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Gerhard Ernst
Forschung und Politik zu Dienstleistungen in Deutschland
und im europäischen/ internationalen Umfeld Materialsammlung 6. Auflage 2016
Vorbemerkung Das folgende ist eine Materialsammlung, die Vorträgen, Veröffentlichungen, Memoranden
und Erfahrungen in den Jahren 2009 bis 2016 zu Grunde liegt. Die Materialsammlung behan-
delt Forschungs- und Innovationspolitik zum Thema „Dienstleistungen“. Die Sammlung ver-
mittelt einen Eindruck zu Akteuren der Forschungs- und Innovationspolitik sowie Innovati-
onsfeldern der Dienstleistungsforschung seit etwa 1995. Sie gibt keinen Überblick über die
Dienstleistungsforschung im Allgemeinen und auch nicht über Forschungsansätze vor 1995.
Es darf auch kritisiert werden, wenn etwas falsch, unvollständig oder gar nicht dargestellt
wurde. Ich werde so gut ich kann, diese Kritik einarbeiten. Allerdings muss immer beachtet
werden, dass dies eine persönliche Materialsammlung auf Grund meiner Erfahrungen ist und
daher ein persönlicher, recht beschränkter Horizont dem ganzen zu Grunde liegt. Dies gilt
auch für die enthaltenen Schwerpunktsetzungen und Wertungen.
Die Materialsammlung ist gegenüber der Version vom 2014 hinsichtlich des Service Enginee-
rings, der Wissensintensiven und der Personenbezogenen Dienstleistungen, des neuen Pro-
gramms und der Geschäftsmodelle überarbeitet worden.
Veränderungen sind durch „*“ in der Kapitelüberschrift gekennzeichnet.
Eine Bemerkung zum Schluss: Ich habe mich bemüht, meine Quellen zu zitieren und auf die
Diskussionen mit KollegInnen hinzuweisen. Bei der Materialsammlung handelt es sich aber
nicht um eine eigenständige wissenschaftliche Arbeit, sondern um ein Konglomerat aus unter-
schiedlichsten Papieren, Vorträgen, Notizen und ähnliches. Sollte ich die Urheberschaft einer
Kollegin oder eines Kollegen verletzt haben, bitte ich eine Nachricht. Ich werde es unverzüg-
lich richtigstellen.
Gerd Ernst
Raubach im Juni 2016
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Inhaltsverzeichnis Zusammenfassung ...................................................................................................................... 4 Dienstleistungsinnovationen zwischen Industrialisierung und Kundenorientierung ................. 7
Folgen des Denkens im Drei-Sektoren-Modell ...................................................................... 9 Produktivität in der Dienstleistungsökonomie ..................................................................... 10
Produktivitätsdiskussionen in deutschen Gewerkschaften ............................................... 11
Facetten der Dienstleistungsproduktivität ........................................................................ 11 Produktivität im Dienstleistungssystem ........................................................................... 13 Ansätze der Produktivitätssteigerung ............................................................................... 15
*Geschäftsmodelle als Innovationskonzept ......................................................................... 17 *Fazit .................................................................................................................................... 18
Innovationsmanagement ........................................................................................................... 19 *Service Engineering als systematische Dienstleistungsentwicklung ................................. 19 Standardisierung als Innovationsinstrument ........................................................................ 21
Technische Innovationen in der Dienstleistungswirtschaft .................................................. 24 Technik – Informatisierung .............................................................................................. 24 Technik - Automatisierung ............................................................................................... 26
Exportfähigkeit und Internationalisierung von Dienstleistungen ......................................... 28
Innovationscluster bilden sich .................................................................................................. 35 Die Gesundheitswirtschaft in der Dienstleistungsinnovationspolitik .................................. 35
Finanzdienstleistungen: ein undankbares Innovationsfeld ................................................... 37 Hybride Wertschöpfung als Innovationsfeld ........................................................................ 37 *Personenbezogene Dienstleistungen als Innovationsfeld ................................................... 40
*Dynamische kooperative Dienstleistungssysteme ......................................................... 41 *Digitalisierung und Automatisierung ............................................................................. 43
*Wissensintensive Dienstleistungen – vernachlässigtes Feld .............................................. 45 *Der Förderschwerpunkt „Wisssensinstensive Dienstleistungen“ 2000 - 2006 .............. 45
Volkswirtschaftliche Klassifikationen ............................................................................. 46 *Geschäftsmodelle als Weiterentwicklung ...................................................................... 47
Gesellschaftlich notwendige Dienstleistungen – ein neues Feld ......................................... 49 Innovationsfaktor Arbeit in der Dienstleistungswirtschaft ...................................................... 52
Wissens- und Interaktionsarbeit als neue Paradigmen ......................................................... 53
Interaktionsarbeit .............................................................................................................. 53 Innovation durch Gute Wissensarbeit .............................................................................. 55
Facharbeit als Gegenstand von Innovationsüberlegungen ................................................... 57 Die Dynamik der mittleren Qualifikationsebene ............................................................. 58
Professionalisierung und Mittlere Qualifikationsebene ................................................... 59 Wertschätzung von Dienstleistungsarbeit ........................................................................ 64
Innovationsfaktor: Demografische Entwicklung ..................................................................... 67 Wissenschaft um Dienstleistungen als Innovationsobjekt ....................................................... 69
Transformationsrichtungen der Dienstleistungsforschung ................................................... 71 Interdisziplinarität als Grundmodell der Dienstleistungsforschung ................................. 71
Transformationsrichtungen der Dienstleistungswissenschaft .............................................. 71
„Unified Theory“ und „Objektwissenschaft“ ................................................................... 72 Der Gegenstand ................................................................................................................ 74 Dienstleistungswissenschaft als „Unified Theory“ .......................................................... 75 Ebenenmodelle in der Dienstleistungswissenschaft ......................................................... 76
Gestaltung bedingt Zielsetzung ............................................................................................ 77 Ausbildung, Dienstleistungsforschung und -wissenschaft ................................................... 79 Weiterentwicklungen und ihre Akteure ............................................................................... 80
Exkurs: Arbeitsinnovation in der Dienstleistungswirtschaft .................................................... 82
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Arbeitsinnovation in Dienstleistungsclustern ....................................................................... 82
Arbeitsinnovation in Netzwerken ......................................................................................... 83 Neue Technologie: Vom Serviceroboter bis zur LightFusion ............................................. 86 Arbeitsinnovation: Unternehmenskultur als neuer Weg? .................................................... 86
Arbeitsinnovation: Neue Wege in der Prävention ................................................................ 87 Erfahrungswissen und –lernen in der Dienstleistungswirtschaft ......................................... 87 Demographie und Arbeit ...................................................................................................... 87
Innovation, Innovationsfähigkeit und Soziale Innovation: Herausforderung an politisches
Handeln .................................................................................................................................... 88
Innovationsfähigkeit als Paradigma ................................................................................. 89 Innovationsfähigkeit: Arbeits- und Produktinnovation .................................................... 91 Das Konzept der „Sozialen Innovation“ .......................................................................... 92
Dienstleistungspolitik als moderne Innovationspolitik ............................................................ 94 Forschungspolitik als Element der Dienstleistungspolitik ................................................... 95
Die Initiative Dienstleistungen für das 21.Jahrhundert .................................................... 97 Innovative Dienstleistungen ........................................................................................... 100
Fazit der 90er Jahre ........................................................................................................ 101 „Innovationen mit Dienstleistungen “: Forschungsprogramm des BMBF .................... 102 Der Aktionsplan "Dienstleistung 2020" ......................................................................... 107 * Innovationen für die Produktion, Dienstleistung und Arbeit von morgen .................. 108
Akteure in akademischer, staatlicher und industrieller Dienstleistungsforschung ............ 109 Bundesämter als Institutionen staatlicher Forschung ..................................................... 110 Die großen Forschungsgesellschaften ............................................................................ 112
Akademische Forschung und industrielle Forschung .................................................... 113 Forschungsstiftungen als dienstleistungspolitischer Akteure ............................................ 113
Der Ansatz zu Dienstleistungspolitik und –forschung bei der Hans-Böckler-Stiftung . 114 Andere Elemente einer deutschen Dienstleistungspolitik .................................................. 114
Ressortübergreifende Aktivitäten ................................................................................... 115 Arbeitspolitik für Dienstleistungsinnovation ................................................................. 117
Wirtschaftspolitik für Dienstleistungsinnovationen ....................................................... 117 Wissenschafts- und Bildungspolitik als Bestandteil der Dienstleistungspolitik ............ 118 Aktivitäten der Bundesländer ......................................................................................... 120
Intermediärer Organisationen als Träger einer Dienstleistungspolitik............................... 121 Dienstleistungspolitik in der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft ........................... 122
Berufsverbände in Deutschland ..................................................................................... 123 Politischen Stiftungen und Dienstleistungspolitik ............................................................. 123
Der Arbeitskreis „Dienstleistungen“ der Friedrich-Ebert-Stiftung ................................ 124
Aktivitäten der Rosa-Luxemburg-Stiftung ..................................................................... 125 Forschungs- und Innovationsaktivitäten in der Europäischen Union ................................ 125
Nationale und transnationale Ansätze ............................................................................ 125
Ansätze der europäischen Kommission ......................................................................... 125
Internationale programmatische Forschungs- und Innovationsaktivitäten ........................ 128 Fazit ........................................................................................................................................ 131 Literatur .................................................................................................................................. 132 Index ....................................................................................................................................... 144
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Zusammenfassung Die Dienstleistungswirtschaft in allen entwickelten Industrienationen steht in einer entschei-
denden Entwicklungsphase. Aus der "Restkategorie" einer Volkswirtschaft ist der Leitsek-
tor einer Zukunftswirtschaft geworden. Jetzt wird entschieden, ob alle Fehler der Industri-
alisierung wie vor über 100 Jahren noch einmal gemacht werden, oder ob Innovationsstra-
tegien durchgesetzt werden, die sich an Kunden, Beschäftigten und am Gewinn orientier-
ten. Für beide Wege gibt es Beispiele. Auch Forschungs- und Innovationspolitik muss
sich umorientieren. Ähnlich wie die Politik vor 100 Jahren den Wechsel von der Agrarori-
entierung zur Industrieorientierung erlebte, muß dies heute von der Industrie- zur Dienst-
leistungsorientierung geschehen.
Die Defizite im systematischen Innovationsmanagement sind neben der fehlenden Dienstleis-
tungsorientierung der Eliten ein Grund für die mangelnde Innovationsdynamik im Dienst-
leistungssektor. Mit den Methoden des Service Engineerings, des Kooperations-
managements, des Benchmarking, der Standardisierung, des Produktivitätsmanagements
werden neue Methoden und Verfahren entwickelt, um diese Defizite abzubauen. Dabei ist
eine langfristige Perspektive der Entwicklungszeit notwendig. Das (Computerunterstützte)
Konstruieren blickt auf eine inzwischen 100jährige Tradition zurück, das systematische
Entwickeln von Dienstleistungen auf eine 10jährige.
Die Standardisierung der Dienstleistungen ist eine wesentliche Grundlage für den nationalen
und internationalen Handel. Dies gilt für vertikale Standardisierungsanstrengungen, als
auch für horizontale. Neben Begrifflichkeiten müssen auch die Methoden und Werkzeuge
des Innovationsmanagements standardisiert werden, um sinnvolle Wertschöpfungsketten
aufbauen zu können. Standardisierung hat aber auch eine Schutzfunktion für Verbraucher,
um die Dienstleistungsprodukte transparent zu gestalten. Forschungs- und Innovations-
politik müssen Standardisierungsaktivitäten nicht nur wissenschaftlich stützen, sondern
auch die deutsche Wirtschaft in Stand setzen, an diesen Aktivitäten aktiv teilzuhaben.
Produktivität von Dienstleistungen wird ein Thema der Zuunft sein. Auf makro- und mikro-
ökonomischer Ebene wird über neue Produktivitätskonzepte in Dienstleistungssystemen
nachgedacht werden müssen. Produktivität ist ein Instrument der Kosteneinsparung bei
Dienstleistungen. Sie ist kein Garant für Gewinn und Erfolg – eher im Gegenteil. Deshalb
muss sie sich sinnvollen Innovations- und Qualitätsstrategien unterordnen.
Der Technikeinsatz wird die Dienstleistungen verändern. Dies gilt nicht nur für die Informa-
tions- und Kommunikationstechniken, sondern auch für die Automatisierungstechniken.
Technikeinsatz führt zu produktivitätsveränderungen und zu Rationalisierungen. Damit ist
nicht nur eine Veränderung der Arbeit, sondern auch der Verlust von Arbeit verbunden.
Es ist deshalb notwendig, neue Innovationen an den Markt zu bringen, um neue Arbeit zu
schaffen. Dienstleistungen haben das Potenzial. Aufgabe einer sinnvollen Forschungs-
und Innovationspolitik ist hier, nicht nur einzelne technische Entwicklungen zu fördern,
sondern Technik und Dienstleistungen gemeinsam zu entwickeln.
Unter Berücksichtigung der laufenden Debatte zur volkswirtschaftlichen Problematik des Ex-
ports muss die Exportfähigkeit von Dienstleistungen weiter gestärkt werden. Der europäi-
sche Binnenmarkt erfordert eine Exportfähigkeit deutscher Dienstleistungen, wenn
Deutschland nicht reiner Importeur werden soll. Die international aufgestellten deutschen
Firmen des Verarbeitenden Gewerbes werden auch an ihren ausländischen Standorten
Dienstleistungen verlangen. Dies kann von den in Deutschland tätigen Partnern geleistet
werden. Die IT-Wirtschaft ist hoch internationalisiert. Aber auch Sektoren, in denen per-
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sonenbezogene Dienstleistungen im Mittelpunkt stehen, werden exportiert. Export von
Dienstleistungen wird unterschiedliche Ausmaße und Formen der Beschäftigung nach sich
ziehen.
Es bilden sich Dienstleistungscluster, die mit den auf Grund der Volkswirtschaftlichen Ge-
samtrechnung definierten Kategorien nicht identisch sind. Dazu gehören die hybride
Wertschöpfung als Integration von Produktion und Dienstleistungen, die Gesundheits-
wirtschaft, die Finanzdienstleistungen, die Wissensintensiven Dienstleistungen aber acuh
die gesellschaftlich notwendigen Dienstleistungen. Innovationen werden durch Koope-
rationen in diesen neuen Clustern erzielt. Hier ist nicht nur Forschungs- und Innovations-
politik gefordert, sondern auch die intermediären Organisationen müssen Konzeptionen
entwickeln, wie diese neu entstehenden Cluster zu behandeln sind.
Es gibt eine heftige Debatte um die Qualität der Dienstleistungsarbeit. Wettbewerbsfähigkeit
– auch international – ist nur mit professioneller und qualifizierter Arbeit zu erreichen.
Dabei muss ganz besonders auf das mittlere Qualifikationsniveau geachtet werden.
Deutschland muss Dienstleistungsfacharbeit wertschätzen lernen.
Wissensarbeit ist ein Prototyp von Dienstleistungsarbeit. Wissensarbeit im Zusammenhang
mit Wissensintensiven Dienstleistungen ist ein Feld, in dem große Dynamik vorhanden
ist.
Prototypisch für personenbezogene Dienstleistungen ist die Interaktionsarbeit. Bei der Gestal-
tung von Arbeit können sich Innovatoren nicht auf die Konzepte aus der Industrie stützen.
Es sind gerade erste Ansätze entwickelt worden. Mehr Wissen zur Gestaltung der Interak-
tionsarbeit ist nötig.
„Social Innovations“ sind eher als technologische Konzepte dasIinnovationskonzept im
Dienstleistungssektor. Dabei ist der englische Begriff des „Social“ nur mit Einschränkun-
gen in das deutsche Konzept des „Sozialen“ zu übertragen. Arbeits- und Dienstleistungs-
innovation sind in der Dienstleistungswirtschaft eng verschränkt. Dies bietet Synergien,
auf der anderen Seite aber auch Risiken, weil "dem Kunden keine Griffe zur besseren
Handhabung angeschraubt werden können". Neue Formen von Belastung und Beanspru-
chung erscheinen.
Eine Konzentration der Forschungs- und Entwicklungsanstrengungen hin zu einer Service
Science ist international im Gange. Diese Service Science kann der Wissensgeber für die
Innovationstriade "Facharbeits-, Meister-, akademische Ebene" werden. Wissen der aka-
demischen Ebene kann in die Ausbildung der anderen Ebene "kaskadieren" und Anforde-
rungen aus der Praxis in die akademische Ebene kommen.
Stärkung der Innovationsfähigkeit und Förderung von Dienstleistungsinnovationen ist Aufga-
be einer ganzheitlichen Forschungs- und Innovationspolitik. Forschungs- und Innovati-
onspolitik – auch für die Öffentlichen Dienstleistungen – sind auszubauen und eine Ver-
netzung der unterschiedlichen Politikbereiche (Forschung, Bildung, Arbeit, Wirtschaft,
Justiz) muss gelernt werden. Eine einheitliche, systematische Dienstleistungspolitik wird
benötigt.Ein Vorgehen der gesamten Regierung erscheint hier sinnvoll aber unwahr-
scheinlich.
Deutschland hat in den 90er Jahren mit der Dienstleistungsforschung einen Vorsprung gegen-
über der internationalen Dienstleistungsinnovation herausgearbeitet. Deutsche Forschung
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hat im Rahmen des Service Engineerings, der Standardisierung, der Exportfähigkeit und
der hybriden Wertschöpfung eine Spitzenstellung erreicht. Diese Spitzenstellung wurde
durch großes Engagement auf Seiten der Wissenschaft erarbeitet. Die staatliche Unterstüt-
zung war vorhanden, aber gemessen an anderen Bereichen unterbelichtet und nach der
Wende 2011 völlig unzureichend. Die Unterstützung der Wirtschaft, ihrer Verbände und
der Stiftungen kann deutlich verbessert werden.
Europäische Staaten und die Europäische Union haben – auch durch das deutsche Beispiel
animiert – die Bedeutung der Dienstleistungen erkannt. Einzelne Staaten beginnen – auf-
bauend auf deutschen Forschungsergebnissen – Dienstleistungsinnovationen zu fördern.
Diese Möglichkeit hat ihnen die Europäische Kommission mit der neuen Beihilferichtlinie
eröffnet. Die amerikanische IT-Industrie hat unter Führung der IBM die Bedeutung der
Dienstleistungen für den Unternehmenserfolg erkannt und fördert Dienstleistungs-
innovationen weltweit. In den "Industriestaaten" Asiens wird der Dienstleistungsinnovati-
on besondere Bedeutung beigemessen. Neben den Ansätzen aus den USA werden auch
Innovationsansätze aus Deutschland zur eigenen Entwicklung herangezogen. Will
Deutschland Dienstleistungsinnovationen mit dem Ziel von Wohlstand und Beschäftigung
voranbringen, ist dies mit der ab 2011 eingeschlagenen Politik des BMBF unmöglich ge-
worden. Es ist zu befürchten, dass die aufstrebenden (Industrie)staaten die deutschen For-
schungsergebnisse nutzend, mit modernen Dienstleistungsinnovationen Deutschland zu
einem Land 2. Klasse machen.
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Dienstleistungsinnovationen zwischen Industrialisierung und Kundenorientierung Die Dienstleistungsforschung hat alte Wurzeln. Ein für Deutschland interessantes Datum ist
das Jahr 1898 in dem Eugen Schmalenbach das Studium der Handelstechnik an der
HandelsHochschule Leipzig beginnt und damit den Weg dafür bereitet, dass die deutsche
Betriebswirtschaft beginnt (vgl. z.B. Albach, 1989). Ein anderes Datum, dass sehr häufig
herangezogen wird ist das Jahr 1949 in dem Jean Fourastier sein berühmtes Buch "Die große
Hoffnung des 20 Jahrhunderts" veröffentlichte. Einen Titel, den Kalmbach 1988 und Baethge/
Wilkens im Jahr 2001 wieder aufnahmen. Das Interesse für Dienstleistungsforschung kam
damit zum einen aus der betriebswirtschaftlichen Richtung (vgl. z.B. Corsten, 1985), die sich
insbesondere auf die Veränderungen in den Branchen (z.B. die Veränderung des Straßengü-
terverkehr in eine Logistikbranche) richtete, zum Teil aus einer volkswirtschaftlichen Rich-
tung, die sich auf die Veränderung von Beschäftigung und Wirtschaft ausrichtete (vgl. z.B.
Baethge, 1991) und zum letzten aus einer arbeitswissenschaftlichen Richtung, die sich mit
Fragen der Arbeitsgestaltung, Belastung und Neuen Techniken ausrichtete (vgl. z.B. Ober-
beck, 1992). Gegenstand aller war der "3. Sektor", ein auf volkswirtschaftlichen Statistiken
definierter Bereich, der weder zu den Grundstoffindustrien/ Agrarwirtschaft noch zur
Produzierenden Wirtschaft gehörte. Diese Definition des Gegenstandsbereiches als statistisch
definierte Residualkategorie macht der Dienstleistungsforschung bis in das 21. Jahrhundert
Probleme.
Als Baethge (2001) den "Schweren Abschied vom Modell der Industriegesellschaft" be-
schrieb, ahnte er sicher nicht, wie schwer der Abschied werden sollte, ja nicht nur wie hoch
das Beharrungsvermögen des Industrialismus ist, sondern welche "Angriffspotenziale" in ihm
stecken. Baethges „Abkehr vom Industrialismus“ bedeutete nicht einen Abbau des Verarbei-
tenden Gewerbes, sondern eine Transformation einer gesellschaftlichen Struktur. Heute sieht
es so aus, als ob das Gefüge industrieller Ordnungen, Architekturen und Denkweisen sich
über die neuen innovativen kundenorientierten Dienstleistungen stülpt. Inzwischen gibt es
immer mehr Stimmen, die die Industrialisierung der Dienstleistungen als branchenübergrei-
fendes Phänomen beschreiben. Dies gilt für die Arbeit mit einer immer stärkeren Taylorisie-
rung, die Organisationen mit neuen Formen des Outsourcing und Offshoring, dem Entstehen
von Wertschöpfungssystemen ähnlich wie in der Industrie, der Bildung von Dienstleis-
tungsclustern und Herausforderung an Staat und intermediäre Organisationen sowie der Erhö-
hung der Exportfähigkeit von Dienstleistungen. Deshalb ist es sinnvoll, zu prüfen, wie die
„Industrialisierung“ der Dienstleistungen sich entwickelt hat.
Innerhalb der Forschungsprogramme des BMBF zu den Dienstleistungen wurde die Debatte
um die Industrialisierung von Dienstleistungen im Rahmen des Schwerpunktes "Finanzdienst-
leistungen" Ende der 90er Jahren exemplarisch geführt. Auf der einen Seite standen die "In-
ternetbanker", die damals noch den Tod der Filialbanken vorhersagten, auf der anderen Seite
Soziologen, die arbeits- und kundenorientierte Innovationskonzepte heranzogen. Verbunden
mit dem Industrialisierungskonzept deuteten sich eine Dequalifizierung der Arbeit und ein
massiver Arbeitsplatzabbau an. Das Industrialisierungskonzept wurde aber nicht als unaus-
weichlicher Trend gesehen, sondern als ein Innovationsmodell, das sich in der Konkurrenz zu
anderen behaupten muss. Deshalb wurde dem "Industrialisierungsmodell" ein "Innovations-
modell" entgegengestellt, das sich an Kundennutzen und -loyalität sowie an der Kreativität
und Motivation der Beschäftigten orientiert. Ein eindeutiges Ergebnis für die Überlegenheit
des einen oder anderen Konzeptes konnte nicht erzielt werden. So schreibt Schulz (2005) als
Beispiel für die im Schwerpunkt vertretenen Soziologen, dass "es längst nicht ausgemacht
<sei>..., dass die Kreditinstitute einen Paradigmenwechsel in der Kundenberatung für Private
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Haushalte mit mittlerem und unterem Einkommen tatsächlich einleiten werden. So wird von
praxisorientierten Bankbetriebswirtschaftlern ebenso wie von einschlägigen Beratungsunter-
nehmen noch immer die Notwendigkeit des Ausbaus der Rationalisierungskonzepte der 90er
Jahre unter dem Label der 'Industrialisierung' des Bankbetriebes propagiert.." (S. 1). Bart-
mann, einer der betriebswirtschaftlichen Vertreter des "Industrialisierungskonzeptes" im
Schwerpunkt "Finanzdienstleistungen", hat seine Position inzwischen deutlich differenziert.
So schreibt er 2005 (S.9), dass die "Industrialisierung" eine wesentliche Orientierungslinie ist,
nicht die einzige. Sie führt zur Konzentration der Kräfte, zur Steigerung von Effizienz und
Effektivität von Prozessen und Strukturen, aber ihr muss als zweite Orientierungslinie die
Innovation an die Seite gestellt werden. Damit nähert sich Bartmann den unter dem Gesichts-
punkt der "Produktivität" diskutierten Thesen Van Arks, dass Produktivitätssteigerung kein
explizites Ziel eines Unternehmens ist, sondern höchstens Teil einer Gesamtstrategie, die den
Erfolg des Unternehmens sichert. Innovation, Qualitätserhöhung und Produktivität sind drei
gleichberechtigte Prozesse, die gesteuert werden müssen, um den Erfolg des Unternehmens zu
sichern. Interessant ist die Entwicklung des Ansatzes, der vom Fraunhofer Institut für Ar-
beitswirtschaft und Organisation verfolgt wurde. Er wurde nach dem Vorhaben im Institut in
einem Zentrum Finanzdienstleister institutionalisiert. Das "Zentrum Finanzdienstleister" führt
zusammen mit 25 Bankinstituten und IT-Dienstleistern das "Innovationsforum Bank der Zu-
kunft" durch. 2008 stellen Spath, Bauer und Engstler die Innovationen und Konzepte für die
Bank der Zukunft vor. Dort spielt die Industrialisierung im Bankensektor eine wichtige, aber
sehr komplexe Rolle. Zunächst stellt Praeg (2008) fest, dass die einfache Übertragung von
Verfahren und Methoden aus der Fertigungsindustrie, insbesondere Ansätze der Geschäfts-
prozessorientierung gescheitert sind. Stattdessen hat sich in der "Bankenindustrialisierung"
ein modernes Verständnis weiterentwickelt, dass sich alle Aktionen an konkreten unternehme-
rischen Zielen festmachen müssen, die sich zumeist in einer Kunden- oder Dienstleistungsori-
entierung manifestieren. Er kritisiert insbesondere, dass die Diskussionen über die Industriali-
sierung im Bankensektor vor allem über die Kostenseite erreicht werden sollten. "Die Erfah-
rungen zeigten jedoch, dass dieser Ansatz viel zu einseitig und kurzfristig ausgelegt war.
Durch eine reine Kostenorientierung lassen sich keine nachhaltigen Erfolge am Markt erzie-
len." (S. 174). Stattdessen schlägt er ein mehrdimensionales Zielsystem vor, dass Finanzen,
Kunden, Prozesse und Mitarbeiter einschließt. Dabei verdeutlicht insbesondere die Kunden-
perspektive das erweiterte Verständnis der Industrialisierung. Kunden- und Stakeholderbe-
dürfnisse müssen sich im Zentrum jeder Zieldiskussion befinden (S. 180). Dabei betont Praeg
immer wieder, dass von den Erfahrungen industrieller Ansätze auch im Bankenbereich gelernt
werden kann. Dazu zählt er folgende Aspekte:
Frühzeitige Beteiligung der Kunden bei der Entwicklung von Services
Nutzung von Experimentierfilialen als neue Wege der Gestaltung von Organisation
und Kundeninteraktion
Aufbau von Wertschöpfungspartnerschaften
Adaption von Lösungen aus der Beschaffungs- und Vertriebslogistik
Nutzung von humanorientierten Ansätzen der Arbeits- und Organisationspsychologie
Schaffung von Produkt – Dienstleistungsbündeln.
Mit diesen Ansätzen entfernt sich Praeg immer weiter von einem kruden Industrialisierungs-
ansatz hin zu einem um die Kundenorientierung erweiterten Innovationsmodell. Analysiert
man die weiteren Kapitel in dem Reader, so zeigt sich sehr deutlich, dass von der Kunde-
nemotion über die Wertschöpfungskette und Internationalisierung bis zur Organisations-
entwicklung Verfahren sichtbar werden, die einem einfachen "Industrialisierungsprozess"
nicht entsprechen. Dabei ist dann auch interessant, dass Praeg (S. 252) feststellen muss, dass
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viele Banken einen niedrigeren "Industriereifegrad" besitzen, als sie aus ihrer eigenen Sicht
erwartet haben.
Im Rahmen des Projektes "Dienst-Leistung(s)-Arbeit" haben Sauer und KollegInnen eine
andere Perspektive als die "Industrialisierung" gewählt. Sauer (2002) und seine KollegInnen
sehen als wichtiges Bestimmungsstück die Relation zwischen Kundenorientierung und Öko-
nomisierung. Nach ihrer Ansicht berührt nicht nur das veränderte Verhältnis zu den Absatz-
märkten sondern auch das neue Verhältnis zu den Kapital- und Finanzmärkten die Dienstleis-
tungsarbeit. Die Konsequenz daraus ist eine Ökonomisierung aller Prozesse im Unternehmen
mit erheblichen Konsequenzen für die Gestaltung der Arbeit. Daraus resultieren Organisati-
ons- und Steuerungsformen, die beide Anforderungen unmittelbar auf die Arbeit durchschla-
gen lassen. Die Forscher warnen aber vor einer einseitigen Ökonomisierungsperspektive:
"Der Widerspruch bleibt erhalten: Eine Subjektivierung der Leistungsverausgabung (inhaltli-
che Orientierung) und der Leistungsregulierung (Selbstorganisation) geht einher mit der Ob-
jektivierung und Internalisierung von Leistungskriterien (Kennziffern, Quote u.ä.). Daraus
resultiert die Ambivalenz moderner Dienstleistungsarbeit, die eben beides enthält: eine Ver-
schärfung der Leistungssituation und die Möglichkeiten einer qualitativ hochwertigeren und
selbstbestimmteren Arbeit." (S. 16)
Folgen des Denkens im Drei-Sektoren-Modell
Auf der 6. Dienstleistungstagung des BMBF im Jahre 2006 wurde das Thema „Dienstleis-
tungswissenschaft“ zum ersten Mal öffentlich diskutiert. Bis dahin definierte Dienst-
leistungsforschung, wie sie in Deutschland durchgeführt wurde, ihren Gegenstand nicht
selbst. Die Definition des Gegenstandes der Dienstleistungsforschung beruht auf Modell-
vorstellungen, die sich am klassischen Drei-Sektoren-Modell der Volkswirtschaftslehre orien-
tieren. Deshalb ist es wichtig, dieses Drei-Sektoren-Modell mit seiner Systematik der Wirt-
schaftszweige zunächst zu betrachten.
Aus Gründen, die bis in das 17. Jahrhundert zurückgehen, werden Volkswirtschaften in drei
Sektoren organisiert: Vereinfacht gesprochen stellt der primäre Sektor die Agrarwirtschaft
dar, der sekundäre die Industrie mit Schwerpunkt auf dem Verarbeitenden Gewerbe und der
tertiäre ist die Restkategorie, die übrig bleibt: die Dienstleistungen. Basierend auf diesem
Drei-Sektoren-Modell werden von der Dienstleistungsforschung (im Nachhinein) Anstren-
gungen unternommen, zu definieren, was diese Kategorie „Dienstleistungen“ eigentlich aus-
macht (z.B. Scheer, Grieble, Klein 2003). Gepaart mit dem Drei-Sektoren-Modell wird eine
Entwicklungstheorie, deren Grundlage Jean Fourastie Mitte des 20. Jahrhunderts gelegt hat, in
sehr vereinfachter Form verwandt. Vereinfacht deshalb, indem behauptet wird, dass die
Dienstleistungen (also die Restkategorie) die Zukunft für Wohlstand und Beschäftigung mo-
derner Volkswirtschaften ist. Baethge und Wilkens haben sich sehr kritisch zu einem solch
einfachen Modell geäußert (Baethge, Wilkens 2001). Trotzdem ist dies die unreflektierte Mo-
dellvorstellung, die auch den meisten Wissenschaftsrichtungen zu Grunde liegt.
Die Handhabung des Drei-Sektoren-Modells führt in der Dienstleistungsforschung zu unter-
schiedlichen Problemen: bei der Klassifikation von Dienstleistungen, also dem Gegenstand
der Forschung, und bei der Vernachlässigung der Innovationsinterdependenzen zwischen den
verschiedenen Wirtschaftszweigen. Ersteres wird am Beispiel der Wissensintensiven Dienst-
leistungen weiter unten gezeigt werden. In der qualitativen Beschreibung der Wissensintensi-
ven Dienstleistungen des BMBF in seiner Bekanntmachung aus dem Jahre 2001 standen die
Erzeugung oder Nutzung neuen Wissens im Vordergrund und diese Dienstleistungen basieren
in starkem Maße auf der intelligenten Nutzung und Weiterentwicklung der Informations- und
Kommunikationstechnologien. Diese qualitative Beschreibung orientiert sich am „Gegen-
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stand“ und den „Werkzeugen“ der Dienstleistungen. Andere Formen der Beschreibung orien-
tieren sich an der Systematik der Wirtschaftszweige und der Qualifikation der Beschäftigten.
Der Vergleich der Darstellungen zeigt, dass die qualitativen und quantitativen Klassifizie-
rungsversuche bisher zu keinem eindeutigen Ergebnis geführt haben und dass ihre Ergebnisse
nicht nur widersprüchlich, sondern auch unbefriedigend sind.
Innovationen entstehen nicht im Kern etablierter und fest definierter Systeme, sondern an den
Rändern, durch Verknüpfungen bisher Isoliertem. Dementsprechend bilden sich neue Dienst-
leistungen häufig durch Grenzüberschreitungen zwischen den verschiedenen Zweigen der
Wirtschaftssystematik. Erfolgreiche Elektromobilität wird nicht nur die Produktion von Elekt-
romotoren und Batterien erfordern, sondern auch die entsprechenden Dienstleistungen von der
Versorgung, Wartung, Instandhaltung, Beratung und Finanzierung. Gerade diese Grenz-
überschreitung macht die Innovation aus und ist in den herkömmlichen Kategorien des Drei-
Sektoren-Modells kaum abzubilden.
Ein Verzicht auf das 3-Sektoren-Modell ist allerdings zur Zeit kaum möglich. Denn wie Reu-
ter und Zinn (2011) darstellen, aus volkswirtschaftlicher Sicht liegen „theoretisch überzeu-
gende und praktikable Alternativen, die den gesamtwirtschaftlichen Strukturwandel statistisch
detaillierter abbilden können“ nicht vor. Dabei birgt das Drei-Sektoren-Modell große Risiken
bei der Abschätzung der volkswirtschaftlichen Entwicklung. Denn legt man ein darauf basie-
rendes Phasenmodell zu Grunde, so ist die Entwicklung der Dienstleistungswirtschaft heute
vergleichbar mit dem Wandel vom Handwerk zur industriellen Produktion. Demnach würde
die industrielle Produktion (das „Verarbeitende Gewerbe“) in Zukunft wirtschaftspolitisch
eine ähnliche Stellung einnehmen wie heute die Landwirtschaft. Vor einer solchen eindimen-
sionalen Haltung muss gewarnt werden, insbesondere da es zu einer unreflektierten Forderung
nach einer „Re-industrialisierung“ führt. Die Erfahrungen mit der hybriden Wertschöpfung
zeigen gerade, dass es in vielen Wirtschaftsbereichen auf ein enges Zusammenwirken zwi-
schen Produktion und Dienstleistungen ankommt.
Dabei dürfen aber bestimmte Fakten nicht übersehen werden. Das „Verarbeitende Gewerbe“
wird hinsichtlich der Beschäftigung nicht mehr die Rolle spielen, die die Dienst-
leistungswirtschaft spielt. Schon Reichwald und Möslein wiesen 1995 darauf hin, dass die
Dienstleistungswirtschaft nicht an Beschäftigung verloren hat. Dies konnten Dauderstädt und
Dreyer (2012) erneut bestätigen. Die deutsche Industrie kehrte 2011 hinsichtlich der Beschäf-
tigung (Jobs und Stunden) nicht auf das Niveau von 2008 zurück. Auch bei einer länger-
fristigen Betrachtung ist es der Dienstleistungssektor, der für das Wachstum der Beschäfti-
gung (Jobs und Stunden) sorgt. Dienstleistungen bedürfen nicht immer des Verarbeitenden
Gewerbes. So konnte Eickelpasch (2012) zeigen, dass ca. 30% der „Produktion des Dienst-
leistungsbereiches“ in den Dienstleistungsbereich selbst zurückfließt, sprich dass ein Dienst-
leistungskonzern wie die Lufthansa auch Dienstleistungen benötigt.
Produktivität in der Dienstleistungsökonomie1
Der klassische Ausdruck der Industrialisierung einer volkswirtschaftlichen Branche ist ihr
Umgang mit der Produktivität. Produktivität darf nicht nur unter einem organisationalen Ge-
sichtspunkt als Innovationsinstrument betrachtet werden, sondern auch unter volkswirt-
schaftlichen und unter humanen Gesichtspunkten. Dies soll beispielhaft an der Diskussion um
die Produktivität in den deutschen Gewerkschaften dargestellt werden.
1 Der Absatz basiert auf Ernst und Zühlke-Robinet (2012)
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Produktivitätsdiskussionen in deutschen Gewerkschaften
Die Auseinandersetzung der deutschen Gewerkschaften mit dem Thema „Produktivität“ be-
gann in der Auseinandersetzung mit dem Taylorismus und der Frage, wie auf den Zusam-
menbruch der Wirtschaft nach dem 1. Weltkrieg reagiert werden sollte. Sie wurde fortgesetzt
in den Jahren nach dem Wiederaufbau, als Hans Matthöfer „Humanisierung der Arbeit und
Produktivität in der Industriegesellschaft“ vereinen wollte (1977) und wird heute im Rahmen
der Tertiarisierung fortgeführt.
Die grundlegenden Konfliktlinien zeigten sich schon Mitte der 20er Jahre. „In seiner Ent-
schließung »Die Gewerkschaften und die Wirtschaft« stellt der 12 Bundeskongreß des ADGB
fest: »Nur durch die Demokratisierung der Wirtschaft neben umfassender Rationalisierung
der Arbeit durch betriebsorganisatorische und technische Maßnahmen kann die Lösung der
wirtschaftlichen Probleme erfolgen“. Der Kongreß fordert deshalb u. a. gleichberechtigte Be-
teiligung der Gewerkschaften an dem Wirtschaftsausbau und der -führung; paritätisch verwal-
tete Wirtschaftskammern; Ausbau der gemeinwirtschaftlich arbeitenden Betriebe und Erwei-
terung der Mitbestimmung der Betriebsräte.“ (zitiert nach Osterroth, Schuster 2001). Für eine
solche Politik standen Ende der 20er Jahre Friedrich Wilhelm Tarnow mit „Warum arm sein“
(1928) und Wilhelm Eggert mit „Rationalisierung und Arbeiterschaft“ (1927). Tarnow sah die
Steigerung der Massenkaufkraft als Kernproblem der europäischen Wirtschaft an. Er sieht als
Schranke für den Wohlstand eines Volkes dessen Produktivkraft. Diese Schranke war für ihn
aber noch nicht erreicht. Dabei spielt das Lohnniveau eine bedeutende Rolle: zum einen als
Stärkung der Binnennachfrage, zum anderen aber als den „Antrieb zu technischer und organi-
satorischer Verbesserung der Produktionsbetriebe und der Absatzformen“. (Colm, 1928). Die
Vorstellung war, dass die Rationalisierung an der „Durchforschung des... Gesamtbetriebes als
lebendige Einheit gedacht“ angegriffen würde und nicht an der immer stärkeren Inanspruch-
nahme der menschlichen Arbeitskraft. Deshalb sollten Gewerkschaften von sich heraus Rati-
onalisierung und Produktivitätssteigerung einfordern. Diese Haltung birgt auch Risiken. Wie
Kern (Kern, 1978) schreibt, ist es dem Kapital relativ gleichgültig, auf welchem Wege die
Produktivität erhöht wird, solange sie erhöht wird. Auch die Arbeitswissenschaftler waren
damals zurückhaltend, wenn die „Erleichterung nicht sofort wieder durch die Vergrößerung
der Arbeitseile oder dadurch, daß nun statt einer Maschine deren mehrere zu bedienen sind,
wieder aufgezehrt würde“ (Durig nach Kern 1978, S. 414; zur Kritik an der Position Tarnows
u.a. s: Müller, Neusüss, 1971).
Facetten der Dienstleistungsproduktivität
Die Dienstleistungsökonomie spielte in der deutschen Diskussion um Produktivität zunächst
eine geringe Rolle. So spricht Matthöfer 1977 explizit von „Humanisierung des Arbeitslebens
und Produktivität in der Industriegesellschaft“. Zwar stellt er schon damals fest, dass die Ar-
beitsteilung im „Verwaltungs- und Dienstleistungsbereich…insbesondere mit Hilfe der Da-
tenverarbeitung und modernen Elektronik“ und der „Taktzwang..durch den Einsatz von Text-
verarbeitungsanlagen oder von dezentralen Datenverarbeitungsanlagen“ zunehmen, sowie die
Belastungen „häufig geistiger Art“ sind (alle Zitate Matthöfer 1977, S. 23 und 24). Trotzdem
bleiben Dienstleistungen im weiteren Gedankengang unterbelichtet. Dies hängt nicht nur mit
der geringen Wertschätzung der Dienstleistungsökonomie zusammen, sondern sicher auch mit
der Ansicht, Dienstleistungen seien nicht rationalisierbar und Produktivitätsveränderungen
seien zu vernachlässigen (vgl. die Darstellung der Ansichten Fourasties bei Reuter, Zinn,
2011).
Schettkat (2011, S. 5) schreibt, dass „Produktivität die entscheidende Variable“ „im „Beauty
Contest“ der nationalen Wirtschaftsmodelle ist“. Er verweist gleichzeitig darauf, dass Hetero-
genität der Produktion und der Einsatzfaktoren neben unberücksichtigten Inputs die Bestim-
12
mung der Produktivität erschweren. Zu einem weit schärferen Schluss kommen Erber und
Hagemann (2012), für die bisherigen Indikatoren der Produktivitäts- und Effizienzmessung
völlig unzureichend sind, um die Entwicklung der modernen Gesellschaften darzustellen. Der
nicht lineare Innovationsverlauf widerspricht den linearen Annahmen der Produktivitätsmes-
sung. Dauderstädt diskutiert ausführlich die Probleme, die entstehen, wenn von einer volu-
menorientierten Betrachtung der Produktivität zu einer wertorientierten Betrachtung überge-
gangen werden muss. Werte und die an sie gekoppelten Preise sind subjektiv, nur so lassen
sich z.B. die unterschiedlichen Wertschöpfungen von Apple und NOKIA erklären. Wert-
schöpfung hängt aber auch von der Messung ab, so z.B. vom Einsatz von „Deflatoren“, die
die Relation zwischen Leistungsfähigkeit und Preis berücksichtigen sollen. Dazu treten auch
Berechnungen des Kapitalstocks, die die „intangible Assets“ als Teil des Unternehmenskapi-
tals berücksichtigen. Unter Berücksichtigung aller Faktoren wird ein Anstieg der Dienstleis-
tungsproduktivität in den Niederlanden, Schweden und USA gemessen, während in Deutsch-
land eher ein Negativwert beobachtet wurde. Dauderstädt führt dies u.a. auf die geringe Wert-
schätzung der „intangible assets“ in Deutschland zurück, zum anderen aber auch auf die man-
gelnde Binnennachfrage. Wobei er klar sieht, dass die höhere Binnennachfrage „ in USA al-
lerdings auf weniger nachhaltiger Verschuldung, in Schweden dagegen auf einer hohen
Staatsquote beruhte“. (Dauderstädt, 2012, S. 43). Trotz aller methodischen Probleme des Pro-
duktivitätskonzeptes erwartet Dauderstädt (z.B. Dauderstädt, 2012) trotzdem von der Ent-
wicklung der Produktivität die Lösung zentraler Probleme, mit denen moderne nachindustriel-
le Gesellschaften konfrontiert sind. Nach seiner Ansicht eröffnet „hohes Produktivitätswachs-
tum Verteilungsspielräume, sichert die internationale Wettbewerbsfähigkeit, erlaubt die Fi-
nanzierung eines hohen Niveaus öffentlicher Vorsorge und erleichtert die Versorgung einer
wachsenden Zahl älterer Menschen, ohne dass sich die aktive Bevölkerung zu sehr einschrän-
ken müsste.“ (René Bormann, Michael Dauderstädt, Michael Fischer, Markus Schreyer,
Wohlstand durch Produktivität Deutschland im Internationalen Vergleich, Friedrich Ebert
Stiftung, Bonn 2009, S. 3).
Produktivitätssteigerungen in Organisationen sind neben Innovations- und Qualitätsaktivitäten
sowie dem Kundenmanagement wesentlicher Teil der Wertschöpfungsstrategien (Bruhn und
Hadwich 2011, Van Ark, 2004). Auch hier sind Schwierigkeiten und Unklarheiten bei der
Konzeption, Messung und Verbesserung der Dienstleistungsproduktivität und ihrer Interakti-
onen mit den anderen Aktivitäten zu beobachten (zur Gesamtproblematik: Bruhn und Had-
wich, 2011). Das hängt bei den Dienstleistungen mit der schwierigen Definition der Produkti-
onseinheit, der Heterogenität und dem externen Faktor "Kunde" (in all seinen Ausprägungen:
vom Kunden, über den Klienten bis zum Patienten) zusammen. Djellal und Gallouj (2008)
unterscheiden mehrere “Welten”, in denen Produktivität unterschiedlich bestimmt wird:
Die (im angelsächsischen Sinn) industrielle und technische „Welt“: Output-Faktoren
sind durch Volumen gekennzeichnet.
Die Finanz„welt“ mit den finanziellen Transaktionen und Werten
Die private (relational or domestic) „Welt“. Es geht um Empathie und zwischen-
menschliche Beziehungen.
Die Zivil„welt“. Gerechtigkeit, Fairness und Gleichbehandlung bestimmen Produktivi-
tät.
Die „Welt“ der Innovation, in der Inspiration und Kreativität gelten
Die „Welt“ der Reputation. Dort ist Markenimage produktivitätsprägend.
Die Definition der Produktivität ist schwierig, wenn Ziele, die mit der Erbringung einer Leis-
tung verknüpft sind, mehrere „Welten“ betreffen oder durch gesellschaftlichen Konsens vor-
gegeben werden (z.B. bei der Verteilung gesellschaftlich notwendigen Dienstleistungen). Hier
13
kann der Gedanke der Verbesserung einer oft nicht klar definierten Qualität Vorrang vor einer
Produktivitätserhöhung haben (Skarpelis-Sperk 1978; Naschold, Pröh 1995; Leimeister, Phi-
lipp 2012).
Grönroos und Ojasalo (2004) legen ihrem Produktivitätsmodell zwei Inputfaktoren (Input des
Dienstleisters und des Kunden) sowie zwei und einen Outputfaktor zu Grunde: die Quantität
und die Qualität des Output, wobei letzterer noch durch die vom Kunden wahrgenommene
Qualität hinterlegt wird. Die Dienstleistungsproduktivität ist dann eine Funktion von interner
und externer Wirksamkeit. Zusätzlich bestimmt noch die Nachfrage die Wirksamkeit. Produk-
tivitätsverbesserungen geschehen in diesem Modell auf mehreren Wegen: durch den Einsatz
von Technik (und damit den Einsatz von Kapital statt Arbeit) zum anderen durch die Verbes-
serung der Abläufe innerhalb der Wertschöpfungskette insbesondere der innerbetrieblichen
Abläufe, durch Veränderungen der Produkte, aber auch durch eine Veränderung der Interakti-
on mit dem Kunden. Innovation, Qualitätserhöhung und Produktivität sind drei gleichberech-
tigte Prozesse, die gesteuert werden müssen, um den Erfolg und Gewinn des Unternehmens
zu sichern. Notwendig in einem erfolgreichen Unternehmen ist eine umfassende Produktivi-
tätsanalyse, die eine Auseinandersetzung mit den mit der Produktivität in Wechselbeziehung
stehenden Erfolgsfaktoren eines Unternehmens vornimmt (Lasshof, 2006). Die notwendige
Neuorientierung zu der Forschung und Entwicklung beitragen muss, kann unter dem Schlag-
wort des Produktivitätsmanagements zusammengefasst werden. Wichtigstes Merkmal ist die
Eingliederung der Produktivität in das Innovations- und Marktmanagement.
Alle diese betriebswirtschaftlich orientierten Gesichtspunkte berühren „Arbeit und menschli-
che Würde“ (Negt, 2011) unmittelbar, jedoch ohne die Bedeutung des Menschen und seiner
Arbeit in den Mittelpunkt zu stellen. Produktivitätsgewinne werden in den letzten Jahrzehnten
nicht mehr dazu genutzt, um den Menschen von materieller Not zu befreien, die Arbeitszeit
zu verkürzen und zur persönlichen Entwicklung beizutragen, sondern eher um die Reichtums-
produktion bestimmter Gruppierungen zu fördern. Negt spricht (2010) von einer „Ideologie
betriebswirtschaftlicher Rationalisierung mit ihrer Umverteilung nach oben und dem Spar-
zwang nach unten“. Dies „läuft den traditionellen Emanzipationsidealen von Aufklärung, Ge-
rechtigkeit, Solidarität, Gleichheit zuwider“ (Negt, 2010 DER SPIEGEL, HEFT 32). Gewerk-
schaftliche Ansätze zu Fragen der Produktivität in Betrieben müssen deshalb immer berück-
sichtigen, dass Produktivitätsbeschreibungen und –massnahmen Herrschaftsansprüche wider-
spiegeln und Verteilungsregeln legitimieren. Sie müssen aber auch immer wieder versuchen,
der betriebswirtschaftlich legitimierten Produktivitätssteigerung eine human legitimierte ge-
genüberzustellen. Bei den Dienstleistungen tritt dabei als Erhöhung des Schwierigkeitsgrades
hinzu, dass der Kunde zum einen als Marktgegenüber, aber auch als Mensch am Arbeitspro-
zess beteiligt ist.
Produktivität im Dienstleistungssystem
Die Dienstleistungsökonomie wird aus interagierenden Dienstleistungssystemen gebildet, die
durch Wertversprechen miteinander verbunden sind (Spohrer, 2009, S. 111). Diese Dienstleis-
tungssysteme sind durch Herrschafts- und Kontrollmechanismen gekennzeichnet. Dienstleis-
tungssysteme „arbeiten zusammen oder konkurrieren“ mit dem Ziel, Wertschöpfung interak-
tiv zu generieren und abzugreifen.“. In der neuesten Forschung ist bisher kein einheitlicher
Ansatz zu erkennen, Dienstleistungssysteme in Modellen zu beschreiben und basierend darauf
zu gestalten So stellt Böttcher (Böttcher, 2011) allein 11 Ansätze dar, die von einer for-
schungsgetriebenen bis zu einer standardisierungsorientierten Modellierung reichen. Für Pro-
duktivitätsbetrachtungen ist besonders das Modell des Service Blueprinting von Bedeutung
(Becker, Kahn und Meiren, 2011) Der wichtigste Aspekt liegt dabei in der Trennung der Pro-
zesse, bei denen eine direkte Mitwirkung des Kunden fehlt (back-office) oder gegeben ist
14
(front-office). Die Trennlinie wird als „Linie der Sichtbarkeit“ bezeichnet. Oberhalb und un-
terhalb dieser Linie werden nun verschiedene Produktivitätsmassnahmen eingesetzt. Während
jenseits der Linie die klassischen Maßnahmen zur Produktivitätserhöhung eingesetzt werden,
müssen die Maßnahmen diesseits auf die „Interaktion“ mit dem Kunden ausgerichtet sein.
Tabelle 1: Der Umfang des Dienstleistungssystems „Betreuung von Kindern"
Gegenstand
Dienstleistungsprozesse
Dienstleistungen
mit Dingen/ Ma-
terial
Dienstleistungen mit
Symbolen/ Wissen
Dienstleistungen
am/ mit Men-
schen
(Herstellungsprozess) Beobachtung/Dokumentation
von Verhalten der Kinder
Weiterbildung des Personals
Bearbeitungsprozess Wartung von Räu-
men und Geräten
Personaladministration
Pläne zur Betreuung von
Kindern und Erziehungsper-
sonen
Betreuung der Kinder
Beratung von Erzie-
hungspersonen
Dispositionsprozess Räume; Spielmateri-
al
Personaleinsatz-steuerung;
Massnahmenplanung
Einteilung der Kinder
Beschaffungs- /
Tauschprozess
Windeln; Nahrungs-
mittel
Dienstleistungssysteme sind nicht nur die industriell organisierten „Dienstleistungsfabriken“,
sondern auch Bildungs- und Betreuungseinrichtungen. Deshalb soll am Systembeispiel
„Dienstleistung: Betreuung von Kindern“ verdeutlicht werden, wie wichtig die systematische
Beschreibung und Entwicklung von Dienstleistungssystemen ist. Dazu zeigt die Tabelle 1 in
der vertikalen den „Gegenstand“ der Dienstleistungen (angelehnt an Baethge, 2011) und hori-
zontalen die verschiedenen Dienstleistungsprozesse (angelehnt an Böhle und Glaser, 2006). In
der Matrix ist nicht festgelegt, wer Durchführender ist und wie die Aufgaben in Arbeitspro-
zesse umgesetzt werden. So kann ein Teil der Aufgaben bei „externen“ Dienstleistern liegen,
sei es bei der Kommunalverwaltung, zu der Kindergärten meist zugeordnet sind, sei es logisti-
sche Dienstleister. Das Problem ist, dass die (staatlichen) Verwaltungen gewöhnlich über kei-
ne Einrichtungen verfügen, die – entsprechend einer Arbeitsvorbereitung in der Produktion –
die Prozesse gestalten und in Arbeitsaufgaben umsetzen können. Während der Öffentliche
Blick sich nur auf die „Kinder“ richtet und schon die Interaktion mit den Erziehungsberech-
tigten als Teil der „Dienstleistung am/mit Menschen“ vernachlässigt wird, zeigt die Tabelle
sehr klar, dass hinter der „Linie der Sichtbarkeit“ (gelb schattiert) das System viele „wissens-
intensive Dienstleistungsprozesse“, und „Dienstleistungsprozesse mit Dingen“ umfasst. So
werden logistische Probleme (Prozesse „Beschaffen/ Tauschen“) und ihre Eingliederung in
das System bei der Dienstleistungsgestaltung häufig vernachlässigt. Unterschätzt wird ebenso
der Aufwand der Personalsteuerung bei größeren Einheiten, in denen neben der Teildienstleis-
tung „Betreuung unter 2-jähriger Kinder“ auch die Teildienstleistung „Ganz- und Teilzeitbe-
treuung von nicht schulpflichtigen Kindern“ sowie die Teildienstleistung „Nachmittagsbe-
treuung von Grundschulkindern“ angeboten wird.
Ist die Gestaltung der Produktivität bei einem Dienstleistungssystem, das in einer Hand liegt
noch einfach, so gestaltet sich die Produktivitätsgestaltung in Systemen, in denen Unterneh-
men kooperieren müss(t)en, höchst komplex. Dieser Sachverhalt ist seit der Entstehung logis-
tischer Systeme bekannt, hat aber nichts von seiner Bedeutung verloren und wird angesichts
der Steuerung der Wertschöpfung über externe und interne Märkte (vgl. Völker und Kasper,
2004; Marrs, 2008) weiter an Bedeutung gewinnen. Schon 1993 forderte Skarpelis in Anleh-
nung an Bieber und Sauer für die aus Produktion- und Dienstleistungen bestehenden Logistik-
15
systeme eine systemische Rationalisierung, die auf die Optimierung der Prozesse über die
gesamte Wertschöpfungskette zielt. Etwas resignierend schreibt dann ein Jahr später (Skar-
pelis, 1994), dass sich komplexe, dynamische Systeme immer am Rande ihrer Stabilität be-
wegen.
Ansätze der Produktivitätssteigerung
Nicht allein die Informations- und Kommunikationstechnologien haben die Dienstleistungs-
wirtschaft produktiver gestaltet, sondern auch die Automatisierungstechniken. Produktivitäts-
steigerungen durch den Einsatz von Automatisierungstechniken sind in vielen Bereichen der
Dienstleistungswirtschaft nichts Ungewöhnliches. Großküchen verfügen über automatisierte
Transport- und Spülsysteme. In der Handels- und Verkehrslogistik sind die automatisierten
Hochregallager und Palletierroboter Standard. In den Großflughäfen sind automatische Ge-
päckverladesysteme im Einsatz, in den Flugzeugen sind große Teile des Fluges automatisiert.
In den Häfen erfolgt die Containerbeladung z.T. vollautomatisch. Gemeinsam ist diesem
Technikeinsatz, dass er nicht im Bereich der personenbezogenen Dienstleistungen erfolgte.
Hier geschieht der Technikeinsatz jetzt aber ebenso unaufhaltsam. Im Zuge der fortschreiten-
den Arbeitsteilung werden Automatisierungstechniken im Verkauf eingesetzt, sie reichen vom
Geld-, Fahrkartenautomaten bis hin zu automatisierten Kassen, werden aber in der Öffentlich-
keit unter dem Blickwinkel der "Selbstbedienung" wahrgenommen. Im Zuge der weiteren
Arbeitsteilung werden Automatisierungstechniken sich weiter in den inneren Kern der Perso-
nenbezogenen Dienstleistungen ausbreiten. Am bedeutsamsten für die Entwicklung dürfte der
„Robotereinsatz“ sein. In strukturierten Umgebungen stehen Service Roboter schon im oder
kurz vor dem Einsatz. Dazu gehört der Einsatz in gefährlichen Situationen, unter Wasser und
im Weltraum, der Einsatz bei schwierigen Reinigungsarbeiten, als Transportroboter in Kran-
kenhäusern und in Museen. Ein internationales Monitoring (Spath, Ganz 2009) erbrachte,
dass internationale Experten2 den Handlungsbedarf in Zukunft deutlich höher ansehen. Es
wird in Zukunft darauf ankommen, den Einsatz der Automatisierungstechniken von vornhe-
rein im Sinne eines „Assistenzsystems“ zu gestalten, und Euphorien wie beim Einsatz der
Industrieroboter in den 80er Jahren zu vermeiden (Ernst, Skarpelis 2001)
Standardisierung kann zur Produktivitätserhöhung in der Dienstleistungsökonomie beitragen.
Der Begriff des „Standards“ ist im Deutschen ambivalent. Die Standardisierung von Schnitt-
stellen in der Produktion ist ein Beispiel für das positive, das Ford Modell T ein Beispiel für
das negative. Ähnliches gilt für den Bereich der Dienstleistungen. Unter Experten besteht
Einigkeit darüber, dass Dienstleistungen in Wertschöpfungssystemen ähnliche horizontale
Standards benötigen wie in der Fertigung auch (DIN, 2005; darin Fähnrich, 2005). Es müssen
Standardisierung von Terminologien, Verfahren, Modellen, Modellierungsmethoden entwi-
ckelt werden, um die Dienstleistungsprozesse transparent und produktiv (auch für Kunden) zu
gestalten. Nur wenn solche Standards vorliegen, ist eine Kooperation im Wertschöpfungssys-
tem produktiv zu gestalten. Schwierig zu vermitteln ist die Standardisierung des Dienstleis-
tungsproduktes. Den Kunden darf eben keine Standarddienstleistung angeboten werden, son-
dern auf Basis standardisierter – oder „parametrisierter“ (Fähnrich, 2005, S. 227) – Kompo-
nenten muss eine kundenspezifische Dienstleistung zur Verfügung gestellt werden. Dies gilt
nicht nur für die Bereiche der wissensintensiven Dienstleistungen, sondern auch für die Per-
sonenbezogenen Dienstleistungen. Dazu ist aber viel mehr Wissen zur Standardisierung von
Produktmodellen, Produktkatalogen u.ä. notwendig. Der erste Schritt bei einer Produktivitäts-
erhöhung durch „Standardisierung“ besteht in der Zerlegung des gesamten Dienstleistungs-
produktes in Teilkomponenten. (Böttcher, Klingner 2011; Becker, Klingner 2012; Klingner,
2 Es handelt sich um ein Panel 19 führenden Dienstleistungsexperten, 2 aus Deutschland, 8 aus Europa inkl.
Israel, 7 aus USA und 2 aus Asien. Diese Experten werden in ausführlichen Interviews alle zwei Jahre befragt.
Quelle: Spath und Ganz (Hg.): Die Zukunft der Dienstleistungswirtschaft, Hanser, 2009
16
Becker, Döhle, Swialkowski 2012) Die Zerlegung erfolgt zunächst in Standardkomponenten,
die sich je nach Kundenanforderungen zu neuen Angeboten zusammenstellen lassen. Eine
Steigerung der Produktivität ergibt sich durch die erhöhte Übersichtlichkeit des Gesamtange-
bots und den daraus entspringenden Möglichkeiten, Teilkomponenten besser zu gestalten.
Dabei müssen alle Dienstleistungsprozesse genau beschrieben vorliegen, der Leistungserstel-
lungsprozess gegenüber dem Kunden definiert und der Grad des Einbezuges des Kunden in
den Leistungsprozess geregelt sein. Die Leistung dieses Konzeptes besteht darin, dass eine
Produktivitätssteigerung bereits durch die Anwendung der bloßen Komponentisierung ohne
die explizite Berücksichtigung der Produktivitätskennzahlen möglich ist. Das Konzept
schließt an Überlegungen des „Service Engineering 2.0“ (Meyer, Böttcher 2011) an. Hier
werden Vorgehensweisen und Methoden beschrieben, wie gerade komplexe Dienstleistungen
(wie städtische Infrastrukturdienstleistungen) so entworfen
Produktivitätssteigerungen durch Arbeitsverdichtung und Arbeitsteilung sind auch im Dienst-
leistungssektor ausreichend bekannt. Sie führen häufig zu erhöhten Belastungen und zu Ar-
beitsausfällen und machen damit die gewonnene Steigerung zunichte (zur IT-Branche: Sieb-
ecke, 2010) Nach dem Index „Gute Arbeit“, dass 39% der Beschäftigten, die unter insgesamt
schlechten Arbeitsbedingungen arbeiten, Abstriche bei der Produkt- und Servicequalität ma-
chen müssen. Noch kritischer sehen die Daten für Beschäftigte mit ausgeprägtem Kundenkon-
takt aus, die sich bei ihrer Arbeit gehetzt sehen: Hier sind es 66%, die in hohem oder sehr
hohem Masse Abstriche bei der Produkt- und Servicequalität machen (Ver.di, 2011). Auch
wenn Böhne (2011) dem Index GUTE ARBEIT kritisch gegenübersteht, geht er davon, dass
Demotivation von MitarbeiterInnen Produktivitätsgewinne mindern kann. So gehen Modell-
rechnungen bei einem Unternehmen mit 400 Beschäftigten von einem Verlust von 1,85 Mio.
EURO aus, wenn sich die Mitarbeitermotivation um 5 Prozentpunkte reduziert (Böhne, 2011,
S. 38). Die Betrachtung der Emotionalität des Servicepersonals als eine mitarbeiterorientierte
Betrachtung der Dienstleistungsproduktivität ist gewöhnungsbedürftig (Gouthier, Ganz 2011).
Arbeitsemotionen nehmen einen wesentlichen Einfluss auf die Dienstleistungsproduktivität.
Sie kommen negativ wie positiv zum Tragen, wenn die Beschäftigten einen hohen Kunden-
kontakt haben oder Kunden bei der Leistungserstellung wesentlich beteiligt sind. Dies trifft
den Kern der Dienstleistungsarbeit. „Emotionalität, verstanden als intrapersonelle Empfin-
dung und interpersoneller Austausch von Emotionen, entsteht bei der Interaktionsarbeit und
speziell bei der Gefühlsarbeit des Servicepersonals.“ (Gouthier, Ganz 2011, S.361) Da Ar-
beitsemotionen als Inputgrößen die Arbeitsproduktivität des Servicepersonals beeinflussen, ist
es für Unternehmen von wirtschaftlichem Interesse, sich mit der Messung und der Gestaltung
von Arbeitsemotionen zu befassen. Im Kern geht es um die Gestaltung der Bedingungen, un-
ter denen Emotionalität die Dienstleistungsproduktivität beeinflusst. Mitarbeiterzufriedenheit
durch Wertschätzung und Kundenloyalität, Kundenbindung und Kundenzufriedenheit sind
zentrale, sich gegenseitig bedingende Einflussgrößen auf die Gefühlswelt der Beschäftigten.
Produktivitätssteigerungen durch Humanisierung des Arbeitslebens werden von den Gewerk-
schaften seit den Debatten der 20er Jahre als der Königsweg betrachtet (für das Forschungs-
programm ‚Humanisierung des Arbeitslebens’ Sauer, 2011). Grundgedanke ist, dass durch
eine optimale Gestaltung der Arbeitsaufgabe und der Arbeitsbedingungen sowohl betriebliche
Produktivitätsziele als auch Ziele der Beschäftigten erreicht werden können. Grundsätzlich ist
dieser Weg heute (2012) nur durch die vorliegenden Wissensdefizite bei der Gestaltung der
Dienstleistungsarbeit – insbesondere der Interaktionsarbeit - begrenzt. Eine „Mc-
Donaldisierung“ der Dienstleistungsarbeit unter dem Produktivitätsdruck kann nicht ausge-
schlossen werden (Hacker, 2009). Dies gilt insbesondere im „Back-Office-Bereich“, also dem
Bereich ohne direkten Kundenkontakt, während in dem Bereich, der in einem mittel- oder
unmittelbaren Kontakt zum Kunden steht, eine „Bestgestaltung“ der Arbeit durchgeführt
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wird. Die Risiken werden auch von den deutschen Gewerkschaften gesehen. Insbesondere
weil sie der Ansicht sind, dass Beschäftigte in den Unternehmen immer mehr zu austausch-
und ausnutzbaren Funktionsträgern werden. Gute Dienstleistungsarbeit soll nicht nur als In-
strument für Produktivität von Unternehmen dienen, sondern als eigenständiges, mit be-
triebswirtschaftlichen Zielsetzungen zumindest gleichrangiges Gestaltungsziel etabliert wer-
den (Bsirske, 2011, S. 495-496).
Schon Ende der 70er Jahre wurde die Bedeutung des aktiven Kunden (in negativer Konse-
quenz des „arbeitenden Kunden“ Voß, Rieder, 2005) zur Steigerung der Dienstleistungspro-
duktivität erkannt (Bienzeisler, 2000). Bei diesem Konzept werden betriebliche Funktionen
auf den (meist privaten End-) Kunden, Klienten, Patienten, Bürger ausgelagert. Damit werden
Kosten eingespart und Leistungen der Kunden direkt oder indirekt für die Wertschöpfung
genutzt, womit natürlich die innerbetriebliche Produktivität steigt. Von dem „Zwangsarbeiter
Kunde“ ist der „aktive Kunde“ zu unterscheiden (Reichwald, Piller 2006, S. 25). Der „aktive
Kunde“ wird nicht aktiv, weil die (mangelnden) Leistungen eines Unternehmens ihn zwingen,
sondern weil er damit seinen individuellen Zielen eher gerecht werden kann. Mit diesem akti-
ven Kunden lösen sich die Unternehmensgrenzen auf. Das Unternehmen muss seine interne
Struktur in eine Netzstruktur oder gar in eine Marktstruktur umgestalten, es kommt zu einer
interaktiven Wertschöpfung und damit zum Teil auch zum Konflikt zweier Produktivitätsstra-
tegien: der des Unternehmens und der des Kunden.
