Dynamik der Risikokommunika0on: Issue, Risiko, Krise
Peter Wiedemann
KIT ITAS
Universität Siegen 2010 Ins0tut für Medienforschung
Workshop “Theorie”
Erwartbare Überraschungen
Krisen sind vorhersehbare Überraschungen
‐ In Rückschau sind Vorläufer erkennbar
‐ Sind prognos0zierbar ‐ Sind vermeidbar
Erwartbare Überraschungen
Krisen sind vorhersehbare Überraschungen
‐ In Rückschau sind Vorläufer erkennbar
‐ Sind prognos0zierbar? ‐ Sind vermeidbar?
Erwartbare Überraschungen
• Finanzkrise 2009 • Euro‐Krise 2010 • Bohrinsel‐Katastrophe in Golf von Mexiko
• Missbrauchs‐DebaYe und Krise der katholischen Kirche
Ansatz
Was ist das? Was tun? Fokus
Issue Mögliche Entwicklungen
Issue Management
Erkennen
Risiko Mögliche Schadensfälle
Risiko Management
Beurteilen
Krise Schadensfälle Krisen Management
Erklären
Issue Management
Issue
Erkennen von Entwicklungen
im Umfeld, die posi0ve oder nega0ve Auswirkungen haben können...
„What is social today is poli0cal tomorrow and economic in costs and consequences the day a^er.“ (Coates 1986)
Beispiel: Carbon Capture Storage‐ Akzeptanz
Wir sind nicht gegen Klimaschutz, sagen die Oderbrüchler, doch wie genau verhält sich das CO2 im Untergrund? Wer garantiert uns, dass wir nicht auf einer Zeitbombe sitzen, die uns eines Tages um die Ohren fliegt? Wer haftet in hundert Jahren für die Sicherheit unserer Urenkel? "Das sind keine diffusen Ängste hysterischer Leute", sagt der Aktivist Stumpe, ein junger Tierarzt.
http://www.spiegel.de/wissenschaft/natur/0,1518,693122,00.html
Fehler und Fallen
Manche Probleme werden in Unternehmen werden systema0sch falsch eingeschätzt, obwohl sie fatale Auswirkungen haben können (AltsteYer 2008):
– Es handelt sich hier um eher weiche, interne Probleme (d. h., sie werden selbst verursacht). Sie haben keine prägnante Gestalt und lassen sich nicht gut quan0fizieren.
– Beispiele sind Reputa0onsverluste, mangelnde Zufriedenheit der Mitarbeiter im Unternehmen sowie Einstellungen („Wir haben keine Risiken.“).
Fehler & Fallen
• Übervertrauen in eigene Exper0se • Posi0ve Illusion (Es wird schon nichts schief gehen) • Mentale Barriere (Geringe Vorstellungskra^, dass Andere
eine andere Meinung haben können)
• Diskon0eren möglicher zukün^iger Schäden
Beispiel: Experiment 1
Experiment
• In zwei Studien, Ak0en‐Experten (N1 = 22, N2 = 21) und Laien (N1 = 29, N2 = 34) haYen die 30 Tage ‐ Entwicklung von 20 Akt]en vorauszusagen, einschließlich ihrer Irrtumswahr‐scheinlichkeit, der ihrer Gruppe und der der anderen Gruppe.
• Alle Ak0en waren Blue Chips, die Vpn wurden sowohl über den Namen, den Industriezweig als auch die 30 Tage Performance informiert.
• Beide Gruppen gingen davon aus, dass die IW der Experten halb so groß ist wie die der Laien.
Torngren and Montgomery (2004) Worse than chance? Performance and confidence among professionals and laypeople in the stock market, Journal of Behavioural Finance, 5
Risiko Management
„Es ist wahrscheinlich, dass etwas Unwahrscheinliches passiert.“
Wie kann man das bewerten?
Die Schwierigkeit, Wahrscheinlichkeiten zu bewerten
Basis der Wahrscheinlichkeitsaussage
– Häufigkeiten – Modelle – Subjek0ve Überzeugungen Theorie
Modellrechnungen
Zu undurchschaubar ist das System Klima, als dass alle denkbaren Einflüsse und deren Auswirkungen simuliert werden könnten. "Das ist ein sehr schmaler Grat, auf dem wir da wandeln", sagt Jochem Marotzke vom Max‐Planck-Ins0tut für Meteorologie in Hamburg.
http://www.br-online.de/wissen/umwelt/klimawandel-DID1206608167923/klimawandel-forschung-klimamodell-ID1225092424444.xml
Woher kommt die Wahrscheinlichkeit?
Fehler und Fallen
• Übervertrauen in Risikoabschätzung • Op0mismus‐Fehler • Affek0ves Herunterspielen von Risiken
• Zu großer Risiko‐Appe0t • Begrenzte Moralität
Risiko Management
„Unternehmen heißt riskieren“, so jedenfalls steht es in einem McKinsey‐Magazin. Und: „Erfolgreich unternehmen heißt kalkuliert zu riskieren.“
Mary C. Kern and Dolly Chugh (2009)
Bounded Ethicality. The Perils of Loss Framing. Psychological Sciences
1
Experiment 2
Haus‐Verkaufs‐Verhandlung Die Vpn übernahmen Rollen des Käufers und Verkäufers in
dem “Bullard Houses case” (Karp,Gold, & Tan, 1998),
Es geht um den Verkauf eines Hauses in Familien‐Eigentum
– “ family has a strong desire that the property be sold only to someone intending ‘‘tasteful use.’’
– The buyer’s agent represents a developer of high‐rise hotels and has been instructed not to reveal the buyer’s iden0ty or intended use of the property.
Experiment 2
Experiment 2
Framing
The frame was manipulated for buyers only:
You are on commission based on the sales price of the building. You are being paid 3% of the sales price. Based on your analysis, you have a 25% chance of gaining/75% chance of losing this property, and thus your commission.
Experiment 3
J.J. Koehler, A.D. Gershoff / Organiza0onal Behavior and Human Decision Processes 90 (2003) 244–261:
Betrayal aversion: When agents of protec0on become agents of harm
‐> Vertrauensbruch
Experiment 3
5x2 mixed design
Jede Vp bekommt 5 Stories vorgelegt
• Varia0on: Mit und ohne Vertrauensbruch
Hypothese:
We predicted a main effect for betrayal on amount of perceived betrayal and recommended jail 0mes.
Experiment 3
Aufgabe
Par0cipants read brief descrip0ons of five different crimes and were asked to recommend jail‐0me punishments (in months or years) for each of the perpetrators.
‐> Höhe der Bestrafung in Gefängnisjahren
Experiment 3
Kreditkartenbetrug Verkäufer Verwaltungsangestellter
Raub Wachmann Hausmeister
Landesverrat General Kapellmeister
Kindesmissbrauch Kindergärtner Ladenhilfe
Vergewal0gung Sicherheits‐Personal der Universität
Bauarbeiter
Forschungsdesiderate
• Überwindung kogni0ver Fehler und Fallen bei der Issue Iden0fika0on
• Soziale Amplifika0on der Risikowahrnehmung • Kompensa0on begrenzter Moralität
• Rolle affek0ver Prozesse bei der Krisenwahrnehmung
Folgen defensiver Entscheidungsfindung
http://www.focus.de/politik/weitere-meldungen/schweinegrippe-den-bundeslaendern-droht-ein-verlust-von-236-millionen-euro_aid_505841.html
`Tout ce qui est simple est faux‘, tout ce qui est complexe est inu0le.
Paul Valéry
“Was zu einfach ist, ist falsch, was
zu komplex ist, ist nutzlos.”
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