erkrankun-gen am Herz oder an den Gefaumlszligen sind es 71 Prozent bei Hirnleistungsstoumlrun-gen 66 Prozent und bei Erkrankungen an Knochen Gelenken oder Muskeln 65 Prozent Bei bdquosonstigen Erkrankungenldquo erachteten es immer noch 29 Prozent als wichtig eine Zweitmeinung einholen zu koumlnnen

Ein aumlhnliches Bild ergibt sich wenn aus einer Liste von Untersuchungen und Behandlungen diejenigen angekreuzt werden sollen fuumlr die die Befragten eine Zweitmeinung wichtig faumlnden Mehr als die Haumllfte empfindet eine solche Moumlg-lichkeit als wichtig bei medikamentoumlsen Behandlungen wegen Krebs (70 ) bei einer Chemotherapie (67 ) einer Strah-lentherapie (61 ) bei Operationen an KnochenGelenken (56 ) und Operatio-nen an inneren Organen (56 ) (Abbil-dung 1)

Konkret danach gefragt bei welchen Aumlrz-ten die Moumlglichkeit einer Zweitmeinung wichtig waumlre nannten 54 Prozent der Befragten Untersuchungen oder Behand-lungen bei Orthopaumlden 45 Prozent Fach-aumlrzte aus anderen Fachgebieten und 38 Prozent Aumlrzte im Krankenhaus Fuumlr weni-

sionsanalysen untersucht (Gewichtung fuumlr Alter Geschlecht Region Bildung und Einkommen ndash so kann eine Reprauml-sentativitaumlt der Stichprobe fuumlr die Bevoumll-kerung zwischen 18 und 79 Jahren erzielt werden)

Als moumlgliche Einflussfaktoren auf die Beantwortung der Fragen wurden fol-gende Variablen beruumlcksichtigt Wohnre-gion Ortsgroumlszlige Geschlecht Patientenal-ter Sozialschicht Art der Krankenversi-cherung Familienstand Berufserfahrung im Gesundheitswesen Unterstuumltzung durch Angehoumlrige Gesundheitszustand Arztkontakthaumlufigkeit Hausarzt-Erfah-rung und Erfahrungen mit Arztdiagnosen

Ergebnisse

Bedarf oder Wunsch nach Zweitmeinungen

Je nach konkreter Fragestellung aumluszliger-ten sich die Befragten zu ihrem Bedarf an einer Zweitmeinung unterschiedlich bdquoHatten Sie schon einmal (oder oumlfter) die Idee dass Sie eine Zweitmeinung zu irgendeiner bei Ihnen anstehenden Untersuchung oder Behandlung einholen koumlnntenldquo beantworteten 33 Prozent der Versicherten mit bdquoja einmalldquo (21 ) oder bdquoja zweimal oder oumlfterldquo (12 ) In den multivariaten Analysen erwiesen sich verschiedene Einflussgroumlszligen als bedeut-sam fuumlr die Idee eine Zweitmeinung einzuholen

Als wichtigster Faktor zeigte sich der Gesundheitszustand der Befragten Im Vergleich zu Versicherten die ihren Gesundheitszustand als ausgezeichnet einschaumltzten hatten diejenigen mit schlechtem Gesundheitszustand 13-mal oumlfter die Idee eine Zweitmeinung einzu-holen Versicherte die angaben schon einmal mit der Diagnose oder der vor-geschlagenen Behandlung eines Arztes nicht einverstanden gewesen zu sein bejahten die Frage siebenmal oumlfter als

Wollen Patienten eine Zweit-meinung ndash und bei welchen ErkrankungenVor diesem Hintergrund bleibt zunaumlchst unklar wie viele Buumlrger es fuumlr wichtig erachten eine Zweitmeinung einholen zu koumlnnen und fuumlr welche Erkrankungen Untersuchungen und Behandlungen dies gewuumlnscht wird Beschraumlnkt es sich auf die von der Gesundheitspolitik nun vorge-sehenen planbaren Eingriffe sogenannter mengenanfaumllliger Leistungen oder wuumln-schen sich Buumlrger eine Zweitmeinung in ganz anderen Bereichen

Zudem bleibt offen wie viele Buumlrger aktuell zweite aumlrztliche Meinungen einholen bei welchen diagnostischen oder therapeutischen Prozeduren dies geschieht und ob es hierbei Unterschiede zwischen soziooumlkonomischen Statusgrup-pen gibt Weiterhin unbekannt ist ob die Versicherten uumlber das Angebot der Kran-kenkassen Bescheid wissen und welche Erfahrungen damit vorliegen

Daruumlber hinaus wurde bisher auch noch nicht die Zahlungsbereitschaft fuumlr eine zweite Meinung erfragt Denn wenn es infolge des Versorgungsstaumlrkungsgeset-zes zu einer definitiven Benennung der Eingriffe kommt fuumlr die die Einholung einer Zweitmeinung von der GKV verguuml-tet wird ist absehbar dass die Kostener-stattung von Zweitmeinungen zu anderen Eingriffen schwierig werden kann Hierzu sollte dringend die Meinung der Bevoumllke-rung erfragt werden um vorsorglich auf eventuelle Probleme der Gesetzgebung hinweisen zu koumlnnen

Methode

Die Antworten von 1598 schriftlich Befragten wurden zunaumlchst deskriptiv ausgewertet Zusammenhaumlnge zwischen den einzelnen Antworten und jeweils moumlglichen Einflussfaktoren wurden biva-riat und multivariat mithilfe von Regres-

4

ger bedeutsam hielten dies die Befragten bei Augenaumlrzten (30 ) Zahnaumlrzten (29 ) und Hausaumlrzten (20 )

Beim Versorgungssektor der fuumlr eine Zweitmeinung favorisiert wird ergab sich eine leichte Praumlferenz fuumlr den niederge-lassenen Bereich 55 Prozent bevorzugten einen anderen niedergelassenen Arzt 45 Prozent dagegen einen anderen Arzt einer Krankenhausambulanz oder Poli-klinik Seltener genannt wurden Aumlrzte von Patientenverbaumlnden (29 ) Aumlrzte der Krankenkassen (25 ) oder des Gesund-heitsamts (19 )

per Telefon Internet oder E-Mail konnten sich hingegen eher juumlngere und maumlnn-liche Patienten vorstellen

Inanspruchnahme und Erfahrungen mit Zweitmeinungen

Obwohl sehr viele Befragte den Wunsch aumluszligern insbesondere bei bedrohlichen Erkrankungen beziehungsweise Unter-suchungen oder Behandlungen eine Zweitmeinung einzuholen hat nur ein Viertel dies mindestens einmal tatsaumlch-lich umgesetzt 24 Prozent der Befragten ndash immerhin 72 Prozent derjenigen die schon einmal die Idee einer Zweitmei-nung hatten ndash haben bereits einmal (16 ) oder oumlfter (8 ) eine Zweitmeinung bei einer anstehenden Untersuchung oder Behandlung in Anspruch genommen

Von den Faktoren die sich bei den multivariaten Analysen als statistisch bedeutsamer Einfluss herausstellten sind zunaumlchst die Zahl der Arztkontakte in den letzten zwoumllf Monaten zu nennen ndash wobei mehr Arztkontakte mit einer houmlheren Chance einhergehen eine Zweitmeinung eingeholt zu haben Weiterhin hatten Befragte die schon einmal unzufrieden mit einer Diagnose oder Behandlung waren bereits oumlfter eine Zweitmeinung in Anspruch genommen Allerdings betraf das nicht diejenigen Befragten die mit ihrem Hausarzt und der Praxis unzufrie-den waren ndash stattdessen stieg die Chance eine Zweitmeinung eingeholt zu haben sogar mit der Zufriedenheit mit dem Hausarzt und der Praxis Zudem war im Suumlden oder Nordwesten Deutschlands die Wahrscheinlichkeit houmlher als im Osten dass eine Zweitmeinung genutzt wurde

Die Erfahrungen der Befragten mit einer bereits eingeholten Zweitmeinung wurden weiter spezifiziert Zunaumlchst interessierte von wem die erste Empfehlung oder Indikation zu einer notwendigen Unter-suchung oder Behandlung stammte und bei wem anschlieszligend die Zweitmeinung

Auszliger Frage steht dabei dass Versicherte fuumlr eine Zweitmeinung den persoumlnlichen Kontakt mit einem Arzt bevorzugen (90 ) waumlhrend der Besuch einer Beratungs-stelle (26 ) oder eine aumlrztliche Beratung uumlber Telefon Internet oder E-Mail (10 ) nur selten favorisiert wird

Die multivariaten Analysen zur Frage bei wem eine Zweitmeinung am ehesten eingeholt wuumlrde ergaben als wesentliche Einflussgroumlszligen die Region das Patien-tenalter und das Patientengeschlecht So wurde der Besuch einer Beratungsstelle eher von Patienten in den neuen Bundes-laumlndern praumlferiert Die aumlrztliche Beratung

Untersuchungen und Behandlungen bei denen die Moumlglichkeit einer Zweitmeinung fuumlr wichtig erachtet wird (Angaben in Prozent)

0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100

Abbildung 1

Quelle Gesundheitsmonitor 2016 n = 1598

nein weiszlig nicht keine Angabeja

medikamentoumlse Behandlung (gegen Krebs)

Chemotherapie

Strahlentherapie

Operation an KnochenGelenken

Operation an inneren Organen

Herzkatheter

medikamentoumlse Behandlung (nicht wegen Krebs)

sonstige Operationen

Zahnersatz

Gelenkspiegelung (Arthroskopie)

zahnaumlrztliche Operationen

SpiegelungEndoskopie innerer Organe

sonstige UntersuchungBehandlung

5 Ein Newsletter der Bertelsmann Stiftung und der BARMER GEK

eingeholt wurde Tabelle 1 verdeutlicht dass die erste Indikationsstellung die dann in einer Zweitmeinung resultierte am haumlufigsten vom Hausarzt stammte (38 ) Nur ein Drittel dieser Indikati-onsstellungen wurde bei einem anderen Hausarzt uumlberpruumlft (13 ) Zumeist scheinen niedergelassene spezialisierte Fachaumlrzte und zu einem geringeren Teil Krankenhausaumlrzte fuumlr eine Zweitmeinung aufgesucht worden zu sein Wenn Ortho-paumlden Zahnaumlrzte Augenaumlrzte oder Onko-logen die erste Indikation gestellt hatten scheint die zweite Meinung bei einem anderen Arzt der gleichen Fachdisziplin eingeholt worden zu sein

Die Befragten die tatsaumlchlich eine Zweit-meinung in Anspruch genommen hatten taten dies noch ausgepraumlgter (als bei der theoretischen Frage) durch einen per-soumlnlichen Kontakt zum Arzt (97 ) und nur selten in einer Beratungsstelle (1 ) oder via Telefon Internet oder E-Mail mit einem Arzt (3 )

Bei den Gruumlnden fuumlr das Einholen einer Zweitmeinung lassen sich drei Gruppen unterscheiden (Abbildung 2) zum einen Befragte die schlechte Erfahrungen mit fruumlheren Untersuchungen oder Behand-lungen gemacht haben (zusammen rund 43 ) beziehungsweise kein Vertrauen zum Arzt haben (19 ) zum anderen Befragte die allgemein unsicher sind hin-sichtlich der Entscheidung fuumlr oder gegen eine Behandlung (53 ) und dann noch Befragte die aufgrund von Empfehlungen eine Zweitmeinung suchen (15 )

Moumlgliche Einflussfaktoren sind das Patientenalter das Patientengeschlecht und die Art der Krankenversicherung So geht ein houmlheres Patientenalter mit einer groumlszligeren Chance einher eine Zweitmeinung aufgrund von allgemeiner Unsicherheit oder fehlendem Vertrauen zum Arzt einzu holen Weiterhin haben eher weibliche Patienten sowie Patienten mit einer gesetzlichen Krankenversiche-

Fachdisziplinen von denen die Erst- und Zweitmeinung stammte (Befragte mit Zweitmeinungserfahrung)

Hausarzt

Facharztdisziplin

Orthopaumlde

Zahnarzt

Krankenhausarzt

Augenarzt

Onkologe

38

31

26

16

9

6

2

anderer Hausarzt

andere Facharztdisziplin

anderer Orthopaumlde

anderer Zahnarzt

anderer Krankenhausarzt

anderer Augenarzt

anderer Onkologe

13

40

26

14

14

5

3

Anteil in ProzentErstmeinung Anteil in ProzentZweitmeinung

Tabelle 1

Quelle Gesundheitsmonitor 2016 n = 382 Mehrfachnennungen moumlglich

Gruumlnde fuumlr das Einholen einer Zweitmeinung (Befragte mit Zweitmeinungserfahrung Angaben in Prozent)

0 10 20 30 40 50 60

Abbildung 2

Quelle Gesundheitsmonitor 2016 n = 379 Mehrfachnennungen moumlglich

einfach unsicher hinsichtlich der Entscheidung

fruumlhere UntersuchungenBehandlungen

hatten keinerlei Nutzen

kein Vertrauen zum Arzt

Angehoumlrigegute Freunde hatten dies empfohlen

fruumlhere UntersuchungenBehandlungen hatten

gesundheitlich negative Folgen

war im Fernsehen in Zeitschriften empfohlen

sonstiger Grund

6

rung eine Zweitmeinung aufgrund von Unsicher heiten oder fehlendem Vertrauen ein geholt In den Gruppen die eine Zweit-meinung wegen schlechter Erfahrungen oder aufgrund von Empfehlungen ein-geholt hatten konnten hingegen keine statistisch bedeutsamen Unterschiede gefunden werden

Betrachtet man das Spektrum der Untersuchungen und Behandlungen bei denen eine Zweitmeinung eingeholt

Waumlhrend beim Wunsch nach einer Zweit-meinung die Krebserkrankungen fuumlhrend waren (Abbildung 1) gaben nur wenige Befragte mit Zweitmeinungserfahrung an diese bei einer medikamentoumlsen Behand-lung wegen Krebs einer Chemotherapie oder Strahlentherapie gemacht zu haben Die groumlszligte Gruppe derjenigen die eine zweite Meinung wahrgenommen hatten nutzte diese fuumlr andere als die bei der Befragung spezifisch aufgefuumlhrten Unter-suchungen und Behandlungen sodass die Rubrik bdquosonstige Untersuchung oder Behandlung ldquo angekreuzt wurde (rund 48 )

Die Zweitmeinungen haben beim Groszligteil (72 ) der Befragten mit einer solchen Erfahrung zu einer Veraumlnderung der Entscheidung in Bezug auf eine laut Erst-meinung indizierte Untersuchung oder Behandlung gefuumlhrt 45 Prozent der Befrag-ten bejahten eine Entscheidungsaumlnderung 26 Prozent gaben dies bdquozum Teilldquo an und nur 27 Prozent verneinten ihre Entschei-dung veraumlndert zu haben (Abbildung 4)

Bei den multivariaten Analysen stellte sich unter anderem das Patientenalter als ein moumlglicher Einflussfaktor heraus So ging ein juumlngeres Patientenalter mit einer houmlhe-ren Chance einher dass eine Zweitmeinung auch zu einer Entscheidungsaumlnderung fuumlhrte Zudem war die Zufriedenheit mit der bisherigen Untersuchung oder Behand-lung ebenfalls ein statistisch bedeutsamer Einfluss Die Zweitmeinung fuumlhrte eher zu einer Entscheidungsaumlnderung wenn Patienten mit der bisherigen Diagnose oder Behandlung unzufrieden waren

Dementsprechend hielten fast alle Befragten das Einholen der Zweitmei-nung fuumlr sinnvoll 74 Prozent konstatier-ten bdquoja auf jeden Fallldquo sinnvoll weitere 15 Prozent bdquoeher jaldquo und sieben Prozent bdquoteils teilsldquo Nur vier Prozent antworte-ten bdquoeher neinldquo und ein Prozent bdquonein auf keinen Fallldquo

wurde dann unterscheidet sich die tat-saumlchliche Inanspruchnahme wiederum vom theoretischen Wunsch wie ein Ver-gleich von Abbildung 3 mit Abbildung 1 deutlich macht Von den Befragten mit einer Zweitmeinungserfahrung gaben 16 Prozent an diese zweite Meinung bei Operationen an Knochen oder Gelenken eingeholt zu haben Am zweithaumlufigsten wurden medikamentoumlse Behandlungen genannt die nicht wegen einer Krebs-erkrankung angezeigt waren (11 )

Untersuchungen und Behandlungen zu denen eine Zweitmeinung eingeholt wurde (Befragte mit Zweitmeinungserfahrung Angaben in Prozent)

0 10 20 30 40 50 60

Abbildung 3

Quelle Gesundheitsmonitor 2016 n = 379 Mehrfachnennungen moumlglich

Operation an KnochenGelenken

medikamentoumlse Behandlung (nicht wegen Krebs)

zahnaumlrztliche Operationen

Zahnersatz

sonstige Operationen

SpiegelungEndoskopie innerer Organe

Operation an inneren Organen

Gelenkspiegelung (Arthroskopie)

medikamentoumlse Behandlung (wegen Krebs)

Chemotherapie

Herzkatheter

sonstige UntersuchungBehandlung

7 Ein Newsletter der Bertelsmann Stiftung und der BARMER GEK

Erfahrungen mit dem Beratungsangebot der Krankenkassen

Die meisten Krankenkassen bieten ihren Versicherten inzwischen einen telefoni-schen Beratungsservice an der bei Bedarf auch eine aumlrztliche Beratung umfasst die wiederum zum Teil explizit auch Zweit-meinungen anbietet Einige Krankenkassen benennen Erkrankungen fuumlr die sie einen fachlich versierten Zweitmeinungsservice vorhalten Der Bekanntheitsgrad dieses Angebots und die Erfahrungen mit einer telefonischen Beratung durch die Kranken-kassen war ebenfalls Thema der Befragung

Von dem Angebot einer telefonischen Bera-tung durch Aumlrzte der eigenen Kranken-kasse wussten 27 Prozent der Befragten Manche waren sich sicher dass ihre Krankenkasse ein solches Angebot nicht vorhaumllt (4 ) Die meisten Befragten (68 ) gaben an dies nicht zu wissen Von denen die das Angebot ihrer Krankenkasse kann-ten hatten 20 Prozent dieses schon einmal genutzt ndash das entspricht knapp sechs Pro-zent aller Befragungsteilnehmer

Die Befragten die eine telefonische aumlrzt-liche Beratung ihrer Krankenkasse in Anspruch genommen hatten waren fast durchweg damit zufrieden Knapp 69 Prozent waren entweder sehr (32 ) oder eher (36 ) zufrieden weitere 19 Prozent vermerkten bdquoteils teilsldquo Nur zwoumllf Pro-zent waren eher (9 ) oder sehr unzufrie-den (3 )

Die telefonische aumlrztliche Beratung der Krankenkasse fuumlhrte seltener zu einer Entscheidungsaumlnderung als die meist im persoumlnlichen Gespraumlch wahrgenommene Zweitmeinung (Abbildung 4) Stattdessen wurde eher das Vertrauen in die Erst-meinung gestaumlrkt So gaben 34 Prozent der Befragten einer Krankenkassenbe-ratung an dass das Vertrauen in die urspruumlngliche Arztempfehlung sehr viel (9 ) oder etwas groumlszliger (25 ) als vor der Beratung war Fuumlr 52 Prozent war das

Entscheidungsveraumlnderung aufgrund der Zweitmeinung (Befragte mit Zweitmeinungserfahrung Angaben in Prozent)

0 10 20 30 40 50

Abbildung 4

Quelle Gesundheitsmonitor 2016 n = 379

ja

nein

teilsteils

weiszlig nicht mehr

keine Angabe

Reaktionen auf eine telefonische aumlrztliche Beratung der Krankenkasse (Befragte mit telefonischer Beratungserfahrung Angaben in Prozent)

0 10 20 30 40 50

Abbildung 5

Quelle Gesundheitsmonitor 2016 n = 89 Mehrfachnennungen moumlglich

fuumlr die zuerst vom Arzt empfohlene Behandlung

entschieden

noch eine Zweitmeinung bei einem anderen

niedergelassenen Arzt eingeholt

im Internet noch einmal ausfuumlhrlich uumlber die

UntersuchungBehandlung informiert

nichts unternommen und die Entscheidung

fuumlr laumlngere Zeit aufgeschoben

fuumlr eine ganz andere Untersuchungs-

Behandlungsmethode entschieden

8

Vertrauen in die Erstmeinung unveraumln-dert und nur fuumlr 14 Prozent war es etwas (5 ) oder sehr viel geringer (8 ) als vorher

Auf die aumlrztliche Beratung ihrer Kranken-kasse reagierten die Befragten unter-schiedlich Die meisten (45 ) entschie-den sich fuumlr die zuerst vom Arzt empfoh-lene Behandlung 24 Prozent holten noch eine Zweitmeinung bei einem anderen niedergelassenen Arzt ein 21 Prozent informierten sich weiter im Internet und 20 Prozent unternahmen nichts und schoben die Entscheidung auf Nur acht Prozent entschieden sich fuumlr eine ganz andere Untersuchungs- oder Behand-lungsmethode (Abbildung 5)

Zahlungsbereitschaft

Bei der Zahlungsbereitschaft teilen die Befragten sich in zwei fast gleich groszlige Gruppen bdquoWaumlren Sie unter bestimmten Bedingungen bereit einen Teil der Kosten fuumlr eine aumlrztliche Zweitmeinung selbst

Bei der Houmlhe der Zahlungsbereit-schaft zeigten sich ebenfalls statistisch bedeutsame Unterschiede zwischen den Sozialschichten ndash die jedoch anders als erwartet ausfielen Waumlhrend die Befragten im Median zu einer Kosten-uumlbernahme von 80 Euro bereit waumlren lag der Mittelwert bei 154 Euro wobei An gehoumlrige der Unterschicht im Mittel 388 Euro die der Mittelschicht 117 Euro und die der Oberschicht 124 Euro zu zahlen bereit waumlren

Diskussion und gesundheits-politische Implikationen fuumlr das Verfahren der Zweitmeinung

Mehr als zwei Drittel der Bevoumllkerung halten es fuumlr wichtig dass das Gesund-heitssystem die Moumlglichkeit bietet eine Zweitmeinung einholen zu koumlnnen Fuumlr besonders relevant halten die Buumlrger eine solche Moumlglichkeit gerade bei Krebserkrankungen bei Operationen an Knochen und Gelenken sowie inneren Organen und bei Herzkatheteruntersu-chungen Etwa ein Viertel der Bevoumllke-rung hat bereits konkrete Erfahrungen mit Zweitmeinungen gemacht Diese wurden groumlszligtenteils vor operativen Eingriffen aufgrund einer Entscheidungs-unsicherheit oder schlechter Erfahrun-gen mit fruumlheren Untersuchungen oder Behandlungen eingeholt

Bei knapp drei Viertel derjenigen die Erfahrungen mit Zweitmeinungen haben hat die zweite Meinung zu einer Ent-scheidungsaumlnderung gefuumlhrt Daher ist es auch nicht verwunderlich dass Zweit-meinungen fast durchweg als sinnvoll eingeschaumltzt werden Die Haumllfte der Bevoumllkerung kann sich vorstellen unter bestimmten Umstaumlnden zumindest einen Teil der Kosten selbst zu tragen wobei diese Zahlungsbereitschaft in direktem Zusammenhang mit der individuellen Finanzkraft steht

zu bezahlenldquo beantworteten 54 Prozent mit bdquojaldquo (7 ) oder mit bdquovielleicht kommt drauf anldquo (47 ) waumlhrend 45 Prozent klar bdquonein auf keinen Fallldquo antworte-ten Erwartungsgemaumlszlig waren in den bivariaten Analysen Privatversicherte und Oberschichtangehoumlrige am ehesten bereit einen Teil der Kosten zu zahlen Zudem waren Mittelschichtangehoumlrige im Vergleich zu Unterschichtangehoumlri-gen ebenfalls statistisch bedeutsam eher bereit zur Kostenuumlbernahme

Unter welchen Bedingungen koumlnnen sich die Befragten die Uumlbernahme eines Teils der Kosten vorstellen Auch hier zeigten sich gleichartige bedeutsame Unter-schiede abhaumlngig von der Zugehoumlrigkeit zur Sozialschicht sowie vom Versiche-rungsstatus Eine besonders hohe Zah-lungsbereitschaft bewiesen die Befragten wenn es sich um lebensbedrohliche Erkrankungen solche mit Behandlungs-risiken oder lange andauernden Sympto-men handelte (Abbildung 6)

Zahlungsbereitschaft fuumlr Zweitmeinungen in Abhaumlngigkeit von der Art der Erkrankung Behandlung (Befragte mit grundsaumltzlicher Zahlungsbereitschaft Angaben in Prozent)