*Geschäftsmodelle als Innovationskonzept
Die Entwicklung neuer Technologien in der Vergangenheit hat am eigentlichen Geschäftsmo-
dell nichts geändert. Die Technologie wurde zur Verbesserung der Leistung eines Autos ein-
gesetzt, sie diente zur Veränderung der Fertigungs- und Arbeitsprozesse usw., aber führte
nicht zu einer Veränderung des Geschäftsmodells “Verkauf von Produkten”. Dies trifft zu-
nächst auch für den Einsatz der IuK-Technologie und des Internet zu.
Der Veränderungsdruck ergab sich durch die Anforderungen an den Kapitaleinsatz. Ähnlich
wie die menschliche Arbeitskraft sollte auch das Kapital flexibel werden, d.h. nicht zu fest in
Investitionen in Sachgüter gebunden sein. Neben neuen Finanzierungskonzepten ergaben sich
daraus die Betreibermodelle, aber auch die ÖPP-Modelle im staatlichen Bereich. Diese Mo-
delle reichten von den Speditionen (kein Kauf von LKW, sondern Mieten) bis hin zum Be-
trieb von Gebäuden (kein Verkauf der Immobilie). Das war die erste Veränderung der Ge-
schäftsmodelle in Richtung einer hybriden Wertschöpfung zu Beginn der 90er Jahre, die noch
ohne die heutige Vernetzung funktionierten. Teilweise verbunden mit diesen Ansätzen war
der ökologische Slogan “Nutzen statt Besitzen”. Mit den Betreibermodellen kamen den
Dienstleistungen neue Bedeutung zu.
Etwas später setzte mit diesen Modellen auch eine Veränderung der Betrachtung des (damals
noch so genannten) Verbrauchers ein. Bei den klassischen Dienstleistungen war er schon im-
mer als “Ko-Produzent” notwendig, so entdeckte jetzt insbesondere Google, dass der Kunde
bei der Inanspruchnahme der Dienstleistungen Daten produzierte, die einen Wert darstellten.
Dieses Modell wurde auch auf die b2b-Beziehungen ausgedehnt und damit entstanden aus der
Wertschöpfungskette mit einem Endverbraucher Wertschöpfungssysteme mit Co-
Produzenten. Auf diesen Gedanken beruhen heute viele Geschäftsmodelle, bei denen die
Dienstleistungen und Produkte gleichberechtigt sind, ja bei denen die Dienstleistungen den
eigentlichen Wert darstellen (APP zu Smartphone). Eine weitere Form der “Plattform-
Geschäftsmodelle” entstand dadurch, dass Firmen erkannten, dass nicht der einzelne “Markt-
stand” interessant war, sondern das Anbieten eines Marktes (“Marktmeister-Rolle”). EBAY
war der erste klassische Marktanbieter. Inzwischen gibt es unzählige Plattformen, auf denen
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Produkte, Dienstleistungen und menschliche Arbeitskraft gehandelt werden. Unabhängig von
der Bewertung des Geschehens in den Beziehungen zwischen “Anbieter-Marktbetreiber-
Kunde” haben diese Geschäftsmodelle z.Zt. die stärkste Aufmerksamkeit. Die deutsche Wirt-
schaft mit ihrem Konzept der “Industrie 4.0” scheint im Geschäftsmodell “Verkaufen von
Produkten” stehen zu bleiben. ACATECH bemerkt dazu in dem Memorandum zur „Smart
Service Welt“ sehr richtig, dass das Verharren der deutschen Industrie in den „Nischen pro-
duktzentrierter Marktführerschaften“ keine Option ist. Denn die Unternehmen die die „Smart
Services“ beherrschen werden die Kontrolle über die Wertschöpfungssysteme erlangen.
Die noch unklaren neuen Geschäftsmodelle der Smart Service Welt, verbunden mit den tech-
nologischen Entwicklungen, wachsendem internationaler Wettbewerb und neuen Bedingun-
gen beispielsweise auf den Kapitalmärkten, sorgen für wachsende Unsicherheit, sowohl auf
Seiten der Unternehmen als auch der Beschäftigten. Sie führen zu tief greifenden Verände-
rungen in den Unternehmensstrukturen und werden begleitet von geänderten Arbeitsformen
und -bedingungen. Sie können dazu führen, dass Beschäftigungsverhältnisse „destandardi-
siert“ werden und sich weiter neue leistungsorientierte Konzepte der indirekten Steuerung
durchsetzen. Ob diese Entwicklungen mit den Anforderungen an ein „neues Normalarbeits-
verhältnis“ in Einklang zu bringen sind, ist zu prüfen.
*Fazit
Die Tertiarisierung hat neue Innovationskonzepte und neue Konflikte geschaffen. Die Volks-
wirtschaftliche Gliederung des Drei-Sektoren-Modells bietet immer weniger wirtschaftspoliti-
sche Grundlagen, wird aber immer weiter für politische Entscheidungen genutzt. Mit dem
Eindringen von Produktivitätsüberlegungen in die Dienstleistungen „am und mit Menschen“
(von den Beratungs- über die Bildungsdienst- bis hin zu den Pflege- und Betreuungsdienst-
leistungen, vgl. Senghaas-Knobloch 2012) hat sich das Problem der an Menschne ausgerichte-
ten Arbeit im Kapitalismus weiter verschärft. Dazu tritt, dass Überlegungen zur Produktivität
im Volkswirtschaftlichen Sinn, die über eine Lohnsteigerung zu einer Erhöhung der Binnen-
nachfrage führen kann, und zur Produktivität im betrieblichen (nicht in allein in einem be-
triebswirtschaftlichen) Sinn, die zunächst einmal nur zu einer betrieblichen Veränderung
führt, in der Dienstleistungsforschung und -wissenschaft heute noch unverbunden nebenei-
nander stehen. Eine der Aufgaben der Zukunft, insbesondere einer Dienstleistungswissen-
schaft wird es sein, diese Aspekte miteinander zu verbinden. Allerdings bleibt auch zu fragen,
ob bei den modernen Entwicklungen, die sich in den kapitalistischen Finanzstrukturen entwi-
ckeln, das Modell der Produktivität nicht zu Gunsten eines Modells der raschen Kapitalver-
wertung aufgegeben wird, eine Frage, die in der Dienstleistungsökonomie bisher kaum disku-
tiert wird. Die neuen Plattformmodelle haben neue Innovationswege aufgezeigt, ohne dass
klar ist, ob dabei auch die menschliche Arbeitskraft ihren Stellenwert erhält.
Die deutsche Dienstleistungswirtschaft scheint nur verhalten auf die Innovationserfordernisse
zu reagieren. Zentraler Befund des von der Gewerkschaft Ver.di alle zwei Jahre durchgeführ-
ten Innovationsbarometers 2015 ist, dass trotz zunehmender Notwendigkeit durch die Digita-
lisierung, die Innovationstätigkeit im Dienstleistungssektor abnimmt und hinter den Erforder-
nissen zurückbleibt. Das „Innovationsbarometer“ basiert auf Umfragen unter den Mitbestim-
mungsakteuren, die der Gewerkschaft Ver.di angehören, also Arbeitnehmervertretern in Auf-
sichtsräten sowie Vorsitzende von Betriebs- und Personalräten.
Danach gaben 76 Prozent der Befragten an, dass die zunehmende Digitalisierung zwar die
Notwendigkeit zu Innovationen erhöhe. Gleichzeitig aber ist der Anteil der Betriebe, die keine
Innovationen durchführten, von 16 Prozent (Umfrage 2013) auf 23 Prozent gestiegen. Dabei
gibt es atürlich deutliche Unterschiede zwischen den Branchen. Handel, Verkehr, Öffentliche
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Verwaltung und Gesundheitswesen liegen deutlich unter dem Durchschnitt. Aus Sicht der
Befragten ist dieses Problem hausgemacht: Danach sagen 91 Prozent, dass sich mangelnde
Zeitressourcen und hoher Leistungsdruck hemmend auf die Innovationstätigkeit auswirkten.
In den zurückliegenden zwei Jahren waren es insbesondere die mobilen Geräte und die Platt-
formen für die interne und externe Kommunikation, mit denen die Innovationen realisiert
wurden. Dies soll nach Ansicht der Beschäftigten (auf hohem Niveau) geringer werden, statt-
dessen sollen Apps für mobile Anwendungen, Big/Smart Data, Cloud Computing, Robotik
und Fahrerlose Transport- und Verkehrssysteme in den bevorstehenden zwei Jahren aktuell
werden. Als Folgen der Digitalisierung für die Arbeit werden die Zunahme der Projektarbeit,
der Mobilen Arbeit und der Gefährdung der Persönlichkeitsrechtegesehen. Interessant ist, das
25% der Befragten im Dienstleistungsbereich einen Abbau der Beschäftigung durch Innovati-
onen angeben, aber 34% eine Zunahme.
Innovationsmanagement Das Fehlen systematisch entwickelter Managementverfahren und -methoden war in den 90er
Jahren neben der mangelnden Dienstleistungsmentalität der Entscheidungsträger, der hohen
Regulationsdichte und der historisch gewachsenen Strukturen ein Grund für die geringe Inno-
vationsdynamik des Dienstleistungssektors in Deutschland. Inzwischen stehen neben dem
Service Engineering der Standardisierung der Steigerung der Exportfähigkeit dem Pro-
duktivitätsmanagement und der hybriden Wertschöpfung neuentwickelte Methoden zur Ver-
fügung, die den Prozess der Dienstleistungsinnovation beschleunigen werden. Aufgabe der
Forschungs- und Innovationspolitik ist es hier, neue Instrumente und Verfahren entwickeln
und erproben zu lassen.
*Service Engineering als systematische Dienstleistungsentwicklung
Beim Service Engineering handelt es sich um die systematische Entwicklung und Gestaltung
von Dienstleistungsprozessen unter Verwendung geeigneter Vorgehensmodelle, Methoden
und Werkzeuge (DIN Fachbericht S. 103, 1998; Bullinger und Scheer, 20033, Ganz, Fähnrich,
Meiren, Meier 2011, Salvendy, Karwowski, 2010). Service Engineering ist ein umfassender
Ansatz, der die ganzheitliche Gestaltung des Dienstleistungsprozesses bis zum Kunden unter
Berücksichtigung der strategischen und organisatorischen Gestaltungsfaktoren betrachtet. Bei
der Förderung von Forschung und Entwicklung zum Service Engineering handelte es sich
also nicht nur um eine Anwendung bisher vor-
handenen Wissens in einem verwandten Be-
reich (z.B. „Arbeitsgestaltung im...“), sondern
um die Entwicklung und den Aufbau eines
neuen Paradigmas, manche Autoren sprechen
auch von einer Disziplin. Vereinfacht gesehen
leiten sich die deutschen Ansätze des Service
Engineering aus mehreren Quellen ab. Zum
einen aus den Arbeiten von Ramaswamy (Ra-
maswamy, 1996, Bullinger, Schreiner, 2003)
mit dem Phasenmodell "Service Design and
Management" zum anderen aus den Modellen
zur Geschäftsprozessmodellierung von Scheer
(Scheer, 1998, Scheer, Grieble, Klein, 2003)
und zum dritten aus der Softwareentwicklung
(Böhmann, Krcmar 2003).
3 2003 ist die Angabe des Verlages. Das Buch war Ende 2002 verfügbar. Eine zweite Auflage erschien 2006
Abbildung 1: Service Engineering und Arbeit
20
Abbildung 1: Service Engineering und Arbeit versucht die Zusammenhänge zwischen dem
Service Engineering und dem Arbeishandeln zu beschreiben. Das Service Engineering gehört
zusammen mit der Arbeisbescheibung zum Planungsprozess, während das Arbeitshandeln,
das Arbeitsergebnis und das Personale Arbeitsergebnis zum Handlungsprozess gehören. Wäh-
rend das Service Engineering mit der Leistungsbeschreibung eher eine Domäne der Wirt-
schaftswissenschaft ist, gehören Arbeitsbeschreibung und Handlungsprozess eher zu der Ar-
beitswissenschaft.
Kerber-Klasen und Zörkler (2014, 304ff) postulieren einen Gegensatz zwischen der Gestal-
tung von Arbeits- und Leistungsprozessen. Die Analyse der Leistungsprozesse zielen auf
Kostensenkung und Qualitätserhöhung. Ziel der Analyse der Arbeitsprozesse ist hingegen,
“Gestaltungsvorschläge zu entwickeln, die die Interessen von Beschäftigten und Unternehmen
berücksichtigen..” (S. 305). Dabei sind die Rahmenbedingungen auf der Ebene der Organisa-
tion sowie auf der Makroebene der Wirtschaft und Gesellschaft “zunächst einmal nachgeord-
net.” (S. 306). Vernachlässigt man den in Anlehnung an Hacker “sozialromantischen Teil” der
Bewertung der Rahmenbedingungen in einem kapitalistischen Wirtschaftssystem, so bleibt
doch festzuhalten, dass es keine gemeinsamen Methoden, ja noch nicht einmal “definierte
Schnittstellen” zwischen der Gestaltung der Leistungs- und Arbeitsprozesse gibt. Die heutigen
Methoden der systematischen Gestaltung der Dienstleistungsprozesse (das Service Enginee-
ring) und die Methoden der Gestaltung der Interaktion können der Forderung “Gute Dienst-
leistungen – Gute Arbeit” nicht nachkommen. Bieber und Geiger (a.a.O., S. 321) schreiben:
“Das Ineinandergreifen von Service Engineering und Interaktionsarbeit ist wichtig, aber auch
eine große, bislang nicht überzeugend gelöste Herausforderung”.
Diese verschiedenen Quellen aus denen das Service Engineering entstanden ist, bedingen eine
unterschiedliche Weiterentwicklung. Der Ramaswamy-Ansatz führt zu unterschiedlichen
Phasenmodellen und dann gepaart mit dem Lab-Ansatz zum Servlab, während die anderen
Ansätze zur Dienstleistungsmodellierung führen.
Die Phasenmodelle sind leicht handhabbar und auch leicht verständlich. Natürliche Sprache
besitzt aber Probleme hinsichtlich ihrer Eindeutigkeit, schwer nachvollziehbarer Vollständig-
keit und Schwierigkeiten beim Erkennen von Widersprüchen. Wendet man dagegen mathe-
matische Konzepte an, so steht man schnell vor dem Problem, dass sie komplexe Sachverhalte
nicht abbilden können. Aus diesem Dilemma heraus entstand in der Betriebswirtschaft die
Geschäftsprozessmodellierung (z.B. Scheer 1998 mit dem ARIS System). Im Rahmen des
Service Engineerings wurde die Modellierung zunächst als zweiter Schritt nach einer Grob-
konzeption einer Dienstleistung verstanden. Auch hier wurden eine Reihe von Vorgehenswei-
sen vorgestellt: Petri-Netze, Ereignisgesteuerte Prozessketten, Entity-Relationsship-Modelle
oder Objektorientierte Modellierungen, aber auch Weiterentwicklungen des ARIS.
Dem Servlab liegt das Konzept zu Grunde, Dienstleistungen im Labor zu entwickeln und zu
erproben, bevor sie im echten Markt implementiert werden. Auf Grund der Erfahrungen aus
der produzierenden Wirtschaft entwickelte das Fraunhofer Institut für Arbeitswirtschaft und
Organisation ein Serv(ice) Lab(oratorium) (Meiren, 2006; Dangelmaier, Spath, Meiren 2007;
van Husen, Meiren 2008). Der Gedanke, Dienstleistungen im „Labor“ zu entwickeln war da-
mals völlig neu. Das Serv Lab bietet für Unternehmen eine Plattform zur Unterstützung bei
der Dienstleistungsentwicklung Es ermöglicht die Simulation physischer Dienstleistungsum-
gebungen durch den Einsatz von Virtual Reality Technik, stellt eigenständige Werkzeuge für
die Dienstleistungsmodellierung zur Verfügung und ermöglicht die Analyse und Konzeption
von Kunden und Interaktionsprozessen zwischen Kunden und Mitarbeitern durch Techniken
21
der Inszenierung von Dienstleistungen. Der Ansatz des Serv Lab war weltweit einzigartig und
hatte besonders durch den Einsatz ausgefeilter Technologie viel Beachtung gefunden. Für die
deutsche Forschung zum Service Engineering ist die Einleitung aus der „Introduction to Ser-
vice Engineering“ (Salvendy, Karwowski 2010) sicher eine große Anerkennung: „The intro-
duction of the customer-centered approach in service systems design and modeling has been
motivated by the theory of service systems engineering developed in Germany...“ (S.179).
Einen nächsten Schritt gehen Hermann, Ganz und Westner (2013). Sie nehmen die Schwie-
rigkeiten bei der betrieblichen Anwendung von Service Engineering Modellen als Ausgangs-
punkt und wollen die Basis eines computer-gestützten Entwicklungssystems für Dienstleis-
tungen legen (ServCAD). Im Prinzip planen sie die Kombination der zweidimensionalen Pro-
zessdaten mit der dreidimensionalen Prozessvisualisierung. Dabei ergeben sich nicht nur
(software)technische Schwierigkeiten. Die Herausforderung ist, dass die 3-d-Daten nicht aus
dem 2-d-Prozessmodell abgeleitet werden können, da sie die Informationen über die agieren-
den Menschen beinhalten. Dazu müssen im Prinzip die Daten aus dem ServLAB herangezo-
gen werden. Hier wird es spannend sein, die Entwicklung weiterzuverfolgen.
Im Rahmen der Konzeptionierung eines Service Engineering Tools überschreiten Herrmann
und Klein (2004) die Grenzen zwischen Produktion und Dienstleistungen, indem sie die be-
triebswirtschaftlich-planerische Produktionsplanung und –steuerung (das „Y-Modell, a.a.O.,
S.178) auf ein Y-CIM-Modell für Dienstleistungen (a.a.O., S. 182) übertragen. Von dort ist
der Schritt zu einer Entwicklung für Produkt-Service System (Thomas, Walter und Loos,
2010) nicht mehr weit. Damit überschreitet auch das Service Engineering die klassischen vom
Drei-Sektoren-Modell definierten Grenzen.
Eine Weiterentwicklung des Service Engineering ist das „Service Engineering Plus“. Men-
schner, Prinz und Leimeister (2014) diskutieren dabei die Einbeziehung des “Customers” und
der Beschäftigten in einem “Service Engineering plus”. Kennzeichen dieses Ansatzes sind die
Entwicklung eines “Low-Fidelity-Prototypen”, der dann in Diskussionsgruppen in interakti-
ven Rückkopplungsschleifen immer weiter verbessert wird. Leider geht die Forschung hier
nicht den Schritt, an welcher Stelle die Arbeitswissenschaft einzubeziehen ist, insbesondere
was die langfristigen Belastungsfolgen von Dienstleistungen anbetrifft, die von den Betroffe-
nen nur schwer einzuschätzen sind.
Eine ungelöste Problematik ist die Gestaltung des Dienstleistungsgesamtsystems. Dies ist mit
auch einem “Service Engineering Plus”, das auf Einzelleistungen konzentriert ist, noch nicht
zu lösen. In der Produktion ist dies dadurch gelöst, dass nach gleichen Prinzipien konstruiert
wird und nur die Schnittstellen zum Subsystem definiert sind. Diesen Stand der Entwicklung
hat das Service Engineering noch nicht erreicht. Auch Bienzeisler (2011, S.40) beklagt dieses
Defizit bei der Gestaltung dynamischer, kooperativer Dienstleistungssysteme. Er sieht einen
Ausweg im Ansatz des Service Designs. Service Design soll Dienstleistungen als ganzes Sys-
tem betrachten, das neben den Fokalpartnern auch die anderen Beteiligten einschließt. Dabei
benötigt das Service Design aber neue Methoden und Instrumente, die bisher nicht vorliegen.
Standardisierung als Innovationsinstrument
Standardisierung und Normierung im Dienstleistungssektor dürfen nicht mit der Abwertung
betrachtet werden, die in der deutschen Sprache häufig mit dem Wort „Standard“ verbunden
ist.
22
Breutmann (2007) hat im ande-
ren Zusammenhang das Ge-
samtkonzept der Standar-
disierung vorgestellt. Es um-
fasst unterschiedliche Bereiche
der Regulation. Zum einen
Werkstandards, die innerhalb
von Unternehmen oder Unter-
nehmensverbünden gesetzt
werden, über die Publicly
Available Specification mit ei-
nem sehr einfachen Ent-
stehungsverfahren, aber auch
einem geringen Grad der Ver-
bindlichkeit, über Normen, die
in einem verbindlichen Verfah-
ren festgelegt werden, bis hin zu
Gesetzen PAS Normen und Ge-
setze sind öffentlich zugänglich.
Werknormen sind dies nicht.
Werknormen bis Normen fallen in
die Zuständigkeit der Wirtschaft,
während Verordnungen und Gesetze in die Zuständigkeit des Staates fallen. Im Rahmen des
Vorhabens zur Internationalisierung zeichnete sich in den Betriebsprojekten die hohe Bedeu-
tung der Werknormen ab (DIN 2009). Ohne Werknormen ist praktisch keine internationale
Kooperation möglich. Allerdings zeigte sich hier, dass interne Standards, die internationale
Gültigkeit haben sollen, eher Rahmen und Referenzmodelle vorgegeben werden sollten, die
dann auf regionaler Ebene konkretisiert werden können. Der Aufwand zur Formulierung sol-
cher Standards im internationalen Geschäft darf aber nicht unterschätzt werden. Der Einsatz
von externen Standards wird differenziert bewertet. Sie ermöglichen zum einen überhaupt
einen Markt zum anderen können sie aber auch die Differenzierung zwischen den verschiede-
nen Dienstleistungen einschränken. Unumgänglich sind Standards, die die Kooperation zwi-
schen Partner regeln, insbesondere an den Schnittstellen der Wertschöpfungsketten ab. Eben-
falls differenziert wird die Beteiligung an der Formulierung externer Standards gesehen. Zum
einen ist es dadurch möglich, eigene Vorstellungen einzubringen, zum anderen besteht natür-
lich auch die Gefahr, eigenes Wissen preiszugeben. Eine Debatte begleitete alle bisherigen
Untersuchungen: Auf Grund nationaler Unterschiede in der Arbeits- und Sozialpolitik sind
Arbeitsschutzregelungen im Gegensatz zu Normen und Standards, die internationale Gültig-
keit besitzen sollen, nur national geregelt. Dementsprechend unterscheidet die Kommission
für Arbeitsschutz und Normung zwischen normungsfähigen und nicht-normungsfähigen An-
forderungen an die Dienstleistungen. Im Normalverfahren sind insbesondere alle Anfor-
derungen bezüglich Sicherheit sowie Arbeits- und Gesundheitsschutz nicht standardisierbar.
Standardisierung war zunächst nicht Thema der Dienstleistungsforschungs- und Innovations-
politik. Dies lag zum einen sicher an dem Mangel an Erfahrungen mit Standardisierungspro-
zessen im Dienstleistungssektor, zum anderen aber auch mit den damaligen Ansätzen der
Liberalisierung und Deregulierung. Standards wurden als Schutzstandards für Arbeitnehmer
begriffen, die es zu deregulieren galt (vgl. hierzu Däubler, 1995). Wie groß die dadurch verur-
sachten Defizite waren, kann man daran sehen, dass bis 2003 keine gezielten Recherchen
nach dienstleistungsrelevanten Dokumenten im Deutschen Informationszentrum für Techni-
Abbildung 2: Formen der Standardisierung
23
sche Regeln (DITR) durchgeführt werden konnten. Das bedeutete, dass nur ein Bruchteil der
12700 dienstleistungsrelevanten Dokumente direkt auffindbar waren. Auf Grund einer Inter-
vention des DIN wurde das Thema in der Hauptuntersuchung Dienstleistung 2000plus veran-
kert. Bullinger und Rüttgers (1999) erwähnten auf der 3. Dienstleistungstagung des BMBF
das Thema Standardisierung explizit. Bullinger fordert eine Standardisierung insbesondere
um ein allgemein akzeptiertes Verständnis des Betrachtungsgegenstandes „Dienstleistungen“
zu erhalten und damit dann auch die entsprechenden Verfahren transparent zu machen. Damit
hängen dann Produkthaftung und Produktinformation zusammen. Rüttgers sieht unmittelbar
auf die Dienstleistungsmärkte und auf die Definition von Dienstleistungsqualität. Da auch aus
dem nicht-europäischen Ausland Aktivitäten zur Standardisierung von Dienstleistungen be-
richtet wurden, veröffentlichte das BMBF die Bekanntmachung zur „Dienstleistungsstandar-
disierung und Qualität “. Die Bekanntmachung traf auf ein völlig unvorbereitetes Forschungs-
feld.
Wie Rüttgers schon 1999 ausführte, schaffen internationale Standards Voraussetzungen für
freien und fairen Handel sie fördern den Wettbewerb unterstützen wirtschaftliches Wachstum
und schützen den Verbraucher. Auf Grund der Aktivitäten der Vorhaben wurde auch für
Dienstleistungen inzwischen die Wichtigkeit von Standards erkannt. Auf internationaler Ebe-
ne wurden daher Initiativen gestartet, um internationale Standards und Normen im Dienstleis-
tungssektor voranzutreiben. Deutsche Unternehmen und Interessenvertreter waren bisher je-
doch kaum repräsentiert, was zu deutlichen Nachteilen im internationalen Wettbewerb führen
könnte. Auch wurden und werden bis heute hauptsächlich branchenorientierte Ansätze ver-
folgt, z.B. in der Tourismusindustrie oder bei Finanzdienstleistungen. In branchenübergrei-
fenden Fragestellungen (z.B. Spezifikation und Bewertung von Dienstleistungen) bestehen
noch große Defizite, aber somit auch Chancen, substanziell an der Gestaltung von Standards
mitzuwirken. Der Erfolg des Einbezuges der Standardisierung in das Innovationsmanagement
zeigte sich nicht nur auf nationaler Ebene, sondern auch auf europäischer Ebene. Nachdem
das DIN und die deutsche Forschung auf europäischer Ebene eine Pionierrolle eingenommen
hatten, hat die Europäische Union das Thema aufgenommen. Eine der herausragenden euro-
päischen Aktivitäten, die im Kontext der Dienstleistungsstandardisierung durchgeführt wur-
den, war das europäische Projekt CHESSS ("CEN Horizontal European Service Standardiza-
tion Strategy"), das im Rahmen des CEN Mandats M/371 "Standardization in the Field of
Services" durchgeführt wurde. 2012 zogen Europäisches Parlament und Rat (2012) eine Kon-
sequenz aus den Ergebnissen, indem sie die europäische Normung auf die Dienstleistungen
ausdehnen.
Baethge (2011) verweist auf ein besonderes Problem der Standardisierung bei den Dienstleis-
tungen, nämlich das Spannungsverhältnis zwischen Interaktion und Standardisierung. Nach
seiner Ansicht ist Interaktivität nur begrenzt technisierbar, rationalisierbar und standardisier-
bar, was aber die privaten und öffentlichen Dienstleistungsunternehmen nicht hindert, alles zu
tun, um die auf Grund der Interaktivität gesetzten Begrenzungen in allen Dimensionen (Tech-
nisierung, Standardisierung, Rationalisierung) zu durchbrechen. Daraus resultieren dann auch
Auseinandersetzungen über die Qualität von Dienstleistungen zwischen Kunden und Unter-
nehmen. Baethge sieht Technisierung und Standardisierung eng beieinander. Dies ist richtig,
für die Form, dass standardisierte Dienstleistungsprozesse den Einsatz von Technik erleich-
tern. Auf der anderen Seite sind im Dienstleistungssektor aber viele Standardisierungen not-
wendig, die eine einheitliche Sprache und ein einheitliches Verständnis zwischen Kunden und
Dienstleisten ermöglichen. Dazu gehören z.B. auch die Standardisierungsanstrengungen beim
Service Engineering oder beim Benchmarking („horizontale“ Standardisierung).
2016 hat sich die Standardisierung im Dienstleistungssektor deutlich weiterentwickelt. Der
Normenausschuss Dienstleistungen (NADL) wurde 2008 auf Beschluss des Präsidiums des
24
DIN für die nationale, europäische und internationale Normung und Standardisierung im Be-
reich unternehmensbezogener und personenbezogener Dienstleistungen gegründet (DIN,
2014). Der NADL ist im Rahmen der nationalen, europäischen und internationalen Normung
und Standardisierung zuständig für die fachliche Begleitung von Themen im Bereich unter-
nehmensbezogener und personenbezogener Dienstleistungen Dienstleistungen.4
Mit der Verordnung zur Europäischen Normung (1025/2012) ist die europäische Kommission
befugt, Aufträge zur Erarbeitung von Normen und Standards im Bereich der Dienstleistungen
an die europäischen Normungsorganisationen CEN, CENELEC und ETSI zu erteilen. Ziel ist
es, neue Impulse für grenzüberschreitende Dienstleistungsangebote und die Stärkung der
Wettbewerbsfähigkeit kleiner und mittelständischer Dienstleister zu setzten.
Die Erfolge bei den Versuchen der Standardisierung und Normierung sollten nicht darüber
hinwegtäuschen, dass die "interessierten Kreise" für Dienstleistungsstandardisierung noch
nicht durchsetzungskräftig sind..
Technische Innovationen in der Dienstleistungswirtschaft
„Die Einflüsse neuer Technologien auf Dienstleistungen sind unterschiedlich. Vier Wirkme-
chanismen sind denkbar:
.<sie> ermöglichen neuen Dienstleistungen,
<sie> erhöhen die Effizienz der Dienstleistungserbringung,
<sie> steigern die ‚Verfügbarmachung‘ von Dienstleistungen,
<sie> steigern die Profitabilität“ (Ganz; Tombeil, 2013, S. 30).
In Zukunft muss damit gerechnet werden, dass spezielles (menschliches) Wissen durch einen
Rückgriff auf intelligente Systeme substituiert werden kann. Ebenso wird die Technikintegra-
tion bei personenbezogenen Dienstleistungen (Shire, Leimeister, 2012; Schuh, Stich, 2013;
Bieber, Geiger, 2014) weiter fortschreiten. Die Anwendungsbereiche bei den personenbezo-
genen Dienstleistungen reichen von der Haushaltsassistenz, Pflege- und Rehabilitationsunter-
stützung bis zum Entertainment. Im Dienstleistungsbereich insgesamt gehören dazu noch die
Roboter in der Logistik, in Bewachung und Inspektion bis hin zu den gewerblichen Reini-
gungssystemen. Die Prozesse mit denen dies geschieht werden zum einen als Informatisie-
rung zum anderen als Automatisierung beschrieben. Beide Prozesse werden häufig unter dem
Schlagwort der Digitalisierung zusammengefasst. Die Eschborner Thesen (Hentrich, 2013)
betrachten diese Prozesse unter dem Thema „‘Autonome‘ Technisierung, Informatisierung
und die Rolle des Menschen“ als eines der wichtigen fünf Forschungsfelder.
Technik – Informatisierung
Wenn das Zitat stimmt, war Gottlieb Daimler im Jahre 1901 der erste, der die Auswirkungen
der Technik und den Technikeinsatz im Rahmen von Dienstleistungen – hier der Chaffeurs-
dienstleistung – massiv unterschätzte: "Die weltweite Nachfrage nach Kraftfahrzeugen wird
eine Million nicht überschreiten - allein schon aus Mangel an verfügbaren Chauffeuren." (zi-
tiert nach: nebelbank_de Irrtümer und Fehlprognosen.htm). Seit 110 Jahren hat sich hier
nichts geändert. Technikeinsatz und die Technikentwicklung sind im Rahmen der Dienstleis-
tungsforschungs- und Innovationspolitik unterbelichtet. Meist wird nur die IuK-Technologie
als dienstleistungsrelevant betrachtet (zu grundlegenderen Betrachtungen zum Verhältnis zwi-
schen Dienstleistungen und Technik s. Reuter und Zinn, 2011).
4 http://www.din.de/de/mitwirken/normenausschuesse/nadl
25
Das Cloud-Computing ermöglicht nicht nur neue Dienstleistungen sondern auch neue Produk-
tivitätssprünge (Weissbecker, 2011). So berichtet ein Modehaus (http://www.cloud-
practice.de/use-case/modevertrieb-steigert-produktivitaet-und-lagereffizienz), dass interne
Prozesse vereinfacht und die Lieferzeiten um mehrere Arbeitstage gesenkt werden konnten.
Eine monetäre Produktivitätsbetrachtung wurde allerdings nicht geliefert. Grundsätzlich soll
es durch das Cloud-Computing ermöglicht werden, einen nutzungsabhängigen Service zu
günstigeren Kosten in Anspruch zu nehmen. In der „eigenen Umgebung“ wird weniger Spei-
cherhardware benötigt und damit – so IBM – sollen auch Energiekosten eingespart werden
(für die Versicherungsbranche s: Weitmann, Renner und Rex, 2010). Eine große Sorge der
Unternehmen ist, ob die Produktivitätsgewinne nicht durch Ausfallzeiten zunichte gemacht
werden. Cloud-Computing birgt aber nicht nur neue Ansätze für die Anwender sondern auch
für die Anbieter. Spath, Weiner, Renner und Weisbecker (2012) legen dagegen den Wert auf
Geschäftsmodelle für Anbieter von Cloud-Computing. Sie stellen eine Reihe von Anbietern
dar und geben einen Überblick über deutsche IT-Anbieter. Der Hauptaspekt liegt allerdings
auf den Geschäftsmodellen für Cloud-Computing, ihre Bausteine und ihre Entwicklung. Die
Autoren kommen zu dem Schluss, dass „der Anbieter-Standort Deutschland ..zukünftig noch
an Bedeutung gewinnen <wird>, gerade auch wegen der umfassenden Datenschutz-
Vorschriften“ (S. 208). Kirn et al. (2013) liefern einen Beitrag zur informationstechnischen
Unterstützung der Anbieter von Cloud-Computing, indem sie eine Rahmenkonzept für „Mul-
tiagent Organizations“ vorstellen. Organisationskonzepte (mit menschlichen Akteuren) wer-
den dazu auf „Multiagent systems“ (also Systeme, in denen Software (als „Agents“ bezeich-
net) angewandt. Damit können die unterschiedlichen Anforderungen an Service Provider bes-
ser geklärt werden, allerdings nur in der modellhaften Konzeption. An einer Umsetzung in
konkrete Softwarearchitekturen muss noch geleistet werden. Inwieweit durch Cloud-
Computing Beschäftigung und insbesondere Arbeit tangiert ist, wird zur Zeit noch nicht tief-
gehend analysiert.
Im Zuge der Debatte um die NSA-Aufklärungsstrategien im Jahre 2013 (vor dem Hintergrund
von Bamford (2001) ist die Aufregung überraschend) trat das Thema „Big Data“ in den Vor-
dergrund. Häufig allerdings nur unter dem Gesichtspunkt des Datenschutzes, insbesondere
deshalb, da zu diesem Zeitpunkt die Datenschutz-Grundverordnung der Europäischen Kom-
mission in einer wichtigen Abstimmungsrunde sich befand. Im Gegensatz zur politischen De-
batte stand die Forschungsstrategie des BMBF (2013), die „Big Data“ nur als Intelligenten
Umgang mit großen Datenmengen sah, um die Wertschöpfung zu erhöhen. Der Datenschutz
war nicht explizites Forschungsthema, sondern von allen Vorhaben wurde erwartet, „dass ein
verantwortungsvoller Umgang mit den verwendeten Daten inhärent verfolgt wird. Zu beach-
ten sind der Schutz von Privatsphäre und Datensicherheitsaspekte bereits während der Ent-
wicklung von Systemen (Privacy by Design).“ (aus der o.a. Förderbekanntmachung). Die Be-
kanntmachung zeigt in einigen Passagen die Besonderheiten von Big Data gegenüber bisheri-
gen Informatisierungstrategien auf, deutlicher geschieht dies allerdings bei Horvath (2013).
Für sie ist BIG Date die Kombination bisher nicht aufeinanderbezogener Daten, eine Kombi-
nation, die durch die Datenmenge (Volume); Geschwindigkeit (Velocity) und unterschiedli-
che Beschaffenheit (Variety) gekennzeichnet ist. Big Data benötigt „Verfahren“ zur dezentra-
len Speicherung großer Datenmengen, zur parallelen Bearbeitung und zur mathematischen
Analyse. Anwendungsfelder von Big Data werden in den utnerschiedlichsten Bereichen gese-
hen: als verbesserte Marketingmethoden; zur Vorhersage des Konsum- und Informationsver-
halten der Kunden, zur Optimierung von Logistikprozessen; in der Öffentlichen Verwaltung
zur Verbesserung des Verkehrsmanagements; in Wahlkämpfen; in der Forschung, als präven-
tive, personalisierte Medizin usw. Allerdings ist bisher noch nicht wirklich geklärt, wie hier
marktfähige Dienstleistungen (geschweige denn „Gute Dienstleistungen“) entstehen können
und „Gute“ Arbeit gestaltet wird.
26
Nach Ansicht des BMBF (2014) sind drei Bereiche des Dienstleistungsinnovationsgeschehens
durch Digitalisierung besonders betroffen:
Die Gestaltung der Wertschöpfungsnetzwerke. Dadurch wrden Plattformstrategien,
Produktfamilien, Modularisierung und Standardisierung wichtige Grundlagen. Insge-
samt hofft das BMBF, auf dieser Basis Dienstleistung anschlussfähig an Entwicklun-
gen wird, die unter dem Begriff „Industrie 4.0“ firmieren, dass also die Industrialisie-
rung der Dienstleistungen vorangetrieben wird.
Die Digitalisierung von Kundenbeziehungen. Das BMBF konstantiert, dass die Digita-
lisierung in einer besonderen Weise dazu beiträgt, dass Kunden zu einem wertvollen
Faktor für Unternehmen werden.Die zunehmende Digitalisierung ermöglicht kunden-
induzierte Entwicklungen und dynamisiert die Einbindung der Kunden in den gesam-
ten Prozess der Leistungserstellung. Dabei ist das BMBF durchaus sensibel für die
Problematik der Datenspuren, der Sicherheit der Daten und des vertrauensvollen Um-
gangs damit.
Modellbildung, Simulation und Test von Dienstleistung. Hier wird mit der Digitalisie-
rung das Service Engineering weiterentwickelt, wobei jetzt Simulation und Test eine
besondere Rolle spielen (vgl.: Burger, 2014; Burger und Schultz, 2014)
In der Entwicklung der Bekanntmachung war umstritten, inwieweit eine Gestaltung der
Dienstleistungen ohne eine Gestaltung der Arbeit möglich ist. Auf Druck der Gewerkschaft
Ver.di hat das BMBF sich bereit erklärt, eine Bekanntmachung zum Thema „Digitalisierung
und Arbeit“nachzuschieben. Es ist spannend zu sehen, ob sich diese Strategie bewährt.
Technik - Automatisierung
Ein wichtiges Feld der zukünftigen Technikentwicklung sind "Maschinelle Agenten". Ma-
schinelle Agenten sind beispielsweise Roboter (Roboter sind stationäre oder mobile Maschi-
nen, die nach einem bestimmten Programm festgelegte Aufgaben erfüllen.), Software-
Agenten, »intelligente « Objekte oder Maschinen, Avatare (Ein Avatar ist eine künstliche
Person oder ein grafischer Stellvertreter einer echten Person in der virtuellen Welt, z.B. bei
der Teleaktion). Am bedeutsamsten für die Entwicklung der Wirtschaft in den nächsten Jah-
ren dürfte der Robotereinsatz sein. Dabei muss die Verbindung zwischen "Roboter" und
"Android" aufgegeben werden. Dieses anthropomorphe Denkmuster behindert die sozio-
technische Weiterentwicklung und den Einsatz stark. In den neuen Forschungsansätzen ver-
binden sich Informatik, Künstliche Intelligenz, Miniaturisierung, Lebens- und Ingenieurwis-
senschaften zu völlig neuen Ansätzen. Das internationale Monitoring des Programms "Inno-
vationen mit Dienstleistungen" erbrachte, dass internationale Experten die Forschungsintensi-
tät im Themenfeld "Automatisierung und Dienstleistungen" in den letzten 5 Jahren auf diesem
Gebiet nur mit einem mittleren Wert einschätzten5. Der Handlungsbedarf in Zukunft wird
deutlich höher angesehen, wobei der höchste Handlungsbedarf von den Experten aus Asien
gesehen wird. Damit könnte sich die dortige Wirtschaft nicht nur ihrem Binnenmarkt besser
aufstellen, sondern vielleicht müssen wir dann auch demnächst unsere Produkte und Dienst-
leistungen dort einkaufen.
5 Es handelt sich um ein Panel 19 führenden Dienstleistungsexperten, 2 aus Deutschland, 8 aus Europa inkl.
Israel, 7 aus USA und 2 aus Asien. Diese Experten werden in ausführlichen Interviews alle zwei Jahre befragt.
Quelle: Spath und Ganz (Hg.): Die Zukunft der Dienstleistungswirtschaft, Hanser, 2009
27
2007 präsentierte Bill Gates im Scientific American die These, dass Robotics das neue heiße
Feld der Technikentwicklung und –anwendung sein wird: A robot in Every Home.6 Er ver-
gleicht dabei die Entwicklung der Roboter mit der Zeit Mitte der 70er Jahre, als er und Paul
Allen Microsoft gründeten.7 Anlässlich der im Juni 2010 stattfindenden 4. Fachmesse für Au-
tomation und Mechatronik wurde bekannt, dass laut Statistik der International Federation of
Robotics der Markt für Serviceroboter deutlich stärker wachsen wird als der für Industriero-
boter. Dies hat sich 2013 bestätigt (VDMA Robotics + Automation association, 2013). Wäh-
rend der Verkauf von Industrierobotern um 4% auf 159.346 Einheiten gefallen ist, stieg der
Verkauf von Service Robotern um 2% auf 16.067 Einheiten. Absolut gesehen ist der Anteil
der Serviceroboter natürlich noch immer gering. Auch spielen die Roboter in der Verteidi-
gung mit ca. 40% der Verkäufe 2012 noch immer eine große Rolle. In der Wirtschaft spielen
mit einem Anstieg der Verkäufe von 20% der Medizinsektor und mit einem Anstieg von 11%
der Logistiksektor die größte Rolle. Für den privaten Gebrauch wurden 2012 über 3 Millionen
Serviceroboter verkauft mit einem Volumen von 1,2 Milliarden US-Dollar. Diese Roboter
kann man wegen ihrer geringen Komplexität, ihrer Preisgestaltung und den Vermarktungsme-
chanismen nicht mit den wirtschaftlich genutzten vergleichen. Zu den Robotern für privaten
Gebrauch gehören die Staubsauger, Rasenmäher, Fensterputzer, Unterhaltungs- und Freizeit-
roboter, Erziehung und Forschung. Roboter für zur Unterstützugn von Behinderten haben
nicht in dem prognostizierten Aussmass hinzugewonnen. Die Prognosen für die wirtschaftlich
genutzten Roboter (ohne Militär) gehen von ca. 64.000 neuen Einheiten bis 2016 aus, aller-
dings sind hier 24500 Melkroboter enthalten. Im privaten Sektor rechnet man mit 22 Millio-
nen Einheiten bis 2016, davon 3,5 Millionen Spielzeugroboter und ca. 3 Millionen für Erzie-
hung und Forschung. Für die älteren und behinderten Menschen wird mit 6.400 Einheiten
gerechnet, allerdings erwartet man in den nächsten 20 Jahren sehr hohe Zuwächse. Führende
Forschungsinstitute konzentrieren sich auf die Entwicklung von Prototypen für diese Art von
Robotern8.
Nachdem 2008 das BMBF den Förderschwerpunkt „Technologie und Dienstleistungen im
Demografischen Wandel“ ins Leben gerufen hat, liegen inzwischen die Ergebnisse der For-
schungsvorhaben vor (Gesamtübersicht9: Bieber, 2011). Die Verbundvorhaben des Förder-
schwerpunktes zielten auf die Integration von Dienstleistungen und Technologie. Einen guten
Überblick über die Ergebnisse in der Gesundheitswirtschaft gibt der Herausgeberband von
Shire und Leimeister (2012). Dort ist neben den „normalen“ IT-Anwendungen auch ein Bei-
spiel der Vorbereitung des Einsatzes und des prototypenhaften Einsatzes von Servicerobotern
in der Betreuung älterer Menschen dargestellt. Cieslik, Klein, Compagna und Shire
(2012)stellen zunächst ein Szenariobasiertes Design als Instrument der Partizipativen Techni-
kentwicklung dar, um dann das Instrument selbst einzusetzen und daran anschliessend in eine
Erprobungsphase mit den Servicerobotern zu gehen (Graf et al., 2012)10. Natürlich ergeben
sich bei dieser Erprobung immer wieder Schwachstellen, sei es in der Methodik der Szenari-
techni, sei es im Einsatz der ServiceRoboter. Es kann aber von der Projektgruppe sehr klar
gezeigt werden, dass ein partizipativer Technikeinsatz und eine laufende Rückkopplung zwi-
scher den Beteiligten einen Prozess in Gang setzen kann, der zur Verbesserung der Dienstleis-
tung und der Arbeit führen kann.
6 http://www.scientificamerican.com/article.cfm?id=a-robot-in-every-home 7 Die Argumentation folgt den Artikeln in Public Service Review, Bd. 6, S. 3-13, 2010; weitere Informationen:
http://www.ipa.fraunhofer.de/index.php?id=17 8 http://www.ipa.fraunhofer.de/index.php?id=508 9 Überblick über den Förderschwerpunkt: http://www.dienstleistungundtechnik.de/dite-index2.html 10 zu weiteren Einzelheiten des Vorhabens: http://www.aal.fraunhofer.de/projects/wimi-care.html
28
Vielleicht erlaubt der Einsatz der Automatisierungstechniken in den Personenbezogenen
Dienstleistungen eine weitere Professionalisierung und eine Produktivitätssteigerung, die
nicht durch Lohndumping verursacht wird. Vielleicht ist es auch möglich, mit Technik-
unterstützung bestimmte Formen der Personenbezogenen Dienstleistungen statt in einem
Grauen Markt wieder im Ersten Arbeitsmarkt anzubieten. Interaktionsarbeit wird sich verän-
dern – auch für die Kunden, aber neue qualitativ hochwertige Dienstleistungen mit professio-
neller Arbeit können entstehen. Die gesamte Gesundheitswirtschaft als ein wichtiger Bereich
der personenbezogenen Dienstleistungen einschließlich Betreuung und Pflege wird sich mit
Automatisierungstechniken neu aufstellen. Hier haben wir ein großes Potenzial für Produktion
und Dienstleistungen auch in Kooperation mit anderen Ländern. Es ist wichtig, mit den Mög-
lichkeiten der neuen Technologien neue Dienstleistungen zu entwickeln, ja von den Dienst-
leistungen her Anforderungen an die Technikentwicklung zu stellen. Thome (1997) hat vor
über 10 Jahren die Prognose abgegeben, dass ca. 40% der Arbeitsplätze durch die Integration
von Organisation und Informationsverarbeitung verloren gehen können. Dueck (2009, S. 345)
schreibt: "Die Zukunft der Service-Automatisierung wird uns wiederum die Hälfte aller Jobs
kosten. Davor aber haben wir solche Angst, dass wir das lieber nicht glauben. Wir verdrängen
in uns die Zukunft, weil sie mit Umwälzungen verbunden sein wird." Dies darf nicht sein;
denn Zukunft ist gestaltbar.
Exportfähigkeit und Internationalisierung von Dienstleistungen
Während Boes (2010) schon die Konzeption einer Globalisierung 2.0 untersucht hält sich in
der Öffentlichkeit immer noch der Eindruck, Dienstleistungen seien nicht exportierbar. Ange-
sichts der internationalen Finanzdienstleister, der internationalen Logistikkonzerne, des Vor-
dringens der deutschen Flughafengesellschaften und der deutschen Handelskonzerne wie z.B.
ALDI und LIDL in andere Länder ist das eine sehr seltsame Haltung. Es hängt mit dem im-
mer noch verbreiteten Bild der Personenbezogenen Dienstleistungen (der berühmte Friseur,
der aber dann vielleicht Franchisenehmer eines internationalen Konzerns ist) zusammen (da-
gegen Bandemer, Dahlbeck und Middendorf (2006)). Die Öffentlichkeit – insbesondere die
politische Öffentlichkeit - muss endlich lernen, dass Dienstleistungen in Wertschöpfungssys-
temen erbracht werden. Natürlich hängt es auch damit zusammen, dass der Dienstleistungsex-
port von der Form und vom betrieblichen Geschehen her komplexer ist als der Export von
Waren.
Formen des Dienstleistungsexports
Stille (2004) zitiert die klassische Form von Dienstleistungsprodukten: „Dienstleistungen sind
auf Bestellung hergestellte heterogene Outputs und bestehen typischerweise aus Änderungen bei
den verbrauchenden Einheiten, herbeigeführt durch die Aktivitäten der Produzenten auf Verlan-
gen der Verbraucher; zum Zeitpunkt ihrer Fertigstellung durch den Produzenten müssen sie an
den Verbraucher geliefert sein.“ ( SNA 1993, Ziff. 6.8). Daneben gibt es aber auch die von Stille
ebenfalls zitierte Formulierung: „Es gibt eine Gruppe von Wirtschaftszweigen, die im allgemeinen
als Dienstleistungszweige klassifiziert werden, die Produkte herstellen, die viele der Charakteris-
tiken von Waren haben, z. B. solche Wirtschaftszweige, die mit der Bereitstellung, der Speiche-
rung, der Übermittlung und der Verbreitung von Informationen, Beratung und Unterhaltung be-
fasst sind....“ (SNA 1993, Ziff. 6.13). Weiterhin weist Stille dann auf die Einwirkungen der IuK-
Technologien hin. Dem Export und der Exportfähigkeit von Dienstleistungen wurden durch
die modernen Informations- und Kommunikationstechnologien sowie die Möglichkeiten der
modernen Logistik neue Felder eröffnet. „Internationalisierung“, „Internationalisierungsstra-
tegien“, „Markteintrittsstrategien“, „Export“, „direct and indirect export“ „internationales An-
gebot von Dienstleistungen“ sind Begriffe, die je nach wissenschaftlicher Disziplin und
Sichtweise sehr unterschiedlich für den Tatbestand des internationalen Austausches von
Dienstleistungen gebraucht werden.
29
GATS unterscheidet (nach Stille, 2004) vier Formen des internationalen Angebots von
Dienstleistungen, die unter dem Schlagwort "Export von Dienstleistungen" zusammengefasst
wurden:
Modus 1: Grenzüberschreitendes Angebot (grenzüberschreitender Handel )
Modus 2: Konsum im Ausland ("Kunde " bewegt sich z.B. Gesundheitstourismus)
Modus 3: Kommerzielle Präsenz im Ausland (z.B. Krankenhaus, "Commercial
Presence")
Modus 4: Bewegung natürlicher Personen (z.B.: Anbieter bewegt Personal, „Presence of
natural Persons“).
Tabelle 2: Arten des grenzüberschreitenden Dienstleistungshandels
In seiner Untersuchung aus dem Jahr 1999 berücksichtigen Hild et al. neben den klassischen
Typen des Dienstleistungsexports auch die Dienstleistungen, die im Export von Güter einge-
schlossen sind (s. Bild)
Die verschiedenen Mög-
lichkeiten des Dienst-
leistungsexports sind für
die Unternehmen von
großer Bedeutung. Je
nach Dienstleistungspro-
dukt, Unternehmenstyp
und Zielland sind ver-
schiedene Wege zu wäh-
len. So stellen Hild et al.
Fest (1999, oder Ochel
2002), dass DV-
Dienstleistungsunternehmen mit bis zu 200 Beschäftigten eher Mitarbeiter entsenden, Koope-
rationen eingehen oder Repräsentanten vor Ort einbeziehen, während größere Unternehmen
eher eine 100% - Tochter gründen. Ähnliches gilt auch für Leasingunternehmen. In den Be-
reichen Rechts- und Unternehmensberatung sowie Werbung sind Hild et al. der Ansicht, dass
eine dauerhafte Bearbeitung ausländischer Märkte nur über Niederlassungen zu realisieren ist.
Er betont, dass wenn solche Firmen keine Präsenz vor Ort zeigen, dies ein Zeichen mangeln-
der internationaler Wettbewerbsfähigkeit ist. Eine Untersuchung der RWI aus dem Jahre 2007
bestätigt die Ergebnisse hinsichtlich der IT -Dienstleister: Über alle Ländergruppen in Europa
zeigt sich, dass IT-Dienstleister mit ausländischen Tochtergesellschaften signifikant größer
und produktiver als rein national agierende Unternehmen sind
Die Problematik der verschiedenen Formen des Außenhandels bei wissensintensiven Dienstl-
eistungen (Knowledge Intensive Business Services KIBS) zeigten Lay et al. (2008) auf. Sie
stellten zunächst einmal fest, dass wissensintensive Dienstleistungen im Kundenkontakt eine
der wichtigsten Quellen für neue Innovationen darstellten. Dementsprechend gilt es in den
unterschiedlichen Formen des Außenhandels die zu wählen, die eine möglichst hohe Kunden-
intensität gewährleistet. Dabei erwies sich die „Presence of natural Persons“ aus dem Inland
zur Dienstleistungserbringung im Ausland als nicht so erfolgreich wie die Auslandsniederlas-
sung "Commercial Presence" in Kundennähe. Allerdings weisen Lay et al. auch darauf hin,
dass der Außenhandel mit wissensintensiven Dienstleistungen nicht nur unter dem Gesichts-
punkt der Wissensaufnahme, sondern auch unter dem Aspekt des Wissensabflusses innovati-
onsrelevant ist. Dabei stellten sie fest, dass insbesondere die über Händler oder Dienstleister
aus dem Zielland im Auftrag deutscher Firmen erbrachten wissensintensiven Dienstleistungen
Abbildung 3: Formen des Dienstleistungsexports
30
in hohem Maße problembehaftet sind. Wenn deutsche Firmen vermuten, dass die Partner da-
bei Einblicke in die Know-how-Basis erhalten, versuchen sie diese Forme zu vermeiden. Dies
gilt ganz besonders für die produktbegleitenden Dienstleistungen.
Ein interessanter Ansatz zum Export Personenbezogener Dienstleistungen ist die Bekanntma-
chung des Bundesministeriums für Bildung und Forschung zur Förderung des Berufsbil-
dungsexportes durch deutsche Anbieter. Das Ministerium sieht in einer wissensbasierten
Wirtschaft den Bildungsexport als einen Zukunftsmarkt von großer Dynamik. Nach seinen
Angaben werden weltweit schätzungsweise 60 Mrd. US$ mit Bildungsexporten umgesetzt.
„Für Deutschland bietet diese Situation die Chance eines mehrfachen Nutzens: Ein direkter
wirtschaftlicher Nutzen ist durch den Export von Dienstleistungen der deutschen Anbieter von
Aus- und Weiterbildung zu erzielen. Der Export von deutschen Aus- und Weiterbildungs-
dienstleistungen ermöglicht zudem einen Hebeleffekt für die deutsche Industrie, da der Export
von Gütern wie z.B. im Maschinenbau oder in der Automobilindustrie oft die Existenz von
gut ausgebildeten Fachkräften im Ausland zwingend voraussetzt. Gut ausgebildete Fachkräfte
können daher eine Eintrittskarte für weitere Exporte deutscher Waren darstellen. Die Zusam-
menarbeit im Bereich der beruflichen Bildung hat zudem eine kulturell politische Dimension
und kann die Position und das gute Image Deutschlands in der Welt nachhaltig stärken.“
(Transfaer, 2014)
Dienstleistungsexport und Beschäftigung
Aber es sind nicht nur betriebswirtschaftliche, sondern auch arbeits- und beschäftigungs-
orientierte Gesichtspunkte zu berücksichtigen: So ist die Art der Arbeitsplätze, die bei einem
Headquarteransatz (z.B. im Modus 3) entstehen eine andere, als wenn zu exportierende
Dienstleistungen in Deutschland produziert werden. Von Bandemer, Dahlbeck und Midden-
dorf (2006) haben am Beispiel der Gesundheitswirtschaft aufgezeigt, welche Unterschiede in
den wirtschaftspolitischen und betriebswirtschaftlichen Vorgehensweisen liegen, wenn ein
Unternehmen exportieren oder eine Region Gesundheitsdienstleistungen internationalisieren
will. Die Problematik des Import und des Exports von wissensintensiven Dienstleistungen für
die Beschäftigung stellen Hild et al. 1999 in verschiedenen Szenarien dar. Bei einem wie
1997 vorliegenden Aussenhandelsdefizit steigt die Anzahl der Beschäftigten zwar von 34
TSD im Jahr 1997 auf 84 TSD im prognostizierten Jahr 2007. Die Zahl der Beschäftigten im
Ausland erhöht sich aber von 52 TSD auf 180 TSD.
Direktinvestitionen im Ausland sind hinsichtlich Fragen der Beschäftigung die am kritischs-
ten bewerteten. Dabei muss zwischen zwei Intentionen der Direktinvestition unterschieden
werden: Direktinvestitionen aus Marktmotiven (horizontale Investition, die auf Erschließung
von Märkten gerichtet ist) und Direktinvestition aus Kostenmotiven (vertikale Investition, die
auf Kosteneinsparung ausgerichtet ist). Gornig und von Einem diskutieren 2000 die Charakte-
ristika einer dienstleistungsorientierten Exportbasis und stellen dabei auch Möglichkeiten vor,
Ingenieurdienstleistungen neu zu gestalten. Der eine Weg ist dabei die Strategie Standard-
dienstleistungen zu technisieren und die Arbeitsplätze in Deutschland zu halten. Die zweite
Strategie zielt auf die Nutzung kostengünstige Ingenieurkapazitäten im Ausland zu nutzen.
Damit will man auch Anforderungen an "Local Content Partner" bei Auftragsvergaben erfül-
len. Dies könnte zum Abbau von Beschäftigung in Deutschland führen. In der schon oben
angeführten Untersuchung des RWI wird der Zusammenhang zwischen Direktinvestition im
Ausland und Beschäftigungsveränderungen im Inland untersucht. Das RWI zeigt auf, dass die
Gründung /der Erwerb einer ausländischen Tochtergesellschaft kurz- bis mittelfristig zu ei-
nem im Durchschnitt 10% höheren Beschäftigungswachstum im Inland führt, während sich
das Umsatzwachstum sogar um durchschnittlich 22% erhöht. Insgesamt kommt das Institut zu
dem Schluss, dass die Sorge, Direktinvestitionen im Ausland zu einem Abbau der Beschäfti-
31
gung im Inland führt, für die IT –Dienstleistungen unbegründet ist. Das RWI weist auch da-
raufhin, dass bei multinationalen Unternehmen wie den IT-Dienstleistern die Produktentwick-
lung und die Forschungs- und Entwicklungstätigkeit am Hauptsitz des Unternehmens ver-
bleibt. Dadurch kann die Internationalisierung auch positive Impulse für Innovationen erge-
ben können.
Dienstleistungsexport und Markenführung
Während Volkswirte die Finanzströme beim Export von Dienstleistungen untersuchen, be-
schäftigen sich Marketingexperten mit dem Management internationaler Dienst-
leistungsmarken (Ahlert, Backhaus, Blut und Michaelis, 2009). Sie sind der Ansicht, dass
gerade beim internationalen Dienstleistungshandel, wo der Kunde vor hohen Unsicherheiten
bei der Inanspruchnahme der Dienstleistungen steht, der Markenführung besonderen Wert
beikommt. Der Marke als Qualitätsmerkmal bekommt beim Export von Dienstleistungen eine
weitaus höhere Bedeutung als beim Handel mit Produkten. Die Marke schafft dabei Anse-
henswert in der Finanzwelt, sie ist Identifikation für die Mitarbeiter und bei der Talentsuche,
sie bindet Kunden und Lieferanten und sie schafft Vertrauen in der Öffentlichkeit, was die
eigentliche Dienstleistung alleine alles nicht kann. Ahlert und seine MitarbeiterInnen untersu-
chen eine ganze Reihe von Dienstleistungsunternehmen aus Deutschland und ihre internatio-
nale Markenführung (s. Tabelle). Unter den 100 wertvollsten Marken sind ca. ein drittel
Dienstleistungsmarken. Aus Deutschland sind vertreten: SAP (34), Siemens (43) und die Alli-
anz (80). Die Stärke der Marken hat dabei nichts zu tun mit der Größe der Unternehmen. So
rangiert UPS auf Platz 28 mit einem Umsatz von ca. 50 Mrd. Dollar, während der größte Lo-
gistikkonzern der Welt, die Deutsche Post DHL mit einem Umsatz von ca. 70 Mrd. Dollar
und 500.000 Beschäftigten, nicht unter den ersten 100 vertreten ist und sich in Deutschland
mit ihrem Briefträgerimage herumschlagen muss. Die Probleme der Markenführung sind auch
bei "Fressnapf" zu erkennen. Das in Erkenschwick gegründete Unternehmen ist inzwischen
die Nummer 3 auf dem Weltmarkt, eine Entwicklung, die eigentlich nicht geplant war. Des-
halb ist der deutsche Markenname "Fressnapf" auch in einigen Ländern nicht zu verwenden
und muss durch andere Markennamen ersetzt werden.
Marken und Unternehmen im Dienst-
leistungssektor
Unternehmen Zielland
Energiedienstleistungen EWE Polen
Handel Media Markt
Douglas-Parfümerien
Otto
Hugo Boss
Fressnapf
Russland
Kreativwirtschaft German Convention Bu-
reau e.V.
Zielländer zu Ver-
anstaltungen nach
Deutschland
Industrie/ Dienstleistungen Siemens
Merck
Thailand
Logistik Fiege Gruppe
Lufthansa AG
Dachser GmbH & Co. KG
Indien
Finanzdienstleistungen / Versicherungen Allianz
Unternehmensberatung Roland Berger
Abbildung 4: Bei Ahlert, Backhaus, Blut und Michaelis, 2009 untersuchte Marken/ Unternehmen
32
Export zwischen betrieblicher Notwendigkeit und volkswirtschaftlichem Problem
Das deutsche Modell des Exports materieller Güter ist verbunden mit einer hohen Produktivi-
tät u.a. durch eine massive Lohnzurückhaltung, mit einer Konzentration auf hochwertige Gü-
ter und mit einem hohen Innovationsgrad. An diesem integrierten Modell wird – auch wegen
seiner Auswirkungen auf die nationale Nachfrage – Kritik geübt.
Dauderstädt und Hillebrand (2009) schreiben, dass Deutschland in den letzten Jahren eine offen-
sive Politik der Wettbewerbsstärkung geführt hat, deren zentrales Element die Stagnation der
Reallöhne war. Diese Politik führen sie in einer makroökonomischen Betrachtung aus, führte in
Deutschland zu einer Dämpfung der deutschen Binnennachfrage und zu einer unausgewogenen
Handlungs- und Leistungsbilanz, die zu hohen Exportüberschüssen führte und in den Zielländern
– insbesondere in der Europäischen Gemeinschaft zu einer "Beggar- the-Neighbour"- Politik
führt. Aus diesem Befund leiten sie ab, dass Deutschland versuchen soll, eine stärkere Bin-
nenorientierung des Wachstums anzustreben. Dazu gehört auch, die Lohnentwicklung an den
höheren europäischen Trend anzukoppeln. Mit diesen Maßnahmen könnte auch die Blockade
"von binnenmarktorientierten Wirtschaftszweigen in Deutschland, vor allem im Dienstleistungs-
sektor" (S. 4) aufgehoben werden. Patrick Artus (2010) untersucht die deutsche Wirtschafts-
politik in ähnlicher Form wie Dauderstädt und Hillebrand aber aus Sicht der europäischen Part-
ner. Auch er kommt zu dem Schluss, dass Deutschland seine Wettbewerbsfähigkeit in Europa
mit einer Politik der Lohnkostensenkung hergestellt hat. Dazu tritt eine angebotsorientierte Steu-
erpolitik zu Gunsten der Unternehmen. War 1999 die Steuerlast in Deutschland vergleichbar der
Eurozone und die Sozialabgaben höher, so ist 2008 die Steuerlast 1 Prozent niedriger als in der
Eurozone und die Sozialabgaben sind vergleichbar. Die Folgen sind Marktanteilgewinne
Deutschlands auf Kosten des übrigen Europa, Stützung des deutschen Wachstums bis zur Krise
durch den Außenhandel und gleichzeitig eine große Nachfrageschwäche der deutschen Privat-
haushalte. Damit – so Artus – hat Deutschland das Wachstum seines Industriesektors auf Kosten
der europäischen Partner bezahlt. Als "Argumente der Gegenseite" führt Artus einen sehr inte-
ressanten Faktor an, nämlich den Anteil von Forschung und Entwicklung am Bruttosozial-
produkt.
Heintze (2009) verweist auf weitere Probleme bei der Schwächung der Binnennachfrage und ei-
ner überzogenen Exportsteigerung. Zum einen die Abhängigkeit der nationalen Wirtschaft vom
Export wie sie jetzt die deutsche Volkswirtschaft zu spüren bekommt, und dann aber auch den
Abbau von Beschäftigungsmöglichkeiten, die der Entfaltung von sozialem, kognitivem und kul-
turellem Kapital dienen. Auch für die Beschäftigungsentwicklung ist eine auf Niedriglohnpolitik
setzende Exportförderung wahrscheinlich nicht hilfreich. So zitiert Heintze Analysen, dass
Deutschland trotz extrem niedriger Lohnzuwächse, im Vergleich zu anderen Ländern die
schlechteste Beschäftigungsentwicklung hatte.
Einen neuen Beitrag zu dem Thema leistet Fischer (2013) wenn er die Debatte um die deutsche
Leistungsbilanz mit Dienstleistungspolitik verbindet. Exportüberschüsse erweisen sich nach sei-
ner Ansicht als Importdefizite, die auf einer schwachen Binnennachfrage beruht. Ein Grund da-
für sind die Verschlechterung der Einkommens- und Vermögensverteilung, wobei die Einkom-
mensentwicklung bei den Dienstleistungen in Folge der Niedriglohnstrategien besonders
schlecht ist. Er fordert deshalb eine qualitätsorientierte Dienstleistungspolitik mit einer Verbes-
serung von Wertschätzung und Qualität, einem neuen Verständnis für Wertschöpfungssysteme
und eine neue Dienstleistungsforschungspolitik.
Ungeachtet der Kritik gilt der Export bei den deutschen Unternehmen noch immer als Güte-
siegel wirtschaftlichen Erfolgs, auch in Krisenzeiten. Mit einer Konzentration des Exportes
auf hochwertige Dienstleistungen, die dem Leitbild der "Dienstleistungsfacharbeit " folgen
(vgl. hierzu Zühlke-Robinet und Bootz, 2010), kann Deutschland seine Position stärken und
möglicherweise auch der a.a. Kritik entgehen. Es ist zu erwarten, dass hochwertige Dienstleis-
tungen auch hoch qualifizierte Arbeit in Deutschland nach sich ziehen. Dienstleistungspro-
duktion auf einem hohen, international wettbewerbsfähigen Niveau ist auch für die Kunden in
Deutschland von hohem Wert. Kurz zusammengefasst: Nachhaltige internationale Wettbe-
werbsfähigkeit ist nur durch das Dreieck "Qualität, Innovation und Professionalisierung" zu
33
erreichen. Bei der Debatte um Dienstleistungsinnovation und Export ist auch die Haltung und
Politik der Europäischen Kommission für Deutschland wichtig. Die EU betrachtet als Bin-
nenmarkt den europäischen Markt und nicht die einzelnen nationalen Märkte. Für die Europä-
ische Union ist die Dienstleistung von Aachen nach Lüttich ebenso eine Binnenmarktdienst-
leistung wie von Aachen nach Köln. Folgt man dieser Sichtweise (und ein Unternehmen, das
am Markt tätig ist, muss dieser Sichtweise folgen) so sind Innovationen für den Dienstleis-
tungsexport unbedingt notwendig. Wichtigstes Merkmal dieser europäischen Politik ist die
Dienstleistungsrichtlinie. Die Richtlinie stellt ein Rechtsinstrument dar, das sektorübergrei-
fend die verschiedensten Wirtschaftszweige einem europaweiten Anpassungs- und Wettbe-
werbsdruck aussetzt. Die Richtlinie zwingt Unternehmen dazu, Europa als gemeinsamen
Dienstleistungsmarkt zu betrachten, wenn sie nicht eigene Märkte verlieren wollen (zu den
arbeits- und sozialrechtlichen Problemen: Lorenz und Wannöfel, 2009).
