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EINZELFRAGEN

ZfCM | Controlling & Management Sonderheft 3 | 2010 5

Stefan Müller

Einleitung

Mit dem Bilanzrechtsmodernisierungsge-setz (BilMoG) hat der deutsche Gesetzge-ber das HGB im Bereich der immateriellen Vermögensgegenstände des Anlagevermö-gens zumindest an die Regelungen des IAS 38 angenähert. Anders als nach den IFRS wurde jedoch für selbst geschaffene imma-terielle Vermögensgegenstände des Anla-gevermögens nur ein Ansatzwahlrecht statt einer Aktivierungspflicht vorgesehen und die Bewertung erfolgt stets höchstens mit den Anschaffungs- oder Herstellungskos-ten. In dem vorliegenden Beitrag wird auf-gezeigt, dass dieser Schritt zur Erweiterung der Abbildung von Unternehmenswerten im immateriellen Anlagevermögen zumin-dest in die richtige Richtung weist, aber auch die zunehmend zu beobachtende Ent-wicklung des Zusammenwachsens von Rechnungslegung und Controlling weiter beschleunigt. Im Einzelnen wird zunächst aufgezeigt, welche Lücken in dem Abbil-dungsmodell nach HGB mit dem BilMoG im Bereich der immateriellen Vermögens-

gegenstände geschlossen wurden und wie hier der Stand nach den IFRS-Regelungen ist. Im Folgenden werden die spätestens ab dem Geschäftsjahr 2010 anzuwendenden Bilanzierungsregelungen dargestellt, wobei der Schwerpunkt auf den selbst geschaf-fenen immateriellen Vermögensgegenstän-den des Anlagevermögens liegt, und die daraus erwachsenden Implikationen für das Controlling abgeleitet. Abschließend wird der Status Quo der Abbildung selbst erstellter immaterieller Werte in IFRS-Ab-schlüssen deutscher Unternehmen aufge-zeigt und auf dieser Basis Aussagen über die zu erwartende Umsetzung der BilMoG-Regelungen getroffen.

Grundsachverhalte

Bedeutung immaterieller Werte für die UnternehmensabbildungIn den letzten Jahren ist eine deutliche Verschiebung der werthaltigen Erfolgspo-tenziale eines Unternehmens weg von den Sach- und Finanzvermögen hin zu imma-teriellen Werten festzustellen, was nicht zuletzt an den deutlich gestiegenen Antei-len von Geschäfts- oder Firmenwerten aus Unternehmenskäufen sichtbar wird. Un-abhängig von anhaltenden Diskussionen um die Behandlung eines erworbenen Ge-schäfts- oder Firmenwertes, die nach IFRS lediglich fallweise, nach dem HGB aber planmäßig abzuschreiben sind, wobei eine länger als fünfjährige Nutzungsdauer be-gründungspflichtig ist (s. Beitrag Oser), stellt die Abbildung von selbst geschaf-fenen immateriellen Vermögensgegen-ständen eines der Hauptprobleme der Rechnungslegung dar, da sie oft zunächst nur auf qualitativer Basis identifiziert und nur unzureichend quantifiziert werden können, was beispielsweise bei der Ein-schätzung von selbst geschaffenen For-schungserfolgen deutlich wird. Ob und wann Forschungsbemühungen ein Markt-

erfolg werden, ist kaum berechenbar, ob-wohl gerade dieser Bereich für viele Bran-chen den eigentlichen Unternehmenswert begründet. Dies kann insbesondere bei Design-, Technologie- und Softwareunter-nehmen beobachtet werden, wo die Markt-bewertung häufig über 5 Mal so hoch wie

Ansatz und Bewertung selbst geschaf-fener immaterieller Vermögensgegen-stände des Anlagevermögens

■■ Mit■dem■BilMoG■sind■selbst■geschaffene■immaterielle■Vermögensgegenstände■des■Anlagevermögens■ab■dem■Geschäftsjahr■2010■bilanzierungsfähig;■es■besteht■ein■Ansatzwahlrecht■gem.■§■248■Abs.■2■Satz■1■HGB.■■ Bei■der■Bewertung■ist■gem.■§■255■Abs.■2a■

HGB■zu■trennen■in■aktivierungsverbotene■Forschungs-■und■aktivierungsfähige■Ent-wicklungskosten.■■ Erträge■aus■der■Aktivierung■selbst■ge-

schaffener■immaterieller■Vermögensge-genstände■ des■ Anlagevermögens■ sind■mit■einer■Ausschüttungssperre■gem.■§■268■Abs.■8■HGB■belegt.■■■ Die■Ansatzvoraussetzungen■für■Vermö-

gensgegenstände■müssen■auch■für■die■selbst■geschaffenen■Gegenstände■gege-ben■sein.■Daraus■folgt■z.■B.,■dass■die■Kos-tenrechnung■so■auszugestalten■ist,■dass■die■Bewertbarkeit■gegeben■ist.■■ Das■Controlling■muss■den■Prozess■der■

Erstellung■dokumentierend■begleiten,■da-mit■die■für■die■Rechnungslegung■notwen-digen■Informationen■zur■Verfügung■ste-hen.■ Insbesondere■muss■der■Übergang■von■ Forschung■ zu■ Entwicklung■ klar■ zu■identifizieren■sein.■■ Bisherige■Erfahrungen■bei■der■Aktivie-

rung■selbst■erstellter■immaterieller■Vermö-genswerte■nach■den■IFRS■(IAS■38)■deut-scher■Unternehmen■zeigen,■dass■die■nach■IFRS■bestehende■Ansatzpflicht■nur■bei■gut■der■Hälfte■zu■einem■Bilanzansatz■führt■und■dieser■bis■auf■den■Automobilsektor■dann■auch■betragsmäßig■eher■gering■ist.