0 10 20 30 40 50 60 70

Abbildung 6

Quelle Gesundheitsmonitor 2016 n = 89 Mehrfachnennungen moumlglich

bei einer lebensbedrohlichen Erkrankung

bei einer geplanten Behandlungsmethode

die auch Gesundheitsrisiken mit sich bringt

bei einer Erkrankung wenn die Symptome

laumlngere Zeit nicht abnehmen

bei einer geplanten Behandlungsmethode

deren Nutzen nicht bewiesen ist

eigentlich immer

9 Ein Newsletter der Bertelsmann Stiftung und der BARMER GEK

Die Befragung des Gesundheits monitors bestaumltigt damit zum einen die oben erwaumlhnten Ergebnisse der KBV-Versicher-tenbefragung und zum anderen die eigenen Ergebnisse bei der Befragung von Krankenhauspatienten ndash hier lag der Anteil der Patienten mit einer Zweit-meinungserfahrung bei rund 25 Prozent Dagegen erscheinen die Befragungser-gebnisse der Asklepios-Gruppe mit einer angeblichen Zweitmeinungserfahrung von 50 Prozent der Bevoumllkerung tatsaumlchlich als zu hoch

Ein wichtiges Ergebnis fuumlr die gesund-heitspolitische Diskussion zur Ausgestal-tung des gesetzlichen Zweitmeinungs-verfahrens liegt darin dass sich rund drei Viertel der Bevoumllkerung wuumlnschen eine Zweitmeinung einholen zu koumlnnen Dabei bezieht sich dieser Wunsch nicht nur auf die vom Gesetzgeber ins Auge gefassten elektiven mengenrelevanten operativen Eingriffe sondern die Versicherten halten eine zweite Meinung gerade bei schweren Erkrankungen vor allem auch Krebser-krankungen fuumlr wichtig

Ebenfalls als Hinweis fuumlr die weitere Ausgestaltung der Verfahren zu wer-ten sind die Ergebnisse zur Praumlferenz fuumlr Zweitmeinungen durch Fachaumlrzte im niedergelassenen Bereich Und die Befragten moumlchten sich im persoumlnlichen Gespraumlch beraten lassen nicht per Telefon oder Internet

Die von den Krankenversicherungen bereits angebotenen oft telefonbasierten Angebote sind den meisten Versicherten bisher unbekannt Diese Beratungen fuumlhren wesentlich seltener zu einer Aumlnde-rung der Entscheidung als eine zweite Meinung von Aumlrzten im persoumlnlichen Kontakt Ob dies Vorteil oder Nachteil ist laumlsst sich anhand der Befragungsergeb-nisse nicht schlussfolgern Auf jeden Fall scheint die telefonische Beratung durch Aumlrzte der Krankenkassen ndash im Vergleich zur persoumlnlichen Beratung durch nieder-

gelassene Aumlrzte ndash die Ratsuchenden oumlfter mit Unsicherheiten uumlber ihre Entschei-dung zuruumlckzulassen

Mindestens die Haumllfte der Bevoumllkerung ist grundsaumltzlich bereit fuumlr eine aumlrztliche Zweitmeinung zu zahlen Es gibt jedoch klar Unterschiede nach Sozialschichten Bei einer Ausgestaltung des Zweit-meinungssystems als kostenpflichtiges Zusatzangebot der Krankenversiche-rungen waumlre mit einer Verstaumlrkung der sozialen Disparitaumlten von Gesundheit und Krankheit in Deutschland zu rech-nen Der ungewoumlhnliche Befund dass Angehoumlrige der unteren Schicht die zah-lungsbereit waumlren einen houmlheren Betrag ausgeben wuumlrden als Angehoumlrige houmlherer Schichten laumlsst sich am ehesten dadurch erklaumlren dass die Kosten beziehungs-weise die Verguumltung aumlrztlicher Beratung moumlglicherweise uumlberschaumltzt werden

Insgesamt gibt es eine groszlige Nachfrage nach Zweitmeinungen vor allem bei Unsicherheiten hinsichtlich der Behand-lung schwerer Erkrankungen Zweit-meinungen werden zum Teil schon jetzt eingeholt und als entscheidungsrelevant und sinnvoll erachtet Damit dies auch zukuumlnftig so bleibt sollte ein patien-tenorientiertes gerechtes Angebot allen sozialen Schichten zur Verfuumlgung gestellt werden das nicht auf mengenrelevante Eingriffe beschraumlnkt ist im persoumlnlichen Kontakt zu Aumlrzten stattfindet und keine Zuzahlung erfordert

Literatur

n de Cruppeacute W und M Geraedts Abschlussbericht Krankenhauswahl-verhalten chronisch Kranker 2014 wwwforschung-patientenorientierungdefilesabschlussbericht_geraedts_ krankenhauswahlverhalten-bmbf-01gx1047pdf (Download 4112015)

n Geraedts M bdquoDie aumlrztliche Zweitmei-nung bei der Therapiewahlldquo Kranken-haus-Report 2013 ndash Mengendynamik

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n Grafe W R C K McSherry M L Finkel und E G McCarthy bdquoThe elec-tive surgery second opinion programrdquo Annals of Surgery (188) 3 1978 323ndash330

n IMWF ndash Institut fuumlr Management- und Wirtschaftsforschung GmbH ndash und Asklepios Kliniken Hamburg GmbH Studie Zweitmeinungsverfahren aus Patientensicht Hamburg 2014 wwwimwfdeStudien-und-Untersu-chungenStudie-Zweitmeinungsverfah-ren-aus-Patientensicht-2014 (Download 812015)

n KBV ndash Kassenaumlrztliche Bundesverei-nigung Versichertenbefragung der Kassenaumlrztlichen Bundesvereinigung Ergebnisse einer repraumlsentativen Bevoumll-kerungsumfrage MaiJuni 2006 wwwkbvdemediaspVersicherten-befragung_2006_08_15_1_pdf (Down-load 4112015)

n Lindsey P A und J P Newhouse bdquoThe cost and value of second surgical opi-nion programs a critical review of the literaturerdquo Journal of Health Politics Policy and Law (15) 3 1990 543ndash570

n McSherry C K P-J Chen T M Wor-ner N Kupferstein und E G McCarthy bdquoSecond surgical opinion programs dead or aliverdquo Journal of the American Col-lege of Surgeons (185) 5 1997 451ndash456

n Siegmund-Schultze N und B Hibbeler bdquoInitiative gegen uumlberfluumlssige Operatio-nen Zweitgutachten per Fernberatungldquo Deutsches Aumlrzteblatt (108) 34ndash35 2011 A-1776ndash1777

n Techniker Krankenkasse bdquoDrei Viertel der gesetzlich Versicherten wuumlrden bei OP-Empfehlung zweite Meinung einholenldquo Pressemitteilung 7102015 wwwtkdetkpressemitteilungengesundheit-und-service773104 (Down-load 22102015)

10

Autorin und Autor

Prof Dr med Max Geraedts M San ist Universitaumltsprofessor fuumlr Gesund-heitssystemforschung an der Fakultaumlt fuumlr Gesundheit der Universitaumlt WittenHerdecke Nach dem Studium der Humanmedizin in Marburg und einer aumlrztlichen Taumltigkeit in der dortigen Universitaumltsklinik studierte er Gesund-heitswissenschaften und Sozialmedi-zinPublic Health an der Universitaumlt Duumlsseldorf Er war wissenschaftlicher Mitarbeiter an den Universitaumlten Duumlsseldorf und Tuumlbingen sowie Postdoc-toral Fellow am Institute for Health Policy Studies der Universitaumlt in San Francisco Nach der Habilitation im Fach Gesund-heitssystemforschung in Tuumlbingen war er Professor fuumlr Public Health in Duumlsseldorf bevor er 2009 den Lehrstuhl fuumlr Gesund-heitssystemforschung in Witten uumlber-nahm Seine Forschungsschwerpunkte liegen in der Evaluation gesundheits-politischer Maszlignahmen im Allgemeinen und der Messung und Evaluation der Qualitaumlt der gesundheitlichen Versorgung im Speziellen

Rike Kraska Diplom-Biomathematikerin ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut fuumlr Gesundheitssystemforschung an der Fakultaumlt fuumlr Gesundheit der Uni-versitaumlt WittenHerdecke Von 2007 bis 2012 studierte sie Biomathematik mit den Schwerpunkten StatistikStochastik und Molekularbiologie an der Ernst-Moritz-Arndt-Universitaumlt Greifswald Zu ihren Arbeits- und Forschungsschwerpunkten gehoumlren die Planung und Auswertung von Sekundaumlrdatenanalysen und die Evaluation der Qualitaumlt der gesundheit-lichen Versorgung

11 Ein Newsletter der Bertelsmann Stiftung und der BARMER GEK

Das Angebot an Gesundheits-Apps waumlchst stetig Im Web buhlen unzaumlhlige Gesund-heits-Websites um die Aufmerksamkeit der Nutzer Doch was verbirgt sich hinter dem Angebot welche Relevanz hat es fuumlr die Gesundheitsversorgung Die Bertels-mann Stiftung hat den Markt der digita-len Gesundheits-Anwendungen fuumlr Buumlrger systematisch analysiert und Thesen zum Status quo des Angebots abgeleitet

Der Diskurs um Chancen Risiken und Folgen digitaler Anwendungen im Gesundheitsbereich erfordert eine struk-turierende Basis In der Grundlagenstudie bdquoDigital-Health-Anwendungen fuumlr Buumlrgerldquo haben die Studienautoren im Auftrag der Bertelsmann Stiftung ein umfassendes Klassifikationsverfahren fuumlr Digital-Health-Anwendungen entwickelt und den bislang unuumlbersichtlichen Markt der Anwendungen in sieben uumlbersichtliche Typen eingeteilt Im SPOTLIGHT GESUND-HEIT sind die zentralen Aus sagen der Studie zusammengefasst Die Kernthese lautet Digital-Health-Anwendungen sind ein bedeutender Hebel fuumlr Patient Empower ment Jedoch werden die Poten-ziale noch kaum genutzt Die Akteure des klassischen Gesundheitssystems muumlssen die Chancen von digitalen Technologien aktiv auf greifen und Verfahren fuumlr die Etablierung von Innovationen entwickeln die der Dynamik des digitalen Marktes Rechnung tragen

Das SPOTLIGHT GESUNDHEIT zu Gesundheits-Apps ist im Kontext des neuen Projekts bdquoDer digitale Patientldquo entstanden In dem Projekt setzt sich die Bertelsmann Stiftung mit dem Einfluss der Digitalisierung auf die Gesundheits-versorgung auseinander

Weblink wwwder-digitale-patientde Autoren T Thranberend K Knoumlppler T NeiseckeGesundheits-Apps Bedeutender Hebel fuumlr Patient Empowerment ndash Potenziale jedoch bislang kaum genutzt SPOTLIGHT GESUND-HEIT Nr 2 2016 Bertelsmann Stiftung (Hrsg)Preis kostenlos ISSN (Online) 2364-5970

LiteraturTippGesundheits-Apps ndash Bedeutender Hebel fuumlr Patient Empowerment

Autoren TG Grobe S Steinmann J Szecsenyi BARMER GEK Arztreport 2016 Schriftenreihe zur Gesundheitsanalyse Band 37 Preis 1490 euromiddot ISBN 978-3-946-19902-1 Mail versorgungsforschungbarmer-gekde

BuchTipp BARMER GEK Arztreport 2016

Bereits zum zehnten Mal gibt der BARMER GEK Arztreport 2016 einen umfassenden Uumlberblick zur ambulanten aumlrztlichen Versorgung in Deutschland Berichtet werden vorrangig Ergebnisse aus dem Jahr 2014 sowie Trends die auf Auswertungen von anonymisierten Daten der BARMER GEK zu mehr als 8 Millionen Versicherten ab 2005 beruhen Der diesjaumlhrige Schwerpunkt des Repor-tes befasst sich mit dem Thema raquoAlter und Schmerzlaquo Diagnosen mit direktem Schmerzbezug wurden 2014 bei 46 Pro-zent der Bevoumllkerung dokumentiert Der von akuten Schmerzen betroffene Bevoumll-kerungsanteil duumlrfte damit noch unter-schaumltzt werden Die Auswertungen fokus-sieren vorrangig auf chronische Schmer-zen die eine eigenstaumlndige Erkrankung darstellen Entsprechende Diagnosen wurden 2014 in Deutschland bei rund 325 Millionen Menschen dokumentiert Schmerzpatienten sind haumlufig von einer Vielzahl an Erkrankungen betroffen das-Arzneiverordnungsvolumen uumlbersteigt altersentsprechend erwartete Werte um

mehr als 70 Prozent Insbesondere bei aumllteren Schmerzpatienten ist mit Arz-neimittelwechselwirkungen zu rechnen Eine interdisziplinaumlre und gut vernetzte Versorgung erscheint vor diesem Hinter-grund fuumlr Schmerzpatienten besonders wuumlnschenswert

Routinemaumlszligig werden im Report aktua-lisierte Auswertungen zur Inanspruch-nahme der ambulanten Versorgung zu Kosten sowie zu Erkrankungen praumlsentiert Ein gesonderter Abschnitt des diesjaumlhrigen Reportes befasst sich ergaumlnzend mit Aufmerksamkeitsdefizit- Hyperaktivitaumltsstoumlrungen (ADHS) und Methylphenidat-Verordnungen womit ein Update zu Schwerpunktauswertungen aus dem Arztreport 2013 bereitgestellt wird

Der BARMER GEK Arztreport wird in Zusammenarbeit mit dem AQUA - Institut fuumlr angewandte Qualitaumltsfoumlrderung und Forschung im Gesundheitswesen Goumlttin-gen herausgeben

Bertelsmann StiftungProgramm Versorgung verbessern ndash Patienten informieren Carl-Bertelsmann-Str 25633311 Guumltersloh wwwbertelsmann-stiftungdewwwgesundheitsmonitorde

Barmer GEK Lichtscheider Str 89ndash9542285 Wuppertalwwwbarmer-gekde

RedaktionDr Jan BoumlckenDr Ruumldiger MeierjuumlrgenDr Thomas Brechtel

IllustrationChristoph J Kellnerwwwanimanovade

AutorenProf Dr med Max GeraedtsRike Kraska Diplom-Biomathe matikerin ( Universitaumlt WittenHerdecke)

KontaktKatharina Einhaus Tel (05241) 81-8 13 81 Fax (05241) 81-68 13 81 katharinaeinhaus bertelsmann-stiftungde

Page 4: Zweitmeinungen - Bertelsmann Stiftung · Newsletter 01|2016 R R R. 2 genutzt hätten, bejahten allerdings 26 Prozent der Befragten. Diese Ergebnisse stehen in starkem Kontrast zu

4

ger bedeutsam hielten dies die Befragten bei Augenaumlrzten (30 ) Zahnaumlrzten (29 ) und Hausaumlrzten (20 )

Beim Versorgungssektor der fuumlr eine Zweitmeinung favorisiert wird ergab sich eine leichte Praumlferenz fuumlr den niederge-lassenen Bereich 55 Prozent bevorzugten einen anderen niedergelassenen Arzt 45 Prozent dagegen einen anderen Arzt einer Krankenhausambulanz oder Poli-klinik Seltener genannt wurden Aumlrzte von Patientenverbaumlnden (29 ) Aumlrzte der Krankenkassen (25 ) oder des Gesund-heitsamts (19 )

per Telefon Internet oder E-Mail konnten sich hingegen eher juumlngere und maumlnn-liche Patienten vorstellen

Inanspruchnahme und Erfahrungen mit Zweitmeinungen

Obwohl sehr viele Befragte den Wunsch aumluszligern insbesondere bei bedrohlichen Erkrankungen beziehungsweise Unter-suchungen oder Behandlungen eine Zweitmeinung einzuholen hat nur ein Viertel dies mindestens einmal tatsaumlch-lich umgesetzt 24 Prozent der Befragten ndash immerhin 72 Prozent derjenigen die schon einmal die Idee einer Zweitmei-nung hatten ndash haben bereits einmal (16 ) oder oumlfter (8 ) eine Zweitmeinung bei einer anstehenden Untersuchung oder Behandlung in Anspruch genommen

Von den Faktoren die sich bei den multivariaten Analysen als statistisch bedeutsamer Einfluss herausstellten sind zunaumlchst die Zahl der Arztkontakte in den letzten zwoumllf Monaten zu nennen ndash wobei mehr Arztkontakte mit einer houmlheren Chance einhergehen eine Zweitmeinung eingeholt zu haben Weiterhin hatten Befragte die schon einmal unzufrieden mit einer Diagnose oder Behandlung waren bereits oumlfter eine Zweitmeinung in Anspruch genommen Allerdings betraf das nicht diejenigen Befragten die mit ihrem Hausarzt und der Praxis unzufrie-den waren ndash stattdessen stieg die Chance eine Zweitmeinung eingeholt zu haben sogar mit der Zufriedenheit mit dem Hausarzt und der Praxis Zudem war im Suumlden oder Nordwesten Deutschlands die Wahrscheinlichkeit houmlher als im Osten dass eine Zweitmeinung genutzt wurde

Die Erfahrungen der Befragten mit einer bereits eingeholten Zweitmeinung wurden weiter spezifiziert Zunaumlchst interessierte von wem die erste Empfehlung oder Indikation zu einer notwendigen Unter-suchung oder Behandlung stammte und bei wem anschlieszligend die Zweitmeinung

Auszliger Frage steht dabei dass Versicherte fuumlr eine Zweitmeinung den persoumlnlichen Kontakt mit einem Arzt bevorzugen (90 ) waumlhrend der Besuch einer Beratungs-stelle (26 ) oder eine aumlrztliche Beratung uumlber Telefon Internet oder E-Mail (10 ) nur selten favorisiert wird

Die multivariaten Analysen zur Frage bei wem eine Zweitmeinung am ehesten eingeholt wuumlrde ergaben als wesentliche Einflussgroumlszligen die Region das Patien-tenalter und das Patientengeschlecht So wurde der Besuch einer Beratungsstelle eher von Patienten in den neuen Bundes-laumlndern praumlferiert Die aumlrztliche Beratung

Untersuchungen und Behandlungen bei denen die Moumlglichkeit einer Zweitmeinung fuumlr wichtig erachtet wird (Angaben in Prozent)

0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100

Abbildung 1

Quelle Gesundheitsmonitor 2016 n = 1598

nein weiszlig nicht keine Angabeja

medikamentoumlse Behandlung (gegen Krebs)

Chemotherapie

Strahlentherapie

Operation an KnochenGelenken

Operation an inneren Organen

Herzkatheter

medikamentoumlse Behandlung (nicht wegen Krebs)

sonstige Operationen

Zahnersatz

Gelenkspiegelung (Arthroskopie)

zahnaumlrztliche Operationen

SpiegelungEndoskopie innerer Organe

sonstige UntersuchungBehandlung

5 Ein Newsletter der Bertelsmann Stiftung und der BARMER GEK

eingeholt wurde Tabelle 1 verdeutlicht dass die erste Indikationsstellung die dann in einer Zweitmeinung resultierte am haumlufigsten vom Hausarzt stammte (38 ) Nur ein Drittel dieser Indikati-onsstellungen wurde bei einem anderen Hausarzt uumlberpruumlft (13 ) Zumeist scheinen niedergelassene spezialisierte Fachaumlrzte und zu einem geringeren Teil Krankenhausaumlrzte fuumlr eine Zweitmeinung aufgesucht worden zu sein Wenn Ortho-paumlden Zahnaumlrzte Augenaumlrzte oder Onko-logen die erste Indikation gestellt hatten scheint die zweite Meinung bei einem anderen Arzt der gleichen Fachdisziplin eingeholt worden zu sein

Die Befragten die tatsaumlchlich eine Zweit-meinung in Anspruch genommen hatten taten dies noch ausgepraumlgter (als bei der theoretischen Frage) durch einen per-soumlnlichen Kontakt zum Arzt (97 ) und nur selten in einer Beratungsstelle (1 ) oder via Telefon Internet oder E-Mail mit einem Arzt (3 )

Bei den Gruumlnden fuumlr das Einholen einer Zweitmeinung lassen sich drei Gruppen unterscheiden (Abbildung 2) zum einen Befragte die schlechte Erfahrungen mit fruumlheren Untersuchungen oder Behand-lungen gemacht haben (zusammen rund 43 ) beziehungsweise kein Vertrauen zum Arzt haben (19 ) zum anderen Befragte die allgemein unsicher sind hin-sichtlich der Entscheidung fuumlr oder gegen eine Behandlung (53 ) und dann noch Befragte die aufgrund von Empfehlungen eine Zweitmeinung suchen (15 )

Moumlgliche Einflussfaktoren sind das Patientenalter das Patientengeschlecht und die Art der Krankenversicherung So geht ein houmlheres Patientenalter mit einer groumlszligeren Chance einher eine Zweitmeinung aufgrund von allgemeiner Unsicherheit oder fehlendem Vertrauen zum Arzt einzu holen Weiterhin haben eher weibliche Patienten sowie Patienten mit einer gesetzlichen Krankenversiche-

Fachdisziplinen von denen die Erst- und Zweitmeinung stammte (Befragte mit Zweitmeinungserfahrung)

Hausarzt

Facharztdisziplin

Orthopaumlde

Zahnarzt

Krankenhausarzt

Augenarzt

Onkologe

38

31

26

16

9

6

2

anderer Hausarzt

andere Facharztdisziplin

anderer Orthopaumlde

anderer Zahnarzt

anderer Krankenhausarzt

anderer Augenarzt

anderer Onkologe

13

40

26

14

14

5

3

Anteil in ProzentErstmeinung Anteil in ProzentZweitmeinung

Tabelle 1

Quelle Gesundheitsmonitor 2016 n = 382 Mehrfachnennungen moumlglich

Gruumlnde fuumlr das Einholen einer Zweitmeinung (Befragte mit Zweitmeinungserfahrung Angaben in Prozent)

0 10 20 30 40 50 60

Abbildung 2

Quelle Gesundheitsmonitor 2016 n = 379 Mehrfachnennungen moumlglich

einfach unsicher hinsichtlich der Entscheidung

fruumlhere UntersuchungenBehandlungen

hatten keinerlei Nutzen

kein Vertrauen zum Arzt

Angehoumlrigegute Freunde hatten dies empfohlen

fruumlhere UntersuchungenBehandlungen hatten

gesundheitlich negative Folgen

war im Fernsehen in Zeitschriften empfohlen

sonstiger Grund

6

rung eine Zweitmeinung aufgrund von Unsicher heiten oder fehlendem Vertrauen ein geholt In den Gruppen die eine Zweit-meinung wegen schlechter Erfahrungen oder aufgrund von Empfehlungen ein-geholt hatten konnten hingegen keine statistisch bedeutsamen Unterschiede gefunden werden

Betrachtet man das Spektrum der Untersuchungen und Behandlungen bei denen eine Zweitmeinung eingeholt

Waumlhrend beim Wunsch nach einer Zweit-meinung die Krebserkrankungen fuumlhrend waren (Abbildung 1) gaben nur wenige Befragte mit Zweitmeinungserfahrung an diese bei einer medikamentoumlsen Behand-lung wegen Krebs einer Chemotherapie oder Strahlentherapie gemacht zu haben Die groumlszligte Gruppe derjenigen die eine zweite Meinung wahrgenommen hatten nutzte diese fuumlr andere als die bei der Befragung spezifisch aufgefuumlhrten Unter-suchungen und Behandlungen sodass die Rubrik bdquosonstige Untersuchung oder Behandlung ldquo angekreuzt wurde (rund 48 )

Die Zweitmeinungen haben beim Groszligteil (72 ) der Befragten mit einer solchen Erfahrung zu einer Veraumlnderung der Entscheidung in Bezug auf eine laut Erst-meinung indizierte Untersuchung oder Behandlung gefuumlhrt 45 Prozent der Befrag-ten bejahten eine Entscheidungsaumlnderung 26 Prozent gaben dies bdquozum Teilldquo an und nur 27 Prozent verneinten ihre Entschei-dung veraumlndert zu haben (Abbildung 4)

Bei den multivariaten Analysen stellte sich unter anderem das Patientenalter als ein moumlglicher Einflussfaktor heraus So ging ein juumlngeres Patientenalter mit einer houmlhe-ren Chance einher dass eine Zweitmeinung auch zu einer Entscheidungsaumlnderung fuumlhrte Zudem war die Zufriedenheit mit der bisherigen Untersuchung oder Behand-lung ebenfalls ein statistisch bedeutsamer Einfluss Die Zweitmeinung fuumlhrte eher zu einer Entscheidungsaumlnderung wenn Patienten mit der bisherigen Diagnose oder Behandlung unzufrieden waren