Auch die anderen europäischen Länder setzen auf den europäischen und internationalen Han-
del mit Dienstleistungen. So war Finnland Federführer im Vorhaben "Innovation Policy Pro-
jects in Services (IPPS)". Dort wurde eine u.a. Mapping Studie durchgeführt (Kuusisto,
2008). In dieser Studie wird ausdrücklich betont, dass der internationale Dienstleistungshan-
del großes Potenzial für Wachstum hat. Dabei erscheint es so, als ob die an der Dienstleis-
tungsentwicklung interessierten Staaten der Europäischen Union mehr Anstrengungen entwi-
ckeln als Deutschland. So stellt Finnland im Rahmen des EPISIS Vorhabens dar, dass es ca.
240 Mio. Euro für Dienstleistungsinnovationen zur Verfügung stellt. Deutschland stellt im
vergleichbaren Zeitraum nur 115 Mio. € zur Verfügung. Diese Mittel sind nicht für Struktur-
politik gedacht, sondern für unternehmensorientierte Innovationen im Dienstleistungssektor!
Globalisierung 2.0 – eine andere Sicht
Auf der Sitzung des "Arbeitskreises Dienstleistungen " der Friedrich-Ebert-Stiftung im März
2010 stellte Boes (2010) das Konzept der Globalisierung 2.0 vor. Mit diesem Konzept ist die
gesamte internationale Wertschöpfung in den Blick geraten. Damit wird die einseitige Export-
sicht überwunden. Export nach dem alten Muster (verpacken und verschicken) funktioniert
nach seiner Ansicht bei Dienstleistungen erst recht nicht. Internationalisierung heißt, sich ein-
zulassen auf wechselseitige Beziehungen. Auf Grund seiner Untersuchungen zu IT-Dienst-
leistungen geht Boes davon aus, dass das „Altes Denken“ – Binnenmarkt vs. Export keine
ausreichende Orientierung mehr bietet. Wenn man eine Nachhaltige Internationalisierung als
politisches Ziel ins Auge fasst, muss die neue Leitorientierung auf eine global vernetzte Welt
ausgerichtet sein. Basis seiner Konzeption der Globalisierung 2.0 ist der Informationsraum,
der zusammen mit den Kommunikationsnetzen die Basis für einen neuen globalen Produk-
tionsraum schafft. Boes konzentriert sich auf Grund seiner Untersuchungserfahrungen auf die
digitalisierbaren Dienstleistungen. Diese Konzentration greift aber wahrscheinlich zu kurz;
denn auch personenbezogene Dienstleistungen (die nicht gleich zu setzen sind mit Interakti-
onsarbeit!) können in der neue Geographie der Wirtschaft agieren. Auch Unternehmen, in
denen der Unternehmenszweck nicht auf wissensintensive Dienstleistungen (wiederum nicht
gleichzusetzen mit Wissensarbeit ) können ihre Dienstleistungen weltweit erbringen. Die Ab-
bildung zeigt Boes Untersuchungen zu einem globalen Geschäftsmodell indischer IT-
Dienstleister. Bei einem Konzern der Gesundheitswirtschaft kann ebenso das Headquarter und
die "Factory" sprich Forschung, Entwicklung, Innovation in Indien beheimatet sein, während
das Face-to-the-Customer also die eigentliche Interaktionsarbeit vor Ort erbracht werden
kann. Ebenso ist es möglich, in bestimmten Fällen die Dienstleistungen zu trennen: ein Teil
wird unmittelbar durch Menschen an Menschen erbracht (z.B. eigentliche Pflege ), andere
Teile werden in einer Form von "virtueller Ambulanz" – erste Gedanken werden hierzu im
Projekt SERVCare (http://www.servcare-projekt.de) dargestellt.
34
Boes definiert als Erfolgsfaktoren
solcher Modelle einer flachen
Welt die Prozessstandardisierung
sowie kollektive Lernschleifen.
Dabei verändert sich das klassi-
sche Exportmodell "verpacken
und verschicken" zu einer Koope-
ration auf Augenhöhe statt “ver-
längerter Werkbank”. Internatio-
nalisierung in der Globalisierung
2.0 heißt, sich einzulassen auf
wechselseitige Beziehungen und Zusammenarbeit und Kommunikation in globalen Teams.
Boes weiß um die Probleme der Zukunftsängste der Beschäftigten und empfiehlt sehr ein-
dringlich, diese Ängste ernst nehmen und bei der Restrukturierung mit den Bürgern und Bür-
gerinnen zusammenzuarbeiten.
Auch vor dem Hintergrund der volkswirtschaftlichen Kritik am deutschen Verhalten, das
Lohnzurückhaltung, Steuersenkungsstrategien für Unternehmen und Innovations-
anstrengungen nutzt, um den deutschen Export zu stärken, muss im Rahmen einer Dienstleis-
tungsinnovationspolitik dem Thema des Dienstleistungsexports und der Internationalisierung
der Dienstleistungen besondere Aufmerksamkeit gewidmet werden. International wettbe-
werbsfähige, qualitativ hohe Dienstleistungen, die eben nicht im Niedriglohnsektor angesie-
delt sind, können auch einen Beitrag zur Stärkung der Binnennachfrage in Deutschland dar-
stellen.
Abbildung 5: : Globales Geschäftsmodell
35
Innovationscluster bilden sich Es kann nicht häufig genug daraufhin gewiesen werden, dass es sich bei den Klassifizierun-
gen, die auf der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung beruhen, um ein Drei-Sektoren-
Modell handelt, bei dem die Dienstleistungswirtschaft eine Restkategorie darstellte. Für Inno-
vationen ist diese Gliederung nicht brauchbar. Innovationen entstehen nicht im Kern etablier-
ter Systeme, sondern am Rand. Innovationen überschreiten Grenzen, die bisher immer akzep-
tiert wurden. Doch die Beharrungskräfte der Systeme sind nicht zu unterschätzen. Das Dienst-
leistungsforschungsprogramm hatte und hat heute noch zu kämpfen, weil es kein Gesund-
heitsforschungsprogramm oder kein Einzelhandelsforschungsprogramm war, sondern Dienst-
leistungsforschung vorantreiben wollte. Ebenso sind die Schwierigkeiten der Umsetzung nicht
zu unterschätzen. Die klassischen Umsetzungswege laufen über Branchen. Der Schritt der
Gründung einer Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft war ein mutiger Schritt, aber es hat
lange gedauert, bis Ver.di eine einheitliche Dienstleistungspolitik formulierte (s. unten). Hier
wird noch viel Arbeit zu leisten sein.
Die Gesundheitswirtschaft in der Dienstleistungsinnovationspoli-tik11
Die Gesundheitswirtschaft12 ist ein klassischer Dienstleistungsbereich, der durch hohe Perso-
nalintensität mit unterschiedlichsten Qualifikationsanforderungen gekennzeichnet ist. Das
Gesundheitswesen gilt insbesondere angesichts der demographischen Entwicklung als eines
der großen Wachstumsfelder in den Industrienationen. Mit den Schlagworten „Gesundheits-
wirtschaft als Zukunftsbranche“, „Gesundheit als Wirtschaftsfaktor“ und „Wachstumsmarkt
Gesundheit“ wird ein Paradigmenwechsel in der Gesundheitswirtschaft umschrieben. Nicht
mehr das Gesundheitswesen als Kostenfaktor oder als medizinisch-pflegerisch orientiertes
System, sondern ein Gesundheitswesen als Zukunftsbranche für eine Gesellschaft, für eine
Wirtschaft, für Patienten Klienten, Kunden und Beschäftigte steht im Vordergrund. Der Sek-
tor präsentiert sich als aussichtsreiche Wirtschaftsbranche, die Chancen für Innovation und
Beschäftigung in sich birgt. Der Gesundheitssektor im weiteren Sinne ist mit 4,2 Millionen
Beschäftigten und ca. 240 Mrd. Euro Umsatz eine der größten Branchen in der bundes-
deutschen Wirtschaft. In der Vergangenheit konnte die Branche sowohl auf ein stetiges Um-
satz- und Beschäftigungswachstum zurückblicken. Das Institut für Arbeit und Technik (heute
für Arbeit und Qualifikation ) geht davon aus, dass auch für die Zukunft aufgrund der demo-
graphischen Entwicklung, der damit zusammenhängenden Nachfrage nach neuen Dienstleis-
tungen sowie aufgrund der Weiterentwicklung des Angebotes im komplementären Bereich
bundesweit wie weltweit von einem weiteren kräftigen Wachstum der Gesundheitswirtschaft
erwartet werden kann.
11 Der Text stützt sich auf eine Zwischenbilanzierung von Martin W. Schmied (2004); auf ein unveröffentlichtes
Memo von Bertholt Schuckliess, Klaus Zühlke-Robinet, Eckart Hüttemann, Barbara Reddig, Gerhard Ernst:
Gesundheitsregion der Zukunft, Erste Hinweise aus Sicht der Dienstleistungsforschung (2007) und auf Hilbert
und Evans, 2009
12 Kritisch zu dem Begriff der Gesundheitswirtschaft und der damit möglichen Probleme der Leistungen der
Daseinsvorsorge: Groth und Wicht (2009)
36
Dueck (2009) schreibt sogar: "Das Gesundheitssystem steht vor einer Neuerfindung seiner
selbst." Er weist dann auf die Problematik der "Grundgesundheit" der "Zuzahlungsgesund-
heit" hin. Dabei wandelt sich die
Haltung des "Konsumenten". Er
richtet seine Bedürfnisse mehr
auf eine "proaktive Gesundheit,
auf körperliche Fitness und
Schönheit" (so Dueck). Als drit-
te Komponente beschreibt Du-
eck dann den Einsatz von Leis-
tungspräparaten und Neuroen-
hancement und "'Pflichtdoping-
'Standards für höhere Arbeits-
leistungen.
Von der Angebotsseite aus gese-
hen, versteht man unter dem
Begriff Gesundheitsdienst-
leistungen im engeren Sinne
man eine große Ansammlung
von sozialen und medizinischen
Dienstleistungen. Es handelt sich
dabei um Krankenhaus-
leistungen, ambulante medi-
zinische und zahn-medizinische
Versorgung, Rehabilitations-
und Altenpflegeleistungen sowie Krankengymnastik und alternative medizinische Leistungen.
Beratungs- und Vorsorgeleistungen können ebenfalls zu diesem Leistungsbereich hinzu-
gezählt werden. In jüngster Zeit ist zudem ein verstärkter Trend zu Angeboten an kosmeti-
schen Gesundheitsdienstleistungen und so genannten “Wellness- Dienstleistungen“ erkennbar
(zu diesem Bereich zählen z.B. Schönheit, Fitness und Ernährung). Die Gesundheitsdienst-
leistungen im engeren Sinne bilden aber nur einen inneren Kern. Um diesen Kern ranken sich
in Form von Wertschöpfungsnetzwerken die Administration, vielfach auch inzwischen
Dienstleistungen zur Kundenbindung, Zulieferunternehmen unterschiedlichster Art, Medizin-
technik und Pharmahersteller als auch die Ernährungs-, Freizeit- und Wohnwirtschaft. Aus
der Perspektive der Prävention und der betrieblichen Gesundheitsförderung (Duecks proakti-
ver Gesundheit) treffen Sport-, Fitness- und Gesundheitsbranche aufeinander und reichen in
ihrer Wirkung in andere Branchen der Volkswirtschaft hinein. Die heutige Gesundheitswirt-
schaft übersteigt daher den durch das SGB V vorgesehenen integrierten Versorgungsansatz.
Erst das Zusammenspiel dieser unterschiedlichen Bereiche entfaltet insgesamt eine Dynamik,
die zu erheblichem Wohlstand und Beschäftigung führt, das deutlich über die mit der Grund-
versorgung zu erzielenden Effekte hinausgehen kann. Erst eine solche ganzheitliche Betrach-
tung schafft wirtschaftlich tragfähige Grundlagen für Gesundheitsdienstleistungen der Zu-
kunft. Dabei ist in der Gesundheitswirtschaft eine Verschiebung in der Perspektive erkennbar,
die die Dienstleistungsinnovation in den Mittelpunkt stellt. Die Innovationen werden im Ge-
sundheitssektor über die Dienstleistungen vorangetrieben, die durch technische Entwicklun-
gen Unterstützung und Verbreitung finden. Die Entwicklung und Verbreitung von Innovatio-
nen in der Gesundheitswirtschaft bedarf in Zukunft einer engen, gleichberechtigten Koopera-
tion zwischen der medizinischen, sozialwissenschaftlichen und betriebswirtschaftlichen For-
schung und den verschiedenen Organisationen und Betrieben in dem Feld. Komplexe Koope-
rationsnetzwerke bilden eine wesentliche Grundlage für erfolgreiche Innovationen in der Ge-
Abbildung 6: Netzwerk Gesundheitswirtschaft
37
sundheitswirtschaft.
Finanzdienstleistungen: ein undankbares Innovationsfeld
Finanzdienstleistungen sind nicht nur ein bedeutender Dienstleistungssektor, sondern sie be-
fähigen mit ihren Dienstleistungen auch andere zu neuen Innovationen. Gerade im Dienst-
leistungssektor sind hier neue Ideen gefordert. Dabei geht es z.B. um die Frage, ob mit Optio-
nen auf Dienstleistungen Preisprobleme in den Griff zu bekommen sind (Spinler, 2003) oder
ob bestimmte Probleme bei der Versorgung von Elektroautos mit Leasingkonzepten zu lösen
sind. Die Wissenschaft hat die Bedeutung der Finanzdienstleistungen in ihrer Doppelrolle
früh erkannt. Auf der Bilanzierungstagung 'Dienstleistung der Zukunft' im Jahr 1995 wurde
'Forschung zu Finanzdienstleistungen' zum ersten Mal thematisiert. Die Diskussion führte
dazu, dass in der Konzeptionsphase der Initiative der Arbeitskreis 10 'Kommunikations- und
Finanzdienste' gegründet wurde (R. Goecke; C. Huber, P. Kreilkamp, 1999; Bartmann, 1999).
Finanzdienstleistungen wurden insbesondere unter dem Druck der prognostizierten Beschäfti-
gungsprobleme im Filialbereich als Handlungsfeld flüchtiger Dienstleistungen erkannt. Fach-
leute gingen davon aus, dass in den bankorientierten Finanzdienstleistungen der Höhepunkt
der Beschäftigung erreicht ist. Die (nicht finanzwirtschaftlich orientierte) Forschung zeigte
erste Erfolge und die Beteiligten stellten mit Unterstützung der Gewerkschaft Ver.Di ein For-
schungskonzept basierend auf den Erfahrungen des Schwerpunktes auf. Dies war zum ersten
Mal, dass Forschungs- und Innovationspolitik "von unten" gemeinsam von Forschung, Ge-
werkschaft und Wirtschaft konzipiert wurde. Dieses Konzept konnte aber nicht realisiert wer-
den. Im Zuge der Abstimmungen des neuen Forschungskonzeptes „Innovationen mit Dienst-
leistungen“ wurde der Bereich "Finanzdienstleistungen" völlig gestrichen. Angesichts der
Bedeutung der Finanzdienstleistungen für moderne Volkswirtschaften ein verhängnisvoller
Beschluss.
Hybride Wertschöpfung als Innovationsfeld13
Betrachtet man Dienstleistungen und Ver-
arbeitendes Gewerbe nur unter dem Ge-
sichtspunkt des Drei-Sektoren-Modells
kann man leicht zu dem Fehlschluss der
De-Industrialisierung kommen. Die Sekto-
ren Dienstleistungen“ und „Verarbeitendes
Gewerbe“ gegeneinander auszuspielen ist
die Konsequenz eines solchen Denkens.
Schon Volkholz und Lauenstein wiesen
1996 daraufhin, dass moderne und erfolg-
reiche Volkswirtschaften kein „Entweder-
Oder-Denken“ besitzen, sondern sich kon-
sequent an den Problemen des Kunden
orientieren. Letztendlich spielt es für ein
Unternehmen, eine Volkswirtschaft oder
eine Gesellschaft keine Rolle, welche Po-
sition sie in einem statistischen Modell
belegt, sondern welchen Erfolg sie in der
Realität haben, kurz ob sie in der Realität
überleben können.
13 Ausführlich zu den Ergebnissen des Förderschwerpunktes: Korte et al. 2010
Abbildung 7: Dienstleistungen und Verarbeitendes Gewerbe
38
Die komplexen Verbindungen zwischen Dienstleistungen und Verarbeitendem Gewerbe un-
tersuchten Klodt, Maurer und Schimmelpfennig (1996), um zu klären, ob eher die Externali-
sierungshypothese (Industrieunternehmen beziehen ehemals selbsterstellte Leistungen immer
mehr von außen (Marketing, Rechtsberatung, Finanzplanung. An den Leistungen selbst ändert
sich nichts) oder die Innovationshypothese (Die zunehmend differenzierte Nachfrage und die
Verkürzung der Produktlebenszeiten zwingen neue Dienstleistungen als Vorprodukte einzu-
setzen. Das Schlagwort ist 'Customizing', d.h. die maßgeschneiderte Anpassung der Produkt-
ausstattung an die Kundenwünsche) zutrifft. Sollte die Innovationshypothese zutreffen, erwar-
ten die Autoren völlig neue Qualifikationsanforderungen, eine nachhaltige Veränderung der
Arbeitsinhalte und die Entwertung herkömmlicher Qualifikationen. Zur Prüfung der Hypo-
these analysierten sie die Vorleistungen in den Jahren 1978 und 1990 an. Die Ergebnisse sind
in der Abbildung dargestellt. Zunächst einmal stellten sie fest, dass in diesen Jahren der sekt-
orale Strukturwandel zum tertiären Sektor nahezu vollständig auf Veränderungen der Vorleis-
tungsnachfrage zurückgeführt werden kann, d.h. die Endnachfrage blieb praktisch unverän-
dert, das Wachstum geht auf b2b-Dienstleistungen zurück. Mit einem Anstieg der Vorleistun-
gen von 10,7 auf 14,3 hat eine Intensivierung der Arbeitsteilung innerhalb des tertiären Sek-
tors stattgefunden. Die Vorleistungsbezüge aus dem Dienstleistungssektor haben Vor-
leistungen aus dem sekundären Sektor verdrängt. Ihr Anstieg mit ca. 2% ist aber nicht so
hoch, dass die Externalisierungshypothese als ausschliessliche Hypothese anzunehmen ist.
Die Autoren kommen zu dem Schluss: 'Vor diesem Hintergrund kann der Innovationshypo-
these ein höherer Erklärungsgehalt für den sektoralen Strukturwandel zugesprochen werden.
Der Wandel zur Dienstleistungsgesellschaft ist somit kein statistisches Artefakt, .., sondern
stellt ein reales Phänomen dar, das eine hohe Flexibilität und Anpassungsfähigkeit der Ar-
beitskräfte in der ..Wirtschaft erfordert.' Eickelpasch stellte 2011 (S.29) eine ähnliche Analyse
vor. Danach gingen 59,0 Prozent der Dienstleistungen in die Endnachfrage (Konsum (49,7 Pro-
zent; Investition 2,4 Prozent; Export 6,9 Prozent) 41,0 Prozent der Dienstleistungen als Vorleis-
tung in die Wirtschaft ein (nicht in die „Produktion“ wie Eickelpasch etwas missverständlich for-
muliert). 26,5 Prozent der Dienstleistungen gingen wieder an Dienstleistungsunternehmen. Das ist
eigentlich nicht verwunderlich; denn auch ein Luftverkehrsunternehmen benötigt Dienstleistun-
gen. 13,9 Prozent der Dienstleistungen sind Vorleistungen für das Produzierende Gewerbe. Inner-
halb des Verarbeitenden Gewerbes sind die größten Abnehmer der Fahrzeugbau, die Elektrotech-
nik, der Maschinenbau, die chemische Industrie und die Metallerzeugung (zusammen 7,2 Pro-
zent).
Die Orientierung an kundenspezifischen Problemlösungen, bei der Sach- und Dienstleistung
untrennbar miteinander verschmolzen werden, führt zu neuen Leistungsangeboten und be-
dingt neue Prozesse der Leistungsentwicklung und -erstellung. Die damit verschwimmenden
Grenzen zwischen Produkten und Dienstleistungen rechtfertigen über das Konzept des „hyb-
riden Produktes“ hinaus das Konzept der „hybriden Wertschöpfung “. Unter hybrider Wert-
schöpfung wird der Gedanke der Bündelung von Sach- und Dienstleistungsgut verstanden.
Möslein und Kölling (2007) verweisen auf Porter (1985, S. 425): "Bundling is selling separa-
ble products or services to buyers as a package, or ‘bundle‘. ". Das Konzept der hybriden
Wertschöpfung sehen sie als einen Spezialfall der Dienstleistungsbündelung, nämlich die
Bündelung von materiellem Produkt und Dienstleistungsprodukt. Sie gehen dann aber über
diesen Spezialfall hinaus und stellen diesem Konzept das Konzept der interaktiven Wert-
schöpfung (Reichwald und Piller, 2006) an die Seite. "Bei der interaktiven Wertschöpfung
handelt es sich um eine bewusste, arbeitsteilige Zusammenarbeit zwischen Anbieterunter-
nehmen und Kunden im Sinne eines sozialen Austauschprozesses. " (Reichwald und Piller,
a.a.O., S.41). Nach Ansicht von Möslein und Kölling liegt das Innovationspotential aus wett-
bewerbsstrategischer Sicht gerade in der Vernetzung, zum einen von Leistungen (Leistungs-
bündelung, hybride Wertschöpfung) aber auch in der Vernetzung der Akteure (Kompetenz-
bündelung, Einbindung der Kunden). Möslein und Kölling sind der Ansicht, dass die hybride
39
und interaktive Wertschöpfung beide auf ihre Weise jeweils klassische Organisationsstruktu-
ren und -prozesse herausfordern und neue Anforderungen stellen. Statt des technischen Sys-
tems oder der Dienstleistungsproduktion wird nun die produktive Nutzung des hybriden Pro-
duktes zum Maßstab für die Leistungsqualität. Teilweise verschiebt sich der Leistungsgegen-
stand aber noch weiter, wenn Anbieter Verantwortung für die Ergebnisse der Nutzung über-
nehmen und damit auch Teile der Geschäftsprozesse des Kunden an den Anbieter übergehen.
Mit dieser Ausrichtung auf Nutzung und Nutzen geht in der Regel auch ein Wandel der Wirt-
schaftlichkeitsbeurteilung einher – vom traditionellen Investitionskalkül hin zu einem Le-
benszykluskostenkalkül: Statt einmaliger Anschaffungsausgaben stehen die nutzungs- oder
nutzenabhängigen Kosten über den gesamten Lebenszyklus im Mittelpunkt.
Lay, Biege, Buschak und Jäger (2011) untersuchen, wer im Rahmen der Entwicklung von
Dienstleistungen in der Industrie verantwortlich ist. In den meisten Fällen wurde die Ge-
schäftsführung benannt, aber – so die Autoren – nicht, weil sie besonders dazu befähigt ist,
sondern weil keine andere organisatorische Einheit von Kapazität oder Kompetenz her geeig-
net ist. Interessant ist, dass Betriebe, in den die Geschäftsführung für die Dienstleistungsent-
wicklung verantwortlich ist, 16% ihres Umsatzes mit Dienstleistungen erzielen; vergleichbar
mit Betrieben, in denen Forschung und Entwicklung verantwortlich ist. Den höchsten Anteil
am Umsatz erzielen Dienstleistungen in Industriebetrieben, wenn der Kundenservice verant-
wortlich ist (22%). Diese Untersuchung zeigt deutlich, dass der Weg zu einer hybriden Wert-
schöpfung noch weit ist.
Die Arbeit von Lay, Biege, Buschak und Jäger deutet schon an, dass die hybride Wert-
schöpfung auch andere Organisationsstrukturen erfordert. So berichtete Detlev Ruland (per-
sonal communication, 2003) im Rahmen der Abschlussveranstaltung zum Computerunter-
stützten Service Engineering (CASET) am Institut für Wirtschaftsinformatik über einige
wichtige organisatori-
sche Punkte bei der
Entwicklung zu einem
Anbieter von hybriden
Dienstleistungen (er
benutzte diesen Begriff
aber nicht). Drei auf-
einander aufbauende
Klassen der Integration
von Produkt und Service
werden von Ruland dif-
ferenziert. In der ersten
Klassen werden ein-
fache, produktbezogene
Services angeboten
(Beispiel: Software mit
entsprechendem Trai-
ning/ Helpdesk/ Remote
Problem Solving/etc).,
in der zweiten Klasse
werden leistungssteigernde Services angeboten, dies sind integrierte, produktfokussierte Lö-
sungen (Bereich Instandhaltung Flugzeugmotoren: Laufzeitgarantie für Motoren) und in der
3. Klasse werden prozessoptimierende Services angeboten, das heißt maßgeschneiderte Lö-
sungen geschäftlicher Probleme (Beispiel: Hersteller übernimmt vollständigen Betrieb plus
Planung/Design/-Erweiterung eines Mobilfunknetzes, die eigentliche hybride Wertschöp-
Abbildung 8: Hybride Wertschöpfung und Organisation
40
fung). Ein Wechsel in eine höhere Serviceklasse erfordert grundlegende Änderungen in der
Organisation des Unternehmens, in den Prozessen und bei den erforderlichen technischen und
personellen Ressourcen. Dabei muss immer wieder deutlich sein, dass Unternehmenserfolg
in jeder Klasse möglich ist – nicht in jedem Fall ist die höhere die für das Unternehmen
bessere Klasse!! Auf der ersten Stufe sind die Produktkenntnisse entscheidend. Die Wahr-
scheinlichkeit von Konflikten zwischen Produkt und Service ist gering, da die Produktver-
antwortung vorrangig ist. Auf der zweiten Stufe verknüpft ein (Produkt)Verantwortlicher
zwei Bereiche. Es gibt aber schon unterschiedliche Kulturen, Anreize und Leistungsmessgrö-
ßen. Der Fokus liegt aber weiterhin auf der Produktlinie. Auf der dritten Stufe erfolgt die Ko-
ordination über die unterschiedlichen Vertriebs- und Marketingabteilungen. Das Produktun-
ternehmen ist ein "Anbieter". Es gibt voneinander unabhängige Kulturen, Anreize und Leis-
tungsmessgrößen. Die Verantwortung hat von der Produktverantwortung zur Servicever-
antwortung gewechselt.
Spath und Demuss (2003) nutzen – abweichend von Ruland - bei ihren Überlegungen ein
"Reifemodell für industrielle Dienstleistungen", sagen aber nicht explizit, ob diesem Rei-
femodell ein entsprechender Entwicklungsfortschritt vorliegt, oder ob ähnlich wie bei Ruland
auf jeder Stufe "Halt" gemacht werden kann. Sie beschreiben dabei vier Stufen der organisa-
torischen Fähigkeiten:
Service als Zusatzleistung
Service als Betreuung
Service als Beratung
Service als Leistungsgarantie und
Service als Ergebnisgarantie.
Sie fordern eine Reihe von organisatorischen Fähigkeiten in den Unternehmen, bevor eine
weitere Reifestufe erreicht werden kann. Saccani (2013) wenden Reifemodelle für die Dienst-
leistungsentwicklung in Unternehmen an. Ihre „maturity models“ können als gestufte Heran-
gehensweise zur einschätzung der Fähigkeiten einer Firma in bestimmten Managementberei-
chen gesehen werden. Sie unterscheiden dabei fünf Phasen. In der ersten herrscht ein gewisses
Chaos, in der zweiten ist zwar kein tieferes Verständnis für die Dienstleistungsentwicklung
vorhanden, aber ein gewisses Erfahrungswissen gleicht den Mangel aus. In der dritten Phase
werden Projekte an Hand dokumentierter und erprobter Unterlagen durchgeführt, in der vier-
ten werden spezifische Kompetenzen und Best Practis Erfahrungen zusätzlich eingesetzt. In
der letzten Phase ist das Unternehmen im Stande, einen kontinuierlichen Verbesserungspro-
zess der Dienstleistungsentwicklung durchzuführen. Insgesamt gesehen geht Saccani davon
aus, dass solche Reifegradmodelle die Dienstleistungsentwicklung in Unternehmen unterstüt-
zen kann. Damit verknüpft er dann auch das Service Engineering mit der hybriden Wert-
schöpfung.
*Personenbezogene Dienstleistungen als Innovationsfeld
Die Betrachtung Personenbezogener Dienstleistung als eigenständiges Forschungs- und Ge-
staltungsfeld ist recht jung. So wurden sie im Dienstleistungsforschungsprogramm des BMBF
zunächst nur in Verbindung mit volkswirtschaftlichen Sektoren gesehen, insbesondere im
Rahmen des Sozial- und Gesundheitswesens (z.B. Badura und Hungeling, 1997). Meifort
(2002) definiert Personenbezogene Dienstleistungen ebenso von den volkswirtschaftlichen
Sektoren her. Sie sieht im Bedürfnis nach Gesundheit und Wellness, im sozialstrukturellen
Wandel, der demografischen Entwicklung und in der Individualisierung Triebkräfte, die die
Nachfrage nach Personenbezogenen Dienstleistungen steigern und die Reaktion von Anbie-
tern, sich durch Leistungsdiversifizierung und neue Geschäftsmodelle weitere Wachstums-
41
möglichkeiten zu erschließen. Da die Statistik sich an Branchen orientiert, ist eine quantitative
Betrachtung Personenbezogener Dienstleistungen schwierig. Allein im Gesundheitswesen
arbeiten 4,4 Millionen Menschen, viermal so viele wie in der Automobilindustrie. Die Zahl
der Erzieher_innen ist zwischen 1993 und 2010 von ca. 400.000 auf knapp 550.000 gestiegen.
Für die die Bereiche Pflege, Kinderbetreuung und hauswirtschaftliche Dienstleistungen wird
ein Wachstumsimpuls von etwa einem Prozent des Bruttoinlandsprodukts und 667.000 zu-
sätzliche Arbeitsplätze bis 2025 erwartet
Erst durch das Konzept der Interaktionsarbeit (zusammenfassend Ernst und Kopp, 2010) wur-
de deutlich, dass es notwendig ist, Personenbezogene Dienstleistungen - insbesondere das den
Arbeitsaufgaben zu Grunde liegende Leistungskonzept - als Voraussetzungen der Interakti-
onsarbeit (Glaser, 2004, S. 252) zu untersuchen. Dies ließ allerdings einige Jahre – insbeson-
dere wegen konzeptueller Probleme – auf sich warten. Zum ersten Mal wurden Personenbe-
zogene Dienstleistungen ausführlich in der Vordringlichen Fördermassnahme “Personen-
bezogene Dienstleistungen in der Gesundheitswirtschaft – Anwendungsfeld seltene Erkran-
kungen” (Kurzfassung: ALS-Projekt) untersucht und Gestaltungsregeln entwickelt (Gesamt-
darstellung: Bieber und Geiger, 2014).
Im Gegensatz zu manchen Definitionen (z.B. Bieber und Geiger, 2014 S. 11f) wird unter
“personenbezogen” nicht ein allgemeines Merkmal der Dienstleistungen oder der Dienstleis-
tungserbringung verstanden, sondern ein Merkmal eines Dienstleistungsprozesses, der auf
eine Veränderung von Menschen gerichtet ist (vgl. die Definition “Wissensintensiver Dienst-
leistungen”, Ernst et al. 2016, S.1). Mit der Ausrichtung auf das Ziel des Dienstleistungspro-
zesses „Veränderung am und mit Menschen“ ist kein Konzept der “Personennähe” notwendig,
wie es auf der Tagung des FhG-IAO “Innovationspotenziale Personennaher Dienstleistungen”
recht losgelöst von einer Einbindung in wissenschaftliche Konzeptbildung eingeführt wurde
(https://www.iao.fraunhofer.de/lang-de/veranstaltungen/eventdetail/329/-
/innovationspotenziale-personennaher-dienstleistungen.html). Ähnlich wie Montagearbeit
zum Produktionsprozess oder Wissensarbeit zu den Wissensintensiven Dienstleistungen gehö-
ren, gehört die Interaktionsarbeit zu den Personenbezogenen Dienstleistungen. Personenbezo-
gene Dienstleistungen als Prozessgestaltung im Umgang mit Menschen stehen vor der Beson-
derheit, dass das “Subjekt Mensch” gleichzeitig “Objekt” der Dienstleistungen ist und dies in
einem kapitalistischen System. Damit wird die Interaktionsarbeit in den Personenbezogenen
Dienstleistungen zur Erwerbsarbeit und die “Rahmenbedingungen der Erwerbsarbeit, das
heißt der Verkauf der Arbeitskraft als Ware und die Arbeitsmarktsituation” (Hacker, 2009, S.
68) sind dominant wirksam. Damit unterliegen die Personenbezogenen Dienstleistungen be-
stimmten historisch bedingten Planungsprozessen, die sich in Arbeitsaufgaben und Arbeitsbe-
dingungen niederschlagen (vgl. Hacker, 2006, S. 20; Bieber und Geiger,2014, S. 331 ff).
Die Besonderheit der Entwicklung der Personenbezogenen Dienstleistungen ist, dass der un-
mittelbare persönliche Kontakt, der vor 50 Jahren das kennzeichnende Merkmal war, sich
heute zu einem Kontinuum von unmittelbarem persönlichen Kontakt bis zu einem technisch-
vermittelten, ja “technisch-ersetzten” Kontakt entwickelt hat (Bienzeisler und Klemisch,
2011, S. 12). Fundierte und allgemein akzeptierte Gestaltungskriterien für diese Entwicklung
stehen nicht zur Verfügung.
*Dynamische kooperative Dienstleistungssysteme
Personenbezogene Dienstleistungen werden gewöhnlich nur in der unmittelbar sichtbaren
Konstellation der Interaktionspartner (Fokalpartner) gesehen, also Trainer zu Trainee im Fit-
nessstudio; Lehrer zu Schüler; Erzieher zu Kind. Vargo, Lusch, Horbel und Wieland (2011,
S.137) weisen darauf hin, dass die Service Dominant Logic es erfordert, das gesamte Service
42
Ecosystem zu betrachten, also über die beiden Fokalpartner hinauszugehen, da die Fokalpart-
ner auf die Ressourcen weiterer Akteure zugreifen. Selbst diese Betrachtung ist für die syste-
matische Entwicklung Personenbezogener Dienstleistungen zu kurz und führt in die Irre, da
sie die zeitliche Dynamik nicht berücksichtigt.
Kooperative Dienstleistungssysteme (Bienzeisler, 2011; S. 32 ff) sind dadurch charakterisiert,
dass
Sach- und Dienstleistungsbestandteile sich vermischen
die Dienstleistungen in privater und öffentlicher Trägerschaft erbracht werden,
die Dienstleistungen z.T. selbst, z.T. in Erwerbsarbeit, z.T. ohne wirtschaftliche Inte-
ressen (z.B. durch Angehörige) geleistet werden,
polyzentrische Informations- und Kommunikationsflüsse und Entscheidungszentren
entstehen, die z.T. nicht zurückgekoppelt sind
technische Unterstützung unabdingbar ist. Dadurch werden wechselseitige Informati-
onsasymetrien zu einem Treiber und eine Form der Selbstorganisation entsteht.
Die Darstellung als kooperatives System erscheint für Personenbezogene Dienstleistungen
zunächst einmal ungewöhnlich, da hier – mit Blick auf die Fokalpartner - häufig von Informa-
tionsasymetrien und Hierarchien ausgegangen wird (z.B. Lehrer-Schüler; Arzt-Patient). Auf
Grund der eigenen Spezialisierung und der steigenden Komplexität der Personenbezogenen
Dienstleistung sind diese Fokalpartner aber nicht mehr im Stande, das gesamte System zu
kontrollieren. Zur gleichen Zeit haben sich mit den Möglichkeiten der informationstechni-
schen Vernetzung die Informationsmonopole aufgelöst. Verändert haben sich auch die Bezie-
hungen zwischen den Dienstleistungspartnern (Mayer, 2014). War es früher so, dass z.B. Pa-
tienten vereinzelt waren, so konnte im ALS-Projekt beobachtet werden, dass Patientengrup-
pen mit bestimmten Werteorientierungen gemeinsam über ihre Krankheit, deren Verlauf und
die Qualität des Versorgungsprozesses auf Internetforen „sprechen“ (Klemisch, Gaudig, Bi-
enzeisler, 2011). Ob und inwieweit sich der Gedanke der Open Innovation und der „Ideen-
schmiede“ hier sich etablieren kann, ist ein Diskussionspunkt (Hartmann, Prinz, Leimeister,
2014, S. 286)
Neben dem Merkmal der Kooperation ist das zweite Merkmal die zeitliche Dynamik. Der
Verlauf der ALS-Erkrankung erfordert in bestimmten Phasen andere Partner, aber auch bei
gleichbleibenden Partnern andere Verhaltensweisen. Dabei geht es nicht nur um medizinisch-
orientierte Teildienstleistungen, oder die Bereitstellung notwendiger Technik mit der damit
verbundenen “Schulung” der Patienten (z.B. bei der Augensteuerung zur Nutzung technischer
Kooperationsmöglichkeiten), sondern auch um die ”Gefühlsarbeit” der Angehörigen, die im
gesamten System eine wichtige Rolle übernehmen.
Die kooperativen Dienstleistungssysteme sind zielgerichtet und zeitkritisch. Sie können des-
halb nur sehr eingeschränkt mit den “social media” oder anderen Netzwerken (z.B. Wikipe-
dia) verglichen werden. Die Kommunikationsanalysen machen sehr deutlich, dass neben den
technischen Hilfsmitteln die entsprechenden organisationalen Voraussetzungen geschaffen
werden müssen (Bienzeisler und Klemisch, 2011, S. 18ff). Vernetzungsaufgaben benötigen
Zeit. Nicht nur der eigentliche Austausch zwischen “ALS-Ambulanz” und niedergelassenem
Therapeuten ist zeitaufwendig, sondern auch die Kontaktherstellung. Es ist schon erstaunlich,
dass in der Praxis die Kontaktherstellung häufig über die Patienten geschehen muss. Schnitt-
stellenprobleme und Informationsverlust sind leider noch immer Alltag und selbst wenn indi-
43
viduelle Anstrengungen zur Überwindung gemacht werden, werden diese durch übergeordne-
te Regulierungen und Strukturen häufig zunichtegemacht
Dank der Untersuchungen im “ALS-Projekt” liegen viele Erfahrungen aus der Gesundheits-
wirtschaft vor. Diese Ergebnisse sind auf andere Personenbezogene Dienstleistungen zu über-
tragen, z.B. die Betreuung von Kindern in einer Kindertagesstätte (Tabelle 1: Der Umfang des
Dienstleistungssystems „Betreuung von Kindern"). Wie üblich finden nur die “Fokalperso-
nen” ErzieherIn und Kind Aufmerksamkeit. Aber auch hier handelt es sich um ein dynami-
sches, kooperatives Dienstleistungssystem, an dem neben der Kindertagesstätte die Versor-
gung (Essen etc.), die Verwaltung (Personal), die Eltern (als “nicht-erwerbstätige Systemele-
mente”) und auch regionale Partner vertreten sind. Dieses System verändert sich in der Zeit:
das Angebot der Gesamtdienstleistung, die Partner (z.B. die Schule spielt erst am Ende eine
größere Rolle) und ihre Aufgaben wandeln sich mit dem Älterwerden der Kinder. Erst wenn
es gelingt, diese Personenbezogene Dienstleistung als Gesamtsystem zu gestalten sind Fort-
schritte in der Dienstleistungsqualität und der Interaktionsarbeit zu erwarten.
*Digitalisierung und Automatisierung
Entgegen landläufigem Verständnis war nicht das Verarbeitende Gewerbe der Vorreiter bei
der Digitalisierung, sondern die Personenbezogenen und Wissensintensiven Dienstleistungen.
Vorreiter war das Verarbeitende Gewerbe bei der Automatisierung, beim Einsatz von Robo-
tern. Vor ca. 35 Jahren begann mit dem Einsatz der Computer und der Datenbanken die Digi-
talisierung der Wissensintensiven Dienstleistungen (beispielhaft: Gottschall, Mickler, Neubert
1985) und fast gleichzeitig der Einsatz von Robotern zur Automatisierung in der Produktion
(beispielhaft: SOFI und Universität Bremen, 1981). Im Kern der Personenbezogenen Dienst-
leistungen begann die Digitalisierung vor ca. 15 Jahren mit den Ansätzen in der Telemedizin
und in der Fitnessbranche. Der Einsatz von Robotern in den Personenbezogenen Dienstleis-
tungen steht noch am Anfang und die Aussage von Ernst und Skarpelis (2001), die Roboter-
entwicklung in den Dienstleistungen sei unterbelichtet, trifft heute für die Personenbezogenen
Dienstleistungen noch immer zu.
Gerade bei Personenbezogenen Dienstleistungen mit der komplexen Rolle des „Customers“14
scheint die Frage nach Entscheidungskriterien, wo digitalisiert und automatisiert wird, beson-
ders wichtig. Allerdings entspricht der Stand der Entwicklungen nicht dieser Anforderung. So
gibt es bei der Entwicklung des IT-gestützten Betreuungsprogramms zur Förderung des Ge-
sundheitsverhaltens „“Personal Health Manager” (Leimeister, Krcmar, Halle und Möslein,
2010) kunden-, unternehmens- und technikbezogene Entscheidungen. Kundenkriterien hingen
mit der Sichtbarkeit und Qualität der Dienstleistungen zusammen, unternehmensbezogene mit
der Differenzierung am Markt und der Skaleneffekte hinsichtlich Mengen und Ressourcen
und die technikbezogenen mit den technischen Möglichkeiten hinsichtlich Flexibilität und
Komplexität. Es gab keine Kriteriengruppe, die sich mit dem Ziel einer Personenbezogenen
Dienstleistung, nämlich der Veränderung von Verhalten und Erleben des Kunden, befasste.
Hier wäre eine psychologische Analyse zur Verbesserung der Entscheidungen zur Automati-
sierung Personenbezogener Dienstleistungen sicher noch hilfreich.
Bieber (2015) stellt die Interaktion bei der Arbeit in den Vordergrund. Digitalisierung und
Automatisierung sind als Unterstützung für diesen Interaktionsprozess zu nutzen. Damit soll
ermöglicht werden, sich auf den interaktiv-emotionalen Kern der Arbeit zu konzentrieren.
Durch den Technikeinsatz soll der „Face-to-Face-Kontakt“ mehr Zeit erhalten. Biebers Ar-
14 Hier wird der Begriff „Customer“ verwendet. Damit soll verdeutlicht werden, dass es sich im folgenden nicht
um eine Klasse wie Kunde, Patient, Klient oder eine Person wie Kunde oder Kundin handelt, sondern um den
Partner im Dienstleistungsprozess.
44
gumentation liegt ein Konzept einer idealen Arbeitsaufgabe „Interaktion“ zu Grunde. Aus
arbeitswissenschaftlicher Sicht sollte dieses Konzept aber hinterfragt werden. Ist die Konzent-
ration auf einen bestimmten Aspekt wirklich lernförderlich, ist er wirklich beeinträchtigungs-
frei oder werden damit nicht entlastende Momente einer Tätigkeit eliminiert und Belastungs-
wechsel unmöglich gemacht? Hier lohnt sich eine weitere Diskussion. Als weiteres Kriterium
nennt Bieber (2015) die Anschlussfähigkeit, die sich in einem Anschluss an die bestehenden
Arbeitsprozesse, an die mentalen und qualifikatorischen Voraussetzungen der Beschäftigten
und an die bestehenden technischen Anwendungssystematiken realisiert. Bieber verwendet in
diesem Zusammenhang nicht im Sinne einer Innovationsfähigkeit eines Systems, sondern
eher im Sinne von Beschränkungen eines Systems, Neues aufzunehmen. Aber auch in diesem
Sinne ist das Konzept der Anschlussfähigkeit sicher hilfreich, um Problembereiche bei der
Realisierung neuer Geschäftsmodelle zu erkennen. Ob aber auf Grund mangelnder Anschluss-
fähigkeit eine neue Personenbezogene Dienstleistung aufgegeben werden soll (mit allen Kon-
sequenzen für Unternehmen und Beschäftigung) ist fraglich (vgl. Meyer, 2014 hinsichtlich
des notwendigen Rollenwandels).
In der Vordringlichen Fördermassnahme „Personenbezogene Dienstleistungen…“ war eine
andere Intention vorhanden, die Digitalisierung bei personengebunden Dienstleistungen zu
nutzen. Hier ging es besonders darum, die Interaktion der Teilsysteme im kooperativen
Dienstleistungssystem besser zu vernetzen („Die Steuerung der ‚wilden Vernetzung‘ in ko-
operativen Dienstleistungssystemen“ wie Bieber 2014, S. 324 es beschrieb). Dazu diente die
Entwicklung der Plattform “Ambulanzpartner” (heute: Ambulanzpartner.de; Meyer, Bienzeis-
ler und Klinger, 2014). Ambulanzpartner bietet allen Akteuren des dynamischen, kooperati-
ven Dienstleistungssystems zu Personenbezogenen Dienstleistungen ein Ernährungs-, Hilfs-
und Heilmittelmanagement. Es ist eine elektronische Versorgungsakte, die die Partner des
Dienstleistungssystems miteinander vernetzt. Es wird von einem Koordinator unterstützt. Hin-
ter dem Konzept stehen drei Organisationen: die Charité (Entwicklung und Da-
ten(schutz)management; die AKzon (Ausgründung der Charité und verantwortlich für die
“Produktion”) und die Ambulanzpartner GmbH (Patientenmanagement). Das AmbulanzPart-
ner-Netzwerk schafft ein Lizenzmodell für die Partner, so dass eine Refinanzierung möglich
ist, die eine kostenfreie und nachhaltige Breitstellung des Portals ermöglicht. Eine Transferfä-
higkeit für andere Erkrankungen als ALS ist möglich.
Die Automatisierungskomponente bildet der „Serviceroboter“. Der Name deutet schon da-
raufhin, dass der Automatisierungseinsatz nicht im Kernbereich der Personenbezogenen
Dienstleistungen im Bieberschen Sinne geplant ist. „Einfache Routinetätigkeiten“ im Bereich
der Logistik und Hauswirtschaft sollten von Servicerobotern übernommen werden, um Zeit
für die Interaktion zu gewinnen. Weitere Einsatzfelder ergeben sich bei der Kraftunterstüt-
zung und einer teilautonomen Bewegungsführung. “Emotionale“ Roboter werden auch disku-
tiert, aber inwieweit sie sich in europäischen Pflegeeinrichtungen durchsetzen können, ist
unklar. (Jacobs, Graf 2014, S.126; ausführlicher einschließlich ethischer und rechtlicher
Rahmenbedingungen: Schuh und Stich, 2013; Überblick über Technologie und Dienstleistun-
gen im demografischen Wandel: Bieber, 2011). Erste Erfahrungen zeigen, dass die techni-
schen Lösungen von Transportrobotern aus der Produktion nicht einfach in das Gesund-
heitswesen zu übertragen sind. Die interne Vernetzung eines Krankenhauses ist nicht so ein-
fach zu gestalten wie in einer Fabrikhalle und die Hygieneanforderungen sind für solche Lö-
sungen kaum erfüllbar.
45
*Wissensintensive Dienstleistungen – vernachlässigtes Feld15
Wissensintensive Dienstleistungen gelten als Bereiche mit besonders hohen Wachstums- und
Beschäftigungschancen. Die fortschreitende Digitalisierung, zunehmende Koordinationsbe-
darfe und -aufwände im Zuge der Ausbreitung differenzierterer und komplexerer Wertschöp-
fungssysteme, und nicht zuletzt immer vielfältigere Arbeits- und Lebensformen begünstigen
und stellen wachsende Ansprüche an jene Dienstleistungsbereiche, bei denen Wissen und
Wissensarbeit eine relativ große Rolle spielen. Wissensintensive Dienstleistungen und Wis-
sensarbeit sind dabei nicht identisch, sie befinden sich in einer ähnlichen Beziehung wie Pro-
dukt, Produktionsprozess und Produktionsarbeit. Ähnlich wie im Produktionsprozess das Pro-
dukt in Arbeitsprozessen unterschiedlicher Arbeitsqualität erstellt werden kann, bestehen bei
der „Produktion wissensintensiver Dienstleistungen“ unterschiedliche Möglichkeiten, wis-
sensintensive menschliche Arbeit zu gestalten.
Eine allgemein akzeptierte Definition der Wissensintensiven Dienstleistungen gibt es noch
nicht. "Wissensintensive Dienstleistungen" werden an ihrem Produkt „Wissen“ qualitativ wie
folgt charakterisiert:
beim Produkt oder Prozess der Dienstleistung steht die Erzeugung oder Nutzung neu-
en Wissens im Vordergrund;
in der Regel basieren wissensintensive Dienstleistungen in starkem Maße auf der intel-
ligenten Nutzung und Weiterentwicklung der neuen Informations- und Kommunikati-
onstechnologien (die Problematik des „Netzes“: Bsirske et al. 2012);
die Einbeziehung der Kunden hat in der Prozessgestaltung eine besonders große Be-
deutung;
Innovationen zielen nicht isoliert auf Kostensenkung, sondern auf die Erschließung
neuer Märkte und auf neue Beschäftigung;
häufig werden derartige Dienstleistungen aus mehreren spezialisierten Beiträgen
rechtlich und wirtschaftlich selbständiger Anbieter in einem übergreifenden Pro-
zessansatz flexibel und kundenorientiert gebündelt, z.B. im Rahmen
von Kooperationsnetzwerken. Entsprechend hoch ist die Bedeutung koordinativer und
wissensintegrierender Funktionen.
Schon 1999 gab es im Rahmen der OECD Untersuchungen zum Thema „Knowlegde Intensi-
ve Services“, die aber nicht im Zusammenhang mit dem Förderschwerpunkt des BMBF stan-
den. Mit der Bekanntmachung „Wissensintensive Dienstleistungen“ aus dem Jahre 2000 be-
absichtigte das Bundesministerium für Bildung und Forschung, die Forschung, Entwicklung
und Innovation im Bereich der wissensintensiven Dienstleistungen zu fördern. Diese Bekannt-
machung war der erste Ansatz des BMBF, dieses wichtige Thema anzugehen. Er ist in diesem
großen Umfang bis heute noch einzigartig.
*Der Förderschwerpunkt „Wisssensinstensive Dienstleistungen“ 2000 - 2006
Ein Ergebnis des Förderschwerpunktes war, dass Wissensintensive Dienstleistungen immer
mehr zur Kernkompetenz in den Organisationen werden. Verbesserung des Projektmanage-
ments, Erhöhung des Kundenwissens, Koordinationsunterstützung werden die Aufgaben des
Wissensmanagers der Zukunft sein. Mit dem Anwachsen der Bedeutung in der Organisation
ist auch die Entstehung eines eigenen Geschäftsfeldes immer wahrscheinlicher. WebCoach
(Krcmar, 2006), Energiemanager, Wissensmanager sind die neuen Bezeichnungen in den
Vorhaben, die darauf hindeuteten. Die ‚virtuelle Community“ spielte bei diesen Ansätzen eine
15 DerBeitrag stützt sich in wesentlichen Teilen auf Ernst et al. (2016). Die Passagen sind nicht gesondert ge-
kennzeichnet.
46
wichtige Rolle. Hier liegen für Communities in der Gesundheits- und in der Freizeitwirtschaft
(Lifestyle) (Reichwald u.a. 2002; Daum u.a. 2002) erste Erfahrungen vor. So führt der Betrieb
virtueller Communities zu neuen beruflichen Anforderungen. Sie wurden unter dem Titel des
Communitymanagers sowie des Contentmanagers identifiziert. Auch Gewerkschaften sind
Dienstleistungsorganisationen. Ihre Aufgaben sind nicht nur „personenbezogene Dienstleis-
tungen“ sondern auch „wissensintensive Dienstleistungen“. Diesen Gedanken griffen Fuchs-
Kittowski und Stahn (2005) auf. Die Problemstellung war „die effektive Nutzung vorhande-
nen Wissens und die schnelle Erzeugung von neuem Wissen im Arbeitsprozess“ (a.a.O. S.
195) zur Lösung von Problemen der Mitglieder. Es wurde eine Wissens- und Kooperations-
plattform aufgebaut, die dann beispielhaft erprobt wurde.
„Wissen ist was wert“, so lautete das Motto einer Ver.di-Tagung zur Wissensarbeit (Bsirske et
al. 2003). Hinter dieser Feststellung stecken viele Fragen, die unter dem Schlagwort des „In-
tellectual Capital“ zusammengefasst werden können. Die Bedeutung des Intellectual Capital
als Werttreiber in wissensintensiven Unternehmen stellt neue Anforderungen an die Unter-
nehmensführung hinsichtlich Performance Measurement und Bewertung. Das bilanzierte
Vermögen spiegelt keinesfalls den tatsächlichen Wert von wissensintensiven Unternehmen
wieder. Dies geht mit der geringen Berücksichtigung des Intellectual Capital in externen Be-
wertungsansätzen einher. Intern fehlen dem Management in derartigen Unternehmen ein an-
wendbarer Ansatz zur Performance Messung der Intangible Assets, um eine strategiegerechte
und zielorientierte sowie ausgewogene „In-Wert-Setzung“, wie u.a. des Wissens, der Bezie-
hungen des Unternehmens und des Ansehens der Produkte/Leistungen durchführen zu kön-
nen. Bei der Bilanzierung wird zwischen einer internen Wissensbilanz zur Steuerung des Un-
ternehmens und einer externen Bilanz zur Information verschiedener Interessensgruppen un-
terschieden. Während für die interne Steuerung eine Vielzahl an Kennzahlen erfasst werden
kann, wird für eine externe Verwendung nur ein standardisiertes und damit verallgemeinertes
Zahlenwerk zur Verfügung gestellt (vgl. Nagel und Mohr, 2005; Spath und Schnabel, 2005).
Zur Thematik des „Intellectual Capitals“ gehört auch die Frage des Schutzes dieses „Kapi-
tals“. Dabei geht es hier nicht allein um die Frage der (regulierten) Intellectual Property
Rights, sondern um ein Schutzrechtsmanagement, das bei guter Arbeit anfängt und bei den
juristischen Regeln aufhört.
Die Bereitstellung von Handelssystemen mit unterschiedlichsten Marktmodellen stellt eine
wissensintensive Dienstleistung dar, die für Produkt- und Prozessinnovationen von großer
Bedeutung ist. Dabei ist der Verweis auf ebay etc. viel zu kurz gegriffen. Das Spektrum reicht
von generischen Plattformen wie z.B. das „Electronic Financial Brokerage“ (Weinhardt, Ch.;
Holtmann, C., Neumann, D 2003), in denen Konzepte, Plattformen und Geschäftsmodelle
elektronischer Märkte realisiert werden, um darauf ein Market Engineering aufzubauen bis
hin zu spezifischen Handelsbörsen. Ein völlig neuer Ansatz in diesem Bereich war der Einsatz
von Auktionssystemen zur Allokierung unternehmensinterner Ressourcen, insbesondere FuE-
Ressourcen. Die effiziente Allokation von F&E-Ressourcen stellt eine der zentralen Heraus-
forderungen für Unternehmen dar. Ressourcenverteilungen für Innovations- und Technolo-
gieprojekte können über hierarchische Entscheidungsverfahren und Entscheidungsgremien
aber auch über einen internen Markt vorgenommen werden. Die Konsequenzen für Arbeit und
Organisation werden immens sein. (Völker, R.; Kasper, E.: 2004).
Volkswirtschaftliche Klassifikationen
Es wird z.Zt. immer wieder versucht, die „wissensintensiven Dienstleistungen“ mit Mitteln
der Kategorien der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung einzugrenzen. 2007 erschien die
Studie von Legler und Frietsch, die hinsichtlich der volkswirtschaftlichen Statistiken Neuab-
grenzungen hinsichtlich forschungsintensiver Industrien und wissensintensiven Dienstleistun-
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gen vorlegten. Als Maß des Innovationspotenzials im Dienstleistungssektor und die Innovati-
onsfähigkeit seiner Unternehmen stellen sie den Anteil hoch qualifizierter Beschäftigter
(Akademiker) sowie die über FuE hinaus auch noch mit Planung, Konstruktion, Design usw.
befassten Personen heraus. Diese sind gleichsam das Pendant zum FuE-Personal in den In-
dustriebetrieben: Der Einsatz von akademischem (nur dieses Personal ist für Legler und
Frietsch erstklassig qualifiziert) Personal bildet damit den gemeinsamen Nenner von for-
schungsintensiven Industrien und wissensintensiven Dienstleistungen. Einen ähnlichen An-
satz wählt das EFI-Gutachten 2009. „Als Sektoren der wissensintensiven Dienstleistungen
werden tertiäre Bereiche bezeichnet, in den der Anteil der beteiligten Erwerbspersonen mit
Hochschulabschluss überdurchschnittlich ist (oberhalb von 11 Prozent) und / oder überdurch-
schnittliche (mehr als 4,5 Prozent) viele Naturwissenschaftler und Ingenieure beschäftigt wer-
den“ (S.55). Das führt zu interessanten Abgrenzungen: So zählen der Bereich „Transport in
Rohrfernleitungen“ zu den Wissensintensiven Dienstleistungen, ebenso wie der Gelegenheits-
flugsverkehr, aber nicht der normale Luftverkehr. Ebenso wird der gesamte Handel ausge-
grenzt, aber die Apotheken aufgenommen. EUROSTAT (Amil, Giannoplidis, Lipp-Lingua,
2007) bildet zur Beschreibung der Wissensintensiven Dienstleistungen vier Gruppen (NACE-
Abschnitte G bis I und K). Damit versucht man zwischen wissensintensiven und weniger wis-
sensintensiven Dienstleistungen zu unterscheiden. Zusätzlich wird dann zwischen Spitzen-
technologie nutzenden Dienstleistungsbereichen und marktbestimmten Dienstleistungen un-
terschieden. In einer weiteren Veröffentlichung von EUROSTAT (Felix, 2006) wird ebenso
zwischen Wissensintensiven und weniger wissensintensiven Dienstleistungen unterschieden.
Wissensintensität wird definiert als Ausdruck der Integration mit einer generischen oder
dienstleistungsspezifischen Wissenschafts- und Technologiebasis; bei ihr handelt es sich um
eine Kombination aus in neuen Geräten gebundenem Wissen, Personal und F&E-Intensität.
Der erste Bereich der wissensintensiven Dienstleistungen wird dann auch nach „Spitzentech-
nologie nutzend“ und „nicht Spitzentechnologie nutzend“ unterschieden. Der NACE-Code
wir zur Beschreibung der Sektoren zu Grunde gelegt.
Der Vergleich der drei Darstellungen zeigt, dass zwar der Versuch gemacht wird, an Hand der
auf der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung beruhenden Klassifizierungssysteme die Wis-
sensintensiven Dienstleistungen einzugrenzen. Dieser Versuch hat aber bisher noch zu keinem
eindeutigen Ergebnis geführt. Des weiteren scheinen den Versuchen implizite Annahmen zu
Grunde zu liegen, wie z.B. dass wissensintensive Dienstleistungen nur von akademisch ausge-
bildetem Personal wahrzunehmen sind und dass Spitzentechnologie nur IuK- Technologien
sind.
*Geschäftsmodelle als Weiterentwicklung
Das Innovationsthema "Wissensintensive Dienstleistungen" keine echte Fortsetzung in der
BMBF oder BMWi-Förderung gefunden hat. Keines der neuen Programme hat einen Schwer-
punkt im "Innovationsthema Wissen". In einer weiteren Analyse wurde die Abdeckung der
Konzepte des Programms mit denen der vier vorliegenden Bekanntmachungen verglichen.
Dabei ergab sich zum einen, dass das Innovationsmanagement Wissen nicht so abgedeckt,
wie es das Programm fordert, zum anderen sind auch bestimmte wichtige Wachstumsberei-
che, in denen wissensintensive Dienstleistungen vorkommen, unterbelichtet. Dazu kommt,
dass die Digitalisierung die Gestaltung Wissensintensiver Dienstleistungen weiter vorantreibt.
Dabei spielt eine immer ausgefeiltere Algorithmisierung von Daten eine entscheidende Rolle,
die 2000 in diesem Umfang noch nicht klar war.
Die Zukunft der Wissensintensiven Dienstleistungen hat ACATECH (2015) in Ergänzung
zum Zukunftskonzept „Industrie 4.0“ unter dem Label SMART SERVICE WELT beschrie-
ben. Automatisierte Marktplätze, datengestützte Optimierung der Wertschöpfungssysteme,
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dezentrale Zustandsüberwachung von Beschäftigten und Erkrankten, intelligente Algorithmen
sind beispielhafte Ansätze. All das soll zu neuen Geschäftsmodellen führen und „in einigen
Anwendungsbereichen <werden sich> einzelne Aspekte der Vision Smart Service Welt sogar
schneller umsetzen als in der Produktion…. Noch zu zögerlich gehen Unternehmen in
Deutschland den Weg vom Anbieter hochwertiger Produkte zum Anbieter attraktiver und
flexibler Smart Services.“ (S. 11,14)
Im Expertenkreis Dienstleistungen, der von Ver.di und der FES gemeinsam getragen wird,
wurde dies am Journalismus, also der Medienwirtschaft, und an der Rentenversicherung, also
einer Gesellschaftlich notwendigen Dienstleistung, diskutiert (Ernst et al. 2016). Die Wissens-
intensiven Dienstleistungen in den Medien unter der Digitalisierung grundlegende Verände-
rungen erfahren. Zeit für tiefergehende Recherchen und Reflexionen gibt es angesichts der
Konkurrenzkonstellation in der Medienlandschaft immer weniger. Umso größer wird die Nei-
gung oder auch der Zwang, auf die sich in Suchmaschinen spiegelnden Rankings, Themen
und Stimmungen einzugehen. So entstehen vielfach reproduzierte Nachrichten ohne Neuig-
keitswert. In Teilbereichen, etwa im Sportjournalismus, wird das Potenzial von Algorithmen
mittlerweile ohnehin schon genutzt, um Texte oder Sprechakte gänzlich in automatisierter
Weise zu generieren. Bei anderen Bereichen wie der Rentenversicherung entwickelt sich die
Digitalisierung in einer spezifischen Weise. Über 24.000 Mitarbeiter_innen, 35 Millionen
Beitragszahler_innen bzw. Leistungsberechtigte, ein Haushalt von rund 135 Milliarden Euro –
da fallen Implementationsprobleme und potenzielle Fehlsteuerungen stärker ins Gewicht und
bremsen die Veränderungen. Der Schwerpunkt der Digitalisierung in der Rentenversicherung
konzentriert sich dementsprechend auf das Binnensystem, wo Leistungsansprüche berechnet
und Bescheide erteilt werden. Im Binnenverkehr werden die Arbeitsprozesse in Einzelvor-
gänge zerlegt, standardisiert und automatisiert. Die Arbeit wird einfacher, aber auch monoto-
ner und möglicherweise noch mehr verdichtet. Das Fallvolumen wird, wenn die Prozesse so
fortgesetzt werden, von vergleichsweise weniger und geringer qualifizierten Sachbearbei-
ter_innen zu bewältigen sein. Damit wird der Anteil der unteren Gehaltsgruppen größer wer-
den, der im höheren und im gehobenen Dienst schrumpfen. Im Aussenverkehr scheinen so-
wohl Rentenberater_innen wie Ratsuchende nach wie vor einen telefonischen Austausch und
vor allem eine Face-to-Face-Kommunikation zu bevorzugen – selbst wenn sich die Beteilig-
ten durchaus als technikaffin einschätzen. Das Verständlichmachen von meist stark verrecht-
lichten Aspekten erfordert eine hohe Präzision im Ausdruck. Diese wiederum ist in der Regel
auf eine hinreichende Vorverständigung angewiesen. Eine solche Verständigung aber scheint
bei einem digital reduzierten Code schwerer zu fallen als etwa am Telefon oder in Face-to-
Face-Situationen. In besonderer Weise tritt hier auch das Merkmal „anspruchberechtigt“ in
der Kundenrolle hervor.
Hinter dem Schlagwort „BIG DATA“ verbergen sich nicht nur große Datenmengen, sondern
große, unterschiedliche und unstrukturierte Datenmengen, die mit bestimmten Methoden
wenn möglich in Echtzeit analysiert und aufbereitet werden (Volume, Variety und Velocity).
Diese SMART DATA können die Grundlage für neue Wissensintensive Dienstleistungen
werden. Die gewerbliche Nutzung von BIG DATA Modellen im oben genannten Sinne ist
bisher noch recht selten und auch von Fehlschlägen gekennzeichnet (Buse, 2015). Insbeson-
dere das zu Grunde liegende Modell der Analyse korrelativer Zusammenhänge bedarf der
weiteren Präzisierung. Ein großes Problem ist auch der Datenschutz. Beschäftigte müssen
damit rechnen, dass unter dem Motto: „Sie dienen doch nur Transparenz“ (Buse, 2015, S. 64)
ihr Arbeitsverhalten kontrolliert, analysiert und beeinflusst werden soll. Ebenso sind die mit
der Transformation von BIG DATA zu SMART DATA zusammenhängenden Berufsqualifi-
kationen noch recht vage. Es wird zwar vom „Data Scientist“, vom „Data Innovator“ und vom
„Data Designer“ (Kraus, 2013) gesprochen, aber inwieweit die Weiterentwicklung der Me-
49
thoden zu einem raschen Wandel beruflicher Qualifikation führt, ist noch unklar. Die Unsi-
cherheiten bedeuten nicht, dass die Weiterentwicklung gestoppt ist. So plant die IBM ihr Sys-
tem „Watson“16 mit einem riesigen finanziellen Aufwand weiterzuentwickeln. Für IBM er-
möglicht der BIG DATA-Ansatz unter dem Schlagwort „Business Analytics“ eine neue Di-
mension datenbasierter Entscheidungsunterstützung, sei es im eigenen Unternehmen oder als
Dienstleistung für andere.
Gesellschaftlich notwendige Dienstleistungen – ein neues Feld17
Das Konzept und der Begriff der gesellschaftlich notwendigen Dienstleistungen wurde 2011
im Arbeitskreis „Dienstleistungen“, der von der Friedrich-Ebert-Stiftung und der Vereinten
Dienstleistungsgewerkschaft gemeinsam getragen wird (s.u.), eingeführt. Ursache dafür war
eine Unzufriedenheit mit dem Konzept der „Öffentlichen Dienste“ und die Erfahrung, welche
Konsequenzen der Ausfall von privat erbrachten und finanzierten Netzdienstleistungen für die
Gesellschaft und die Wirtschaft hat.
Das Konzept der Gesellschaftlich notwendigen Dienstleistungen ist in einen breiteren Diskus-
sionsraum eingebettet. Eines der zurzeit.Zt. diskutierten Konzepte in diesem Umfeld ist das
Konzept der Kritischen Infrastrukturen, das mit Unterstützung des Bundesinnenministeriums
(BMI) entwickelt wurde. Das Ministerium definiert in der Nationalen Strategie zu Kritischen
Infrastrukturen die Infrastrukturen wie folgt: „Kritische Infrastrukturen sind Organisationen
und Einrichtungen mit wichtiger Bedeutung für das staatliche Gemeinwesen, bei deren Aus-
fall oder Beeinträchtigung nachhaltig wirkende Versorgungsengpässe, erhebliche Störungen
der öffentlichen Sicherheit oder andere dramatische Folgen eintreten würden.“ (BMI, 2009, S.