Autor

Prof. Dr.Stefan Müller

Professur■ für■ Allge-meine■Betriebswirt-schaftslehre

Institut■für■Betriebswirtschaftliche■SteuerlehreHelmut-Schmidt-Uni■versitätUniversität■der■BundeswehrHamburgHolstenhofweg■85,■22043■HamburgTel.:■040/65■41■-■29■68E-Mail:■[email protected]

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das jeweilig ausgewiesene Eigenkapital ist (zum 31.12.2008 – und somit in der Fi-nanzmarktkrise – betraf dies im DAX, MDAX und SDAX etwa Rational, Hugo Boss und Wincor Nixdorf). Hier wird ei-ne zentrale Problematik der externen Ab-bildungsmodelle deutlich: Wenn in Jahres-abschlüssen teilweise nicht einmal mehr 20 % des Unternehmenswertes abgebildet werden, so sind diese in diesen Fällen für die adäquate interne und externe Informa-tionsvermittlung wenig geeignet. Solange es nicht gelingt, dem Management ein Ab-bildungsmodell an die Hand zu geben, welches wie auch bei der Börsenbewertung die enthaltenen Chancen (und analog die Risiken) als immaterielle Vermögenswerte mit einbezieht, erscheint eine umfassende Führungsunterstützung durch den Jahres-abschluss für diese Fälle kaum praktikabel zu sein. Daher werden vielfach die Größen des Konzernabschlusses nicht mehr als zentrale Konzernziele gesetzt, sondern es wird auf wertorientierte Verfahren abge-stellt, für die der ausgewiesene Jahresab-schluss nur einer von mehreren Einfluss-faktoren darstellt. Extern agieren Unter-nehmen mit hohen Forschungs- und Entwicklungs- sowie Werbeaufwen-dungen statt mit veröffentlichten Ab-schlüssen, in denen die tatsächliche Ver-mögenslage aufgrund der Abbildungs-schwierigkeiten der immateriellen Werte nur unzureichend wiedergegeben wird, zunehmend mit Signalen an die aktuellen und potenziellen Kapitalgeber über Divi-dendenerhöhungen und Aktienrückkauf-programme (Gelb/Siegel 2000, S. 307), was neben den Problemen der unkon trol lier-baren Gestaltbarkeit dieser Signale durch die Unternehmensführung letztlich einem Offenbarungseid für die Abbildungssy-steme gleichkommt.

Ausgehend von dieser Feststellung, dass die Lücke zwischen Marktwahrnehmung ei-ner Unternehmung und deren Abbildung im Jahresabschluss sehr groß geworden ist, wird z. B. schon seit einiger Zeit über den In-tellectual-Capital-Bericht versucht, wenigs-tens Teile dieser Lücke durch zusätzliche Angaben im Rahmen des Value-Reporting zu schließen (bereits Haller/Dietrich 2001, S. 1045). Dabei werden unter Intellectual-Capital alle nicht bilanzierungsfähigen im-materiellen Vermögensgegenstände subsu-miert und in bestimmte Teilbereiche zusam-mengefasst (AK „Immaterielle Werte im Rechnungswesen“ der Schmalenbach-Gesell-schaft e.V. 2001, S. 990 – 991). In der Praxis der Berichterstattung finden sich bis jetzt

jedoch nur ansatzweise und dann überwie-gend nicht monetäre Informationen zum Intellectual-Capital.

Aktuelle Erfassung immaterieller Werte in JahresabschlüssenDer deutsche Gesetzgeber hat bisher die Aktivierung selbst geschaffener immateri-eller Vermögensgegenstände des Anlage-vermögens mit einem Aktivierungsverbot belegt. Dagegen ist für den Ansatz von im-materiellem Anlagevermögen nach IFRS die Art des Zugangs zum Unternehmen nicht entscheidend. Vielmehr ist eine Akti-vierung grundsätzlich an die Erfüllung von im Framework und in IAS 38 bestimmten Ansatzkriterien geknüpft. Um immateriel-le Werte handelt es sich definitionsgemäß bei identifizierbaren, nicht-monetären Ge-genständen ohne physische Substanz, die von einem Unternehmen zum Einsatz in-nerhalb der Produktion, zur Bereitstellung von Waren und Dienstleistungen, zur Ver-mietung an Dritte oder aus verwaltungs-technischen Gründen gehalten werden, ■ über die das Unternehmen eine Kontrol-le besitzt und ■ aus welcher in Zukunft ein Nutzenzufluss resultiert.

Bei Erfüllung der Definitionskriterien be-steht eine Ansatzpflicht nur, wenn darüber hinaus die Wahrscheinlichkeit des künf-tigen Nutzenzuflusses an das Unterneh-men sowie eine zuverlässige Bewertbarkeit gegeben ist (Hoffmann 2010, § 13, Rz. 5). Da es oftmals schwierig ist, eine eindeutige Entscheidung in Bezug auf die Erfüllung der Ansatzkriterien für selbst erstellte Im-materialwerte zu treffen, wie z. B. über den wahrscheinlichen künftigen Nutzenzu-fluss oder die zuverlässige Bewertbarkeit, wird in IAS 38 hilfsweise eine Unterteilung in eine Forschungs- und eine Entwick-lungsphase vorgenommen. Dementspre-chend sind Ausgaben der Forschungspha-se sofort als Aufwand zu erfassen (IAS 38.54), während die der Entwicklungspha-se unter Erfüllung bestimmter Kriterien aktivierungspflichtig sind (IAS 38.57). Al-lerdings sind mit IAS 38.63 selbst erstellte Markennamen, Drucktitel, Verlagsrechte, Kundenlisten sowie ihrem Wesen nach ähnliche Sachverhalte mit einem Ansatz-verbote belegt.

Die Bewertung immaterieller Vermö-gensgegenstände erfolgt nach IFRS i. d. R. mit den Anschaffungs- und Herstellungs-kosten, wobei bei Vorhandensein eines ak-tiven Marktes eine Bewertung auch zum Zeitwert alternativ möglich ist.