Dementsprechend hielten fast alle Befragten das Einholen der Zweitmei-nung fuumlr sinnvoll 74 Prozent konstatier-ten bdquoja auf jeden Fallldquo sinnvoll weitere 15 Prozent bdquoeher jaldquo und sieben Prozent bdquoteils teilsldquo Nur vier Prozent antworte-ten bdquoeher neinldquo und ein Prozent bdquonein auf keinen Fallldquo

wurde dann unterscheidet sich die tat-saumlchliche Inanspruchnahme wiederum vom theoretischen Wunsch wie ein Ver-gleich von Abbildung 3 mit Abbildung 1 deutlich macht Von den Befragten mit einer Zweitmeinungserfahrung gaben 16 Prozent an diese zweite Meinung bei Operationen an Knochen oder Gelenken eingeholt zu haben Am zweithaumlufigsten wurden medikamentoumlse Behandlungen genannt die nicht wegen einer Krebs-erkrankung angezeigt waren (11 )

Untersuchungen und Behandlungen zu denen eine Zweitmeinung eingeholt wurde (Befragte mit Zweitmeinungserfahrung Angaben in Prozent)

0 10 20 30 40 50 60

Abbildung 3

Quelle Gesundheitsmonitor 2016 n = 379 Mehrfachnennungen moumlglich

Operation an KnochenGelenken

medikamentoumlse Behandlung (nicht wegen Krebs)

zahnaumlrztliche Operationen

Zahnersatz

sonstige Operationen

SpiegelungEndoskopie innerer Organe

Operation an inneren Organen

Gelenkspiegelung (Arthroskopie)

medikamentoumlse Behandlung (wegen Krebs)

Chemotherapie

Herzkatheter

sonstige UntersuchungBehandlung

7 Ein Newsletter der Bertelsmann Stiftung und der BARMER GEK

Erfahrungen mit dem Beratungsangebot der Krankenkassen

Die meisten Krankenkassen bieten ihren Versicherten inzwischen einen telefoni-schen Beratungsservice an der bei Bedarf auch eine aumlrztliche Beratung umfasst die wiederum zum Teil explizit auch Zweit-meinungen anbietet Einige Krankenkassen benennen Erkrankungen fuumlr die sie einen fachlich versierten Zweitmeinungsservice vorhalten Der Bekanntheitsgrad dieses Angebots und die Erfahrungen mit einer telefonischen Beratung durch die Kranken-kassen war ebenfalls Thema der Befragung

Von dem Angebot einer telefonischen Bera-tung durch Aumlrzte der eigenen Kranken-kasse wussten 27 Prozent der Befragten Manche waren sich sicher dass ihre Krankenkasse ein solches Angebot nicht vorhaumllt (4 ) Die meisten Befragten (68 ) gaben an dies nicht zu wissen Von denen die das Angebot ihrer Krankenkasse kann-ten hatten 20 Prozent dieses schon einmal genutzt ndash das entspricht knapp sechs Pro-zent aller Befragungsteilnehmer

Die Befragten die eine telefonische aumlrzt-liche Beratung ihrer Krankenkasse in Anspruch genommen hatten waren fast durchweg damit zufrieden Knapp 69 Prozent waren entweder sehr (32 ) oder eher (36 ) zufrieden weitere 19 Prozent vermerkten bdquoteils teilsldquo Nur zwoumllf Pro-zent waren eher (9 ) oder sehr unzufrie-den (3 )

Die telefonische aumlrztliche Beratung der Krankenkasse fuumlhrte seltener zu einer Entscheidungsaumlnderung als die meist im persoumlnlichen Gespraumlch wahrgenommene Zweitmeinung (Abbildung 4) Stattdessen wurde eher das Vertrauen in die Erst-meinung gestaumlrkt So gaben 34 Prozent der Befragten einer Krankenkassenbe-ratung an dass das Vertrauen in die urspruumlngliche Arztempfehlung sehr viel (9 ) oder etwas groumlszliger (25 ) als vor der Beratung war Fuumlr 52 Prozent war das

Entscheidungsveraumlnderung aufgrund der Zweitmeinung (Befragte mit Zweitmeinungserfahrung Angaben in Prozent)

0 10 20 30 40 50

Abbildung 4

Quelle Gesundheitsmonitor 2016 n = 379

ja

nein

teilsteils

weiszlig nicht mehr

keine Angabe

Reaktionen auf eine telefonische aumlrztliche Beratung der Krankenkasse (Befragte mit telefonischer Beratungserfahrung Angaben in Prozent)

0 10 20 30 40 50

Abbildung 5

Quelle Gesundheitsmonitor 2016 n = 89 Mehrfachnennungen moumlglich

fuumlr die zuerst vom Arzt empfohlene Behandlung

entschieden

noch eine Zweitmeinung bei einem anderen

niedergelassenen Arzt eingeholt

im Internet noch einmal ausfuumlhrlich uumlber die

UntersuchungBehandlung informiert

nichts unternommen und die Entscheidung

fuumlr laumlngere Zeit aufgeschoben

fuumlr eine ganz andere Untersuchungs-

Behandlungsmethode entschieden

8

Vertrauen in die Erstmeinung unveraumln-dert und nur fuumlr 14 Prozent war es etwas (5 ) oder sehr viel geringer (8 ) als vorher

Auf die aumlrztliche Beratung ihrer Kranken-kasse reagierten die Befragten unter-schiedlich Die meisten (45 ) entschie-den sich fuumlr die zuerst vom Arzt empfoh-lene Behandlung 24 Prozent holten noch eine Zweitmeinung bei einem anderen niedergelassenen Arzt ein 21 Prozent informierten sich weiter im Internet und 20 Prozent unternahmen nichts und schoben die Entscheidung auf Nur acht Prozent entschieden sich fuumlr eine ganz andere Untersuchungs- oder Behand-lungsmethode (Abbildung 5)

Zahlungsbereitschaft

Bei der Zahlungsbereitschaft teilen die Befragten sich in zwei fast gleich groszlige Gruppen bdquoWaumlren Sie unter bestimmten Bedingungen bereit einen Teil der Kosten fuumlr eine aumlrztliche Zweitmeinung selbst

Bei der Houmlhe der Zahlungsbereit-schaft zeigten sich ebenfalls statistisch bedeutsame Unterschiede zwischen den Sozialschichten ndash die jedoch anders als erwartet ausfielen Waumlhrend die Befragten im Median zu einer Kosten-uumlbernahme von 80 Euro bereit waumlren lag der Mittelwert bei 154 Euro wobei An gehoumlrige der Unterschicht im Mittel 388 Euro die der Mittelschicht 117 Euro und die der Oberschicht 124 Euro zu zahlen bereit waumlren

Diskussion und gesundheits-politische Implikationen fuumlr das Verfahren der Zweitmeinung

Mehr als zwei Drittel der Bevoumllkerung halten es fuumlr wichtig dass das Gesund-heitssystem die Moumlglichkeit bietet eine Zweitmeinung einholen zu koumlnnen Fuumlr besonders relevant halten die Buumlrger eine solche Moumlglichkeit gerade bei Krebserkrankungen bei Operationen an Knochen und Gelenken sowie inneren Organen und bei Herzkatheteruntersu-chungen Etwa ein Viertel der Bevoumllke-rung hat bereits konkrete Erfahrungen mit Zweitmeinungen gemacht Diese wurden groumlszligtenteils vor operativen Eingriffen aufgrund einer Entscheidungs-unsicherheit oder schlechter Erfahrun-gen mit fruumlheren Untersuchungen oder Behandlungen eingeholt

Bei knapp drei Viertel derjenigen die Erfahrungen mit Zweitmeinungen haben hat die zweite Meinung zu einer Ent-scheidungsaumlnderung gefuumlhrt Daher ist es auch nicht verwunderlich dass Zweit-meinungen fast durchweg als sinnvoll eingeschaumltzt werden Die Haumllfte der Bevoumllkerung kann sich vorstellen unter bestimmten Umstaumlnden zumindest einen Teil der Kosten selbst zu tragen wobei diese Zahlungsbereitschaft in direktem Zusammenhang mit der individuellen Finanzkraft steht

zu bezahlenldquo beantworteten 54 Prozent mit bdquojaldquo (7 ) oder mit bdquovielleicht kommt drauf anldquo (47 ) waumlhrend 45 Prozent klar bdquonein auf keinen Fallldquo antworte-ten Erwartungsgemaumlszlig waren in den bivariaten Analysen Privatversicherte und Oberschichtangehoumlrige am ehesten bereit einen Teil der Kosten zu zahlen Zudem waren Mittelschichtangehoumlrige im Vergleich zu Unterschichtangehoumlri-gen ebenfalls statistisch bedeutsam eher bereit zur Kostenuumlbernahme

Unter welchen Bedingungen koumlnnen sich die Befragten die Uumlbernahme eines Teils der Kosten vorstellen Auch hier zeigten sich gleichartige bedeutsame Unter-schiede abhaumlngig von der Zugehoumlrigkeit zur Sozialschicht sowie vom Versiche-rungsstatus Eine besonders hohe Zah-lungsbereitschaft bewiesen die Befragten wenn es sich um lebensbedrohliche Erkrankungen solche mit Behandlungs-risiken oder lange andauernden Sympto-men handelte (Abbildung 6)

Zahlungsbereitschaft fuumlr Zweitmeinungen in Abhaumlngigkeit von der Art der Erkrankung Behandlung (Befragte mit grundsaumltzlicher Zahlungsbereitschaft Angaben in Prozent)

0 10 20 30 40 50 60 70

Abbildung 6

Quelle Gesundheitsmonitor 2016 n = 89 Mehrfachnennungen moumlglich

bei einer lebensbedrohlichen Erkrankung

bei einer geplanten Behandlungsmethode

die auch Gesundheitsrisiken mit sich bringt

bei einer Erkrankung wenn die Symptome

laumlngere Zeit nicht abnehmen

bei einer geplanten Behandlungsmethode

deren Nutzen nicht bewiesen ist

eigentlich immer

9 Ein Newsletter der Bertelsmann Stiftung und der BARMER GEK

Die Befragung des Gesundheits monitors bestaumltigt damit zum einen die oben erwaumlhnten Ergebnisse der KBV-Versicher-tenbefragung und zum anderen die eigenen Ergebnisse bei der Befragung von Krankenhauspatienten ndash hier lag der Anteil der Patienten mit einer Zweit-meinungserfahrung bei rund 25 Prozent Dagegen erscheinen die Befragungser-gebnisse der Asklepios-Gruppe mit einer angeblichen Zweitmeinungserfahrung von 50 Prozent der Bevoumllkerung tatsaumlchlich als zu hoch

Ein wichtiges Ergebnis fuumlr die gesund-heitspolitische Diskussion zur Ausgestal-tung des gesetzlichen Zweitmeinungs-verfahrens liegt darin dass sich rund drei Viertel der Bevoumllkerung wuumlnschen eine Zweitmeinung einholen zu koumlnnen Dabei bezieht sich dieser Wunsch nicht nur auf die vom Gesetzgeber ins Auge gefassten elektiven mengenrelevanten operativen Eingriffe sondern die Versicherten halten eine zweite Meinung gerade bei schweren Erkrankungen vor allem auch Krebser-krankungen fuumlr wichtig

Ebenfalls als Hinweis fuumlr die weitere Ausgestaltung der Verfahren zu wer-ten sind die Ergebnisse zur Praumlferenz fuumlr Zweitmeinungen durch Fachaumlrzte im niedergelassenen Bereich Und die Befragten moumlchten sich im persoumlnlichen Gespraumlch beraten lassen nicht per Telefon oder Internet

Die von den Krankenversicherungen bereits angebotenen oft telefonbasierten Angebote sind den meisten Versicherten bisher unbekannt Diese Beratungen fuumlhren wesentlich seltener zu einer Aumlnde-rung der Entscheidung als eine zweite Meinung von Aumlrzten im persoumlnlichen Kontakt Ob dies Vorteil oder Nachteil ist laumlsst sich anhand der Befragungsergeb-nisse nicht schlussfolgern Auf jeden Fall scheint die telefonische Beratung durch Aumlrzte der Krankenkassen ndash im Vergleich zur persoumlnlichen Beratung durch nieder-

gelassene Aumlrzte ndash die Ratsuchenden oumlfter mit Unsicherheiten uumlber ihre Entschei-dung zuruumlckzulassen

Mindestens die Haumllfte der Bevoumllkerung ist grundsaumltzlich bereit fuumlr eine aumlrztliche Zweitmeinung zu zahlen Es gibt jedoch klar Unterschiede nach Sozialschichten Bei einer Ausgestaltung des Zweit-meinungssystems als kostenpflichtiges Zusatzangebot der Krankenversiche-rungen waumlre mit einer Verstaumlrkung der sozialen Disparitaumlten von Gesundheit und Krankheit in Deutschland zu rech-nen Der ungewoumlhnliche Befund dass Angehoumlrige der unteren Schicht die zah-lungsbereit waumlren einen houmlheren Betrag ausgeben wuumlrden als Angehoumlrige houmlherer Schichten laumlsst sich am ehesten dadurch erklaumlren dass die Kosten beziehungs-weise die Verguumltung aumlrztlicher Beratung moumlglicherweise uumlberschaumltzt werden

Insgesamt gibt es eine groszlige Nachfrage nach Zweitmeinungen vor allem bei Unsicherheiten hinsichtlich der Behand-lung schwerer Erkrankungen Zweit-meinungen werden zum Teil schon jetzt eingeholt und als entscheidungsrelevant und sinnvoll erachtet Damit dies auch zukuumlnftig so bleibt sollte ein patien-tenorientiertes gerechtes Angebot allen sozialen Schichten zur Verfuumlgung gestellt werden das nicht auf mengenrelevante Eingriffe beschraumlnkt ist im persoumlnlichen Kontakt zu Aumlrzten stattfindet und keine Zuzahlung erfordert

Literatur

n de Cruppeacute W und M Geraedts Abschlussbericht Krankenhauswahl-verhalten chronisch Kranker 2014 wwwforschung-patientenorientierungdefilesabschlussbericht_geraedts_ krankenhauswahlverhalten-bmbf-01gx1047pdf (Download 4112015)

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n Grafe W R C K McSherry M L Finkel und E G McCarthy bdquoThe elec-tive surgery second opinion programrdquo Annals of Surgery (188) 3 1978 323ndash330

n IMWF ndash Institut fuumlr Management- und Wirtschaftsforschung GmbH ndash und Asklepios Kliniken Hamburg GmbH Studie Zweitmeinungsverfahren aus Patientensicht Hamburg 2014 wwwimwfdeStudien-und-Untersu-chungenStudie-Zweitmeinungsverfah-ren-aus-Patientensicht-2014 (Download 812015)

n KBV ndash Kassenaumlrztliche Bundesverei-nigung Versichertenbefragung der Kassenaumlrztlichen Bundesvereinigung Ergebnisse einer repraumlsentativen Bevoumll-kerungsumfrage MaiJuni 2006 wwwkbvdemediaspVersicherten-befragung_2006_08_15_1_pdf (Down-load 4112015)

n Lindsey P A und J P Newhouse bdquoThe cost and value of second surgical opi-nion programs a critical review of the literaturerdquo Journal of Health Politics Policy and Law (15) 3 1990 543ndash570

n McSherry C K P-J Chen T M Wor-ner N Kupferstein und E G McCarthy bdquoSecond surgical opinion programs dead or aliverdquo Journal of the American Col-lege of Surgeons (185) 5 1997 451ndash456

n Siegmund-Schultze N und B Hibbeler bdquoInitiative gegen uumlberfluumlssige Operatio-nen Zweitgutachten per Fernberatungldquo Deutsches Aumlrzteblatt (108) 34ndash35 2011 A-1776ndash1777

n Techniker Krankenkasse bdquoDrei Viertel der gesetzlich Versicherten wuumlrden bei OP-Empfehlung zweite Meinung einholenldquo Pressemitteilung 7102015 wwwtkdetkpressemitteilungengesundheit-und-service773104 (Down-load 22102015)

10

Autorin und Autor

Prof Dr med Max Geraedts M San ist Universitaumltsprofessor fuumlr Gesund-heitssystemforschung an der Fakultaumlt fuumlr Gesundheit der Universitaumlt WittenHerdecke Nach dem Studium der Humanmedizin in Marburg und einer aumlrztlichen Taumltigkeit in der dortigen Universitaumltsklinik studierte er Gesund-heitswissenschaften und Sozialmedi-zinPublic Health an der Universitaumlt Duumlsseldorf Er war wissenschaftlicher Mitarbeiter an den Universitaumlten Duumlsseldorf und Tuumlbingen sowie Postdoc-toral Fellow am Institute for Health Policy Studies der Universitaumlt in San Francisco Nach der Habilitation im Fach Gesund-heitssystemforschung in Tuumlbingen war er Professor fuumlr Public Health in Duumlsseldorf bevor er 2009 den Lehrstuhl fuumlr Gesund-heitssystemforschung in Witten uumlber-nahm Seine Forschungsschwerpunkte liegen in der Evaluation gesundheits-politischer Maszlignahmen im Allgemeinen und der Messung und Evaluation der Qualitaumlt der gesundheitlichen Versorgung im Speziellen

Rike Kraska Diplom-Biomathematikerin ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut fuumlr Gesundheitssystemforschung an der Fakultaumlt fuumlr Gesundheit der Uni-versitaumlt WittenHerdecke Von 2007 bis 2012 studierte sie Biomathematik mit den Schwerpunkten StatistikStochastik und Molekularbiologie an der Ernst-Moritz-Arndt-Universitaumlt Greifswald Zu ihren Arbeits- und Forschungsschwerpunkten gehoumlren die Planung und Auswertung von Sekundaumlrdatenanalysen und die Evaluation der Qualitaumlt der gesundheit-lichen Versorgung

11 Ein Newsletter der Bertelsmann Stiftung und der BARMER GEK

Das Angebot an Gesundheits-Apps waumlchst stetig Im Web buhlen unzaumlhlige Gesund-heits-Websites um die Aufmerksamkeit der Nutzer Doch was verbirgt sich hinter dem Angebot welche Relevanz hat es fuumlr die Gesundheitsversorgung Die Bertels-mann Stiftung hat den Markt der digita-len Gesundheits-Anwendungen fuumlr Buumlrger systematisch analysiert und Thesen zum Status quo des Angebots abgeleitet

Der Diskurs um Chancen Risiken und Folgen digitaler Anwendungen im Gesundheitsbereich erfordert eine struk-turierende Basis In der Grundlagenstudie bdquoDigital-Health-Anwendungen fuumlr Buumlrgerldquo haben die Studienautoren im Auftrag der Bertelsmann Stiftung ein umfassendes Klassifikationsverfahren fuumlr Digital-Health-Anwendungen entwickelt und den bislang unuumlbersichtlichen Markt der Anwendungen in sieben uumlbersichtliche Typen eingeteilt Im SPOTLIGHT GESUND-HEIT sind die zentralen Aus sagen der Studie zusammengefasst Die Kernthese lautet Digital-Health-Anwendungen sind ein bedeutender Hebel fuumlr Patient Empower ment Jedoch werden die Poten-ziale noch kaum genutzt Die Akteure des klassischen Gesundheitssystems muumlssen die Chancen von digitalen Technologien aktiv auf greifen und Verfahren fuumlr die Etablierung von Innovationen entwickeln die der Dynamik des digitalen Marktes Rechnung tragen

Das SPOTLIGHT GESUNDHEIT zu Gesundheits-Apps ist im Kontext des neuen Projekts bdquoDer digitale Patientldquo entstanden In dem Projekt setzt sich die Bertelsmann Stiftung mit dem Einfluss der Digitalisierung auf die Gesundheits-versorgung auseinander

Weblink wwwder-digitale-patientde Autoren T Thranberend K Knoumlppler T NeiseckeGesundheits-Apps Bedeutender Hebel fuumlr Patient Empowerment ndash Potenziale jedoch bislang kaum genutzt SPOTLIGHT GESUND-HEIT Nr 2 2016 Bertelsmann Stiftung (Hrsg)Preis kostenlos ISSN (Online) 2364-5970

LiteraturTippGesundheits-Apps ndash Bedeutender Hebel fuumlr Patient Empowerment

Autoren TG Grobe S Steinmann J Szecsenyi BARMER GEK Arztreport 2016 Schriftenreihe zur Gesundheitsanalyse Band 37 Preis 1490 euromiddot ISBN 978-3-946-19902-1 Mail versorgungsforschungbarmer-gekde

BuchTipp BARMER GEK Arztreport 2016

Bereits zum zehnten Mal gibt der BARMER GEK Arztreport 2016 einen umfassenden Uumlberblick zur ambulanten aumlrztlichen Versorgung in Deutschland Berichtet werden vorrangig Ergebnisse aus dem Jahr 2014 sowie Trends die auf Auswertungen von anonymisierten Daten der BARMER GEK zu mehr als 8 Millionen Versicherten ab 2005 beruhen Der diesjaumlhrige Schwerpunkt des Repor-tes befasst sich mit dem Thema raquoAlter und Schmerzlaquo Diagnosen mit direktem Schmerzbezug wurden 2014 bei 46 Pro-zent der Bevoumllkerung dokumentiert Der von akuten Schmerzen betroffene Bevoumll-kerungsanteil duumlrfte damit noch unter-schaumltzt werden Die Auswertungen fokus-sieren vorrangig auf chronische Schmer-zen die eine eigenstaumlndige Erkrankung darstellen Entsprechende Diagnosen wurden 2014 in Deutschland bei rund 325 Millionen Menschen dokumentiert Schmerzpatienten sind haumlufig von einer Vielzahl an Erkrankungen betroffen das-Arzneiverordnungsvolumen uumlbersteigt altersentsprechend erwartete Werte um

mehr als 70 Prozent Insbesondere bei aumllteren Schmerzpatienten ist mit Arz-neimittelwechselwirkungen zu rechnen Eine interdisziplinaumlre und gut vernetzte Versorgung erscheint vor diesem Hinter-grund fuumlr Schmerzpatienten besonders wuumlnschenswert

Routinemaumlszligig werden im Report aktua-lisierte Auswertungen zur Inanspruch-nahme der ambulanten Versorgung zu Kosten sowie zu Erkrankungen praumlsentiert Ein gesonderter Abschnitt des diesjaumlhrigen Reportes befasst sich ergaumlnzend mit Aufmerksamkeitsdefizit- Hyperaktivitaumltsstoumlrungen (ADHS) und Methylphenidat-Verordnungen womit ein Update zu Schwerpunktauswertungen aus dem Arztreport 2013 bereitgestellt wird

Der BARMER GEK Arztreport wird in Zusammenarbeit mit dem AQUA - Institut fuumlr angewandte Qualitaumltsfoumlrderung und Forschung im Gesundheitswesen Goumlttin-gen herausgeben

Bertelsmann StiftungProgramm Versorgung verbessern ndash Patienten informieren Carl-Bertelsmann-Str 25633311 Guumltersloh wwwbertelsmann-stiftungdewwwgesundheitsmonitorde

Barmer GEK Lichtscheider Str 89ndash9542285 Wuppertalwwwbarmer-gekde

RedaktionDr Jan BoumlckenDr Ruumldiger MeierjuumlrgenDr Thomas Brechtel

IllustrationChristoph J Kellnerwwwanimanovade

AutorenProf Dr med Max GeraedtsRike Kraska Diplom-Biomathe matikerin ( Universitaumlt WittenHerdecke)

KontaktKatharina Einhaus Tel (05241) 81-8 13 81 Fax (05241) 81-68 13 81 katharinaeinhaus bertelsmann-stiftungde

Page 5: Zweitmeinungen - Bertelsmann Stiftung · Newsletter 01|2016 R R R. 2 genutzt hätten, bejahten allerdings 26 Prozent der Befragten. Diese Ergebnisse stehen in starkem Kontrast zu

5 Ein Newsletter der Bertelsmann Stiftung und der BARMER GEK

eingeholt wurde Tabelle 1 verdeutlicht dass die erste Indikationsstellung die dann in einer Zweitmeinung resultierte am haumlufigsten vom Hausarzt stammte (38 ) Nur ein Drittel dieser Indikati-onsstellungen wurde bei einem anderen Hausarzt uumlberpruumlft (13 ) Zumeist scheinen niedergelassene spezialisierte Fachaumlrzte und zu einem geringeren Teil Krankenhausaumlrzte fuumlr eine Zweitmeinung aufgesucht worden zu sein Wenn Ortho-paumlden Zahnaumlrzte Augenaumlrzte oder Onko-logen die erste Indikation gestellt hatten scheint die zweite Meinung bei einem anderen Arzt der gleichen Fachdisziplin eingeholt worden zu sein

Die Befragten die tatsaumlchlich eine Zweit-meinung in Anspruch genommen hatten taten dies noch ausgepraumlgter (als bei der theoretischen Frage) durch einen per-soumlnlichen Kontakt zum Arzt (97 ) und nur selten in einer Beratungsstelle (1 ) oder via Telefon Internet oder E-Mail mit einem Arzt (3 )

Bei den Gruumlnden fuumlr das Einholen einer Zweitmeinung lassen sich drei Gruppen unterscheiden (Abbildung 2) zum einen Befragte die schlechte Erfahrungen mit fruumlheren Untersuchungen oder Behand-lungen gemacht haben (zusammen rund 43 ) beziehungsweise kein Vertrauen zum Arzt haben (19 ) zum anderen Befragte die allgemein unsicher sind hin-sichtlich der Entscheidung fuumlr oder gegen eine Behandlung (53 ) und dann noch Befragte die aufgrund von Empfehlungen eine Zweitmeinung suchen (15 )