3) Das BMI unterscheidet zwischenin unverzichtbaren technischen Basisinfrastrukturen und
unverzichtbaren sozioökonomischen Dienstleistungsinfrastrukturen. Zu den Dienstleistungs-
infrastrukturen gehören das Gesundheitswesen, die Ernährung, das Notfall- und Rettungswe-
sen, der Katastrophenschutz, das Parlament, die Regierung, die öffentliche Verwaltung, Justi-
zeinrichtungen, Finanz- und Versicherungswesen sowie Medien und Kulturgüter. Auf einen
kurzen Nenner gebracht, deckt das Konzept der Kritischen Infrastrukturen die Dienst-
leistungen ab, die zum Funktionieren eines Staatswesens zu einem bestimmten historischen
Zeitpunkt notwendig erscheinen.
Unabhängig davon veröffentlichte die EU-Kommission Ende 2011 eine Bekanntmachung
zum Thema „A Quality Framework for Services of General Interest in Europe“ (EU-
Kommission, 2011). Sie kommt darin zu dem Schluss, dass die Finanzkrise und die damit
verbundene Wirtschaftskrise die zentrale Rolle in Erinnerung ruft, die „Services of general
interest“ bei der sozialen und territorialen Kohäsion spielen. In Verbindung damit sieht sie
ihre „Social Business Initiative“, die ein positives Innovationsklima für soziale Unternehmun-
gen und den wichtigsten Stakeholdern in der „social economy“ schaffen soll. Die Eu-
Kommission bemerkt ausdrücklich die Unschärfe der Terminologie des „Service of general
interest“. Sie bezeichnet das Konzept als dynamisch und versucht 5 Begriffe näher zu be-
schreiben:
16 „Watson“ ist ein Verbund von über 90 Hochleistungsservern mit mehr als 3000 Prozessoren. 2011 gelangte
Watson zu öffentlicher Berühmtheit, als er die bis dahin erfolgreichsten menschlichen Spieler in der US-
Quizshow „Jeopardy!“ mit hohem Abstand schlug – und zwar auf Grundlage seiner Spracherkennung,
Algorithmen und Datenbanken autonom, ohne weiteren menschlichen Einfluss. Watsons Anwendungsbereich
hat sich seither erheblich erweitert, u.a. hilft er inzwischen bei der Diagnose seltener Krankheiten.
17 Neben der angegebenen Literatur basiert der Abschnitt auf Ernst, Skarpelis-Sperk (2013). Auch dort wo un-
mittelbar zitiert wird, wird darauf nicht weiter hingewiesen!
50
Service of General Interest: werden von den einzelnen Staaten klassifiziert und um-
fassen wirtschaftliche (economic) als auch nicht-wirtschaftliche (non-economic) Akti-
vitäten
Service of general economic interest: Wirtschaftliche Aktivitäten, deren Ergebnisse
für die Gesellschaft wichtig sind, und die ohne staatliche Intervention vom Markt nicht
erbracht werden.
Social Services of general Interests: Leistungen der sozialen Sicherheit (social
security schemes) die wichtige Lebensrisiken und eine Reihe von wichtigen Dienst-
leistungen abdecken, die unmittelbar auf die Person gerichtet sind.
Universal service Obligation: Regeln, die für Dienstleistungen gelten, die für alle
Verbraucher und Nutzer in einem Mitgliedsstaat gelten sollen. Dazu gehören Regeln
zur Qualität und zum Preis.
Public Service: Dieser Begriff wird von der Kommission wegen seiner Ambiguität
nicht genutzt, sondern durch die beiden ersten ersetzt.
Auf ihren Internetseiten (z.B. http://www.euractiv.com/sustainability/services-general-
interest-eu-linksdossier-500147) gibt die Kommssion die Wasser-und Energieversorgung,
die Gesundheitsdienstleistungen, Telkommunikation und den Transport (“transport”) als
bekannteste Beispiele an, die von staatlichen Institutionen als “Service of general Interest”
definiert werden und entsprechenden Regeln unterworfen sind. Sie differenziert dann noch
einmal in zwei Gruppen, die „General Economic Interest“, die eine Wirtschaftsbeziehung
zwischen Anbieter und Nachfrager veraussetzt und solcher, die nicht ökonomisch sind, wie
z.B. Sicherheit, Gesundheit, bestimmte Bildungsbereiche und Soziale Dienste.
Die Versuche der Kommission gehen immer wieder von einer juristischen Basis aus, sie
machen aber sehr deutlich, dass es keine „Service of general Interest“ a priori gibt, sondern
dass die Zuordnung von politischen Entscheidungen, aber auch von technischer Entwick-
lung abhängig ist. Politische Entscheidungen sind dabei nicht nur wirtschaftspolitischer Art,
sondern können auch von der außenpolitischen Situation bestimmt sein.
Der Ansatz des Arbeitskreises „Dienstleistungen“ startete bei der Feststellung von Un-
gleichgewichten, seien es der demografische Wandel, die sich verändernden Regionalstruk-
turen oder die Ungleichgewichten zwischen verschiedenen gesellschaftlichen Gruppen.
Diese Ungleichgewichte können nur von einer leistungsstarken Gesellschaft gemeistert
werden, die sich dazu der „gesellschaftlich notwendigen Dienstleistungen“ bedient. „Ge-
sellschaftlich notwendig“ sind hierbei jene Dienstleistungen, die für die Lebensgestaltung
und Entwicklung einer Gesellschaft unverzichtbar sind. Von ihnen hängt nicht nur ab, ob
die Teilhabe aller Mitglieder der Gesellschaft gewährleistet ist, sondern auch, ob ihre Zu-
kunftsfähigkeit nachhaltig gefördert wird. In diesem Kontext tragen gesellschaftlich not-
wendige Dienstleistungen zum sozialen Ausgleich und zu einem Funktionieren des Ge-
meinwesens, zu einem Gelingen der Gesellschaft bei.“ (Leimeister, Peters 2012, S. 6). Da-
mit wird deutlich, dass hier nicht von einer juristischen Basis ausgegangen wird, sondern
aus gesellschaftspolitischer Sicht Anforderungen gestellt werden. Als Erweiterung schlie-
ßen Leimeister und Peters auch noch die Öffentliche Verwaltung mit ein, der sie im Zu-
sammenhang mit den gesellschaftlich notwendigen Dienstleistungen eine besondere Rolle
zuweisen: die Verwaltung muss die demokratischen Rechte, Teilhabe und Emanzipation der
Bürgerinnen und Bürger im Staat sicherstellen und den Rahmen für das Gelingen eines aus-
gewogenen gesellschaftlichen Miteinanders bilden.
51
Leimeister und Peters sehen bei den gesellschaftlich notwendigen Dienstleistungen einen
anhaltenden Veränderungsbedarf, um der Zielsetzung, mehr gesellschaftlichen Wohlstand
zu erreichen, gerecht zu werden. Dabei definieren sie Kernaspekte unter denen die gesell-
schaftlich notwendigen Dienstleistungen diskutiert werden sollen:
Systemsicht und Netzwerke: Neue Technologien und Netzwerke; Kriterien für gute
Netzwerke für gesellschaftlich notwendige Dienstleistungen; sinnvolle Zusammen-
arbeit über historisch gewachsene Grenzen hinweg.
Soziale Innovationen: Schaffung eines innovationsfreundliches Umfeldes ua.
Professionalisierung und Wertschätzung: Schaffung Guter Dienstleistungsarbeit
Produktivität: Bedeutung von Effizienz im Kontext gesellschaftlich notwendiger
Dienstleistungen; Effiziente, bürger- und kundenorientierte Erbringung; Probleme
der Effizienzmessung
Gleiche und demokratische Teilhabe: Zielgruppen und Sicherung des Zugangs; Ver-
teilungsfragen
Die Rolle gesellschaftlich notwendiger Dienstleistungen im Dienstleistungssektor:
Kooperation mit dem Verarbeitenden Gewerbe; Verbindungen zur Dienstleistungs-
politik.
Im Gegensatz zu den Konzepten der „Kritischen Infrastrukturen“ und der „Services of Gene-
ral Interest“ verpflichtet sich also das Konzept der „Gesellschaftlich notwendigen Dienstleis-
tungen“ einem Leitbild, das sich an Guter Arbeit und Guten Dienstleistungen, Verteilungsge-
rechtigkeit und Wohlstand orientiert vgl. hierzu Hilbert, Bienzeisler, Becka, 2013). Zusam-
men mit einer konsequenten Anwendung der Methoden der Dienstleistungsforschung und -
wissenschaft hat dieses Leitbild Konsequenzen für die Innovations- und Gestaltungskonzepte
Gesellschaftlich notwendiger Dienstleistungen.
Das Einnehmen der Kundenperspektive ist für viele Gesellschaftlich notwendige Dienstleis-
tungen kein einfacher Prozess. Prozesse der Open Innovation (vgl. Möslein & Danzinger,
2013) bieten sich auf den ersten Blick an. Aber wenn „Kunden“ betroffen sind, die an diesem
Prozess nicht teilnehmen können oder nicht teilnehmen wollen, verbietet sich ein solcher Pro-
zess. Kistler und Schneider (2012) führen eine ganze Reihe von Nutzungshemmnissen an, die
die Beteiligung der Bürger/Nutzer als notwendige Voraussetzung und zentralen Bestandteil
der Gestaltung Gesellschaftlich notwendiger Dienstleistungen verhindern. Werden nicht tech-
nisch vermittelte Diskursprozesse organisiert, so sind häufig die Instanzen, die später die
Dienstleistung erbringen sollen, nicht involviert. Im Gegensatz zu den großen privat-
wirtschaftlichen Unternehmen verfügen die Verwaltungen, die die Dienstleistungen später
erbringen sollen, nicht über das Wissen und die personellen Kapazitäten, einen Innovations-
prozess mit Bürgerbeteiligung in Gang zu setzen, geschweige denn, dass sie im Stande sind,
den folgenden Dienstleistungsentwicklungsprozess zu übernehmen. Es ist nicht grundsätzlich
davon auszugehen, dass die Anforderungen der „Kunden“ und die Anforderungen von Be-
schäftigten an ihre Arbeit widerspruchsfrei sind. Da die Dienstleistungen in Interaktionsarbeit
erbracht werden, verfügt die Arbeitsgestaltung über geringere Freiheitsgrade als die Gestal-
tung von Produktionssystemen (Böhle, Stöger & Weihrich, 2013). Gesellschaftlich notwendi-
ge Dienstleistungen werden teilweise in sehr unterschiedlichen und schwierigen Arbeitsum-
feldern und mit sehr unterschiedlicher Klientel angeboten. Dies reicht von der Arbeit mit
Kindern über Arbeit mit Menschen mit herausforderndem Verhalten, über die Pflege von Be-
hinderten bis hin zur Betreuung von Sterbenden. Der Belastungsabbau ist in diesen Bereichen
eine riesige Herausforderung.
Hilbert, Bienzeisler und Becka haben 2013 die Gestaltungs- und Finanzierungsmethoden für
Gesellschaftlich notwendige Dienstleistungen untersucht. Dabei stellte sich deutlich heraus,
52
dass die Konzeptionierung Gesellschaftlich notwendiger Dienstleistungen einer eigenständi-
gen Datenbasis bedarf, die auf einer systematischen Sozial- und Arbeitsberichterstattung ba-
siert. Hilbert, Bienzeisler und Becka diskutieren auch ausführlich die Konsequenzen von Fis-
kalpakt und Schuldenbremse auf die Gestaltung Gesellschaftlich notwendiger Dienst-
leistungen; denn sowohl in Deutschland als auch in Europa hat der Umgang mit der Finanz-
krise – Schuldenbremse und Fiskalpakt – zu deutlich geringeren öffentlichen Mitteln für die
Finanzierung Gesellschaftlich notwendiger Dienstleistungen geführt. Hier bestehen in
Deutschland grundsätzlich noch Spielräume bei fast allen steuerlichen Einnahmequellen.
Darüber hinaus besteht auch die Möglichkeit, Förderbanken – sowohl auf nationaler als auch
auf europäischer Ebene – zu nutzen, um in gesellschaftlich notwendigen Dienstleistungen zu
investieren.
Innovationsfaktor Arbeit in der Dienstleistungswirtschaft Es ist immer wieder zu unterscheiden zwischen einem Typen von Dienstleistungen, also z.B.
Personenbezogenen oder Wissensintensiven Dienstleistungen, dem Typ und der Form von
Arbeitsaufgabe und der Arbeitserledigung. Dies gilt in der Produktions- ebenso wie in der
Dienstleistungswirtschaft: ein Auto soll produziert werden. Dazu sind die unterschiedlichsten
Schritte notwendig. An einer bestimmten Stelle kommt es zur Definition der Montageaufgabe
und der Definition ihrer Umgebung. Dann kommt es zur Ausführung der Arbeitsaufgabe mit
allen Unwägbarkeiten und Herausforderungen.
Nach der Differenzierung in „Dienstleistungsgeschäftsmodell“ und „Arbeit im Dienst-
leistungssektor“ kommt es noch einmal darauf an, sich „die Arbeit“ genauer zu betrachten.
Für die Arbeitspsychologie schrieb Winfried Hacker vor über 40 Jahren: „Gegenstand der
..Arbeitspsychologie ist die psychische Regulation von Arbeitstätigkeiten der Persönlichkeit
im Zusammenhange ihrer Bedingungen und Auswirkungen.“ (Hacker, 1973, S. 24). Mit Vor-
bildern wie Karl Marx und Johannes Paul II, Carl Graf Hoyos und Friedrich Fürstenberg kön-
nen als (Lohn)Arbeit alle Aktivitäten der Daseinsvorsorge für den einzelnen bezeichnet wer-
den. Aktivitäten, die verbunden sind mit Veränderungen in Organisationen, aber auch mit
Veränderungen in den arbeitenden Menschen. Martin Baethge wies weiter daraufhin, dass –
ob man sich dessen bewusst ist oder nicht – Arbeit in die großen wirtschaftlichen, sozialen
und politischen Interessenkonstellationen eingebunden ist.
Die Unterteilung der Wirtschaft in drei Sektoren hat keinen arbeitswissenschaftlichen sondern
einen volkswirtschaftlichen Hintergrund. Aus Gründen, die bis in das 17. Jahrhundert zurück-
gehen, werden Volkswirtschaften in drei Sektoren geteilt: Vereinfacht der primäre Sektor die
Agrarwirtschaft, der sekundäre die „Industrie“ (besser das Verarbeitende Gewerbe und die
Sonstige Produzierende Wirtschaft) und der tertiäre alles, was übrig bleibt: die Dienstleistun-
gen (also die Restkategorie: Handel, Verkehr, Gastgewerbe, Information, Finanzierung, Ver-
mietung, Unternehmensdienstleister, Öffentliche Dienste und „sonstige Dienstleistungen“(!))
Gepaart mit dem Drei-Sektoren-Modell wird eine Entwicklungstheorie, deren Grundlage Jean
Fourastie Mitte des 20. Jahrhunderts gelegt hat, in sehr vereinfachter Form verwandt. Verein-
facht deshalb, indem behauptet wird, dass die Dienstleistungen die Zukunft für Wachstum
und Beschäftigung moderner Volkswirtschaften ist. Vertieft mag das Modell für volkswirt-
schaftliche Betrachtungen sinnvoll sein, mit Arbeitswissenschaft hat es aber wenig zu tun.
Wenn hier von Arbeitstätigkeit gesprochen wird, dann geht es um eine Erledigung einer Ge-
samtaufgabe. So beinhaltet Interaktionsarbeit – also die Arbeit an und mit Menschen – auch
immer Operationen, die Teilziele der Wissensarbeit beinhalten (z.B. Dokumentation), aber die
Gesamtaufgabe ist die Zielsetzung im Zusammenhang mit dem Menschen (vgl. Hacker, 1973,
S. 67 ff). Solche Differenzierungen sind sehr wichtig, denn häufig werden Operationen, deren
Zusammenhang mit dem Gesamtziel nicht erkennbar ist oder die gar in Widerspruch zum
Gesamtziel stehen, als sehr belastend empfunden.
53
Wissens- und Interaktionsarbeit als neue Paradigmen
Baethge (2011) unterscheidet basierend auf Arbeiten von Kohn aus den 70er Jahren drei Ar-
beitsformen: den „Umgang mit Sachen“, „Umgang mit Personen“ und „Umgang mit Symbo-
len“. Erstere stellt die produktbezogene Arbeit in der Industrie und in Teilen der Dienstleis-
tungswirtschaft (z.B. Lagerei) dar, personenbezogene und wissens- bzw. symbolbezogene
Arbeit sind Arbeitsformen, die eher in der Dienstleistungswirtschaft auftreten. Einen anderen
Weg gehen Forscher (z.B. Böhle, Wahl, Hacker, Nerdinger), die sich in den letzten Jahren
spezifisch mit der Interaktionsarbeit beschäftigt haben (ausführlicher: Ernst und Kopp, 2010).
Beispielhaft sei hier Hacker (2009) vorgestellt, der zwischen monologischer und interaktiv-
dialogischer Arbeit unterscheidet. Damit schafft er es, die Arbeit „am und mit dem Men-
schen“ in sein Konzept der Handlungsregulationstheorie aufzunehmen, allerdings mit der
Schwierigkeit, dass er keine Unterscheidung zwischen dem Umgang mit Sachen und dem
Umgang mit Symbolen macht, eine Unterscheidung, die bei Baethge noch möglich ist. In der
Modellvorstellung Hackers bildet sich dann kein Bezug zum Drei-Sektoren-Modell mehr ab.
Eine monologische Tätigkeit kann sowohl im produzierenden als auch im Dienstleistungssek-
tor stattfinden. Die Wahrscheinlichkeit für dialogisch-interaktive Arbeit im Produktionssektor
ist zwar gering (vgl. hierzu Koch, 2010) aber nicht ausgeschlossen. Mit solchen Modellen der
Arbeit ist die Dienstleistungsforschung nicht mehr darauf angewiesen, sich an makroökono-
mischen Modellen wie der Drei-Sektoren-Theorie zu orientieren, sondern sie hat aus ihren
theoretischen Modellen eigene Klassifikationsansätze geschaffen. Diese Ansätze ermöglichen
es, das Gemeinsame zwischen verschiedenen Sparten zu erfassen. Ähnlich wie die Prinzipien
der Arbeitsgestaltung für die Montage von Staubsaugern und Automobilen gleich sind, sind
wahrscheinlich auch die Prinzipien der Gestaltung von Wissens- und Interaktionsarbeit ver-
gleichbar; gleichgültig ob es sich um Wissensarbeit in einer Verwaltung oder in der IT-
Branche oder um Interaktionsarbeit in der Pflege oder in der Schule handelt. Diese These ist
noch nicht verifiziert, die Ansätze in der Interaktionsarbeit deuten aber auf eine solche Ent-
wicklung hin.
Interaktionsarbeit
Arbeitspsychologisch gesehen ist „Arbeit in Wertschöpfungspartnerschaften“ nicht gleich
„Interaktionsarbeit“ zu setzen, wie Reichwald, Schipanski und Pößl (2012, S. 27) dies aus
betriebswirtschaftlicher Perspektive tun. Interaktionsarbeit ist Arbeit in unmittelbarer dialogi-
scher Interaktion mit dem Kunden. Bearbeitung von Beschwerdebriefen von Kunden ohne
dialogische Interaktion ist in diesem Sinne keine Interaktionsarbeit. Interaktionsarbeit bedarf
neben der wissenschaftlichen Durchdringung auch einiger philosophischer Gedanken. In "La-
borem Exercens" leitet Johannes Paul II die Arbeit aus dem göttlichen Auftrag ab: Seid
fruchtbar und mehret Euch, bevölkert die Erde und macht sie euch untertan. Er fasst Arbeit als
eine Tätigkeit auf, die vom Menschen als Subjekt ausgeht und auf ein äußeres Objekt ausge-
richtet ist. Die Arbeit verschafft dem Menschen damit eine Herrschaft über die Erde. Johannes
Paul II erwähnt randständig die Dienstleistungswirtschaft, auch den Bildungssektor, aber das
Problem der Dienstleistungsarbeit als "Herrschaft des Menschen über den Menschen" wird
nicht diskutiert. Auch in der Auseinandersetzung des Marxismus mit dem Thema "Arbeit"
ergeben sich keine neuen Aspekte. Im Resultat seiner Arbeit, dem geformten Gegenstand er-
blickt der Mensch sich selbst. Produzentenstolz ist ein umgangssprachliches Wort für diesen
Prozess. Bei den personenbezogenen Dienstleistungen ist dies aber ganz anders. Hier ist der
Mensch als Subjekt das Objekt der Arbeit. In der Arbeit werden dispositive und bearbeitende
Tätigkeiten an einem anderen Menschen ausgeübt. Hier tritt mir nicht die Natur gegenüber
sondern der Mensch. Dieses Thema als Forschungs- und Gestaltungsthema zu behandeln ist
zunächst einmal forschungsmäßig nicht trivial, da alle unsere bisherigen Forschungsansätze
auf dem klassischen Modell beruhen. Des weiteren muss uns klar werden, wenn wir die Ar-
54
beit für eine Seite optimal gestalten, dass wir dann den Weg der Beherrschung des anderen
gewählt haben.
Die Problematik der "Arbeit am und mit Menschen" ist schon früh im Rahmen des Pro-
gramms "Humanisierung des Arbeitslebens" erkannt worden. Neumann (1988) sieht damals
schon, dass die Anpassung der Arbeitsbedingungen an die Bedürfnisse der Arbeitenden im-
mer auch den Bedürfnissen der Betreuten gerecht werden muss. Außerdem mussten sich die
Forscher mit der These auseinandersetzen, dass die Betreuung Behinderter per se eine humane
Tätigkeit ist, diese Arbeit unter den Gesichtspunkten der Arbeitswissenschaft zu gestalten,
würde geradezu eine Dehumanisierung bedeuten (vgl. hierzu auch die Benedikt XVI Enzykli-
ka "Deus Caritas est, Nr. 31a und 35, 2005). Deshalb wandte sich das Vorhaben auch ver-
stärkt den institutionell-strukturellen Vorgaben und den daraus entstehenden Belastungen zu.
Das Grundproblem blieb auch hier ungeklärt.
Andre Büssing, sein Schüler Jürgen Glaser, Fritz Böhle und Winfried Hacker haben seit Ende
der 90er Jahre das Thema der Interaktionsarbeit und ihrer Gestaltung theoretisch entwickelt
und in praktische Gestaltung umgesetzt. Andre Büssing hat mit der Pflegearbeit begonnen,
wobei Pflege für ihn Erwerbsarbeit war, deren psychologische Gestaltung den Kriterien einer
humanen Gestaltung der Arbeit gerecht werden musste. Der nächste Schritt war die Übertra-
gung des theoretischen Konzeptes auf Softwareentwicklung, Lehrerarbeit, Friseurarbeit, Ar-
beit im Zug und Arbeit im Call Center. Böhle und Glaser haben dann die Tausch-, Dispositi-
ons- und Bearbeitungsbeziehung als grundlegend für die Interaktionsarbeit herausgearbeitet.
In der Tauschbeziehung begegnen sich Dienstleistende und Dienstleister als Anbieter und
Nachfrager, in der Dispositionsbeziehung besteht ein Dispositions- und Direktionsrecht des
Dienstleistungsempfängers über den Dienstleister und in der Bearbeitungsbeziehung steht die
unmittelbare Arbeit „am“ Dienstleistungsempfänger im Mittelpunkt. Hacker gliedert dann in
10 Thesen das Konzept der Interaktionsarbeit in die Handlungsregulationstheorie ein. Er un-
terteilt die Tätigkeiten in monologische (Tätigkeiten ohne ein anderes Subjekt) und dialogi-
sche Tätigkeiten (Tätigkeiten mit einem anderen Subjekt) ein. Personenbezogene Erwerbsar-
beit ist immer eine Mischung dieser beiden Tätigkeiten und diese Mischung ist hinsichtlich
ihrer Inhalte gestaltbar!
Inzwischen haben Böhle, Stöger und Weihrich einige Grundsätze der Arbeitsgestaltung wei-
terentwickelt (2014). Dazu gehören die Arbeits- und Gesundheitsschutz, die Vielfältigkeit der
Tätigkeit und die Vermeidung widersprüchlicher Anforderungen (Semmer, 2010). Durch die
notwendige Kooperation mit dem Gegenüber ist Interaktionsarbeit nicht frei gestaltbar ist. So
ist z.B. die Lage und Gestaltung der Arbeitszeit ist Restriktionen unterworfen. Schichtarbeit in
bestimmten Bereichen der Personenbezogenen Dienstleistungen ist sicherlich notwendig. Im
Handel spricht eine Abwägung der Gesundheitsinteressen der Beschäftigten, der Kaufinteres-
sen der Kunden und der Gewinninteressen der Unternehmen aber nicht für eine Ausweitung
der Schichtarbeit. Trotzdem sind Arbeitsschutzmaßnahmen in größerem Umfang möglich. So
zeigt eine Untersuchung zum Arbeitsschutz im Bereich der Kindertagesstätten, dass auch hier
neben den strukturellen Rahmenbedingungen zu Verbesserung des Arbeitsschutzes (Personal-
schlüssel, Pausenzeiten) auch Organisatorische Maßnahmen und verhaltenspräventive Maß-
nahmen möglich sind (Seibt, 2005; zu Finanzdiensten: Weber, 2013; zu Call Centern: Harms,
2013). Die weiteren Gestaltungskriterien, so z.B. die Vollständigkeit lassen sich ebenfalls
nicht unabhängig vom Kunden gestalten, da das „Dienstleistungsprodukt“ immer in Koopera-
tion mit dem Kunden geschaffen wird. Hier wird es sicher notwendig sein im Sinne von Pro-
zessen „offener Arbeitsgestaltung“ Kunden, Beschäftigte und Unternehmen zusammenzu-
bringen.
55
Die Entwicklung von Wissens- und Interaktionsarbeit ist aber nicht nur eine arbeitswissen-
schaftliche Konzeption, sondern
sie ermöglicht auch den Be-
schäftigten in der Dienst-
leistungswirtschaft eine Identi-
tätsfindung, ähnlich wie die
Arbeit in der Fertigung. Damit
kann möglicherweise auch eine
neue Welle von arbeits-
orientierten Innovationsschritten
gegangen werden, die bisher
nicht denkbar waren. Pflege-
und Unterrichtsarbeit, Arbeit im
Zugteam des ICE und Verkauf
mit Beratung können gemein-
sam wahrscheinlich mehr für
die Gestaltung der Arbeit erreichen, als wenn man diese Kategorien entsprechend den volks-
oder betriebswirtschaftlichen Kategorien separiert.
Die Abbildung zeigt, dass Interaktion mit den Kunden kein Problem der personenbezogenen
Dienstleistungsarbeit allein ist. Baumgärtner und Bienzeisler (2006) führen eine Abstufung
der Interaktion in der Dienstleistungswirtschaft an, aber sie gehen den Schritt nicht in die neu-
en Produktionskonzepte, bei denen auch neue Interaktionsformen auftauchen, wenn man die
Öffnung der Produktion für den Kunden (z.B. in der Gläsernen Fabrik in Dresden oder im
Daimler Kundenzentrum) schon als Interaktion betrachten will.
Innovation durch Gute Wissensarbeit18
Ein zentrales Element der Wissensökonomie oder der Wissensintensiven Dienstleistungen
bildet die Wissensarbeit. Wissensarbeit wird nicht nur in der IKT-Branche geleistet, wobei sie
dann von der Arbeit der Freelancer bis zu vollindustrialisierten Arbeit in den Konzernen
reicht. Wissensarbeit wird aber auch in der Gesundheitswirtschaft, den Finanzdienst-
leistungen, der Medienbranche bis hin zu den staatlichen Verwaltungen geleistet. Wissens-
arbeiterInnen verfügen über ein breites Qualifikationsspektrum, von den Abschlüssen der
Lehre bis hin zur akademischen Ausbildung. Wissensarbeit ist im Sinne Baethges als „Arbeit
mit Symbolen“ und im Sinne Hackers als „monologische Arbeit“ zu verstehen. Insgesamt ist
die Definition von Wissensarbeit aber schwierig. Hermann (2004, S. 208 ff) zitiert mehrere
Definitionen, darunter die von Davenport (1996), die die ganze Problematik deutlich macht:
„..die Hauptaufgabe eines Wissensarbeiters <besteht> im Erwerben, Erzeugen, Bündeln und
Anwenden von Wissen...“. Dies ist deutlich an der Arbeitsaufgabe orientiert. „..Wissensarbeit
ist weniger durch Routine, als vielmehr durch Vielfalt und Ausnahmen gekennzeichnet“. Hier
wird eine Einschränkung gemacht, die aus der Arbeitsaufgabe nicht hervorgeht. Eine weitere
nicht aus der Arbeitsaufgabe abgeleitete Einschränkung folgt dann: „<sie> wird von Angehö-
rigen freier Berufe bzw. Fachkräften ausgeführt, die über ein hohes Maß an Fertigkeiten und
Kompetenzen verfügen“. Damit gleitet die Wissensarbeit in die akademischen Tätigkeiten
„wie Forschen, Entwickeln, Werben, Lehren sowie Dienstleistungen im Bereich Recht, Wirt-
schaftsprüfung und Unternehmensberatung“ ab. Wissensarbeit wird nicht mehr vom Gegen-
stand „Wissen“, sondern nur noch von der Qualifikation der Wissensarbeiter bestimmt. Dieser
18 So lautete der Titel einer Veröffentlichung von Schwemmle und Claus (2005)
Abbildung 9: Unterschiedliche Interaktionsniveaus
56
aus arbeitswissenschaftlicher Sicht nicht zielführende Schritt wird hier nicht nachverfolgt,
sondern Wissensarbeit wird durch den Gegenstand „Wissen“ bestimmt, gleichgültig über wel-
che Qualifikation und Kompetenz der Wissensarbeiter verfügt. Qualifikation und Kompetenz
leiten sich aus dem Arbeitsprozess ab. Dieser Ansatz ist auch deshalb notwendig, um zu er-
klären, warum auch Wissensarbeit Rationalisierungs- und Standardisierungsansätzen unter-
liegt und warum sich die Belastungssituation der Wissensarbeiter sich so verändert hat; denn
die Ansicht von Hermann, dass die Standardisierung und Arbeitsteilung von Wissensarbeit
(z.B. S. 220-221) nur eingeschränkt möglich sei, dürfte inzwischen von der Realität eingeholt
worden sein.
Mit dem Platzen der „Internet-Blase“ rückte die Belastungssituation in den IT-Unternehmen
in das Blickfeld. Dabei zeigte sich, dass sich die Belastungssituation bei weitem nicht so posi-
tiv darstellt, wie in den Medien immer berichtet wurde. Die neue Situation resultiert aus dem
Zusammenwirken unterschiedlicher Belastungsfaktoren, die sich gewissermaßen gegenseitig
hochschaukeln und so eine neue Belastungskonstellation bilden. Zu nennen ist hier eine deut-
lich wahrnehmbare Leistungsverdichtung bei einem gleichzeitig steigenden Durchschnittalter
in den Unternehmen, ein veränderter strategischer Umgang des Managements mit den Be-
schäftigten vor dem Hintergrund gewandelter ökonomischer Rahmenbedingungen, die Verän-
derung der „betrieblichen Sozialordnung“ und der Unternehmenskulturen sowie die Verbrei-
tung neuer Unsicherheiten für die Beschäftigten. Die Zunahme der psychischen Belastung
wirkt sich offenbar bei immer mehr IT-Fachleuten ungünstig auf ihre Leistungsfähigkeit und
Gesundheit aus. So weist etwa jeder Dritte bereits Anzeichen der chronischen Erholungsunfä-
higkeit auf. Dazu treten Faktoren des demographischen Wandels. Während die öffentliche
Meinung noch immer den oder die hoch belastbare/n, junge/n IT-Spezialistin/en sieht, hat sich
in den letzten Jahren ein deutlicher Wandel in den Altersstrukturen der Branche vollzogen:
Daten der Bundesagentur der Arbeit deuten darauf hin, dass um 2010 bereits jeder 2. IT-
Spezialist über vierzig sein wird. Damit stellen sich nicht nur neue Fragen der persönlichen
Gesunderhaltung sondern auch die Frage, wie die Innovationsfähigkeit der deutschen Unter-
nehmen erhalten werden kann. Basierend auf den vorhandenen Präventionsansätzen wurden
neue Ansätze und Konzepte der gesundheitlichen Prävention bzw. der Gesundheitsförderung
entwickelt, um eine menschengerechte Gestaltung der Wissensarbeit zu realisieren (insgesamt
zu dem Thema und zu den neuen Präventionsansätzen: Becke et al., 2010, zur Arbeitswissen-
schaft Zink, Weber, 2003).
Doch die Wissensökonomie geht nicht allein mit neuen Belastungen einher, sondern sie bietet
auch Chancen, mit Wissensintensiven Dienstleistungen neue Dienstleistungen (z.B. Winkel-
mann und Kremer, 2007) und neue Formen der Präventionsdienstleistungen anzubieten, die
über die gesetzlich vorgeschriebenen Formen hinausgehen können. „Dienstleistung Präventi-
on“ hieß der Ansatz, den Cernavin et al. (1998) konzipierten und den Cernavin in die erfolg-
reiche Internetdienstleistung „Prävention-online“ umsetzte (http.www.praevention-online.de).
Im Zuge der Beschreibung von Wissensarbeitern im Sinne von Davenport und in Verbindung
mit einer Selbstwahrnehmung als „Arbeitskraftunternehmer“ nehmen Wissensarbeiter beson-
ders auf akademisch qualifizierten Niveau ihre Interessen gegenüber dem Arbeitgeber anders
wahr als Wissensarbeiter in klassischen Strukturen. Martens (2012, S. 3-4) schreibt, „dass die
gewohnten repräsentativen Vertretungsstrukturen, also die Betriebsräte, unter Druck geraten.
Sie stehen den Beschäftigten bei der Bewältigung ihrer Arbeitsanforderungen, die von so et-
was wie Umstrukturierung der Arbeit in Permanenz gekennzeichnet sind, also in der Wahr-
nehmung ihrer Funktion als „Arbeitskraftunternehmer“ gewissermaßen im Wege.“ Allerdings
scheinen sich diese Ansichten im Zuge der ständigen Umstrukturierungen und auch der o.a.
„Industrialisierung“ der Wissensarbeit von Hochqualifizierten zu ändern. Die Sicherung der
57
Arbeits- und Beschäftigungsfähigkeit – auch im steigenden Alter bei manchem Wissensarbei-
ter setzt dies bei 35 Jahren ein – führt zu einer erneuten Stärkung der Beziehungen zwischen
Interessenvertretungen und Wissensarbeitern. Wenn man dann aber Gewerkschaften im Sinne
einer sozialen Bewegung kaiserlicher Zeiten begreift, hat man natürlich verloren. Auch unter
Einbezug ihrer Tradition kann gewerkschaftliche Organisation auch mit Zielen, Mitteln und
Methoden von Wissensarbeitern erfolgen.
Facharbeit als Gegenstand von Innovationsüberlegungen19
Am Übergang vom 20. in das 21. Jahrhundert war es nicht Konsens, zu behaupten, dass der
Erfolg in der Dienstleistungswirtschaft gezielte Humanresourcenentwicklung erfordert. Es
wurde deutlich unterschieden zwischen der „einfachen Arbeit“, die in einem Niedriglohn-
sektor zusammengefasst werden sollte, und der qualifizierten Wissensarbeit (gewöhnlich mit
akademischer Qualifizierung), die der eigentliche Innovationsträger war. Wichtige politische
Kreise realisierten nicht, dass der Erfolg der deutschen Produktion auf dem Zusammenwirken
der Triade Facharbeiter - Meister – Ingenieur beruhte. Es wurde nicht wahrgenommen, dass
ca. 60% der im Dienstleistungssektor beschäftigten Menschen über eine mittlere Qualifikation
verfügte (nach Reichwald, Schipanksi, Pößl, 2012, S. 21). Man konnte sich nicht vorstellen,
dass auch in der Dienstleistungswirtschaft die Unternehmen nur mit qualifizierten Arbeits-
kräften in die Lage versetzt werden, ihre hohen Investitionen in innovative Technologien zu
nutzen und gewinnbringend einzusetzen. Die hohe Interaktion mit den Kunden, die Wissens-
intensität zahlreicher Dienstleistungen und die Bedeutung impliziten Wissens sind Gründe
dafür, dass künftig wirtschaftlicher Erfolg nur bei einem ausreichenden Angebot an qualifi-
zierten Arbeitskräften möglich ist. Qualifizierungs- und Gestaltungsanstrengungen dürfen sich
nicht nur auf die akademischen Dienstleistungsberufe richten, sondern müssen sich auch mit
den Dienstleistungen beschäftigen, die ein mittleres Qualifikationsniveau erfordern. Denn es
ist auch in Zukunft davon auszugehen, dass
es wirtschafts- und sozialpolitisch unsinnig ist, die Anforderungen der Arbeitstätigkeit
immer nur auf einen akademischen Level auszurichten.
eine Gesellschaft, die auf dem Zusammenwirken von Produktion und Dienstleistungen
basiert, ähnlich wie die Industriegesellschaft der Vergangenheit, ein Zusammenwirken
von gut qualifizierten und ausgebildeten Facharbeitern mit akademisch ausgebildeten
Arbeitnehmern benötigt
Ein solcher Ansatz, der die Gestaltung der Dienstleistungsfacharbeit in den Mittelpunkt stellt,
berücksichtigt auch, dass Hilfs- und einfache Tätigkeiten immer weniger nachgefragt werden.
Er vermeidet auch die Probleme der Diskussion um die Schaffung eines Sektors mit ein-
fachsten Tätigkeiten, die nur mit staatlichen Subventionen in Betrieben zu verwirklichen ist.
Ausgangspunkt der Diskussionen zu Beginn des Jahrzehnts war die Konzeption des „Produz-
entenstolzes“ und ihre Entsprechung in der Dienstleistungsarbeit. Im Produkt tritt dem Wer-
ker das Ergebnis seiner Arbeit gegenüber und er kann positive oder negative Emotionen ihm
gegenüber entwickeln. Umstritten war, ob es überhaupt einen „Produzentenstolz“ bei Dienst-
leistungen geben kann, oder ob es sich um einen „Professionalisierungsstolz“ gehe. Dienst-
leistungsbeschäftigte entwickeln einen „Produzentenstolz“, der sich auf die Qualität von Kun-
denbeziehungen bezieht (zu verstehen als eine persönliche Leistung, die auf dem Selbstbe-
wusstsein des gekonnten Umgangs mit dem Kunden und seinen Ansprüchen fußt). Es geht
also um das gekonnte Umgehen mit komplexen Gemengelagen aus Arbeits- und Berufssitua-
19 Der folgende Text orientiert sich an der Veröffentlichung von Zühlke-Robinet und Bootz (2009), eine Über-
sicht über den Förschwerwerpunkt „ Dienstleistungsqualität durch professionelle Arbeit“ bei Zühlke-Robinet
(2012)
58
tion, normativen, ästhetischen und gebrauchswertorientierten Orientierungen und Einstellun-
gen. Es geht also um die Gestaltung von Dienstleistungskulturen im Sinne der Beschäftigten
und Kunden im Wechselspiel von Beschäftigungs-, Kunden-, Problemverhältnis und professi-
onellem Verständnis im Sinne der Berufsrolle mit dem Ziel, ein Bewusstsein von guter
Dienstleistungsarbeit entwickeln zu können. Als weitere Frage trat hinzu, wie gesellschaftli-
che Anerkennung (Wertschätzung) gerade bei Dienstleistungen im Zusammenhang mit „Stolz
auf die Arbeit“ steht. Entgegen des Mainstreams griff der „Impulskreis Dienstleistungen“ in
der Initiative „Partner für Innovation’“ die Gedanken auf (Kleppel/Siegel/Ganz 2005). Er sah
in „der mangelnden gesellschaftlichen Anerkennung und im fehlenden Stolz auf die eigene
Arbeit ein Haupthindernis für Dienstleistungsinnovationen und -professionalisierung in
Deutschland: Denn nur wer sich mit seiner Arbeit identifiziert, unternimmt auch Anstrengun-
gen, eigene innovative Vorschläge zu entwickeln.“ Aufbauend auf diesen Fragen entwickelte
er im Sommer 2005 ein forschungspolitisches Memorandum (Gabriel u. a. 2005), das dem
BMBF-Fachreferat überreicht wurde. Ein wichtiges Argument in der Ausarbeitung lautete:
„Es scheint uns allerdings lohnend, in Zukunft ein stärkeres Gewicht auf die Durchdringung der
Wertschöpfungsprozesse im Dienstleistungsbereich zu legen. Wenn die Innovationsfähigkeit ver-
bessert werden soll, ist die Kenntnis dieser Prozesse entscheidend. Dabei sollten die Arbeit, die Be-
schäftigten und die Bedingungen von Kompetenzentwicklung stärker ins Blickfeld genommen wer-
den. Innovationen werden von Menschen gemacht. Sie werden aber nur dann gemacht, wenn diese
ihren Beitrag zur Wertschöpfung kennen und ihn einschätzen können, wenn sie „Produzentenstolz“
entwickeln können, weil Unternehmen, Gesellschaft, Kunden und Kundinnen ihre Wertschätzung in
Anerkennung der Leistung und der Akzeptanz dafür angemessener Preise dokumentieren“ (Gabriel
u. a. 2005, 14).
Im Schlusswort des BMBF auf der 6. Dienstleistungstagung wurde eine entsprechende För-
derbekanntmachung angekündigt (Haugg 2006). Die Förderbekanntmachung wurde dann
nach über zwei Jahren Vorbereitung im Juni 2007 publiziert. (Zühlke-Robinet, 2011). 2012
erschien ein Übersichtsband über die Ergebnisse der Schwerpunktes (Reichwald, Frenz, Her-
mann, Schipanski, 2012).
Dieser am "Industrialismus“ orientierte Ansatz ist sich der von Baethge geäußerten Kritik be-
wusst. Baethge (1999, spezifisch 2011) hat keine Zweifel daran, daß das Berufsprinzip und
die Berufssystematik für die meisten Formen qualifizierter Dienstleistungen kein tragfähiges
organisatorisches Fundament mehr abgibt. Er begründet dies mit den gestiegenen Wissens-
und Theorieanteilen, der zunehmenden Internationalisierung der Handlungsfelder und dem
beschleunigten Wechsel von Marktkonstellationen. Er fordert stattdessen eine Lockerung des
Berufsprinzips, Schaffung alternativer Lernortarrangements zur alten Qualität unter Einbezug
von Hoch- und Fachhochschulen, konsequente Durchlässigkeit von der Berufs- zur Hoch-
schulausbildung und eine flexible Gestaltung des Verhältnisses von Erstausbildung und Wei-
terbildung.
Die Dynamik der mittleren Qualifikationsebene
Professionelle Dienstleistungsarbeit auf der mittleren Qualifikationsebene entsteht aus20 meh-
reren Quellen. Erstens einfache Tätigkeiten werden substantiell aufgewertet. Zweitens entste-
hen neue Tätigkeiten oder eine Anreicherung bestehender Tätigkeiten auf der mittleren Ebe-
20 Die Ergebnisse stützen sich auf die Auswertungen des Schlussbereichtes der Teilvorhaben Fachhochschule
Gelsenkirchen - Institut Arbeit und Technik, Gelsenkirchen: „Eine exemplarische Untersuchung am Beispiel der
Wirtschaftsbereiche Altenhilfe, Creative Industries, haushaltsnahe Dienstleistungen sowie Medizintechnik“
(01FD0672) sowie des Teilvorhabens des isw Institut für Strukturpolitik und Wirtschaftsförderung gGmbH,
Halle: „Eine exemplarische Untersuchung am Beispiel ausgewählter Wirtschaftsbereiche Bauwesen, Nanotech-
nologie, sicherheitsrelevante Dienstleistungen sowieTourismus“ (01FD0673) durch Klaus Zühlke-Robinet, PT-
DLR
59
ne. Zum dritten können Auslagerung und Aufteilung von höherwertigen Tätigkeiten auf die
mittlere Ebene durchgeführt werden. Als Treiber für die Ausweitung der mittleren Tätigkeits-
ebene werden ein starker Qualitäts- und Preiswettbewerb genannt. Von unten fördert ein star-
ker Qualitätswettbewerb die Zusammenfassung von Tätigkeiten um die Qualität zu sichern,
von oben begünstigt ein starker Preiswettbewerb eine Auslagerung und Aufteilung von höhe-
ren Tätigkeiten. In der „Mitte“ führen neue Aufgaben zu einer Ausdifferenzierung und Anrei-
cherung von Tätigkeiten sowie zur Entwicklung neuer Tätigkeiten.
Aufwertung einfacher Tätig-
keiten Neue Tätigkeiten oder Anrei-
cherung bestehender Tätigkei-
ten
Auslagerung und Aufteilung
von höheren Tätigkeiten
Hauswirtschaft Altenpflege Altenpflege Wohnungswirtschaft Wohnungswirtschaft Tourismus Kreativwirtschaft Kreativwirtschaft Kreativwirtschaft Sicherheitsdienstleistungen
Barrierefreies Bauen und
Wohnen
Barrierefreies Bauen und
Wohnen Medizintechnik Medizintechnik
Nanotechnologie Nanotechnologie
Tabelle 3: Entstehungswege für Tätigkeiten eines Mittleren Qualifikationsniveaus
Die Tabelle zeigt deutlich, dass die drei Prozesse in unterschiedlichen Feldern der Dienstleis-
tungswirtschaft wirksam sind. In den untersuchten Dienstleistungen ist eine dynamische Ent-
wicklung von Tätigkeiten der mittleren Ebene beobachtbar. Entgegen verbreiteten Thesen
erweist sich die mittlere Tätigkeitsebene in der Untersuchung als vital und ausbaufähig. Zwar
kann keine Aussage getroffen werden über das relative Wachstum dieser Ebene in Relation
zum Wachstum der Tätigkeiten, die in der Regel eine akademische Ausbildung erfordern. Die
Befunde widersprechen jedoch den Vorstellungen einer schwindenden mittleren Ebene oder
einer durchgängigen Akademisierung.
Die Bedeutung der mittleren Qualifikationsebene für ein Innovationscluster (hier Gesund-
heitswirtschaft) zeigt der «Pflegeheim Rating Report 2009», den das Essener Rheinisch-
Westfälische Institut für Wirtschaftsforschung (RWI) Ende September in Berlin vorstellte.
Untersucht wurden die Daten von allen 11 000 Pflegeheimen in Deutschland. Ihre wirtschaft-
liche Lage wird sich laut Studie langfristig stabilisieren, auch wenn es aktuell noch Überkapa-
zitäten gebe. Da immer weniger Angehörige die Pflege übernähmen, werde die Zahl der stati-
onären Pflegefälle bis zum Jahr 2020 voraussichtlich um 36 Prozent steigen. Damit würden
fast 80 000 zusätzliche Pflegefachkräfte gebraucht. Es gibt dabei allerdings ein Problem: Die
Altenpflege ist alles andere als ein Traumberuf ist. Schlechtes Image, harte Arbeit und vor
allem die niedrigen Löhne machen der bislang krisenfesten Branche zu schaffen - denn ohne
Personal kein Wachstum: "Der Mangel an qualifizierten Pflegefachkräften könnte für das
Wachstum des Pflegemarkts in manchen Regionen zu einem Problem werden", sagt Sebastian
Krolop Geschäftsführer der Unternehmensberatung Admed und Mitautor des "Pflegeheim
Rating Reports 2009" (nach FTD vom 4.10.2009).
Professionalisierung und Mittlere Qualifikationsebene
Birken (2012) unterscheidet zunächst zwei Professionalisierungskonzepte. Zum einen das
klassische, das sich durch Berufe, Ausbildung, Standesverbände und eine spezifische Profes-
sionsethik auszeichnet und als zweites die “Professionalität im Arbeitshandeln“, die sich
dadurch auszeichnet, dass die Anforderungen des Arbeitsprozesses erfolgreich bewältigt wer-
60
den. Während es zunächst aussieht, als ob nur das zweite Modell von Interesse wäre, stellt
Birken im folgenden dann ein Modell mit drei Ebenen der Professionalität und unterschiedli-
chen Professionalitätsdimensionen vor. Die untenstehende Tabelle ist Birken entnommen und
zeigt die Ebenen und Dimensionen.
Tabelle 4: Professionalitätsdimensionen interaktiver Arbeit, (nach Birkner, 2012, S. 329)
Ebene Professionalitätsdimension
Face-to-Face- Interaktion
Praktische Interaktions- KOMPETENZ
Gesamtarbeitsprozess (Betrieb) KOMPETENZ zur Organisation der eigenen Arbeit im
Gesamtarbeitsprozess
Gesellschaftliche Rahmenbedingungen der Arbeit Reflektierte Sorge um die Sicherung der Voraussetzun-
gen für gelingende Interaktive Arbeit
Mit diesem Ansatz gelingt es Birken, den individuell orientierten Kompetenzansatz mit einem
strukturellen Modell zu verbinden. Er kommt zu dem Schluss, dass die Frage der Professiona-
lisierung erst dann richtig gestellt ist, wenn „dabei sowohl die Analyseebenen Interaktion und
Betrieb als auch die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen der interaktiven Arbeit in den
Blick genommen werden....wird spätestens mit der Ebene der Strukturellen Rahmung der Ar-
beit ein Gestaltungsbereich betreten, in dem Veränderungen nicht mehr individuell über
Lernprozesse, sondern nur noch kollektiv über (arbeits-)politische Entscheidungen herbeige-
führt werden können.“ (Birken, 2012, S. 337). Interessant ist, dass Birken die letzte Ebene als
für die Beschäftigten am steinigsten beschreibt, insbesondere da das Feld der Arbeits- und
Interessenpolitik vielen Beschäftigten eher fremd zu sein scheint. Ein Versuch, diese Lücke
zu schließen ist sicher die Beteiligung der Vertretungen der Beschäftigten an Projekten und an
der Programmgestaltung, wie sie lange Zeit für die Arbeitsforschung kennzeichnend war. In
der Debatte um die Professionalisierung der Interaktiven Arbeit wird dieser Versuch mit dem
Artikel von Martin Beckmann (2012) wiederaufgenommen. Beckmann ist Referent im Be-
reich „Politik und Planung“ der Ver.di Bundesverwaltung. Noch ausgeprägter ist die Einbe-
ziehung der Intermediären Organisationen bei der Professionalisierung der IT-
Dienstleistungen in einer globalen Ökonomie. Hier stellen die IG Metall und Ver.di (Erke,
Heiman, Vaerst; Bayer; Hageni 2012) und Unternehmensverbände (Baukrowitz, Chung 2012)
ihre Positionen dar und zeigen in Zusammenarbeit mit Zertifizierungsorganisationen (z.B.
Littig 2012) auf, welche Wege auch im europäischen Kompetenzrahmen gangbar sind. Dieser
Ansatz ist sicher eine Konsequenz aus der „Industrialisierung der IT-Wirtschaft“ und der da-
mit verbundenen Entwicklung von Interessenverbänden; eine Entwicklung, die für den ge-
samten Dienstleistungssektor fehlt.
Untersuchungen zur Professionalisierung im Dienstleistungsbereich gab es schon in den Zei-
ten der Programme „Humanisierung des Arbeitslebens“ bzw. „Arbeit und Technik“ (beispiel-
haft für die Logistik: Bockelmann und Böseler, 1997 oder Borch und Weißmann, 1994, für
den Handel: Jacobsen und Hilf, 1995, für den ÖPNV: Minssen, 1988, Tränkle und Bailer,
1996). Allerdings verknüpften diese nicht Qualifikation und Kompetenz und stellten auch
nicht den Zusammenhang zwischen Professionalisierung, „Produzentenstolz“ und Wertschät-
zung in das Zentrum der Betrachtungen. Insbesondere schenkten sie den von Birkner darge-
stellten Ebenen der Professionalisierung aber viel zu wenig Beachtung. Bootz und Zühlke-
Robinet (2012) formulieren für die neuere Forschung im Programm „Innovationen mit
Dienstleistungen“, dass die Ergebnisse und Erkenntnisse in die laufende Debatte um die Ge-
staltung der Professionalisierungsstrukturen in der Dienstleistungswirtschaft und den Dienst-
61
leistungsunternehmen eingreifen soll und Denkanstösse geben soll, dass gute Dienstleistungs-
qualität die Professionalität voraussetzt.
62
Tabelle 5: Professionalisierung in der Dienstleisungsökonomie
Bereich Autoren21 Titel Erscheinungsort Betreuung/ Pflege:
Altenpflege
Wolfgang Schindele, Thomas Birken,
Isabel Herms
Professionalisierung und Gestaltung in der Altenpflege: Reflexi-
onschancen bereitstellen
Wolfgang Dunkel, Margret Weihrich (Hg.): Interaktive Arbeit, Springer
VS, S.389-404 (2012)
Betreuung/ Pflege:
Altenpflege
Kerstin Blass Altenpflege zwischen professioneller Kompetenzentwicklung
und struktureller Deprofessionalisierung
R. Reichwald, M. Frenz, S. Hermann; A. Schipanski (Hg.): Zukunftsfeld
Dienstleistungsarbeit, Springer Gabler (2012)
Betreuung/ Pflege:
Altenpflege
Grigorieva, Julia; Johannßen, Chris-
tine, Wahl, Wulf-Bodo
Auf dem Weg zur professionellen Gefühlsarbeit - Impulstage im
Verbundprojekt QUIERO
Präventiver Arbeits- und Gesundheitsschutz 2020: Prävention weiter-
denken! Aachener Reihe Mensch und Technik Bd. 63 (2010)
Betreuung/ Pflege:
Altenpflege
Fuchs-Frohnhofen, Paul; Blass, K.,
Dunkel, Wolfgang
Wertschätzung, Stolz und Professionalisierung in der Dienstleis-
tungsarbeit "Pflege"
Tectum Verlag Marburg (2010)
Betreuung/ Pflege:
Kindertagespflege
Stefan Heeg Professionalisierung in der Kindertagespflege R. Reichwald, M. Frenz, S. Hermann; A. Schipanski (Hg.): Zukunftsfeld
Dienstleistungsarbeit, Springer Gabler (2012)
Bildungsdienst-
leistungen
Martin Diart, Aleander Spitzner,
Volker Tremet
Professionalisierung und Qualifizierung von Bildungsdienstleis-
tern
R. Reichwald, M. Frenz, S. Hermann; A. Schipanski (Hg.): Zukunftsfeld
Dienstleistungsarbeit, Springer Gabler (2012)
Energieberatung Frenz, Martin; Unger, Tim; Schlick,
Christopher M.
Moderne Beruflichkeit Wbv Bielefeld (2011)
Entsorgung Ivonne Kinne et al. Dienstleistungsarbeit im technischen Umweltschutz R. Reichwald, M. Frenz, S. Hermann; A. Schipanski (Hg.): Zukunftsfeld
Dienstleistungsarbeit, Springer Gabler (2012)
Gebäudereinigung Hermann, Sibylle; Pankau, Klaus,
Martinez, Simone
"What's my line? I'm happy cleaning windows." Gebäude-
reinigung zwischen Hausfrauenimage und Hightech-Professiona-
lisierung
In: Gatermann, Inken; Fleck, Myriam (Hrsg.): Mit Dienstleistungen
Zukunft gestalten Impulse aus Forschung und Praxis, (2011)
Gesundheitswirtschaft Budych, Karolina; Pelleter, Jörg,
Schultz, Carsten; Helms, Thomas
Qualifikationskonzept Telemedizin-Assistent - Ein Szenario zur
Professionalisierung der Telemedizin
E-Health.com 4, pp. 53-56 (2010)
Gesundheitswirtschaft /
Wellness
Peter Kalkowski, Gerd Paul Hochwertige Dienstleistungen für die Job-Maschine Wellness ? R. Reichwald, M. Frenz, S. Hermann; A. Schipanski (Hg.): Zukunftsfeld
Dienstleistungsarbeit, Springer Gabler (2012)
Hotellerie Mark Alish, Eric Treske Service Storys – spielerische Personalentwicklung in der Hotel-
lerie
Wolfgang Dunkel, Margret Weihrich (Hg.): Interaktive Arbeit, Springer
VS, S.389-404 (2012)
Hotellerie/ Gebäude-
reinigung
Cisco, Agostino Bitte stören! - Qualifizierung als Voraussetzung für professionel-
le Arbeit am Beispiel der Zimmerreinigung in der Hotellerie
Gatermann, I.; Fleck, M. (Hg.): Technologie und Dienstleistung - Inno-
vationen in Forschung, Wissenschaft und Unternehmen. Campus Verlag,
(2008)
IT-Dienstleistungen Andreas Boes, Andrea Baukrowitz,
Tobias Kämpf, Kira Marrs
Qualifizieren für eine global vernetzte Ökonomie Springer Gabler (2012)
Personentransport Gereon Stock, Stefan Hilger, Erd-
muth Hemman-Kuhne, Kai Beutler
Professionalisierung von Dienstleistungsarbeit in Schlüsselbran-
chen des Verkehrssektors
R. Reichwald, M. Frenz, S. Hermann; A. Schipanski (Hg.): Zukunftsfeld
Dienstleistungsarbeit, Springer Gabler (2012)
21 Soweit die Literaturangaben nicht im Text bearbeitet sind, werden sie in der Literaturdarstellung ncht berücksichtigt.
63
Die Tabelle Tabelle 5: Professionalisierung in der Dienstleisungsökonomie versucht die ver-
schiedenen Herangehensweisen im entsprechenden Schwerpunkt des Dienstleistungsfor-
schungsprogramms aufzulisten (ohne den Anspruch auf Vollständigkeit zu erheben). Zu-
nächst einmal ist festzuhalten, dass es weder ein einheitliches Professionalisierungskonzept
gibt, noch einen einheitlichen Ansatz zur Beschreibung der zu Grunde liegenden Dienstleis-
tungsarbeit. Die Gruppe aus München/ Augsburg um Schindele, Blass, Alish, Dunkel (jeweils
Erstautoren) nähern sich vom Modell der Interaktiven Arbeit dem Thema und versuchen aus
dieser Sicht Arbeit und Professionalisierung in verschiedenen Anwendungsbereichen (Be-
treuung/ Pflege; Hotellerie) zu beschreiben. Sie setzen damit die schon begonnene Forschung
um die „Interaktionsarbeit“ fort. Martin (Erstautor) geht von der interdisziplinären Herange-
hensweise der Berufspädagogik und der Arbeitswissenschaft aus, um die Professionalisie-
rungsansätze im Bereich „Energieberatung“ zu beschreiben. Inwieweit diese Herangehens-
weise auf andere Bereiche zu übertragen ist, muss geprüft werden. Der Ansatz, eine Disziplin
der Arbeitsforschung mit Ansätzen der Professionalisierungsforschung auf einen Bereich an-
zuwenden, liegt den meisten anderen Ansätzen zu Grunde (eine Ausnahme bildet hier Grigo-
rieva, deren Untersuchung das Konzept der Gefühlsarbeit zu Grunde liegt). Inwieweit diese
interdisziplinären Ansätze ohne gemeinsames Modell (s. auch die Diskussion um Dienstleis-
tungsforschung) zu allgemeinen Wissensfortschritten beitragen, wird die Zukunft zeigen müs-
sen.
Ausgangspunkt der Professionalisierungsanstrengungen sind „Marktprobleme“, die neue
Dienstleistungsangebote erfordern. Die „Marktprobleme“ können unterschiedlicher Art sein.
In der Energieberatung ist es ein neuer Markt, bei den IT-Dienstleistungen sind es neue For-
men der Internationalisierung, in der Pflege sind es die neuen Finanzierungsformen, im
ÖPNV-Sektor sind es die neuen Vergabeformen und die noch immer bestehenden Belas-
tungsprobleme bei den Fahrern. Die meisten Lösungsansätze zielen auf die Ebenen „Arbeit“
und „Organisation“. Kalkowski und Paul bilden eine Ausnahme, wenn sie die Wege zur Ge-
staltung der Rahmenbedingungen (Bündelung der Interessen durch Verbandsstrukturen auf
Unternehmensseite) in ihre Überlegungen einbeziehen. Auch der weitergehende Prozess der
staatlichen Aufgaben im Rahmen der Entwicklung von Berufen bleibt unterbelichtet, obwohl
gesehen wird, welche Vorteile die „Früherkennung“ beruflicher Anforderungen für die IT-
Wirtschaft geboten hat.
Die Reaktion auf Herausforderungen des Marktes mit Professionalisierungsstrategien zu ant-
worten, ist für viele Unternehmen nicht zwingend. Sie versuchen statt dieser High-Road-
Strategie den Wettbewerb über die Preisgestaltung zu führen. Dieser Weg ist häufig, muss
aber nicht, mit Deprofessionalisierung, hohen Belastungen und Niedriglohn verbunden. Wie
Blass zeigt, ist dies nicht nur in neuen Märkten der Fall, sondern kann auch in einem Feld mit
verhältnismäßig hoher Professionalisierung drohen.
Für Blass hat ein wichtiger Teil der Professionalisierungsdebatte in der Dienstleistungs-
wirtschaft mit der geschlechterspezifischen Arbeitsmarktsegmentierung zu tun. Der normale
Professionalisierungsansatz ist ein typisch „männlicher Ansatz in der Produktion“. Blass geht
dabei besonders auf die Pflegeberufe ein, ihre Argumentation gilt aber auch in den angespro-
chenen Bereichen der Kindertagespflege, der Gebäudereinigung und der Hotellerie. Kenn-
zeichnend ist die Betrachtung der Arbeit in diesen Sektoren als „hausarbeitsnah“. Solche
Dienstleistungen – so könnte man mit Blass das Urteil der Allgemeinheit formulieren – sind
einer unentgeltlichen Versorgungsleistung im Privaten gleichzusetzen. Die dazu notwendigen
Qualifikationen und Kompetenzen seien bei Frauen a priori zu finden und benötigten angeb-
lich keine berufliche Qualifikation. Die damit zusammenhängende Arbeitsmarktseg-
mentierung dürfte inzwischen ein massives Innovationshemmnis darstellen. Zum einen dürfte
64
sich das Selbstverständnis der Frauen als „industrielle Reservearmee“ geändert haben, zum
anderen hat auch die – wie immer zu bewertende – „Industrialisierung“ der Dienstleistungen
dazu geführt, dass sie nicht mehr ohne ausreichende Qualifikation ausführbar sind. So beur-
teilen Experten den Umgang mit modernen Hightechmaterialien, mit neuen Reinigungs-
mitteln und innovativen Reinigungsverfahren als nicht weniger anspruchsvoll als die Arbeit in
Fertigung, Montage oder Handwerk. Trotzdem bleibt die Situation der Gebäudefacharbeit
prekär. Es fehlen Ausbildungswege und -profile, aber auch Tarifverträge, und damit gibt es
auch keine „Berufspolitik“ (Pankau, 2010,
http://www.fes.de/wiso/pdf/dienstleistung/2010/170610 /pankau_Thesen.pdf
Wertschätzung von Dienstleistungsarbeit
Es soll hier nicht auf Fragen innerbetrieblichen Wertschätzung der Arbeit oder auf Fragen des
(Mitarbeiter)stolzes und der Wertschätzung eingegangen werden (hierzu ausführlich die Bei-
träge im Teil 3 von Reichwald, Frenz, Hermann und Schipanksi, 2012 oder auch bei Fuchs-
Frohnhofen, Blass, Dunkel, 2010, aus Sicht der Betroffenen: Ver.di 2011). Im Mittelpunkt der
folgenden Betrachtungen steht die Frage der Wertschätzung der Öffentlichkeit für Dienstleis-
tungen und für Dienstleistungsarbeit. Ciesinger, Fischbach, Klatt und Neuendorff (2011) ha-
ben sich ausführlich mit der Wahrnehmung der Öffentlichkeit in der Gesundheitswirtschaft
und im Handel auseinandergesetzt.
Die Ergebnisse sind differenziert und für die Untersucher z.T. überraschend. Zunächst einmal
finden sie die erwartete durchgängige geringere Wertschätzung der Altenpflege gegenüber der
Krankenpflege nicht (Klatt et al, S. 43, 2011). Stattdessen kristallisieren sich „differenzierte
Einschätzungen und zugleich homogene Perspektiven auf die Einrichtungen einerseits und die
Beschäftigten in der Alten- und Krankenpflege andrerseits heraus“. Die Kompetenzen des
Personals, aber auch die Qualität der Dienstleistungen werden gegenüber der Professionalität
der Einrichtungen (gebildet aus den Items zu Arbeitsbedingungen, Verdienstmöglichkeit,
Aufstiegsmöglichkeit, Qualifikation, Innovativität) deutlich besser bewertet. Interessant dabei
ist auch die Differenz zwischen dem Urteil der Öffentlichkeit und den Transparenzberichten
des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen (MDK). Goesmann, Klatt, Lisakowski (2011)
berichten, dass die Urteile des MDK positiver ausfallen als die der Befragten mit eigener Er-
fahrung und die wiederum positiver sind als die Urteile der Befragten ohne Erfahrung. Diese
Aussagen gelten sowohl für die stationäre als auch die ambulante Pflege. Extrem werden die
Unterschiede in der Bewertung der Einschätzung der Wohnqualität. Hier vergibt der MDK in
86% der Fälle die Note „Sehr gut“, während dies nur 6,5%der Befragten mit Erfahrung und
2,5% der Befragten ohne Erfahrung tun.
Auch für den Handel (Lebensmittel- und Elektronikeinzelhandel) sind die Ergebnisse der Be-
fragung sehr differenziert (Klatt, Ciesinger 2011). Zwar halten die Befragten die Berufe im
Einzelhandel für generell wichtig, das Verkaufen selbst genießt aber kein hohes Ansehen und
nur etwa 50% der Befragten sagen, dass Verkäufer stolz auf ihren Beruf sein können. Eine
besonders schlechte Bewertung erfahren de Arbeitsbedingungen, Verdienst- und Aufstiegs-
möglichkeiten in allen Bereichen des Einzelhandels.
Die eingesetzte Methodik macht einen Vergleich der öffentlichen Wertschätzung für die Pfle-
ge und den Handel möglich. Zunächst einmal ist die Öffentlichkeit der Ansicht, dass die Be-
schäftigten in der Pflege eher auf ihren Beruf stolz sein können (90% in der Pflege; 52% im
Handel). Sie vergibt aber der Qualität der Dienstleistung im Handel eine deutlich bessere Be-
wertung als der Qualität der Dienstleistung in der Pflege. Ein Zeichen, dass hier in der Pflege
professionelleres Agieren auf Unternehmensebene notwendig ist. In beiden Bereichen werden
de Arbeitsbedingungen, Verdienst- und Aufstiegsmöglichkeiten als schlecht bewertet. Die
65
Autoren kommen hier zu dem Schluss: „Es muss als Alarmsignal bewertet werden, dass Ar-
beit ..... als genau so wenig attraktiv angenommen wird wie in der Pflege. Damit scheint der
Nachwuchsmangel vorprogrammiert.“ (Klatt, Ciesinger, 2011, S. 105)
66
Tabelle 6: Wertschätzung von Dienstleistungen
Bereich Autoren22 Titel Erscheinungsort Logistik/ Bahn Koch-Falkenberg, Carolyn; Krat-
zer, Nick; Treske, Eric
Gestaltung der DB Services: Sichtbarkeit verbessern,
Wertschätzung erhöhen
In: Dunkel, W.; Weihrich, m. (Hg.): interaktive Arbeit, Springer
VS S. 419 –435 (2012)
Gesundheitswirt-
schaft/ Pflege
Von der Malsburg, Andrea et al. Handlungsanregung „Wertschätzungsfördernde Öffent-
lichkeitsarbeit als Leitungsaufgabe“
In: Fuchs-Frohnhofen, P. et al.(Hg.): PflegeWert, Kuratorium
Deutsche Altershilfe, S. 342-370 (2012)
Gesundheitswirt-
schaft/ Alten- und
Krankenpflege
Rüdiger Klatt et al. Alten- und Krankenpflege im Spiegel der öffentlichen
Wahrnehmung - Ergebnisse einer repräsentativen Bevöl-
kerungsbefragung zur Wertschätzung zweier Dienst-
leistungsberufe
Ciesinger, K.-G.; Fischbach, A., Klatt, R.; Neuendorff, H. (Hg.):
Berufe im Schatten – Wertschätzung von Dienstleistungsberufen,
LIT Verlag, Berlin, S. 31-52, (2011)
Gesundheitswirt-
schaft/ Altenpflege
Christina Goesmann, Rüdiger
Klatt, Annika Lisakowski
Der Blick von außen":
Ist die Altenpflege so gut (oder schlecht) wie ihr Ruf?
