Geschichte
• Seit ca. 250 Jahren „Scrapie“ bei Schafen bekannt
• In den 50er Jahren auf Papua Neuguinea beim Stamm der FORE
erstmals KURU (Zittern) aufgetreten
• Übertragung damals durch
rituellen Kannibalismus
• 1980er Jahre-> BSE in Großbritannien,
Übertragung durch Fütterung
von Tiermehl infizierter Tiere
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Quelle:https://circulatingnow.nlm.nih.gov
Quelle: N-TV
Personen I
Hans–Gerhard Creutzfeldt *2.Juni 1885
HH- †30. Dez. 1964 in München, 1920
Veröffentlichung und Beschreibung der
Erkrankung
Alfons Maria Jakob * 2.Juli 1884 in
Aschaffenburg †17 Okt. in HH.
Entdeckung der Erkrankung kurz nach
Creutzfeldt
3Bildquelle: Wikipedia
Personen II
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Daniel Caleton Gajdusek: *09.Sept.
1923 (New York) †12.Dez 2008
(Tromsö) Nobelpreis 1976
Tollwutimpfung, Scrapie, Alzheimer
Stanley Prusiner: 28.Mai 1942 (Iowa)
Nobelpreis 1997 Prionen, postulierte
bereits 1982 die Bedeutung von Prionen
Quelle:https://circulatingnow
.nlm.nih.gov
Krankheit
• Neurodegenerative Erkrankung
• Inzidenz beim Menschen 1:1 Mio. Einwohner pro Jahr
• Fehlgefaltete Form eines physiologisch vorkommenden zellulären
Proteins (PrPc -> PrPsc)
• Innerhalb weniger Monate zum Tode führend
• i.d. Regel sporadisches Auftreten, einzelne Fälle genetisch
• Iatrogene Übertragung von Mensch zu Mensch möglich (ZNS
Gewebe, Hornhaut u.a.)
• Übertragung vom Tier auf den Menschen möglich (BSE-Bovine
Spongiforme Enzephalopathie)
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Was passiert bei einer Infektion
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• Amyloide Plaques entstehen im ZNS durch Ablagerung von
nicht abbaubaren PrPsc
• Das PrPsc induziert seine Vermehrung durch eine Änderung
der Struktur des natürlich vorkommenden PrPc
• Dadurch Untergang von neuronalem Gewebe
Aus: Suerbaum, Buchard, Kaufmann, Schulz
„Medizinische Mikrobiologie und Infektiologie“, 8
Auflage, Springer Verlag 2016
Charakteristische MRT- Befunde
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Aus: „Prinziples and Practice of Infectious Diseases“ S. 2151
Mandell, Douglas, Bennett, eight Edition, Elsevier Saunders 2015
Unser Fall
• Wer: Pat. männlich, 76 Jahre
• Was: Sturz, zunehmende Wesensveränderung, Sehstörung, PNP,
Gewichtsverlust
• Wann: wenige Wochen vor der CJD-Diagnose Gangstörung->
Lysetherapie bei dringendem Hirn-Infarktverdacht
• Reha-> Verschlechterung des AZ
• Subduralhämatom-> Neurochirurgie -> Ausräumung d. Hämatoms
• Bei unklarem Bild > Tumorsuche, inklusive Hohlraumdiagnostik
• Aus dem Liquor 14-3-3 positiv (nach OP fraglich verwendbar)
• PrPsc nachfolgend positiv Bestätigung NRZ Göttingen
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Zeitlicher Verlauf
• Erste Meldung 07.07.2017 um 10:00 telephonisch durch
OA Neurologie-> Laborbefund Marker 14-3-3 positiv
• Meldung an das GA durch OA Neurologie (Meldepflicht
nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe d IfSG, namentlich ->
Verdacht, Krankheit, Tod)
• Fallermittlung und Einberufung des Ausbruchsteams
07.07.2017
• Sitzungen des Ausbruchsteams
• 11.07,12.07, 13.07, 14.07, 17.07 +folgende Sitzungen in
kleineren Gruppen
• 25.07.2017 Beendigung des Ausbruchs-Falles
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Ausbruchsteam und Management
• GF, Kaufmännischer Direktor, ÄD
• Hygieneteam, Klinikhygieniker
• Gesundheitsamt
• AMD
• Pflegedirektion
• CÄ der betroffenen Abteilungen, hyg. beauftragte Ärzte
der Abteilungen
• Laborleitung, leitende MTA
• Pathologie CA und leitende MTA
• + Sachverständige, sofern nötig
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Betroffene Bereiche- nach der Fallermittlung
durch das Ausbruchsmanagement
• Neurologische Normalstation
• OP
• Anästhesie
• Intensivstation
• Endoskopieabteilung
• ZSVA
• Pathologie
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Sprachregelung!