Damit kann die im Kapitel 2.1 aufge-zeigte Abbildungslücke in aller Regel nicht geschlossen werden, da die Abbildung auf die Entwicklungskosten beschränkt bleibt, mit dem Ansatzverbot bestimmte zentrale Bereiche ausgeklammert werden und durch die kaum erfüllbare Forderung nach einem aktiven Markt i. d. R. nur die An-schaffungs- und Herstellungskosten ab-bildbar sind.

Mit der Absicht, einerseits die Rech-nungslegung zu deregulieren (Kreipl 2009, S. 135) und andererseits das deutsche HGB näher an international anerkannte Rech-nungslegungsnormen heranzuführen (BMJ, Presseerklärung vom 16.10.2007, S. 4; Mül-ler 2009, S. 126), hat die Bundesregierung das im Mai 2009 verabschiedete Bilanz-rechtsmodernisierungsgesetz (BilMoG) auf den Weg gebracht. Im Ergebnis wird eine Annäherung an die IFRS vollzogen, was besonders im Konzernabschluss aber auch bei vielen konkretisierten Ansatz-, Bewertungs- und Ausweisregelungen im Einzelabschluss deutlich wird. Da zusätz-lich zu beobachten ist, dass die Entwick-lung der Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung (GoB) die Rechnungslegung nach HGB unter dem Eindruck der neuen Normen noch stärker an die IFRS annä-hern wird, sollte künftig auch der (freiwil-lige) Übergang auf die IFRS vielfach nur noch einen wesentlich kleineren Schritt als bisher darstellen. Die Annäherung war nur zu erreichen, indem die prinzipienori-entierte Rechnungslegung eingeschränkt wurde. So kommt es zu Einschränkungen des Saldierungsverbots sowie des Vor-sichts- und des Imparitätsprinzips. Be-dingt durch die sich zuspitzende Finanz-marktkrise während der Befassung im Bundestag und -rat wurden dann jedoch im Laufe des Gesetzgebungsverfahren in einigen Bereichen wieder die Annäherung etwas reduziert. So wurde im Bereich der selbst geschaffenen immateriellen Vermö-gensgegenstände des Anlagevermögens ein Wahlrecht eingeführt; im Regierungs-entwurf war dafür noch eine Ansatzpflicht wie nach den IFRS vorgesehen. Zudem wurde aufgrund von zeitlichen Verzöge-rungen bei der Verabschiedung das Wahl-recht zur freiwilligen Anwendung der neu-en Vorschriften bereits im Geschäftsjahr 2009 eingeführt, was für externe Adres-saten einen deutlichen Rückschritt bezüg-lich der Transparenz und Vergleichbarkeit der Jahresabschlüsse bedeutet. Pflichtmä-ßig gelten die hier relevanten Änderungen des HGB im Geschäftsjahr 2010.

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Bilanzierung selbst geschaf fener immaterieller Vermögens­gegenstände des Anlage­vermögens nach dem BilMoG

AnsatzNach dem BilMoG können selbst geschaf-fene immaterielle Vermögensgegenstände des Anlagevermögens – abgesehen von selektiven Ansatzverboten gem. § 248 Abs. 2 Satz 2 HGB – unter bestimmten Voraussetzungen aktiviert werden (§ 248 Abs. 2 Satz 1 HGB). Die Aktivierungs-möglichkeit selbst geschaffener immateri-eller Vermögensgegenstände des Anlage-vermögens führt zu erheblichen Einschät-zungsspielräumen. Deshalb erfolgt in § 255 Abs. 2 a HGB eine Konkretisierung. Demnach sind Entwicklungskosten zu ak-tivieren, wohingegen Forschungsaufwen-dungen weiterhin nicht aktiviert werden dürfen. Als Entwicklung gilt – in Anleh-nung an IFRS – die Anwendung von For-schungsergebnissen oder die Weiterent-wicklung von Gütern oder Verfahren mit-tels wesentlicher Änderungen. Dagegen ist Forschung die eigenständige und plan-mäßige Suche nach neuen wissenschaft-lichen oder technischen Erkenntnissen oder Erfahrungen allgemeiner Art, über deren technische Verwertbarkeit und über deren wirtschaftliche Erfolgsaussichten grundsätzlich keine Aussagen gemacht werden können.

Mit dem BilMoG sind für Geschäfts-jahre, die nach dem 31.12.2009 beginnen, selbst geschaffene gewerbliche Schutz-rechte und ähnliche Rechte und Pflichten ansatzfähig. Konkret ist in § 248 Abs. 2 Satz 1 HGB ein Aktivierungswahlrecht verankert, das durch die explizite Benen-nung von Bilanzierungsverboten ergänzt wurde. Ansatzverboten sind neben den in § 248 Abs. 1 HGB genannten Aufwen-dungen für die Gründung eines Unterneh-mens, für die Beschaffung des Eigenkapi-tals und für den Abschluss von Versiche-rungsverträgen auch die in § 248 Abs. 2 Satz 2 HGB genannten nicht entgeltlich er-worbenen Marken, Drucktitel, Verlags-rechte, Kundenlisten oder vergleichbare immaterielle Vermögensgegenstände des Anlagevermögens.

Die Problematik im Umgang mit selbst geschaffenen immateriellen Vermögensge-genständen des Anlagevermögen beruht auf der Annahme, dass diesen häufig nur schwierig ein objektiver, intersubjektiv nachprüfbarer Wert beigemessen werden

kann und das Handelsrecht stark vom Vor-sichtsprinzip geprägt ist. Aufgrund der stei-genden Bedeutung der selbst geschaffenen immateriellen Vermögenswerte im heu-tigen Wissens- und Technologiezeitalter wurde nun aus dem Ansatzverbot zumin-dest ein Ansatzwahlrecht. So kann die Ver-zerrung des den tatsächlichen Verhältnis-sen entsprechenden Bildes der Vermögens, Finanz- und Ertragslage von Unternehmen zumindest gemildert werden.