Ciesinger, K.-G.; Fischbach, A., Klatt, R.; Neuendorff, H. (Hg.):
Berufe im Schatten – Wertschätzung von Dienstleistungsberufen,
LIT Verlag, Berlin, S. 79 - 95, (2011)
Handel Rüdiger Klatt, Kurt-Georg Cie-
singer
Der Einzelhandel im Spiegel der öffentlichen Wahr-
nehmung -Ergebnisse einer repräsentativen Befragung zur
Wertschätzung von Verkaufsberufen
Ciesinger, K.-G.; Fischbach, A., Klatt, R.; Neuendorff, H. (Hg.):
Berufe im Schatten – Wertschätzung von Dienstleistungsberufen,
LIT Verlag, Berlin,, S. 97 -110, (2011)
Handel Andrea Fischbach et al. Service erfolgreich gestalten -
Wertschöpfung durch Wertschätzung im Einzelhandel
Ciesinger, K.-G.; Fischbach, A., Klatt, R.; Neuendorff, H. (Hg.):
Berufe im Schatten – Wertschätzung von Dienstleistung berufen,
LIT Verlag, Berlin, S.111 - 142, (2011)
Gesundheitswirt-
schaft/ Pflege
Handel
Henrik Cohnen, Rüdiger Klatt Innovationsmotor Wertschätzung -Was Einzelhandel und
Pflege voneinander lernen können. Ein Vergleich.
Ciesinger, K.-G.; Fischbach, A., Klatt, R.; Neuendorff, H. (Hg.):
Berufe im Schatten – Wertschätzung von Dienstleistungsberufen,
LIT Verlag, Berlin, S. 143 – 158, (2011)
Andrea Fischbach, Claudia M.
Wagner Catharina Decker Jessica
Boltz
Kundenseitige Wertschätzung erhöhen und nutzen -
Entwicklung und erster Praxistest des Kunden-Feedback-
Tools TEK
Ciesinger, K.-G.; Fischbach, A., Klatt, R.; Neuendorff, H. (Hg.):
Berufe im Schatten – Wertschätzung von Dienstleistungsberufen,
LIT Verlag, Berlin, S. 217 -224, (2011)
22 Soweit die Literaturangaben nicht im Text bearbeitet sind, werden sie in der Literaturdarstellung nicht berücksichtigt.
67
Innovationsfaktor: Demografische Entwicklung Im öffentlichen Meinungsbild23 fokussiert sich bislang die Betrachtung der Demografie als
wirtschaftlicher Faktor sehr deutlich nur auf den Prozess und den Zustand des Alterns der
Gesellschaft. Dabei kann man im Wesentlichen drei Betrachtungsschwerpunkte erkennen:
1. Überalterung Deutschlands, soziale Sicherungssysteme: Hierbei wird vor allem die
steigende Kostenlast für Ausgaben der immer größer werdenden Gruppe der Senioren
gesehen im Verhältnis zur schrumpfenden Gruppe der Beschäftigten. Dazu gehört
auch ein Großteil der medizinischen Forschung.
2. Räumliche Komponente: Ein bekanntes Phänomen räumliche Komponenten des Al-
terns sind die Altersruhesitzwanderungen. Dies ist insbesondere ein Thema der Regio-
nalentwicklung.
3. Altern im Prozess der Arbeit: Der Anstieg des Durchschnittsalters der Bevölkerung
bleibt nicht ohne Folgen für die Betriebe. Dies war Thema der Arbeitsforschung seit
Beginn der 90er Jahre.
Ein wichtiger Ansatz aber fehlt: Bislang wurde das Altern der Gesellschaft überwiegend als
ein Problem für die hochentwickelten Dienstleistungsstaaten und als Kostenfaktor für das
Renten- und Sozialsystem angesehen. Alte Menschen erscheinen als schwach, krank, behin-
dert. Demographische Veränderungen in Deutschland dürfen nicht nur unter dem Gesichts-
punkt der Renten- oder Gesundheitsproblematik gesehen werden, sondern unter dem verän-
derten Selbstbild der Älteren. Dies erfordert neben der auszubauenden staatlichen Fürsorge
auch privatwirtschaftliche Initiativen und macht die Entwicklung neuer Dienstleistungen und
Technologien auf allen Sektoren sinnvoll und möglich. Das Leitbild "Gemeinsam Zusammen-
leben - Das Leben selbstständig gestalten" zielt auf ein Zusammenleben verschiedener Grup-
pen in einer Gesellschaft. Grundgedanke der Vision ist das gemeinsame Leben von Jüngeren
und Älteren, Familien und Singles bei individueller Gestaltungsfreiheit auf Basis der persön-
lichen Fähigkeiten und Bedürfnisse – kurz die Entwicklung der Solidarität zwischen den Ge-
nerationen. Die Interessen der jungen Erwerbstätigen, die sich möglicherweise vor allem Zeit
für ihre Kinder und eine Erwerbstätigkeit zu einem späteren Zeitpunkt wünschen, kann mit
dem Interesse Älterer an einer Verlängerung der Berufstätigkeit einhergehen. Teilzeitbeschäf-
tigung und Ruhestand sind dann keine Gegensätze mehr. So verliert der 3. Lebensabschnitt,
das Rentenalter, seine Konturen. Fest steht dabei, dass mit steigender Lebenserwartung das
Alter ein eigenständiger, gestaltbarer Lebensabschnitt wird. Die aktive, selbständige Lebens-
phase wird länger. Um trotz der großen Unterschiede zwischen den Gruppen neue Formen des
sozialen Zusammenlebens zu ermöglichen, sind neue technische, wirtschaftliche und organi-
satorische Lösungen erforderlich. Technisch unterstützte Dienstleistungen verbunden mit ei-
ner Unterstützung des Community -Buildings versetzen Menschen aller Altersgruppen in die
Lage, selbstbestimmt ihr Leben zu gestalten, sich den verändernden körperlichen und geisti-
gen Fähigkeiten zu stellen und in einer solidarischen Gemeinschaft zu leben. Technologien
sind dabei mit (bezahlbaren) Dienstleistungen verbunden. Durch die Communities kann man
den Bedürfnissen einzelner demografischer Gruppen gerecht werden, diese aber wiederum
gesellschaftlich integrieren. Bei der regionalen und lokalen Infrastruktur sowie dem Angebot
an Gütern und Dienstleistungen müssen Lösungen gefunden werden, die von Menschen in
ihren unterschiedlichen Lebenssituationen genutzt werden können. Durch den barrierefreien,
23 Die Argumentation folgt hier der Bekanntmachung „Technik, Demografie, Dienstleistungen“ des BMBF.
Weitere Informationen: http://www.dienstleistungundtechnik.de/
68
generationenübergreifenden Ansatz kommen hohe Ansprüche auf Gesellschaft, Wirtschaft
und auch Forschung zu.
Das BMBF hat diesen Gedanken aufgegriffen und nach einer Reihe von Workshops und Dis-
kussionen mit dem Programm "Mikrosystemtechnik " eine Bekanntmachung "Technologie
und Dienstleistungen im demografischen Wandel24" veröffentlicht. Dieser Innovationsfaktor
ist aber weiter auszugestalten.
24 weitere Hinweise im Kapitel „Technik-Automatisierung“ und hier:
http://www.dienstleistungundtechnik.de/dite-index2.html
69
Wissenschaft um Dienstleistungen als Innovationsobjekt
Der nun folgende Abschnitt ist ohne die Lehrbücher zum Thema „Service Science “, die Er-
gebnisse der Diskussionen der Gruppe 3sR, die Diskussionen um das Schwerpunktheft
„Dienstleistungsarbeit zwischen Niedriglohn, Professionalisierung und Innovation “ der
WSI-Mitteilungen nicht denkbar. Die Arbeiten der Kollegen und Kolleginnen, die in der
„Taskforce Dienstleistungen“ den Weg zu einer Service Science aufgezeigt haben, die Beiträ-
ge aus der 8. Dienstleistungstagung des BMBF (insbesondere den Beitrag von Christopher
Schlick, dem ich viele Gedanken bei der Analogie zwischen Arbeits- und Dienstleistungswis-
senschaft entnommen habe) haben Wege aufgezeigt, die möglicherweise zu einer „Dienstleis-
tungswissenschaft“ führen.
Der erste Schritt der BMBF-Initiative „Dienstleistungen für das 21. Jahrhundert“ war eine ex-
ante-Evaluation, in der nicht nur die Forschungsnotwendigkeiten, sondern auch Hand-
lungsempfehlungen zur „Stärkung des Dienstleistungssektors“ erarbeitet werden sollten (Bul-
linger, 1998). Ziel dieser Handlungsempfehlungen sollte es sein, „ein positives Klima für
Dienstleistungen zu schaffen...Dabei geht es nicht um eine Entscheidung ‚Dienstleistung oder
Produktion’..“ (Ganz, Hermann, Neuburger, S. 82). Diese Handlungsempfehlungen basierten
auf Anregungen aus den 14 Arbeitskreisen, den Empfehlungen des nationalen und internati-
onalen Beirates sowie verschiedener anderer Expertengremien. Empfänger der Handlungs-
empfehlungen waren privatwirtschaftliche und öffentliche Dienstleistungsorganisationen,
intermediäre Instanzen sowie Wissenschaft und Politik. Die Handlungsempfehlungen glieder-
ten sich in vier Handlungsfelder:
- Verbesserung der Infrastrukturdienstleistungen
- Mobilisierung von Dienstleistungsinnovationen
- Neue Unternehmen und neue Märkte sowie
- „Political Leadership“ und Grundlagenentscheidungen.
Jedes der Handlungsfelder war wiederum in Aufgabenbereiche unterteilt. Im Handlungsfeld 1
wurde als eine Aufgabe definiert: dass Forschung und Wissenschaft einen Beitrag für die Mo-
bilisierungspotenziale leisten können, wenn sie sich nicht so stark am Produktionssektor ori-
entieren würden. Abgeleitet daraus wird aber nur eine stärkere Ausrichtung staatlicher For-
schungsprogramme am Dienstleistungssektor, eine Forderung, die leider auch heute noch
Gültigkeit hat.
Über diese Handlungsempfehlung hinaus gehen die von Wiedmann und Brettreich-
Teichmann im gleichen Band formulierten Thesen, die sich an den Voraussetzungen für eine
zukunftsfähige Gesellschaft orientieren. Sie fordern dort „dienstleistungsorientierte Reformu-
lierung von Wissenschaftsbereichen (z.B. Soziologie, Arbeitswissenschaft, Betriebswirt-
schaft) sowie die Ermittlung des notwendigen Anpassungsbedarf der FuE-Infrastrukturen“ (S.
79). Der erste Teil der Forderung richtet sich an eine Reformulierung von Wissenschaft, der
zweite an eine Neuaufstellung von Forschung. Im Folgenden soll versucht werden, hier eine
stärkere Trennung vorzunehmen. Wissenschaft umfasst die Organisation und Erweiterung des
Wissens, die Weitergabe dieses Wissens (auf allen Stufen, auch wenn zunächst nur die aka-
demische betrachtet wird) und die (gesellschaftliche) Organisation dieses Prozesses. For-
schung ist der Prozess innerhalb eines wissenschaftlichen Systems, der für die Erweiterung
des Wissens Sorge trägt. Nach dieser Vorstellung fordern Ganz et al. sowie Wiedmann und
Brettreich-Teichman zunächst einen Ausbau der Forschungskapazitäten, sei es durch For-
schungsprogramme oder durch zusätzliche Infrastrukturen. Diese Linie wird im Folgenden
mit dem Begriff der „Dienstleistungsforschung “ umschrieben. Die andere Forderung von
70
Wiedmann und Brettreich-Teichmann bezieht sich auf die Ausgestaltung einer Wissenschaft
selbst, diese Linie wird im Folgenden mit „Dienstleistungswissenschaft “ umschrieben.
Diese beiden Ansätze, die sich in der politischen Welt als Forschungs- bzw. Wissenschafts-
oder sogar Bildungspolitik widerspiegeln, sind in der gesellschaftlichen Realität Deutschlands
unterschiedlich verankert. Forschungspolitik fällt in die Zuständigkeit des Bundes, und eine
Forderung nach Ausbau der Forschung ist damit (relativ) einfach umzusetzen. Wissenschafts-
und Bildungspolitik sind in der Verantwortung der Länder. Damit ist eine politische Flankie-
rung der „dienstleistungsorientierte(n) Reformulierung von Wissenschaftsbereichen“ (fast) ein
Ding der Unmöglichkeit.
Die Forderung nach einer quantitativen Ausweitung der Forschungsanstrengungen beruhte auf
dem Vergleich der Wertschöpfung durch Dienstleistungen und dem Anteil der Dienstleis-
tungsforschung an den staatlichen Forschungsaufwendungen. So stellte Mangold (1997) fest,
dass die Forschung - und Entwicklungspolitik zu stark auf den industriellen Bereich ausge-
richtet ist. Auf diesen entfielen 90% der Forschungsaufwendungen, obwohl er nur ca. 30%
des Bruttosozialproduktes ausmache. In den USA und Japan stünden schon 25% der staatli-
chen Forschungs- und Entwicklungsförderungen für den Dienstleistungssektor bereit. Neben
diesen Aussagen zur Forschungsförderung, die ja entsprechende Kapazitäten im Wissen-
schaftssektor voraussetzt, bestand der Eindruck, dass die Dienstleistungen in der akademi-
schen Wissenschaft gemessen an der Produktion zu gering vertreten sind. So gab es 1995 nur
einen Lehrstuhl für Dienstleistungsmanagement in Deutschland (Prof. Dr. Stauss, Universität
Eichstätt-Ingolstadt).
Die Forderung nach Ausgestaltung der Wissenschaftsdisziplinen beruhte auf einem Unwohl-
sein mit den der jeweiligen Wissenschaft zu Grunde liegenden Paradigmen. Als Beispiel die
Arbeitswissenschaft: Was ist ein ganzheitlicher Arbeitsinhalt im Handel ? Oder: Wie wird ein
Dienstleistungsprozess systematisch entwickelt und wie wird daraus ein Arbeitsprozess abge-
leitet? Kann die Betriebswirtschaft ein Modell der Dienstleistungsproduktivität bereitstellen?
Insgesamt gingen Brettreich-Teichmann und Wiedmann davon aus, dass solchen Fragen dis-
ziplinimmanent oder durch einen interdisziplinären Ansatz gelöst werden könnten, die Defini-
tion eines neuen Wissenschaftsbereiches stand damals nicht zur Debatte.
Meiren greift 2009 (Meiren, 200925) in dem Internationalen Monitoringvorhaben des BMBF-
Förderschwerpunktes „Innovationen mit Dienstleistungen “ die Frage erneut auf, ob eine
„Dienstleistungstheorie“ notwendig ist. Als ein Ergebnis der internationalen Expertenbefra-
gung ergab sich, dass der Handlungsbedarf hinsichtlich Definitionen und Typologie als relativ
gering eingeschätzt wird. Sehr viel höher werden dagegen die Forschungsnotwendigkeiten
hinsichtlich der Modell- und Systementwicklung bewertet. Trotz der vorliegenden Ansätze
„fehle bis heute in vielen Bereichen ein grundsätzliches Verständnis von Dienstleistungssys-
temen“ (a.a.O. S. 39).
Ziel der nachfolgenden Betrachtungen ist zu prüfen, ob und wie diese Forderungen nach einer
wissenschaftsimmanenten Weiterentwicklung der Forschung mit entsprechenden neuen Para-
digmen und Vorgehensweisen sowie die Weiterentwicklung der Wissenschaftsbereiche selbst
sich in der heutigen Wissenschafts- und Forschungslandschaft niedergeschlagen haben.
25 Das Erscheinungsdatum der deutschen Version. Die englische Version erschien Spath, D. und Ganz W. (Eds.):
The Future of Services 2008 im Hanser Verlag
71
Transformationsrichtungen der Dienstleistungsforschung
Die dienstleistungsorientierte Forschung basierte wissenschaftlich auf den „Dienstleistungs-
wissenschaften“, also den Basisdisziplinen, aus denen der Forschungsansatz stammte. Diese
Dienstleistungswissenschaften haben das Drei-Sektoren-Modell nie grundsätzlich in Frage
gestellt und versuchten, die Besonderheiten der Dienstleistungen nachträglich zu definieren.
Dort wo sie es ohne Probleme handhaben konnte (z.B. im Dienstleistungsmarketing ) nutzten
sie es, in anderen Fällen entwickelten sie innerhalb der Basisdisziplin neue Ansätze, die mit
dem Drei-Sektoren-Modell vereinbar erschienen. Dazu gehören beispielhaft das Service En-
gineering (aus den Ingenieurwissenschaften), die Konzentration auf Arbeit und den Arbeits-
gegenstand (aus der Arbeitswissenschaft), und die Einführung des Konzeptes der Hybriden
Wertschöpfung (aus der Betriebswirtschaft). Während die Überwindung des Drei-Sektoren-
Modells in den beiden ersten Ansätzen nicht offen diskutiert wird, wird mit dem Konzept der
hybriden Wertschöpfung das Drei-Sektoren-Modell völlig außer Kraft gesetzt. Es kommt
nicht mehr darauf an, welchem Sektor ein Unternehmen angehört, sondern welche Leistungen
erbracht werden müssen, um in einer Interaktion mit Partnern erfolgreich zu sein. Allerdings
gehen die Forscher noch nicht den Schritt, eine eigene Wissenschaftsdisziplin zu definieren.
Interdisziplinarität als Grundmodell der Dienstleistungsforschung
Die Reaktion mit neuen Forschungsparadigmen auf eine Herausforderung ist eine wissen-
schaftsimmanente Reaktion, d.h. einzelne Disziplinen entwickeln die eigenen Paradigmen
weiter. Danach stellen sich weitere Fragen: Erstens: Genügt mein disziplinorientierter Ansatz
zur Lösung praktischer Probleme und zweitens: Wie vermittle ich das durch Forschung er-
worbene Wissen ? Die Dienstleistungsforschung stellt sich der ersten Frage mit der Forderung
nach einem interdisziplinären oder sogar „transdisziplinären“ Ansatz (Bamberg, 2011; Fürs-
tenberg 2011). Die Forscher beschäftigen sich mit der Zusammenarbeit zwischen den For-
schungsdisziplinen. Ungeklärt lassen sie die Frage, wie die Sprach- und Verständnisprobleme
der verschiedenen Akteure im Innovationsprozess überwunden werden können. Beispielhaft
sollen hier ja der (technisch ausgebildete) Ingenieur und die eher aus der Pflegewissenschaft
heraus qualifizierte Pflegedienstleiterin (die Geschlechtsdifferenzierung ist beabsichtigt) zu-
sammenarbeiten. Sampson bemerkt sarkastisch, dass interdisziplinäre Zusammenarbeit in der
Wissenschaftsszene der Anekdote entspricht, in der sechs blinde Männer einem Elefanten
begegnen. Jeder beschreibt den Teil, den er wahrnimmt und keiner erkennt das Ganze (Samp-
son, 2010, S. 110). Er beschreibt dann auch das Sprachproblem: jede Disziplin (auch in der
Praxis) beschreibt die Realität in eigenen Begriffen, die von anderen nicht verstanden werden
(zur Problematik des Interdisziplinären Arbeitens bei evaluierten Aktivitäten s: Zimolong
2006). Ist das Problem der Kooperation ohne einheitliche Theorie schon fast unlösbar, so ist
das Problem der „Lehre“ ebenfalls so gut wie unlösbar. Zwar hat es in Deutschland zu einer
Vermehrung der Lehrstühle für Dienstleistungsmanagement geführt, aber das Entstehen eines
„T-shaped professionals“ (Spohrer und Maglio, 2010, S. 185; Macaulay et al. 2010, S. 728))
ist damit nicht gelöst. Ein T-Shaped-Professional benötigt neben seinem Spezialwissen ein
allgemeines breiteres Wissen, um Dienstleistungen ebenso handhaben zu können wie techni-
sche Probleme. Ein solches Modell wurde z.T. auch in der Arbeitswissenschaft nach der Er-
mittlung der Kerndefinitionen und des Gegenstandskataloges verwirklicht (Luczak und Vol-
pert, 1987, s. auch: Schlick, Bruder und Luczak, 2010)
Transformationsrichtungen der Dienstleistungswissenschaft
Der Gedanke eine „Dienstleistungswissenschaft zu beschreiben, war in Deutschland nicht
vorhanden. Erstaunlich ist dies deshalb, weil in Deutschland eine Produktionswissenschaft
schon lange etabliert ist. So führt Haak (2000) die Produktionswissenschaft auf zwei Entste-
hungslinien zurück: nämlich der Mechanischen Technologie und der Betriebswissenschaft,
72
darunter werden die (us-amerikanischen) Ansätze der Rationalisierung verstanden. Zu diesen
beiden Ansätzen treten nach dem zweiten Weltkrieg die japanischen Ansätze der rationellen
Fabrikorganisation. Der erste Ansatz in Deutschland war die Berufung Georg Schlesingers im
Jahre 1904 auf den neu gegründeten Lehrstuhl für Werkzeugmaschinen, Fabrikanlagen und
Fabrikbetriebe an der Technischen Hochschule Berlin. Haak sieht aber die eigentliche In-
tegration zu einem Gesamt(wissenschafts)konzept noch nicht geleistet. Die Neubeschreibung
einer "Wissenschaft" ist so an und für sich nichts Besonderes. Deshalb wird den Ansätzen der
Dienstleistungswissenschaft im Folgenden die Entwicklung der Arbeitswissenschaft als ein
Beispiel entgegengehalten. 26
„Unified Theory“ und „Objektwissenschaft“
Bevor auf die Entwicklung der Dienstleistungswissenschaft eingegangen wird, soll an Hand
des Beispiels der Arbeitswissenschaft gezeigt werden, wie es in Deutschland gelungen ist, aus
unterschiedlichen „Aspektwissenschaften“ eine „Objektwissenschaft“ zu entwickeln. Hilf
(1967) bestimmt bei der Konzeptionierung der Arbeitswissenschaft zunächst den Gegenstand,
dann das Kernproblem „Leistung“, um zu seiner Definition zu kommen: „Unter ‚Wissen-
schaft’ verstehen wir dabei das auf methodischer Forschung beruhende, durch eine geordnete
Erfahrung ergänzte (erhärtete) Wissen (oder Streben nach neuem Wissen), das eine allgemei-
ne Geltung beansprucht …. Arbeitswissenschaft ist die Lehre von der durch die Leistungsfor-
schung geklärten Arbeitsgestaltung oder von der durch die methodische Arbeitsgestaltung er-
möglichten menschlichen Arbeitsleistung“ (S. 15 und 17). Er beschreibt sie weiter als norma-
tive Wissenschaft, die sich nicht nur mit der Beschreibung des IST-Zustandes, sondern sich
auch ihrem Soll-Zustand befasst. Er unterscheidet: Grundlagengebiete, Arbeitsforschung,
Vorfragen der Arbeitslehre und die eigentliche Arbeitslehre. Die Arbeitswissenschaft betont
den Wert eines erfüllten Arbeitslebens, das von einem natürlichen Leistungswillen getragen
wird und zu einer befriedigenden Lebensleistung führt (S.21). Schlick, Bruder und Luczak
(2010) stellen diesen Prozess ausführlicher dar. Zunächst bestimmen sie den Gegenstand von
Arbeitswissenschaft, danach werden einzelne arbeitsbezogene Wissenschaftsrichtungen auf-
gelistet, um danach 4 Modelle der Ordnungszusammenhänge zu diskutieren: Fundament- und
Überbaumodelle; Hierarchiemodelle; Ebenen- und Segmentmodelle sowie die Betrachtungs-
ebenen der Arbeitsprozesse. Ziel aller Anstrengungen ist, eine „disziplinübergreifende, gestal-
tungsbezogene Arbeitswissenschaft zu begründen“ (S. 26). Schlick, Bruder und Luczak ver-
werfen alle Ordnungszusammenhänge, in denen eine Wissenschaftsdisziplin über die Gültig-
keit arbeitsbezogener Beiträge anderer Aspektwissenschaften entscheidet. Basierend auf
Luczak und Volpert (1987) definieren sie 7 Ebenen von den autonomen Körperfunktionen bis
zu gesellschaftlichen Prozessen und verknüpfen diese Betrachtungsebenen mit den unter-
schiedlichen Aspektwissenschaften wie Psychologie, Ingenieurwissenschaften, Pädagogik,
Soziologie und Wirtschaftswissenschaften.
Von Bedeutung ist diese Konstruktion der „Arbeitswissenschaft“ deshalb, weil sie als Eben-
enmodell einer Wissenschaft einen Mittelweg zwischen temporärer interdisziplinärer Zusam-
menarbeit zur Lösung eines spezifischen Problems und der Formulierung einer „Überwissen-
schaft“ darstellt (Schlick, 2011). Solche „Übertheorien“ sind z.B. in den Naturwissenschaften
vorhanden: hier hat die „Übertheorie“ der Quantenmechanik die Newtonsche Physik abgelöst
(vgl. Sampson, 2010). Wenn über „Service Science“ also einer „Dienstleistungswissenschaft“
gesprochen wird, ist zu prüfen, ob von einer „Objektwissenschaft“ die Rede ist, der eine Rei-
he von „Aspektwissenschaften“ zuarbeiten, oder ob es in die Richtung einer „Unified Theory“
26 Wenn Satzger und Dunkel (2011) im Zusammenhang von Service Science von „Arbeitswissenschaften“ spre-
chen, so entspricht das nicht dem Modell von Luczak und Volpert. Es müsste „Arbeitswissenschaft“ heissen,
wobei dann eine „Objektwissenschaft“ aus Sicht einer anderen Objektwissenschaft eine Aspektwissenschaft
würde.
73
im Sinne der Physik gehen kann. Auch die Experten, die im internationalen Monitoringvorha-
ben befragt wurden, sind sich nur einig, dass ein theoretische Fundierung fehlt, ob es aber
sinnvoll ist, eine Grundlagendisziplin aufzubauen (im Sinne einer Unified Theory) oder ob es
eher der Ansatz einer Objektwissenschaft mit einem Pluralismus an Aspektdisziplinen, bleibt
ungeklärt (Meiren, 2009, S.44)
Die Idee einer „Dienstleistungswissenschaft “ ist ähnlich wie die Formulierung der „Arbeits-
wissenschaft“ nicht im akademischen Bereich entstanden, sondern aus den Problemen der
industriellen Praxis. Die Diskussion um eine „Service Science“ (in den ersten Phasen auch
Service Science, Management and Engineering, Services Science, Service Sciences) selbst
wurde Anfang des 21. Jahrhunderts von „Jim“ Spohrer (ausgebildeter Physiker, zu dieser Zeit
Direktor am IBM Research Center, Almaden Californien, in Deutschland: Spohrer 2006)
weltweit angestoßen. Anlass war – so Spohrer – der Bedarf der IBM an Nachwuchskräften.
IBM ist auch 2011 weltweit der Haupttreiber einer technisch und betriebswirtschaftlich orien-
tierten Service Science. In Deutschland ist es gelungen, dass Forscher aus diesem Bereich mit
Sozialwissenschaftlern in eine fruchtbare Diskussion getreten sind (Dunkel und Bienzeisler,
2011; Satzger und Dunkel, 2011). Auch Sampson (2010, S. 109) drückt sein Erstaunen über
die wirtschaftsgetriebene Entwicklung der Wissenschaft aus, verweist aber zugleich darauf-
hin, dass es mit der Computer Science (Informatik) ähnlich war.
"The race is on to create a science of services" mit diesem Satz beginnt Jim Spohrer seinen
Beitrag zur 6. Dienstleistungstagung des BMBF (Spohrer, 2006). Unberührt von Vorkenntnis-
sen über die deutsche Dienstleistungsforschung brachten Roland Berger und IBM Deutsch-
land die Debatte in die Regierungsinitiative „Partner für Innovation “ ein. Zum ersten Mal
öffentlich diskutiert wurde sie auf der 6. Dienstleistungstagung des BMBF sowie auf der 1.
Konferenz zu Service Science in Ingolstadt (Stauss, Engelmann, Kremer, Luhn, 2008). Die
Beiträge von Henzelmann, Luhn und Siegel sowie Picot (alle 2006) zeigten deutlich die Defi-
nitionsprobleme einer „Wissenschaft“ als auch den internationalen Bedarf an akademischen
Nachwuchskräften für die Dienstleistungswirtschaft. Allerdings bleiben die Konzepte noch
recht unscharf. Henzelmann, Luhn und Siegel fordern zwar eine Wissenschaft, sie definieren
aber eine neue Ausbildung, während der Wissenschaftler Picot zwar eine Anpassung der Be-
triebswirtschaftslehre fordert, aber keinen Bedarf an einer neuen Wissenschaft sieht. Stauss
(2008) definiert „Services Science“ (!) als ein neues wissenschaftliches Konzept, das darauf
zielt, die komplexen Probleme der Dienstleistungswirtschaft zu lösen. Grundlage ist ein trans-
disziplinärer Ansatz mit einer intensiven Kooperation von Wissenschaft und Wirtschaft. Al-
lerdings beschreibt er kurz darauf Services Science als eine unabhängige Disziplin, die so-
wohl Forschung als auch akademische Ausbildung umfasst (zu dem heutigen Stand der Prob-
leme s. Satzger und Dunkel, 2011).
Der Beitrag von Buhl, Heinrich, Henneberger und Kramer (2008) war der Versuch, der Wirt-
schaftsinformatik eine zentrale Position innerhalb einer zukünftigen Service Science einzu-
räumen. Die Autoren betonen zwar, dass es eine allgemein akzeptierte Definition der Service
Science nicht gibt, sie zeigen aber das Gemeinsame der Ansätze auf:
Innovative Services durch geeignete Methoden und formale Modelle unterstützen und
das Management der Services verbessern
Gegenstand sind Services oder Servicesysteme, d.h. dynamische, wertschöpfende
Strukturen aus Personen, Organisationen, Technologien und gemeinsam genutzten In-
formationen
Angewandte Forschungsdisziplin
74
Interdisziplinarität, wobei der Kern aus Informatik, Betriebswirtschaftslehre, Operati-
ons Research und Ingenieurwissenschaften sowie zum Teil auch Sozial- und Rechts-
wissenschaften besteht.
Mit der Definition eines „Kerns“ tendieren Buhl, Heinrich, Henneberger und Kramer in Rich-
tung eines Hierarchiemodells.
Der Gegenstand
Gleichgültig, ob es um die Diskussion einer „Objektwissenschaft“ oder einer „Unified Theo-
ry“ geht, muss ein Untersuchungsobjekt, manchmal auch Paradigma genannt, zu Grunde ge-
legt werden. Zu diesem Paradigma gehören neben der „Definition des Objektes“ Modelle,
Gesetzmäßigkeiten, Generalisierungen und Verfahren (Sampson, 2010, S. 107, in ähnlicher
Form Meiren, 2009). Wichtig dabei ist, dass das Objekt theorieimmanent verankert ist und
nicht aus einem anderen Ansatz übernommen wird. Auch hier soll die Arbeitswissenschaft
noch einmal herangezogen werden, um die Schwierigkeiten der Definition des Objektes zu
erläutern
Arbeit als Objekt einer Wissenschaft wird nach einigen Überlegungen wenig fassbar. So un-
terlegt die katholische Soziallehre in der Enzyklica "Laborem Exercens" einen sehr weiten
Arbeitsbegriff. Danach werden unter Arbeit alle Aktivitäten der Daseinsvorsorge für den ein-
zelnen, aber auch Tätigkeiten, die dem Fortschritt der Gesellschaft beitragen, verstanden. Der
Arbeitswissenschaftler Carl Graf Hoyos (Hoyos, 1980) bespricht den Gegenstand etwa zur
gleichen Zeit so: „Arbeit ist weder ein einfacher, noch ein wertfreier Gegenstand. Durch die
Geschichte der menschlichen Zivilisation ziehen sich entgegengesetzte Bewertungen: Arbeit
als Fluch und Arbeit als Segen“. Fast 30 Jahre später schreibt Fürstenberg (2007, ähnlich
2011) im Zusammenhang mit der Neubestimmung von Arbeitsforschung: "Nicht jede Tätig-
keit ist Arbeit....Insofern empfiehlt sich eine Eingrenzung von Arbeit auf die zweckbestimmte
und in der Regel kontinuierliche Tätigkeit zur Daseinsvorsorge." (2007, S. 32.). Baethge
schreibt 2006 "Als Gegenstand von Forschung ist Arbeit schwer greifbar. Ihre Definition als
wissenschaftliches Problem....ist dem gesellschaftlichen Kontext, in dem Arbeit gestaltet
wird, nur schwer entziehbar....Eine Forschung, die die Dynamik dieser Veränderungen sowie
ihre Bedingungen und Wirkungen analysieren will, ist somit – ob sie es will oder nicht, ob sie
sich dessen bewusst ist oder nicht – in die großen wirtschaftlichen, sozialen und politischen
Interessenkonstellationen eingebunden." Erst recht komplex wird es, wenn man wie Gros-
kurth und Volpert die "bürgerliche Arbeitswissenschaft“ heranzieht (Groskurth und Volpert,
1975). Volpert kritisiert, dass die (bürgerliche) Arbeitswissenschaft den Gegenstand "Arbeit"
nicht ausreichend konkretisiert und wenn, dann hinter den Entwicklungsstand der marxschen
Analyse zurückfällt. Arbeit ist für Marx eine "zweckmäßige Tätigkeit zur Herstellung von
Gebrauchswerten, Aneignung des Natürlichen für menschliche Bedürfnisse" (a.a.O S. 67). In
Anbetracht der Schwierigkeiten einer etablierten Wissenschaft mit ihrem Gegenstand, sollte
sich eine Dienstleistungswissenschaft nicht scheuen, den dornigen Weg der Definition ihres
Untersuchungsobjektes zu gehen.
Einen konsequenten Ansatz der „Service Science “ losgelöst vom Drei-Sektoren-Modell ver-
treten Spohrer, Maglio, Sampson, Vargo und Lush (eine gemeinsame Darstellung in deutscher
Sprache findet sich bei Vargo, Lusch, Horbel, Wieland 2011). „Service“27 ist eine Anwen-
dung verschiedener „competences“, um bei einer anderen Einheit einen Gewinn (benefit) zu
27 Es werden hier die englischen Begriffe als Fachtermini eingesetzt. „Service“ kann nicht einfach mit „Dienst-
leistung “ und „Customer “ nicht einfach mit „Kunde“ übersetzt werden. Leider sind die Zeiten vorbei als Wis-
senschaftler auf die lateinische oder griechische Sprache zurückgreifen konnten, um den Charakter des Fachter-
minus deutlich zu machen. Allein für die Problematik im Englischen: Sampson (2010, S. 108, Fussnote 1)
75
erreichen. „Service“ ist ein Prozess, mit dem jeder „customer “ (umfassender als der deutsche
Begriff „Kunde“, deshalb verwenden Vargo und Lush auch den Begriff der „entity“) bedeu-
tende Beiträge zum Erstellungsprozess des Produktes leistet (s. S. 112-113 im Handbook of
Service Science). Das „Customer-Supplier Service Paradigm“ ist grundlegend für die Unified
Service Theory. Der „Customer“ in den Ansätzen der Service Science wählt nicht nur aus,
zahlt und konsumiert, sondern er ist aktiv – wie jeder Zulieferer – an der Produktion beteiligt,
sei es mit eigener Tätigkeit, sei es mit der Bereitstellung von Information o.ä. Sampson be-
zieht dies ausdrücklich auf „Gruppen von Kunden“ (also eher bei den unternehmensbezoge-
nen Dienstleistungen ) und auf Endkunden, also Privatkunden (Eine genauere Darstellung der
Beschreibung des Untersuchungsobjektes und des Zusammenhangs zwischen den verschiede-
nen Ansätzen findet sich bei Satzger und Dunkel, 2011)).
Dienstleistungswissenschaft als „Unified Theory“
Der Service Science Ansatz wie er im „Handbook of Service Science“ (Maglio, Kieliszewski;
Spohrer, 2010) dargestellt wird, versteht sich nicht als völlig neues Paradigma, sondern grün-
det sich auf verschiedene Modelle. Dazu gehören die "Contact Theory" von Chase, die "Ser-
vice Profit Chain " von Heskett und Sasser, der Ansatz der "Co-Creation of Value" von
Schneider und Bowen, das Modell der "Customer Equity" von Rust und Bhalla und schliess-
lich der Ansatz des "Manuservice" von Bryson. Alle diese Ansätze werden integriert und bil-
den die Basis für eine "unified service theory". Hauptstränge dieser Theorie sind die Vorstel-
lung der "Service-dominant-Logic" von Vargo und Lusch (2004 ff) sowie der "Service Sys-
tems" von Spohrer und Maglio (2006). Das „Handbook of Service Science“, in dem dieser
Ansatz explizit vertreten ist, bietet eine Möglichkeit zu prüfen, inwieweit eine „Unified Theo-
ry“ realisiert ist.
Das Kapitel "Forschung und Praxis" stellt den zentralen Teil des Handbuches dar. Es legt
Wert auf empirische Untersuchungen und praktische Erfahrungen. Der erste Abschnitt be-
schäftigt sich mit der Dienstleistung selbst und ihrer Entwicklung, hier mit dem englischen
Begriff „Design“ belegt. Die einzelnen Artikel haben die Schwerpunkte „Technologie“, „Ta-
xonomie“, „Geschäftsmodelle und Service System Design“. Der zweite beschäftigt sich mit
dem Management und der Handhabung des Dienstleistungssystems („Operations“). Die Arti-
kel haben die Schwerpunkte „Vernachlässigung Service Science“, „Human Resources“, „Ser-
vices in der Telekommunikation “ und „Service Engineering “. Der dritte Abschnitt stellt die
Dienstleistungserbringung („Delivery“) dar. Seine Einzelartikel haben die Schwerpunkte „In-
dustrialisierung wissensintensiver Dienstleistungen“, „Arbeitskräfte“, „Komplexität“ und
„Formale Modelle“. Der vierte Abschnitt ist mit „Dienstleistungsinnovation“ überschrieben.
Er enthält 5 Artikel mit den unterschiedlichsten Schwerpunkten von der Review bis zu einem
Modell der Service Innovation. Je ein Artikel aus dem Abschnitt "Management" und "Er-
bringung" beschäftigt sich mit Fragen der Arbeitsgestaltung und des Personals.
Es ist nicht zu übersehen, dass nicht nur bestimmte Themen unterbelichtet sind, sondern dass
auch die Gliederung nicht theoriegeleitet erfolgt ist. Zu den Themen gehören z.B. Fragen des
Dienstleistungsexports (z.b. Stahlecker et al. 2006), aber auch viele Fragen des Personal-
managements. Nicht in die Betrachtung einbezogen sind „Personenbezogene Dienst-
leistungen“ sowohl was die Gestaltung der Dienstleistungen selbst als auch die Interaktions-
arbeit (vgl. Ernst und Kopp, 2010) betrifft. Ein weiteres Defizit ist die Betrachtung des Tech-
nologieeinsatzes. Der Artikel von Bitner et al. zum Einfluss der Technologien auf die Service
Qualität konzentriert sich auf den Einfluss der Informationstechnologie. Er lässt damit Auto-
matisierungsstrategien und Technikentwicklungsstrategien, wie sie in der deutschen Produkti-
on bekannt sind, außer acht. Hier ist eines der gewichtigsten Defizite. Dagegen sind die
76
Knowledge-based-services ausreichend berücksichtigt (allein in vier Artikeln in der Über-
schrift), allerdings wiederum mit geringer Betrachtung der Gestaltung der Wissensarbeit.
Das Handbuch versucht, einen geschlossenen Theorierahmen zu bilden. In einer Zitationsana-
lyse wurde untersucht, inwieweit sich die Autoren des Handbuches gegenseitig zitieren. Eine
solche gegenseitige Zitation kann ein Zeichen einer Geschlossenheit des theoretischen Hin-
tergrundes und einer Konsistenz der eingesetzten Methoden sein. Dabei wurden Eigenzitatio-
nen aus den Analysen ausgeschlossen. Legt man die Zitationshäufigkeit für alle Kapitel zu
Grunde, so haben der „Service System Ansatz“ von Maglio und Spohrer und der Ansatz der
„Service-Dominant-Logic“ von Vargo und Lusch die größte Bedeutung, nicht der umfassen-
dere Gedanke der „Unified Theory“ von Sampson. Diese Verteilungen lassen darauf schlies-
sen, dass alle Autoren bemüht waren, die neueren theoretischen Ansätze – zumindest in Form
von Zitationen – ihren Arbeiten zu Grunde zu legen, eine regelrechte Einordnung in den theo-
retischen Rahmen gibt es aber nicht. Inwieweit dies in der Zukunft möglich sein wird, ein-
schließlich der damit verbundenen Hypothesenbildung und Ableitung von Gestaltungsemp-
fehlungen wird zu prüfen sein. Das Handbuch erinnert damit stark an den Reader von Bullin-
ger und Scheer (2003) zum Service Engineering. Auch hier wurde der Versuch gemacht, mit-
tels eines Readers ein Hand-
buch zu erstellen. Auch dieser
Versuch hatte seine Schwä-
chen in der Integration der
verschiedenen Perspektiven.
Ebenenmodelle in der Dienstleistungswissen-schaft
Es hat sich an der Betrachtung
der „unified Theory“ gezeigt,
dass zumindest zur Zeit die
Breite der Ansätze noch so
groß ist, dass sie von einer
„Über“-Wissenschaftsdiszi-
plin nicht abgedeckt werden
kann. Hier bietet sich – wiede-
rum vergleichbar zur Arbeits-
wissenschaft – an, zunächst
ein Ebenen- oder Segmentmodell einer Dienstleistungswissenschaft zu bilden, in das die Ba-
sisdisziplinen eingeordnet werden.
Aufbauend auf den Ergebnissen des „Handbook of Service Science“ und den Ansätzen der
Arbeitswissenschaft wird in der Abbildung der Versuch gemacht, ein Ebenenmodell der
Dienstleistungen aufzuzeigen und ein wenig zu spezifizieren. Es werden die Ebenen der
Grundlegenden Modell- und Technikentwicklung, die Dienstleistungsentwicklung, die
Dienstleistungsproduktion, „Dienstleistung, Markt, Wirtschaft“ und „Dienstleistung und Ge-
sellschaft“ unterschieden. In der rechten Hälfte werden dann verschiedene Disziplinen den
verschiedenen Ebenen zugeordnet. So arbeiten Informatik und Ingenieurwissenschaften ins-
besondere bei den Ebenen der Grundlegenden Fragen und der Dienstleistungsentwicklung
mit, während die Arbeitswissenschaft eher in der Entwicklung und Produktion eingesetzt ist.
Die Betriebswirtschaft umfasst dann die ersten drei Ebenen und die Ebene „Dienstleistung,
Markt, Wirtschaft“, während Volkswirtschaft und Soziologie eher auf den oberen Ebenen
Grundlegende Modell- und entwicklung
Dienstleistungsentwicklung•Geschäftsmodellentwicklung
•Service System Design
•Human Ressources Design
•Technikentwicklung
Dienstleistungsproduktion•Arbeitsausführung
•Interaktionsgestaltung
•Preisgestaltung
•Dienstleistungsmanagement
Dienstleistung, Markt, Wirtschaft
Dienstleistung und GesellschaftIn
form
atik
Betrieb
swirtsch
aft
Ingen
ieurw
issensch
aft
Arb
eitsw
issensch
aft
Volk
swirtsch
aft
Sozio
logie
Betrachtungsebenen Disziplinen
Abbildung 10: Ebenenmodell einer Dienstleistungswissenschaft
77
angesiedelt sind. Eine der wichtigsten Aufgaben eines solchen Ebenenmodells wird es sein,
die auf Grund der theoretischen Neuorientierung verlorengegangenen volkswirtschaftlichen
Beziehungen neu zu gestalten. Eine Dienstleistungswissenschaft muss neben ihrer Organisati-
onsorientierung auch eine gesellschaftliche Orientierung aufweisen.
Auch wenn er nicht über den Zugang der Aspekt- und Objektwissenschaften kommt, skizziert
Spohrer (2008, S. 120 ff; deutsche Ausgabe: S. 125) ebenfalls ein Ebenenmodell. Ingesamt
schafft er 12 Subebenen, die er in vier Oberebenen zusammenfasst. Diesen ordnet er dann
aber nicht einzelne
Disziplinen zu, son-
dern in der Haupt-
sache wichtige Pub-
likationen und Auto-
ren. In der Ab-
bildung sind die eng-
lischen Originalbe-
zeichnungen (links)
und die Angaben der
deutschen Über-
setzung (rechts) auf-
geführt.
Es kommt hier nicht
auf eine Bewertung
der Ebenenmodelle
oder auf die Diskus-
sion der Überlegen-
heit von Ebenen-
modellen im Allge-
meinen an. Es geht auch nicht darum, ein solches „Ebenenmodell“ einer Dienstleistungs-
wissenschaft auszuformulieren. Diese erlaubt der bisherige Stand der Diskussion noch nicht,
insbesondere da er noch nicht den Stand einer fast 100jährigen Tradition der Arbeitswissen-
schaft hat. Es zeigt aber auf, wie eine Einheit geschaffen werden könnte und wie die Domi-
nanz einer Wissenschaft überwunden werden könnte.
Gestaltung bedingt Zielsetzung
Eine Wissenschaft, die nicht nur den IST-Zustand beschreiben will, sondern Modelle und
Methoden zur Gestaltung der Systeme geben will, ist eine normative Wissenschaft, die ihre
Zielsetzungen explizit machen muss. Diese Zielsetzungen müssen bei einer Dienstleistungs-
wissenschaft hinsichtlich dreier Dimensionen gegeben werden: Humanzielsetzungen für Be-
schäftigte und deren Partnern, betriebswirtschaftliche Zielsetzungen und ökologische Zielset-
zungen. Auch hier bieten sich die Erfahrungen der Arbeitswissenschaft an, selbst wenn dort
die Problematik weniger komplex ist. Die Arbeitswissenschaft unterscheidet bei der Bewer-
tung der Tätigkeit zwischen der Ausführbarkeit, der Gesundheitsgefährdung, der Beeinträch-
tigungsfreiheit und der Persönlichkeitsförderlichkeit. Sie entwickelte neben diesen humanori-
entierten Kriterien auch Modelle, die in Form von erweiterten Wirtschaftlichkeitsrechnungen
die ökonomischen Kriterien einschliessen sollten (Neubauer, Wächter 2011). Fürstenberg
(2011) schlägt zur Verbesserung eines gemeinsamen Orientierungsrahmens der Arbeitswis-
senschaft drei Dimensionen vor:
Evolution: Learning from history of interactions
Economic & legal
Social & Political
Knowledge & linguistics
Evolution: Erkenntnisgewinn aus tatsächlichen
historischen WechselwirkungenWirtschaft & Recht
Gesellschaft & Politik
Wissen & Sprache
Measures: Four basic roles
(Stakeholder Perspective)Customer & Quality (Marketing)
Provider & Productivity (operations)
Authority & Compliance( Governance)
Competitor & Innovation (Creative Design)
Massnahmen: Vier grundlegende Rollen
(Akteursperspektiven)Kunde & Qualität (marketing)
Anbieter & Produktivität (Betrieb)
Obrigkeit & Regelkonformität (Herrschaft und Kontrolle)
Konkurrent & Innovation (kreative Gestaltung)
Ressources: Four logical categoriesPhysical and can contract (People)
Physical an cannot contract (technology)
Not-physical and cannot contract (info.)
Not-physical and can contract (organization)
Ressourcen: Vier logische KategorienMateriell und vertragsfähig (Menschen)
Materiell und vertragsunfähig (Technik)
Immateriell und vertragsunfähig (Informationen)
Immateriell und vertragsfähig (Organisationen)
Strategy: Learning from future possible WorldsManagement & Strategy
Finance & Investment
Strategie: Erkenntnisgewinn aus potenziellen
zukünftigen ZuständenManagement & Strategie
Finanzen & Investitionen
Abbildung 11: Ebenenmodell nach Spohrer
78
„eine auf den arbeitenden Menschen und seine Interessen bezogene Subjektorientie-
rung…
eine auf das Arbeitsfeld mit seinen Anforderungen bezogene Strukturorientierung…
eine auf die Einbettung von Arbeitsprozessen in übergreifende Wirkungszusammen-
hänge bezogene Umweltorientierung..“ (a.a.O., S.178)
Zu den einzelnen Dimensionen müssen sicher noch Bemerkungen gemacht werden, besonders
zu der Differenzierung von „Interessen“ und „Sacherfordernissen“. Wichtiger ist aber das
Fehlen der Berücksichtigung der Kundeninteressen und ihr Einfluss auf Arbeit.
Im Rahmen der Dienstleistungswissenschaft ist der Aspekt der Zielorientierung noch unterbe-
lichtet.. Dies liegt zum einen an der technologischen Orientierung, zum anderen an der Prä-
misse, dass Wissenschaft wertfrei ist. Zum Teil liegt es aber auch daran, dass nur auf reine
ökonomische Kriterien abgehoben wird. So deuten z.B. Buhl et al. (2008) es an. Weit fortge-
schritten ist die Debatte um Kriterien der Dienstleistungsqualität soweit es den Kunden be-
trifft. Hier wird auch versucht, ein mehrdimensionales Modell zu erarbeiten. Van Ark (2004)
weist daraufhin, dass Produktivitätssteigerung kein explizites Ziel eines Unternehmens ist,
sondern höchstens Teil einer Gesamtstrategie, die den Erfolg des Unternehmens sichert. Inno-
vation, Qualitätserhöhung und Produktivität die er Kostenreduktion nennt, sind drei gleichbe-
rechtigte Prozesse, die gesteuert werden müssen, um den Erfolg und Gewinn des Unterneh-
mens zu sichern. Damit werden auch die klassischen Ansätze der Produktivitätssteigerung,
nämlich Technikeinsatz und Rationalisierung der Abläufe im Dienstleistungssektor stark ein-
geschränkt. Vergleichbar argumentiert Lasshof (2006). Sie fordert eine umfassende Produkti-
vitätsanalyse, die eine Auseinandersetzung mit den mit der Produktivität in Wechsel-
beziehung stehenden Erfolgsfaktoren eines Unternehmens vornimmt.
Soweit Humankriterien berücksichtigt werden, geschieht dies meist eindimensional z.B. als
Beschäftigungswirkung oder als Bewertung der Arbeit. Gallouj und Djellal (2010) betrachten
die Zusammenhänge zwischen Beschäftigung und Dienstleistungen. Sie sehen hier ein "Zwei-
Beschäftigungs-Typen-Modell". Eines mit niedrigen Qualifikationen, das sich am Modell
Taylors orientiert, und ein "organisational adaptability Modell", das einen höheren Level der
Professionalisierung fordert. Nach ihren Angaben zeigen die Untersuchungen der letzten Jah-
re, dass positive Beschäftigungseffekte im Zusammenhang mit Innovationen besonders in den
High-Skilled-Jobs erreicht werden, während die zerstörerischen Effekte besonders auf dem
Niveau der geringeren Qualifizierung zu verzeichnen sind. Auf dem Niveau „Arbeit“ versucht
der Index „Gute Arbeit“, der von den deutschen Gewerkschaften ins Leben gerufen worden
ist (Schröder, Urban 2011), einen Kriterienkatalog für die gestaltungsbezogene Bewertung
von Arbeit zu entwickeln. In diesem mehrdimensionalen Index bewerten Beschäftigte die
Qualität ihrer Arbeit. Ziel ist, die Bedeutung der Arbeitsbedingungen bekannt zu machen und
Hinweise für eine Verbesserung zu geben.
Dienstleistungen können dazu beitragen, ökologische Ressourcen zu schonen. Dies kann
dadurch geschehen, dass Sachgüter durch „an Trägermedien gebundene (Sekun-
där)dienstleistungen ersetzt werden“ (Bierter, 1997, S. 565). Grob gesprochen, wenn an Stelle
der Besitzfunktionalität von Sachgütern die Nutzungsfunktionalität tritt. Dienstleistungen ver-
bessern nicht automatisch die Ökobilanz. Am Beispiel des Elektroautos: Es werden neue Inf-
rastruktur dienstleistungen zur Versorgung, Wartung und Instandhaltung entwickelt werden
müssen. Im Rahmen von Car-Sharing-Konzepten werden ebenfalls neue Dienstleistungen
entwickelt werden. Alle diese Dienstleistungen können sich negativ auf die Ökobilanz nieder-
schlagen, indem sie (bei ökonomischem Erfolg) zu einem Anstieg der Anzahl der Automobile
führen. Es wird daher darauf ankommen, hier ein Verkehrskonzept zu entwickeln, dass sich
79
an Mobilitätsdienstleistungen orientiert. Gadrey (2010) spricht sogar davon, dass die „Dienst-
leistungsgesellschaft“ eine „Anti-Umwelt-Gesellschaft“ werden kann (S. 100). In dem Memo-
randum „Dienstleistungen in der Zukunftsverantwortung“ (Ganz, Hilbert, Bienzeisler, Kluska
2011) wird gerade in den Energie- und Mobilitätsdienstleistungen eine besondere Chance
gesehen, die Ökobilanz zu verbessern. Die Autoren deuten sogar an, dass bestimmte Mobili-
tätskonzepte nicht nur ökologische sondern auch humanorientierte Gesundheitskriterien erfül-
len könnten.
Hier wird noch viel Arbeit in einer Dienstleistungswissenschaft zu leisten sein, um humane,
ökonomische und ökologische Zielsetzungssysteme zu entwickeln und gesellschaftlich akzep-
tierte Bewertungen zu erreichen.
Ausbildung, Dienstleistungsforschung und -wissenschaft
Inzwischen sind die Anstrengungen in Deutschland stärker geworden, Dienstleistungsthemen
in spezialisierte primäre und weiterführende akademische Lehrangebote einzubinden bzw.
solche neu zu entwickeln. Diese akademischen Lehrangebote fokussieren sich auf das Dienst-
leistungsmanagement. Ebenso wird eine fächerübergreifende Ausrichtung neuer Studiengänge
wahrgenommen. Insgesamt werden einzelne Disziplinen vermehrt zu inter- bzw. trans-
disziplinären Forschungs-
und Lehrfeldern verknüpft
werden. Dies ist aber nicht
verbunden mit einem auf
einer Dienstleistungswissen-
schaft basierenden Angebot,
sondern ähnelt eher der
oben dargestellten Heran-
gehensweise der Dienst-
leistungsforschung.
Sehr ausführlich wurde die
Einbindung des Service En-
gineering als Systematischer
Dienstleistungsentwicklung
in die Aus- und Weiterbil-
dung diskutiert (Glauner,
Keith, Korte 2005). Basierend darauf erarbeitete Keith (2005) ein Aus- und Weiterbildungs-
konzept, das die Duale Ausbildung bis hin zur akademischen Ausbildung betrachtet. Basie-
rend auf Ergebnissen der Dualen Ausbildung ergeben sich Abschlüsse durch private Zertifi-
zierung bzw. öffentlich-rechtliche Prüfungen sowie akademische Grade. Keiths Ansatz war
der erste, der das gesamte Bildungssystem betrachtete, konnte aber leider nicht weiterverfolgt
werden.
Ansätze der Dienstleistungsforschung blieben immer wieder bei einzelnen Ausbildungs-
inhalten stehen und konzentrierten sich in der Hauptsache auf die akademische Ausbildung
Die große Stärke einer könnte darin bestehen, dass sie sich von einzelnen Themen löst und zu
einem Gesamtkonzept kommt. Die Gestaltung einer "Service Science" hat dabei nicht nur für
die akademische Ausbildung eine große Bedeutung. Zühlke und Bootz (2009) vertreten die
These, dass die Triade Facharbeiter- Meister – Ingenieur zum Aufstieg der deutschen Indust-
rie stark beigetragen hat. Hinter dieser Triade steht u.a. ein Ausbildungssystem, das von der
Facharbeiter-, Techniker-, Meister- bis zur Ingenieurausbildung reicht. Fachlich inhaltlicher
Wissensgeber sind die Ingenieurwissenschaften, die Betriebswirtschaft und die Arbeits-
Abbildung 12: Aus- und Weiterbildung im Service Engineering
80
wissenschaft. Darauf aufbauend kann argumentiert werden, dass eine ähnliche Triade zum
wirtschaftlichen Erfolg der Dienstleistungswirtschaft beitragen kann. Neben dem Thema der
Professionalisierung der Dienstleistungsarbeit steht die Frage an, wer ist der Wissensgeber für
diese Triade. Die Antwort (auf deutsch) kann eine in sich geschlossene Dienstleistungs-
wissenschaft (Service Science) sein.
Macauley (2010) stellt das akademische Konzept einer Service Science Ausbildung mit den
verschiedenen Curricula vor. Es basiert im Wesentlichen auf einem Arbeitspapier des SSME-
Netzwerkes in Großbritannien aus dem Jahr 2008 (http://www.ssmenetuk.org/docs/
ssme_framework.pdf). Ziel des Konzeptes ist, zur Ausbildung eines T-Shaped-Professionals
beizutragen. Dieser T-shaped-Professional soll Dienstleistung managen können und vertiefte
(technische) Probleme beherrschen können. Das „Service Science Curriculum“ wie es das
SSME-Netzwerk versteht, basiert auf 5 Elementen:
Der Dienstleistungskern: Er umfasst Schlüsselkonzepte der Dienstleistungen und
Schlüsselmethoden. Er ist auch das Element, der die anderen integriert.
Betriebswirtschaft („Business“): Dieses Element sorgt für die Kenntnisse zu Model-
len, die für Dienstleistungen von Bedeutung sind.
Menschen (People): Ähnlich wie das Element „Business“ soll dieses Element alles
umfassen, was für die Interaktion der Menschen im Dienstleistungssektor notwendig
ist, sowohl als Individuen als auch als Mitglieder einer Gesellschaft.
Technologie: Das Element umfasst alle Kenntnisse darüber, wie Schlüsseltechnolo-
gien auf Dienstleistungen angewandt werden können.
Fundamentale Kenntnisse: Dieses Element umfasst alle anderen Methoden und
Denkrichtungen, die für Dienstleistungen wichtig sind und nicht in den vorigen enthal-
ten sind.
Diese Elemente werden dann weiter spezifiziert.
Weiterentwicklungen und ihre Akteure
In Deutschland gibt es im Moment 2 Akteursgruppierungen, die die Dienstleistungswissen-
schaft durch regelmässig stattfindende Konferenzen fortentwickeln wollen. Diese Akteure
handeln eigenverantwortlich und werden von staatlicher oder wirtschaftlicher Seite kaum un-
terstützt. Die erste Gruppierung ist die Social Science Service Research Gruppierung
(http://www.3sresearch.de/) kurz 3SR genannt. Die zweite Akteursgruppierung schart sich um
das International Symposium on Services Science (http://isss.uni-
leipzig.de/index.php/german/Home.html) kurz ISSS genannt.
Der Schwerpunkt der Initiative „Social Science Service Research“ ist Zusammenführung be-
reits bestehender sozialwissenschaftlich ausgerichteter Beiträge zu einer gemeinsamen
Dienstleistungsforschung. Die Gruppierung entschloss sich dazu, da die Gründungsmitglieder
den Eindruck hatten, dass die sozialwissenschaftlichen Ansätze in der Service Science zu ge-
ring berücksichtigt wurden (vgl. die Einschätzung zur „Dienstleistungwissenschaft als Unified
Theory“). Verbunden mit dieser Zusammenführung der Einzelansätze ist auch der Versuch,
der Entwicklung eines gemeinsamen Selbstverständnisses und der Mobilisierung von Unter-
stützung für das Thema Service Science. Die erste Initiative der Gruppe war die Tagung „So-
zialwissenschaftliche Dienstleistungsforschung „Beiträge zu einer Service Science“ im Januar
2012. Nach Ansicht der Veranstalter wurde das Ziel mit einem entsprechenden Community
Building einen ersten Schritt zur Etablierung einer siozalwissenschaftlichen Dienst-
leistungsforschung erreicht (Weirich, http://www.3sresearch.de/wp-
content/uploads/Tagungsbericht_3sR_Endfassung_13Feb2012.pdf, 2012). Die zweite Tagung
81
mit dem Thema „Tertiarisierung der Gesellschaft: Beiträge der sozialwissenschaftlichen
Dienstleistungsforschung zur Analyse gesellschaftlicher Entwicklungen“ ist für März 2014
geplant. Neben den Aktivitäten der Gesamtgruppe haben auch einzelne Mitglieder zur Wei-
terentwicklung einer Dienstleistungswissenschaft beigetragen. Dazu gehört besonders der
Beitrag von Birken und Dunkel (2013), in dem nicht nur eine Bestandsaufnahme internationa-
ler Literatur zur Service Science geleistet wird, sondern auch der Versuch gemacht wird,
„Service Science“ und „Service Work“ einander anzunähern, allerdings kommen die Autoren
zu dem Schluss „worauf dies hinauslaufen wird, lässt sich jedoch für den Moment noch kaum
absehen“ (Birken und Dunkel, S. 68)
Das International Symposium on Services Science28 wird vom Institut für Informatik der
Universität Leipzig und dem Fraunhofer Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation seit
2009 veranstaltet. Sein Schwerpunkt liegt in der Lösung von Dienstleistungsproblemen durch
die einge Zusammenarbeit zwischen Dienstleistungsforschung, Betriebswirtschaft (Marketing
und Management), Informatik, Mathematik und Sozialwissenschaften. Von der Services Sci-
ence wird dabei erwartet, dass sie theoretisch fundiert praxisorientiert arbeitet. Die ISSS ha-
ben natürlich auch das Ziel des Community Buildungs, der eigentliche Schwerpunkt sind aber
Lösungen für die Wirtschaft, dazu gehören neben erher klassischen Bereichen wie Toll Coll-
ect, der E-Commerce oder die erneuerbaren Energien (vgl. Meyer und Abdelkafi, 2012) auch
die Anbieter von Dienstleistungssystemen (Meyer und Thieme, 2013). Der Schwerpunkt der
Methoden liegt auf der Weiterentwicklung des Service Engineerings durch Simulation bis hin
zu einem ServCAD-System. Dienstleistungspolitik oder neue Ansätze zur Entwicklung der
Dienstleistungsarbeit sind nicht im Fokus.
28 Die Gruppe verwendet den Begriff etwas unscharf. Zum Teil benutzt sie den Begriff „Service Science“ (Mey-
er, Abdelkafi 2012 im Titel) zum Teil den Begriff „Services Science“ (Meyer, Abdelkafi 2012 im Vorwort).
82
Exkurs: Arbeitsinnovation in der Dienstleistungswirt-schaft Das Forschungsprogramm „Humanisierung des
Arbeitslebens “ von 1974 (BMFT, 1974) und seine
Nachfolgeprogramme hatten allgemein zum Ziel,
die Möglichkeiten zu untersuchen, wie die Arbeits-
bedingungen stärker als bisher den Bedürfnissen
der arbeitenden Menschen angepasst werden kön-
nen. Die Programme waren stark auf Probleme der
Fertigung konzentriert, betonten aber von Beginn
an ihre Entwicklungsfähigkeit. Dies „gilt insbeson-
dere für den Dienstleistungsbereich “. Ab Mitte der
80er Jahre betonten die Programme das ganzheitli-
che Innovationsmodell. ”Eine Gesellschaft ohne
Innovation stagniert. Eine Gesellschaft mit sozial
unverträglichen Innovationen gerät in Gefahr
schwierig lösbarer Konflikte...Wer immer nur an
Technik denkt, wenn von Innovationen die Rede
ist, braucht sich über Misserfolge nicht zu wun-
dern” (BMFT und BMA, 1987). Es war in den
Forschungsansätzen des Programms immer klarer
geworden, dass erfolgreiche Innovationen sich
durch die Berücksichtigung technischer, wirtschaft-
licher, organisatorischer, sozialer und humaner
Aspekte auszeichnen. Die interagierenden Grund-
bereiche des umfassenden Innovationsbegriffes
wurden die Technologie, entwicklungsförderliche
und flexible Organisationsformen, Qualifikation
und Qualifizierung sowie der Gesundheits- und
Arbeitsschutz. Qualifikation wurde als Schlüssel-
frage der modernen Industriegesellschaft erkannt
und von der Qualifizierung gefordert, dass sie mehr
sein müsse als nur die Vermittlung von Fertigkeiten
und Fähigkeiten. Der Qualifizierungsgedanke sollte
in allen Überlegungen zur Technikentwicklung und
-anwendung, zur Arbeitsgestaltung und -
organisation sowie zum Arbeits- und Gesundheits-
schutz enthalten sein.
Arbeitsinnovation in Dienst-leistungsclustern Auch wenn es im Begriff nicht sehr deutlich wird,
hatte die deutsche Industriesoziologie früh den
Schwerpunkt auf die Gestaltung der Arbeit in den
Verwaltungen gesetzt (z.B. Pirker, 1962, 1963). Im
Rahmen des Programms „Humanisierung des Ar-
beitslebens “ setzte Theo Pirker hier die ersten
Akzente. Pirkers ursprünglicher Ansatz entstammt
nicht der Arbeitsstrukturierung, sondern der Ausei-
nandersetzung mit dem Technikeinsatz in der Ar-
beitswelt. Er setzte sich vehement gegen die
„Schimpansentheorie“ (Jander, 1988, S. 113) zur
Wehr. Sein Ansatz war, dass je komplexer die
Technologie wird, desto höher müssen die Men-
schen qualifiziert sein, die mit dieser Arbeit umge-
hen. Der zweite Innovationsansatz ging vom ISF in
München aus. Der Münchner Betriebsansatz von
Burkhart Lutz machte zum ersten Mal deutlich,
dass man nicht den technischen Entwicklungen
ausgeliefert ist, sondern dass innerhalb des Betrie-
bes unter Nutzung der Technik verschiedene Wege
möglich sind (Fricke. E., Notz, Schuchardt, 1986).
Bei allem ist nicht nur die innovative Lösung selbst
zu berücksichtigen, sondern aus der Innovations-
prozess, der die Lösung sehr stark beeinflusst. Sehr
anschaulich stellten Weltz und Lullies (1983) fest,
dass es zwischen bestimmten Innovationslösungen
und dem Innovationsprozess, durch den sie zu
Stande kamen, einen Zusammenhang gab. Sie ka-
men zu folgendem für betriebliche „Innovations-
prozesse“ nicht gerade schmeichelhaftem Urteil:
„Statt dessen hatten eher zufällig erscheinende
Anlässe und persönliche Konstellationen offen-
sichtlich den Ablauf vielfach entscheidend geprägt.
Nicht zu übersehen waren oft auch die Folgen
schierer Inkompetenz.“ (S.14).
Diese älteren Innovationsansätze werden leider viel
zu wenig beachtet. Deshalb wird häufig das Rad
zum zweiten Mal erfunden. So tauchte Ende des 20.