Moumlgliche Einflussfaktoren sind das Patientenalter das Patientengeschlecht und die Art der Krankenversicherung So geht ein houmlheres Patientenalter mit einer groumlszligeren Chance einher eine Zweitmeinung aufgrund von allgemeiner Unsicherheit oder fehlendem Vertrauen zum Arzt einzu holen Weiterhin haben eher weibliche Patienten sowie Patienten mit einer gesetzlichen Krankenversiche-

Fachdisziplinen von denen die Erst- und Zweitmeinung stammte (Befragte mit Zweitmeinungserfahrung)

Hausarzt

Facharztdisziplin

Orthopaumlde

Zahnarzt

Krankenhausarzt

Augenarzt

Onkologe

38

31

26

16

9

6

2

anderer Hausarzt

andere Facharztdisziplin

anderer Orthopaumlde

anderer Zahnarzt

anderer Krankenhausarzt

anderer Augenarzt

anderer Onkologe

13

40

26

14

14

5

3

Anteil in ProzentErstmeinung Anteil in ProzentZweitmeinung

Tabelle 1

Quelle Gesundheitsmonitor 2016 n = 382 Mehrfachnennungen moumlglich

Gruumlnde fuumlr das Einholen einer Zweitmeinung (Befragte mit Zweitmeinungserfahrung Angaben in Prozent)

0 10 20 30 40 50 60

Abbildung 2

Quelle Gesundheitsmonitor 2016 n = 379 Mehrfachnennungen moumlglich

einfach unsicher hinsichtlich der Entscheidung

fruumlhere UntersuchungenBehandlungen

hatten keinerlei Nutzen

kein Vertrauen zum Arzt

Angehoumlrigegute Freunde hatten dies empfohlen

fruumlhere UntersuchungenBehandlungen hatten

gesundheitlich negative Folgen

war im Fernsehen in Zeitschriften empfohlen

sonstiger Grund

6

rung eine Zweitmeinung aufgrund von Unsicher heiten oder fehlendem Vertrauen ein geholt In den Gruppen die eine Zweit-meinung wegen schlechter Erfahrungen oder aufgrund von Empfehlungen ein-geholt hatten konnten hingegen keine statistisch bedeutsamen Unterschiede gefunden werden

Betrachtet man das Spektrum der Untersuchungen und Behandlungen bei denen eine Zweitmeinung eingeholt

Waumlhrend beim Wunsch nach einer Zweit-meinung die Krebserkrankungen fuumlhrend waren (Abbildung 1) gaben nur wenige Befragte mit Zweitmeinungserfahrung an diese bei einer medikamentoumlsen Behand-lung wegen Krebs einer Chemotherapie oder Strahlentherapie gemacht zu haben Die groumlszligte Gruppe derjenigen die eine zweite Meinung wahrgenommen hatten nutzte diese fuumlr andere als die bei der Befragung spezifisch aufgefuumlhrten Unter-suchungen und Behandlungen sodass die Rubrik bdquosonstige Untersuchung oder Behandlung ldquo angekreuzt wurde (rund 48 )

Die Zweitmeinungen haben beim Groszligteil (72 ) der Befragten mit einer solchen Erfahrung zu einer Veraumlnderung der Entscheidung in Bezug auf eine laut Erst-meinung indizierte Untersuchung oder Behandlung gefuumlhrt 45 Prozent der Befrag-ten bejahten eine Entscheidungsaumlnderung 26 Prozent gaben dies bdquozum Teilldquo an und nur 27 Prozent verneinten ihre Entschei-dung veraumlndert zu haben (Abbildung 4)

Bei den multivariaten Analysen stellte sich unter anderem das Patientenalter als ein moumlglicher Einflussfaktor heraus So ging ein juumlngeres Patientenalter mit einer houmlhe-ren Chance einher dass eine Zweitmeinung auch zu einer Entscheidungsaumlnderung fuumlhrte Zudem war die Zufriedenheit mit der bisherigen Untersuchung oder Behand-lung ebenfalls ein statistisch bedeutsamer Einfluss Die Zweitmeinung fuumlhrte eher zu einer Entscheidungsaumlnderung wenn Patienten mit der bisherigen Diagnose oder Behandlung unzufrieden waren

Dementsprechend hielten fast alle Befragten das Einholen der Zweitmei-nung fuumlr sinnvoll 74 Prozent konstatier-ten bdquoja auf jeden Fallldquo sinnvoll weitere 15 Prozent bdquoeher jaldquo und sieben Prozent bdquoteils teilsldquo Nur vier Prozent antworte-ten bdquoeher neinldquo und ein Prozent bdquonein auf keinen Fallldquo

wurde dann unterscheidet sich die tat-saumlchliche Inanspruchnahme wiederum vom theoretischen Wunsch wie ein Ver-gleich von Abbildung 3 mit Abbildung 1 deutlich macht Von den Befragten mit einer Zweitmeinungserfahrung gaben 16 Prozent an diese zweite Meinung bei Operationen an Knochen oder Gelenken eingeholt zu haben Am zweithaumlufigsten wurden medikamentoumlse Behandlungen genannt die nicht wegen einer Krebs-erkrankung angezeigt waren (11 )

Untersuchungen und Behandlungen zu denen eine Zweitmeinung eingeholt wurde (Befragte mit Zweitmeinungserfahrung Angaben in Prozent)

0 10 20 30 40 50 60

Abbildung 3

Quelle Gesundheitsmonitor 2016 n = 379 Mehrfachnennungen moumlglich

Operation an KnochenGelenken

medikamentoumlse Behandlung (nicht wegen Krebs)

zahnaumlrztliche Operationen

Zahnersatz

sonstige Operationen

SpiegelungEndoskopie innerer Organe

Operation an inneren Organen

Gelenkspiegelung (Arthroskopie)

medikamentoumlse Behandlung (wegen Krebs)

Chemotherapie

Herzkatheter

sonstige UntersuchungBehandlung

7 Ein Newsletter der Bertelsmann Stiftung und der BARMER GEK

Erfahrungen mit dem Beratungsangebot der Krankenkassen

Die meisten Krankenkassen bieten ihren Versicherten inzwischen einen telefoni-schen Beratungsservice an der bei Bedarf auch eine aumlrztliche Beratung umfasst die wiederum zum Teil explizit auch Zweit-meinungen anbietet Einige Krankenkassen benennen Erkrankungen fuumlr die sie einen fachlich versierten Zweitmeinungsservice vorhalten Der Bekanntheitsgrad dieses Angebots und die Erfahrungen mit einer telefonischen Beratung durch die Kranken-kassen war ebenfalls Thema der Befragung

Von dem Angebot einer telefonischen Bera-tung durch Aumlrzte der eigenen Kranken-kasse wussten 27 Prozent der Befragten Manche waren sich sicher dass ihre Krankenkasse ein solches Angebot nicht vorhaumllt (4 ) Die meisten Befragten (68 ) gaben an dies nicht zu wissen Von denen die das Angebot ihrer Krankenkasse kann-ten hatten 20 Prozent dieses schon einmal genutzt ndash das entspricht knapp sechs Pro-zent aller Befragungsteilnehmer

Die Befragten die eine telefonische aumlrzt-liche Beratung ihrer Krankenkasse in Anspruch genommen hatten waren fast durchweg damit zufrieden Knapp 69 Prozent waren entweder sehr (32 ) oder eher (36 ) zufrieden weitere 19 Prozent vermerkten bdquoteils teilsldquo Nur zwoumllf Pro-zent waren eher (9 ) oder sehr unzufrie-den (3 )

Die telefonische aumlrztliche Beratung der Krankenkasse fuumlhrte seltener zu einer Entscheidungsaumlnderung als die meist im persoumlnlichen Gespraumlch wahrgenommene Zweitmeinung (Abbildung 4) Stattdessen wurde eher das Vertrauen in die Erst-meinung gestaumlrkt So gaben 34 Prozent der Befragten einer Krankenkassenbe-ratung an dass das Vertrauen in die urspruumlngliche Arztempfehlung sehr viel (9 ) oder etwas groumlszliger (25 ) als vor der Beratung war Fuumlr 52 Prozent war das

Entscheidungsveraumlnderung aufgrund der Zweitmeinung (Befragte mit Zweitmeinungserfahrung Angaben in Prozent)

0 10 20 30 40 50

Abbildung 4

Quelle Gesundheitsmonitor 2016 n = 379

ja

nein

teilsteils

weiszlig nicht mehr

keine Angabe

Reaktionen auf eine telefonische aumlrztliche Beratung der Krankenkasse (Befragte mit telefonischer Beratungserfahrung Angaben in Prozent)

0 10 20 30 40 50

Abbildung 5

Quelle Gesundheitsmonitor 2016 n = 89 Mehrfachnennungen moumlglich

fuumlr die zuerst vom Arzt empfohlene Behandlung

entschieden

noch eine Zweitmeinung bei einem anderen

niedergelassenen Arzt eingeholt

im Internet noch einmal ausfuumlhrlich uumlber die

UntersuchungBehandlung informiert

nichts unternommen und die Entscheidung

fuumlr laumlngere Zeit aufgeschoben

fuumlr eine ganz andere Untersuchungs-

Behandlungsmethode entschieden

8

Vertrauen in die Erstmeinung unveraumln-dert und nur fuumlr 14 Prozent war es etwas (5 ) oder sehr viel geringer (8 ) als vorher

Auf die aumlrztliche Beratung ihrer Kranken-kasse reagierten die Befragten unter-schiedlich Die meisten (45 ) entschie-den sich fuumlr die zuerst vom Arzt empfoh-lene Behandlung 24 Prozent holten noch eine Zweitmeinung bei einem anderen niedergelassenen Arzt ein 21 Prozent informierten sich weiter im Internet und 20 Prozent unternahmen nichts und schoben die Entscheidung auf Nur acht Prozent entschieden sich fuumlr eine ganz andere Untersuchungs- oder Behand-lungsmethode (Abbildung 5)

Zahlungsbereitschaft

Bei der Zahlungsbereitschaft teilen die Befragten sich in zwei fast gleich groszlige Gruppen bdquoWaumlren Sie unter bestimmten Bedingungen bereit einen Teil der Kosten fuumlr eine aumlrztliche Zweitmeinung selbst

Bei der Houmlhe der Zahlungsbereit-schaft zeigten sich ebenfalls statistisch bedeutsame Unterschiede zwischen den Sozialschichten ndash die jedoch anders als erwartet ausfielen Waumlhrend die Befragten im Median zu einer Kosten-uumlbernahme von 80 Euro bereit waumlren lag der Mittelwert bei 154 Euro wobei An gehoumlrige der Unterschicht im Mittel 388 Euro die der Mittelschicht 117 Euro und die der Oberschicht 124 Euro zu zahlen bereit waumlren

Diskussion und gesundheits-politische Implikationen fuumlr das Verfahren der Zweitmeinung

Mehr als zwei Drittel der Bevoumllkerung halten es fuumlr wichtig dass das Gesund-heitssystem die Moumlglichkeit bietet eine Zweitmeinung einholen zu koumlnnen Fuumlr besonders relevant halten die Buumlrger eine solche Moumlglichkeit gerade bei Krebserkrankungen bei Operationen an Knochen und Gelenken sowie inneren Organen und bei Herzkatheteruntersu-chungen Etwa ein Viertel der Bevoumllke-rung hat bereits konkrete Erfahrungen mit Zweitmeinungen gemacht Diese wurden groumlszligtenteils vor operativen Eingriffen aufgrund einer Entscheidungs-unsicherheit oder schlechter Erfahrun-gen mit fruumlheren Untersuchungen oder Behandlungen eingeholt

Bei knapp drei Viertel derjenigen die Erfahrungen mit Zweitmeinungen haben hat die zweite Meinung zu einer Ent-scheidungsaumlnderung gefuumlhrt Daher ist es auch nicht verwunderlich dass Zweit-meinungen fast durchweg als sinnvoll eingeschaumltzt werden Die Haumllfte der Bevoumllkerung kann sich vorstellen unter bestimmten Umstaumlnden zumindest einen Teil der Kosten selbst zu tragen wobei diese Zahlungsbereitschaft in direktem Zusammenhang mit der individuellen Finanzkraft steht

zu bezahlenldquo beantworteten 54 Prozent mit bdquojaldquo (7 ) oder mit bdquovielleicht kommt drauf anldquo (47 ) waumlhrend 45 Prozent klar bdquonein auf keinen Fallldquo antworte-ten Erwartungsgemaumlszlig waren in den bivariaten Analysen Privatversicherte und Oberschichtangehoumlrige am ehesten bereit einen Teil der Kosten zu zahlen Zudem waren Mittelschichtangehoumlrige im Vergleich zu Unterschichtangehoumlri-gen ebenfalls statistisch bedeutsam eher bereit zur Kostenuumlbernahme

Unter welchen Bedingungen koumlnnen sich die Befragten die Uumlbernahme eines Teils der Kosten vorstellen Auch hier zeigten sich gleichartige bedeutsame Unter-schiede abhaumlngig von der Zugehoumlrigkeit zur Sozialschicht sowie vom Versiche-rungsstatus Eine besonders hohe Zah-lungsbereitschaft bewiesen die Befragten wenn es sich um lebensbedrohliche Erkrankungen solche mit Behandlungs-risiken oder lange andauernden Sympto-men handelte (Abbildung 6)

Zahlungsbereitschaft fuumlr Zweitmeinungen in Abhaumlngigkeit von der Art der Erkrankung Behandlung (Befragte mit grundsaumltzlicher Zahlungsbereitschaft Angaben in Prozent)

0 10 20 30 40 50 60 70

Abbildung 6

Quelle Gesundheitsmonitor 2016 n = 89 Mehrfachnennungen moumlglich

bei einer lebensbedrohlichen Erkrankung

bei einer geplanten Behandlungsmethode

die auch Gesundheitsrisiken mit sich bringt

bei einer Erkrankung wenn die Symptome

laumlngere Zeit nicht abnehmen

bei einer geplanten Behandlungsmethode

deren Nutzen nicht bewiesen ist

eigentlich immer

9 Ein Newsletter der Bertelsmann Stiftung und der BARMER GEK

Die Befragung des Gesundheits monitors bestaumltigt damit zum einen die oben erwaumlhnten Ergebnisse der KBV-Versicher-tenbefragung und zum anderen die eigenen Ergebnisse bei der Befragung von Krankenhauspatienten ndash hier lag der Anteil der Patienten mit einer Zweit-meinungserfahrung bei rund 25 Prozent Dagegen erscheinen die Befragungser-gebnisse der Asklepios-Gruppe mit einer angeblichen Zweitmeinungserfahrung von 50 Prozent der Bevoumllkerung tatsaumlchlich als zu hoch

Ein wichtiges Ergebnis fuumlr die gesund-heitspolitische Diskussion zur Ausgestal-tung des gesetzlichen Zweitmeinungs-verfahrens liegt darin dass sich rund drei Viertel der Bevoumllkerung wuumlnschen eine Zweitmeinung einholen zu koumlnnen Dabei bezieht sich dieser Wunsch nicht nur auf die vom Gesetzgeber ins Auge gefassten elektiven mengenrelevanten operativen Eingriffe sondern die Versicherten halten eine zweite Meinung gerade bei schweren Erkrankungen vor allem auch Krebser-krankungen fuumlr wichtig

Ebenfalls als Hinweis fuumlr die weitere Ausgestaltung der Verfahren zu wer-ten sind die Ergebnisse zur Praumlferenz fuumlr Zweitmeinungen durch Fachaumlrzte im niedergelassenen Bereich Und die Befragten moumlchten sich im persoumlnlichen Gespraumlch beraten lassen nicht per Telefon oder Internet

Die von den Krankenversicherungen bereits angebotenen oft telefonbasierten Angebote sind den meisten Versicherten bisher unbekannt Diese Beratungen fuumlhren wesentlich seltener zu einer Aumlnde-rung der Entscheidung als eine zweite Meinung von Aumlrzten im persoumlnlichen Kontakt Ob dies Vorteil oder Nachteil ist laumlsst sich anhand der Befragungsergeb-nisse nicht schlussfolgern Auf jeden Fall scheint die telefonische Beratung durch Aumlrzte der Krankenkassen ndash im Vergleich zur persoumlnlichen Beratung durch nieder-

gelassene Aumlrzte ndash die Ratsuchenden oumlfter mit Unsicherheiten uumlber ihre Entschei-dung zuruumlckzulassen

Mindestens die Haumllfte der Bevoumllkerung ist grundsaumltzlich bereit fuumlr eine aumlrztliche Zweitmeinung zu zahlen Es gibt jedoch klar Unterschiede nach Sozialschichten Bei einer Ausgestaltung des Zweit-meinungssystems als kostenpflichtiges Zusatzangebot der Krankenversiche-rungen waumlre mit einer Verstaumlrkung der sozialen Disparitaumlten von Gesundheit und Krankheit in Deutschland zu rech-nen Der ungewoumlhnliche Befund dass Angehoumlrige der unteren Schicht die zah-lungsbereit waumlren einen houmlheren Betrag ausgeben wuumlrden als Angehoumlrige houmlherer Schichten laumlsst sich am ehesten dadurch erklaumlren dass die Kosten beziehungs-weise die Verguumltung aumlrztlicher Beratung moumlglicherweise uumlberschaumltzt werden

Insgesamt gibt es eine groszlige Nachfrage nach Zweitmeinungen vor allem bei Unsicherheiten hinsichtlich der Behand-lung schwerer Erkrankungen Zweit-meinungen werden zum Teil schon jetzt eingeholt und als entscheidungsrelevant und sinnvoll erachtet Damit dies auch zukuumlnftig so bleibt sollte ein patien-tenorientiertes gerechtes Angebot allen sozialen Schichten zur Verfuumlgung gestellt werden das nicht auf mengenrelevante Eingriffe beschraumlnkt ist im persoumlnlichen Kontakt zu Aumlrzten stattfindet und keine Zuzahlung erfordert

Literatur

n de Cruppeacute W und M Geraedts Abschlussbericht Krankenhauswahl-verhalten chronisch Kranker 2014 wwwforschung-patientenorientierungdefilesabschlussbericht_geraedts_ krankenhauswahlverhalten-bmbf-01gx1047pdf (Download 4112015)

n Geraedts M bdquoDie aumlrztliche Zweitmei-nung bei der Therapiewahlldquo Kranken-haus-Report 2013 ndash Mengendynamik

mehr Menge mehr Nutzen Hrsg J Klauber M Geraedts J Friedrich und J Wasem Stuttgart und New York 2013 215ndash222

n Grafe W R C K McSherry M L Finkel und E G McCarthy bdquoThe elec-tive surgery second opinion programrdquo Annals of Surgery (188) 3 1978 323ndash330

n IMWF ndash Institut fuumlr Management- und Wirtschaftsforschung GmbH ndash und Asklepios Kliniken Hamburg GmbH Studie Zweitmeinungsverfahren aus Patientensicht Hamburg 2014 wwwimwfdeStudien-und-Untersu-chungenStudie-Zweitmeinungsverfah-ren-aus-Patientensicht-2014 (Download 812015)

n KBV ndash Kassenaumlrztliche Bundesverei-nigung Versichertenbefragung der Kassenaumlrztlichen Bundesvereinigung Ergebnisse einer repraumlsentativen Bevoumll-kerungsumfrage MaiJuni 2006 wwwkbvdemediaspVersicherten-befragung_2006_08_15_1_pdf (Down-load 4112015)

n Lindsey P A und J P Newhouse bdquoThe cost and value of second surgical opi-nion programs a critical review of the literaturerdquo Journal of Health Politics Policy and Law (15) 3 1990 543ndash570

n McSherry C K P-J Chen T M Wor-ner N Kupferstein und E G McCarthy bdquoSecond surgical opinion programs dead or aliverdquo Journal of the American Col-lege of Surgeons (185) 5 1997 451ndash456

n Siegmund-Schultze N und B Hibbeler bdquoInitiative gegen uumlberfluumlssige Operatio-nen Zweitgutachten per Fernberatungldquo Deutsches Aumlrzteblatt (108) 34ndash35 2011 A-1776ndash1777

n Techniker Krankenkasse bdquoDrei Viertel der gesetzlich Versicherten wuumlrden bei OP-Empfehlung zweite Meinung einholenldquo Pressemitteilung 7102015 wwwtkdetkpressemitteilungengesundheit-und-service773104 (Down-load 22102015)

10

Autorin und Autor

Prof Dr med Max Geraedts M San ist Universitaumltsprofessor fuumlr Gesund-heitssystemforschung an der Fakultaumlt fuumlr Gesundheit der Universitaumlt WittenHerdecke Nach dem Studium der Humanmedizin in Marburg und einer aumlrztlichen Taumltigkeit in der dortigen Universitaumltsklinik studierte er Gesund-heitswissenschaften und Sozialmedi-zinPublic Health an der Universitaumlt Duumlsseldorf Er war wissenschaftlicher Mitarbeiter an den Universitaumlten Duumlsseldorf und Tuumlbingen sowie Postdoc-toral Fellow am Institute for Health Policy Studies der Universitaumlt in San Francisco Nach der Habilitation im Fach Gesund-heitssystemforschung in Tuumlbingen war er Professor fuumlr Public Health in Duumlsseldorf bevor er 2009 den Lehrstuhl fuumlr Gesund-heitssystemforschung in Witten uumlber-nahm Seine Forschungsschwerpunkte liegen in der Evaluation gesundheits-politischer Maszlignahmen im Allgemeinen und der Messung und Evaluation der Qualitaumlt der gesundheitlichen Versorgung im Speziellen

Rike Kraska Diplom-Biomathematikerin ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut fuumlr Gesundheitssystemforschung an der Fakultaumlt fuumlr Gesundheit der Uni-versitaumlt WittenHerdecke Von 2007 bis 2012 studierte sie Biomathematik mit den Schwerpunkten StatistikStochastik und Molekularbiologie an der Ernst-Moritz-Arndt-Universitaumlt Greifswald Zu ihren Arbeits- und Forschungsschwerpunkten gehoumlren die Planung und Auswertung von Sekundaumlrdatenanalysen und die Evaluation der Qualitaumlt der gesundheit-lichen Versorgung

11 Ein Newsletter der Bertelsmann Stiftung und der BARMER GEK

Das Angebot an Gesundheits-Apps waumlchst stetig Im Web buhlen unzaumlhlige Gesund-heits-Websites um die Aufmerksamkeit der Nutzer Doch was verbirgt sich hinter dem Angebot welche Relevanz hat es fuumlr die Gesundheitsversorgung Die Bertels-mann Stiftung hat den Markt der digita-len Gesundheits-Anwendungen fuumlr Buumlrger systematisch analysiert und Thesen zum Status quo des Angebots abgeleitet

Der Diskurs um Chancen Risiken und Folgen digitaler Anwendungen im Gesundheitsbereich erfordert eine struk-turierende Basis In der Grundlagenstudie bdquoDigital-Health-Anwendungen fuumlr Buumlrgerldquo haben die Studienautoren im Auftrag der Bertelsmann Stiftung ein umfassendes Klassifikationsverfahren fuumlr Digital-Health-Anwendungen entwickelt und den bislang unuumlbersichtlichen Markt der Anwendungen in sieben uumlbersichtliche Typen eingeteilt Im SPOTLIGHT GESUND-HEIT sind die zentralen Aus sagen der Studie zusammengefasst Die Kernthese lautet Digital-Health-Anwendungen sind ein bedeutender Hebel fuumlr Patient Empower ment Jedoch werden die Poten-ziale noch kaum genutzt Die Akteure des klassischen Gesundheitssystems muumlssen die Chancen von digitalen Technologien aktiv auf greifen und Verfahren fuumlr die Etablierung von Innovationen entwickeln die der Dynamik des digitalen Marktes Rechnung tragen

Das SPOTLIGHT GESUNDHEIT zu Gesundheits-Apps ist im Kontext des neuen Projekts bdquoDer digitale Patientldquo entstanden In dem Projekt setzt sich die Bertelsmann Stiftung mit dem Einfluss der Digitalisierung auf die Gesundheits-versorgung auseinander

Weblink wwwder-digitale-patientde Autoren T Thranberend K Knoumlppler T NeiseckeGesundheits-Apps Bedeutender Hebel fuumlr Patient Empowerment ndash Potenziale jedoch bislang kaum genutzt SPOTLIGHT GESUND-HEIT Nr 2 2016 Bertelsmann Stiftung (Hrsg)Preis kostenlos ISSN (Online) 2364-5970

LiteraturTippGesundheits-Apps ndash Bedeutender Hebel fuumlr Patient Empowerment

Autoren TG Grobe S Steinmann J Szecsenyi BARMER GEK Arztreport 2016 Schriftenreihe zur Gesundheitsanalyse Band 37 Preis 1490 euromiddot ISBN 978-3-946-19902-1 Mail versorgungsforschungbarmer-gekde