• Lt. Konsensreport der ECDC CJD-> keine öffentliche
Meldung notwendig
• Erfassung aller möglichen Patienten, die mit MP in
Kontakt gekommen sein könnten, die ein -sehr geringes-
Risiko einer Prionen-Belastung aufweisen könnten
• Keine aktive Benachrichtigung!
• Interne Information reaktiv CA Neurologie
• Externe Kommunikation nur über GF und ÄD
• Belegung der Patientenakte mit VIP Schutz
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Erfassung der möglichen Kontaktpersonen
• Liste aller Patienten, die mit dem OP Besteck operiert worden sein
könnten, und die im selben OP operiert wurden-> Liste OA NCH
• 5 WS OP‘s
• 6 Schädel OP‘s
• Nachverfolgung des Coloskopes (Coloskopie: Pat. 05.07.2017)
• 12 mögliche Kontaktpatienten
• Nachverfolgung des Gastroskopes (Gastroskopie: Pat. 05.07.2017)
• 8 mögliche Kontaktpatienten
• Personal der Pathologie Mikrotom/ Staubsauger
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• Identifikation des OP-Saals in dem der Patient operiert
wurde
• Identifikation der verwendeten OP- Siebe und
Materialien
• Siebe aus dem Verkehr, zentrale Lagerung ZSVA,
Verplomben, zuständige Person benennen und
Kennzeichnung :
Achtung, MP mit V.a. Prionenkontamination nicht
verwenden!!
OP Besteck und Endoskope möglicherweise
kontaminiert
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Und am Ende-> Pathologie kontaminiert
• Information an die Pathologie beim –möglichen- Vorliegen
von speziellen Infektionen sinnvoll
• Bei uns: Nach Information 07.07 CJK Verdacht->
Außerbetriebnahme Mikrotom, Zentrifuge, Staubsauger
Zuschneide- Instrumentarium-> doppelte Umverpackung und
Kennzeichnung
• Schutzmaßnahmen
• Spezielle Dekontaminationsverfahren
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Konsultierte Sachverständige
• Uni Göttingen – Hr.Dr. Hahmann,
• Landesgewerbearzt- Hr. Dr. Nauert
• Hygiene am UKSH Kiel- Fr. Dr. Christiansen
• RKI- Fr. Dr. Offergeld/ Hr. Thanheiser
• UKS- Prof. Dr. W. J. Schulz-Schaeffer
• Landeslabor S-H – Fr. Insa Dammann
• AMD Imland Kliniken
• Arbeitssicherheit Imland Kliniken
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Aufbereitung Endoskopie
• Akut: Absage aller elektiven Endoskopien bis zur Klärung der
Aufbereitungsmöglichkeit und Risikobewertung
• Versendung der Endoskope zur Aufbereitung nach Göttingen
(Institut für Neuropathologie)
• Bürsten->Mehrweg-> Umstellung auf Einmalbürsten
• Ventile? Verwendung von Mehrwegventilen-> Nachverfolgbarkeit?
• Frage nach Kreuzkontaminationen: in der Phase der manuellen
Vorreinigung denkbar, in unserem Fall: Gastroskop und Coloskop
des betr. Patienten vorgereinigt, zufällig letzte Untersuchung des
Tages, daher Lösung entsorgt
• Nach RS Uni Göttingen-> im RDG-E keine Kreuzkontamination zu
erwarten
• Validierung der RDG-E‘s Protein-Nachweis unter der
Nachweisgrenze?