Jahrhunderts eine neue Form der Gestaltung der
Kundenschnittstelle auf: das Call Center. Call Cen-
ter sind eine Antwort der Wirtschaft auf spezifische
Herausforderungen des Marktes, ihr Auf- und Aus-
bau wurde erst durch die Entwicklungen neuartiger
Kommunikationstechnik möglich. Obwohl erhebli-
ches Wissen zur Gestaltung von Organisations- und
Arbeitsprozessen vorhanden war, wurde dies bei
der Einrichtung von Call Centern häufig nicht an-
gewendet. Eine der wenigen Ansätze stammt von
Weinkopf (2001). Sie unterschied in bester Traditi-
on der Arbeitsgestaltung zwei Optionen, um die
Belastungen der Call Center-Arbeit zu reduzieren.
Zum einen den Weg der Führung und der Qualifi-
zierung und die Bildung von Teams. Die zweite
Option ist die Veränderung der Arbeit selbst durch
Reduktion der telefongebundenen Arbeit zugunsten
anderer Aufgaben. Im Sinne des Job Enlargement
mit Tätigkeiten wie Beantwortung von Emails, im
Sinne des Job Enrichments durch Übernahme steu-
ernder und kontrollierender Aufgaben. Die zweite
Option setzte sich aber nicht durch. Weinkopf
kommt zu dem Schluss, dass die Zukunft der Call
Center in ihrer Auflösung in integrierte I&K-
vermittelte Sachbearbeitung an der Kundenschnitt-
stelle liegt. Sie erinnert dabei an die heftigen Debat-
ten um die Einführung zentraler Schreibpools und
Datenerfassungsabteilungen.
Eines der letzten im Programm "Humanisierung des
Arbeitslebens begründeten Branchenprogramme
war das Programm "Menschengerechte Gestaltung
von Arbeit und Technik im Öffentlichen Personen-
nahverkehr". Während die große Öffentlichkeit
schon Ende der 80er Jahre auf den industriellen
83
Sektor mit seinen Konzepten der 'schlanken' Pro-
duktion schaute und die Diskussionen um den 'In-
dustriestandort Deutschland' hohe Wogen schlugen,
standen eher unbeachtet auch die Unternehmen des
Öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV insbe-
sondere in den Städten unter dem Druck, sich den
neuen Herausforderungen durch moderne Dienst-
leistungskonzepte zu stellen (vgl. hierzu: ÖTV
1987). So warben der Verband Deutscher Verkehrs-
unternehmen und die Verkehrsbetriebe unter dem
Slogan 'Vorrang für Busse und Bahnen' für den
Öffentlichen Personennahverkehr. 'Städte ersticken
im Verkehr - ÖPNV als Hoffnungsträger' so oder
ähnlich lauteten die Schlagzeilen der Zeitungen,
wenn es um das drohende (?) Verkehrschaos in
unseren Städten ging. 'Zu wenig Kunden - Dienst-
leistungsstandards im ÖPNV müssen verbessert
werden' so lauteten die Anforderungen der Kunden.
'Der ÖPNV ist zu teuer - er muss produktiver wer-
den' so hörte man viele Stadtkämmerer über den
ÖPNV sprechen. Die technisch orientierten In-
novationskonzepte wiesen im ÖPNV die gleichen
Nachteile auf, wie in der Produktion - zu groß, zu
unflexibel. Dazu kam ein weiterer Faktor, der der
personalen Dienstleistung. Die Dienstleistung
'ÖPNV' muss mehr sein als 'das bisschen Fahren'.
Ähnlich wie im Güterverkehr in der Logistik müs-
sen die 'Nebenleistungen zu Hauptleistungen' wer-
den.
Dieser Innovationsdruck führte neben den techni-
schen Forschungen zu einem Schwerpunkt im Hin-
blick auf die Arbeitsinnovation. Insgesamt wurden
22 Vorhaben mit einem Gesamtvolumen von ca. 13
Mio. DM gefördert. Damit war das Branchenpro-
jekt 'ÖPNV' auch für den Bereich Dienstleistungen
eines der kleineren Vorhaben. Das Branchenprojekt
'Hotel und Gaststätten' hatte ein Volumen von 40
Vorhaben und 22,7 Mio. DM Gesamtvolumen, das
größte Branchenvorhaben 'Straßengüterverkehr' ein
Volumen von 34 Vorhaben und 49,1 Mio. DM
Gesamtvolumen. Noch größer wird die Differenz,
wenn man den ÖPNV mit den Branchenprojekten
des Produktionssektors vergleicht: z.B. Beklei-
dungsindustrie 55 Vorhaben, 53 Mio. DM Gesamt-
volumen oder gar Gießereiindustrie mit 94 Vorha-
ben und 109 Mio. DM Gesamtvolumen. Diese
Diskrepanz ergibt sich auch auf Grund der histori-
schen Gegebenheiten. Zwar stammte die Anregung
der Gewerkschaft ÖTV aus dem Jahre 1987. Da das
Definitionsvorhaben Ergebnisse aber erst nach 2
Jahren liefern konnte, fiel die Aufbauphase des
Branchenprojektes in den beginnenden Prozess der
deutschen Einigung. Verbunden mit diesem Eini-
gungsprozess waren Mittelkürzungen, die dazu
zwangen schon positiv begutachtete Vorhaben aus
den Bereichen 'Betriebssteuerung' und 'Fahrdienst'
abzulehnen. Eine Abarbeitung des vorgesehenen
Programms der Bekanntmachung von 1989 war
angesichts der knappen Ressourcen nur noch in
Teilen möglich. Zur Unterstützung der Umsetzung
der Ergebnisse wurde vom BMBF (Programm
'Verkehrsforschung') ein Vorhaben der Gewerk-
schaft ÖTV gefördert.
Im Branchenprojekt "ÖPNV sind nicht nur alle
Methoden eines modernen Forschungsmana-
gements eingesetzt worden, sondern auch das ge-
samte Instrumentarium der Arbeitsforschung, um
auf verschiedensten Ebenen neue Ansätze zur men-
schengerechten Gestaltung der Arbeit zu entwi-
ckeln. Dabei wurde aber auch deutlich, dass es
nicht um die Entwicklung und Gestaltung "Neuer
Dienstleistungsprodukte" ging. Hierfür standen
Anfang der 90er Jahre weder die Instrumente zur
Verfügung, noch war das entsprechende Bewusst-
sein bei den Beteiligten vorhanden. Dies mag ein
Grund dafür gewesen sein, dass die forschungspoli-
tischen Entscheidungsträger nicht im Stande ent-
sprechende Prioritäten zu setzen, um die Erfolgspo-
tenziale zu verwirklichen.
Arbeitsinnovation in Netzwer-ken Die Bedeutung des kontinuierlichen (!) Programm-
lernens über mehrere Projektzyklen hinweg, kann
am Beispiel des Arbeitsschwerpunkt „Menschen-
gerechte Gestaltung der Arbeit im Straßengüter-
verkehr“ dargestellt werden. Der Arbeitsschwer-
punkt wurde 1985 publiziert und im Januar 1994
mit der Tagung „Zukunft von Arbeit in logistischen
Systemen“ abgeschlossen (Ernst, Büntgen, Porn-
schlegel, Westfal (1994). Die Entwicklung des
Arbeitsschwerpunktes ist deshalb von Interesse,
weil er als konventioneller Schwerpunkt im Pro-
gramm "Humanisierung des Arbeitslebens" begann
und sich im Laufe der Zeit dann veränderte. In
diesen 10 Jahren haben die Innovationsansätze in
den logistischen Systemen sich mehrfach verändert:
Mitte der 80er Jahre wurden die Arbeitsformen
unter dem Schlagwort ‘Industrialisierung des Gü-
terverkehrs’ (ÖTV 1986) gesehen, Ende der 80er
und Anfang der 90er Jahre schlugen sich die logis-
tischen Rationalisierungskonzepte und Lean Ma-
nagement in der Gestaltung der Arbeit nieder und
Ende der 90er Jahre waren es die Entwicklungen
zum virtuellen Unternehmen. Während 1984 noch
das Nachahmen und Nachholen der industriellen
Konzepte im Vordergrund stand, ging es in den
90er Jahren eher darum, dass die logistischen
Dienstleister zum Vorbild wurden. Im Mittelpunkt
der Überlegungen Anfang der 80er Jahre stand das
klassische Unternehmen. Die Vernetzung mit ande-
ren Unternehmen war noch gering, es gab eine
starke Pufferbildung zu den vor- und nach-
gelagerten Unternehmen. Während in der Industrie
das Großunternehmen mit seinem Stab-Linie-
Organisationskonzepten vorherrschte, war es im
Gütertransport die (kleine) Spedition (häufig noch
im Selbsteintritt) und die Frachtführer. Der Durch-
dringungsgrad mit Informations- und Kommunika-
tionstechniken war gering (Bogedale et al., 1991).
84
Die Transportbranche war reguliert und - auch das
ein wichtiges Merkmal - die Bahn war ein staatli-
ches Unternehmen.
Ab 1986 wurde der große Wandel im Transport-
sektor vom Transport zur Logistik sichtbar. Ging es
beim Transport noch darum Güter von A nach B zu
befördern, so stand die logistische Dienstleistung
für einen Ausschnitt einer Wertschöpfungskette. Es
beginnt am Ende der Produktion, schließt Lage-
rung, Transport und deren Steuerung ein. Darüber
hinaus sind aber auch Versicherungsleistungen und
Kundenbetreuung hier wichtige Bestandteile. Ab
Ende der 80er Jahre wurde immer klarer, dass das
Konzept der Industrialisierung der Transportarbeit
zu kurz greift. Die zunehmende Veränderung der
Fertigungstiefe bei den klassischen produzierenden
Unternehmen stellte neue Aufgaben an die Trans-
portunternehmen, die in der bisherigen Form nicht
vorhanden waren und mit klassischen Unterneh-
menskonzepten nicht mehr abdeckbar waren. Für
die Transportunternehmen stellte sich der Wandel
in mehreren Formen dar:
- ‘Fertigungstiefenerhöhung’ bei den Dienst-
leistungsunternehmen (breitere und tiefere Auf-
gaben),
- Einschaltung logistischer Dienstleister mit Ge-
neralunternehmerfunktion
- Auslagerung von Planungs- und Entwicklungs-
aufgaben für logistische Aufgabenstellungen an
diese Dienstleistungsunternehmen und damit die
Vergrößerung ihres Einflusses auf die Gestal-
tung.
Die neuen Formen wirkten sich als verstärkte Ver-
netzung zwischen Logistik- und Produktionsunter-
nehmen sowie deren Kunden aus. Die vorgeschla-
genen Logistikstrategien zeichneten sich durch
Intermodalität bei der Nutzung der Transport-
systeme, dem Einsatz modernster Informations- und
Telekommunikationstechniken, einem ausgefeilten
Schnittstellenmanagement und der Steuerung über-
betrieblicher Prozesse aus. Ihr Innovationskonzept
basierte auf der Integration von menschlicher Ar-
beit technischer Unterstützung, effizienter Organi-
sationsgestaltung und ökologischer Umweltnutzung
(Strutynski, 1993). Solche Strategien haben auch
heute ihre Bedeutung zur Sicherung produzierender
Unternehmen im nationalen und internationalen
Wettbewerb nicht verloren. Die Leistungsfähigkeit
logistischer Systeme ist die Voraussetzung für die
notwendigen Netzwerke zwischen Herstellern, Lie-
feranten und Kunden. Sie haben einen entscheiden-
den Stellenwert für die Wertschöpfung in einer
Volkswirtschaft. Logistikunternehmen sind inzwi-
schen spezielle Konzerne, die weltweit agieren.
Die Veränderungen wurden im Koordinierungs-
kreis, in dem auch die Gewerkschaft ÖTV vertreten
war, diskutiert und neue Ausrichtungen gefunden.
Der Wandel der Auffassungen wird in den Ergeb-
nissen der Vorhaben der zweiten Phase sehr deut-
lich Waren die ersten Ergebnisdarstellungen ‘Kom-
missionieren’ (Bockelmann et al., 1992) und ‘Per-
sonalmanagement in der Logistik’ (Bockelmann
und Böseler, 1994) mit Themen wie "Trends der
Technikentwicklung im Bereich des Kommissionie-
rens", " Arbeitszeit- und Entgeltsysteme" sowie
"Qualifizierung von Hallenmeistern" noch sehr
konventionell, so begann sich mit ‘Beziehungsma-
nagement in der logistischen Kette’ (Bockelmann et
al. 1994), ‘Informationswohlstand schaffen’ (Lau-
enstein et al., 1994) und ganz besonders ‘Innovati-
onswerkstatt Logistik’ (Bockelmann, Lauenstein
und Böseler, 1994) ein sehr deutlicher Wandel
abzuzeichnen. Mit der Untersuchung des Bezie-
hungsmanagements in der logistischen Kette wurde
das Konzept der Kette als unzureichend erkannt.
Konsequenterweise wird nicht mehr von den logis-
tischen Ketten gesprochen, sondern von den logisti-
schen Systemen und dem richtigen Arbeiten mit
Informationen in logistischen Systemen. Zur glei-
chen Zeit gewann der Grundgedanke der Partizipa-
tion wieder an Bedeutung.
Dieser Schwerpunkt war sehr eng mit den For-
schungsarbeiten des schwedischen Arbetsmiljö-
fonden verbunden worden. Eine Reihe von Tagun-
gen war Ergebnis dieser Kooperation. Dazu gehör-
ten 1992 „Arbeits- und Gesundheitsschutz in Euro-
päischen Transport- und Verkehrsnetzen“ zusam-
men mit der damaligen Bundesanstalt für Arbeit-
schutz (Neubert, Ebert, Renard (1993)), im gleichen
Jahr „Ganzheitliche Logistikkonzepte“ (Möhlmann
und Hoffstadt (1993)), sowie „Arbeit und Technik
in internationalen Speditionen“ (Logistik und Ar-
beit (1993)). Neben diesen Tagungen wurden auch
unkonventionelle Wege des Transfers begangen.
Einer war die Gründung der Zeitschrift „Logistik
und Arbeit“, die von 1992 bis 1996 den Schwer-
punkt begleitete. Ebenso wurde die „International
Society for Participation and Empowerment “ von
der Chalmers University in Schweden gegründet.
Dieser Verein aus Beratern und Forschern war
zunächst nur auf die Logistik konzentriert, beschäf-
tigt sich heute aber mit allen Fragen der Beteiligung
und veranstaltet bis heute seine regelmäßigen Jah-
restagungen. Mitglieder kommen inzwischen aus
allen Ländern Europas.
Der Ansatz trug zur programmatischen Weiter-
entwicklung bei, da er den 'aus der Not' des Trans-
ports und der Distribution geborenen Logistikansatz
mit dem Ansatz, des 'virtuellen Unternehmens'
(Davidow und Malone, 1993, vgl. aber auch Me-
wes, 1993) verband. Für den Betrachter, der an
klassische Firmenstrukturen gewohnt ist, bildet das
'virtuelle Unternehmen' ein sich im Laufe kurzer
Zeit immer wieder veränderndes Gebilde, dessen
Trennlinien - auch die der betrieblichen Organi-
sation - nach innen und außen verschwimmen. Zur
Gestaltung der entsprechenden Kooperationsstruk-
turen bedarf es anderer Organisationsformen und
verbesserter Möglichkeiten der Kommunikation
und ihrer technischen Unterstützung. Die Rolle der
85
in der heutigen Politik besonders beachteten kleinen
und mittleren Unternehmen in einer virtuellen Un-
ternehmung ist komplex. Zum einen sind sie flexib-
ler und an überbetriebliche Kooperationen eher
angepasst als größere Unternehmen. In ihren Do-
mänen sind die kleinen und mittleren Unternehmen
Spezialisten, unter Innovationsgesichtspunkten fehlt
ihnen aber in bestimmten Bereichen das notwendi-
ge Expertenwissen. Ein weiteres Innovations-
hemmnis ist vielleicht auch die Angst vor 'über-
mächtigen' Partnern und traditionelle, gewachsene
Strukturen mit einer entsprechenden Qualifikation
des Managements. Damit bilden sie auf der einen
Seite ein innovatives Potential, auf der anderen aber
auch ein gewisses Innovationshemmnis.
Das Konzept der virtuellen Unternehmung dis-
kutiert Belastungsfragen von Beginn an kritisch:
'Viele Betriebe werden den Anforderungen dieses
Wandels nicht gewachsen sein. Manchen Ar-
beitnehmer werden diese Veränderungen noch
schlimmer bedrücken als dies in früheren indu-
striellen Umwandlungen der Fall war. Doch dieses
Mal droht nicht Unterwerfung, Ausbeutung oder
Entmenschlichung, sondern Unsicherheit, das Feh-
len einer verlässlichen Struktur und, ganz schlicht,
zu viel Verantwortung.' (Davidow und Malone,
1993, S. 16) Diese Einschätzung deckt sich mit der
Einschätzung deutscher Logistikexperten. Zum
Thema 'Belastung’ sind als wesentlichste Einzeldi-
mensionen 'Arbeitszeit' und 'Verantwortung' ge-
nannt. Allgemein wird erwartet, dass die Arbeits-
zeitsituation sich verschärft, ohne dass für den
Dienstleistungssektor adäquate Arbeitszeitmodelle
zur Verfügung stehen. 'Verantwortung' bedeutet,
dass der Mitarbeiter einen immer größeren Anteil
an Verantwortung für die Entstehung des Produktes
übernimmt (Danckwerts, 1994). Verantwortung bei
Entscheidungen auf unsicherer Datenlage wird eine
der wesentlichsten Belastungsquellen der Zukunft
sein. Die ‘Unsicherheit’ oder positiv gewendet die
‘Orientierung am Kundennutzen ’ ist eines der
Kernelemente der Arbeitsgestaltung in virtueller
Unternehmen (Florian, 1995). Bislang festgefügte
Organisationsstrukturen, abgrenzbare Arbeitsrollen
und -aufgaben werden in überbetrieblich kombi-
nierbare Module aufgelöst, die dann jeweils nach
Kundennutzen beliebig zusammengefügt werden.
Arbeitsgruppen und Abteilungen müssen sich stän-
dig reformieren und reorganisieren. Bisher vorhan-
dene feste und dauerhafte Kooperationen werden
durch wechselnde Teams ersetzt. Überbetrieblich
konzipierte logistische Systeme erfordern besonde-
re Aufmerksamkeit für den Arbeits- und Gesund-
heitsschutz. Zwar wird immer wieder die Philoso-
phie der Kooperation zum unverzichtbaren Be-
standteil für das Umgehen der Akteure miteinander
genannt, doch im Wesentlichen haben wir es mit
einem ‘Beauftragungsdenken’ (Bockelmann, 1993)
zu tun. Die Produktion stuft die Logistik als nach-
rangig und einfach ein, beauftragt den Spediteur mit
diesen Aufgaben. Der wiederum stuft den Transport
als nachrangig und einfach ein und beauftragt den
Frachtführer mit diesen Aufgaben. Und alle müssen
einen wesentlichen Teil ihrer Attraktivität durch
eine (Niedrig)Preisgestaltung erreichen. Damit wird
einer echten partnerschaftlichen Zusammenarbeit
zu wenig Raum gegeben, jedenfalls wenn man die
hehren Ansprüche der Kooperationsphilosophie
dagegenhält. Diese Konflikte auf der Strategieebene
führen auf der operationalen Ebene zu Arbeits-
belastungen und Unfallgefährdungen. Bockelmann
(1993) spricht vom ‘Kaskadenprinzip’. Die schlech-
teren Konditionen werden im Gesamtgeschehen
weiter und weiter nach unten gedrückt. Der einzel-
ne Fahrer muss aus Mangel an Handlungsspielräu-
men auf überlange Arbeits- und Fahrzeiten mit den
bekannten Folgen ausweichen. Trotzdem bleibt
bestehen, dass die neuen Organisationskonzepte
immer mehr auf die Motivation und die Gesundheit
der Beschäftigten angewiesen sind. Vielleicht ge-
lingt es in einem kontinuierlichen Prozess - ähnlich
wie in der Industrie - die Arbeitsbelastung in den
Griff zu bekommen.
Auf Grund der Förderung in anderen Programmen
des BMBF wurde der Förderschwerpunkt in der
Initiative „Dienstleistungen für das 21. Jahrhun-
dert“ nur im Rahmen des Kooperations-
managements aufgenommen (z.B. Luczak, Schenk
(1999). Mit diesen Erfahrungen startete Anfang
2001, auf dem Höhepunkt der Euphorie um die
zunehmende Ausbreitung des Internets als neues,
allumfassendes Kommunikationsmedium, das
gleichermaßen für die Globalisierung der Wirt-
schaft, die Entgrenzung der Unternehmen und die
Flexibilisierung von Arbeit steht, der Forschungs-
schwerpunkt "Arbeit in virtuellen Unternehmen".
Ziel des Schwerpunktes war es, die Forschungen zu
dem neuen Unternehmenstyp „virtuelles Unterneh-
men“, hinsichtlich neuer Formen der Beteiligung
und Einbindung von Mitarbeitern und Beschäftig-
ten, neuer Konzepte des Managements, der Planung
und Steuerung von Arbeitsprozessen, der Beson-
derheiten der Unternehmenskultur sowie des Zu-
sammenspiels von (Informations-) Technik und
Arbeit voranzutreiben, um innovative, zukunftsori-
entierte und menschengerechte Arbeit auch unter
den Bedingungen der Globalisierung und Entgren-
zung zu ermöglichen. Der Forschungsschwerpunkt
hat so entscheidend daran mitgewirkt, dass einer
menschengerechten Unterstützung virtueller Unter-
nehmen – auch durch die prototypische Entwick-
lung eigener Instrumente – mehr Raum gegeben
wurde (z.B. Zülch, Barrantes und Steinheuser,
2006). Er führte aber auch dazu, dass das Pro-
gramm „Innovationsfähigkeit“ der Ebene der
Netzwerke besondere Aufmerksamkeit widmete.
Daraus entstand das Handlungsfeld der Innovati-
onspartnerschaften, der besonders den kleinen und
mittleren Unternehmen gewidmet ist. Ebenso wur-
den logistische Fragestellungen im E-Business
(BMBF, 2004, Herrmann, Schöpe, Erkens, Hülder
(2005), Luczak (2004)) aufgenommen.
86
Neue Technologie: Vom Ser-viceroboter bis zur LightFusi-on Technikentwicklung und der Technikanpassung
dürfen bei Ansätzen der Humanisierung und der
Innovation nie aus den Augen verloren werden. Für
die Gestaltung von Dienstleistungsarbeit ergeben
sich sowohl bei der Wissens- als auch bei der Inter-
aktionsarbeit neue Ansätze. Erste Hinweise für die
neuen Herausforderungen geben der Schwerpunkt
„HighTech und Arbeitsgestaltung“ im Rahmen des
Förderschwerpunktes „Innovationsstrategien jen-
seits des traditionellen Managements“, das entspre-
chende Forum auf dem 2. Zukunftsforum und die
Einbindung der Dienstleistungsinnovation in die
HighTech Strategie. Das neue Design des Wissens-
arbeitsplatzes wird neue Technologien umfassen,
die auf lange Sicht den Bildschirmarbeit ablösen
werden. LightFusion, Bio- oder Nanotechnologie
schaffen neue Gestaltungsräume für Wissensarbeit.
Wissensarbeitsplätze werden viele der neuen Tech-
nologien nutzen. In diesen liegen auch Herausfor-
derungen zur Anreicherung der Arbeitsinhalte, zur
Kompetenzentwicklung und zur Gesundheits-
förderung. Schon jetzt absehbare technologische
Entwicklungen zum Beispiel in der Bio-, Gen- und
Nanotechnologie sowie die Entwicklung zur Wis-
sens- und Dienstleistungsgesellschaft bergen zu-
gleich Chancen und Risiken für die Gestaltung
zukünftiger Arbeitswelten (Dueck, 2009). Daher
stellt sich heute die Frage, in welcher Arbeitswelt
wir morgen arbeiten und leben wollen und wie die
heraufziehenden technologischen Möglichkeiten
hierzu beitragen können. Es verbinden sich Fragen
nach Chancen und Risiken technologischer Ent-
wicklungen mit denen zukünftiger Arbeitswelten
mit ethischen Fragen und den Gestaltungsoptionen
von Forschung.
Arbeitsinnovation: Unterneh-menskultur als neuer Weg? Mitbestimmung und Beteiligung werden heute
gewöhnlich als Reorganisationsinstrument begrif-
fen und in diesem Sinne eingesetzt. „Unterneh-
menskultur “, in diesem Begriff verbinden sich das
„rationale Unternehmen“ und die „gute Kultur“.
Mit dem Begriff der Kultur verbindet sich etwas
Positives, das über den Auseinandersetzungen zwi-
schen Kapital und Arbeit steht und eine Bindung
verspricht (Kirchhöfe, 2004).29 Eng verbunden sind
dann die Anerkennungskultur, die Arbeitskultur,
die Lernkultur und die Vertrauenskultur. Es werden
die sozialen Inhalte der Kultur und ihr Entwick-
lungsraum für die menschliche Persönlichkeit her-
ausgehoben. „Kennzeichen einer zeitgemäßen,
innovationsförderlichen Unternehmenskultur ist
29 Ich danke Frau Prof. Dr. I. Bootz für ihre Kom-
mentare zur „Unternehmenskultur “
eine transparente, zielorientierte Unternehmens-
führung. Auf der Grundlage menschen- und aufga-
bengerechter Leitungs-, Beteiligungs- und Organi-
sationsstrukturen wird die wirtschaftliche Leis-
tungsfähigkeit des Unternehmens verbessert. Zu-
gleich lassen sich damit die Interessen der Beschäf-
tigten nach Stabilität ihres Beschäftigungs-
verhältnisses, Anerkennung, Beteiligung und Kom-
petenzförderung berücksichtigen.“ Mit diesen an-
spruchsvollen Sätzen leitet der PT-DLR die Bro-
schüre zur Darstellung der Ergebnisse des Förder-
schwerpunktes „Entwicklungsfaktoren für den Auf-
und Ausbau innovationsförderlicher Unterneh-
menskulturen und Milieus“. Der Einsatz der Betei-
ligung als Reorganisationsinstrument wird in eini-
gen Projekten sehr deutlich, wenn die Mitarbeiter
als eine zentrale Ressource für eine nachhaltige
Innovationsfähigkeit gesehen werden. Diese Res-
source ist dann besonders wirksam, wenn die Mit-
arbeiter möglichst früh, intensiv und gestaltend in
die unternehmerischen Veränderungsprozesse ein-
gebunden werden. Wichtige Voraussetzungen
schafft hierfür eine beteiligungsorientierte Unter-
nehmenskultur. In einer beteiligungsorientierten
Unternehmenskultur werden die Mitarbeiter perma-
nent - im Sinne eines überdauernden und fest in die
Kultur verankerten Grundprinzips - über verschie-
dene Formen am Unternehmen und seinen Prozes-
sen beteiligt. In diesen Sätzen wird die Neubewer-
tung der Beteiligung sehr deutlich. Nicht mehr die
Gestaltung der eigenen Arbeit mit innovativen
Qualifikationen ist das Ziel, sondern die Verbesse-
rung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit eines
Unternehmens. Dabei versucht der DLR-PT den
Aufbau von Unternehmenskulturen, die einerseits
betriebswirtschaftlichen Zielen von Unternehmen
gerecht werden und andererseits dem Anspruch
einer innovationsförderlichen Umgebung für alle
Beschäftigten entsprechen, als oberstes Ziel zu
sehen. Damit setzt der DLR-PT voraus, dass inno-
vationsförderliche Umgebungen auch eine men-
schengerechte Gestaltung der Arbeit bedingen.
Benthin und Brinkmann und ihre Coautoren (2008)
setzen sich ausführlich mit dem Zusammenhang
von Unternehmenskultur und Mitbestimmung
auseinander. Einen Schluss, den dabei Sackmann
zieht, ist das Unternehmenskultur und Mitbe-
stimmung kein Widerspruch sind. Sie sagt aber
auch, dass die "Nutzung der Mitarbeiterpotenziale"
über partnerschaftliche Führung" – nicht Interaktion
- erfolgt und damit nicht gesetzlich regelbar ist.
Sackmanns Ansatz widerspricht Frickes "demokra-
tischer Beteiligung" natürlich völlig. In Frickes
Konzept (und auch im Konzept der Mitbestim-
mung) sind Beschäftigte gleichberechtigte Partner
im Unternehmen, die weder genutzt noch geführt
werden. Damit gerät das Konzept der Unterneh-
menskultur auch schnell wieder in Richtung eines
Managementsteuerungsinstrumentes, eine Gefahr
auf die Brinkmann, Benthin und Dörre mit den
87
Worten "Culture Club oder demokratische Teilha-
be" deutlich verweisen.
Arbeitsinnovation: Neue Wege in der Prävention Prävention wird immer mehr als ein Instrument der
Wettbewerbsfähigkeit gesehen. Prävention wird in
betriebliche Innovationsstrategien integriert. Die
Expertenkommission „Zukunftsfähige betriebliche
Gesundheitspolitik“ hat eindringlich darauf hinge-
wiesen, dass Gesundheit am Arbeitsplatz bzw.
vorbeugende Maßnahmen im Rahmen der betriebli-
chen Gesundheitspolitik entscheidend durch eine in
die Kultur des Unternehmens integrierte Präven-
tion, das Engagement und die Kompetenz der Un-
ternehmensführung und des Managements geprägt
werden. Die Veränderungen in der Arbeitswelt
haben auch dazu geführt, dass sich die Aufgaben
der überbetrieblichen Akteure im Arbeits- und
Gesundheitsschutz wandeln. Waren diese Aufgaben
in der Vergangenheit vorrangig dadurch geprägt,
von den Unternehmen die Einhaltung von Verord-
nungen und Regelungen einzufordern, wie z.B. zu
persönlichen Schutzausrüstungen, zur ergonomi-
schen Gestaltung von Arbeitsplätzen oder zum
Umgang mit Schadstoffen, so treten, forciert durch
die neuen Formen von Arbeit ganz andere Themen
und Aufgaben in den Vordergrund: psychische
Belastung und Beanspruchung, Entwicklung von
Managementmethoden und Führungsinstrumenten
zur Förderung der Selbstregulation (Work-Life-
Balance), Erhaltung der Arbeitsfähigkeit, Bewälti-
gung des demographischen Wandels usw. So su-
chen Berufsgenossenschaften einen eigenständigen
Weg zwischen Überwachung und Beratung, Kran-
kenkassen bieten ein breites Spektrum an betrieb-
lich wirksamen Präventionsmaßnahmen an. Diesen
Anforderungen stellte sich der neue Arbeitsschwer-
punkt „Prävention“ und entfernte sich damit von
früheren Ansätzen der Reparaturhumanisierung.
Erfahrungswissen und –lernen in der Dienstleistungswirt-schaft Im Rahmen der Gestaltung von Arbeit ist das Kon-
zept des "Erfahrungswissens" bzw. der "erfah-
rungsgeleiteten Arbeit" eingeführt worden. "Erfah-
rungswissen" wird in der deutschen Sprache assozi-
iert mit "Erfahrungsschatz". Dies war aber nicht
gemeint. Erfahrungswissen griff den alten Konflikt
zwischen dem Ansatz der "wissenschaftlichen"
Betriebsführung und der Leitung durch die "erfah-
renen" Meister auf, auf einer abstrakten Ebene
formuliert: Schafft Erfahrung ebenso Wissen, wie
dies Wissen-schaft tut? Diese Frage ist nicht leicht
abzutun. So überliefert Radkau (2008, S. 300) fol-
genden Ausspruch von Ernst Poensgen, dem stell-
vertretenden Generaldirektor des Stahlvereins aus
dem Jahr 1931:
"Lasst mich mit der Wissenschaft in Ruhe!
Wir sind mit der Wissenschaft gefüttert
und überfüttert worden, wissenschaftliche
Technik, wissenschaftliche Betriebs-
führung, wissenschaftliche Materialkunde,
wissenschaftliche Marktforschung, wissen-
schaftliche Bilanzierung und so weiter und
so fort. Und wohin hat all diese Wissen-
schaft uns gebracht?"
Heute wird sehr schnell wissenschaftlich be-
gründetes Wissen als dem Erfahrungswissen über-
legen dargestellt. Dabei wird häufig außer acht
gelassen, dass wissenschaftlich erworbenes Wissen
hoch abstrakt ist, auf die konkrete Situation kaum
anwendbar ist ("Unwägbarkeiten der Praxis") und
"dem Stand der Technik unterworfen ist, also un-
vollständig ist. Böhle et al. (2002) zeigen eine Rei-
he von Ansätzen aus den Projekten auf, wie Erfah-
rungswissen und innovative Technikkonzepte zu-
sammengeführt werden können. Dazu gehört das
Programmieren mit Bearbeitungsfeatures, die hand-
lungsorientierte Gestaltung von Fertigungstechnik,
handlungsorientierte Interaktionstechnik in der
Fertigung und die Nutzerbeteiligung in frühen Sta-
dien der Technikentwicklung. Auch die Einar-
beitung des Erfahrungswissens in wissensbasierte
Assistenztechnik wurde als ein Anwendungsfeld
gesehen. Diese Ansätze sind in die Technikgestal-
tung eingeflossen, insgesamt beurteilen sie die
"facharbeiterorientierte" Gestaltung von CNC-
Maschinen aber als nicht erfolgreich: "Im Mittel-
punkt steht dabei jedoch weiterhin das Ziel einer
Objektivierung von Erfahrung, nur selten findet
sich Erfahrung als Gestaltungsmoment im Sinne
einer eigenständigen, genuin menschlichen und
nicht formalisierbaren Qualität von Wissen und
Handeln." (S. 55). Die Debatte um das Erfahrungs-
wissen wird in den nächsten Jahren im Dienstleis-
tungssektor geführt werden müssen. Hier wird auf
einer weitaus komplexeren Ebene, nämlich der
Interaktion mit Kunden geprüft werden müssen,
wie Verwissenschaftlichung (Industrialisierung)
und Erfahrungswissen zusammenspielen. In be-
stimmten Bereichen der personenbezogenen Dienst-
leistungen wird das Problem dann noch mit ethi-
schen Fragen verknüpft werden, eine Komplexität
der Fragestellung, der gegenüber die industrielle als
Kinderspiel erscheint.
Demographie und Arbeit30 In Abgrenzung zu den Arbeiten der Enquete-
Kommission des Deutschen Bundestages, die sich
schwerpunktmäßig mit den Auswirkungen des
demografischen Wandels auf Gesellschaft und
soziale Sicherungssysteme beschäftigte, hat sich die
Arbeitsforschung auf den für die Wirtschaft bedeut-
30 Ich danke meiner ehemaligen Kollegin Stephanie
Becker für ihre Bemerkungen zum Thema.
88
samen Zusammenhang von alternden Betriebs-
belegschaften und betrieblicher Innovations-
fähigkeit konzentriert.
Untersuchungen zu älteren Arbeitnehmern wurden
im ersten HDA-Programm unter der Rubrik „Unter-
suchung und Verbesserung der Arbeitsbedingungen
für besondere Personengruppen“ gefasst. Es ging
hier mehr um die Arbeitsgestaltung im Hinblick auf
die Defizite älterer Menschen als um eine gesamt-
betriebliche Personalentwicklungsstrategie. In der
Dokumentation des neuen HDA-Programms taucht
1987 unter den Zukunftsfragen der Arbeitswelt zum
ersten Mal die demografische Entwicklung als
Entwicklungstrend auf, ohne aber näher auf diese
Frage einzugehen. Die Formulierung und Ausfül-
lung der Forschungsfragen war dem Programm
„Arbeit und Technik vorbehalten. Auf dem Kon-
gress „Alter und Erwerbsarbeit der Zukunft“ im
November 1992 in Berlin wurden technisch-
organisatorische Konzepte, Qualifizierungskonzep-
te, Personalkonzepte und Konzepte zum Arbeits-
und Gesundheitsschutz vorgestellt, um die demo-
graphische Herausforderung in den Betrieben be-
wältigen zu können (Bullinger, Volkholz, Betzl,
Köchling, Risch (1993). Die Forschungsergebnisse
in Form von wissenschaftlich fundierten Prognosen
und Trendanalysen zeigten, dass Unternehmen sich
in der Zukunft auf eine Veränderung der Alters-
struktur der Erwerbstätigen einstellen müssen. Die
Belegschaft muss bis zum Eintritt ins Rentenalter
arbeits- und innovationsfähig gehalten werden, so
dass die wirtschaftlichen Umbrüche und neuen
technologischen Herausforderungen bewältigt wer-
den können. Im Rahmen der sogenannten Demo-
grafieinitiativen wurden in rund 150 Unternehmen
in den beiden Industriebranchen der Elektro- und
Maschinenbauindustrie und im Sanitär-Heizung-
Klima -Handwerk alternsgerechte Maßnahmen und
Instrumente für alternsgemischte Teams, für eine
lern- und gesundheitsförderliche Arbeitsgestaltung,
für arbeitsbegleitende Lernkonzepte und für ausge-
wogene Alters- und Personalstrukturen entwickelt
und erprobt. In einem weiteren Schritt wurden die
Ergebnisse und Lösungsansätze anwendungsorien-
tiert für Unternehmen aller Branchen und Wirt-
schaftssektoren aufbereitet. Der so entstandene
„Werkzeugkasten“ bietet Unternehmen Instrumente
und Maßnahmen an, mit denen sie eigenverantwort-
lich auf die Herausforderungen des demografischen
Wandels reagieren können. Viele der Instrumente
und Maßnahmen, die Unternehmen in Deutschland
derzeit zum Umgang mit dem demografischen
Wandel zur Verfügung stehen, beruhen auf den
Ergebnissen der vom BMBF geförderten Vorhaben.
An den Staat wurde die klare Forderung gerichtet,
die Weiterentwicklung und Verbreitung zukunfts-
tauglicher Problemlösungen durch Aktions- und
Förderprogramme aktiv zu unterstützen. In-
zwischen ist aus der Demografie-Debatte eine De-
mografie - Bewegung geworden. Die EU -Kom-
mission hat Jahr das Grünbuch "Angesichts des
demografischen Wandels - eine neue Solidarität
zwischen den Generationen" veröffentlicht und
damit einen EU-weiten Diskurs über die zentralen
Fragen angestoßen“. Auch in den neuen Pro-
grammen zur Arbeitsforschung ist das Thema
„Demographie und Arbeit “ verankert. Zum einen
werden bisher erprobte Werkzeuge in andere Bran-
chen umgesetzt (z.B. in die IT -Branche), zum
anderen wird versucht, Lösungen für Tätigkeiten zu
finden, die eng mit schwerer körperlicher Belastung
verbunden sind. Zum anderen werden aber auch
neue Konzepte angedacht. "Unter dem Schatten
alter Bäume – insbesondere, wenn sie mächtig und
ausladend sind – wächst häufig nichts.“. Mit diesen
Worten verlangte Volker Volkholz eine Neube-
wertung des Erfahrungswissens von Älteren. Erfah-
rungswissen verliert an Wert, wenn es viele besit-
zen und wenn der globale Wettbewerb Entlernpro-
zesse erzwingt. Damit muss auch das Konzept des
Lebenslangen Lernens durchdacht werden, es geht
nicht um Lernen per se, sondern um Lernen zum
erhalt der Innovationsfähigkeit. Dies verlangt auch
ein Neudenken der Altersgemischten Belegschaf-
ten, wenn kaum noch jüngere da sind, um zu mi-
schen.
Innovation, Innovationsfähigkeit und Soziale Innovation: Herausforderung an politisches Handeln Die heutigen gebräuchlichen Definitionsansätze zur „Innovation“ gehen auf die Definitionen
des Frascati-Manuals von 1993 (OECD 1993) zurück, in dem Innovation als ein Vorgang
definiert wird:
Scientific and technological innovation may be considered as the transformation of a new
idea into a new product introduced on the market, into a new or improved operational pro-
cess used in the industry and commerce, or into a new approach to a social service" (Zitat
nach Stiller und Bitze, 1998, S. 17)
89
Diese Definition umfasst also einen Transformationsprozess, der von der Forschung über die
Entwicklung bis zur Markteinführung geht. Er umfasst ebenso Prozesse und Produkte, Her-
stellung und Dienstleistungen und Soziale Dienste, bei denen nicht unbedingt klassische
Marktverhältnisse herrschen. Der Innovationsprozess wird aus Vereinfachungsgründen als
geradliniger Prozess betrachtet. Dies entspricht nicht der Realität. In der Realität ergeben sich
Schleifen, Sackgassen, Umwege, Irrwege. Trotzdem ist es zunächst einmal hilfreich den Pro-
zess in Ideenfindung, FuE-Phase, Prototypengestaltung und Markteintritt zu zerlegen. Dies
soll nicht bedeuten, dass Forschung nur in der FuE-Phase stattfindet, sondern Interventionen
des Forschungsprogramms können bis zur Prototypengestaltung notwendig sein. Auch wenn
die Rolle der FuE-Förderung wichtig ist, so muss auch klar sein, dass die Phase nach der Pro-
totypengestaltung manchmal den 20 bis 30fachen finanziellen Einsatz der Forschungsförder-
mittel erfordert. Damit gewinnen andere Finanzierungsgeber und –isntrumente an Bedeutung.
Die Prozesssicht erlaubt, das Konzept des Innovators als Great-Man-Theory aufzugeben und
zu Innovationsakteuren auf verschiedenen Stufen zu kommen. Diese Innovationsakteure ko-
operieren in einem System oder Netzwerk. Innovationsakteure müssen nicht alle einen Ge-
winn von der Innovation haben. Betrachtet man z.B. den MP3-Player als eine Innovation, so
hat z.B. einer der Innovationsakteure (die Fraunhofer Gesellschaft) einen Gewinn, während
der Innovationsakteur „Musikindustrie“ wohl eher leer ausgeht (genaueres zur Einordnung
der Entwicklung des MP3-Players in das Innovationsgeschehen: Bullinger, 2008). Der Begriff
des Netzwerkes erlaubt dann auch weiterhin, den Innovationsprozess als "Closed Innovation"
oder als "Open Innovation" zu sehen (Reichwald und Piller, 2006; Möslein und Matthaei,
2009). In der Closed Innovation sind die Anbieter gewöhnlich unter sich, während in einem
Open Innovation Prozess alle möglichen Menschen und Organisationen zur Beteiligung auf-
gefordert werden. Mit der Prozesssicht kann auch der Beitrag der unterschiedlichen politi-
schen Akteure für den Innovationsprozess bestimmt werden. Bei der Frage der Einflussnahme
auf Innovationspolitik ist es wichtig, nicht nur die Inhalte zu erarbeiten, sondern neben den
betrieblichen Akteuren auch das Umfeld zu erarbeiten, das auf das Innovationsgeschehen Ein-
fluss nimmt. Diese Instanzen sind von Programm zu Programm verschieden. Wichtig ist auf
jeden Fall auch, die Organisationen zu betrachten, die nach der Phase von Forschung und
Entwicklung das Innovationsgeschehen bestimmen.
Die Entwicklung des Innovationsbegriffes zeigt der Ansatz von Rammert (2012, S. 39)
auf:,,Innovationen können vorläufig als diejenigen Variationen von Ideen, Praktiken, Prozes-
sen, Objekten und Konstellationen begriffen werden, die durch kreative Umdeutung und Um-
gestaltung geschaffen oder durch zufällige Abweichung und Rekombination hervorgebracht
worden sind, die als Verbesserung in einer akzeptierten Hinsicht erfahren und gerechtfertigt
werden und die durch Imitation und Diffusion einen Bereich der Gesellschaft mit nachhaltiger
Wirkung verändern." Während im klassischen Definitionsbegriff die Durchsetzung am Markt
noch als Kriterium begriffen wurde, greift Rammert auf die Konzepte „Verbesserung in einer
akzeptierten Hinsicht“ und „einen Bereich der Gesellschaft mit nachhaltiger Wirkung verän-
dern“ zurück. Dies wird zu Ansätzen führen, die den nicht transzendenten Bewertungszu-
sammenhang des Innovationsbegriffes deutlicher machen.
Innovationsfähigkeit als Paradigma
Lehner, Baethge und Stille untersuchten die Beschäftigungswirksamkeit von Innovationen
(Lehner, Baethge, Kühl, Stille, 1998). Danach wirkten sich Prozessinnovationen zunächst
negativ auf die Beschäftigung aus, wenn sie stark auf Rationalisierungseffekte abzielten. Pro-
zessinnovationen, die auf Flexibilität und Kundenbindung abzielten, hatten diesen Effekt
nicht. Für die Produktinnovationen galt ein ähnlich differenziertes Urteil. Nur bei konkurrenz-
90
losen Produkten, die neue Märkte erschließen, kann man grundsätzlich von positiven Beschäf-
tigungswirkungen ausgehen. Ein erstes Fazit war:
Während für einzelne Unternehmen verstärkte Innovationsaktivitäten auch unter Beschäftigungsge-
sichtspunkten zumeist sinnvoll sind, begibt sich der Staat mit seiner auf einzelne Innovationen ausge-
richteten und technologieorientierten Innovationsförderung unter Beschäftigungsgesichtspunkten auf
ein riskantes Gebiet (S. 465)....Auf einigermaßen sicherem Grund bewegt sich eine beschäftigungsori-
entierte Innovationspolitik nur, wenn sie nicht einzelne Innovationen sondern die Innovationsfähigkeit
und –bereitschaft..fördert...Eine breite Stärkung der Innovationsfähigkeit der Wirtschaft entspricht auch
der..weithin geteilten Ansicht, dass die Beschäftigungsprobleme in Deutschland vor allem ein Problem
eines verzögerten und verpassten Strukturwandels sind (S. 466).
Forschungs- und Innovationspolitik muss sich also klar werden, wo sie ihren Schwerpunkt
setzt, auf Innovationsfähigkeit oder auf die Innovation selbst. Sollten Innovationen unmittel-
bar gefördert werden, so sind wie z.B. im Geschäftsplanwettbewerb des Handwerks beglei-
tende beschäftigungsorientierte Wirkungsanalysen notwendig, um gegensteuern zu können.
Aber auch eine Förderung der Innovationsfähigkeit verlangt neue Ansätze.
Zentral für die Förderung der
Innovationsfähigkeit ist der
Faktor "Wissen". Sehr verein-
fachend gesprochen erhöht For-
schung und Entwicklung die
Innovationsfähigkeit dadurch,
dass auf programmatischer Ba-
sis Wissen auf unterschied-
lichsten Gebieten bei unter-
schiedlichen Wissensträgern
aufgebaut und aufbereitet wird.
Dann muss "nur" noch und da-
für Sorge getragen werden, dass
dieses Wissen für Innovationen
genutzt wird. Es wird auch da-
von ausgegangen, dass die Wis-
sensspeicher sich ab einem bestimmten Zeitpunkt selbst regenerieren, d.h. ungeförderte For-
schung generieren. Ein Beispiel ist das ServLab des Fraunhofer Instituts für Arbeitswirtschaft
und Organisation. Hier wurden die Grundlagen des (mit Förderung generierten) Wissens ge-
nutzt, um in einer Verbindung mit virtueller Realität ein neues Verfahren zu schaffen (vgl.
Meiren, 2008). Bildungspolitik kann ebenfalls zur Erhöhung der Innovationsfähigkeit beitra-
gen. Sie entwickelt und "betreibt" Methoden und Verfahren, um das von FuE-erarbeitete Wis-
sen, für Menschen nutzbar zu machen. Erhöhung der Innovationsfähigkeit bedeutet nicht den
Ausschluss der Förderung von Innovationen. Hier greifen insbesondere wirtschaftspolitisch
orientierte Unterstützungsmaßnahmen. Deshalb verlangt die Förderung der Innovationsfähig-
keit und der Innovation auch ein koordiniertes Handeln der verschiedenen Unterstützer, ins-
besondere dort, wo es um die Nutzung der Wissensspeicher für Innovationen geht. Dabei geht
es nicht um die Unterstützer den verschiedenen Politikfeldern sondern auch um andere For-
schungsfördereinrichtungen sowie die politischen Stiftungen als Transmissionsakteure.
Ein Beispiel aus dem letzten Jahrhundert, das vergleichbar mit dem modernen Service Engi-
neering ist die Konstruktionslehre. Mangelndes Wissen um Konstruktion, Konstruktions-
methodik und technologischer Unterstützung behinderte zu Beginn des 20. Jahrhunderts die
Innovationsfähigkeit in der verarbeitenden Wirtschaft. Fahrzeuge werden nach handwerk-
Abbildung 13: Förderung der Innovationsfähigkeit
91
lichen Methoden entwickelt, schnelle Neuentwicklungen, kooperative Konstruktion und Si-
mulation waren nicht möglich. Hier setzte jetzt die Forschung zur Wissensgenerierung und –
bereitstellung an. Es ging dabei nicht mehr um die eigentliche Innovation am Automobil, sie
ist nur als Beispiel, als Experiment von Interesse, sondern es ging darum, von den personalen,
über die technischen, betrieblichen bis hin zu gesellschaftlichen Ebenen Methoden des Kon-
struierens zu entwickeln, die Innovationen ermöglichen. Wissensgenerierung und –
bereitstellung sind der eine Schritt, der nächste ist die Wissensnutzung. Sie wurde in der Kon-
struktionslehre durch die Aufnahme des Wissens in die akademische Lehre und berufliche
Bildung geleistet. Ebenso war zu klären – z.T. auch in Forschungsprojekten – welche Stan-
dards und Referenzmodelle notwendig waren und wie sie im Normungsgeschehen zu veran-
kern waren. Wirtschaftspolitische Unterstützung konnte dann z.B. durch Erleichterung der
Abschreibungsbedingungen für bestimmte Geräte erfolgen,
Innovationsfähigkeit: Arbeits- und Produktinnovation
Innovatorische Qualifikationen werden von Beschäftigten eingesetzt, um die gegebenen „Ar-
beitsbedingungen nach seinen Interessen und Bedürfnissen zu gestalten.“ (Fricke, 1981, S.
217). Auf diesem Grundgedanken basierend ist das Innovationsverständnis eines arbeitsfor-
schungspolitischen Handelns. Cernavin et al. (2001, S. 13 ff) kritisieren dies, indem sie sagen,
dass das Innovationsverständnis der Arbeitsforschungsprogramme immer auf die Entwick-
lungspotenziale der Arbeit gerichtet waren. Nach Cernavin et al. „ist ein Innovationsverständ-
nis nicht mehr haltbar, das die Marktökonomie ausklammert“ (S. 14/15). Außerdem schlagen
sie vor, sich an der international anerkannten Definition von Innovation zu orientieren.
Bei der Ausdifferenzierung der Ziele des Programms „Arbeit und Technik“ taucht der Begriff
der „Innovationsfähigkeit“ zum ersten Mal auf: „Zugleich soll dadurch (die Förderung durch
das Programm) Impulse zur Stärkung der Innovationsfähigkeit von Betrieben und Verwaltun-
gen gegeben werden. (BMBF, S.5). Lehner, Baethge, Kühl und Stille (1998) haben – diesem
Gedanken bewusst oder unbewusst folgend – mit der Konzeption der Innovationsfähigkeit
diesen Impuls fortgesetzt. Ausgehend von der Kritik der Förderung von Innovation, forderten
sie eine Förderung der Innovationsfähigkeit. Damit wird die einseitige Konzentration des Bli-
ckes auf Innovation der Arbeit zugunsten eines Blickes auf die Integration menschlicher Ar-
beit in das gesamte Innovationsgeschehen abgelöst. Im Mittelpunkt der meisten Arbeitsfor-
schungsansätze steht allein die Gestaltung der Arbeit und nicht die Gestaltung der die Arbeit
bestimmenden Innovation. Das Konzept der Innovationsfähigkeit versucht beide Aspekte zu
umfassen.
Michael Schumann stellt 2006 dar, dass mit dem Konzept der Innovationsfähigkeit ein
Schlüsselfaktor für den wirtschaftlichen Erfolg aufgegriffen wird. Innovationsführerschaft ist
eine Möglichkeit, ein Alleinstellungsmerkmal für Deutschland zu erreichen. Er sieht auch,
dass Innovationsfähigkeit voraussetzungsvoll ist. Innovationsfähigkeit ist mit einfacher Sub-
ventionierung von Technikentwicklung nicht zu erreichen. Die Quelle jedweder Innovationen
– und das muss immer wieder betont werden – sind Menschen. Und zwar nicht nur akade-
misch ausgebildete Menschen. Innovatoren haben eine spezifische Qualifizierung und einen
reichhaltigen Erfahrungshintergrund und eine besondere Motivation. Innovationsfähigkeit
braucht Arbeitsbedingungen die es zulassen bzw. geradezu herausfordern, Kreativitäts- und
Ideenpotentiale auch tat in Innovationshandeln einzubringen. Auf die Zusammenhänge zwi-
schen guter Arbeit und Innovationsfähigkeit geht auch Klaus Pickshaus von der IG Metall ein
(Pickshaus, 2007). Seine These ist, Gute Arbeit stärkt die Innovationsfähigkeit und prekäre
Arbeit führt zur Innovationsfaulheit. Innovationsfähigkeit ist ein Anspruch der Arbeitenden an
ihre Arbeit, ihr Unternehmen, ihre Gesellschaft und die darin tätigen Akteure. Innovationsfä-
higkeit ist ein Anspruch für Menschen, für Unternehmen und für eine Gesellschaft. Das Kon-
92
zept wird in der Umsetzung in die Praxis beweisen müssen, dass Innovationsfähigkeit und
Gute Arbeit untrennbar miteinander verbunden sind.
Entscheidend für die Definition der Innovationsfähigkeit ist, dass Innovationen die Hervor-
bringung und (marktliche) Durchsetzung von neuen Produkten, Prozessen und Leistungen
bedeuten. Es besteht immer wieder die Gefahr, Innovationsfähigkeit aus reinen betriebswirt-
schaftlichen Blickwinkeln zu betrachten und zu gestalten. Dabei ist Innovationsfähigkeit ein
je nach Betrachtungsebene (Individuum, Unternehmen, Netzwerk, Gesellschaft) unterschied-
liches Konstrukt, das andere Zielaspekte zulässt. Kurz gesprochen: Ist die persönliche Innova-
tionsfähigkeit ein Merkmal der Persönlichkeitsentwicklung, ist die Innovationsfähigkeit der
Arbeit ein Merkmal der Persönlichkeitsförderlichkeit und ist die Innovationsfähigkeit der Or-
ganisation ein Merkmal gesellschaftlich und nicht nur betriebswirtschaftlich orientierter Un-
ternehmenskultur. Eine stringente arbeits- und organisationstheoretische Integration fehlt bis
heute. Innovationsfähigkeit ist zur Zeit ein Konstrukt, das der Gefahr der Vermarktlichung
unterliegt, dessen Beziehung zu Guter Arbeit noch nicht geklärt ist, das zwischen sozio-
logischen (Strukturationstheorie vielleicht basierend auf den Ansätzen von Giddens (1984)),
psychologischen (Handlungstheorie vielleicht basierend auf Hacker (2005)), betriebswirt-
schaftlichen (Market-Based- vs. Market-Based-View), ingenieurwissenschaftlichen Konzep-
ten strittig ist und das sich schließlich noch in der Praxis bewähren muss. Insgesamt gesehen,
eine echte Forschungsaufgabe.
Das Konzept der „Sozialen Innovation“31
Das Konzept der „sozialen Innovation“, das Ende der 80er Jahre in Deutschland von Zapf
vorgestellt (1989) wurde, ist recht schillernd. Zum einen bildet es einen Gegenpol zur techno-
logischen Innovation und ist damit der Versuch, den Innovationsbegriff zu erweitern. Zum
anderen kann es die sozialen Prozesse im Innovationsprozess betonen und steht damit in der
Nähe des Konzepts der Open Innovation. Zum dritten kann es sich auf Innovationen Sozialbe-
reich der Dienstleistungswirtschaft beziehen. Die letzte Bedeutung ist spezifisch für die deut-
sche Sprache und verbindet den Begriff des „Sozialen“ mit einem Bewertungskonzept, also
vergleichbar der „Sozialen Marktwirtschaft“.
Es wurde schon oben dargestellt, dass der Innovationsbegriff lange mit dem Erfolg im Markt
verbunden wurde. Diese Betonung des Markterfolges wurde schon bei der Betrachtung orga-
nisatorischer Innovationen als nicht hilfreich empfunden, erst recht nicht bei Innovationen, die
nicht in ein Marktgeschehen eingebunden waren. Zapf schreibt deshalb:,,Soziale Innovationen
sind neue Wege, Ziele zu erreichen, insbesondere neue Organisationsformen, neue Regulie-
rungen, neue Lebensstile, die die Richtung des sozialen Wandels verändern, Probleme besser
lösen als frühere Praktiken, und deshalb wert sind, nachgeahmt und institutionalisiert zu wer-
den." (Zapf 1989, S. 177). Allerdings macht er nicht klar, mit welchem Maßstab „besser“ ver-
bunden ist. Gillwald versucht diesem Dilemma zu entkommen:,,Soziale Innovationen sind,
kurzgefasst, gesellschaftlich folgenreiche, vom vorher gewohnten Schema abweichende Re-
gelungen von Tätigkeiten und Vorgehensweisen. Sie sind überall in gesellschaftlichen Syste-
men möglich, im Ergebnis Verhaltensänderungen und verwandt aber nicht gleich mit techni-
schen Innovationen." (Gillwald 2000, S. 1). Durch das Konzept „Folgenreich“ versucht er
jeder Bewertung aus dem Weg zu gehen.
Rammert macht auf die Problematik des „Referenzsystemes“ bei sozialen Innovationen auf-
merksam. „‚Sozial’ bezieht sich demnach auf eine Referenz, nämlich nach welchen „dominie-
31 Den Darstellungen zur Sozialen Innovation liegen u.a. Arbeiten von Michael Fischer (veröffentlicht 2013) zu
Grunde
93
renden Zieldimensionen“ (Zapf 1989, S.175), „gesellschaftlichen Rationalitäten“ und „Nut-
zungsdimensionen“ (Gillwald 2000, S.14 ff.) die Performanz einer Innovation bemessen und
die reproduktive Auswahl gerechtfertigt wird. Dabei gibt es wiederum zwei Bedeutungen für
‚sozial’ als Referenz: Zum einen kann die so bezeichnete Innovation als ‚sozial’ neben öko-
nomisch, ökologisch, politisch und kulturell stehen, womit dann die spezielle soziale Sphäre
und die Werte sozialen Fortschritts, wie sozialer Gleichheit, Gerechtigkeit und Integration,
gemeint sind. Zum anderen kann sozial mit ‚gesellschaftlich’ übersetzt werden, womit dann
der Oberbegriff für alle ausdifferenzierten Rationalitäten gemeint ist. Auf beide Bedeutungen
spielt der Titel „Die Innovationen der Gesellschaft“ an.“ (Rammert, 2010, S.17)
Leimeister und Peters stellen das Konzept der „Sozialen Innovation“ explizit in einen gesell-
schaftlichen Bewertungszusammenhang: Soziale Innovationen werden dabei als mit sozialem
Wandel einhergehende Neuerungen verstanden, die die positive Beeinflussung der Möglich-
keiten und Lebenssituationen einer Gesellschaft zum Ziel haben. Sie sind gesellschaftlich
folgenreiche, vom vorher gewohnten Schema abweichende Regelungen von Tätigkeiten und
Vorgehensweisen. Sie können
in allen gesellschaftlichen Bereichen und überall auch in unterschiedlichen Größen-
ordnungen vorkommen;
auf interne und/oder externe Angelegenheiten der Bereiche und Beteiligten ausgerich-
tet sein;
organisatorische, institutionelle bzw. prozedurale Ordnungsmuster aufweisen (Lei-
meister und Peters, 2012, S. 7).
Mit allen diesen Definitionsversuchen wird die „soziale“ der „marktlichen“ Innovation“ ge-
genübergestellt. Es ist klar, dass mit der Definitionsvariante von Leimeister und Peters „Posi-
tion“ in der Bewertung von Innovation bezogen wird. Die Kritik von Howaldt und Schwarz
(2010, S.91), dass die Bewertung je nach Interessenlage unterschiedlich sein kann, greift hier
zu kurz. Mit der Leimeister/ Peters-Definition wird die Interessenlage deutlich gemacht und
nicht hinter einem angeblichen „ideologiefreien“ Ansatz versteckt.
Howaldt und Schwarz (2010) verweisen darauf, dass der Versuch soziale Innovationen allein
über den normativen Charakter von der technischen Innovation abzugrenzen, unzureichend
ist. Sie führen die immaterielle und intangible Struktur sozialer Innovationen als weiteres Un-
terscheidungsmerkmal ein. Es geht nicht um (technische) Artefakte, sondern um „soziale
Praktiken...Eine soziale Innovation ist eine von bestimmten Akteuren bzw. Akteurskonstella-
tionen ausgehende intentionale, zielgerichtete Neukonfiguration sozialer Praktiken in be-
stimmten Handlungsfeldern bzw. sozialen Kontexten..." (Howaldt/Schwarz 2010: 89). Sie
fordern dann weiter, dass diese Neukonfiguration sozialer Praktiken mit einer Transformation
in eine soziale Tatsache einhergeht (Howaldt/Schwarz 2010, S. 93).
Insgesamt erscheint das Konzept der „Sozialen Innovation“ vielversprechend für einen Dis-
kurs um Innovationen in und mit Dienstleistungen zu sein, bedarf aber sicher noch der weite-
ren Klärung.
94
Dienstleistungspolitik als moderne Innovationspolitik Der strukturelle Wandel von Gesellschaft und Wirtschaft zu Gunsten von Dienstleistungen ist
nicht nur ein Thema für Forschung, sondern ein Thema hoher wirtschaftlicher und
gesellschaftspolitischer Bedeutung. Damit rücken Dienstleistungsinnovationen
notwendigerweise zunehmend in das Zentrum des politischen Interesses.
Dienstleistungsinnovationen besagen zunächst nur, dass eine Veränderung erfolgreich
stattgefunden hat. „Irgendein Strukturwandel findet in jedem Fall statt.“ Formulieren Reuter
und Zinn (2011) und fahren fort: „Es kommt aber darauf an, ihn im Interesse der Menschen zu
gestalten“ (S. 465). Sie schliessen aus dem Vergleich verschiedener Staaten, dass der konkrete
Tertiarisierungsprozess von den gesellschaftlichen Bedingungen abhängt: „Unterschiedliche
Tertiarisierungswege korrespondieren mit den unterschiedlichen Formen der kapitalisitischen
Ökonomien“ (S. 465). Damit erstreckt sich die Gestaltbarkeit auf den gesamten
Transformationsprozess, der von der Forschung über die Entwicklung bis zur Umsetzung,
zum Markterfolg, zu neuer Beschäftigung oder neuer gesamtgesellschaftlicher Wertschöpfung
geht. Dienstleistungsinnovationen stehen mmer in einem Wechselverhältnis zentraler
Politikfelder wie Wissenschaftspolitik; Arbeitspolitik, Steuerpolitik aber ganz besonders der
Wirtschaftspolitik. Umfang und Richtung von Dienstleistungsinnovationen sind daher
(gesellschafts)politisch gestaltbar. Damit spielen zunehmend auch europäische und
internationale Ansätze an Bedeutung.
Entsprechend der Betrachtung als "Rest" gab es keine Dienstleistungsinnovationspolitik.
Dienstleistungen waren entweder staatlich organisiert (einem Ministerium ist der Begriff der
Innovation fremd), oder es waren Organisationen, deren Auftrag der Begriff der Innovation
fremd war oder es waren "Gemeinkosten", die "wegrationalisiert" werden mussten. Die in den
90er Jahren einsetzende Dienstleistungsinnovationspolitik ist in Deutschland in der
Hauptsache als Forschungspolitik vom Forschungsministerium und den Forschungspartnern
betrieben worden. Die Unterstützung der Wirtschaft war – von Ausnahmen abgesehen –
gering, die Unterstützung durch Wirtschaftsverbände einschließlich der Gewerkschaften in
der ersten Phase fehlend. Erst im 21. Jahrhundert setzte eine Veränderung ein, die aber unter
dem Gesichtspunkt der internationalen Konkurrenz zu gering ist. Kennzeichnend für die erste
Phase ist die BMBF-Initiative "Dienstleistungen für das 21. Jahrhundert", eine nationale
Initiative, die weltweit Maßstäbe setzte. Kennzeichnend für die 2. Phase ist eher "Service
Science, Management and Engineering" eine von der IBM getriebene, weltweite Initiative,
der nationale Konzepte entgegengesetzt werden müssen.
„Während die Notwendigkeit der Industriepolitik unbestritten ist und.... steht eine Dienstleis-
tungspolitik als eigenständiges, systematisch gedachtes und konkret gefasstes Handlungsfeld
bestenfalls am Anfang. (Beckmann, Schulz Uellenberg im Jahrbuch Gute Arbeit 2011, S.
237). Dieser Feststellung ist zunächst einmal wenig hinzuzufügen. Es gibt zwar „Dienstleis-
tungspolitiken“, wie z.B. die Verkehrs-, Gesundheits- und Bildungspolitik (jawohl), aber ein
übergreifender Ansatz, der an einer Hihg-Road-Innovation orientiert ist und damit wirt-
schaftspolitisch an einer Steigerung der internationalen (!) Wettbewerbsfähigkeit und arbeits-
politisch an einer Orientierung an Guter Arbeit wird gerade erst formuliert (Barthel, 2012). Im
Folgenden sollen beginnend mit der Forschungspolitik zunächst verschiedene Politikfelder
und ihre Akteure vorgestellt werden.
95
Forschungspolitik als Element der Dienstleistungspolitik
Im Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF, damals noch Bundesministerium
für Forschung und Technologie) verspürte man Anfang der 90er Jahre ein Unbehagen mit der
fehlenden Innovationspolitik. Auf Abteilungsebene wurde die Ansicht vertreten, dass der
Dienstleistungssektor der dynamischste Sektor der Volkswirtschaft war und die Rolle eine
Innovationskatalysators für Produktion, Handwerk und andere Sektoren der Volkswirtschaft
übernehmen kann. Die Forschungsansätze zu diesem dynamischen Sektor schienen unzu-
reichend. Im Oktober 1994 erhielt der Projektträger "Arbeit und Technik" den Auftrag, eine
Bilanzierung der bisherigen Dienstleistungsforschung zu erstellen und ein Konzept zu entwi-
ckeln, das dem BMFT die Meinungsführerschaft auf dem Gebiet der Dienstleistungsfor-
schung sichern würde. Als Kernbereiche der Dienstleistungsinnovation benannte das BMFT
Neue Unternehmens- und Arbeitsformen
Neue Formen der Arbeitsteilung und des Wettbewerbs
Wandel der Dienstleistungen durch neue Technologien
Herausforderungen an das Sozialsystem
Wechselbeziehung Qualität und Personal sowie
Internationalisierung und Globalisierung.
Es war unverkennbar, dass die neue Dienstleistungsforschung auf der Arbeits- und Organisa-
tionsforschung beruhte, zugleich wurde aber auch deutlich, dass Innovationen mit Dienstleis-
tungen ein selbständiger Ansatz gegenüber den Arbeits- und Produktionsinnovationen sind
(Gries, 1995).
Auf der Bilanzierungstagung im Juni 1995 (Bullinger, 1995) bekräftigte das BMFT noch
einmal seine Herangehensweise und Bullinger nannte die Dienstleistungswirtschaft als Leit-
sektor der Zukunft: "Manufacturing follows Services". Das BMFT kam auf Grund der Ergeb-
nisse zu einer Reihe von Schlüssen. Der erste war die Feststellung einer (später viel umstritte-
nen) Dienstleistungslücke (vgl. Stille und das EFI-Gutachten) Trotz der positiven Ansätze
beurteilte das Ausland die Entwicklung der Dienstleistung en in Deutschland als unzu-
reichend. Neben den hohen Lohnzusatzkosten, der überbewerteten Mark, den Transferleistun-
gen für Ostdeutschland und der hohen Arbeitslosigkeit wurde die mangelnde Entwicklung
des Dienstleistungssektors als Standortnachteil für die Bundesrepublik Deutschland bewertet.