BuchTipp BARMER GEK Arztreport 2016

Bereits zum zehnten Mal gibt der BARMER GEK Arztreport 2016 einen umfassenden Uumlberblick zur ambulanten aumlrztlichen Versorgung in Deutschland Berichtet werden vorrangig Ergebnisse aus dem Jahr 2014 sowie Trends die auf Auswertungen von anonymisierten Daten der BARMER GEK zu mehr als 8 Millionen Versicherten ab 2005 beruhen Der diesjaumlhrige Schwerpunkt des Repor-tes befasst sich mit dem Thema raquoAlter und Schmerzlaquo Diagnosen mit direktem Schmerzbezug wurden 2014 bei 46 Pro-zent der Bevoumllkerung dokumentiert Der von akuten Schmerzen betroffene Bevoumll-kerungsanteil duumlrfte damit noch unter-schaumltzt werden Die Auswertungen fokus-sieren vorrangig auf chronische Schmer-zen die eine eigenstaumlndige Erkrankung darstellen Entsprechende Diagnosen wurden 2014 in Deutschland bei rund 325 Millionen Menschen dokumentiert Schmerzpatienten sind haumlufig von einer Vielzahl an Erkrankungen betroffen das-Arzneiverordnungsvolumen uumlbersteigt altersentsprechend erwartete Werte um

mehr als 70 Prozent Insbesondere bei aumllteren Schmerzpatienten ist mit Arz-neimittelwechselwirkungen zu rechnen Eine interdisziplinaumlre und gut vernetzte Versorgung erscheint vor diesem Hinter-grund fuumlr Schmerzpatienten besonders wuumlnschenswert

Routinemaumlszligig werden im Report aktua-lisierte Auswertungen zur Inanspruch-nahme der ambulanten Versorgung zu Kosten sowie zu Erkrankungen praumlsentiert Ein gesonderter Abschnitt des diesjaumlhrigen Reportes befasst sich ergaumlnzend mit Aufmerksamkeitsdefizit- Hyperaktivitaumltsstoumlrungen (ADHS) und Methylphenidat-Verordnungen womit ein Update zu Schwerpunktauswertungen aus dem Arztreport 2013 bereitgestellt wird

Der BARMER GEK Arztreport wird in Zusammenarbeit mit dem AQUA - Institut fuumlr angewandte Qualitaumltsfoumlrderung und Forschung im Gesundheitswesen Goumlttin-gen herausgeben

Bertelsmann StiftungProgramm Versorgung verbessern ndash Patienten informieren Carl-Bertelsmann-Str 25633311 Guumltersloh wwwbertelsmann-stiftungdewwwgesundheitsmonitorde

Barmer GEK Lichtscheider Str 89ndash9542285 Wuppertalwwwbarmer-gekde

RedaktionDr Jan BoumlckenDr Ruumldiger MeierjuumlrgenDr Thomas Brechtel

IllustrationChristoph J Kellnerwwwanimanovade

AutorenProf Dr med Max GeraedtsRike Kraska Diplom-Biomathe matikerin ( Universitaumlt WittenHerdecke)

KontaktKatharina Einhaus Tel (05241) 81-8 13 81 Fax (05241) 81-68 13 81 katharinaeinhaus bertelsmann-stiftungde

Page 6: Zweitmeinungen - Bertelsmann Stiftung · Newsletter 01|2016 R R R. 2 genutzt hätten, bejahten allerdings 26 Prozent der Befragten. Diese Ergebnisse stehen in starkem Kontrast zu

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rung eine Zweitmeinung aufgrund von Unsicher heiten oder fehlendem Vertrauen ein geholt In den Gruppen die eine Zweit-meinung wegen schlechter Erfahrungen oder aufgrund von Empfehlungen ein-geholt hatten konnten hingegen keine statistisch bedeutsamen Unterschiede gefunden werden

Betrachtet man das Spektrum der Untersuchungen und Behandlungen bei denen eine Zweitmeinung eingeholt

Waumlhrend beim Wunsch nach einer Zweit-meinung die Krebserkrankungen fuumlhrend waren (Abbildung 1) gaben nur wenige Befragte mit Zweitmeinungserfahrung an diese bei einer medikamentoumlsen Behand-lung wegen Krebs einer Chemotherapie oder Strahlentherapie gemacht zu haben Die groumlszligte Gruppe derjenigen die eine zweite Meinung wahrgenommen hatten nutzte diese fuumlr andere als die bei der Befragung spezifisch aufgefuumlhrten Unter-suchungen und Behandlungen sodass die Rubrik bdquosonstige Untersuchung oder Behandlung ldquo angekreuzt wurde (rund 48 )

Die Zweitmeinungen haben beim Groszligteil (72 ) der Befragten mit einer solchen Erfahrung zu einer Veraumlnderung der Entscheidung in Bezug auf eine laut Erst-meinung indizierte Untersuchung oder Behandlung gefuumlhrt 45 Prozent der Befrag-ten bejahten eine Entscheidungsaumlnderung 26 Prozent gaben dies bdquozum Teilldquo an und nur 27 Prozent verneinten ihre Entschei-dung veraumlndert zu haben (Abbildung 4)

Bei den multivariaten Analysen stellte sich unter anderem das Patientenalter als ein moumlglicher Einflussfaktor heraus So ging ein juumlngeres Patientenalter mit einer houmlhe-ren Chance einher dass eine Zweitmeinung auch zu einer Entscheidungsaumlnderung fuumlhrte Zudem war die Zufriedenheit mit der bisherigen Untersuchung oder Behand-lung ebenfalls ein statistisch bedeutsamer Einfluss Die Zweitmeinung fuumlhrte eher zu einer Entscheidungsaumlnderung wenn Patienten mit der bisherigen Diagnose oder Behandlung unzufrieden waren

Dementsprechend hielten fast alle Befragten das Einholen der Zweitmei-nung fuumlr sinnvoll 74 Prozent konstatier-ten bdquoja auf jeden Fallldquo sinnvoll weitere 15 Prozent bdquoeher jaldquo und sieben Prozent bdquoteils teilsldquo Nur vier Prozent antworte-ten bdquoeher neinldquo und ein Prozent bdquonein auf keinen Fallldquo

wurde dann unterscheidet sich die tat-saumlchliche Inanspruchnahme wiederum vom theoretischen Wunsch wie ein Ver-gleich von Abbildung 3 mit Abbildung 1 deutlich macht Von den Befragten mit einer Zweitmeinungserfahrung gaben 16 Prozent an diese zweite Meinung bei Operationen an Knochen oder Gelenken eingeholt zu haben Am zweithaumlufigsten wurden medikamentoumlse Behandlungen genannt die nicht wegen einer Krebs-erkrankung angezeigt waren (11 )

Untersuchungen und Behandlungen zu denen eine Zweitmeinung eingeholt wurde (Befragte mit Zweitmeinungserfahrung Angaben in Prozent)

0 10 20 30 40 50 60

Abbildung 3

Quelle Gesundheitsmonitor 2016 n = 379 Mehrfachnennungen moumlglich

Operation an KnochenGelenken

medikamentoumlse Behandlung (nicht wegen Krebs)

zahnaumlrztliche Operationen

Zahnersatz

sonstige Operationen

SpiegelungEndoskopie innerer Organe

Operation an inneren Organen

Gelenkspiegelung (Arthroskopie)

medikamentoumlse Behandlung (wegen Krebs)

Chemotherapie

Herzkatheter

sonstige UntersuchungBehandlung

7 Ein Newsletter der Bertelsmann Stiftung und der BARMER GEK

Erfahrungen mit dem Beratungsangebot der Krankenkassen

Die meisten Krankenkassen bieten ihren Versicherten inzwischen einen telefoni-schen Beratungsservice an der bei Bedarf auch eine aumlrztliche Beratung umfasst die wiederum zum Teil explizit auch Zweit-meinungen anbietet Einige Krankenkassen benennen Erkrankungen fuumlr die sie einen fachlich versierten Zweitmeinungsservice vorhalten Der Bekanntheitsgrad dieses Angebots und die Erfahrungen mit einer telefonischen Beratung durch die Kranken-kassen war ebenfalls Thema der Befragung

Von dem Angebot einer telefonischen Bera-tung durch Aumlrzte der eigenen Kranken-kasse wussten 27 Prozent der Befragten Manche waren sich sicher dass ihre Krankenkasse ein solches Angebot nicht vorhaumllt (4 ) Die meisten Befragten (68 ) gaben an dies nicht zu wissen Von denen die das Angebot ihrer Krankenkasse kann-ten hatten 20 Prozent dieses schon einmal genutzt ndash das entspricht knapp sechs Pro-zent aller Befragungsteilnehmer

Die Befragten die eine telefonische aumlrzt-liche Beratung ihrer Krankenkasse in Anspruch genommen hatten waren fast durchweg damit zufrieden Knapp 69 Prozent waren entweder sehr (32 ) oder eher (36 ) zufrieden weitere 19 Prozent vermerkten bdquoteils teilsldquo Nur zwoumllf Pro-zent waren eher (9 ) oder sehr unzufrie-den (3 )

Die telefonische aumlrztliche Beratung der Krankenkasse fuumlhrte seltener zu einer Entscheidungsaumlnderung als die meist im persoumlnlichen Gespraumlch wahrgenommene Zweitmeinung (Abbildung 4) Stattdessen wurde eher das Vertrauen in die Erst-meinung gestaumlrkt So gaben 34 Prozent der Befragten einer Krankenkassenbe-ratung an dass das Vertrauen in die urspruumlngliche Arztempfehlung sehr viel (9 ) oder etwas groumlszliger (25 ) als vor der Beratung war Fuumlr 52 Prozent war das

Entscheidungsveraumlnderung aufgrund der Zweitmeinung (Befragte mit Zweitmeinungserfahrung Angaben in Prozent)

0 10 20 30 40 50

Abbildung 4

Quelle Gesundheitsmonitor 2016 n = 379

ja

nein

teilsteils

weiszlig nicht mehr

keine Angabe

Reaktionen auf eine telefonische aumlrztliche Beratung der Krankenkasse (Befragte mit telefonischer Beratungserfahrung Angaben in Prozent)

0 10 20 30 40 50

Abbildung 5

Quelle Gesundheitsmonitor 2016 n = 89 Mehrfachnennungen moumlglich

fuumlr die zuerst vom Arzt empfohlene Behandlung

entschieden

noch eine Zweitmeinung bei einem anderen

niedergelassenen Arzt eingeholt

im Internet noch einmal ausfuumlhrlich uumlber die

UntersuchungBehandlung informiert

nichts unternommen und die Entscheidung

fuumlr laumlngere Zeit aufgeschoben

fuumlr eine ganz andere Untersuchungs-

Behandlungsmethode entschieden

8

Vertrauen in die Erstmeinung unveraumln-dert und nur fuumlr 14 Prozent war es etwas (5 ) oder sehr viel geringer (8 ) als vorher

Auf die aumlrztliche Beratung ihrer Kranken-kasse reagierten die Befragten unter-schiedlich Die meisten (45 ) entschie-den sich fuumlr die zuerst vom Arzt empfoh-lene Behandlung 24 Prozent holten noch eine Zweitmeinung bei einem anderen niedergelassenen Arzt ein 21 Prozent informierten sich weiter im Internet und 20 Prozent unternahmen nichts und schoben die Entscheidung auf Nur acht Prozent entschieden sich fuumlr eine ganz andere Untersuchungs- oder Behand-lungsmethode (Abbildung 5)

Zahlungsbereitschaft

Bei der Zahlungsbereitschaft teilen die Befragten sich in zwei fast gleich groszlige Gruppen bdquoWaumlren Sie unter bestimmten Bedingungen bereit einen Teil der Kosten fuumlr eine aumlrztliche Zweitmeinung selbst

Bei der Houmlhe der Zahlungsbereit-schaft zeigten sich ebenfalls statistisch bedeutsame Unterschiede zwischen den Sozialschichten ndash die jedoch anders als erwartet ausfielen Waumlhrend die Befragten im Median zu einer Kosten-uumlbernahme von 80 Euro bereit waumlren lag der Mittelwert bei 154 Euro wobei An gehoumlrige der Unterschicht im Mittel 388 Euro die der Mittelschicht 117 Euro und die der Oberschicht 124 Euro zu zahlen bereit waumlren

Diskussion und gesundheits-politische Implikationen fuumlr das Verfahren der Zweitmeinung

Mehr als zwei Drittel der Bevoumllkerung halten es fuumlr wichtig dass das Gesund-heitssystem die Moumlglichkeit bietet eine Zweitmeinung einholen zu koumlnnen Fuumlr besonders relevant halten die Buumlrger eine solche Moumlglichkeit gerade bei Krebserkrankungen bei Operationen an Knochen und Gelenken sowie inneren Organen und bei Herzkatheteruntersu-chungen Etwa ein Viertel der Bevoumllke-rung hat bereits konkrete Erfahrungen mit Zweitmeinungen gemacht Diese wurden groumlszligtenteils vor operativen Eingriffen aufgrund einer Entscheidungs-unsicherheit oder schlechter Erfahrun-gen mit fruumlheren Untersuchungen oder Behandlungen eingeholt

Bei knapp drei Viertel derjenigen die Erfahrungen mit Zweitmeinungen haben hat die zweite Meinung zu einer Ent-scheidungsaumlnderung gefuumlhrt Daher ist es auch nicht verwunderlich dass Zweit-meinungen fast durchweg als sinnvoll eingeschaumltzt werden Die Haumllfte der Bevoumllkerung kann sich vorstellen unter bestimmten Umstaumlnden zumindest einen Teil der Kosten selbst zu tragen wobei diese Zahlungsbereitschaft in direktem Zusammenhang mit der individuellen Finanzkraft steht

zu bezahlenldquo beantworteten 54 Prozent mit bdquojaldquo (7 ) oder mit bdquovielleicht kommt drauf anldquo (47 ) waumlhrend 45 Prozent klar bdquonein auf keinen Fallldquo antworte-ten Erwartungsgemaumlszlig waren in den bivariaten Analysen Privatversicherte und Oberschichtangehoumlrige am ehesten bereit einen Teil der Kosten zu zahlen Zudem waren Mittelschichtangehoumlrige im Vergleich zu Unterschichtangehoumlri-gen ebenfalls statistisch bedeutsam eher bereit zur Kostenuumlbernahme

Unter welchen Bedingungen koumlnnen sich die Befragten die Uumlbernahme eines Teils der Kosten vorstellen Auch hier zeigten sich gleichartige bedeutsame Unter-schiede abhaumlngig von der Zugehoumlrigkeit zur Sozialschicht sowie vom Versiche-rungsstatus Eine besonders hohe Zah-lungsbereitschaft bewiesen die Befragten wenn es sich um lebensbedrohliche Erkrankungen solche mit Behandlungs-risiken oder lange andauernden Sympto-men handelte (Abbildung 6)

Zahlungsbereitschaft fuumlr Zweitmeinungen in Abhaumlngigkeit von der Art der Erkrankung Behandlung (Befragte mit grundsaumltzlicher Zahlungsbereitschaft Angaben in Prozent)

0 10 20 30 40 50 60 70

Abbildung 6

Quelle Gesundheitsmonitor 2016 n = 89 Mehrfachnennungen moumlglich

bei einer lebensbedrohlichen Erkrankung

bei einer geplanten Behandlungsmethode

die auch Gesundheitsrisiken mit sich bringt

bei einer Erkrankung wenn die Symptome

laumlngere Zeit nicht abnehmen

bei einer geplanten Behandlungsmethode

deren Nutzen nicht bewiesen ist

eigentlich immer

9 Ein Newsletter der Bertelsmann Stiftung und der BARMER GEK

Die Befragung des Gesundheits monitors bestaumltigt damit zum einen die oben erwaumlhnten Ergebnisse der KBV-Versicher-tenbefragung und zum anderen die eigenen Ergebnisse bei der Befragung von Krankenhauspatienten ndash hier lag der Anteil der Patienten mit einer Zweit-meinungserfahrung bei rund 25 Prozent Dagegen erscheinen die Befragungser-gebnisse der Asklepios-Gruppe mit einer angeblichen Zweitmeinungserfahrung von 50 Prozent der Bevoumllkerung tatsaumlchlich als zu hoch

Ein wichtiges Ergebnis fuumlr die gesund-heitspolitische Diskussion zur Ausgestal-tung des gesetzlichen Zweitmeinungs-verfahrens liegt darin dass sich rund drei Viertel der Bevoumllkerung wuumlnschen eine Zweitmeinung einholen zu koumlnnen Dabei bezieht sich dieser Wunsch nicht nur auf die vom Gesetzgeber ins Auge gefassten elektiven mengenrelevanten operativen Eingriffe sondern die Versicherten halten eine zweite Meinung gerade bei schweren Erkrankungen vor allem auch Krebser-krankungen fuumlr wichtig

Ebenfalls als Hinweis fuumlr die weitere Ausgestaltung der Verfahren zu wer-ten sind die Ergebnisse zur Praumlferenz fuumlr Zweitmeinungen durch Fachaumlrzte im niedergelassenen Bereich Und die Befragten moumlchten sich im persoumlnlichen Gespraumlch beraten lassen nicht per Telefon oder Internet

Die von den Krankenversicherungen bereits angebotenen oft telefonbasierten Angebote sind den meisten Versicherten bisher unbekannt Diese Beratungen fuumlhren wesentlich seltener zu einer Aumlnde-rung der Entscheidung als eine zweite Meinung von Aumlrzten im persoumlnlichen Kontakt Ob dies Vorteil oder Nachteil ist laumlsst sich anhand der Befragungsergeb-nisse nicht schlussfolgern Auf jeden Fall scheint die telefonische Beratung durch Aumlrzte der Krankenkassen ndash im Vergleich zur persoumlnlichen Beratung durch nieder-

gelassene Aumlrzte ndash die Ratsuchenden oumlfter mit Unsicherheiten uumlber ihre Entschei-dung zuruumlckzulassen

Mindestens die Haumllfte der Bevoumllkerung ist grundsaumltzlich bereit fuumlr eine aumlrztliche Zweitmeinung zu zahlen Es gibt jedoch klar Unterschiede nach Sozialschichten Bei einer Ausgestaltung des Zweit-meinungssystems als kostenpflichtiges Zusatzangebot der Krankenversiche-rungen waumlre mit einer Verstaumlrkung der sozialen Disparitaumlten von Gesundheit und Krankheit in Deutschland zu rech-nen Der ungewoumlhnliche Befund dass Angehoumlrige der unteren Schicht die zah-lungsbereit waumlren einen houmlheren Betrag ausgeben wuumlrden als Angehoumlrige houmlherer Schichten laumlsst sich am ehesten dadurch erklaumlren dass die Kosten beziehungs-weise die Verguumltung aumlrztlicher Beratung moumlglicherweise uumlberschaumltzt werden

Insgesamt gibt es eine groszlige Nachfrage nach Zweitmeinungen vor allem bei Unsicherheiten hinsichtlich der Behand-lung schwerer Erkrankungen Zweit-meinungen werden zum Teil schon jetzt eingeholt und als entscheidungsrelevant und sinnvoll erachtet Damit dies auch zukuumlnftig so bleibt sollte ein patien-tenorientiertes gerechtes Angebot allen sozialen Schichten zur Verfuumlgung gestellt werden das nicht auf mengenrelevante Eingriffe beschraumlnkt ist im persoumlnlichen Kontakt zu Aumlrzten stattfindet und keine Zuzahlung erfordert

Literatur

n de Cruppeacute W und M Geraedts Abschlussbericht Krankenhauswahl-verhalten chronisch Kranker 2014 wwwforschung-patientenorientierungdefilesabschlussbericht_geraedts_ krankenhauswahlverhalten-bmbf-01gx1047pdf (Download 4112015)

n Geraedts M bdquoDie aumlrztliche Zweitmei-nung bei der Therapiewahlldquo Kranken-haus-Report 2013 ndash Mengendynamik

mehr Menge mehr Nutzen Hrsg J Klauber M Geraedts J Friedrich und J Wasem Stuttgart und New York 2013 215ndash222

n Grafe W R C K McSherry M L Finkel und E G McCarthy bdquoThe elec-tive surgery second opinion programrdquo Annals of Surgery (188) 3 1978 323ndash330

n IMWF ndash Institut fuumlr Management- und Wirtschaftsforschung GmbH ndash und Asklepios Kliniken Hamburg GmbH Studie Zweitmeinungsverfahren aus Patientensicht Hamburg 2014 wwwimwfdeStudien-und-Untersu-chungenStudie-Zweitmeinungsverfah-ren-aus-Patientensicht-2014 (Download 812015)

n KBV ndash Kassenaumlrztliche Bundesverei-nigung Versichertenbefragung der Kassenaumlrztlichen Bundesvereinigung Ergebnisse einer repraumlsentativen Bevoumll-kerungsumfrage MaiJuni 2006 wwwkbvdemediaspVersicherten-befragung_2006_08_15_1_pdf (Down-load 4112015)

n Lindsey P A und J P Newhouse bdquoThe cost and value of second surgical opi-nion programs a critical review of the literaturerdquo Journal of Health Politics Policy and Law (15) 3 1990 543ndash570

n McSherry C K P-J Chen T M Wor-ner N Kupferstein und E G McCarthy bdquoSecond surgical opinion programs dead or aliverdquo Journal of the American Col-lege of Surgeons (185) 5 1997 451ndash456

n Siegmund-Schultze N und B Hibbeler bdquoInitiative gegen uumlberfluumlssige Operatio-nen Zweitgutachten per Fernberatungldquo Deutsches Aumlrzteblatt (108) 34ndash35 2011 A-1776ndash1777

n Techniker Krankenkasse bdquoDrei Viertel der gesetzlich Versicherten wuumlrden bei OP-Empfehlung zweite Meinung einholenldquo Pressemitteilung 7102015 wwwtkdetkpressemitteilungengesundheit-und-service773104 (Down-load 22102015)

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Autorin und Autor

Prof Dr med Max Geraedts M San ist Universitaumltsprofessor fuumlr Gesund-heitssystemforschung an der Fakultaumlt fuumlr Gesundheit der Universitaumlt WittenHerdecke Nach dem Studium der Humanmedizin in Marburg und einer aumlrztlichen Taumltigkeit in der dortigen Universitaumltsklinik studierte er Gesund-heitswissenschaften und Sozialmedi-zinPublic Health an der Universitaumlt Duumlsseldorf Er war wissenschaftlicher Mitarbeiter an den Universitaumlten Duumlsseldorf und Tuumlbingen sowie Postdoc-toral Fellow am Institute for Health Policy Studies der Universitaumlt in San Francisco Nach der Habilitation im Fach Gesund-heitssystemforschung in Tuumlbingen war er Professor fuumlr Public Health in Duumlsseldorf bevor er 2009 den Lehrstuhl fuumlr Gesund-heitssystemforschung in Witten uumlber-nahm Seine Forschungsschwerpunkte liegen in der Evaluation gesundheits-politischer Maszlignahmen im Allgemeinen und der Messung und Evaluation der Qualitaumlt der gesundheitlichen Versorgung im Speziellen

Rike Kraska Diplom-Biomathematikerin ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut fuumlr Gesundheitssystemforschung an der Fakultaumlt fuumlr Gesundheit der Uni-versitaumlt WittenHerdecke Von 2007 bis 2012 studierte sie Biomathematik mit den Schwerpunkten StatistikStochastik und Molekularbiologie an der Ernst-Moritz-Arndt-Universitaumlt Greifswald Zu ihren Arbeits- und Forschungsschwerpunkten gehoumlren die Planung und Auswertung von Sekundaumlrdatenanalysen und die Evaluation der Qualitaumlt der gesundheit-lichen Versorgung

11 Ein Newsletter der Bertelsmann Stiftung und der BARMER GEK

Das Angebot an Gesundheits-Apps waumlchst stetig Im Web buhlen unzaumlhlige Gesund-heits-Websites um die Aufmerksamkeit der Nutzer Doch was verbirgt sich hinter dem Angebot welche Relevanz hat es fuumlr die Gesundheitsversorgung Die Bertels-mann Stiftung hat den Markt der digita-len Gesundheits-Anwendungen fuumlr Buumlrger systematisch analysiert und Thesen zum Status quo des Angebots abgeleitet

Der Diskurs um Chancen Risiken und Folgen digitaler Anwendungen im Gesundheitsbereich erfordert eine struk-turierende Basis In der Grundlagenstudie bdquoDigital-Health-Anwendungen fuumlr Buumlrgerldquo haben die Studienautoren im Auftrag der Bertelsmann Stiftung ein umfassendes Klassifikationsverfahren fuumlr Digital-Health-Anwendungen entwickelt und den bislang unuumlbersichtlichen Markt der Anwendungen in sieben uumlbersichtliche Typen eingeteilt Im SPOTLIGHT GESUND-HEIT sind die zentralen Aus sagen der Studie zusammengefasst Die Kernthese lautet Digital-Health-Anwendungen sind ein bedeutender Hebel fuumlr Patient Empower ment Jedoch werden die Poten-ziale noch kaum genutzt Die Akteure des klassischen Gesundheitssystems muumlssen die Chancen von digitalen Technologien aktiv auf greifen und Verfahren fuumlr die Etablierung von Innovationen entwickeln die der Dynamik des digitalen Marktes Rechnung tragen