Als Voraussetzung für eine Aktivierung muss die Erfüllung der Vermögensgegen-standseigenschaft vorliegen, die i. d. R. durch eine selbständige Verkehrsfähigkeit („Einzelverwertbarkeit“) des Vermögens-gegenstandes gegeben ist (BT-Drs. 16/10067 v. 30.7.08, S. 50). Hier liegt auch ein zentraler Unterschied zu den IFRS, da nach IAS 38.8 für das Vorliegen eines im-materiellen Vermögenswerts diese selb-ständige Verwertbarkeit nicht gefordert wird. In der Praxis dürften sich hieraus je-doch kaum Abweichungen zwischen den aktivierungsmöglichen Vermögensgegen-ständen nach HGB und den aktivierungs-pflichtigen Vermögenswerten nach IFRS ergeben (Bertram in Bertram/Brinkmann/Kessler/Müller (2009), §248 HGB, Rz. 12). Zum anderen darf kein in § 248 HGB ge-nannter Ausschlussgrund vorliegen, wobei auch hier im Vergleich zu IAS 38.63 mit den ansatzverbotenen selbst geschaffenen Markennamen, Drucktiteln, Verlags-rechten, Kundenlisten sowie ihrem Wesen nach ähnlichen Sachverhalten inhaltlich keine Unterschiede bestehen.

Unstrittig ist die Aktivierung weiterhin bei einem entgeltlichen Erwerb (Wulf/Müller 2010, S. 186 f.). Bei den jetzt eben-falls ansatzfähigen selbst geschaffenen gewerblichen Schutzrechten und ähn-lichen Rechten und Pflichten besteht jedoch ein erhebliches Abgrenzungs-problem durch die Notwendigkeit, die Vermögensgegenstandseigenschaft zu be-stimmen, die bislang mit der Verkehrs-fähigkeit umschrieben wurde. Konkreter bedingt dies zunächst die Konkretisierung als wirtschaftlicher Wert („Greifbarkeit“) und die selbständige Bewertungsfähigkeit, die eine einzelobjektbezogene Zurechen-barkeit von Aufwendungen oder Markt-preisen erfordert. Im Folgenden ist dann noch bei Geltung der Fortführungsprä-misse auf die selbständige Verwertbarkeit abzustellen, die die Fähigkeit umschreibt, im Handelsverkehr selbständig gegen Ent-gelt veräußert werden zu können. Gilt die Fortführungsannahme nicht, so ist die

selbständige Veräußerbarkeit oder sogar die Vollstreckungsfähigkeit zu fordern (Federmann 2010, S. 279). Daraus folgt, dass Geschäfts- oder Firmenwerte nicht als Vermögensgegenstände zu klassifizie-ren sind. Folgerichtig stellt der Gesetz-geber in § 246 Abs. 1 Satz 4 HGB explizit erworbene Geschäfts- oder Firmenwerte lediglich den Vermögensgegenständen gleich. Mit der verabschiedeten Gesetzes-formulierung wird auch die noch im Rah-men des Regierungsentwurfs etwas wei-tergehende Formulierung, dass nur mit hinreichender Wahrscheinlichkeit von der Entstehung eines Vermögensgegen-stands ausgegangen werden musste (BT-Drs. 16/10067 v. 30.7.08, S. 61), wieder zurückgenommen. Der Rechtsausschuss fordert explizit das Vorliegen eines Vermö-gensgegenstands bereits zum Aktivie-rungszeitpunkt (BT-Drs. 16/12407 v. 24.3. 09, S. 85).

Aus dieser strengen Forderung nach Vermögensgegenständen wird aber bereits deutlich, dass die ansatzfähigen immate-riellen Werte nur einen kleinen Teil der un-ter Kapitel 2.1 beschriebenen bislang in Ab-bildungen fehlenden immateriellen Werte von Unternehmen ausmachen. Die als In-tellectual-Capital klassifizierten Chancen und Wettbewerbsvorteile erfüllen ganz überwiegend diese hohen Anforderungen an die Greifbarkeit, Bewertungsfähigkeit und selbständiger Verwertbarkeit nicht. Daher bleiben auch originäre Geschäfts- oder Firmenwerte weiterhin streng ansatz-verboten.

Handelsrechtlich wird für den Bereich der immateriellen Vermögensgegenstände eine weitere Konkretisierung dieser Anfor-derungen in § 255 Abs. 2 a HGB vorge-nommen, da nur Entwicklungskosten ak-tivierungsfähig sind, wohingegen For-schungskosten weiterhin nicht aktiviert werden dürfen. Bei Letzteren fehlt es an der Möglichkeit, mit ausreichender Wahr-scheinlichkeit Aussagen über deren tech-nische Verwertbarkeit und die wirtschaft-lichen Erfolgsaussichten zu treffen (AK Immaterielle im Rechnungswesen“ der Schma lenbach-Gesellschaft e.V. (Hrsg.) 2008, S. 1814).

Letztlich wird damit die Ungleichbe-handlung von immateriellen Vermögens-gegenständen des Anlagevermögens und Sachanlagen zumindest abgemildert, da der Zugang zum Unternehmen auch bei diesen (wie etwa Maschinen) für den Bi-lanzansatz nicht entscheidend ist. Dennoch geht eine Aktivierung selbst geschaffener

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(immaterieller) Anlagen aufgrund der da-mit verbundenen Ungewissheit grundsätz-lich zulasten der Verlässlichkeit der Unter-nehmensabbildung im Jahresabschluss, weil hier im Unterschied zu den erwor-benen Vermögenswerten, wo durch den Erwerbsvorgang die Greifbarkeit, die Be-wertbarkeit und die Verkehrsfähigkeit nachgewiesen wurde, größere Einschät-zungsspielräume vermutet werden können. Da letztlich der Erwerb jedoch auch durch die damit verbundenen Ausgestaltungs-varianten nicht frei von Gestaltungspoten-zialen ist, insbesondere wenn an Erwerbe von nicht unabhängigen Dritten gedacht wird, die nur im Konzernabschluss – und auch dort nur teilweise – eliminiert wer-den, ist eine eingeschränkte Verlässlichkeit solange zu tolerieren, wie die Relevanz durch die Abbildung stärker steigt (Kreipl/Müller 2010, S. 315).