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Aufbereitung OP
• Spezielle Abschlussdesinfektion lt. RS RKI nicht
notwendig, keine Evidenz zu einer Übertragung durch
Flächen
• Entschluss des Ausbruchsteams-> Behandlung der
Flächen im betroffenen OP mit Natriumhypochlorid 5%
1h bei 20°C
• Detektion des betroffenen OP‘s
• Komplettes Ausräumen des Saals und Behandlung aller
möglich kontaminierten Flächen
• Inklusive Ein- und Ausräumen Standzeit ca. 1 Tag
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Aufbereitung chirurgische Instrumente und
ZSVA
• Routinemäßige Aufbereitung im Prionen-Programm bei NCH- und
Augeninstrumenten 134°C, 18 min Haltezeit
• Identifikation der eingesetzten OP- Siebe
• Sperrung und Kennzeichnung
• Einlagerung
• Einweißdenaturierung mit Guanidiniumthiozyanat 2x 30 Min EWD
• Zwischenspülung nach RKI Anlage 7
• RDG-> einmaliger Leerlauf-> Weiterverwendung des RDG
• Sterilisation im Prionenprogramm
• Arbeitsanweisung (Personalschutz) mit ZSVA, AMD,
Arbeitssicherheit, Abfallbeauftragter (Entsorgung) AS 180103
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Gefahr im Labor?
• S2 Labor
• Bei Einhaltung der TRBA und der UVV keine
Übertragung zu erwarten
• Einwegröhrchen, keine Mehrwegröhrchen
• Prinzipiell infektiöse Prionen auch in lymphatischem
Gewebe, intestinalem Gewebe und Blut vorhanden,
jedoch in so geringer Menge, dass aktuell verfügbare
Tests keinen sicheren Nachweis erbringen
• Liquor-Zählkammern werden mit NaOH behandelt
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Aufbereitung Pathologie
• Mikrotom und Zentrifuge (Hersteller lehnen Verantwortung einer
Aufbereitung ab, keine Materialverträglichkeitsangaben)
• Mikrotom arbeitet mit < -30°C-> Desinfektionsmittelwirkung ???
• Verwendeter Staubsauger-> Aufsaugen der Parafinreste-> entsorgt.
Bei Neuanschaffung -> Mikrofilter in Abluft?
• Empfehlung: unempfindliche Geräte eintauchen in 2 molare
Natronlauge (80g NaOH pro 1 Liter Wasser)
• Besprühen mit einer Lösung aus 0,3% NaOH und 0,2% SDS
(Sodium Dodecyl Sulfat) in 20% Propanol
• Aufbereitung aller Flächen mit oben genannten Verfahren
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Gesamtkosten
• Aufbereitung Gastroskop/Coloskop -> 2.200 € pro Gerät =
4.400 €
• Geräteneubeschaffung Pathologie-> 2.500 €
• Bindung von Arbeitszeit in den Abteilungen?
• Aufwand Nachforschung, Time-line,
Telephonzeit……….Personal??
• Chemikalien zur Aufbereitung-> ca. 1.500€
• Neubeschaffung/ Überarbeitung chirurgisches
Instrumentarium-> ca. 2.500 €
• Gutachten
• Insgesamt ca. 15.000 € + Personalkosten??