Das SPOTLIGHT GESUNDHEIT zu Gesundheits-Apps ist im Kontext des neuen Projekts bdquoDer digitale Patientldquo entstanden In dem Projekt setzt sich die Bertelsmann Stiftung mit dem Einfluss der Digitalisierung auf die Gesundheits-versorgung auseinander

Weblink wwwder-digitale-patientde Autoren T Thranberend K Knoumlppler T NeiseckeGesundheits-Apps Bedeutender Hebel fuumlr Patient Empowerment ndash Potenziale jedoch bislang kaum genutzt SPOTLIGHT GESUND-HEIT Nr 2 2016 Bertelsmann Stiftung (Hrsg)Preis kostenlos ISSN (Online) 2364-5970

LiteraturTippGesundheits-Apps ndash Bedeutender Hebel fuumlr Patient Empowerment

Autoren TG Grobe S Steinmann J Szecsenyi BARMER GEK Arztreport 2016 Schriftenreihe zur Gesundheitsanalyse Band 37 Preis 1490 euromiddot ISBN 978-3-946-19902-1 Mail versorgungsforschungbarmer-gekde

BuchTipp BARMER GEK Arztreport 2016

Bereits zum zehnten Mal gibt der BARMER GEK Arztreport 2016 einen umfassenden Uumlberblick zur ambulanten aumlrztlichen Versorgung in Deutschland Berichtet werden vorrangig Ergebnisse aus dem Jahr 2014 sowie Trends die auf Auswertungen von anonymisierten Daten der BARMER GEK zu mehr als 8 Millionen Versicherten ab 2005 beruhen Der diesjaumlhrige Schwerpunkt des Repor-tes befasst sich mit dem Thema raquoAlter und Schmerzlaquo Diagnosen mit direktem Schmerzbezug wurden 2014 bei 46 Pro-zent der Bevoumllkerung dokumentiert Der von akuten Schmerzen betroffene Bevoumll-kerungsanteil duumlrfte damit noch unter-schaumltzt werden Die Auswertungen fokus-sieren vorrangig auf chronische Schmer-zen die eine eigenstaumlndige Erkrankung darstellen Entsprechende Diagnosen wurden 2014 in Deutschland bei rund 325 Millionen Menschen dokumentiert Schmerzpatienten sind haumlufig von einer Vielzahl an Erkrankungen betroffen das-Arzneiverordnungsvolumen uumlbersteigt altersentsprechend erwartete Werte um

mehr als 70 Prozent Insbesondere bei aumllteren Schmerzpatienten ist mit Arz-neimittelwechselwirkungen zu rechnen Eine interdisziplinaumlre und gut vernetzte Versorgung erscheint vor diesem Hinter-grund fuumlr Schmerzpatienten besonders wuumlnschenswert

Routinemaumlszligig werden im Report aktua-lisierte Auswertungen zur Inanspruch-nahme der ambulanten Versorgung zu Kosten sowie zu Erkrankungen praumlsentiert Ein gesonderter Abschnitt des diesjaumlhrigen Reportes befasst sich ergaumlnzend mit Aufmerksamkeitsdefizit- Hyperaktivitaumltsstoumlrungen (ADHS) und Methylphenidat-Verordnungen womit ein Update zu Schwerpunktauswertungen aus dem Arztreport 2013 bereitgestellt wird

Der BARMER GEK Arztreport wird in Zusammenarbeit mit dem AQUA - Institut fuumlr angewandte Qualitaumltsfoumlrderung und Forschung im Gesundheitswesen Goumlttin-gen herausgeben

Bertelsmann StiftungProgramm Versorgung verbessern ndash Patienten informieren Carl-Bertelsmann-Str 25633311 Guumltersloh wwwbertelsmann-stiftungdewwwgesundheitsmonitorde

Barmer GEK Lichtscheider Str 89ndash9542285 Wuppertalwwwbarmer-gekde

RedaktionDr Jan BoumlckenDr Ruumldiger MeierjuumlrgenDr Thomas Brechtel

IllustrationChristoph J Kellnerwwwanimanovade

AutorenProf Dr med Max GeraedtsRike Kraska Diplom-Biomathe matikerin ( Universitaumlt WittenHerdecke)

KontaktKatharina Einhaus Tel (05241) 81-8 13 81 Fax (05241) 81-68 13 81 katharinaeinhaus bertelsmann-stiftungde

Page 7: Zweitmeinungen - Bertelsmann Stiftung · Newsletter 01|2016 R R R. 2 genutzt hätten, bejahten allerdings 26 Prozent der Befragten. Diese Ergebnisse stehen in starkem Kontrast zu

7 Ein Newsletter der Bertelsmann Stiftung und der BARMER GEK

Erfahrungen mit dem Beratungsangebot der Krankenkassen

Die meisten Krankenkassen bieten ihren Versicherten inzwischen einen telefoni-schen Beratungsservice an der bei Bedarf auch eine aumlrztliche Beratung umfasst die wiederum zum Teil explizit auch Zweit-meinungen anbietet Einige Krankenkassen benennen Erkrankungen fuumlr die sie einen fachlich versierten Zweitmeinungsservice vorhalten Der Bekanntheitsgrad dieses Angebots und die Erfahrungen mit einer telefonischen Beratung durch die Kranken-kassen war ebenfalls Thema der Befragung

Von dem Angebot einer telefonischen Bera-tung durch Aumlrzte der eigenen Kranken-kasse wussten 27 Prozent der Befragten Manche waren sich sicher dass ihre Krankenkasse ein solches Angebot nicht vorhaumllt (4 ) Die meisten Befragten (68 ) gaben an dies nicht zu wissen Von denen die das Angebot ihrer Krankenkasse kann-ten hatten 20 Prozent dieses schon einmal genutzt ndash das entspricht knapp sechs Pro-zent aller Befragungsteilnehmer

Die Befragten die eine telefonische aumlrzt-liche Beratung ihrer Krankenkasse in Anspruch genommen hatten waren fast durchweg damit zufrieden Knapp 69 Prozent waren entweder sehr (32 ) oder eher (36 ) zufrieden weitere 19 Prozent vermerkten bdquoteils teilsldquo Nur zwoumllf Pro-zent waren eher (9 ) oder sehr unzufrie-den (3 )

Die telefonische aumlrztliche Beratung der Krankenkasse fuumlhrte seltener zu einer Entscheidungsaumlnderung als die meist im persoumlnlichen Gespraumlch wahrgenommene Zweitmeinung (Abbildung 4) Stattdessen wurde eher das Vertrauen in die Erst-meinung gestaumlrkt So gaben 34 Prozent der Befragten einer Krankenkassenbe-ratung an dass das Vertrauen in die urspruumlngliche Arztempfehlung sehr viel (9 ) oder etwas groumlszliger (25 ) als vor der Beratung war Fuumlr 52 Prozent war das

Entscheidungsveraumlnderung aufgrund der Zweitmeinung (Befragte mit Zweitmeinungserfahrung Angaben in Prozent)

0 10 20 30 40 50

Abbildung 4

Quelle Gesundheitsmonitor 2016 n = 379

ja

nein

teilsteils

weiszlig nicht mehr

keine Angabe

Reaktionen auf eine telefonische aumlrztliche Beratung der Krankenkasse (Befragte mit telefonischer Beratungserfahrung Angaben in Prozent)

0 10 20 30 40 50

Abbildung 5

Quelle Gesundheitsmonitor 2016 n = 89 Mehrfachnennungen moumlglich

fuumlr die zuerst vom Arzt empfohlene Behandlung

entschieden

noch eine Zweitmeinung bei einem anderen

niedergelassenen Arzt eingeholt

im Internet noch einmal ausfuumlhrlich uumlber die

UntersuchungBehandlung informiert

nichts unternommen und die Entscheidung

fuumlr laumlngere Zeit aufgeschoben

fuumlr eine ganz andere Untersuchungs-

Behandlungsmethode entschieden

8

Vertrauen in die Erstmeinung unveraumln-dert und nur fuumlr 14 Prozent war es etwas (5 ) oder sehr viel geringer (8 ) als vorher

Auf die aumlrztliche Beratung ihrer Kranken-kasse reagierten die Befragten unter-schiedlich Die meisten (45 ) entschie-den sich fuumlr die zuerst vom Arzt empfoh-lene Behandlung 24 Prozent holten noch eine Zweitmeinung bei einem anderen niedergelassenen Arzt ein 21 Prozent informierten sich weiter im Internet und 20 Prozent unternahmen nichts und schoben die Entscheidung auf Nur acht Prozent entschieden sich fuumlr eine ganz andere Untersuchungs- oder Behand-lungsmethode (Abbildung 5)

Zahlungsbereitschaft

Bei der Zahlungsbereitschaft teilen die Befragten sich in zwei fast gleich groszlige Gruppen bdquoWaumlren Sie unter bestimmten Bedingungen bereit einen Teil der Kosten fuumlr eine aumlrztliche Zweitmeinung selbst

Bei der Houmlhe der Zahlungsbereit-schaft zeigten sich ebenfalls statistisch bedeutsame Unterschiede zwischen den Sozialschichten ndash die jedoch anders als erwartet ausfielen Waumlhrend die Befragten im Median zu einer Kosten-uumlbernahme von 80 Euro bereit waumlren lag der Mittelwert bei 154 Euro wobei An gehoumlrige der Unterschicht im Mittel 388 Euro die der Mittelschicht 117 Euro und die der Oberschicht 124 Euro zu zahlen bereit waumlren

Diskussion und gesundheits-politische Implikationen fuumlr das Verfahren der Zweitmeinung

Mehr als zwei Drittel der Bevoumllkerung halten es fuumlr wichtig dass das Gesund-heitssystem die Moumlglichkeit bietet eine Zweitmeinung einholen zu koumlnnen Fuumlr besonders relevant halten die Buumlrger eine solche Moumlglichkeit gerade bei Krebserkrankungen bei Operationen an Knochen und Gelenken sowie inneren Organen und bei Herzkatheteruntersu-chungen Etwa ein Viertel der Bevoumllke-rung hat bereits konkrete Erfahrungen mit Zweitmeinungen gemacht Diese wurden groumlszligtenteils vor operativen Eingriffen aufgrund einer Entscheidungs-unsicherheit oder schlechter Erfahrun-gen mit fruumlheren Untersuchungen oder Behandlungen eingeholt

Bei knapp drei Viertel derjenigen die Erfahrungen mit Zweitmeinungen haben hat die zweite Meinung zu einer Ent-scheidungsaumlnderung gefuumlhrt Daher ist es auch nicht verwunderlich dass Zweit-meinungen fast durchweg als sinnvoll eingeschaumltzt werden Die Haumllfte der Bevoumllkerung kann sich vorstellen unter bestimmten Umstaumlnden zumindest einen Teil der Kosten selbst zu tragen wobei diese Zahlungsbereitschaft in direktem Zusammenhang mit der individuellen Finanzkraft steht

zu bezahlenldquo beantworteten 54 Prozent mit bdquojaldquo (7 ) oder mit bdquovielleicht kommt drauf anldquo (47 ) waumlhrend 45 Prozent klar bdquonein auf keinen Fallldquo antworte-ten Erwartungsgemaumlszlig waren in den bivariaten Analysen Privatversicherte und Oberschichtangehoumlrige am ehesten bereit einen Teil der Kosten zu zahlen Zudem waren Mittelschichtangehoumlrige im Vergleich zu Unterschichtangehoumlri-gen ebenfalls statistisch bedeutsam eher bereit zur Kostenuumlbernahme

Unter welchen Bedingungen koumlnnen sich die Befragten die Uumlbernahme eines Teils der Kosten vorstellen Auch hier zeigten sich gleichartige bedeutsame Unter-schiede abhaumlngig von der Zugehoumlrigkeit zur Sozialschicht sowie vom Versiche-rungsstatus Eine besonders hohe Zah-lungsbereitschaft bewiesen die Befragten wenn es sich um lebensbedrohliche Erkrankungen solche mit Behandlungs-risiken oder lange andauernden Sympto-men handelte (Abbildung 6)

Zahlungsbereitschaft fuumlr Zweitmeinungen in Abhaumlngigkeit von der Art der Erkrankung Behandlung (Befragte mit grundsaumltzlicher Zahlungsbereitschaft Angaben in Prozent)

0 10 20 30 40 50 60 70

Abbildung 6

Quelle Gesundheitsmonitor 2016 n = 89 Mehrfachnennungen moumlglich

bei einer lebensbedrohlichen Erkrankung

bei einer geplanten Behandlungsmethode

die auch Gesundheitsrisiken mit sich bringt

bei einer Erkrankung wenn die Symptome

laumlngere Zeit nicht abnehmen

bei einer geplanten Behandlungsmethode

deren Nutzen nicht bewiesen ist

eigentlich immer

9 Ein Newsletter der Bertelsmann Stiftung und der BARMER GEK

Die Befragung des Gesundheits monitors bestaumltigt damit zum einen die oben erwaumlhnten Ergebnisse der KBV-Versicher-tenbefragung und zum anderen die eigenen Ergebnisse bei der Befragung von Krankenhauspatienten ndash hier lag der Anteil der Patienten mit einer Zweit-meinungserfahrung bei rund 25 Prozent Dagegen erscheinen die Befragungser-gebnisse der Asklepios-Gruppe mit einer angeblichen Zweitmeinungserfahrung von 50 Prozent der Bevoumllkerung tatsaumlchlich als zu hoch

Ein wichtiges Ergebnis fuumlr die gesund-heitspolitische Diskussion zur Ausgestal-tung des gesetzlichen Zweitmeinungs-verfahrens liegt darin dass sich rund drei Viertel der Bevoumllkerung wuumlnschen eine Zweitmeinung einholen zu koumlnnen Dabei bezieht sich dieser Wunsch nicht nur auf die vom Gesetzgeber ins Auge gefassten elektiven mengenrelevanten operativen Eingriffe sondern die Versicherten halten eine zweite Meinung gerade bei schweren Erkrankungen vor allem auch Krebser-krankungen fuumlr wichtig

Ebenfalls als Hinweis fuumlr die weitere Ausgestaltung der Verfahren zu wer-ten sind die Ergebnisse zur Praumlferenz fuumlr Zweitmeinungen durch Fachaumlrzte im niedergelassenen Bereich Und die Befragten moumlchten sich im persoumlnlichen Gespraumlch beraten lassen nicht per Telefon oder Internet

Die von den Krankenversicherungen bereits angebotenen oft telefonbasierten Angebote sind den meisten Versicherten bisher unbekannt Diese Beratungen fuumlhren wesentlich seltener zu einer Aumlnde-rung der Entscheidung als eine zweite Meinung von Aumlrzten im persoumlnlichen Kontakt Ob dies Vorteil oder Nachteil ist laumlsst sich anhand der Befragungsergeb-nisse nicht schlussfolgern Auf jeden Fall scheint die telefonische Beratung durch Aumlrzte der Krankenkassen ndash im Vergleich zur persoumlnlichen Beratung durch nieder-

gelassene Aumlrzte ndash die Ratsuchenden oumlfter mit Unsicherheiten uumlber ihre Entschei-dung zuruumlckzulassen

Mindestens die Haumllfte der Bevoumllkerung ist grundsaumltzlich bereit fuumlr eine aumlrztliche Zweitmeinung zu zahlen Es gibt jedoch klar Unterschiede nach Sozialschichten Bei einer Ausgestaltung des Zweit-meinungssystems als kostenpflichtiges Zusatzangebot der Krankenversiche-rungen waumlre mit einer Verstaumlrkung der sozialen Disparitaumlten von Gesundheit und Krankheit in Deutschland zu rech-nen Der ungewoumlhnliche Befund dass Angehoumlrige der unteren Schicht die zah-lungsbereit waumlren einen houmlheren Betrag ausgeben wuumlrden als Angehoumlrige houmlherer Schichten laumlsst sich am ehesten dadurch erklaumlren dass die Kosten beziehungs-weise die Verguumltung aumlrztlicher Beratung moumlglicherweise uumlberschaumltzt werden

Insgesamt gibt es eine groszlige Nachfrage nach Zweitmeinungen vor allem bei Unsicherheiten hinsichtlich der Behand-lung schwerer Erkrankungen Zweit-meinungen werden zum Teil schon jetzt eingeholt und als entscheidungsrelevant und sinnvoll erachtet Damit dies auch zukuumlnftig so bleibt sollte ein patien-tenorientiertes gerechtes Angebot allen sozialen Schichten zur Verfuumlgung gestellt werden das nicht auf mengenrelevante Eingriffe beschraumlnkt ist im persoumlnlichen Kontakt zu Aumlrzten stattfindet und keine Zuzahlung erfordert

Literatur

n de Cruppeacute W und M Geraedts Abschlussbericht Krankenhauswahl-verhalten chronisch Kranker 2014 wwwforschung-patientenorientierungdefilesabschlussbericht_geraedts_ krankenhauswahlverhalten-bmbf-01gx1047pdf (Download 4112015)

n Geraedts M bdquoDie aumlrztliche Zweitmei-nung bei der Therapiewahlldquo Kranken-haus-Report 2013 ndash Mengendynamik

mehr Menge mehr Nutzen Hrsg J Klauber M Geraedts J Friedrich und J Wasem Stuttgart und New York 2013 215ndash222

n Grafe W R C K McSherry M L Finkel und E G McCarthy bdquoThe elec-tive surgery second opinion programrdquo Annals of Surgery (188) 3 1978 323ndash330

n IMWF ndash Institut fuumlr Management- und Wirtschaftsforschung GmbH ndash und Asklepios Kliniken Hamburg GmbH Studie Zweitmeinungsverfahren aus Patientensicht Hamburg 2014 wwwimwfdeStudien-und-Untersu-chungenStudie-Zweitmeinungsverfah-ren-aus-Patientensicht-2014 (Download 812015)

n KBV ndash Kassenaumlrztliche Bundesverei-nigung Versichertenbefragung der Kassenaumlrztlichen Bundesvereinigung Ergebnisse einer repraumlsentativen Bevoumll-kerungsumfrage MaiJuni 2006 wwwkbvdemediaspVersicherten-befragung_2006_08_15_1_pdf (Down-load 4112015)

n Lindsey P A und J P Newhouse bdquoThe cost and value of second surgical opi-nion programs a critical review of the literaturerdquo Journal of Health Politics Policy and Law (15) 3 1990 543ndash570

n McSherry C K P-J Chen T M Wor-ner N Kupferstein und E G McCarthy bdquoSecond surgical opinion programs dead or aliverdquo Journal of the American Col-lege of Surgeons (185) 5 1997 451ndash456

n Siegmund-Schultze N und B Hibbeler bdquoInitiative gegen uumlberfluumlssige Operatio-nen Zweitgutachten per Fernberatungldquo Deutsches Aumlrzteblatt (108) 34ndash35 2011 A-1776ndash1777

n Techniker Krankenkasse bdquoDrei Viertel der gesetzlich Versicherten wuumlrden bei OP-Empfehlung zweite Meinung einholenldquo Pressemitteilung 7102015 wwwtkdetkpressemitteilungengesundheit-und-service773104 (Down-load 22102015)

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Autorin und Autor

Prof Dr med Max Geraedts M San ist Universitaumltsprofessor fuumlr Gesund-heitssystemforschung an der Fakultaumlt fuumlr Gesundheit der Universitaumlt WittenHerdecke Nach dem Studium der Humanmedizin in Marburg und einer aumlrztlichen Taumltigkeit in der dortigen Universitaumltsklinik studierte er Gesund-heitswissenschaften und Sozialmedi-zinPublic Health an der Universitaumlt Duumlsseldorf Er war wissenschaftlicher Mitarbeiter an den Universitaumlten Duumlsseldorf und Tuumlbingen sowie Postdoc-toral Fellow am Institute for Health Policy Studies der Universitaumlt in San Francisco Nach der Habilitation im Fach Gesund-heitssystemforschung in Tuumlbingen war er Professor fuumlr Public Health in Duumlsseldorf bevor er 2009 den Lehrstuhl fuumlr Gesund-heitssystemforschung in Witten uumlber-nahm Seine Forschungsschwerpunkte liegen in der Evaluation gesundheits-politischer Maszlignahmen im Allgemeinen und der Messung und Evaluation der Qualitaumlt der gesundheitlichen Versorgung im Speziellen

Rike Kraska Diplom-Biomathematikerin ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut fuumlr Gesundheitssystemforschung an der Fakultaumlt fuumlr Gesundheit der Uni-versitaumlt WittenHerdecke Von 2007 bis 2012 studierte sie Biomathematik mit den Schwerpunkten StatistikStochastik und Molekularbiologie an der Ernst-Moritz-Arndt-Universitaumlt Greifswald Zu ihren Arbeits- und Forschungsschwerpunkten gehoumlren die Planung und Auswertung von Sekundaumlrdatenanalysen und die Evaluation der Qualitaumlt der gesundheit-lichen Versorgung

11 Ein Newsletter der Bertelsmann Stiftung und der BARMER GEK

Das Angebot an Gesundheits-Apps waumlchst stetig Im Web buhlen unzaumlhlige Gesund-heits-Websites um die Aufmerksamkeit der Nutzer Doch was verbirgt sich hinter dem Angebot welche Relevanz hat es fuumlr die Gesundheitsversorgung Die Bertels-mann Stiftung hat den Markt der digita-len Gesundheits-Anwendungen fuumlr Buumlrger systematisch analysiert und Thesen zum Status quo des Angebots abgeleitet

Der Diskurs um Chancen Risiken und Folgen digitaler Anwendungen im Gesundheitsbereich erfordert eine struk-turierende Basis In der Grundlagenstudie bdquoDigital-Health-Anwendungen fuumlr Buumlrgerldquo haben die Studienautoren im Auftrag der Bertelsmann Stiftung ein umfassendes Klassifikationsverfahren fuumlr Digital-Health-Anwendungen entwickelt und den bislang unuumlbersichtlichen Markt der Anwendungen in sieben uumlbersichtliche Typen eingeteilt Im SPOTLIGHT GESUND-HEIT sind die zentralen Aus sagen der Studie zusammengefasst Die Kernthese lautet Digital-Health-Anwendungen sind ein bedeutender Hebel fuumlr Patient Empower ment Jedoch werden die Poten-ziale noch kaum genutzt Die Akteure des klassischen Gesundheitssystems muumlssen die Chancen von digitalen Technologien aktiv auf greifen und Verfahren fuumlr die Etablierung von Innovationen entwickeln die der Dynamik des digitalen Marktes Rechnung tragen

Das SPOTLIGHT GESUNDHEIT zu Gesundheits-Apps ist im Kontext des neuen Projekts bdquoDer digitale Patientldquo entstanden In dem Projekt setzt sich die Bertelsmann Stiftung mit dem Einfluss der Digitalisierung auf die Gesundheits-versorgung auseinander

Weblink wwwder-digitale-patientde Autoren T Thranberend K Knoumlppler T NeiseckeGesundheits-Apps Bedeutender Hebel fuumlr Patient Empowerment ndash Potenziale jedoch bislang kaum genutzt SPOTLIGHT GESUND-HEIT Nr 2 2016 Bertelsmann Stiftung (Hrsg)Preis kostenlos ISSN (Online) 2364-5970

LiteraturTippGesundheits-Apps ndash Bedeutender Hebel fuumlr Patient Empowerment

Autoren TG Grobe S Steinmann J Szecsenyi BARMER GEK Arztreport 2016 Schriftenreihe zur Gesundheitsanalyse Band 37 Preis 1490 euromiddot ISBN 978-3-946-19902-1 Mail versorgungsforschungbarmer-gekde

BuchTipp BARMER GEK Arztreport 2016

Bereits zum zehnten Mal gibt der BARMER GEK Arztreport 2016 einen umfassenden Uumlberblick zur ambulanten aumlrztlichen Versorgung in Deutschland Berichtet werden vorrangig Ergebnisse aus dem Jahr 2014 sowie Trends die auf Auswertungen von anonymisierten Daten der BARMER GEK zu mehr als 8 Millionen Versicherten ab 2005 beruhen Der diesjaumlhrige Schwerpunkt des Repor-tes befasst sich mit dem Thema raquoAlter und Schmerzlaquo Diagnosen mit direktem Schmerzbezug wurden 2014 bei 46 Pro-zent der Bevoumllkerung dokumentiert Der von akuten Schmerzen betroffene Bevoumll-kerungsanteil duumlrfte damit noch unter-schaumltzt werden Die Auswertungen fokus-sieren vorrangig auf chronische Schmer-zen die eine eigenstaumlndige Erkrankung darstellen Entsprechende Diagnosen wurden 2014 in Deutschland bei rund 325 Millionen Menschen dokumentiert Schmerzpatienten sind haumlufig von einer Vielzahl an Erkrankungen betroffen das-Arzneiverordnungsvolumen uumlbersteigt altersentsprechend erwartete Werte um

mehr als 70 Prozent Insbesondere bei aumllteren Schmerzpatienten ist mit Arz-neimittelwechselwirkungen zu rechnen Eine interdisziplinaumlre und gut vernetzte Versorgung erscheint vor diesem Hinter-grund fuumlr Schmerzpatienten besonders wuumlnschenswert