Steuerrechtlich sind selbst geschaffene Vermögensgegenstände nicht als Wirt-schaftsgüter akzeptiert, sodass hier die Maßgeblichkeit durch die spezielle Rege-lung in § 5 Abs. 2 EStG nicht wirkt.

Durch die Aktivierung selbst geschaf-fener immaterieller Vermögensgegenstän-de des Anlagevermögens wird das HGB-Jahresergebnis höher ausgewiesen als bei der Aufwandsverrechnung zuvor. Um die aus der Aktivierung resultierenden Erträge vor der Ausschüttung zu bewahren, wurde aus Gründen des Gläubigerschutzes eine Ausschüttungssperre geschaffen. Gemäß § 268 Abs. 8 HGB dürfen Ausschüttungen nur durchgeführt werden, wenn nach der Ausschüttung eine jederzeit auflösbare Ge-winnrücklage verbleibt, die nach Verrech-nung mit den Gewinn- oder Verlustvorträ-gen und unter Beachtung der gebildeten passiven latenten Steuern mindestens die angesetzten selbst geschaffenen Vermö-genswerte, aktiven latenten Steuern und Buchgewinne aktivierter Überhänge aus Pensionsverpflichtungen deckt.

Vor dem Hintergrund des durch das BilMoG deutlich gestärkten Stetigkeitsge-bots ist das handelsrechtliche Ansatzwahl-recht im Ergebnis eingeschränkt. Zum ei-nen gilt es, obwohl zunächst sehr weit for-muliert, grundsätzlich für alle ähnlichen Sachverhalte (Stetigkeitsgebot der Ansatz-methode), daher kann nicht für jeden ein-zelnen selbst geschaffenen immateriellen Vermögensgegenstand über einen Ansatz entschieden werden. Zum anderen ist die Stetigkeit auch im Zeitverlauf zu beachten, so dass von einer einmal gewählten Ent-scheidung nur in begründeten Ausnahme-

fällen abgewichen werden darf. Unter Be-achtung der diesbezüglichen Grundsätze des St/HFA 3/1997 und des primär für Konzernabschlüsse geltenden DRS 13 ist dabei für dieses Wahlrecht lediglich an ei-ne Verbesserung des Einblicks in die Ver-mögens-, Finanz- und Ertragslage sowie an eine Anpassung innerhalb einer Konzern-verbindung zu denken. Da eine Aktivie-rung nach herrschender Meinung einen besseren Einblick gewährt, erscheint eine Abkehr von einer einmal gewählten Akti-vierung kaum zu begründen zu sein, wes-halb die Literatur von einer „Ansatzfalle“ spricht (Bertram in Bertram/Brinkmann/Kessler/Müller 2009, § 248 HGB, Rz. 39).

BewertungAls Zugangsbewertung kommen für das immaterielle Anlagevermögen die An-schaffungs- und Herstellungskosten ge-mäß § 255 HGB in Betracht. Insgesamt ergibt sich durch das BilMoG eine subs-tanzielle Anhebung der bisherigen Wert-untergrenze der aktivierungspflichtigen Herstellungskosten. Konkret sind zukünf-tig im Rahmen der Zugangsbewertung sämtliche dem einzelnen Vermögensge-genstand unmittelbar zurechenbare Auf-wendungen zu aktivieren. Somit sind auch die Fertigungs- und Materialgemeinkos-ten einzubeziehen. Allgemeine Verwal-tungskosten, Kosten für soziale Einrich-tungen des Betriebs und freiwillige soziale Leistungen, Kosten der betrieblichen Al-tersvorsorge sowie Zinsen während der Erstellungsphase sind dagegen auch wei-terhin per Wahlrecht einbeziehungsmög-lich. Hinzu kommen die Entwicklungskos-ten, die per Wahlrecht einbeziehungsmög-lich sind, und die einbeziehungsverbotenen Vertriebs- und Forschungskosten.

Bei der Folgebewertung ist das immate-rielle Anlagevermögen zum Geschäfts-jahresschluss mit den fortgeführten An-schaffungs- und Herstellungskosten zu be-werten. Diese umfassen die ursprünglichen Anschaffungs- und Herstellungskosten ab-züglich planmäßiger und ggf. außerplan-mäßiger Abschreibungen zuzüglich ggf. zu berücksichtigender Zuschreibungen. Hier gilt als einzige Ausnahme für den Ge-schäfts- oder Firmenwert ein explizites Zu-schreibungsverbot gem. § 253 Abs. 5 Satz 2 HGB. In der Regel ist das immaterielle An-lagevermögen zeitlich in der Nutzung be-grenzt, sodass die Wertminderung über eine planmäßige Abschreibung zu erfassen ist. Es gibt Fälle, in denen damit gerechnet wird, dass formal zeitlich begrenzte Rech-

te immer wieder auf unbegrenzte Zeit v erlängert werden (wie z. B. bei Verkehrs- oder Transportkonzessionen). In diesen Fällen darf keine planmäßige Abschrei-bung erfolgen, weil ihre Nutzung als zeit-lich unbegrenzt gilt.

Die planmäßige Abschreibung richtet sich nach wirtschaftlichen oder rechtlichen Faktoren. Häufig wird die planmäßige Ab-schreibung nach der Laufzeit eines erwor-benen Rechts bemessen (z. B. nach der Lauf zeit eines Lizenzvertrages oder dem Nutzungszeitraum eines Patents). So er-lischt ein Geschmacksmusterrecht nach drei oder höchstens 15 Jahren (§ 8 Ge-schmMG) bzw. ein Patent 20 Jahre nach der Anmeldung (§ 16 PatG). Tatsächlich kann die wirtschaftliche Nutzungsdauer erheblich kürzer sein als die gesetzlichen Fristen. Das ist vor allem bei Patenten in Bereichen schnell fortschreitender Ent-wicklungen der Fall. In diesen Fällen be-stimmt die kürzere wirtschaftliche Nut-zungsdauer die relevante Abschreibungs-dauer. Grundsätzlich ist die wirtschaftliche Nutzungsdauer aufgrund der Unsicherheit des künftigen Nutzenzuflusses vorsichtig zu schätzen.