Der Abbau der Defizite und die Neuorientierung sollten beschleunigt werden, indem die vier
identifizierten Lücken geschlossen werden:
Mentalitätslücke
Innovationslücke
Exportlücke
Infrastrukturlücke
Die Mentalitätslücke wurde zweifach gesehen. Zum einen in der Kundenorientierung. Die
Orientierung am Kunden, am Kundennutzen war in Deutschland zuwenig entwickelt. Das
betraf nicht allein die damals vielzitierte »Verkäuferin«. sondern auch die Führungskräfte und
die Arbeits- und Organisationsstrukturen. Ganzheitliche Problemlösungen für Kundengrup-
pen, Schwerpunktsetzung auf Kundenbindung als Gestaltungskriterien waren unterentwickelt.
Deshalb sollten unternehmensinterne Prozesse, die bisher allein unter dem Kostengesichts-
punkt betrachtet worden waren - auch betriebswirtschaftlich - unter dem Gesichtspunkt des
Kundennutzens und der Kundenbindung neu bewertet werden. Der zweite Aspekt betraf die
Konzentration der Aufmerksamkeit auf die materielle Produktion in Deutschland. Politik,
96
Öffentlichkeit, Forschung, Bildung und Verbände waren Mitte der 90er Jahre noch stärker
produktionsfixiert. Die Anstrengungen von Technologieentwicklung, Wissenschaft und Poli-
tik richteten sich - immer perfekter und bemühter - auf ein schrumpfendes Segment unserer
Wirtschaft. Daraus resultierte z.T. die abnehmende 'Hebelwirkung' technischer Innovation.
Die Konzentration auf die Sicherung und den Ausbau industrieller Arbeit führte nicht nur zur
Konservierung überkommener industrieller Strukturen, sondern hatte auch zur Folge, dass die
Entwicklung zukunftsträchtiger Dienstleistungen durch mangelnde Ressourcen behindert
wurde. Es war in der Vergangenheit berechtigt, Dienstleistungen als Folge industrieller Wert-
schöpfung zu sehen. Es war aber damals schon absehbar, dass die Dienstleistung in Zukunft
über den Erfolg der industriellen Produktion entscheidet. Das BMBF sah damals schon deut-
lich, dass Deutschland als eine der führenden Technologienationen mit seinem Stolz auf an-
spruchsvolle Technik, seiner hochqualifizierten Facharbeiterschaft und seiner Verbandsstruk-
tur die Tertiarisierung als Angriff auf sein Selbstverständnis empfindet, anstatt die Chancen
zu nutzen.
Die zweite Lücke war die Innovationslücke. Es war dem BMBF klar, dass Deutschland mit
einer allgemeinen Kostensenkungsstrategie als Innovationsstrategie nicht weiterkommt. Bei
einem durchschnittlichen Stundenlohn im verarbeitenden Gewerbe von 100 in Deutschland
lagen die Stundenlöhne in Polen bei 8, in Ungarn bei 6 und in Russland bei 232. Diese Kluft
war zu groß und konnte allein durch Kürzung der Lohnnebenkosten und moderate Tarifab-
schlüsse nicht geschlossen werden. Neben den wettbewerbsfähigen High-Tech-Industrien
musste Deutschland deshalb den Dienstleistungssektor entfalten, um Kernkompetenzen im
europäischen und globalen Wettbewerb auf- und auszubauen. Als deutsche Stärken wurden
1995 die gute informationstechnische Infrastruktur, die hohe Qualität der Human-Ressourcen,
sein Vorsprung in bestimmten Hochleistungsindustrien und das Qualitätsimage auf dem
Weltmarkt gesehen. Zwar zeigte sich 1995 schon, dass die Bewertung, der Dienstleistungs-
sektor sei wenig investiv, falsch ist. Das Potential des Dienstleistungssektors als vorwärtstrei-
bender Kraft für technische Innovationen wurde immer noch als nicht ausgeschöpft betrach-
tet. Gegenüber diesem wurden andere Aspekte der Wechselwirkung von Dienstleistung und
technologischer Innovation als unterbelichtet gesehen. Dort wo bei der technischen Innovati-
on der Dienstleistungstechnik nicht Informations- und Kommunikationstechnik im Mittel-
punkt steht, bleiben die bisherigen Ansätze unsystematisch und unscharf. Diese Betrachtun-
gen führten etwa 10 Jahre später zum Aktionsplan "Dienstleistungen 2020".
Die dritte Lücke war die Exportlücke. Anhaltend hohe Defizite im grenzüberschreitenden
Dienstleistungshandel deuteten damals auf eine Exportlücke hin. So hatten die Vereinigten
Staaten 1993 nach einer langen Aufschwungphase beim internationalen Dienstleistungshandel
einen Exportüberschuss von 42,4 Milliarden US-Dollar, während Deutschland bei einem glei-
chen Niveau im Jahr 1995 auf ein Defizit von 35,7 Milliarden US-Dollar fiel. Nicht nur der
Tourismus in und nach Deutschland, sondern auch Sektoren wie die Mediendienste, die Fi-
nanzdienstleistungen , das Gesundheits- und Bildungswesen, aber auch Ökodienstleistungen
könnten zu exportfähigen Dienstleistungen heranwachsen, wenn es gelänge, die Innovations-
lücke zu schließen.
Die vierte Lücke war die Infrastrukturlücke. Infrastrukturdienste für Wirtschaft und Bürger
entstehen an vielen Stellen. Bildung und Weiterbildung, Forschung, Öffentliche Dienstleis-
tungen, sei es vom Staat selbst erbracht oder finanziert, Präventionsdienstleistungen in vielfäl-
tiger Form, Beratung aller Art, Bereitstellung von Informationen und Wissen sind Felder, die
schon damals als zukunftsträchtig erkannt wurden.. Dass die Probleme der demographischen
32 Quelle: Roland Berger & Partner, 1996
97
Entwicklung und der betroffenen Menschen nicht nur unter dem Gesichtspunkt der Renten-
zahlungen zu sehen sind, sondern dass die Menschen als Kunden spezifische Dienstleistungen
erwarten, die über die Altenbetreuung und -pflege herkömmlichen Stils hinausgehen, wurde
damals erstmals formuliert. Auch die gesellschaftsbezogenen Dienste (z.B. die Sozial- und
Gesundheitsdienste, aber auch viele kommunale Aufgaben) wurden als innovative Infrastruk-
turdienste gesehen.
Die Initiative Dienstleistungen für das 21.Jahrhundert
Das BMFT nahm sich vor, den Entwicklungsprozess der Dienstleistungsforschung systema-
tisch zu gestalten. Auf die Bilanzierung des Projektträgers, die Bilanzierungstagung folgte die
Hauptuntersuchung „Dienstleistung 2000plus “. Diese sollte Trends, Szenarien sowie Hand-
lungs- und Forschungsempfehlungen entwickeln. Basierend darauf sollten Erstmaßnahmen als
Kerne zukünftiger Forschungsfelder starten. Alle Vorlaufaktivitäten waren zeitlich festgelegt
und BMBF-Tagungen als Meilensteine geplant. Diese Phase umfasste die Jahre von 1995 bis
1998. An der Hauptuntersuchung waren in 14 Arbeitskreisen über 300 Experten aus Wissen-
schaft, Wirtschaft, Politik und intermediären Institutionen beteiligt. Es war die damals umfas-
sendste Aktion des BMFT zur Definition neuer Forschungs- und Entwicklungsrichtungen.
Basierend auf dem Status-Quo und Trendabschätzungen sowie einem in der Untersuchung zu
entwickelnden Leitbild wurden Defizite ermittelt. Diese Defizite führten zu Handlungs- und
Forschungsfeldern. Während die Handlungsfelder für die „Nicht-Forschungs-Akteure“ ge-
dacht waren, sollten die Forschungsfelder zu einem neuen Forschungsprogramm führen. Die
Hauptuntersuchung war von einem hochrangigen Beirat unter der Leitung von Klaus Man-
gold, aus dem Vorstand der Daimler-Benz AG sowie Vorstandsvorsitzender der debis AG,
sowie von einem internationalen Beirat unter der Leitung von John Diebold begleitet (Bullin-
ger, 1998)
Die Handlungsfelder (Ganz, Hermann, Neuburger, 1998) führten zu den „Handlungsempfeh-
lungen zur Stärkung des Dienstleistungssektors“, die mit der Bitte um Weitergabe insbeson-
dere an die staatlichen Akteure Anfang 1998 von dem Beiratsvorsitzenden Dr. Klaus Mangold
an Minister Rüttgers öffentlich übergeben wurden. Die vier Handlungsfelder waren die Ver-
besserung der Infrastrukturdienstleistungen, die Mobilisierung der Dienstleistungs-
innovationen, das Feld „Neue Unternehmen und neue Märkte“ sowie als letztes „Political
Leadership und Grundlagenentscheidungen“. Im letzten Handlungsfeld wurde empfohlen, ein
interministerielles Aktionsprogramm zur Stärkung des Dienstleistungssektors zu installieren,
dazu eine Regierungserklärung abzugeben und einen Beirat beim Bundeskanzler einzurichten.
Eine systematische Umsetzung der Handlungsempfehlungen fand nicht statt, insbesondere
wurde die Entwicklung der Dienstleistungswirtschaft nicht zu einem Regierungsthema ge-
macht, auch wenn das Bundeswirtschaftsministerium mit einem Aktionsplan „Dienstleistung
2000“ zur Stärkung der Außenwirtschaft hervortrat. Dies ist sicher auch ein Grund, dass die
Unterstützung der Wirtschaft für die Initiative gering geblieben ist. Erst mit den „Partnern für
Innovation “ und der „High Tech Strategie“ fanden die Dienstleistungen mehr Beachtung.
Die Entwicklung der vernetzten Forschungsfelder
Globaler Wettbewerb – Regionale Handlungsoptionen
Erschließung neuer Märkte für Dienstleistungen
Innovation und Kreativität der Dienstleistungsorganisationen
Qualifikation und Qualifizierung zur Verbesserung von Dienstleistungsangebot und
Nachfrage
Lebens- und Wirtschaftsstandort: Voraussetzungen für eine zukunftsfähige Gesell-
schaft
Zukunft der Beschäftigung
98
führten zur Definition der Erstmaßnahmen und zu dem Entwurf des „Förderkonzept For-
schung und Entwicklung zur Stärkung von Wohlstand und Beschäftigung im Dienstleistungs-
sektor “. Dieses Förderkonzept war erstmalig nicht an den Branchen, sondern an wichtigen
Fragen der Dienstleistungswirtschaft und –gesellschaft orientiert. Allerdings konnte sich die-
ses Forschungskonzept nicht mehr an der von Bullinger (1995) vorgeschlagenen Gliederung
orientieren. Diese Gliederung sah die drei Faktoren "Intelligente Produkte und neue Märkte ",
"Kreatives Unternehmen und Reengineering der Wertschöpfungskette " sowie "Infrastruktu-
ren: Potentiale und Kapazitäten" vor. Diese Anlehnung an eine prozess-, ergebnis- und poten-
zialorientierte Betrachtung von Dienstleistungen basierte auf us-amerikanischen Überlegun-
gen und sollte sich später als sehr fruchtbar herausstellen, da sie es erlaubte, mehrere theoreti-
sche Ansätze zu vereinen (Meffert und Bruhn, 2003). Denn auch die interdisziplinäre Heran-
gehensweise war und ist typisch für die deutsche Dienstleistungsforschung. Die Zersplitterung
der Disziplinen wurde überwunden und es kam zu gemeinsamen Problemlösungen. Deshalb
stellte sich die Frage einer Dienstleistungswissenschaft in Deutschland zunächst einmal nicht.
Die gleichzeitig definierten Prioritären Erstmaßnahmen (PEM) hatten das Ziel, den Zugang zu
bestimmten Aufgabenbereichen der sechs Forschungsfelder zu erleichtern, erste Problemlö-
sungsansätze zu entwickeln und ihre Machbarkeit zu prüfen. Sie sollten eine treibende Kraft
in der ersten Phase des Förderkonzeptes darstellen und Möglichkeiten zur Bildung von Kris-
tallisationskernen für weitere Arbeiten und zur Vermittlung erster Erkenntnisse bieten. Von
den zunächst vorgesehenen 13 Erstmaßnahmen wurden ab 1997 10 gefördert. Nicht gefördert
wurden neben dem Vorhaben zur Öffnung weiterer Märkte die beiden Erstmaßnahmen zur
Gestaltung der Öffentlichen Dienst e und der Gesundheitswirtschaft. Insgesamt waren ca. 320
Organisationen aus Wirtschaft, öffentlichem Bereich und Forschung beteiligt. Die Laufzeit
der insgesamt 113 Einzelvorhaben betrug ca. 1,5 Jahre, die Förderung durch BMBF und
BMA zusammen ca. 10 Mio. EURO, die Gesamtaufwendungen ca. 20 Mio. EURO.
Schon Ende 1996 zeichnet sich ab, dass die Linie eines Memorandums der Bundesregierung
zur Entwicklung von Dienstleistungswirtschaft und –forschung eingestellt wird. Etwa ein Jahr
nach Beginn der Erstmaßnahmen wurde den Konsortialführern bei einer Zwischenpräsen-
tation mitgeteilt, dass die bisherige stringente Entwicklungslinie nicht weiterverfolgt wird.
Hier war eine große Verbitterung und Demotivation von Forschung und Wirtschaft, die gro-
ßen Aufwand zur Erstellung des Konzeptes betrieben hatten, zu verzeichnen. Die Übergabe
der Handlungsempfehlungen und die 3. Dienstleistungstagung des BMBF führten dann aller-
dings dazu, dass Teile der Programmatik als Förderschwerpunkte durchgeführt wurden (Rütt-
gers, 1999). Das Ende der Bilanzierungsphase kann auf den Termin die 3. Dienstleistungsta-
gung des BMBF „Dienstleistungen – Innovation für Wachstum und Beschäftigung “ im Sep-
tember 1998 angesetzt werden (Bullinger, 1999). Minister Rüttgers präsentierte eine Bilanz,
die über die eigentliche Forschung hinausging:
Eine große Zahl neuer Dienstleistungsberufe wurde in Kraft gesetzt
Die Hochschulen reagieren auf den Wandel: Im Jahr 1995 wurde an der Katholischen
Universität Eichstätt-Ingolstadt mit Prof. Stauss der erste Lehrstuhl für Dienstleis-
tungsmanagement besetzt und die TU München bietet ein Aufbaustudium „Service
Engineering “ an.
In der Forschungspolitik wird der dienstleistungsorientierte Kurs fortgesetzt.
Als guten Maßstab für deutsche Forschungsergebnisse konnte der Ansatz von Rohit Ramas-
wamy zum „Service Design “ gelten. Bullinger und die Forscher der Erstmaßnahme „Service
Engineering“ (Stein, Goecke; Hofmann, Steguweit alle 1999) konnten zwar schon einen acht-
baren „Service Engineering Ansatz“ dagegensetzen, die qualitativen Unterschiede waren aber
99
noch deutlich zu erkennen. In den Bereichen „Neue Märkte “ konnte gezeigt werden, welche
Potenziale im Dienstleistungsexport stecken, welche neuen Geschäftsfelder in Multimedialen
Dienstleistungen oder im Handwerk entwickelt werden können. Sehr interessante Ergebnisse
wurden auch bei den Ökoeffizienten Dienstleistungen aufgezeigt. Sie reichten von der Woh-
nungswirtschaft bis hin zu den Mobilitätsdiensten. Leider wurde dieser Ansatz aber nicht wei-
ter ausgebaut. Große Anstöße gaben die Vorhaben zur „Dienstleistung Prävention “. Hier
wurde Arbeitsschutz zum ersten Mal als kundenorientierte Dienstleistung aufgefasst, die weit
über die bisherigen Regulierungsanstrengungen hinausging. Das wichtigste Ergebnis aber
war, dass eine Forschungs- und Innovationscommunity entstanden war, die sich das Thema
„Dienstleistungsinnovation “ auf allen Ebenen auf die Fahnen geschrieben hatte und dieses
Thema vorantreiben wollte.
Die "Initiative Dienstleistungen für das 21. Jahrhundert" hatte aber nicht nur einen mit den
Ergebnissen erfüllten inhaltlichen Anspruch, sondern auch den Anspruch einen Innovations-
prozess längerfristig systematisch zu entwickeln. Dieser Anspruch konnte nicht eingehalten
werden. In der ersten Phase der breiten Förderung wurde sogar der Spruch kolportiert, dass
die Initiative nicht wegen sondern trotz des BMBF ein Erfolg geworden sei. Diese mittelfris-
tige Unzuverlässigkeit des Ministeriums lag insbesondere in der nicht vorhandenen personel-
len Kontinuität. Ein neues Thema, wie es die Dienstleistungsforschung war, wird im Ministe-
rium zunächst einmal nur von wenigen Promotoren als Zukunftsthema erkannt. Die Leitungs-
ebene ist zu dieser Zeit noch nicht bereit, einem innovativen Thema entsprechenden Rückhalt
zu geben. So sprach der Minister Rüttgers zunächst davon, dass wir "nicht alle Pizza-Taxi
fahren können", um dann zu äußern, dass das Verarbeitende Gewerbe Dienstleistungen wohl
brauche. Erst nach 3 Jahren einer erfolgreichen Initiative seines Hauses bekannte er: "Wir
haben die Herausforderung der Dienstleistungsentwicklung in Deutschland zu lange nicht
ernst genug genommen. Dieser Satz richtet sich nicht nur an die Wirtschaft und Verbände. Er
richtet sich auch an die Politik." (Rüttgers, 1999, S. 10). Nachdem der Minister dies erkannt
hatte wurde er abgewählt und eine neue Leitung unterzog sich erneut dem Lernprozess. Dass
die Dienstleistungsforschung in Deutschland trotzdem Weltruf erlangte, lag an der Hartnä-
ckigkeit von Wirtschaft und Forschung, die hier einen Kern zukünftiger Innovationen erkannt
hatte.
Die Bilanzierungsphase war gekennzeichnet durch die Hauptuntersuchung "Dienstleis-
tung2000plus" sowie die Prioritären Erstmaßnahmen. In beide war der Beirat "Dienstleistung
2000plus" unter Vorsitz von Dr. Klaus Mangold involviert (zur Zusammensetzung: Bullinger
1999). In den Beirat hatte Minister Rüttgers Ende 1995 18 hochrangige Vertreter aus der
Wirtschaft, der Wissenschaft und den Verbänden berufen. Dort wurden das Forschungskon-
zept und die Erstmaßnahmen beraten und bewertet, sowie die Handlungsempfehlungen verab-
schiedet (Mangold, 1999). Für den Beirat war wichtig – und er hat dies gegenüber Minister
Rüttgers auch deutlich gemacht – dass die von ihm abgegebenen Empfehlungen nicht verpuf-
fen, sondern konsequent umgesetzt werden. Dabei legte der Beirat immer Wert darauf, dass
nicht nur die Politik sondern auch die Wirtschaft sich bewegen muss. Zusätzlich führte die
debis unter Leitung von Mangold einer Reihe von Tagungen unter der Beteiligung des Bun-
despräsidenten und der Bundeskanzler Schröder und Kohl durch, um dem Thema der Dienst-
leistungsentwicklung mehr Gewicht zu geben. Kennzeichnend für die Bilanzierungsphase war
eine sehr genaue zeitliche Steuerung, die hohe Ansprüche an die Selbstdisziplin der Beteilig-
ten und die administrative Abwicklung stellte. Interessanterweise führte diese rasche Reaktion
der Forschungspolitik, die natürlich mit administrativen Vereinfachungen verbunden war,
mehrere Jahre später zu einer Kritik des Bundesrechnungshofes, der sich ähnlich wie später
im Wachstumsbereich "Handwerk " nicht als Förderer innovativen Handelns bewies.
100
Innovative Dienstleistungen
Die Initiative „Dienstleistungen für das 21. Jahrhundert“ war kein deduktiver Ansatz, sondern
eine bottom-up getriebene Aktion. Dementsprechend waren ihre grundlegenden Konzepte
kaum richtig ausgeprägt. Paradigmen oder ähnliche Themen wie in der Arbeitsforschung exis-
tierten nicht, sondern kristallisierten sich im Prozess des Handels langsam heraus. Nach dem
Regierungswechsel wurden für die Jahre nach 1998 die einzelnen Förderschwerpunkte unter
dem Namen "Innovationen mit Dienstleistungen " weitergeführt, das zugrunde liegende Pro-
gramm aber nicht weiterverfolgt. Folgende Bekanntmachungen bzw. Aktivitäten waren ge-
plant:
Identifizierung rechtlicher Innovationshemmnisse für neue Dienstleistungen (nicht
weiterverfolgt)
FuE-Vorhaben zur Verbesserung der Dienstleistungsstatistik
Freizeit und Tourismus (nicht weiterverfolgt)
Strategien für Innovation und Beschäftigung im Finanzsektor (nur z.T. weiterverfolgt)
Öffentliche Dienstleistungen (nicht weiterverfolgt; Haushalt und Innenministerium als
"Arbeitgeber ")
Innovative Dienstleistungen in KMU (begonnen mit der 1. Phase der Handwerksinitia-
tive )
Benchmarking zur Stärkung von Innovation, Wachstum und Beschäftigung im Dienst-
leistungssektor
Standardisierung und Qualität im Dienstleistungssektor
Arbeitsorganisation, Management und Tertiarisierung
Service Engineering und Service Design.
Die ersten fünf Aktivitäten wurden in andere Aktivitäten integriert, teilweise nicht weiterge-
führt bzw. für einen späteren Zeitpunkt zurückgestellt. Später wurde die das Konzept "Innova-
tive Dienstleistungen " mit den Bekanntmachungen 'Wissensintensive Dienstleistungen '
(2000) und der 2. Phase der Handwerksinitiative (2001) weitergeführt.
Da das Konzept selbst keine fachliche Gliederung bot, wurden in einem "induktiven Vorge-
hen" die unterschiedlichen Vorhaben, die aus den Bekanntmachungen hervorgingen, zu auf
Grund inhaltlicher Überlegungen zu drei Gruppen zusammengefasst:
Managementverfahren und – methoden in der Dienstleistungswirtschaft mit den Teil-
bereichen 'Umgang mit Wissen ', 'Kooperationsmanagement/ virtuelle Unternehmen ',
'Marketing / Kundenkontakt', 'Gestaltung von Geschäftsprozessen /Service Enginee-
ring ' und 'Benchmarking '
Wachstumsbranchen und Branchencluster mit den Teilbereichen ‚Öffentliche Dienst-
leistungen ‘ ‚Gesundheitswirtschaft ‘, Facility Management ', 'Finanzdienstleistungen '
und 'Handwerk '
Transfer - und Querschnittsvorhaben.
Die Förderung umfasste im Bereich Managementmethoden und –verfahren 50 Verbundvor-
haben (163 Einzelvorhaben) mit einem Fördervolumen von ca. 35 Mio. EURO,
in den Branchenclustern 37 Verbundvorhaben (70 Einzelvorhaben) mit einem Fördervolumen
von ca. 22 Mio. EURO (ohne Handwerksinitiative ) und im Bereich Transfer - und Quer-
schnittsvorhaben 6 Verbundvorhaben (14 Einzelvorhaben) mit einem Fördervolumen von ca.
5 Mio. EURO. Mit dieser Gliederung war die Richtung für die zukünftige Programmgliede-
rung „Innovationsmanagement “, „Wachstumsfelder“ und „Menschen“ gewiesen und damit
eine der Arbeitsforschung mit ihren Gebieten „Arbeitsgestaltung “, „Belastung und Beanspru-
101
chung“, „Beteiligung “ und „Technikgestaltung “ vergleichbare Gliederung auf den Weg ge-
bracht. Der letzte Bereich wurde die Forschungskommunikation, die damals noch unter dem
Schlagwort Transfer lief.
Die Förderung von Forschung und Entwicklung zu den verschiedenen Managementverfahren
und -methoden leitete sich insbesondere aus den Ergebnissen der Bilanzierungsphase ab. Zu
den in der ersten Förderphase entwickelten Verfahren gehörten das "Kooperationsmanage-
ment", "Marketing und Kundenkontakt", "Gestaltung von Dienstleistungsprozessen (Service
Engineering )" sowie "Benchmarking ". Ein wesentlicher Impuls für die deutsche Dienstleis-
tungswirtschaft wurde durch die Forschung zur Standardisierung im Dienstleistungssektor
gegeben.
Schon die Hauptuntersuchung Dienstleistung2000plus hatte – unabhängig von der volkswirt-
schaftlich-statistischen Gliederung - Wachstumsbereiche in der Dienstleistungswirtschaft be-
schrieben (Brettreich-Teichmann, Ganz, Neuburger, Risch, Wiedmann, 1998). Dazu gehörten
die Unternehmensbezogenen Dienstleistungen, Brokerage und Vermittlung, Medien und Te-
lekommunikation, Mobilität und Logistik, Ökologie, Finanzdienstleistung (Non-Banking),
Freizeit und Erholung, Soziale und Gesundheitsdienste. Es war allerdings nicht möglich, die
verschiedenen Vorhaben, genau diesen Wachstumsfeldern zuzuordnen. Deshalb wurden fünf
Branchencluster (Öffentliche Dienste, Gesundheitswirtschaft, Facility Management, Finanz-
dienstleistungen und Handwerk ) gebildet. Damit wurde eine bessere Kommunikation und
Kooperation innerhalb der unterschiedlichen Vorhaben, aber auch eine Verstärkung der Wir-
kungen in den Clustern selbst erwartet.
Fazit der 90er Jahre
Nach der Enttäuschung über den Abbruch der Initiative „Dienstleistungen für das 21. Jahr-
hundert“ wurde bewundert, dass das BMBF die vorgesehenen Bekanntmachungen durchzog
und so der Dienstleistungsforschung in Deutschland einen guten Start ermöglichte. Es wurden
neue Methoden des Innovationsmanagements entwickelt und Deutschland übernahm eine
führende Rolle bei der Forschung zur Dienstleistungsentwicklung. Dabei waren die Mittel des
Programms gering und waren auch immer wieder Kürzungsgefahren ausgesetzt. Es zeigte
sich aber auch deutlich, dass das Programmanagement verbessert werden musste und auch
verbessert wurde. Dazu gehörte auch die Zusammenfassung der Arbeitsforschung und der
Dienstleistungsforschung bei einem beratenden Gremium. Die auf Grund der Erfahrungen
getroffenen Maßnahmen werden – bis auf den gemeinsamen Beirat - noch nach 7 Jahren er-
folgreich eingesetzt und haben zu einer nie gekannten Kommunikation und Kooperation ge-
führt.
Kontinuität konnte nur zum Teil erreicht werden. Insbesondere die Programmwechsel führten
immer wieder zu Brüchen in den Neubewilligungen mit einer entsprechenden Verunsicherung
in Forschung und Wirtschaft. Nach dem Start der Erstmaßnahmen im Jahr 1997 kam es zu der
o.a. gesprochenen intransparenten Haltung des BMBF, um dann ab 1999 mit dem Konzept
"Innovative Dienstleistungen " wieder klarere Konturen zu zeigen. Allerdings ergab sich dann
wieder eine zu lange Instabilität in den Neubewilligungen, die im Jahr 2003 sogar zu keiner
Neubewilligung führten. Dies war um so kritischer, da die Neubewilligungen von 2002 auf
der 2000 herausgegebenen Bekanntmachung "Wissensintensive Dienstleistungen" beruhten.
Es gab also 2001, 2002 und 2003 bis auf den Wettbewerb im Handwerk keine Bekannt-
machungen im Konzept "Innovative Dienstleistungen". Erst mit der Bekanntmachung "Ex-
portfähigkeit und Internationalisierung" Anfang 2004, die schon dem Programm "Innovati-
onen mit Dienstleistungen" zugerechnet wird, kam es dann wieder zu einer gewissen Stabili-
sierung. Die Instabilitäten des Inputs bilden sich auch im Output ab. Grob gerechnet publiziert
102
ein Förderschwerpunkt etwa 6 Jahre lang. Die Aktivitäten beginnen etwa ein Jahr nach Er-
scheinen der Bekanntmachung und haben ihren Höhepunkt etwa nach 3 bis 4 Jahren. Die spä-
teren Publikationen sind häufig "Nachläufer" oder Zweitauflagen. So stiegen die Publikati-
onsaktivitäten ab 2000 kontinuierlich an, um ihren Höhepunkt 2003 zu erreichen. Zu diesem
Zeitpunkt hatten die Schwerpunkte ihren höchsten Stand an Publikationen erreicht. Diese In-
stabilitäten sind politisch verursacht und mit Instrumenten der Programmsteuerung nur zu
dokumentieren, aber nicht zu ändern. Auf Grund der "Zwei-Förderscherpunkt-Strategie", die
erst 2008 durchbrochen wurde, bleibt das Outputniveau bei etwa 100 bis 150 Publikationen
pro Jahr.
Es gab ebenfalls einiges an Widersprüchen zwischen der administrativen Betrachtung und den
inhaltlichen Erfolgen. Die Haltung des Bundesrechnungshofes und der Leitung des BMBF im
Hinblick auf die Handwerksinitiative kann nur als innovationshemmend bezeichnet werden.
Anfang des 21. Jahrhunderts ließ sich festhalten, dass im BMBF innerhalb der Referate eine
zunehmende Tendenz zur Förderung von bereichsbezogener Dienstleistungsforschung fest-
zustellen war. Allerdings war diese eher technologieorientiert und betrachtete die Gestaltung
des Innovationsprozesses kaum. Bezogen auf das gesamte BMBF war allerdings keine ein-
heitliche und nachhaltige Förderstrategie für Dienstleistungen erkennbar. Damit hatte sich
trotz der von dem damaligen Bundesminister Rüttgers 1998 (3. Dienstleistungstagung) ange-
sprochenen Änderung hin zu Dienstleistungen nichts geändert.
Das BMWi hat die grundsätzliche Aufgabe Wachstum und Beschäftigung zu fördern. In
Grundsatzfragen der Dienstleistungsentwicklung bestand eine enge Kooperation zwischen
dem Dienstleistungsforschungsprogramm des BMBF und dem BMWi. Diese führte aber in
den einzelnen Fachsparten nicht zu einer Dienstleistungsinnovationspolitik. Das BMWi
kümmerte sich um die Exportfähigkeit deutscher Dienstleistungen und hat hier – zusammen
mit der Initiative Dienstleistungen – entsprechende politische Aktivitäten mit den Außenwirt-
schaftskammern gestartet, sah aber weiterhin großen Forschungsbedarf hinsichtlich der Orga-
nisation der Unternehmen und Qualifikation der Mitarbeiter. Eine explizite Förderstrategie für
Innovation im Dienstleistungsbereich war nicht erkennbar.
„Innovationen mit Dienstleistungen “: Forschungsprogramm des BMBF
Am Ende des 20. und zu Beginn des 21. Jahrhunderts können einige Veränderungen festge-
stellt werden, die es rechtfertigen, eine neue Phase von Dienstleistungsforschung und –
innovation anzusetzen. In Deutschland wird der programmatische Aspekt der Dienstleistungs-
forschung verfestigt. Auch wenn das 1998 angekündigte Programm nicht veröffentlicht wird,
werden die verschiedenen Bekanntmachungen doch durchgeführt und eine neue Programm-
konzeption begonnen. Die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft ver.di entwickelt ihre Positi-
onen zur Dienstleistungsinnovationspolitik. Die Europäische Kommission setzt mit ihrem
Memorandum zu Unternehmensbezogenen Dienstleistungen neue Akzente; es wird deutlich,
dass eine reine Abwehrhaltung zur Dienstleistungsrichtlinie nicht ausreicht. Internationale
Standardisierungsaktivitäten im Dienstleistungssektor zwingen die deutsche Politik zu han-
deln. Die IBM beginnt in den Vereinigten Staaten und in Asien ihre Initiative "Service Sci-
ence s, Management and Engineering".
Gleichzeitig wird zum ersten Mal debattiert, ob es sich um „Innovationen mit Dienstleistun-
gen “ oder um „Innovationen von Dienstleistungen“ handelt, also um einen an den volkswirt-
schaftlich-statistisch definierten Sektoren (z.B. dem NACE-Code) orientierten Modell, oder
ob Dienstleistungen allgemein zu einem Innovationstreiber in der Wirtschaft werden. Ende
des Jahrzehnts sind die besonders weit fortgeschrittenen Institutionen für einen übergreifen-
103
den Ansatz, während viele politische Akteure und Verbände u.ä. noch immer an der 3-
Sektoren-Theorie und den volkswirtschaft-statistischen Teilungen festhalten.
Das BMBF setzte seinen „Dienstleistungsforschungskurs auf Sparflamme“ weiter fort und
behielt damit trotzdem seine Führungsposition hinsichtlich der Unterstützung der Dienstleis-
tungsforschung. Das Leitmotiv des vom Forschungsministeriums im Jahr 2006 veröffentlich-
ten Programms lautet: „Durch Forschung und Entwicklung dazu beizutragen, dass die deut-
sche Position im Dienstleistungsbereich die gleiche Excellenz erreicht, die Deutschland im
industriellen Produktionsbereich auszeichnet. Dies gilt für die Dienstleistungsforschung wie
für die Dienstleistungswirtschaft gleichermaßen.“ (BMBF, 2006, S. 8). Das Leitbild wurde
durch die drei Ziele, die gleichzeitig eine Fokussierung der Forschung bedeuteten konkreti-
siert:
Die Marktposition der deutschen Dienstleistungswirtschaft soll durch systematische
Entwicklung neuer und Sicherung der Qualität bestehender Dienstleistungsangebote
verbessert werden.
Die Voraussetzungen für attraktive Beschäftigungsmöglichkeiten auf unterschiedli-
chen Ebenen sollen geschaffen werden
Die Dienstleistungsforschung soll anhand wirtschaftlicher, sozialer und technologi-
scher Entwicklungen neu orientiert werden. (a.a.O.S. 8)
Das Programm ist in die drei Handlungsfelder „Innovationsmanagement“ (Methoden zu Ge-
staltung von Dienstleistungsinnovationen, Technikgestaltung), „Innovation in Wachs-
tumsfeldern der Dienstleistungswirtschaft“ (unternehmensbezogene Dienstleistungen; Dienst-
leistungen im Kontext des demografischen Wandels) und „Menschen in Dienstleistungsunter-
nehmen“ (Gestaltung von Dienstleistungsfacharbeit, Beschäftigungsentwicklung in einer mo-
dernen Dienstleistungswirtschaft) gegliedert. Damit wird auch eine Betonung der Rolle der
Menschen im Rahmen des Innovationsgeschehens deutlich. Innovation braucht Werkzeuge,
Innovation braucht Märkte, aber ohne Menschen, die es umsetzen ist allen nichts. Dabei hebt
die Zielsetzung auf alle Qualifikationsebenen ab. Im Gegensatz zu vielen anderen Ansätzen
wird angenommen, dass Innovationen nicht nur Akademiker benötigen, sondern Beschäftigte
aller Ebenen. Das Programm war Teil der Initiative „Partner für Innovation“ und ist Teil der
High-Tech-Strategie der Bundesregierung. Bisher waren die „Exportfähigkeit und Internatio-
nalisierung von Dienstleistungen “, „Integration von Produktion und Dienstleistung en“ (ge-
meinsam mit dem Produktionsforschungsprogramm), „Dienstleistungen, Technologie und
demographischen Wandel“ (gemeinsam mit dem Mikrosystemtechnikprogramm) und „Pro-
fessionelle Dienstleistungsarbeit “ Forschungsschwerpunkte des Programms. Zur Zeit starten
Vordringliche Maßnahmen zur Formulierung eines Förderschwerpunktes „Personenbezogene
Dienstleistungen“ sowie der Schwerpunkt zum Produktivitätsmanagement. Daneben wird mit
dem Aktionsplan 2020 die Kooperation der Dienstleistungsforschung mit den Technologie-
programmen des BMBF gestärkt. Erste Schritte sind neben der o.a. Kooperation mit dem Pro-
duktionsforschungsprogramm, die Kooperation im Rahmen der Gesundheitsforschung und
der Energieforschung. Das Programm wird durch eine Reihe von Querschnittsmaßnahmen
begleitet, durch Metavorhaben zu jedem Förderschwerpunkt und einem Monitoringvorhaben,
das die internationalen Entwicklungen mit dem Programm vernetzen soll (Spath und Ganz,
2008). Es ist in die Diskussionen zur Dienstleistungsforschung in Europa und im internationa-
len Raum eingebunden.
Mit seinen drei Forschungsfeldern "Innovationsmanagement ", "Innovation in Wachstumsfel-
dern" und "Menschen in Dienstleistungsunternehmen" lehnte sich das Programm eng an pro-
zess-, ergebnis- und potenzialorientierte Analyse an. Dabei ist das Potenzial hier sehr stark auf
die personale Seite orientiert. Eine Orientierung z.B. auf Finanzdienstleistungen als Potential
für Innovationen war - obwohl fachlich notwendig - im BMBF nicht durchsetzbar. Ebenso ist
104
natürlich die Produktorientierung in einem Forschungsprogramm wegen der Notwendigkeit
der Marktferne bei staatlicher Forschungsförderung nur in einem eingeschränkten, sprich bei-
spielhaften, auf Prototypen orientierte Ansatz denkbar. Gegenüber dem Vorläuferprogramm
stellt dieser Ansatz eine weitere Konkretisierung, keinen Bruch dar. Damit ist trotz des neuen
Programms eine Kontinuität in der Entwicklung gewahrt. Die Konzentration auf das Element
"Personal" im Rahmen des Faktors "Potential" erlaubt auch eine sehr enge Verzahnung und
einen schnellen Ergebnisaustausch mit dem Programm "Innovationsfähigkeit in einer moder-
nen Arbeitswelt ". So kann die Dienstleistungsforschung auf die Behandlung allgemeiner
Themen wie "Balance zwischen Flexibilität und Stabilität" oder "Innovationsstrategien jen-
seits des traditionellen Managements" verzichten und sich Spezialthemen wie "Professionali-
sierung der Dienstleistungsarbeit " zuwenden.
Áls ein Beispiel für einen Förderschwerpunkt soll hier der Förderschwerpunkt „Exportfähig-
keit und Internationalisierung von Dienstleistungen “ dargestellt werden. Die Exportfähigkeit
und Internationalisierung von Dienstleistungen wurden erstmals 1997 im „Entwurf des För-
derkonzeptes Forschung und Entwicklung zur Stärkung von Wachstum und Beschäftigung im
Dienstleistungssektor “ (unver. Skript, 1997) angesprochen. Dieses Konzept basierte auf den
Ergebnissen der Diskussionen von über 300 Experten in der Hauptuntersuchung Dienstleis-
tung 2000plus. Hier wurde neben der auch damals schon vielbejammerten Globalisierung die
Chance erkannt, Exportfähigkeit von Dienstleistungen zu steigern, um zu Wachstum und Be-
schäftigung zu kommen. Damit war der Grundstein für die Forschung zur Exportfähigkeit von
Dienstleistungen gelegt. In der Phase der Prioritären Erstmaßnahmen (1997/1998) waren drei
Vorhaben mit den Themen der Internationalisierung, des Exportes und dem internationalen
Vergleich von Dienstleistungen befasst. Eine Verankerung der Forschung zur Exportfähigkeit
in Form einer Bekanntmachung erfolgte Ende der 90er Jahre aber noch nicht. Dies lag unter
anderem daran, dass das Bundeswirtschaftsministerium auf Grund der Erfahrungen aus der
durchgeführten Forschung eigene Aktivitäten zur Dienstleistungsexportinnovation durchführ-
te. Diese Aktivitäten fanden in Kooperation mit den programmatischen Aktivitäten des
BMBF statt und betrafen neben den Ingenieurdienstleistungen auch die Außenhandelskam-
mern. Die Bekanntmachung des BMBF erschien nach einer längeren Pause im Jahr 2004. also
ca. 7 Jahre nachdem das Thema in Expertenkreisen benannt wurde. Neben den Aktivitäten des
Bundeswirtschaftsministeriums waren auch die Haushaltsbelastungen der großen Bekanntma-
chung "Wissensintensive Dienstleistungen" Grund für die Verzögerung. Neben den Ergebnis-
sen der laufenden Vorhaben, eigener Recherchen, den Anregungen aus dem Bundesministeri-
um für Wirtschaft und Technologie, den Beratungen im Beirat, den Ergebnissen aus For-
schungsvorhaben war insbesondere die 5. Dienstleistungstagung 2003 und der Nachwuchs-
wettbewerb Grundlage für die Gestaltung der Bekanntmachung von Bedeutung. Die Be-
kanntmachung selbst erschien Anfang 2004. Im Jahr 2006 liefen über 80 Vorhaben mit einem
Volumen von knapp 30 Mio. €. Der Schwerpunkt hat „Erstlingsrechte“ in vielerlei Hinsicht
hat:
Es war der erste Schwerpunkt, der im Entwurf des neuen Konzeptes „Innovationen mit
Dienstleistungen “ vorgesehen war.
Es war der erste Schwerpunkt, in dem die Fokusgruppen von Anbeginn an vorgesehen
waren.
Es war der erste Schwerpunkt, bei dem Verfahren des Textmining schon zu Beginn
eingesetzt wurden.
Es war der erste Schwerpunkt mit einem Metavorhaben.
Es war der erste Schwerpunkt, in dem sofort zu Beginn eine deutsch- und eine eng-
lischsprachige Broschüre erschienen sind.
105
Um die Kooperation zwischen den verschiedenen Forschungsprojekten zu stärken, wurden
zum ersten Mal von Beginn an Fokusgruppen eingerichtet. Neben der Vernetzung und dem
Austausch von Erfahrungen und Ergebnissen sollen die Fokusgruppen auch Forschungser-
gebnisse in die Breite tragen und so zur nachhaltigen Nutzung beitragen. Die Gruppen kon-
zentrierten sich auf bestimmte Bereiche der Wirtschaft, wie z. B. Gesundheitsdienste, Um-
weltdienstleistungen, industrielle und wissensintensive Dienstleistungen, konzentrieren. Au-
ßerdem wurde eine besondere Fokusgruppe zum Thema „Exportfähigkeit kleiner und mittle-
rer Unternehmen“ gegründet (Borchert, Heinen und Zühlke-Robinet, 2008). Über 40 kleine
und mittlere Dienstleistungsunternehmen sind hier zusammengefasst. Speziell für Hand-
werksbetriebe wurde die Internetseite www.dienstleistungsexport.de eingerichtet.
Vor den Aktivitäten des BMBF war der Export kein herausragendes Thema der Dienstleis-
tungsforschung. So konnten Biege und Stahlecker (2009) erstmals im Jahr 1985 wissenschaft-
liche Publikationen zu dem Thema "Internationalisierung und Export von Dienstleistungen "
nachweisen. In den 80er Jahren erschienen etwa 10 englischsprachige Veröffentlichungen pro
Jahr. Deutschsprachige Publikationen zu diesem Thema konnten in diesem Zeitraum noch
nicht nachgewiesen werden. In den 1990er Jahren beobachteten die Autoren einen Anstieg der
Anzahl an englischen Publikationen auf ca. 20 pro Jahr. Im deutschsprachigen Bereich gab es
ab Mitte der 90er Jahre jährlich zwei bis drei Veröffentlichungen auf diesem Gebiet. Diese
Veröffentlichungsrate bleibt bis 2004. Danach stieg die Anzahl der Veröffentlichungen im
deutschsprachigen Bereich sprunghaft an. Biege und Stahlecker kommen zu dem Schluss:
"Nicht zuletzt die Aktivitäten des Förderschwerpunkts „Internationalisierung und Exportfä-
higkeit von Dienstleistungen“, aus welchem die ersten Projekte im Jahr 2005 starteten, kann
als maßgeblich für die Entwicklung im deutschsprachigen Bereich betrachtet werden." Um
den internationalen Stellenwert der deutschen Forscher im Forschungsfeld "Internationalisie-
rung und Export von Dienstleistungen" zu erfassen, wurde die englischsprachigen Publikatio-
nen ermittelt, deren Autoren aus Deutschland stammen. Bis zur Jahrtausendwende stammt
keine englischsprachige Veröffentlichung auf dem Gebiet aus Deutschland. Ab 2005, mit
Start des BMBF-Förderschwerpunkts „Internationalisierung und Exportfähigkeit von Dienst-
leistungen“ werden deutsche Forscher auf diesem Gebiet verstärkt sichtbar. Im Jahr 2008 sind
ca. 20% aller englischsprachigen Publikationen aus Deutschland (19 von 87); bis auf fünf
Veröffentlichungen stammen alle aus den Projekten des BMBF-Förderschwerpunktes „Inter-
nationalisierung und Exportfähigkeit von Dienstleistungen“. Dies ist ein Indiz dafür, dass
trotz der langen Verzögerung die deutsche Forschung einen Reputationsgewinn auf diesem
Themenfeld erreichen konnte.
Die Entwicklung der Dienstleistungsforschungsprogramme bis 2010
Ein Vergleich der Dienstleistungforschungsprogramme ist nicht möglich. Die ersten beiden
Phasen dienten der Bilanzierung und der Definition der Forschungsfelder. Das dann formu-
lierte Dienstleistungsprogramm wurde nicht verwirklicht und damit hat das Dienstleistungs-
programm von 2006 keine echten Vorläufer, mit denen es sich vergleichen ließe. Deshalb
sollen hier einige Zitate der Leitung des BMBF dargestellt werden.
Aufbruch in die Zukunft bedeutet, dass wir das dramatische Absinken der Zahl indust-
rieller Arbeitsplätze nicht als Deindustrialiserung beklagen, sondern erkennen, dass
sich das Schwergewicht der Beschäftigung vom Verarbeitenden Gewerbe...hin zur
Dienstleistung verschiebt. Die Aufgabe der Zukunft wird es sein, Produktion, Dienst-
leistung und Information als unterschiedliche Aspekte erfolgreichen wirtschaftlichen
Handelns zu begreifen.
(Schaumann, Staatsekretär im BMBF, 1997)
106
Wer in Zukunft im internationalen Wettbewerb mithalten will, der muss Dienste eben-
so kostenbewusst, qualitativ hochstehend, innovativ und wettbewerbsfähig anbieten
können, wie dies bei industriellen Gütern typisch ist...Dies gilt auch für Wissenschaft
und Forschung.
(Rüttgers, Bundesminister für Bildung und Forschung, 1999)
..die Bilanz der bisherigen Dienstleistungsforschung zeigt, dass die Forschung nach-
haltige Impulse für die Stärkung des Dienstleistungsstandortes Deutschland geben
kann. Angesichts der aktuellen Entwicklungen ist jedoch auch zu fragen, welchen
Herausforderungen sich die Dienstleistungsforschung in Zukunft zu stellen
hat...Obgleich sicher noch eine Reihe anderer wichtiger Forschungsfelder zu bearbei-
ten sind – ich nenne hier exemplarisch
- neue Managementmethoden und Dienstleistungs-Marketing
- erschließen neuer Wachstumsfelder und
- gestalten des Tertiarisierungsprozesses
(Catenhusen, Staatsekretär im BMBF, 2004)
Deshalb haben wir in Zusammenarbeit mit Vertreterinnen und Vertretern aus Wissen-
schaft und Wirtschaft ein Förderprogramm für die kommenden fünf Jahre entwickelt.
Dieses Programm „Innovationen mit Dienstleistungen “ hat ein zentrales Leitmotiv:
Dienstleistungen aus Deutschland sollen weltweit wettbewerbsfähig sein und zu Recht
unser Gütesiegel „Made in Germany“ tragen können.
(Rachel, Staatsekretär im BMBF, 2006)
Dienstleistungen haben insofern.für unsere Wirtschaft eine Schlüsselfunktion, die
meines Erachtens unterbewertet ist im öffentlichen Image. Diese Schlüsselfunktion
der Dienstleistungen wollen wir in der Innovations- und Forschungspolitik des Bun-
desforschungsministeriums deutlich stärken.
(Rachel, Staatsekretär im BMBF, 2008)
Die Zitate von politisch Verantwortlichen aus 10 Jahren Dienstleistungsforschungsförderung
weisen eine bemerkenswerte Kontinuität auf. Dienstleistungsforschung dient der Weiterent-
wicklung von Wachstum und Beschäftigung. Der Wandel zu Dienstleistungen ist eine Chan-
ce, die es gemeinsam mit dem Verarbeitenden Gewerbe zu ergreifen gilt. Dienstleistungen
brauchen neue Managementmethoden, das Erschließen von Wachstumsfeldern und die Ge-
staltung des Tertiarisierungsprozesses einschließlich der Dienstleistungsarbeit . Innerhalb der
Forschungs- und Innovationspolitik muss die Rolle der Dienstleistungen deutlich gestärkt
werden. Ebenso kontinuierlich wie die politische Unterstützung verläuft die inhaltliche Ent-
wicklung. Themen werden in Diskussionen mit Wissenschaft und Wirtschaft konkretisiert,
dann zu einem Forschungsfeld ausgebaut, und schließlich – wenn das Thema ertragreich ist –
in anderen Feldern und Bekanntmachungen verankert. Dies gilt für das Service Engineering
ebenso wie für die Gesundheitswirtschaft, die Exportfähigkeit ebenso wie für die Kleinen und
mittleren Unternehmen. Leider verlaufen die Defizite ebenso kontinuierlich. Die Unterfinan-
zierung des Programms hat sich auch mit der Einbindung in die HighTech Strategie und den
Aktionsplan 2020 nicht geändert. Bestimmte Sektoren - wie z.B. die Öffentlichen Dienst e
oder Fragen von Unterhaltungsdienstleistungen – bleiben ausgeklammert.
Knapp gesprochen: Selten ist von so vielen Interessierten mit sowenig finanzieller Unterstüt-
zung soviel erreicht worden. Nicht nur in Deutschland wurden für Wissenschaft, Wirtschaft,
Arbeit und Verbraucher neue Wege aufgezeigt, es ist auch gelungen der deutschen Dienstleis-
tungsforschung ein internationales Renommee zu verschaffen. Vor 15 Jahren hätte dies nie-
107
mand für möglich gehalten. Die Entwicklung zeigt aber, dass dieser Weg ab 2011 abgebro-
chen wird.
Der Aktionsplan "Dienstleistung 2020"
Der „Aktionsplan 2020“ ist eine zwar ressortübergreifend geplante, aber z.Zt. (2009) noch
ressortinterne Initiative des BMBF. Der Aktionsplan "Dienstleistungen 2020", den der Parla-
mentarische Staatssekretär Rachel in seiner Rede auf der Dienstleistungstagung im April 2008
ankündigte und der auf dem 12. Aachener Dienstleistungsforum im September 2009 (BMBF,
2009) vorgestellt wurde, stellt eine neue forschungspolitische Herangehensweise dar. Neben
dem Kernstück des Dienstleistungsforschungsprogramms wird er für die forschungspolitische
Ausrichtung der Zukunft bestimmend sein. In den Handlungsempfehlungen des Beirates der
Initiative „Dienstleistungen für das 21. Jahrhundert“ von 1996 und im "EFI-Gutachten" von
2007 wird – und in den Worten von 1996 – gefordert, die Forschungspolitik stärker auf
Dienstleistungen auszurichten und die Technologieforschung mit der Dienstleistungsfor-
schung zu verschränken. Knapp gesprochen: Technologieforschung soll nicht immer auf das
Anwendungsgebiet der Industrie (im deutschen Sinne) schauen, sondern von Beginn an die
Dienstleistungswirtschaft ins Auge fassen. Damit werden Dienstleistungen auch zu einem
Treiber technischer Innovationen. Diesen Aufforderungen hat das BMBF mit dem Aktions-
plan "Dienstleistungen 2020" Rechnung getragen. Der Aktionsplan soll die Anbahnung und
Durchführung integrierter Forschungsansätze unterstützen. Er findet in ausgewählten Förder-
programmen des BMBF seinen Niederschlag. Aufbauend auf erforschten neuen Technologien
werden die Möglichkeiten zur parallelen Entwicklung neuer Dienstleistungen erforscht. Da-
mit erhofft das BMBF sich, Entwicklungen stärker auf die spätere nachfrage zu konzentrieren,
also einen "technology-push" durch einen "Dienstleistungs-Pull" zu unterstützen. Das BMBF
hat für den Aktionsplan unterschiedliche Maßnahmen vorgesehen. Dazu gehören neben den
gemeinsamen oder aufeinander abgestimmten Förderrichtlinien (angestrebt ist nicht nur eine
referats-, sondern auch eine ressortübergreifende Vorgehensweise), den Anforderungen in
technischen Programmen Dienstleistungen zu berücksichtigen, auch "ergänzende Projekte".
Das sind spezifische Projekte des Dienstleistungsforschungsprogramms, die auf den Ergeb-
nissen technischer Förderschwerpunkte aufbauen. Der Aktionsplan 2020 sieht zunächst keine
Aufstockung von Haushaltsmitteln vor. Erste Schritte wurden mit den beiden Bekantmachun-
gen "Integration von Produktion und Dienstleistung en" und dann die Bekanntmachung
"Dienstleistung, Demographie und Technik ". Beide Bekanntmachungen sind in enger Koope-
ration zwischen dem Dienstleistungsforschungsprogramm und der Produktionsforschung bzw.
der Mikrosystemtechnik entstanden. Einen Schritt weiter ging das Programm zu den "Ge-
sundheitsregionen der Zukunft". In dem Programm war von vornherein die Dienstleistungs-
forschung integriert und die Begutachtung erfolgte unter der Beteiligung der Dienstleistungs-
forschung. Im Programm "Energieeffiziente Stadt" wird die Begleitforschung vom Dienstleis-
tungsforschungsprogramm getragen, um zum einen die Ansätze auf neue relevante Dienstleis-
tungen zu prüfen, zum anderen aber auch, um Ansätze der Dienstleistungsforschung in die
Projekte zu tragen. Es werden im Rahmen der Integration von Technologie- und Dienstleis-
tungsforschung also unterschiedliche Ansätze verfolgt. Die Schwierigkeiten, die sich auftun
sind zahlreich. Ein wichtiges Problem ist das der Verständigung. Die auf wissenschaftlicher
Ebene geforderte Interdisziplinarität wird jetzt natürlich auch auf politischer Ebene eingefor-
dert. Doch wenn der Weg erfolgreich ist, kann erwartet werden, dass die Vernetzung der
Technologieforschung mit der Dienstleistungswirtschaft ähnlich erfolgreich wird, wie die
Vernetzung der Technologieforschung mit der Produktion. Vielleicht kann dann auch die
Technologieadaption in der Dienstleistungswirtschaft beschleunigt werden.
Die erste Realisierung des Aktionsplanes 2020 war die gemeinsam von der Gesundheits- und
Dienstleistungsforschung formulierte Konzeption des Wettbewerbes "Gesundheitsregionen
108
der Zukunft". Grundgedanke war, dass die international besonders erfolgreichen gesund-
heitswirtschaftlichen Modelle auf einer engen, oft regional fokussierten Verzahnung von Ver-
sorgern, Forschern, Unternehmen der Wirtschaft und Dienstleistern basieren. Derartige räum-
lich umgrenzte Kompetenznetzwerke werden als sog. Gesundheitsregionen bezeichnet und
zielen darauf ab, durch mehr Innovation bei Produkten und Prozessen sowie mehr Qualität
und Effizienz in der Gesundheitsversorgung ihre Zukunftsaussichten zu verbessern. Dieser
integrative Ansatz, der auch in Deutschland in einer wachsenden Zahl von Gesundheitsregio-
nen verfolgt wird, schafft somit ideale Voraussetzungen für eine verbesserte Nutzung der In-
novationspotenziale in Wissenschaft und Wirtschaft auf mehreren Ebenen. Es erschien gebo-
ten, die vorhandenen Ansätze einer Selbstorganisation der Akteure durch weitere Anreizme-
chanismen zu ergänzen, die auch dazu führen müssen, die beachtlichen Innovationspotenziale
vieler forschungsorientierter Gesundheitsregionen zu stärken und die verschiedenen Bereiche
der Gesundheitswirtschaft in einem integrierten Ansatz zusammenzuführen. Dabei sollten die
Profile und Strukturen nicht detailliert vorgegeben werden; vielmehr sollte den Initiatoren
Raum gelassen werden, ihre Vorstellungen an die konkreten Gegebenheiten ihrer Region an-
passen zu können. Der Wettbewerb sollte zeigen, wie Verschränkungsprozesse zwischen
Dienstleistungen und Gesundheitsversorgung sowie der Health Care Industrie (Pharmazeuti-
sche Industrie, Medizintechnik und Biotechnologie) optimal zu gestalten und wie durch die
Kooperation regionaler Partner prozess- und produktorientierte Innovationen im Gesund-
heitswesen entwickelt und umgesetzt werden können.
Erste Analysen ergaben, dass auf Dienstleistungen eingegangen wurde. Ingesamt ist es aber
eher so, dass Dienstleistungen als Anwendungsfeld berücksichtigt werden, eine Verschrän-
kung mit der Dienstleistungsforschung aber nur teilweise stattfindet
* Innovationen für die Produktion, Dienstleistung und Arbeit von morgen
Schon im Zusammenhang mit der ersten Phase der High Tech Strategie der Bundesregierung
zeigte sich eine enge Vernetzung zu den Dienstleistungen, die dort ein eigenständiges Innova-
tionsfeld waren. In der zweiten Phase wurde die High-Tech Strategie auf fünf Anwendungs-
felder konzentriert und die Eigenständigkeit der Dienstleistungen zurückgenommen. Im April
2010 kündigte das BMBF an, die Dienstleistungen stärker mit der Produktion zu vernetzen
und eine konsequente Orientierung auf die Anwendungsfelder durchzuführen, also eine eigen-
ständige Dienstleistungsforschung zurückzunehmen. Verbunden damit war eine Kürzung des
Haushaltsansatzes 2012 zugunsten der Initiative zur Elektromobilität und die Planung einer
Bekanntmachung zu „Dienstleistungen und Elektromobilität“. Diese Bekanntmachung wurde
zwei Jahre später (!!) publiziert. Im April 2010 wurde ebenfalls die Behandlung der für die
Dienstleistungen wichtigen Frage der Interaktionsarbeit aufgeschoben. Die Personenbezoge-
nen Dienstleistungen als einem wesentlichen Feld der Dienstleistungsinnovation sollen erst
2013 wieder aufgenommen werden (wahrscheinlich jetzt erst im Herbst 2016). Ein erster
Schritt hierzu war die Beteiligung an einer Bekanntmachung zu Gesundheitsregionen im letz-
ten Quartal 2012. Auf der anderen Seite weitet das BMBF mit unterschiedlichen Aktivitäten
auch dienstleistungsbezogene Forschung aus. Dazu gehören z.B. Fragen des Exports von Bil-
dungsdienstleistungen.
Ende des Jahres 2013 fällt die Bewertung der für die Dienstleistungsforschung unmittelbar
durchgeführten Aktivitäten des BMBF katastrophal aus. Legt man den BMBF-Förderkatalog
zu Grunde (02.12.2013), so wurde bis zum 1.11.2013 ein Verbundvorhaben zur Elektromobi-
lität gefördert. Weitere Vorhaben aus dem Dienstleistungsforschungsprogramm sind nicht zu
erkennen. Damit hat die Bekanntmachung „Elektromobilität“ stark an Wirksamkeit verloren.
Eine neue Bekanntmachung ist nicht erschienen. Die für das Jahr 2012 schon fest terminierte
Dienstleistungstagung wurde kurzfristig abgesagt. Angesichts solcher Fehlschläge ist die For-
109
derung der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft mit Unterstützung der IG Metall nach ei-
nem eigenständigen Dienstleistungsprogramm zu verstehen (Uellenberg, 2012).
Programmatisch wurde sehr deutlich, dass das BMBF ein Rahmenprogramm favorisiert, in
dem nur noch „Produktion“ und „Diensleistungen“ als Säulen enthalten sind. Die Arbeitsfor-
schung sollte de facto entfallen. Angesichts des Wahlergebnisses und der daraus resultieren-
den Regierungsbildung konnte dies nicht umgesetzt werden. Der Koalitionsvertrag forderte
ausdrücklich eine Stärkung der Arbeits- und Dienstleistungsforschung. Im September 2014
verkündete dann das BMBF zusammen mit denVorsitzenden des BDI, Grillo, und Ver.di,
Bsirske, das neue Rahmenprogramm mit drei eigenständigen Säulen: Produktions-, Dienst-
leistungs- und Arbeitsforschung, wobei letztere erst 2016 als ausformuliertes Programm er-
schien. Folgende Felder wurden dabei für die Dienstleistungsforschung formuliert:
Kundenintegrierende Dienstleistungssysteme
Dienstleistungen für eine nachhaltige Ressourcennutzung
Demografie und Gesundheit: Dienstleistungen für den Menschen
IuK-Technologien und Dienstleistungen
Service Excellenz: Dienstleistungsqualität und Professionalisieerun
Systmatische Entwicklung von Dienstleistungen durch Service Engineering, Modula-
risierung und Simulation.
Auf Basis dieses Programms wurden dann folgende Förderfelder formuliert:
Dienstleistung und E-Mobilität (Weiterführung)
Dienstleistungen und Digitalisierung
Dienstleistungen in Gesundheitsregionen (in Anlehnung an Dienstleistungen 2020)
Smart Cities und Dienstleistungen
Technisch unterstützte Dienstleistungen
Personenbezogene Dienstleistungen (Ende 2016)
Obwohl die Dienstleistungen als eigenständige Säule bestehen bleiben, haben sie doch an
Eigenständigkei verloren. Während frühere Programme die Diensleistungen als eigenständi-
gen Bereich im Wertschöpfungsgeschehen betrachteten, wird jetzt die Hybride Wertschöp-
fung als Basis des Wohlstandes gesehen. Alles wird einer thematischen Verdichtung der For-
schungsförderung untergeordnet. Interessant is auch, dass die Aufgabe der Dienstleistungsfor-
schung „in dr Unterstützung von Wirschaft, Unternehmen und Konsumenten“ gesehen wird.
Gesellschaftliche Aufgaben sind völlig entfallen. Ebenso ist die Verbindung zu einer Verbes-
serung der Arbeitswelt nicht mehr sichtbar.
Akteure in akademischer, staatlicher und industrieller Dienstleis-tungsforschung
Forschungspolitik als Teil einer Dienstleistungspolitik wird nicht nur von einem Bundesmi-
nisterium betrieben, sondern von einer Reihe anderer Instanzen, seien es akademische, staatli-
che oder industrielle Akteure. Wenn man dabei über Forschung spricht, ist meistens auch
Wissenschaft mit gemeint. Wissenschaft kann als eine Erweiterung des Wissens durch For-
schung sowie seine Weitergabe durch Lehre bezeichnet werden. Diese enge Form der Defini-
tion blendet die Schaffung von Wissen durch Erfahrungswissen aus und legt auch einen Kurz-
schluss auf akademische Lehre nahe. Forschung kann als geplante Suche von neuen Erkennt-
nissen sowie deren systematische Dokumentation und Veröffentlichung betrachtet werden.
Konstituierendes Element der Forschung gegenüber anderen Elementen des Innovationspro-
zesses ist die Schaffung neuen Wissens. Die beiden Indikatoren für Forschung und Entwick-
lung sind der Aufwand für Sachmittel und der personelle Einsatz von FuE-Personal. Etwa die
110
Hälfte der Innovationsaufwendungen werden in der deutschen Industrie für Forschung und
Entwicklung eingesetzt (Legler und Krawczik, 2009, S. 14). Das statistische Messkonzept für
Forschung und Entwicklung ist stark auf die Industrie konzentriert. Nach Legler und
Krawczik sind Aktivitäten, die in Dienstleistungsbranchen dem Schaffen neuen Wissens ge-
widmet sind nur schwer systematisch zu erfassen. Im Dienstleistungssektor hängen Innovati-
onsaktivitäten deutlich weniger stark von Technologischer Forschung und Entwicklung ab als
in der Industrie.
Geschichtlich gesehen lagen die Ursprünge der Forschung im akademischen Bereich, von dort
kristallisierten sich dann industrielle und staatliche Forschung heraus (die Darstellung im Fol-
genden basiert auf: Lundgren et al., 1986). Von industrieller Seite waren es besonders die
chemische Industrie, die Elektrotechnik und der Maschinenbau, die die akademische For-
schung auf ihre Belange hin orientierten. Diese Forschung war naturwissenschaftlicher Art.
Dies ist bis heute so geblieben. Sozial- und wirtschaftswissenschaftliche Forschungsansätze
sind nur in Ausnahmefällen vertreten (so z.B. bei der IBM), da sie bis heute nicht als For-
schung akzeptiert werden (vgl. die Bestimmung der Innovationsfähigkeit auf Grund der An-
zahl der Naturwissenschaftler/ Ingenieure; s.a.: Legler und Krawczik, 2009). Dies hat für die
Dienstleistungsforschung bis heute negative Konsequenzen. Für den Staat war im 19. Jahr-
hundert eine eigenständige Forschung zunächst nicht selbstverständlich. Die staatliche Ord-
nungsverwaltung sah eine Zuständigkeit für Daseinsvorsorge und Innovationsbewältigung
nicht vor. Ähnlich wie in der industriellen Seite die wirtschaftliche Zweckbestimmung die
industrielle von der akademischen Forschung trennte, trennte die politische Zweckbestim-
mung die staatliche dann von der akademischen Forschung. Allerdings ist eine allgemeine
Kennzeichnung der staatlichen Forschung schwierig. Wichtig ist, dass staatliche Forschung
auf politischen Beschluss mit satzungsgemäßen Aufgaben stattfindet. Dies entspricht struktu-
rell der Anbindung der industriellen Forschung an den wirtschaftlichen Erfolg. Staatliche For-
schung fand in der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft, in den Großforschungseinrichtungen und
den Bundesämtern statt. In den großen Forschungsgesellschaften haben sich die Akzente in-
zwischen stark verschoben. Staatliche Forschungseinrichtungen in Form von Bundesämtern/
Bundesanstalten sind häufig mit staatlichen Dienstleistungen verknüpft.
Die Dreiteilung besagt nichts über die Finanzierung der Forschungsinstitutionen. Grob ge-
sprochen erfolgt die Grundfinanzierung der staatlichen Forschung durch den Bund und/oder
die Länder als institutionelle Förderung. Zusätzliche Mittel – Paradefall die Fraunhofer Ge-
sellschaft – kommen aber auch aus der Wirtschaft und aus Stiftungen. Vergleichbares gilt für
die Industrieforschung: hier ergänzen Mittel von staatlicher oder Stiftungsseite die eigenen
Ressourcen. Eine nicht geringe Rolle spielt dabei die Förderung durch die Europäische Ge-
meinschaft. Trotz dieser Abgrenzungsprobleme und der Aufgabenverschiebungen soll hier
zur besseren Übersicht das Dreieck aus akademischer, wirtschaftlicher und staatlicher For-
schung zu Grunde gelegt werden.