Routinemaumlszligig werden im Report aktua-lisierte Auswertungen zur Inanspruch-nahme der ambulanten Versorgung zu Kosten sowie zu Erkrankungen praumlsentiert Ein gesonderter Abschnitt des diesjaumlhrigen Reportes befasst sich ergaumlnzend mit Aufmerksamkeitsdefizit- Hyperaktivitaumltsstoumlrungen (ADHS) und Methylphenidat-Verordnungen womit ein Update zu Schwerpunktauswertungen aus dem Arztreport 2013 bereitgestellt wird

Der BARMER GEK Arztreport wird in Zusammenarbeit mit dem AQUA - Institut fuumlr angewandte Qualitaumltsfoumlrderung und Forschung im Gesundheitswesen Goumlttin-gen herausgeben

Bertelsmann StiftungProgramm Versorgung verbessern ndash Patienten informieren Carl-Bertelsmann-Str 25633311 Guumltersloh wwwbertelsmann-stiftungdewwwgesundheitsmonitorde

Barmer GEK Lichtscheider Str 89ndash9542285 Wuppertalwwwbarmer-gekde

RedaktionDr Jan BoumlckenDr Ruumldiger MeierjuumlrgenDr Thomas Brechtel

IllustrationChristoph J Kellnerwwwanimanovade

AutorenProf Dr med Max GeraedtsRike Kraska Diplom-Biomathe matikerin ( Universitaumlt WittenHerdecke)

KontaktKatharina Einhaus Tel (05241) 81-8 13 81 Fax (05241) 81-68 13 81 katharinaeinhaus bertelsmann-stiftungde

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8

Vertrauen in die Erstmeinung unveraumln-dert und nur fuumlr 14 Prozent war es etwas (5 ) oder sehr viel geringer (8 ) als vorher

Auf die aumlrztliche Beratung ihrer Kranken-kasse reagierten die Befragten unter-schiedlich Die meisten (45 ) entschie-den sich fuumlr die zuerst vom Arzt empfoh-lene Behandlung 24 Prozent holten noch eine Zweitmeinung bei einem anderen niedergelassenen Arzt ein 21 Prozent informierten sich weiter im Internet und 20 Prozent unternahmen nichts und schoben die Entscheidung auf Nur acht Prozent entschieden sich fuumlr eine ganz andere Untersuchungs- oder Behand-lungsmethode (Abbildung 5)

Zahlungsbereitschaft

Bei der Zahlungsbereitschaft teilen die Befragten sich in zwei fast gleich groszlige Gruppen bdquoWaumlren Sie unter bestimmten Bedingungen bereit einen Teil der Kosten fuumlr eine aumlrztliche Zweitmeinung selbst

Bei der Houmlhe der Zahlungsbereit-schaft zeigten sich ebenfalls statistisch bedeutsame Unterschiede zwischen den Sozialschichten ndash die jedoch anders als erwartet ausfielen Waumlhrend die Befragten im Median zu einer Kosten-uumlbernahme von 80 Euro bereit waumlren lag der Mittelwert bei 154 Euro wobei An gehoumlrige der Unterschicht im Mittel 388 Euro die der Mittelschicht 117 Euro und die der Oberschicht 124 Euro zu zahlen bereit waumlren

Diskussion und gesundheits-politische Implikationen fuumlr das Verfahren der Zweitmeinung

Mehr als zwei Drittel der Bevoumllkerung halten es fuumlr wichtig dass das Gesund-heitssystem die Moumlglichkeit bietet eine Zweitmeinung einholen zu koumlnnen Fuumlr besonders relevant halten die Buumlrger eine solche Moumlglichkeit gerade bei Krebserkrankungen bei Operationen an Knochen und Gelenken sowie inneren Organen und bei Herzkatheteruntersu-chungen Etwa ein Viertel der Bevoumllke-rung hat bereits konkrete Erfahrungen mit Zweitmeinungen gemacht Diese wurden groumlszligtenteils vor operativen Eingriffen aufgrund einer Entscheidungs-unsicherheit oder schlechter Erfahrun-gen mit fruumlheren Untersuchungen oder Behandlungen eingeholt

Bei knapp drei Viertel derjenigen die Erfahrungen mit Zweitmeinungen haben hat die zweite Meinung zu einer Ent-scheidungsaumlnderung gefuumlhrt Daher ist es auch nicht verwunderlich dass Zweit-meinungen fast durchweg als sinnvoll eingeschaumltzt werden Die Haumllfte der Bevoumllkerung kann sich vorstellen unter bestimmten Umstaumlnden zumindest einen Teil der Kosten selbst zu tragen wobei diese Zahlungsbereitschaft in direktem Zusammenhang mit der individuellen Finanzkraft steht

zu bezahlenldquo beantworteten 54 Prozent mit bdquojaldquo (7 ) oder mit bdquovielleicht kommt drauf anldquo (47 ) waumlhrend 45 Prozent klar bdquonein auf keinen Fallldquo antworte-ten Erwartungsgemaumlszlig waren in den bivariaten Analysen Privatversicherte und Oberschichtangehoumlrige am ehesten bereit einen Teil der Kosten zu zahlen Zudem waren Mittelschichtangehoumlrige im Vergleich zu Unterschichtangehoumlri-gen ebenfalls statistisch bedeutsam eher bereit zur Kostenuumlbernahme

Unter welchen Bedingungen koumlnnen sich die Befragten die Uumlbernahme eines Teils der Kosten vorstellen Auch hier zeigten sich gleichartige bedeutsame Unter-schiede abhaumlngig von der Zugehoumlrigkeit zur Sozialschicht sowie vom Versiche-rungsstatus Eine besonders hohe Zah-lungsbereitschaft bewiesen die Befragten wenn es sich um lebensbedrohliche Erkrankungen solche mit Behandlungs-risiken oder lange andauernden Sympto-men handelte (Abbildung 6)

Zahlungsbereitschaft fuumlr Zweitmeinungen in Abhaumlngigkeit von der Art der Erkrankung Behandlung (Befragte mit grundsaumltzlicher Zahlungsbereitschaft Angaben in Prozent)

0 10 20 30 40 50 60 70

Abbildung 6

Quelle Gesundheitsmonitor 2016 n = 89 Mehrfachnennungen moumlglich

bei einer lebensbedrohlichen Erkrankung

bei einer geplanten Behandlungsmethode

die auch Gesundheitsrisiken mit sich bringt

bei einer Erkrankung wenn die Symptome

laumlngere Zeit nicht abnehmen

bei einer geplanten Behandlungsmethode

deren Nutzen nicht bewiesen ist

eigentlich immer

9 Ein Newsletter der Bertelsmann Stiftung und der BARMER GEK

Die Befragung des Gesundheits monitors bestaumltigt damit zum einen die oben erwaumlhnten Ergebnisse der KBV-Versicher-tenbefragung und zum anderen die eigenen Ergebnisse bei der Befragung von Krankenhauspatienten ndash hier lag der Anteil der Patienten mit einer Zweit-meinungserfahrung bei rund 25 Prozent Dagegen erscheinen die Befragungser-gebnisse der Asklepios-Gruppe mit einer angeblichen Zweitmeinungserfahrung von 50 Prozent der Bevoumllkerung tatsaumlchlich als zu hoch

Ein wichtiges Ergebnis fuumlr die gesund-heitspolitische Diskussion zur Ausgestal-tung des gesetzlichen Zweitmeinungs-verfahrens liegt darin dass sich rund drei Viertel der Bevoumllkerung wuumlnschen eine Zweitmeinung einholen zu koumlnnen Dabei bezieht sich dieser Wunsch nicht nur auf die vom Gesetzgeber ins Auge gefassten elektiven mengenrelevanten operativen Eingriffe sondern die Versicherten halten eine zweite Meinung gerade bei schweren Erkrankungen vor allem auch Krebser-krankungen fuumlr wichtig

Ebenfalls als Hinweis fuumlr die weitere Ausgestaltung der Verfahren zu wer-ten sind die Ergebnisse zur Praumlferenz fuumlr Zweitmeinungen durch Fachaumlrzte im niedergelassenen Bereich Und die Befragten moumlchten sich im persoumlnlichen Gespraumlch beraten lassen nicht per Telefon oder Internet

Die von den Krankenversicherungen bereits angebotenen oft telefonbasierten Angebote sind den meisten Versicherten bisher unbekannt Diese Beratungen fuumlhren wesentlich seltener zu einer Aumlnde-rung der Entscheidung als eine zweite Meinung von Aumlrzten im persoumlnlichen Kontakt Ob dies Vorteil oder Nachteil ist laumlsst sich anhand der Befragungsergeb-nisse nicht schlussfolgern Auf jeden Fall scheint die telefonische Beratung durch Aumlrzte der Krankenkassen ndash im Vergleich zur persoumlnlichen Beratung durch nieder-

gelassene Aumlrzte ndash die Ratsuchenden oumlfter mit Unsicherheiten uumlber ihre Entschei-dung zuruumlckzulassen

Mindestens die Haumllfte der Bevoumllkerung ist grundsaumltzlich bereit fuumlr eine aumlrztliche Zweitmeinung zu zahlen Es gibt jedoch klar Unterschiede nach Sozialschichten Bei einer Ausgestaltung des Zweit-meinungssystems als kostenpflichtiges Zusatzangebot der Krankenversiche-rungen waumlre mit einer Verstaumlrkung der sozialen Disparitaumlten von Gesundheit und Krankheit in Deutschland zu rech-nen Der ungewoumlhnliche Befund dass Angehoumlrige der unteren Schicht die zah-lungsbereit waumlren einen houmlheren Betrag ausgeben wuumlrden als Angehoumlrige houmlherer Schichten laumlsst sich am ehesten dadurch erklaumlren dass die Kosten beziehungs-weise die Verguumltung aumlrztlicher Beratung moumlglicherweise uumlberschaumltzt werden

Insgesamt gibt es eine groszlige Nachfrage nach Zweitmeinungen vor allem bei Unsicherheiten hinsichtlich der Behand-lung schwerer Erkrankungen Zweit-meinungen werden zum Teil schon jetzt eingeholt und als entscheidungsrelevant und sinnvoll erachtet Damit dies auch zukuumlnftig so bleibt sollte ein patien-tenorientiertes gerechtes Angebot allen sozialen Schichten zur Verfuumlgung gestellt werden das nicht auf mengenrelevante Eingriffe beschraumlnkt ist im persoumlnlichen Kontakt zu Aumlrzten stattfindet und keine Zuzahlung erfordert

Literatur

n de Cruppeacute W und M Geraedts Abschlussbericht Krankenhauswahl-verhalten chronisch Kranker 2014 wwwforschung-patientenorientierungdefilesabschlussbericht_geraedts_ krankenhauswahlverhalten-bmbf-01gx1047pdf (Download 4112015)

n Geraedts M bdquoDie aumlrztliche Zweitmei-nung bei der Therapiewahlldquo Kranken-haus-Report 2013 ndash Mengendynamik

mehr Menge mehr Nutzen Hrsg J Klauber M Geraedts J Friedrich und J Wasem Stuttgart und New York 2013 215ndash222

n Grafe W R C K McSherry M L Finkel und E G McCarthy bdquoThe elec-tive surgery second opinion programrdquo Annals of Surgery (188) 3 1978 323ndash330

n IMWF ndash Institut fuumlr Management- und Wirtschaftsforschung GmbH ndash und Asklepios Kliniken Hamburg GmbH Studie Zweitmeinungsverfahren aus Patientensicht Hamburg 2014 wwwimwfdeStudien-und-Untersu-chungenStudie-Zweitmeinungsverfah-ren-aus-Patientensicht-2014 (Download 812015)

n KBV ndash Kassenaumlrztliche Bundesverei-nigung Versichertenbefragung der Kassenaumlrztlichen Bundesvereinigung Ergebnisse einer repraumlsentativen Bevoumll-kerungsumfrage MaiJuni 2006 wwwkbvdemediaspVersicherten-befragung_2006_08_15_1_pdf (Down-load 4112015)

n Lindsey P A und J P Newhouse bdquoThe cost and value of second surgical opi-nion programs a critical review of the literaturerdquo Journal of Health Politics Policy and Law (15) 3 1990 543ndash570

n McSherry C K P-J Chen T M Wor-ner N Kupferstein und E G McCarthy bdquoSecond surgical opinion programs dead or aliverdquo Journal of the American Col-lege of Surgeons (185) 5 1997 451ndash456

n Siegmund-Schultze N und B Hibbeler bdquoInitiative gegen uumlberfluumlssige Operatio-nen Zweitgutachten per Fernberatungldquo Deutsches Aumlrzteblatt (108) 34ndash35 2011 A-1776ndash1777

n Techniker Krankenkasse bdquoDrei Viertel der gesetzlich Versicherten wuumlrden bei OP-Empfehlung zweite Meinung einholenldquo Pressemitteilung 7102015 wwwtkdetkpressemitteilungengesundheit-und-service773104 (Down-load 22102015)

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Autorin und Autor

Prof Dr med Max Geraedts M San ist Universitaumltsprofessor fuumlr Gesund-heitssystemforschung an der Fakultaumlt fuumlr Gesundheit der Universitaumlt WittenHerdecke Nach dem Studium der Humanmedizin in Marburg und einer aumlrztlichen Taumltigkeit in der dortigen Universitaumltsklinik studierte er Gesund-heitswissenschaften und Sozialmedi-zinPublic Health an der Universitaumlt Duumlsseldorf Er war wissenschaftlicher Mitarbeiter an den Universitaumlten Duumlsseldorf und Tuumlbingen sowie Postdoc-toral Fellow am Institute for Health Policy Studies der Universitaumlt in San Francisco Nach der Habilitation im Fach Gesund-heitssystemforschung in Tuumlbingen war er Professor fuumlr Public Health in Duumlsseldorf bevor er 2009 den Lehrstuhl fuumlr Gesund-heitssystemforschung in Witten uumlber-nahm Seine Forschungsschwerpunkte liegen in der Evaluation gesundheits-politischer Maszlignahmen im Allgemeinen und der Messung und Evaluation der Qualitaumlt der gesundheitlichen Versorgung im Speziellen

Rike Kraska Diplom-Biomathematikerin ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut fuumlr Gesundheitssystemforschung an der Fakultaumlt fuumlr Gesundheit der Uni-versitaumlt WittenHerdecke Von 2007 bis 2012 studierte sie Biomathematik mit den Schwerpunkten StatistikStochastik und Molekularbiologie an der Ernst-Moritz-Arndt-Universitaumlt Greifswald Zu ihren Arbeits- und Forschungsschwerpunkten gehoumlren die Planung und Auswertung von Sekundaumlrdatenanalysen und die Evaluation der Qualitaumlt der gesundheit-lichen Versorgung

11 Ein Newsletter der Bertelsmann Stiftung und der BARMER GEK

Das Angebot an Gesundheits-Apps waumlchst stetig Im Web buhlen unzaumlhlige Gesund-heits-Websites um die Aufmerksamkeit der Nutzer Doch was verbirgt sich hinter dem Angebot welche Relevanz hat es fuumlr die Gesundheitsversorgung Die Bertels-mann Stiftung hat den Markt der digita-len Gesundheits-Anwendungen fuumlr Buumlrger systematisch analysiert und Thesen zum Status quo des Angebots abgeleitet

Der Diskurs um Chancen Risiken und Folgen digitaler Anwendungen im Gesundheitsbereich erfordert eine struk-turierende Basis In der Grundlagenstudie bdquoDigital-Health-Anwendungen fuumlr Buumlrgerldquo haben die Studienautoren im Auftrag der Bertelsmann Stiftung ein umfassendes Klassifikationsverfahren fuumlr Digital-Health-Anwendungen entwickelt und den bislang unuumlbersichtlichen Markt der Anwendungen in sieben uumlbersichtliche Typen eingeteilt Im SPOTLIGHT GESUND-HEIT sind die zentralen Aus sagen der Studie zusammengefasst Die Kernthese lautet Digital-Health-Anwendungen sind ein bedeutender Hebel fuumlr Patient Empower ment Jedoch werden die Poten-ziale noch kaum genutzt Die Akteure des klassischen Gesundheitssystems muumlssen die Chancen von digitalen Technologien aktiv auf greifen und Verfahren fuumlr die Etablierung von Innovationen entwickeln die der Dynamik des digitalen Marktes Rechnung tragen

Das SPOTLIGHT GESUNDHEIT zu Gesundheits-Apps ist im Kontext des neuen Projekts bdquoDer digitale Patientldquo entstanden In dem Projekt setzt sich die Bertelsmann Stiftung mit dem Einfluss der Digitalisierung auf die Gesundheits-versorgung auseinander

Weblink wwwder-digitale-patientde Autoren T Thranberend K Knoumlppler T NeiseckeGesundheits-Apps Bedeutender Hebel fuumlr Patient Empowerment ndash Potenziale jedoch bislang kaum genutzt SPOTLIGHT GESUND-HEIT Nr 2 2016 Bertelsmann Stiftung (Hrsg)Preis kostenlos ISSN (Online) 2364-5970

LiteraturTippGesundheits-Apps ndash Bedeutender Hebel fuumlr Patient Empowerment

Autoren TG Grobe S Steinmann J Szecsenyi BARMER GEK Arztreport 2016 Schriftenreihe zur Gesundheitsanalyse Band 37 Preis 1490 euromiddot ISBN 978-3-946-19902-1 Mail versorgungsforschungbarmer-gekde

BuchTipp BARMER GEK Arztreport 2016

Bereits zum zehnten Mal gibt der BARMER GEK Arztreport 2016 einen umfassenden Uumlberblick zur ambulanten aumlrztlichen Versorgung in Deutschland Berichtet werden vorrangig Ergebnisse aus dem Jahr 2014 sowie Trends die auf Auswertungen von anonymisierten Daten der BARMER GEK zu mehr als 8 Millionen Versicherten ab 2005 beruhen Der diesjaumlhrige Schwerpunkt des Repor-tes befasst sich mit dem Thema raquoAlter und Schmerzlaquo Diagnosen mit direktem Schmerzbezug wurden 2014 bei 46 Pro-zent der Bevoumllkerung dokumentiert Der von akuten Schmerzen betroffene Bevoumll-kerungsanteil duumlrfte damit noch unter-schaumltzt werden Die Auswertungen fokus-sieren vorrangig auf chronische Schmer-zen die eine eigenstaumlndige Erkrankung darstellen Entsprechende Diagnosen wurden 2014 in Deutschland bei rund 325 Millionen Menschen dokumentiert Schmerzpatienten sind haumlufig von einer Vielzahl an Erkrankungen betroffen das-Arzneiverordnungsvolumen uumlbersteigt altersentsprechend erwartete Werte um

mehr als 70 Prozent Insbesondere bei aumllteren Schmerzpatienten ist mit Arz-neimittelwechselwirkungen zu rechnen Eine interdisziplinaumlre und gut vernetzte Versorgung erscheint vor diesem Hinter-grund fuumlr Schmerzpatienten besonders wuumlnschenswert

Routinemaumlszligig werden im Report aktua-lisierte Auswertungen zur Inanspruch-nahme der ambulanten Versorgung zu Kosten sowie zu Erkrankungen praumlsentiert Ein gesonderter Abschnitt des diesjaumlhrigen Reportes befasst sich ergaumlnzend mit Aufmerksamkeitsdefizit- Hyperaktivitaumltsstoumlrungen (ADHS) und Methylphenidat-Verordnungen womit ein Update zu Schwerpunktauswertungen aus dem Arztreport 2013 bereitgestellt wird

Der BARMER GEK Arztreport wird in Zusammenarbeit mit dem AQUA - Institut fuumlr angewandte Qualitaumltsfoumlrderung und Forschung im Gesundheitswesen Goumlttin-gen herausgeben

Bertelsmann StiftungProgramm Versorgung verbessern ndash Patienten informieren Carl-Bertelsmann-Str 25633311 Guumltersloh wwwbertelsmann-stiftungdewwwgesundheitsmonitorde

Barmer GEK Lichtscheider Str 89ndash9542285 Wuppertalwwwbarmer-gekde

RedaktionDr Jan BoumlckenDr Ruumldiger MeierjuumlrgenDr Thomas Brechtel

IllustrationChristoph J Kellnerwwwanimanovade

AutorenProf Dr med Max GeraedtsRike Kraska Diplom-Biomathe matikerin ( Universitaumlt WittenHerdecke)

KontaktKatharina Einhaus Tel (05241) 81-8 13 81 Fax (05241) 81-68 13 81 katharinaeinhaus bertelsmann-stiftungde

Page 9: Zweitmeinungen - Bertelsmann Stiftung · Newsletter 01|2016 R R R. 2 genutzt hätten, bejahten allerdings 26 Prozent der Befragten. Diese Ergebnisse stehen in starkem Kontrast zu

9 Ein Newsletter der Bertelsmann Stiftung und der BARMER GEK

Die Befragung des Gesundheits monitors bestaumltigt damit zum einen die oben erwaumlhnten Ergebnisse der KBV-Versicher-tenbefragung und zum anderen die eigenen Ergebnisse bei der Befragung von Krankenhauspatienten ndash hier lag der Anteil der Patienten mit einer Zweit-meinungserfahrung bei rund 25 Prozent Dagegen erscheinen die Befragungser-gebnisse der Asklepios-Gruppe mit einer angeblichen Zweitmeinungserfahrung von 50 Prozent der Bevoumllkerung tatsaumlchlich als zu hoch

Ein wichtiges Ergebnis fuumlr die gesund-heitspolitische Diskussion zur Ausgestal-tung des gesetzlichen Zweitmeinungs-verfahrens liegt darin dass sich rund drei Viertel der Bevoumllkerung wuumlnschen eine Zweitmeinung einholen zu koumlnnen Dabei bezieht sich dieser Wunsch nicht nur auf die vom Gesetzgeber ins Auge gefassten elektiven mengenrelevanten operativen Eingriffe sondern die Versicherten halten eine zweite Meinung gerade bei schweren Erkrankungen vor allem auch Krebser-krankungen fuumlr wichtig

Ebenfalls als Hinweis fuumlr die weitere Ausgestaltung der Verfahren zu wer-ten sind die Ergebnisse zur Praumlferenz fuumlr Zweitmeinungen durch Fachaumlrzte im niedergelassenen Bereich Und die Befragten moumlchten sich im persoumlnlichen Gespraumlch beraten lassen nicht per Telefon oder Internet

Die von den Krankenversicherungen bereits angebotenen oft telefonbasierten Angebote sind den meisten Versicherten bisher unbekannt Diese Beratungen fuumlhren wesentlich seltener zu einer Aumlnde-rung der Entscheidung als eine zweite Meinung von Aumlrzten im persoumlnlichen Kontakt Ob dies Vorteil oder Nachteil ist laumlsst sich anhand der Befragungsergeb-nisse nicht schlussfolgern Auf jeden Fall scheint die telefonische Beratung durch Aumlrzte der Krankenkassen ndash im Vergleich zur persoumlnlichen Beratung durch nieder-

gelassene Aumlrzte ndash die Ratsuchenden oumlfter mit Unsicherheiten uumlber ihre Entschei-dung zuruumlckzulassen

Mindestens die Haumllfte der Bevoumllkerung ist grundsaumltzlich bereit fuumlr eine aumlrztliche Zweitmeinung zu zahlen Es gibt jedoch klar Unterschiede nach Sozialschichten Bei einer Ausgestaltung des Zweit-meinungssystems als kostenpflichtiges Zusatzangebot der Krankenversiche-rungen waumlre mit einer Verstaumlrkung der sozialen Disparitaumlten von Gesundheit und Krankheit in Deutschland zu rech-nen Der ungewoumlhnliche Befund dass Angehoumlrige der unteren Schicht die zah-lungsbereit waumlren einen houmlheren Betrag ausgeben wuumlrden als Angehoumlrige houmlherer Schichten laumlsst sich am ehesten dadurch erklaumlren dass die Kosten beziehungs-weise die Verguumltung aumlrztlicher Beratung moumlglicherweise uumlberschaumltzt werden

Insgesamt gibt es eine groszlige Nachfrage nach Zweitmeinungen vor allem bei Unsicherheiten hinsichtlich der Behand-lung schwerer Erkrankungen Zweit-meinungen werden zum Teil schon jetzt eingeholt und als entscheidungsrelevant und sinnvoll erachtet Damit dies auch zukuumlnftig so bleibt sollte ein patien-tenorientiertes gerechtes Angebot allen sozialen Schichten zur Verfuumlgung gestellt werden das nicht auf mengenrelevante Eingriffe beschraumlnkt ist im persoumlnlichen Kontakt zu Aumlrzten stattfindet und keine Zuzahlung erfordert