Angesetzte Entwicklungskosten sind verteilt über den Lebenszyklus des ent-wickelten Produktes abzuschreiben.

Als Abschreibungsmethode kommt i. d. R. die lineare Abschreibung und ggf. die degressive Abschreibung zur Anwen-dung. Im konkreten Einzelfall können auch leistungsbezogene Abschreibungsverfah-ren sinnvoll sein. Zusätzlich können außer-planmäßige Abschreibungen auf immate-rielle Anlagen notwendig werden. Dabei gilt gem. § 253 Abs. 3 S. 3 HGB das ge-milderte Niederstwertprinzip, d.  h. bei vorübergehender Wertminderung darf kei-ne außerplanmäßige Abschreibung vorge-nommen werden (Abwertungsverbot). Beim Wegfall des Grundes für die außer-planmäßige Abschreibung ist – mit Aus-nahme auf Abschreibungen auf den Ge-schäfts- oder Firmenwert – eine Zuschrei-bung erforderlich.

ÜbergangsvorschriftenDie Übergangsvorschriften sehen grund-sätzlich eine erfolgswirksame Behandlung der aus den geänderten Vorschriften resul-tierenden Umbewertungsdifferenzen vor, wobei die erfolgswirksamen Auswirkungen der erstmaligen Anwendung der BilMoG-Vorschriften in der GuV nach Art. 67 Abs. 7 EGHGB als außerordentliche Aufwen-dungen oder Erträge zu erfassen und ge-

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sondert auszuweisen sind. Zudem brau-chen die Vorjahreszahlen bei der Anwen-dung von durch das BilMoG geänderten Vorschriften nicht angepasst zu werden und es ist auch keine Beschreibung der Än-derungen gem. § 252 Abs. 1 Nr. 6, § 265 Abs. 1 und § 284 Abs. 2 Nr. 3 HGB notwen-dig. Dies beeinträchtigt die Aussagekraft des ersten nach den Vorschriften des BilMoG aufgestellten Abschlusses ganz erheblich. Es sollte daher im Einzelfall überlegt werden, zumindest Eigen- und Fremdkapitalgebern die notwendigen Er-läuterungen zukommen zu lassen, da die Vergleichbarkeit zum Vorjahr eingeschränkt ist und somit die Gefahr besteht, dass falsche Schlüsse über die wirtschaftliche Lage des Unternehmens gezogen werden könnten.

Von diesen generellen Grundsätzen be-steht jedoch eine Reihe von Ausnahmen. So dürfen Entwicklungskosten oder sonstige selbst geschaffene immaterielle Vermögens-gegenstände des Anlagevermögens erstma-lig aktiviert werden für Entwicklungsaktivi-täten, die in nach dem 31.12.2009 begin-nenden Geschäftsjahren, d. h. frühestens im Geschäftsjahr 2010, aufgenommen wur-den (Art. 66 Abs. 7 EG-HGB). Für alle frü-her begonnenen Entwicklungsprojekte be-steht auch weiterhin das Ansatzverbot. Als Ausnahme für diese strenge Regelung wur-de es in der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 16/12407 v. 24.3.09, S. 126) für zulässig ge-halten, wenn unwesentliche Teile der Ent-wicklungskosten bereits im Geschäftsjahr 2009 lagen. Auch in diesem Fall ist aber ei-ne Nachaktivierung dieser unwesentlichen Beträge nicht möglich.

Obwohl nicht unstrittig, hat das IDW es auch für diesen Sachverhalt für zulässig er-klärt, dass die Regelung von Art. 66 Abs. 3 Satz 6 EGHGB, nach der die gesamten der Modernisierung des HGB dienenden Än-derungen auch bereits ein Jahr früher an-gewandt werden dürfen, gilt (IDW RS HFA 28, Tz. 32). Demnach darf bereits ab dem Geschäftsjahr 2009 auf freiwilliger Basis ei-ne Aktivierung von selbst geschaffenen im-materiellen Vermögensgegenständen erfol-gen, soweit eine Entwicklung nach dem 31.12.2008 begonnen wurde. Für die Akti-vierung ist stets eine klare Dokumentation der Aufwendungen erforderlich. Dies be-deutet, dass ggf. Anpassungen in Kosten-rechnung und Controlling der Entwick-lungsabteilung vorzunehmen sind und die dort beschäftigten Mitarbeiter von der Re-levanz der Aufzeichnung für die Rech-nungslegung zu unterrichten sind.

Implikationen für das Controlling

Der Controller als Datenlieferant auch für die Rechnungslegung muss sich generell der Auswirkungen der Änderungen des HGB bewusst sein. Es kommt zu einer stär-keren Annäherung und die komplexeren Regelungen können dazu führen, dass die Controllinginstrumente auszubauen bzw. zu spezifizieren sind (Lorson/Melcher/Zün-dorf 2009, S. 63). Hier erscheint insbeson-dere die Implementierung einer entspre-chende Basisdatenerfassung notwendig zu sein, da ansonsten die kaum zu kontrollie-rende Ermessensspielräume zunehmend Probleme bei der Dateninterpretation be-wirken (ICV-Facharbeitskreis IFRS des In-ternationalen Controllervereins 2008, S. 3). Dies bedingt jedoch auch, dass das Con-trolling – wie bereits bei Rechnungslegung nach den IFRS – auch vermehrt in den Fo-kus der Abschlussprüfung im Speziellen und der Corporate Governance im Allge-meinen gerät. Hierfür spricht auch, dass mit dem BilMoG auch die Abschlussprü-fer-RL (RL 2006/43/EG des Europäischen Parlaments und des Rates v. 17.5.2006, AB-lEG L 157 v. 9.6.2006, S. 87 ff.) in nationales Recht umgesetzt wurde. So hat etwa der Aufsichtsrat der AG den Rechnungsle-gungsprozess zu überwachen und sich mit der Wirksamkeit des internen Kontrollsys-tems, des Risikomanagements und des in-ternen Revisionssystems sowie der Ab-schlussprüfung zu befassen (§ 107 Abs. 3 Satz 2 AktG).