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Was haben wir gelernt
• Befundweitergabe bzw. Wahrnehmung von „besonderen“
Befunden muss geregelt sein und die Abläufe regelmäßig geprüft
werden
• Regelung der Einbindung der Hygieneabteilung bei Befunden, die
Isolationsmaßnahmen u/o. besondere Desinfektions- oder
Dekontaminationsmaßnahmen nach sich ziehen
• Nachverfolgbarkeit von eingesetzten MP am Patienten-> sofern
möglich, digitale Dokumentation im KIS (Patientenzugehörigkeit)
• Eine Aufbereitung des gesamten OP-Saals mit NaOCL
(Natriumhypochlorid) wäre nicht zwingend nötig gewesen-> eine
Umgebungskontamination ist unwahrscheinlich
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Was haben wir gelernt II
• Das entscheidende Moment bei der Dekontamination von
Materialien mit möglicher Prionen-Kontamination ist die
Eiweißdenaturierung ,bzw. Eiweißabreicherung
• Validationsberichte mit Nachweis von Eiweiß-Elemination im
Rahmen der Prozessbeschreibung sind wichtig
• Beim Vorhandensein einer NCH und einer Augenklinik-> Prionen-
Programm im Routinebetrieb
• Bereithalten von Rezepturen (Apotheke) und Festlegung von
Beschaffungswegen (MAWI) für den Notfall
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Prionen-Dekontaminationslösung
Ausgangsstoffe Abgabeeinheit 1.000 g
Wasser 795,00 g
Natriumdodecyl-sulfat (SDS) 2,00 g
Natriumhydroxid 3,00 g
n-Propanol (=1-Propanol) 200,00 g
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Indikation:
Zur vollständigen Inaktivierung von Prioneninfektiosität
Gebrauchsanweisung:
Lösung auf betroffene Flächen aufsprühen, diese 10 min feucht halten, ggfs. Nachsprühen
Haltbarkeit:
1 Jahr
Lagerung:
Dicht verschlossen bei 15 – 25 °C
Primärpackmittel:
HDPE-Sprühflasche 1.000 ml mit Sprühpistole (wiederverwendbar)
0,2% SDS (= Natriumdodecyl-sulfat), 0,3%, NaOH 20%, n-Propanol in
Wasser
Dank an die Kolleginnen und Kollegen
• Sachverstand
• Überstunden
• Aufbereitung unter schwierigen Bedingungen
• Mitarbeit bei Geräte-Neubeschaffung und Aufrechterhaltung des
Routinebetriebes
• Unterstützung des Hygieneteams
• Ärztliche Direktion und Geschäftsführung für professionelle
Unterstützung und Zustimmung zur Veröffentlichung
• Gesundheitsamt Kreis Rendsburg-Eckernförde für gute
Zusammenarbeit und fachliche Unterstützung
• Fr. Dr. B. Christiansen UK-SH für das Fazit und die Beurteilung des
Falles
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Literatur
• Beschluss des Ausschusses für Biologische Arbeitsstoffe (ABAS)
„Schutzmaßnahmen bei Tätigkeiten mit Transmissibler
Spongiformer Enzephalopathie (TSE) assoziierter Agenzien in TSE
Laboren“ Beschluss 603, März 2011
• Epdemiologisches Bulletin 26/2015 „zur Situation bei wichtigen
Infektionskrankheiten in Deutschland-Creutzfeldt-Jakob-Krankheit
für das Jahr 2014
• „Die Variante der Kreutzfeldt-Jakob-Krankheit (vCJK)“
Bundesgesundheitsblatt 2002;45:376-394 Springer Verlag 2002
• „Prophylaxe der Kreutzfeldt-Jakob-Erkrankung in Krankenhaus und
Praxis“ AWMF Leitlinien Register Nr. 029/025
• „Fast, broad-range disinfection of bacteria, fungi, viruses and prions“
Beekes, M. et. Al. ,Journal of General Virology (2010);91:580-589
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Literatur II
• „Prinziples and Practice of Infectious Diseases“ Mandell, Douglas,
Bennett, eight Edition, Elsevier Saunders 2015
• Suerbaum, Buchard, Kaufmann, Schulz „Medizinische Mikrobiologie
und Infektiologie“, 8 Auflage, Springer Verlag 2016
• „Anlage 7 Maßnahmen zur Minimierung des Risikos einer
Übertragung der CJK/vCJK duer Medizinprodukte“
Bundesgesundheitsblatt2012
• „Surveillance von Infektionskrankheiten auf europäischer Ebene“ A.
Ammon, D. Faensen, Bundesgesundheitsblatt 2009, 52:176-182
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