Literatur

n de Cruppeacute W und M Geraedts Abschlussbericht Krankenhauswahl-verhalten chronisch Kranker 2014 wwwforschung-patientenorientierungdefilesabschlussbericht_geraedts_ krankenhauswahlverhalten-bmbf-01gx1047pdf (Download 4112015)

n Geraedts M bdquoDie aumlrztliche Zweitmei-nung bei der Therapiewahlldquo Kranken-haus-Report 2013 ndash Mengendynamik

mehr Menge mehr Nutzen Hrsg J Klauber M Geraedts J Friedrich und J Wasem Stuttgart und New York 2013 215ndash222

n Grafe W R C K McSherry M L Finkel und E G McCarthy bdquoThe elec-tive surgery second opinion programrdquo Annals of Surgery (188) 3 1978 323ndash330

n IMWF ndash Institut fuumlr Management- und Wirtschaftsforschung GmbH ndash und Asklepios Kliniken Hamburg GmbH Studie Zweitmeinungsverfahren aus Patientensicht Hamburg 2014 wwwimwfdeStudien-und-Untersu-chungenStudie-Zweitmeinungsverfah-ren-aus-Patientensicht-2014 (Download 812015)

n KBV ndash Kassenaumlrztliche Bundesverei-nigung Versichertenbefragung der Kassenaumlrztlichen Bundesvereinigung Ergebnisse einer repraumlsentativen Bevoumll-kerungsumfrage MaiJuni 2006 wwwkbvdemediaspVersicherten-befragung_2006_08_15_1_pdf (Down-load 4112015)

n Lindsey P A und J P Newhouse bdquoThe cost and value of second surgical opi-nion programs a critical review of the literaturerdquo Journal of Health Politics Policy and Law (15) 3 1990 543ndash570

n McSherry C K P-J Chen T M Wor-ner N Kupferstein und E G McCarthy bdquoSecond surgical opinion programs dead or aliverdquo Journal of the American Col-lege of Surgeons (185) 5 1997 451ndash456

n Siegmund-Schultze N und B Hibbeler bdquoInitiative gegen uumlberfluumlssige Operatio-nen Zweitgutachten per Fernberatungldquo Deutsches Aumlrzteblatt (108) 34ndash35 2011 A-1776ndash1777

n Techniker Krankenkasse bdquoDrei Viertel der gesetzlich Versicherten wuumlrden bei OP-Empfehlung zweite Meinung einholenldquo Pressemitteilung 7102015 wwwtkdetkpressemitteilungengesundheit-und-service773104 (Down-load 22102015)

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Autorin und Autor

Prof Dr med Max Geraedts M San ist Universitaumltsprofessor fuumlr Gesund-heitssystemforschung an der Fakultaumlt fuumlr Gesundheit der Universitaumlt WittenHerdecke Nach dem Studium der Humanmedizin in Marburg und einer aumlrztlichen Taumltigkeit in der dortigen Universitaumltsklinik studierte er Gesund-heitswissenschaften und Sozialmedi-zinPublic Health an der Universitaumlt Duumlsseldorf Er war wissenschaftlicher Mitarbeiter an den Universitaumlten Duumlsseldorf und Tuumlbingen sowie Postdoc-toral Fellow am Institute for Health Policy Studies der Universitaumlt in San Francisco Nach der Habilitation im Fach Gesund-heitssystemforschung in Tuumlbingen war er Professor fuumlr Public Health in Duumlsseldorf bevor er 2009 den Lehrstuhl fuumlr Gesund-heitssystemforschung in Witten uumlber-nahm Seine Forschungsschwerpunkte liegen in der Evaluation gesundheits-politischer Maszlignahmen im Allgemeinen und der Messung und Evaluation der Qualitaumlt der gesundheitlichen Versorgung im Speziellen

Rike Kraska Diplom-Biomathematikerin ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut fuumlr Gesundheitssystemforschung an der Fakultaumlt fuumlr Gesundheit der Uni-versitaumlt WittenHerdecke Von 2007 bis 2012 studierte sie Biomathematik mit den Schwerpunkten StatistikStochastik und Molekularbiologie an der Ernst-Moritz-Arndt-Universitaumlt Greifswald Zu ihren Arbeits- und Forschungsschwerpunkten gehoumlren die Planung und Auswertung von Sekundaumlrdatenanalysen und die Evaluation der Qualitaumlt der gesundheit-lichen Versorgung

11 Ein Newsletter der Bertelsmann Stiftung und der BARMER GEK

Das Angebot an Gesundheits-Apps waumlchst stetig Im Web buhlen unzaumlhlige Gesund-heits-Websites um die Aufmerksamkeit der Nutzer Doch was verbirgt sich hinter dem Angebot welche Relevanz hat es fuumlr die Gesundheitsversorgung Die Bertels-mann Stiftung hat den Markt der digita-len Gesundheits-Anwendungen fuumlr Buumlrger systematisch analysiert und Thesen zum Status quo des Angebots abgeleitet

Der Diskurs um Chancen Risiken und Folgen digitaler Anwendungen im Gesundheitsbereich erfordert eine struk-turierende Basis In der Grundlagenstudie bdquoDigital-Health-Anwendungen fuumlr Buumlrgerldquo haben die Studienautoren im Auftrag der Bertelsmann Stiftung ein umfassendes Klassifikationsverfahren fuumlr Digital-Health-Anwendungen entwickelt und den bislang unuumlbersichtlichen Markt der Anwendungen in sieben uumlbersichtliche Typen eingeteilt Im SPOTLIGHT GESUND-HEIT sind die zentralen Aus sagen der Studie zusammengefasst Die Kernthese lautet Digital-Health-Anwendungen sind ein bedeutender Hebel fuumlr Patient Empower ment Jedoch werden die Poten-ziale noch kaum genutzt Die Akteure des klassischen Gesundheitssystems muumlssen die Chancen von digitalen Technologien aktiv auf greifen und Verfahren fuumlr die Etablierung von Innovationen entwickeln die der Dynamik des digitalen Marktes Rechnung tragen

Das SPOTLIGHT GESUNDHEIT zu Gesundheits-Apps ist im Kontext des neuen Projekts bdquoDer digitale Patientldquo entstanden In dem Projekt setzt sich die Bertelsmann Stiftung mit dem Einfluss der Digitalisierung auf die Gesundheits-versorgung auseinander

Weblink wwwder-digitale-patientde Autoren T Thranberend K Knoumlppler T NeiseckeGesundheits-Apps Bedeutender Hebel fuumlr Patient Empowerment ndash Potenziale jedoch bislang kaum genutzt SPOTLIGHT GESUND-HEIT Nr 2 2016 Bertelsmann Stiftung (Hrsg)Preis kostenlos ISSN (Online) 2364-5970

LiteraturTippGesundheits-Apps ndash Bedeutender Hebel fuumlr Patient Empowerment

Autoren TG Grobe S Steinmann J Szecsenyi BARMER GEK Arztreport 2016 Schriftenreihe zur Gesundheitsanalyse Band 37 Preis 1490 euromiddot ISBN 978-3-946-19902-1 Mail versorgungsforschungbarmer-gekde

BuchTipp BARMER GEK Arztreport 2016

Bereits zum zehnten Mal gibt der BARMER GEK Arztreport 2016 einen umfassenden Uumlberblick zur ambulanten aumlrztlichen Versorgung in Deutschland Berichtet werden vorrangig Ergebnisse aus dem Jahr 2014 sowie Trends die auf Auswertungen von anonymisierten Daten der BARMER GEK zu mehr als 8 Millionen Versicherten ab 2005 beruhen Der diesjaumlhrige Schwerpunkt des Repor-tes befasst sich mit dem Thema raquoAlter und Schmerzlaquo Diagnosen mit direktem Schmerzbezug wurden 2014 bei 46 Pro-zent der Bevoumllkerung dokumentiert Der von akuten Schmerzen betroffene Bevoumll-kerungsanteil duumlrfte damit noch unter-schaumltzt werden Die Auswertungen fokus-sieren vorrangig auf chronische Schmer-zen die eine eigenstaumlndige Erkrankung darstellen Entsprechende Diagnosen wurden 2014 in Deutschland bei rund 325 Millionen Menschen dokumentiert Schmerzpatienten sind haumlufig von einer Vielzahl an Erkrankungen betroffen das-Arzneiverordnungsvolumen uumlbersteigt altersentsprechend erwartete Werte um

mehr als 70 Prozent Insbesondere bei aumllteren Schmerzpatienten ist mit Arz-neimittelwechselwirkungen zu rechnen Eine interdisziplinaumlre und gut vernetzte Versorgung erscheint vor diesem Hinter-grund fuumlr Schmerzpatienten besonders wuumlnschenswert

Routinemaumlszligig werden im Report aktua-lisierte Auswertungen zur Inanspruch-nahme der ambulanten Versorgung zu Kosten sowie zu Erkrankungen praumlsentiert Ein gesonderter Abschnitt des diesjaumlhrigen Reportes befasst sich ergaumlnzend mit Aufmerksamkeitsdefizit- Hyperaktivitaumltsstoumlrungen (ADHS) und Methylphenidat-Verordnungen womit ein Update zu Schwerpunktauswertungen aus dem Arztreport 2013 bereitgestellt wird

Der BARMER GEK Arztreport wird in Zusammenarbeit mit dem AQUA - Institut fuumlr angewandte Qualitaumltsfoumlrderung und Forschung im Gesundheitswesen Goumlttin-gen herausgeben

Bertelsmann StiftungProgramm Versorgung verbessern ndash Patienten informieren Carl-Bertelsmann-Str 25633311 Guumltersloh wwwbertelsmann-stiftungdewwwgesundheitsmonitorde

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RedaktionDr Jan BoumlckenDr Ruumldiger MeierjuumlrgenDr Thomas Brechtel

IllustrationChristoph J Kellnerwwwanimanovade

AutorenProf Dr med Max GeraedtsRike Kraska Diplom-Biomathe matikerin ( Universitaumlt WittenHerdecke)

KontaktKatharina Einhaus Tel (05241) 81-8 13 81 Fax (05241) 81-68 13 81 katharinaeinhaus bertelsmann-stiftungde

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Autorin und Autor

Prof Dr med Max Geraedts M San ist Universitaumltsprofessor fuumlr Gesund-heitssystemforschung an der Fakultaumlt fuumlr Gesundheit der Universitaumlt WittenHerdecke Nach dem Studium der Humanmedizin in Marburg und einer aumlrztlichen Taumltigkeit in der dortigen Universitaumltsklinik studierte er Gesund-heitswissenschaften und Sozialmedi-zinPublic Health an der Universitaumlt Duumlsseldorf Er war wissenschaftlicher Mitarbeiter an den Universitaumlten Duumlsseldorf und Tuumlbingen sowie Postdoc-toral Fellow am Institute for Health Policy Studies der Universitaumlt in San Francisco Nach der Habilitation im Fach Gesund-heitssystemforschung in Tuumlbingen war er Professor fuumlr Public Health in Duumlsseldorf bevor er 2009 den Lehrstuhl fuumlr Gesund-heitssystemforschung in Witten uumlber-nahm Seine Forschungsschwerpunkte liegen in der Evaluation gesundheits-politischer Maszlignahmen im Allgemeinen und der Messung und Evaluation der Qualitaumlt der gesundheitlichen Versorgung im Speziellen

Rike Kraska Diplom-Biomathematikerin ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut fuumlr Gesundheitssystemforschung an der Fakultaumlt fuumlr Gesundheit der Uni-versitaumlt WittenHerdecke Von 2007 bis 2012 studierte sie Biomathematik mit den Schwerpunkten StatistikStochastik und Molekularbiologie an der Ernst-Moritz-Arndt-Universitaumlt Greifswald Zu ihren Arbeits- und Forschungsschwerpunkten gehoumlren die Planung und Auswertung von Sekundaumlrdatenanalysen und die Evaluation der Qualitaumlt der gesundheit-lichen Versorgung

11 Ein Newsletter der Bertelsmann Stiftung und der BARMER GEK

Das Angebot an Gesundheits-Apps waumlchst stetig Im Web buhlen unzaumlhlige Gesund-heits-Websites um die Aufmerksamkeit der Nutzer Doch was verbirgt sich hinter dem Angebot welche Relevanz hat es fuumlr die Gesundheitsversorgung Die Bertels-mann Stiftung hat den Markt der digita-len Gesundheits-Anwendungen fuumlr Buumlrger systematisch analysiert und Thesen zum Status quo des Angebots abgeleitet

Der Diskurs um Chancen Risiken und Folgen digitaler Anwendungen im Gesundheitsbereich erfordert eine struk-turierende Basis In der Grundlagenstudie bdquoDigital-Health-Anwendungen fuumlr Buumlrgerldquo haben die Studienautoren im Auftrag der Bertelsmann Stiftung ein umfassendes Klassifikationsverfahren fuumlr Digital-Health-Anwendungen entwickelt und den bislang unuumlbersichtlichen Markt der Anwendungen in sieben uumlbersichtliche Typen eingeteilt Im SPOTLIGHT GESUND-HEIT sind die zentralen Aus sagen der Studie zusammengefasst Die Kernthese lautet Digital-Health-Anwendungen sind ein bedeutender Hebel fuumlr Patient Empower ment Jedoch werden die Poten-ziale noch kaum genutzt Die Akteure des klassischen Gesundheitssystems muumlssen die Chancen von digitalen Technologien aktiv auf greifen und Verfahren fuumlr die Etablierung von Innovationen entwickeln die der Dynamik des digitalen Marktes Rechnung tragen

Das SPOTLIGHT GESUNDHEIT zu Gesundheits-Apps ist im Kontext des neuen Projekts bdquoDer digitale Patientldquo entstanden In dem Projekt setzt sich die Bertelsmann Stiftung mit dem Einfluss der Digitalisierung auf die Gesundheits-versorgung auseinander

Weblink wwwder-digitale-patientde Autoren T Thranberend K Knoumlppler T NeiseckeGesundheits-Apps Bedeutender Hebel fuumlr Patient Empowerment ndash Potenziale jedoch bislang kaum genutzt SPOTLIGHT GESUND-HEIT Nr 2 2016 Bertelsmann Stiftung (Hrsg)Preis kostenlos ISSN (Online) 2364-5970

LiteraturTippGesundheits-Apps ndash Bedeutender Hebel fuumlr Patient Empowerment

Autoren TG Grobe S Steinmann J Szecsenyi BARMER GEK Arztreport 2016 Schriftenreihe zur Gesundheitsanalyse Band 37 Preis 1490 euromiddot ISBN 978-3-946-19902-1 Mail versorgungsforschungbarmer-gekde

BuchTipp BARMER GEK Arztreport 2016

Bereits zum zehnten Mal gibt der BARMER GEK Arztreport 2016 einen umfassenden Uumlberblick zur ambulanten aumlrztlichen Versorgung in Deutschland Berichtet werden vorrangig Ergebnisse aus dem Jahr 2014 sowie Trends die auf Auswertungen von anonymisierten Daten der BARMER GEK zu mehr als 8 Millionen Versicherten ab 2005 beruhen Der diesjaumlhrige Schwerpunkt des Repor-tes befasst sich mit dem Thema raquoAlter und Schmerzlaquo Diagnosen mit direktem Schmerzbezug wurden 2014 bei 46 Pro-zent der Bevoumllkerung dokumentiert Der von akuten Schmerzen betroffene Bevoumll-kerungsanteil duumlrfte damit noch unter-schaumltzt werden Die Auswertungen fokus-sieren vorrangig auf chronische Schmer-zen die eine eigenstaumlndige Erkrankung darstellen Entsprechende Diagnosen wurden 2014 in Deutschland bei rund 325 Millionen Menschen dokumentiert Schmerzpatienten sind haumlufig von einer Vielzahl an Erkrankungen betroffen das-Arzneiverordnungsvolumen uumlbersteigt altersentsprechend erwartete Werte um

mehr als 70 Prozent Insbesondere bei aumllteren Schmerzpatienten ist mit Arz-neimittelwechselwirkungen zu rechnen Eine interdisziplinaumlre und gut vernetzte Versorgung erscheint vor diesem Hinter-grund fuumlr Schmerzpatienten besonders wuumlnschenswert

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Bertelsmann StiftungProgramm Versorgung verbessern ndash Patienten informieren Carl-Bertelsmann-Str 25633311 Guumltersloh wwwbertelsmann-stiftungdewwwgesundheitsmonitorde

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AutorenProf Dr med Max GeraedtsRike Kraska Diplom-Biomathe matikerin ( Universitaumlt WittenHerdecke)

KontaktKatharina Einhaus Tel (05241) 81-8 13 81 Fax (05241) 81-68 13 81 katharinaeinhaus bertelsmann-stiftungde

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11 Ein Newsletter der Bertelsmann Stiftung und der BARMER GEK

Das Angebot an Gesundheits-Apps waumlchst stetig Im Web buhlen unzaumlhlige Gesund-heits-Websites um die Aufmerksamkeit der Nutzer Doch was verbirgt sich hinter dem Angebot welche Relevanz hat es fuumlr die Gesundheitsversorgung Die Bertels-mann Stiftung hat den Markt der digita-len Gesundheits-Anwendungen fuumlr Buumlrger systematisch analysiert und Thesen zum Status quo des Angebots abgeleitet

Der Diskurs um Chancen Risiken und Folgen digitaler Anwendungen im Gesundheitsbereich erfordert eine struk-turierende Basis In der Grundlagenstudie bdquoDigital-Health-Anwendungen fuumlr Buumlrgerldquo haben die Studienautoren im Auftrag der Bertelsmann Stiftung ein umfassendes Klassifikationsverfahren fuumlr Digital-Health-Anwendungen entwickelt und den bislang unuumlbersichtlichen Markt der Anwendungen in sieben uumlbersichtliche Typen eingeteilt Im SPOTLIGHT GESUND-HEIT sind die zentralen Aus sagen der Studie zusammengefasst Die Kernthese lautet Digital-Health-Anwendungen sind ein bedeutender Hebel fuumlr Patient Empower ment Jedoch werden die Poten-ziale noch kaum genutzt Die Akteure des klassischen Gesundheitssystems muumlssen die Chancen von digitalen Technologien aktiv auf greifen und Verfahren fuumlr die Etablierung von Innovationen entwickeln die der Dynamik des digitalen Marktes Rechnung tragen

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BuchTipp BARMER GEK Arztreport 2016

Bereits zum zehnten Mal gibt der BARMER GEK Arztreport 2016 einen umfassenden Uumlberblick zur ambulanten aumlrztlichen Versorgung in Deutschland Berichtet werden vorrangig Ergebnisse aus dem Jahr 2014 sowie Trends die auf Auswertungen von anonymisierten Daten der BARMER GEK zu mehr als 8 Millionen Versicherten ab 2005 beruhen Der diesjaumlhrige Schwerpunkt des Repor-tes befasst sich mit dem Thema raquoAlter und Schmerzlaquo Diagnosen mit direktem Schmerzbezug wurden 2014 bei 46 Pro-zent der Bevoumllkerung dokumentiert Der von akuten Schmerzen betroffene Bevoumll-kerungsanteil duumlrfte damit noch unter-schaumltzt werden Die Auswertungen fokus-sieren vorrangig auf chronische Schmer-zen die eine eigenstaumlndige Erkrankung darstellen Entsprechende Diagnosen wurden 2014 in Deutschland bei rund 325 Millionen Menschen dokumentiert Schmerzpatienten sind haumlufig von einer Vielzahl an Erkrankungen betroffen das-Arzneiverordnungsvolumen uumlbersteigt altersentsprechend erwartete Werte um

mehr als 70 Prozent Insbesondere bei aumllteren Schmerzpatienten ist mit Arz-neimittelwechselwirkungen zu rechnen Eine interdisziplinaumlre und gut vernetzte Versorgung erscheint vor diesem Hinter-grund fuumlr Schmerzpatienten besonders wuumlnschenswert

Routinemaumlszligig werden im Report aktua-lisierte Auswertungen zur Inanspruch-nahme der ambulanten Versorgung zu Kosten sowie zu Erkrankungen praumlsentiert Ein gesonderter Abschnitt des diesjaumlhrigen Reportes befasst sich ergaumlnzend mit Aufmerksamkeitsdefizit- Hyperaktivitaumltsstoumlrungen (ADHS) und Methylphenidat-Verordnungen womit ein Update zu Schwerpunktauswertungen aus dem Arztreport 2013 bereitgestellt wird

Der BARMER GEK Arztreport wird in Zusammenarbeit mit dem AQUA - Institut fuumlr angewandte Qualitaumltsfoumlrderung und Forschung im Gesundheitswesen Goumlttin-gen herausgeben

Bertelsmann StiftungProgramm Versorgung verbessern ndash Patienten informieren Carl-Bertelsmann-Str 25633311 Guumltersloh wwwbertelsmann-stiftungdewwwgesundheitsmonitorde

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RedaktionDr Jan BoumlckenDr Ruumldiger MeierjuumlrgenDr Thomas Brechtel

IllustrationChristoph J Kellnerwwwanimanovade

AutorenProf Dr med Max GeraedtsRike Kraska Diplom-Biomathe matikerin ( Universitaumlt WittenHerdecke)

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Page 12: Zweitmeinungen - Bertelsmann Stiftung · Newsletter 01|2016 R R R. 2 genutzt hätten, bejahten allerdings 26 Prozent der Befragten. Diese Ergebnisse stehen in starkem Kontrast zu

Autoren TG Grobe S Steinmann J Szecsenyi BARMER GEK Arztreport 2016 Schriftenreihe zur Gesundheitsanalyse Band 37 Preis 1490 euromiddot ISBN 978-3-946-19902-1 Mail versorgungsforschungbarmer-gekde

BuchTipp BARMER GEK Arztreport 2016

Bereits zum zehnten Mal gibt der BARMER GEK Arztreport 2016 einen umfassenden Uumlberblick zur ambulanten aumlrztlichen Versorgung in Deutschland Berichtet werden vorrangig Ergebnisse aus dem Jahr 2014 sowie Trends die auf Auswertungen von anonymisierten Daten der BARMER GEK zu mehr als 8 Millionen Versicherten ab 2005 beruhen Der diesjaumlhrige Schwerpunkt des Repor-tes befasst sich mit dem Thema raquoAlter und Schmerzlaquo Diagnosen mit direktem Schmerzbezug wurden 2014 bei 46 Pro-zent der Bevoumllkerung dokumentiert Der von akuten Schmerzen betroffene Bevoumll-kerungsanteil duumlrfte damit noch unter-schaumltzt werden Die Auswertungen fokus-sieren vorrangig auf chronische Schmer-zen die eine eigenstaumlndige Erkrankung darstellen Entsprechende Diagnosen wurden 2014 in Deutschland bei rund 325 Millionen Menschen dokumentiert Schmerzpatienten sind haumlufig von einer Vielzahl an Erkrankungen betroffen das-Arzneiverordnungsvolumen uumlbersteigt altersentsprechend erwartete Werte um

mehr als 70 Prozent Insbesondere bei aumllteren Schmerzpatienten ist mit Arz-neimittelwechselwirkungen zu rechnen Eine interdisziplinaumlre und gut vernetzte Versorgung erscheint vor diesem Hinter-grund fuumlr Schmerzpatienten besonders wuumlnschenswert

Routinemaumlszligig werden im Report aktua-lisierte Auswertungen zur Inanspruch-nahme der ambulanten Versorgung zu Kosten sowie zu Erkrankungen praumlsentiert Ein gesonderter Abschnitt des diesjaumlhrigen Reportes befasst sich ergaumlnzend mit Aufmerksamkeitsdefizit- Hyperaktivitaumltsstoumlrungen (ADHS) und Methylphenidat-Verordnungen womit ein Update zu Schwerpunktauswertungen aus dem Arztreport 2013 bereitgestellt wird

Der BARMER GEK Arztreport wird in Zusammenarbeit mit dem AQUA - Institut fuumlr angewandte Qualitaumltsfoumlrderung und Forschung im Gesundheitswesen Goumlttin-gen herausgeben

Bertelsmann StiftungProgramm Versorgung verbessern ndash Patienten informieren Carl-Bertelsmann-Str 25633311 Guumltersloh wwwbertelsmann-stiftungdewwwgesundheitsmonitorde

Barmer GEK Lichtscheider Str 89ndash9542285 Wuppertalwwwbarmer-gekde

RedaktionDr Jan BoumlckenDr Ruumldiger MeierjuumlrgenDr Thomas Brechtel

IllustrationChristoph J Kellnerwwwanimanovade

AutorenProf Dr med Max GeraedtsRike Kraska Diplom-Biomathe matikerin ( Universitaumlt WittenHerdecke)

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