Besonders im Bereich der selbst geschaf-fenen immateriellen Vermögensgegenstän-de des Anlagevermögens hat das Control-ling – soweit nicht bereits eine Zuarbeit zu einem IFRS-Konzernabschluss erfolgt – die Anwendbarkeit der handelsrechtlichen Regelungen durch die Schaffung entspre-chender Abbildungssysteme sicherzustel-len. Das Controlling hat hierbei die zu verfolgende Strategie der Unternehmens-führung (tendenziell höherer Vermögens-ausweis oder Sofortaufwandsverrechnung unter Beachtung des Stetigkeitsgrund-satzes) umzusetzen, indem ggf. eine Anpas-sung der Kostenrechnung erfolgt, um die Aufwendungen für die verlässliche Bewer-tung herzuleiten. Dies bedeutet, dass der Zeitpunkt, ab wann Forschung zu Entwick-lung wird, festzustellen und zu dokumen-tieren ist. Daher ist ein bestimmtes Verfah-ren für Forschungs- und Entwicklungspro-jekte zu verankern, in welchem der Punkt nachvollziehbar wird. Parallel ist ein Doku-

mentationssystem zu implementieren, in dem dann der Fortschritt der Forschung bzw. der Eintritt in die Entwicklungsphase (und damit der Aktivierungsfähigkeit) nachvollziehbar festgehalten werden kann (Wulf/Schmidt 2009, S. 103 – 107). Dafür sind Kriterien zu bestimmen und zu über-prüfen. Denkbar ist ein Geschäftsführungs-beschluss, welche Forschungsprojekte zu-künftig als Entwicklungsprojekte fortzu-führen sind. Letztlich ist der genaue Zeitpunkt trotz der vom Gesetzgeber vor-gegebenen Definition von Forschung und Entwicklung höchst willkürlich, was zu branchen- und unternehmensspezifischen Lösungen führen dürfte. Daher ist das ex-plizite Ansatzwahlrecht im Ergebnis vom Gesetzgeber auch eine ehrliche Form des tastenden Vordringens in die Darstellung selbst geschaffener Werte. Nach den IFRS besteht zwar eine Ansatzpflicht, doch sind die konkreten Ansatzkriterien letztlich auch jeweils implizite Wahlrechte, was im Folge-kapitel empirisch belegt werden soll.

Vor dem Hintergrund der Bewertbarkeit sind die Entwicklungsprojekte möglichst als Kostenträger in der Kosten- und Leistungs-rechnung im Rahmen des Projektcontrol-lings zu behandeln, um die notwendige Zu-rechnung der Herstellungskosten und die Steuerung sowie Dokumentation zu er-möglichen (Schmitt 2009, S. 124 – 130). Um keine Dublette entstehen zu lassen soll-te die auch für externe Fördergeldgeber not-wendige Handhabung der genauen Zurech-nung der Kosten hier Vorbild sein.

Empirische Analyse der Aktivie rung selbst erstellter immaterielle Vermögenswerte im Geschäftsjahr 2009

Abschließend soll mit der empirischen Analyse des Umgangs mit ansatzpflichti-gen selbst erstellten immateriellen Vermö-genswerten in deutschen IFRS-Abschlüs-sen die derzeitige Situation aufgezeigt wer-den und auf dieser Basis eine Aussage über die zu erwartenden Abbildungen nach HGB getroffen werden.

Untersucht wurden die 130 Konzernab-schlüsse nach IFRS der zum 31.12.2009 im DAX, MDAX und SDAX notierten Unter-nehmen. Auf eine Branchenclus terung wur-de aufgrund der geringen Anzahl verzich-tet. Bei der Auswertung der in der Bilanz ausgewiesenen immateriellen Werte, die nach IFRS aufgrund der fehlenden diesbe-

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EINZELFRAGEN

züglichen Bilanzgliederungsvorgabe höchst unterschiedlich unterteilt sind, zeigt sich, dass selbst erstellte im materielle Anlagen le-diglich 7,3 % der gesamten immateriellen

Vermögensgegenstände ausmachen. Zwei Drittel des Gesamtwerts stammt dagegen aus er worbenen Geschäfts- oder Firmen-werten, wie Abbildung 1 verdeutlicht.

Insgesamt haben mit 67 nur knapp die Hälfte der Unternehmen selbst erstellte im-materielle Vermögenswerte – zum Teil in mehrere Positionen unterteilt – ausgewie-

Abb. 1 | Ausweis von immateriellen Vermögensgegenständen in den130 IFRS­Konzernabschlüssen der im DAX, MDAXund SDAX notierten Unter nehmen im Geschäftsjahr 2009

Separat ausgewiesene IAV innerhalb des Anlagevermögens Anzahl in % Wert in Mio. €

Geschäfts- oder Firmenwerte 108 83 % 219.322

Patente, Lizenzen, Konzessionen, gewerbliche Schutzrechte, Markenrechte, ähnliche/sonstige Rechte 56 43 % 25.192

geleistete Anzahlungen und Anlagen im Bau 48 37 % 1.738

Übrige/sonstiges IAV 36 28 % 11.860

aktivierte Entwicklungskosten (auch selbst entwickeltes Filmvermögen) 34 26 % 23.986

Markennamen/-rechte/ Warenzeichen 30 23 % 5.639

Kundenbeziehungen/-stamm/-Liste/Händlerstamm 28 22 % 7.627

Selbsterstellte Software, Domains und sonstiges selbst erstellte IV 25 19 % 1.266

Software (-Lizenzen), Patente, Lizenzen, Konzessionen, ähnliche Rechte 21 16 % 1.726

erworbene Software, Domains und Sonstige 19 15 % 1.558

selbst erstelltes IAV 12 9 % 619

Know-how, Produkt-Know-how, Studien (technologiebezogene IVG), Rezepturen 13 10 % 2.180

Rechte (z. B. Nutzungsrechte, Mietrechte) und Werte 9 7 % 5.900

Vertragsbasierte VW (Managementverträge, Transport- und Leasingverträge) 7 5 % 1.771

Marken- und sonstige Rechte 5 4 % 5.261

Lizenzen 5 4 % 24.642

Patente 4 3 % 7.085

Emissionsrechte 3 2 % 520

erworbenes IAV 3 2 % 2.007

Explorationstätigkeit 2 2 % 863

erworbenes Versicherungsgeschäft/-bestände 2 2 % 2.010

Filmvermögen/Programmvermögen (erworben) 2 2 % 129

Patente, Lizenzen, Konzessionen, ähnliche Rechte 1 1 % 15

Software, Patente, Lizenzen, Konzessionen, ähnliche Rechte 1 1 % 49

Kundenbeziehungen/-stamm 1 1 % 352

Programmwerte 1 1 % 648

Panelaufbaukosten (selbst erstellt) 1 1 % 13

Panelkosten (erworben) 1 1 % 27

Summe 354.006

– davon selbst erstellt (= 7,3 %) 25.884

INFO: Als Aufwand verbuchte F&E Kosten 81 62 % 30.812

DO

I: 10

.136

5/s1

2176

-012

-030

2-0

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sen. Dabei sind überwiegend die Entwick-lungskosten der Fahrzeughersteller sowie die eigene Softwareerstellung von größerer Relevanz. Die Abbildung 2 zeigt die 10 Un-ternehmen mit den betragsmäßig höchsten Aktivierungen von selbst erstellten imma-teriellen Werten.

Es zeigt sich, dass die hohen Anforde-rungen für eine Aktivierung auch nach IFRS dazu führen, dass so forschungs- und entwicklungsstarke Unternehmen wie die der Pharmabranche in dieser Liste gar nicht auftauchen. Auch die Höhe der je-weils aktivierten Beträge zeigt, dass die Möglichkeit der Abbildung der selbst er-stellten immateriellen Werte überwiegend bislang erst in sehr kleinem Rahmen er-folgt. Ohne die drei Automobilhersteller, die alleine über 18 Mrd. Euro an Entwick-lungskosten ausgewiesen haben, verblei-ben für alle weiteren Konzerne lediglich noch 7,5 Mrd. Euro. Zusammen mit dem Aktivierungswahlrecht dürfte nach dem BilMoG der Ausweis von selbst geschaf-fenen immateriellen Vermögenswerten nur selten und dann auch nur mit vergleichs-weise geringen Beträgen vorzufinden sein. Dafür spricht, dass der Aufwand durch das steuerlich weiterhin bestehende Ansatzver-bot und durch das vielfach von Banken im Zusammenhang mit Ratingverfahren an-gekündigte Abziehen der Werte, zu hoch ist. Damit werden die meisten zukünftig nach dem HGB bilanzierenden Unterneh-men somit die Chance zur verbesserten Darstellung der Vermögenslage nicht nut-zen. Wirklich relevant wäre der Ausweis insbesondere für entwicklungsstarke Un-ternehmen, die gleichzeitig stark wachsen

oder eine hohe Volatilität aufweisen, da diese auch eine verzerrte Ertragsdarstel-lung ohne die Aktivierung liefern.

Zusammenfassung

Ab dem Geschäftsjahr 2010 bzw. freiwillig bereits ein Jahr früher kann nach dem BilMoG eine Aktivierung von selbst ge-schaffenen immateriellen Vermögensge-genständen des Anlagevermögens erfol-gen. Der deutsche Gesetzgeber hat hier ei-ne Annäherung an die IFRS erreicht, wobei die Ausgestaltung als Wahlrecht und die strengen Ansatzvoraussetzungen mit der Erfüllung der Vermögensgegenstandskri-terien jedoch auch zukünftig kaum große Beträge in HGB-Bilanzen erwarten lassen. Zudem entfällt sogar die Anhangangabe zu den Forschungs- und Entwicklungsauf-wendungen, soweit keine Aktivierung von Entwicklungskosten erfolgt. Insgesamt wird mit diesen Regelungen eine Chance vertan, die Vermögens- und auch Ertrags-lage von Unternehmen besser darzustellen. Auch wenn die Verlässlichkeit derartiger Abbildungen selbst geschaffener Werte we-niger hoch ist, erscheint die Relevanz von Einblicken in die immateriellen Werte die-sen Aufwand zu rechtfertigen. Es bleibt zu hoffen, dass die Unternehmen zumindest für die Selbstinformation intern die For-schungs- und Entwicklungskosten im Sinne eines Lifecycle-Costing den jeweils verursachenden Produkten zuordnen. Mit Blick auf die weiterhin von den Abbil-dungsmodellen HGB und IFRS nicht abbil-dungsfähigen Chancen, die jedoch etwa als

Intellectual-Capital in Lageberichten abge-bildet werden könnten, ist die Fortentwick-lung nur ein äußerst kleine, wenig be-herzter Schritt in die richtige Richtung.

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Abb. 2 | Top10 der ausgewiesenen selbst erstellten immateriellen Vermögens­werten der 130 IFRS­Konzernabschlüssen der im DAX, MDAX und SDAX notierten Unternehmen im Geschäftsjahr 2009

Name Betrag in Mio. €

VW 8.104

Daimler 5.353

BMW 4.934

Deutsche Telekom 1.060

Siemens 1.055

EADS 797

Deutsche Post 322

Metro 258

RWE 252

MAN 250