Bundesämter als Institutionen staatlicher Forschung
Typisch für staatliche Forschung sind heute noch die staatlichen Forschungsinstitutionen wie
die Bundesinstitute, Bundesämter oder Bundesanstalten. Sie haben ihren Auftrag durch ein
Gesetz erhalten und die Fachaufsicht liegt bei einem Bundesministerium, das sie beraten und
unterstützen. Für die Dienstleistungsforschung sind vier Institutionen besonders interessant:
Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BauA)
Bundesinstitut für Berufliche Bildung (BIBB)
Bundesagentur für Arbeit mit dem Institut für Arbeitsmarkt und Berufsforschung (I-
AB)
Umweltbundesamt
111
Die BAuA ist eine nicht rechtsfähige Anstalt des öffentlichen Rechts. Sie untersteht als Bun-
desoberbehörde unmittelbar dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS). Die
Bundesanstalt berät als Ressortforschungseinrichtung das BMAS in allen Fragen von Sicher-
heit und Gesundheit bei der Arbeit und der menschengerechten Gestaltung der Arbeitsbedin-
gungen. Als Bundeseinrichtung mit FuE-Aufgaben agiert sie an der Schnittstelle von Wissen-
schaft und Politik und erbringt Übersetzungsleistungen vom Wissenschaftssystem in Politik,
betriebliche Praxis und Gesellschaft und umgekehrt. Das Aufgabenspektrum reicht von der
Politikberatung über die Wahrnehmung hoheitlicher Aufgaben und den Transfer in die be-
triebliche Praxis bis zur Bildungs- und Vermittlungsarbeit der Deutschen Arbeitsschutzaus-
stellung (DASA). Eine von ihr betreute Aktivität ist die Initiative Neue Qualität der Arbeit
(INQA). Im Rahmen von Arbeitssicherheit- und -schutz sowie Prävention werden von der
BauA die Dienstleistungsbranchen ausführlich betrachtet. Eine eigentliche Dienstleistungsfor-
schung findet aber nicht statt.
Das BIBB ist auf Grund der historischen Entwicklung als Bundesinstitut in Berlin gegründet
worden und hat größere Freiheitsgrade gegenüber den Ministerien als die klassischen Bundes-
anstalten. Es ist das anerkannte Kompetenzzentrum zur Erforschung und Weiterentwicklung
der beruflichen Aus- und Weiterbildung in Deutschland. Das BIBB identifiziert Zukunftsauf-
gaben der Berufsbildung, fördert Innovationen in der nationalen wie internationalen Berufs-
bildung und entwickelt neue, praxisorientierte Lösungsvorschläge für die berufliche Aus- und
Weiterbildung. Das BIBB wird als bundesunmittelbare, rechtsfähige Anstalt des öffentlichen
Rechts aus Haushaltsmitteln des Bundes finanziert und untersteht der Rechtsaufsicht des
Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF). Fragen der Qualifizierung und
Qualifikation in den Dienstleistungsbranchen werden im BIBB ausführlich behandelt.
Das IAB erforscht den Arbeitsmarkt auf Grundlage zweier gesetzlicher Aufträge, die im So-
zialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III, §280 und 282) und Sozialgesetzbuch Zweites Buch
(SGB II) geregelt sind. Darin ist verankert, dass die Bundesagentur Lage und Entwicklung der
Beschäftigung und des Arbeitsmarktes im Allgemeinen und nach Berufen, Wirtschaftszwei-
gen und Regionen sowie die Wirkungen der aktiven Arbeitsförderung zu beobachten, zu un-
tersuchen und auszuwerten hat, indem sie erstens Statistiken erstellt, zweitens Arbeitsmarkt-
und Berufsforschung betreibt und drittens Bericht erstattet. Ebenso sind die Wirkungen der
Leistungen zur Eingliederung und zur Sicherung des Lebensunterhalts regelmäßig und zeitnah
zu untersuchen und in die Arbeitsmarkt- und Berufsforschung einzubeziehen. Das IAB kann
soweit zweckmäßig Dritte mit der Wirkungsforschung beauftragen. Die Dienstleistungswirt-
schaft – insbesondere die Daten zu beruflichen Tätigkeiten werden vom IAB ausführlich er-
hoben und untersucht.
Das UBA ist Deutschlands zentrale Umweltbehörde. Die wichtigsten gesetzlichen Aufgaben
des UBA sind die wissenschaftliche Unterstützung der Bundesregierung (u. a. Bundesministe-
rien für Umwelt, Gesundheit, Forschung, Verkehr, Bau- und Stadtentwicklung), der Vollzug
von Umweltgesetzen (z. B. Emissionshandel, Zulassung von Chemikalien, Arznei- und Pflan-
zenschutzmitteln) und die Information der Öffentlichkeit zum Umweltschutz. Fachleute des
Amtes forschen in eigenen Laboren und vergeben Forschungsaufträge an wissenschaftliche
Einrichtungen und Institute im In- und Ausland. Das UBA ist auch Partner und Kontaktstelle
Deutschlands zu zahlreichen internationalen Einrichtungen, wie etwa der WHO. Ein unmit-
telbarer Dienstleistungsbezug scheint nicht vorhanden zu sein.
112
Die großen Forschungsgesellschaften
Deutschland kennt vier Forschungsgesellschaften, die vom Bund und von den Ländern
"grundfinanziert" werden. Dazu gehören die Max-Planck-Gesellschaft (MPG), die Fraunhofer
Gesellschaft (FHG), Helmholtz Gesellschaft (HG) und die Leibniz-Gemeinschaft (LG).
Die MPG ist die Nachfolgeorganisation der Kaiser- Wilhelm- Gesellschaft zur Förderung der
Wissenschaften e.V., die 1911 gegründet wurde. Sie dient vor allem der Grundlagenfor-
schung. Für die Dienstleistungsforschung könnten Ergebnisse des Max-Planck-Institutes für
Gesellschaftsforschung von Interesse sein. Das Max-Planck-Institut für Gesellschaftsfor-
schung in Köln versteht sich als eine Einrichtung der Spitzenforschung in den Sozialwissen-
schaften. Es betreibt anwendungsoffene Grundlagenforschung mit dem Ziel einer empirisch
fundierten Theorie der sozialen und politischen Grundlagen moderner Wirtschaftsordnungen.
Die MPG-Institutsdirektoren sind in der Wahl ihrer Forschungsfragen sehr unabhängig.
Dienstleistungssektoren werden untersucht, aber ein unmittelbarer Schwerpunkt zur Dienst-
leistungsforschung besteht nicht.
Die Fraunhofer Gesellschaft wurde nach dem 2. Weltkrieg gegründet. Sie betreibt For-
schung an der Schnittstelle zur Anwendung. In Deutschland betreibt die FHG 59 Institute. Die
Fraunhofer-Gesellschaft betreibt außerdem eigene Standorte und Tochtergesellschaften in
Europa, Fraunhofer Centers in den USA sowie Representative Offices in Asien und im Nahen
Osten. Sie bilden eine Brücke zu den lokalen Märkten mit Schwerpunkten in Marketing und
in der Geschäftsfelderweiterung. Eine ganze Reihe davon sind von großer Bedeutung für die
Arbeits- und Dienstleistungsforschung, darunter besonders das Fraunhofer Institut für Ar-
beitswirtschaft und Organisation, eines der international führenden Institute der Dienstleis-
tungsforschung.
Ende des 20. Jahrhunderts wurden die Institute der "Blauen Liste" zur Leibniz Gemeinschaft
und die Großforschungseinrichtungen des Bundes zur Helmholtz-Gesellschaft zusammenge-
fasst. Die insgesamt 86 Leibniz-Einrichtungen mit ca. 14000 Menschen forschen auf den Ge-
bieten der Geisteswissenschaften (Sektion A), der Wirtschafts- und Sozialwissenschaften so-
wie Raumwissenschaften (Sektion B), im Bereich der Lebenswissenschaften (Sektion C), der
Mathematik, Natur- und Ingenieurwissenschaften (Sektion D) sowie auf dem Gebiet der Um-
weltwissenschaften (Sektion E). Neben den großen wirtschaftswissenschaftlichen Instituten
ist das heute so genannte „Leibniz-Institut für Arbeitsforschung an der TU Dortmund“, ehe-
mals Institut für Arbeitsphysiologie in Dortmund (http://www.ifado.de) von besonderem Inte-
resse für den Bereich Dienstleistungen.
In den 16 Helmholtz - Zentren arbeiten 30.000 MitarbeiterInnen an den unterschiedlichsten
Themen. Interessant für Arbeits- und Dienstleistungsforschung sind das Helmholtz Zentrum
München in Neuherberg und das Karlsruher Institut für Technologie (KIT). Das (KIT) wurde
2009 als Zusammenschluss des (Helmholtz)Forschungszentrums Karlsruhe und der Universi-
tät Karlsruhe gegründet. Im KIT vereinen sich die Missionen der beiden Vorläufer-
Institutionen: einer Universität in Landeshoheit mit Aufgaben in Lehre und Forschung und
einer Großforschungseinrichtung der Helmholtz-Gemeinschaft mit programmorientierter Vor-
sorgeforschung im Auftrag des Staates. Mit rund 8000 Mitarbeitern und einem Jahresbudget
von etwa 700 Mio. Euro entsteht in Karlsruhe eine der weltweit größten Forschungs- und
Lehreinrichtungen. Zum KIT gehören klassische Universitätsinstitute wie das ifab - Institut
für Arbeitswissenschaft und Betriebsorganisation aber auch das Karlsruhe Service Research
Institute (KSRI). Dort werden Konzepte, Methoden und Technologien für Innovatoren und
Entscheider entwickelt, um in einer zunehmend "Services-Led Economy" ökonomischen
Mehrwert zu erzeugen und zu nutzen. Das Institut wurde mit Unterstützung von IBM gegrün-
113
det. In einem „industry-on-campus“ Konzept arbeiten vier Forscher der IBM eng mit Wissen-
schaftlern des KIT zusammen. Ein Projekt im Bereich des Öffentlichen Dienstes ist COCK-
PIT. Dort arbeiten KIT-Wissenschaftler derzeit mit zwölf Partnern an der Nutzung des Inter-
nets, um die Kollaboration und Mitwirkung von Bürgern voranzubringen. Die EU fördert das
Projekt COCKPIT im 7. Rahmenprogramm mit insgesamt 2,5 Millionen Euro. Am KIT-Institut
wird das Konzept der Service Science sehr stark vorangetrieben.
Akademische Forschung und industrielle Forschung33
Die Akteure der Arbeits- und Dienstleistungsforschung an deutschen Universitäten sind nicht
zu überschauen, das Beispiel des Zusammengehens von Helmholtz-Institut, Universität und
IBM in Karlsruhe zeigt es. Gab es 1995 nur einen Lehrstuhl für Dienstleistungsmanagement
(Katholische Universität Eichstätt, Prof. Dr. Stauss), so kommt man inzwischen auf mindes-
tens 15 Lehrstühle in der gesamten Republik. Daneben gibt es noch viele Institute, die sich
Dienstleistungsforschung auf die Fahnen geschrieben haben, Z.B. in Rostock oder in Aachen.
Ebenso haben sich betriebswirtschaftliche Schwerpunkte ergeben z.B. in München, Erlangen
und Leipzig. Daneben existieren natürlich noch die klassischen Institute wie in Münster und
Kaiserslautern.
Industrielle Forschung in der Dienstleistungswirtschaft ist bei weitem nicht so ausgeprägt wie
in der Industrie. In manchen Firmen existieren Innovationsabteilungen (z.B. FraPort, Deut-
sche Post DHL), aber die Durchdringung ist nicht im Geringsten mit dem Verarbeitenden
Gewerbe oder der Pharmawirtschaft vergleichbar. Legler und Krawczik (2009) sehen zwar,
dass die Wirtschaft mehr Wert auf industrielle Forschung für hochwertige Dienstleistungen
legt, aber die deutsche Industrieforschung ist dort nicht weit vorne zu finden. So steigt bei
wissensintensiven Dienstleistungen der Anteil der Forschung und Entwicklung bei innovie-
renden Unternehmen. Lag er 1998 bei 22%, so lag er 2007 schon bei Knapp der Hälfte. Von
Bedeutung ist, dass die mittelfristige Wachstumsunsicherheit der Binnennachfrage sich nega-
tiv auf Forschung und Entwicklung in KMU und Dienstleistungsunternehmen auswirkt, da
diese häufig nicht auf den internationalen Markt ausweichen können. Solche Unternehmen
sind auf Innovationsimpulse eines dynamischen Binnenmarktes angewiesen.
Versucht man die FuE-Aufwendungen von Unternehmen zu vergleichen, so sind 2005 in den
OECD-Ländern 76% der FuE-Aufwendungen in der Verarbeitenden Industrie entstanden und
22% im Dienstleistungssektor. Deutschland weicht vom Durchschnitt stark ab, hier sind gut
82% der FuE-Aufwendungen in der Industrie und 10% in der Dienstleistung. Es ist damit ver-
gleichbar Korea, Japan und Frankreich. Die Unterschiede beruhen insbesondere darauf, dass
Deutschland im Automobilbau, im Maschinenbau und in der Chemischen Industrie stark
forscht, während der stark von Elektronik geprägte Sektor und der Dienstleistungssektor (ins-
besondere die unternehmensnahen und die DV-Dienstleistungen in der FuE in Deutschland
wenig präsent sind (S. 76). Von Interesse ist, dass Legler und Krwazik (2009, S. 26) For-
schung und Entwicklung im Dienstleistungssektor als überdurchschnittlich wissenschaftlerin-
tensiv bezeichnen, aber nicht für Naturwissenschaftler und Ingenieure. Dabei spielen nationa-
le Besonderheiten eine große rolle: Je differenzierter die FuE-Arbeitsteilung zwischen Dienst-
leistungen und Industrie ist, des stärker findet Forschung und Entwicklung im Dienstleis-
tungssektor (S. 74).
Forschungsstiftungen als dienstleistungspolitischer Akteure
Es gibt in Deutschland eine Reihe von Wissenschaftsstiftungen, die sich mit Fragen des ge-
sellschaftlichen und sozialen Wandels auseinandersetzen. Dazu gehören z.B. die Deutsche
33 Vgl. hierzu auch die Ausführungen zur Bildungs- und Wissenschaftspolitik
114
Forschungsgemeinschaft, die Hans-Böckler-Stiftung und zum Teil auch die Arbeitsgemein-
schaft Industrieller Forschungseinrichtungen, die zumindest die betrieblichen Aspekte der
Tertiarisierung untersuchen müsste. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) ist die
zentrale Selbstverwaltungseinrichtung der Wissenschaft zur Förderung der Forschung an
Hochschulen und öffentlich finanzierten Forschungsinstituten in Deutschland. Die Suche nach
relevanten Dienstleistungsprojekten führte lediglich zu sehr unterschiedlichen Einzelprojekten
aus dem Dienstleistungsbereich. Die Themen der Forschungsprojekte reichen von der hybri-
den Wertschöpfung und den Finanzdienstleistungen bis hin zur Betrachtung der Interaktion
zwischen Dienstleister und Kunde Entsprechend dem Auftrag der DFG sind die Projekte sehr
wissenschaftszentriert. Eine explizite Förderstrategie hinsichtlich der Dienst-
leistungsforschung ist innerhalb der DFG nicht zu identifizieren. Die Arbeitsgemeinschaft
industrieller Forschungsvereinigungen „Otto von Guericke“ e.V. (AiF) fördert in erster Linie
Forschung und Entwicklung zugunsten kleiner und mittlerer (Produktions)Unternehmen. Ins-
gesamt stellte Dienstleistungsforschung eher ein Randthema der AIF dar. Eine explizite För-
derstrategie zu diesem Thema ist gegenwärtig nicht erkennbar und ist wahrscheinlich in der
Zukunft auch nicht beabsichtigt.
Der Ansatz zu Dienstleistungspolitik und –forschung bei der Hans-Böckler-Stiftung
Die Hans-Böckler-Stiftung ist das Mitbestimmungs-, Forschungs- und Studienförderungs-
werk des Deutschen Gewerkschaftsbundes DGB. Die Hans-Böckler-Stiftung hat in den letz-
ten Jahren einen deutlichen Schwerpunkt in der Dienstleistungsforschung gesetzt. Neben den
einzelnen Vorhaben, die in entsprechenden Arbeitspapieren (z.B. Birken und Dunkel, 2013;
Leimeister und Zogaj, 2013) veröffentlicht wurden, machte dies besonders die „Dienstleis-
tungstagung 2013: Dienstleistungsforschung und Dienstleistungspolitik“ deutlich. Der Vorsit-
zende der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft Bsirske (2013) betonte auf der Tagung noch
einmal deutlich die Bedeutung der Dienstleistungen. So gehörten ein Drittel der Dax-30 Un-
ternehmen zum Dienstleistungssektor und 15 der weltwiet größten 30 Unternehmen sind
Dienstleistungsunternehmen. Er bemängelt dann die Unausgewogenheit der deutschen For-
schungsförderung, die viel zu stark auf Hochtechnologieförderung ausgerichtet sei. Es „klafft
hier unübersehbar eine Forschungslücke“ (S.15). Als Ziel einer Dienstelsitungspolitik seien
Gute Dienstleistungen mit Guter Arbeit zu verbinden. Die Tagung selbst zeigte das gesamte
Spektrum der Dienstleistungsforschung auf (http://www.boeckler.de/28733_41975.htm): Pro-
fessionalisierung; Technik und Arbeit; Interaktionsarbeit; Wertschöpfung und Wertschätzung;
Digitalisierung und Internationalisierung; Innovation und Mitbestimmung; Gesellschaftlich
notwendige Dienstleistungen; Gesellschatliche Arbeitsteilung und Lebenslaufperspektive;
Produktivität und Dienstleistungsqualität; Gestaltung von Wertschöpfungsketten und die
Dienstleistungspolitik im Europäischen Kontext. Mit dieser Tagung ist es der Hans-Böckler-
Stiftung gelungen, der deutschen Dienstleistungsforschugn wieder einen Impuls zu geben,
nachdem das BMBF völlig unverständlich die erfolgreichen Dienstleistungstagungen einge-
stellt hatte und sich mit eng fokussierten Tagungen zufrieden geben will. Die Hans-Böckler-
Stiftung plant, die Tagung alle zwei Jahre durchzuführen, auch um den vom BMBF einge-
stellten Dialog zwischen Dienstleistungsforschung und –praxis zu stärken.
Andere Elemente einer deutschen Dienstleistungspolitik
115
Die Abbildung zeigt – ohne die Forschungspolitik - ausgewählte Politikfelder, die für Innova-
tionen in der Dienstleistungswirtschaft wichtig sind. Dazu gehören besonders die Wirtschafts-
politik von der Länderebene bis zur globalen Ebene, die Bildungspolitik, die Finanzpolitik
und die allgemeine Ge-
setzgebung. Als Beispiel
sei hier die Subventionie-
rung von Dienstleistungs-
innovationen genannt.
Seit 2006 hat die Europäi-
sche Kommission in ihrer
Beihilferichtlinie die För-
derung von innovativen
Dienstleistungsprodukten
und –prozessen erlaubt.
Dies ermöglicht, dass die
mit Forschung und Ent-
wicklung erarbeiteten
Methoden und Verfahren
– als Grundlage für inno-
vative Produkte und Pro-
zesse – viel schneller breit
genutzt werden können. Ebenso zwingt die Dienstleistungsrichtlinie zu internationalen Stan-
dardisierungsprozessen in der Dienstleistungswirtschaft, die wenn sie durch nationale For-
schung richtig unterstützt, der deutschen Wirtschaft Innovationsvorsprünge verschaffen kön-
nen.
Ressortübergreifende Aktivitäten
"Partner Für Innovation" und "HighTech Strategie" waren bzw. sind die großen ressortüber-
greifenden Innovationsstrategien der Bundesregierung. "Partner für Innovation" war eine um-
fassende Innovationsinitiative in der Bundesrepublik, die für ein innovationsfreudigeres Kli-
ma in Deutschland sorgen sollte. Zwischen Anfang 2004 und Ende 2006 arbeiteten mehr als
400 Experten in 15 Fach- und Arbeitskreisen in der Initiative mit. Einer war der Impulskreis
Dienstleistungen, der unter dem Motto „Services Made in Germany“ stand. Der Impulskreis
wollte mit neuen Ansätzen dabei helfen, Deutschland bei den Dienstleistungen genauso an die
Weltspitze zu bringen, wie dies für industriell gefertigte Produkte traditionell der Fall ist. 26
Experten aus Dienstleistungswirtschaft, Industrie und Handwerk sowie aus Politik, Hochschu-
le und Gewerkschaft erarbeiten seit März 2004 Maßnahmen zur Steigerung der Innovations-
kraft im Dienstleistungssektor. Unter der Leitung von Johann Weihen, Vorsitzender der Ge-
schäftsführung der IBM Deutschland GmbH, und Prof. Roland Berger, Aufsichtsratsvorsit-
zender der Roland Berger Strategy Consultants, wurden 15 Pionieraktivitäten aufgesetzt, die
unterschiedlichste Fragestellungen beleuchten: Wie führen neue Technologien zu Dienstleis-
tungsinnovationen? Welche neuen Bedürfnisse von Privatpersonen und Unternehmen gilt es
in Zukunft zu befriedigen? Oder wie kann man den Themen Dienstleistung und Dienstleis-
tungsinnovation den Stellenwert im öffentlichen Diskurs geben, der der wirtschaftlichen Be-
deutung für Deutschland entspricht. Ein wichtiges Thema war "Produzentenstolz für Dienst-
leister".Dienstleistungen erfahren in Deutschland oftmals nur eine geringe Wertschätzung.
Vor allem Tätigkeiten in der Pflege, im Haushalt oder im Handel sind häufig weder beson-
ders gut angesehen noch gut bezahlt. Und auch höchstqualifizierter Service ist für Kunden oft
nur die „Zugabe“ zu einem gekauften Produkt. In der mangelnden gesellschaftlichen Aner-
kennung und im fehlenden Stolz auf die eigene Arbeit sieht der Impulskreis "Dienstleistun-
gen" ein Haupthindernis für Dienstleistungsinnovationen und -professionalisierung in
Abbildung 14: Politikfelder einer Dienstleistungspolitik
116
Deutschland: Denn nur wer sich mit seiner Arbeit identifiziert, unternimmt auch Anstrengun-
gen, eigene innovative Vorschläge zu entwickeln. In Zusammenarbeit mit dem Arbeitskreis
„Dienstleistungen“ der Friedrich-Ebert-Stiftung hat Ver.di mit anderen Partnern des Impuls-
kreises ein Projekt ins Leben gerufen, in dem Experten die Ursachen und Auswirkungen des
geringen „Produzentenstolzes“ von Dienstleistern beleuchten wollen. Basierend auf diesen
Anregungen wurde im Rahmen der Dienstleistungsforschung der Schwerpunkt "Professiona-
lisierung von Dienstleistungsarbeit" gegründet (Gabriel et al. 2005).
Nach Beendigung der "Partner für Innovation" wurden die Dienstleistungen eines der 17 In-
novationsfelder der Hightech-Strategie der Bundesregierung. 2006 sind führende Vertreter
von Wirtschaft und Wissenschaft zur konstituierenden Sitzung der „Forschungsunion Wirt-
schaft – Wissenschaft“ eingeladen worden. Als hochrangiges Beratergremium hat die For-
schungsunion die Aufgabe, die von der Bundesregierung entwickelte nationale Hightech-
Strategie zu begleiten. Sie identifiziert Innovationshemmnisse, benennt Forschungsaufgaben
und gibt konkrete Handlungsempfehlungen an die Politik. Jedes Mitglied der Forschungsuni-
on ist dabei als „Promotor“ für eines oder mehrere der insgesamt 17 Innovationsfelder und die
fünf Querschnittsfelder der Hightech-Strategie verantwortlich. Für ihren jeweiligen Bereich
erarbeiten die Promotoren entsprechende Empfehlungen an die Bundesregierung. Für die
Dienstleistungen ist Willi Berchtold, Mitglied des Vorstands ZF Friedrichshafen AG, Spre-
cher der entsprechenden Task Force. Die Task Force hat das Ziel eine strategische Partner-
schaft "Unternehmensbezogene Dienstleistungen" zu etablieren. Damit ist ein weiterer Schritt
geleistet, um die forschungspolitische Verschränkung der Dienstleistungen mit der Technolo-
gieforschung voranzutreiben. In ihrem Abschlussbericht "Woher das Wachstum kommt –
Innovationspolitische Impulse für ein starkes Deutschland in der Welt" (Forschungsunion,
2009) schreibt die Forschungsunion: "In Kombination mit innovativen Produktionstechnolo-
gien und dem Wissen um den Aufbau innovativer Dienstleistungskonzepte lässt sich eine Po-
sitionierung Deutschlands als führender systemischer Innovator in den im Folgenden be-
schriebenen zentralen Technologiefeldern erreichen." (S.6). Die Definition der Zukunftsauf-
gaben Gesundheit, Energie, Sicherheit, Mobilität und Kommunikation als "Technologiefel-
der" (!) zeigt aber auch die Schwierigkeiten auf, Dienstleistungen als eigenständiges Innovati-
onsfeld zu denken.
Ressortübergreifend muss auch die steuerliche Förderung von Forschung und Entwicklung
gesehen werden, die seit mehreren Jahren von der deutschen Wirtschaft vehement gefordert
wird. Diese Förderung hat auch eine Arbeitsgruppe „Steuerliche FuE-Förderung der Forschungs-
union Wirtschaft–Wissenschaft“ unterstützt. Der Arbeitsgruppe gehören Steuerexperten sowie Wis-
senschaftler des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung, der Max-Planck-Gesellschaft und
des Instituts der deutschen Wirtschaft an. Als Reaktion haben Union und FDP die steuerliche För-
derung von Forschung und Entwicklung vereinbart, Zeitpunkt und Ausgestaltungen aber of-
fengelassen. Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte bei der Entgegennahme eines Forschungs-
gutachtens Ende Februar erklärt, sie erachte die steuerliche Forschungsförderung als einen
sehr wichtigen Punkt. Der Bundesverband der deutschen Industrie (BDI) geht in einem ersten
Schritt für ein Mindestvolumen von 1,5 bis 2,5 Mrd. Euro aus. Dabei soll die Definition von
Forschung und Entwicklung auf den entsprechenden Darlegungen des Frascati-Handbuches
definiert werden. Folgende Bereiche sollen steuerlich entlastet werden:
Gewinnung von neuen wissenschaftlichen oder technischen Erkenntnissen und Erfah-
rungen allgemeiner Art (Grundlagenforschung),
Neuentwicklung von Erzeugnissen oder Herstellungsverfahren,
Weiterentwicklung von Erzeugnissen oder Herstellungsverfahren, soweit wesentliche
Änderungen dieser Erzeugnisse oder Verfahren entwickelt werden.
117
Unabhängig von der Grundsatzfrage, ob eine solche Steuererleichterung zu mehr Steuerge-
rechtigkeit oder –vereinfachung führt, muss doch klar sein, dass Dienstleistungsforschung von
einer solchen Ausrichtung, die übrigens hinter die EU-Beihilferichtlinie zurückfällt, stark be-
nachteiligt wird. Die EU-Beihilferichtlinie sieht ausdrücklich die Möglichkeit der Förderung
von Dienstleistungsinnovationen, seien es Prozess- oder Produktinnovationen vor. Ob hier
eine für die Dienstleistungsforschung positive Regelung möglich ist, wird zu klären sein.
Arbeitspolitik für Dienstleistungsinnovation
Bosch und Weinkopf (2011) haben aufgezeigt, dass atypische und gering bezahlte Beschäfti-
gungsverhältnisse im Dienstleistungssektor eine erheblich größere Rolle als im sekundären
Sektor spielen. Gegen solche Entwicklungen können forschungspolitische Maßnahmen nur
begrenzt helfen. Sie können den Fakt aufzeigen, sie können aufzeigen, welche Innovations-
hemmnisse durch einen Niedriglohnsektor im internationalen Wettbewerb entstehen können.
Aber nur arbeitspolitische Maßnahmen sind im Stande, die entsprechenden Randbedingungen
zu schaffen und einen entsprechenden Veränderungsdruck zu erzeugen. Sie schlagen deshalb
ein Bündel von Maßnahmen vor. Es reicht von der Finanzierung von personenbezogenen
Dienstleistungen, um dadurch die „Kostenkrankheit“ dieser Dienste zu neutralisieren. Durch
solche Instrumente kann ihrer Ansicht nach Verteilungsgerechtigkeit sichergestellt werden.
Zweitens fordern sie die Verankerung von Mindeststandards im Beschäftigungssystem. Dazu
gehört der gesetzliche Mindestlohn. Der dritte Ansatzpunkt zielt auf eine bessere Regulierung
atypischer Beschäftigungsverhältnisse. Weiteren Handlungsbedarf sehen sie bei der „Ausge-
staltung und Absicherung von Teilzeitarbeit und hinsichtlich der Verankerung eines neuen
Leitbildes für die Erwerbstätigkeit von Männern und Frauen im Lebensverlauf“. Mit diesen
Vorschlägen wird deutlich, dass zur Entwicklung eines „normalen“ Dienstleistungssektors
arbeitspolitische Maßnahmen dringend gefordert sind. Dabei bleibt aber noch die „Baumol-
sche Kostenkrankheit“ zu hinterfragen. Baumols Ansätze sind inzwischen über 50 Jahre alt.
Moderne Technologien ermöglichen heute ganz andere Dienstleistungen und eine ganz andere
Ausgestaltung bestehender Dienstleistungen als damals. Vielleicht sind durch solche Techno-
logien und durch neue „Preismodelle“ auch neue sinnvolle Ansätze möglich.
Zur Arbeitspolitik gehören die Regelsetzungen zu Arbeitsschutz und Arbeitssicherheit (vgl.
Boehle, 2011). Ganz besonders bei der Interaktionsarbeit ergeben sich hier große Herausfor-
derungen, da zum einen neue Belastungen, insbesondere psychische und emotionale zu den
physischen hinzutreten und zum anderen der „Customer“ also der „ko-Produzent“ zur Bezie-
hung „Arbeitgeber-Arbeitnehmer“ hinzutritt und sich nicht unbedingt als zugehörig zu dem
Regelsystem betrachtet, insbesondere wenn es um nicht-sicherheitsrelevante Aspekte geht.
Arbeitsschutz und Normung verlangt bei der Interaktionsarbeit möglicherweise auch neue
institutionelle Regelungen, die die vorhandenen – zwischen Staat, Arbeitgebern und Gewerk-
schaften ausgehandelten – Regelungen weiterentwickeln. Angesichts der Heterogenität eine
schwierige Aufgabe.
Wirtschaftspolitik für Dienstleistungsinnovationen
Eine eigenständige Wirtschaftspolitik für Dienstleistungsinnovationen ist z.Zt, nur in einem
rudimentären Stadium vorhanden (vgl. Manneck, 2010). Hierbei liegt die Betonung auf
Dienstleistungsinnovationen. Strukturpolitische Maßnahmen sind durchaus bekannt. Die Ver-
änderung des Mehrwertsteuersatzes im Bereich der Hotels gehört zu solchen Strukturpoliti-
schen Interventionen. Eine an Dienstleistungsinnovationen orientierte Wirtschaftspolitik muss
unterschiedliche Ansätze verfolgen: Zum einen horizontale Ansätze und zum anderen sektor-
spezifische Ansätze. Manneck (2010) liefert für den horizontalen Ansatz vier Beispiele:
118
Die Innovationsförderung
Die Gründungsförderung
Die Stärkung der Internationalisierung und
Normen und Standards
Die Innovationsförderung als nationale horizontale Innovationspolitik knüpft sehr stark an die
Technologieförderung an und wird damit für Dienstleistungsinnovationen uninteressant. Für
eine Innovationsförderung, die an Dienstleistungsinnovationen interessiert ist, könnten die
Maßnahmen des BMBF-Programms „Unternehmen Region “ interessant sein. Dieses Pro-
gramm ist für die Förderung ostdeutscher Unternehmen ausgerichtet, könnte aber auch auf
Dienstleistungsinnovationen übertragen werden. Es fördert Maßnahmen vom Beginn des In-
novationsprozesses bis in die Nähe der Umsetzung. Die Instrumente reichen von den Innova-
tionsforen über Innovationslabore bis hin zu den Innovationen Wachstumskernen.
Als 2. Instrument sieht Manneck die Förderung innovativer Gründungen, ganz besonders des-
halb, weil im Dienstleistungssektor 80% der Neugründungen (2009) stattfinden. Dabei fallen
nach den Berechnungen des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) jährlich
etwa 7 Prozent aller Gründungen auf wissensintensive Dienstleistungen . So wurde das
EXIST-Gründer -Stipendium bewusst für innovative Dienstleister geöffnet (häufig IT -
Gründungen). Das gesamte Förderspektrum des Zentralen Innovationsprogramms Mittelstand
(ZIM) richtet sich auch an junge innovative Unternehmen.
Entsprechend seiner Auffassung vom Export als Erfolgsmerkmal setzt das Wirtschafts-
ministerium auch bei den Dienstleistungen, insbesondere bei den wissensintensiven Dienst-
leistungen auf eine Steigerung des Export. Eine Maßnahme dazu ist das Programm Unter-
nehmerreisen zur Kooperationsanbahnung.
Die Unterstützung von Normung und Standardisierung ist ein weiteres Ziel der Wirtschaftspo-
litik, da mit Normen und Standard die Umsetzung und Verbreitung von Dienstleistungsinno-
vationen unterstützt werden können. Zu solchen Maßnahmen gehören z.B. der neu gegründete
DIN-Normenausschuss Dienstleistungen und die Koordinierungsstelle Dienstleistungen beim
DIN. Die Probleme von Normung und Standardisierung sind hier natürlich besonders groß.
Die sektorspezifischen Ansätze des BMWi enstprechen den politischen Schwerpunkt-
setzungen. Interessant ist, dass dabei z.T. keine Sektoren der Volkswirtschaftlichen Gesamt-
rechnung gemeint sind, sondern Innovationscluster. Manneck nennt als Beispiele die Kreativ-
und Gesundheitswirtschaft, das Handwerk, den Tourismus und haushaltsnahe Dienst-
leistungen.
Wissenschafts- und Bildungspolitik als Bestandteil der Dienstleistungs-politik
Wie oben gezeigt wurde, wird derzeit in Wissenschaft und Forschung weltweit sowie auch
national eine vertiefte und fundierte Auseinandersetzung mit Dienstleistungen im Sinne einer
eigenständigen Wissenschaftsdisziplin geführt34. Viele Institutionen sind der Ansicht, dass nur
durch die Entwicklung einer eigenständigen Wissenschaftsdisziplin die erforderlichen Er-
kenntnisforstschritte und grundlegenden Konzepte für eine zukünftige Dienst-
leistungswirtschaft geschaffen werden können, Die Debatte wird unter dem Begriff der „Ser-
vice Science“ geführt und ist wie gezeigt wurde, zunächst keine akademisch-getriebene De-
34 Ich danke den Kollegen des FIR e.V. Prof. Dr. Volker Stich und Dr. Gerhard Gudergan für ihre Unterstützung
in diesem Teil.
119
batte gewesen. Insbesondere international agierende Unternehmen wie IBM haben aus der
Situation heraus, dass sie keine ihrer neuen Positionierung als Dienstleister entsprechenden
Arbeitskräfte finden, aus den USA heraus die Diskussion um die Schaffung einer Service Sci-
ence vorangetrieben – schlicht um den existierenden Mangel an geeigneten Arbeitskräften
eine geeignete Strategie entgegenzusetzen. Dieser Handlungsbedarf zeigt sich ebenso auch für
die deutsche Dienstleistungswirtschaft. So vermisst der KVD (Kundendienstverband Deutsch-
land) eine höherwertige Qualifikation für Führungskräfte und sieht darin ein gravierendes
Problem, welches die Dienstleistungsbranche an ihrer Weiterentwicklung behindert. Ähnli-
ches gilt im Bereich der Personenbezogenen Dienstleistungen. Angesichts des demografi-
schen Wandels (der nicht nur ein Altersproblem ist) müssen neue Wissensquellen genutzt
werden und zu einer konkreten Verbesserung der Situation und Ausgangsposition im Bereich
des Ausbildungs-, Qualifizierungs- und Weiterbildungsbedarfs führen.
Die Wissenschaftspolitik hat die Anforderungen der Dienstleistungswirtschaft zum Teil rea-
giert. So gibt es zunehmend Lehrstühle, die sich explizit mit dem Themenfeld „Dienstleistun-
gen beschäftigen. Hatten vor wenigen Jahren nur eine Handvoll deutscher Universitäten einen
auf das Forschungsfeld des Dienstleistungsmanagements spezialisierten Lehrstuhl (wie die
Katholische Universität Eichstätt-Ingolstadt, die Universität Bayreuth, die Fern-Universität
Hagen, die Universität Leipzig und die Universität Duisburg- Essen), so hat sich bis heute die
Anzahl mehr als verdreifacht. So finden bzw. etablieren sich spezialisierte Lehrstühle z.B. an
der European Business School EBS, der Frankfurt School of Finance and Management, der
Goethe- Universität Frankfurt am Main, der Universität Dortmund, der Universität Hohen-
heim, der Universität Mannheim, der Universität Passau, der Universität Rostock und der
Universität Wuppertal. Zudem widmen sich gerade auch an Fachhochschulen und Berufsaka-
demien Fachvertreter vermehrt dem Themenfeld des Dienstleistungsmanagements. Neben den
oben genannten betriebswirtschaftlich orientierten Lehrstühlen finden sich auch in angrenzen-
den Fachdisziplinen zunehmend Einrichtungen, die Dienstleistungen als eigenständiges Wis-
senschafts- und Forschungsfeld begreifen. So wurde z.B. im Januar 2008 als eine Kooperation
zwischen IBM und der Universität Karlsruhe das „Karlsruhe Service Research Institute“
(KSRI) gegründet, das es als seine Aufgabe versteht, eine interdisziplinär orientierte Dienst-
leistungsforschung voranzutreiben. Ein weiteres Beispiel stellt das E-Finance Lab an der Goe-
the-Universität dar, das seit 2003 – als öffentlich- privates Joint Venture – wissensintensive
und IT-basierte Dienstleistungen im Finanzdienstleistungssektor in interdisziplinären Koope-
rationen erforscht. Vonseiten der anwendungsorientierten Forschung werden dienstleistungs-
spezifische Themen weiterhin stark vom Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Orga-
nisation (IAO) in Stuttgart (ein speziell auf die Dienstleistungswirtschaft orientiertes Fraun-
hofer Institut gibt es nicht) und dem Center for Leading Innovation & Cooperation (CLIC) an
der Handelshochschule Leipzig sowie vom Forschungsinstitut für Rationalisierung (FIR) an
der RWTH Aachen fokussiert.
Auch in der Lehre gewinnt das betriebswirtschaftlich orientierte Dienstleistungsmanagement
an Umfang: So gewinnen Lehrmodule im Rahmen von Masterprogrammen zunehmend an
Bedeutung, wie z.B. an der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt, der Universität Ho-
henheim, dem Karlsruhe Institute of Technology (KIT) und der Universität Rostock. Auch im
Bereich der Postgraduierten-Studiengänge hat sich das Angebot in Deutschland im Bereich
Dienstleistungsmanagement weiterentwickelt. So bietet z.B. die private Hochschule Internati-
onal Business School of Service Management (ISS) MBA- und Bachelor-Studiengänge mit
der Spezialisierung „Service Management“ an, ebenso die Hector School des KIT einen neuen
Studiengang „Service Management and Engineering“. Daneben werden spezifische Zertifi-
katslehrgänge zu Themen wie „Industrielles Dienstleistungsmanagement“ vom Forschungs-
institut für Rationalisierung (FIR) und „Service Excellence“ an der European Business School
120
EBS angeboten. Spezifische Fachrichtungen und Vertiefungsfächer – etwa Unternehmensbe-
ratung, IT-Consulting und IT-Service-Management – finden sich zudem an diversen deut-
schen Fachhochschulen und Berufsakademien.
Lehrstühle zur Service Science gibt es aber noch nicht, ebenso keine geschlossene Ausbildung
für Service Science. Dies obwohl im internationalen Umfeld die Gründung von speziellen
„Service Science“ Instituten zu beobachten (z.B. des Centre for Service Research an der Uni-
versität Manchester oder des Swiss Institute of Service Science) ist. Noch handelt es sich zu-
meist um den zunächst virtuellen Zusammenschluss unterschiedlicher Lehrstühle. An der
University of Exeter wird auch schon ein Masterstudiengang "Service Science" angeboten.
An der University of Manchester werden seit mehreren Jahren die Grundlagen für die Ausbil-
dung zum "Service Scientist" in unterschiedlichsten akademischen Graden untersucht
(Macauley et al., 2010).
Zielen die Ansätze der Wissenschaftspolitik eher auf die akademische Bildung, so muss die
Berufsbildungspolitik sich den Anforderungen der Dienstleistungsinnovationen an die Be-
rufsbildung stellen. Baethge (2011) verweist darauf, dass die Prognosen davon ausgehen, dass
die Erwerbstätigen im Berufshauptfeld „Produktionsbezogene Berufe“ weiter abnehmen (von
21,2% im Jahr 2005 auf 17,9% im Jahr 2025), im Berufshauptfeld „Primäre Dienstleistungen
“ bei ca. 47% konstant bleiben, während sie im Berufshauptfeld „Sekundäre Dienstleistungs-
berufe“ von 30,9% im Jahr 2005 auf 34,5% im Jahr 2025 steigen. Für die Konstanz im Be-
rufshauptfeld der „Primären Berufe“ sorgen insbesondere die Gastronomie- und Reinigungs-
berufe, die den Abfall der anderen ausgleichen, während für den Anstieg in den „Sekundären
Berufen“ insbesondere die „Gesundheits- und Sozialberufe, Körperpflege“ verantwortlich
sind. In einer Gesamtbetrachtung sind fasst 60% aller Dienstleistungsbeschäftigten in dem
Qualifikationsniveau „Berufsausbildung inkl. Fortbildung“ beschäftigt, knapp 27% haben
einen akademischen Abschluss. In diesen beiden Segmenten wird nach Baethge auch die
Hauptexpansion des Dienstleistungssektors liegen. Eine erste Reaktion der Berufsbildungspo-
litik auf die Herausforderung der Dienstleistungen war, eine ganze Anzahl neuer Dienstleis-
tungsberufe in Kraft zu setzen (s. Rüttgers, 1999). Dies erwies sich aber als nicht ausreichend.
Baethge (2011) fordert neben einer durchgängigen Anforderung der kognitiven Vorausset-
zungen auch eine stärkere Berücksichtigung der „sozialen und reflexiven Kompetenzanforde-
rungen“ (Baethge, 2011, S. 454). Er sieht diese allgemeinen und berufsübergreifenden Kom-
petenzen aber nicht losgelöst von den beruflichen Kontexten, sondern ist der Ansicht, dass
Qualifikation als extern gesetzte Arbeitsanforderung und Kompetenz als individuelle Perfor-
manzkategorie in der Dienstleistungsarbeit immer näher zusammenrücken.
Aktivitäten der Bundesländer
Neben der Bildungs- und Wissenschaftspolitik ist Dienstleistungsinnovationspolitik im All-
gemeinen auch Sache der Bundesländer. Zwei Bundesländer zeichneten sich durch besondere
Aktivitäten auf dem Gebiet der Wirtschaftspolitik aus: Baden-Württemberg und Nordrhein-
Westfalen.
Für Baden-Württemberg als typischem Standort des Verarbeitenden Gewerbes ist dies unge-
wöhnlich. Unter dem Titel "Dienstleistungsoffensive"
(http://www.dienstleistungsoffensive.de) führt das baden-württembergische Wirtschafts-
ministerium seit vielen Jahren Maßnahmen durch, die Innovationen im Dienstleistungssektor
fördern. Dies geht von der immateriellen Unterstützung (z.B. Aktivierung der Kontakte zu
den Außenhandelskammern oder Aktivierung des Informationsflusses zwischen Wirtschaft
und Wissenschaft), über Projekte (insbesondere Transferprojekte) und Veranstaltungen bis
hin zu regelmäßigen Wettbewerben (Ministerium für Finanzen und Wirtschaft, 2012). Dabei
121
arbeitet die Bundesinitiative eng mit der Landesinitiative zusammen. 2013 stellte die Badne-
Württemberg-Stiftung die Ergebnisse der Praxiserprobung der Transferinstrumente vor (Ba-
den-Württemberg Stiftung gGmbH, 2013). In drei Einzelprojekten und einem Verbundvorha-
ben sollten baden-württembergische Forschungseinrichtungen zusammen mit kleinen und
mittleren Transfereinrichtungen sollten Ergebnisse aus der bundesweiten Dienstleistungsfor-
schung übertragen und anwendbar gemacht werden. Das Ergebnis ist ein Methodenleitfaden
für die wirtschaftsnahen Transferorganisationen wie Handwerkskammern, IHKn und Weiter-
bildugnsorganisationen der Wirtschaft. Allein während der Projektlaufzeit wurden 480 Unter-
nehmen erreicht.
Die Ansatzpunkte der Dienstleistungsoffensive Nordrhein-Westfalen lagen einerseits darin,
dass Rationalisierungs- und Erneuerungsprozesse in modernen Industrie und Handwerksun-
ternehmen zu einer Professionalisierung bislang intern erbrachter Leistungen führen. Ande-
rerseits ging man aufgrund des soziodemografischen Wandels der Gesellschaft von einem
deutlichen Anstieg des Bedarfs an personenbezogenen Diensten aus. Das Programm FIT
(Forschung, Innovation und Technologie; http://www.nrwbank.de/de /foerderlotse-
produkte/~/15366/ produktdetail. htm ) fördert Vorhaben von jungen innovativen gewerbli-
chen Unternehmen und freien Berufen sowie Vorhaben zur Prozess- und Betriebsinnovation
im Dienstleistungssektor. Im Mai 2007 startete das Ministerium für Wirtschaft, Mittelstand
und Energie des Landes Nordrhein-Westfalen den Wettbewerb „WissensWirtschaft.NRW"
(http://wissenswirtschaftnrw.prognos.com/de/wissenswirtschaft_ nrw/). Insgesamt wurden 15
Projekte gefördert. Die Spannweite reicht von der Entwicklung genereller Methoden für be-
triebliches Innovationsmanagement, bis hin zu fertigen Leistungs- und Servicepaketen für die
Industrie und die Dienstleistungsbranche. Die Initiative soll auch der Wirtschaftsförderung
vor Ort helfen, das Potenzial Wissensintensiver Dienstleistungen zu erschließen. Dabei sind
sich die Akteure klar, dass Vielen Unternehmen ( gerade KMU) das Marktpotenzial von wis-
sensintensiven Dienstleistungen kaum bewusst ist. Ansatzpunkte für die Wirtschaftsförderung
seien deshalb:
Sensibilisierung für Serviceprodukte und die strategische Dienstleistungsentwicklung
Schaffung von Transparenz über verfügbare Kapazitäten und Kompetenzen (Angebot)
Analyse des Bedarfs der Unternehmen vor Ort für wissensintensive Dienstleistungen
(Nachfrage)
Unterstützung von Matching-Prozessen zwischen Industrie und Dienstleistung (Pro-
duktebene) sowie Wissenschaft und Wirtschaft (Akteursebene)
Beratung/ Unterstützung von Unternehmen hinsichtlich Methodenkompetenzen.
Intermediärer Organisationen als Träger einer Dienstleistungspolitik
Dienstleistungsnnovationspolitik spielt sich nicht nur in den klassischen staatlichen Politikbe-
reichen ab, sondern sie bedarf der Flankierung aus der Wirtschaft und aus den intermediären
Organisationen. Seit den Aktivitäten der debis mit Klaus Mangold hat außerhalb der Regie-
rungsinitiativen die Wirtschaft selbst keine unmittelbare Position außerhalb der Forschungs-
union bezogen. Die internationalen Aktivitäten der IBM waren zunächst unabhängig davon
(s.u. Service Science ). Auf Seiten der Wirtschaftsverbände waren in der Hauptsache der
Zentralverband des Deutschen Handwerks und der Deutsche Industrie - und Handelskammer-
tag sowie die Bundesvereinigung der Mittelständischen Wirtschaft aktiv. Die Bundesvereini-
gung der Deutschen Arbeitgeberverbände ist nicht aktiv, der Bundesverband der Deutschen
Industrie beginnt das Thema zu entdecken. Eine gemeinsame Initiative der Wirtschaft ist aber
(noch) nicht zu erkennen.
122
Dienstleistungspolitik in der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft
Im Jahr 2005 hat die Dienstleistungsgewerkschaft Ver.di als erste intermediäre Organisation
Position zur Dienstleistungsinnovations- und Dienstleistungsforschungspolitik bezogen.
„Innovation als entscheidende Voraussetzung für wirtschaftliche Dynamik, als Schlüssel zu hochwertiger
und zukunftsfähiger Arbeit und Bedingung für mehr Lebensqualität für viele wird völlig zu Recht auch als
gewerkschaftliches Thema wahrgenommen…..Eine Besonderheit des Ver.di Beitrages liegt in seinem en-
gagierten Plädoyer für eine gezielte Innovationspolitik in den Dienstleistungsbereichen. Die überragende
Rolle, die Dienstleistungen für Wertschöpfung und Beschäftigung unserer Gesellschaft spielen, hat sich
im Blick auf die Innovationserfordernisse noch nicht ausreichend niedergeschlagen. Hier besteht Nach-
holbedarf - ohne systematische und deutliche Anstrengungen bei Dienstleistungsinnovationen werden wir
die längst vorhandenen Wachstums- und Beschäftigungschancen nicht verantwortungsvoll nutzen kön-
nen…….„Ob neue Produkte, Prozesse und Dienstleistungen am Markt erfolgreich sind und gesellschaftli-
che Anerkennung und Finanzierung finden, hängt entscheidend von der Gestaltung und vom Verlauf des
Arbeitsprozesses ab, in dessen Verlauf diese Innovationen entstehen.“
Erschließung neuer Beschäftigungsfelder durch Dienstleistungsförderung
„Andererseits geht es nicht immer und nicht einmal vorrangig um die Entwicklung neuer Produkte, Diens-
te oder Prozesse. Das kann und soll der Staat nicht leisten. Wichtiger ist die Eröffnung von Innovations-
pfaden und innovationsfördernden Rahmenbedingungen, die sich allerdings im öffentlichen Dienstleis-
tungsangebot niederschlagen können.“
„Aus Sicht von Ver.di muss ein besonderer Schwerpunkt auf die Dienstleistungsforschung gelegt
werden. Die Forschungspolitik muss endlich in angemessenem Umfang auf die ungeklärten Fra-
gen von Dienstleistungsinnovationen und der Zukunft der Dienstleistungsarbeit reagieren. Ver.di
fordert neben der verstärkten Integration von Dienstleistungsbezügen in die Industrie- und Produk-
tionsforschung ein profiliertes, eigenes Programm, das der Dienstleistungsthematik die angemes-
sene Relevanz in der Forschungsförderung des Bundes verschafft.“
Innovationen als soziales Geschehen waren seit Bestehen von Ver.di Bestandteil der Dienst-
leistungspolitik (vgl. dazu Schröder, 2013). Ver.di übte dabei immer Kritik an einem techni-
zistischen Verständnis von Innovationen und betonte das „Primat des Humanen“ (Schröder,
2013, S.1) Diese Sichtweise von Innovationen hatte auch Konsequenzen für innerorganisato-
risches Geschehen. So veränderte sich der „Bereich Technologiepolitik“ in der Bundesverwal-
tung zu einem Bereich „Innovations- und Technologiepolitik“ und im herbst 2007 wurde
dasaus der Bereich „Innovation und Gute Arbeit“, um die enge Verbindung von Innovation
und Guter Arbeit deutlicher zu betonen. Ver.di sieht Innovationspolitik nicht nur für Deutsch-
land, sondern fordert Innovationspolitik als Achse der europäischen Beschäftigungsstrategie.
Eine Innovationspolitik unter den Vorzeichen sozialer Gerechtigkeit als integrierter Bestand-
teil des Lissabon-Prozesses und der europäischen Beschäftigungsstrategie wird gefordert. So
legt Schröder (2009, S. 2) der EU ein Jahr „Innovation und Gute Arbeit“ nahe. Die Aktivitä-
ten von Ver.di beschränkten sich aber nicht nur auf einen forschungs- und innovationspoliti-
schen Ansatz. So forderte Ver.di zur Stützung der Binnenkonjunktur ein öffentliches Kon-
junkturprogramm und im Rahmen eines Konjunkturpaketes III soll qualitatives Wachstum
generiert werden und die Abhängigkeit vom Export verringert werden. Damit wird ein gene-
reller Ausbau der Dienstleistungsökonomie angestrebt (Uellenberg-van Dawen, 2009).
Dieser Ansatz wurde in den nächsten Jahren weiter konkretisiert. Dazu gehören
die Initiierung des Schwerpunktheftes „Dienstleistungsarbeit zwischen Niedriglohn,
Professionalisierung und Innovation“ der WSI-Mitteilungen 2011 mit einem Grund-
satzartikel des Vorsitzenden Frank Bsirske (Bsirske, 2011),
der Kooperationsvereinbarung zwischen Ver.di und dem Fraunhofer Institut für Ar-
beitswirtschaft und Organisation zur Förderung des Dialogs zwischen Wissenschaft
und Wirtschaft
123
die Veröffentlichung von Beckmann, Schulz und Uellenberg (2010) zum Thema
„Dienstleistungspolitik für Gute Arbeit“. Sie fordern darin, dass gewerkschaftliche
Dienstleistungspolitik die Zielsetzungen „Gute Arbeit“ und „Gute Dienstleistungen“
miteinander verbinden muss. Sie formulieren dabei „Dienstleistungsforschung <soll-
te> vor allem auch arbeitsorientierte Forschung sein und die Klärung der realen Be-
dingungen von Dienstleistungsarbeit sowie der Gestaltungsoptionen für ‚gute Dienst-
leistungsarbeit’ zu ihrem Gegenstand machen“ (S. 245).
ein Antrag zur Dienstleistungspolitik auf dem DGB-Kongress 2010 mit dem Schwer-
punkt auf Dienstleistungspolitik sowie
der Leitantrag des Bundesvorstandes „Gute Arbeit – Gute Dienstleistungen“ auf dem
Gewerkschaftskongress im September 2011. In diesem Antrag werden zwei Forderun-
gen aufgestellt: Zunächst Gute Arbeit in Betrieben und Verwaltungen voran zu brin-
gen, weiter zu entwickeln und zu verstärken; und dann eine Dienstleistungspolitik zu
fördern und zu fordern, die die Voraussetzungen und Rahmenbedingungen für be-
darfsgerechte und hochwertige Dienstleistungsarbeit und damit für Gute Arbeit
schafft.
Für das Jahr 2013 mit der Tagung: Gute Arbeit – Gute Dienstleistungen (s. hans-
Böckler-Stiftung)
Ver.di hat damit als erste intermediäre Organisation aus der Wirtschaft ein ganzheitliches
Konzept der Dienstleistungspolitik vorgelegt und verfolgt eine übergreifende High-Road-
Strategie zur Gestaltung der Dienstleistungswirtschaft. Inzwischen „ist das Mantra gewerk-
schaftlicher Dienstleistungspolitik: Die Interessen der Beschäftigten an Guter Arbeit müssen
mit den Interessen der Menschen an hochwertigen Dienstleistungen zusammengeführt wer-
den“ (Uellenberg-van Dawen, S. 245, 2013).
Berufsverbände in Deutschland
Es gibt inzwischen auch Berufsverbände der Dienstleistungsökonomie in Deutschland, die
nicht allein auf eine bestimmt Branche ausgerichtet sind. Zum einen den Kundendienstver-
band Deutschland (KVD), zum anderen das deutsche Chapter der Association for Service
Management International (AFSMI). Mit über 1.600 Mitgliedern ist der Kundendienst-
Verband e.V. (KVD) europaweit der größte Berufsverband für Führungskräfte im Kunden-
dienst und im Service. Der KVD bietet (zertifizierte) Seminare für Dienstleistungsmanage-
ment an, verleiht seit 2003 einen Service Managementpreis und seit 2007 einen Dienstleis-
tungspreis, und führt seit 2007 jährlich einen großen Service-Kongress durch. Forschungs-
partner des KDV ist das FIR in Aachen. In kleinerem Umfang in Deutschland, dafür interna-
tional und insbesondere bei der Service Science Initiative vertreten (s. unten) ist der AFSMI,
ein weltweiter Berufs- und Interessenverband für Führungskräfte der High-Tech-
Dienstleistungsbranche, der im Oktober 2009 zusammen mit der SSPA (Service & Support
Professionals Association) und TPSA (Technology Professional Services Association) zur
TSIA (Technology Services Industry Association) zusammengeführt wurde. Das deutsche
Chapter veranstaltet regelmäßig regionale, nationale und internationale Tagungen, führt eige-
ne Projekte und Initiativen durch (z.B.: Post und Taurel, 2012), und gibt Studien und Publika-
tionen heraus. Beide Verbände scheinen aber nicht in den politischen Raum hineinzuwirken.
Politischen Stiftungen und Dienstleistungspolitik
Die Stiftungen der politischen Parteien (Friedrich-Ebert-Stiftung, Friedrich-Naumann-
Stiftung, Heinrich-Böll-Stiftung, Konrad-Adenauer-Stiftung und Rosa-Luxemburg-Stiftung)
sind wichtige Transmissionsakteure. Bis auf die Friedrich-Ebert-Stiftung behandelt keine das
Thema der Dienstleistungsinnovation kontinuierlich. Die FNS kümmert sich um die Kommu-
124
nale Selbstverwaltung und die Kulturwirtschaft, die Heinrich-Böll-Stiftung um Mobi-
litätsdienstleistungen, die KAS um haushaltsnahe Dienstleistungen (Görner, 2006).
Der Arbeitskreis „Dienstleistungen“ der Friedrich-Ebert-Stiftung
Die Friedrich-Ebert-Stiftung hat mit ihrem
Arbeitskreis "Dienstleistung der gemein-
sam von der FES und Ver.di getragen
wird, als einzige ein Instrument, das sich
seit mehreren Jahren kontinuierlich mit
Dienstleistungsinnovationen beschäftigt
(Bertram, Hilbert, Fretschner 2004; Kutz-
ner 2005; Hilbert und Brandel, 2006;
Ganz und Burkart, 2008). Bis zur Tagung
"Dienstleistungen in Europa - Chancen
und Risiken für den deutschen Mittel-
stand" die zusammen mit dem Arbeits-
kreis Mittelstand 2006 stattfand, stand die
Dienstleistungsinnovation allgemein im
Mittelpunkt. Danach wurde die Arbeit in
drei Projekte "Gesundheits- und Soziale
Dienste innovativ gestalten", "Mehr Qualität durch Privatisierung – Innovative Konzepte für
öffentliche Dienstleistungen zu Pflege, Finanzdiensten und öffentliche Versorger" sowie
"Wandel an Hochschulen – Arbeitsplatz Hochschule" gegliedert. Damit wechselt die FES
zwischen einem Ansatz in klassischen Sparten und einem Dienstleistungsinnovationsansatz.
Einen völlig neuen Ansatz der Dienstleistungspolitik entwickelte der Arbeitskreis auf Grund
der Expertengespräche 2010/2011. Mit dem Memorandum „Dienstleistungen in der Zu-
kunftsverantwortung“ (Ganz, Hilbert, Bienzeisler, Kluska, 2011) wurde das Potential der
Dienstleistungen herausgestellt, gesellschaftliche Problemstellungen im Rahmen der Gesund-
heit, Bildung, Energieeffizienz, Mobilität und hybrider Wertschöpfung handhabbar zu ma-
chen. Dazu sind aber übergreifende Gestaltungsfelder einer (neuen) Dienstleistungspolitik
notwendig. Zu den Gestaltungsleitbildern gehören nicht nur der Ausbau einer Dienstleistungs-
forschungspolitik, die Dienstleistungsentwicklung und Arbeit zusammensieht, sondern auch
Impulse durch Nachfrageorientierung in der Wirtschafts- und Finanzpolitik sowie zukunftsfä-
hige Dienstleistungen durch regionale Strukturpolitik und einem Ausbau der internationalen
Zusammenarbeit. Das im Jahre 2011 begonnene Projekt „Gesellschaftlich notwendige Dienst-
leistungen – Soziale Innovationen denken lernen“ nimmt den neuen Ansatz auf (Einzelheiten
zu den Inhalten s. im o.a. Kapitel). Es hat sich zum Ziel gesetzt, die Entwicklung eines neuen
Leitbilds gesellschaftlich notwendiger Dienstleistungen zu befördern. Dieses Leitbild könnte
zu einem Meilenstein bei der Suche nach einem neuen Wachstumsmodell für Deutschland
werden, in dem gute Arbeit, die Sicherung des Zusammenhaltes des Gemeinwesens und Teil-
habe am gesellschaftlichen Wohlstand Kernelemente sind. Das Projekt umfasste zwei Teil-
vorhaben. Zum einen die Klärung der Herangehensweise 2012/ 2013 und dann der Versuch,
Gesellschaftlich notwendige Dienstleistungen zu gestalten und über Finanzierungsmodelle
nachzudenken im Jahr 2013. 2012 und 2013 wurden die entsprechenden Publikation vorge-
stellt (Leimeister und Peters, 2012; Hilbert, Bienzeisler und Becka, 2013). Angesichts der
Diskussionen um Wissensarbeit und BIG DATA stand die Serie 2014 unter dem Thema „Pro-
fessionalisierung Wissensintensiver Dienstleistungen – Risiken und Gestaltungsoptionen“
(Ernst et al., 2016).
Abbildung 15: Arbeitskreis Dienstleistungen der FES
125
Mit den Gesprächen der letzten Jahre konnte die Zielsetzung, eine Dienstleistungs-
diskursplattform zwischen Wissenschaft, Politik und Gewerkschaften zu bilden, erfolgreich
eingelöst werden.
Aktivitäten der Rosa-Luxemburg-Stiftung
Die Rosa-Luxemburg-Stiftung kümmerte sich zunächst nur um die Privatisierung öffentlicher
Dienste. Seit dem Jahr 2012 veranstaltete die Stiftung zusammen mit Ver.di 3 Gesprächsrun-
den und eine Fachtagung, um vor dem besonderen Hintergrund der Lebensbedingungen in
ostdeutschen Ländern unterschiedliche Aspekte einer aktiven Dienstleistungspolitik zu analy-
sieren und zu diskutieren (Beckmann und Kahrs, 2012).Damit hat ausgehend von den Aktivi-
täten der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft eine zweite politische Stiftung das Thema
aufgenommen.
Forschungs- und Innovationsaktivitäten in der Europäischen Union
Nationale und transnationale Ansätze35
Die öffentliche Forschungs- und Innovationsförderung ist in den meisten europäischen Län-
dern sektorneutral und häufig auch noch technologie- und nicht anwendungsorientiert. Es gibt
dabei in den nordischen Ländern Ausnahmen. Dazu gehören in diesem Jahrzehnt Finnland,
Norwegen, Dänemark und Schweden. Finnland konzentriert die Innovationsförderung (!) auf
KIBS (Knowlegde Intensive Business Services also die in Deutschland nicht weiterverfolgten
Wissensintensiven Dienstleistungen), Gesundheits- und WellnessDienstleistungen, aber auch
Öffentliche Dienste Tourismus und die „Creative Industries“. TEKES, die nationale Innovati-
onsagentur hat 2006 mit dem Serve-Programm (Innovative Services Technology Programme)
ein spezifisches Dienstleistungsförderprogramm angestoßen. Ebenso hat der finnische Staats-
rat eine nationale Innovationsstrategie gebilligt, die im öffentlichen und privaten Dienstleis-
tungssektor Qualität und Produktivität fördern soll. Ein wichtiger Schritt ist die Bildung von
strategischen Excellenzzentren in Wissenschaft, Technologie und Innovation. Ebenso wie das
BMBF fokussiert TEKES auf Dienstleistungsaktivitäten und nicht auf bestimmte Dienstleis-
tungssektoren. Schweden geht ähnlich vor wie Finnland, wobei nationale Anstrengungen auf
die öffentlichen Dienstleistungen bezogen sind, während sich die Anstrengungen auf regiona-
ler ebene eher auf die privaten Dienstleistungen orientieren. Schweden besitzt mit dem „Ser-
vice Research Center“ der Universität Karlstad eines der weltweit führenden Dienstleistungs-
forschungszentren.
Ansätze der europäischen Kommission
Ende des 20. Jahrhunderts gab es innerhalb der Europäischen Union unterschiedliche Ansätze
hinsichtlich Forschungsaktivitäten im Dienstleistungsbereich. In erster Linie wurden diese
Aktivitäten innerhalb der Rahmenprogramme der Generaldirektion »Forschung« gefördert.
Darüber hinaus existierten auch einzelne Dienstleistungsaktivitäten in anderen Generaldirek-
tionen mit unterschiedlichen Schwerpunkten und Ausprägungen. Das 5. Forschungsrahmen-
programm von 1998-2002 enthielt vier fachspezifische thematische (vertikale) Programme
und drei querschnittsartige (horizontale) Programme. Es wurden zahlreiche Projekte zu
Dienstleistungsthemen mit Schwerpunkten zu Public Services, Customer Relationship Ma-
nagement und Teleservices gefördert. Im Mittelpunkt standen aber meist Technologie und
nicht Dienstleistungsentwicklung Außerhalb der Generaldirektion »Forschung« wurden z. B.
in den Generaldirektionen »Informationsgesellschaft« und »Unternehmen« unterschiedliche
Aktivitäten mit Dienstleistungsinhalten durchgeführt. Hinsichtlich der Forschungsaktivitäten
ließ sich demnach generell keine einheitliche und nachhaltige Förderstrategie hinsichtlich des
35 Die Darstellung stützt sich auf Korte und Rijkers-Defrasne (2009) sowie Spath und Ganz (2008/ 2009)
126
Themas Dienstleistungen erkennen. Dienstleistungen spielen bei der Forschungsförderung
häufig nur implizit eine Rolle. Eine Änderung zeichnete sich Ende des Jahres 2003 mit der
Kommissionsmitteilung KOM(2003) 747 „Die Wettbewerbsfähigkeit von unternehmensbe-
zogenen Dienstleistungen und ihr Beitrag zur Leistungsfähigkeit europäischer Unternehmen“.
Dort bezieht sich die Kommission auf die Tagung des Europäischen Rates in Lissabon 2000
und dem dort verabschiedeten Wirtschaftsreformprogramm, dessen Ziel u.a. war, den Bin-
nenmarkt auch im Dienstleistungssektor zu verwirklichen. In der im Dezember 2000 veröf-
fentlichten Mitteilung entwickelt die Kommission entsprechend einer Aufforderung des Rates
eine Strategie für den Binnenmarkt. Darin waren neben der Formulierung der „Dienstleis-
tungsrichtlinie“ auch „flankierende Maßnahmen zur Förderung der Wettbewerbsfähigkeit der
EU-Dienstleistungsindustrie" geplant. Dazu gehörten beispielhaft bessere Statistiken, Ermitt-
lung von Indikatoren immaterieller Vermögenswerte, IKT-Schulung und Innovation im F&E-
Rahmenprogramm). Näher ausgeführt wurden diese Maßnahmen in den Schlussfolgerungen
des Rates vom November 2002, in denen die Kommission aufgefordert wird, "die Maßnah-
men zum Abbau von Hemmnissen für den grenzüberschreitenden Dienstleistungsverkehr
durch weitere Maßnahmen zu ergänzen, die dazu dienen, die Wettbewerbsfähigkeit von
Dienstleistungen und ihren Beitrag zur Leistungsfähigkeit von Unternehmen in allen Wirt-
schaftszweigen zu verbessern". Diese Mitteilung, in der eine ökonomische Analyse der Be-
deutung der Dienstleistungen für die europäische Wirtschaft und eine Untersuchung der
Wettbewerbsfähigkeit dieses Sektors vorgenommen wurde, sollte zeigen, welche Rolle die
Dienstleistungen für die Gesamtwirtschaft der EU spielen und was die Kommission unter-
nimmt, um die Rahmenbedingungen für den Sektor zu verbessern. Die Mitteilung bildete die
Grundlage für eine engere Verbindung zwischen der nationalen und europäischen Dienstleis-
tungsforschung.
Die strategische Bedeutung der Dienstleistungswirtschaft für die europäische Wett-
bewerbsfähigkeit wird inzwischen von der EU-Kommission anerkannt. Die Ziele der Lissa-
bon-Agenda können nur mit einem entwickelten Dienstleistungssektor erreicht werden. Dies
gilt auch in der ökonomischen Krise. Dabei kann die unterschiedliche Entwicklung der Inno-
vationsaktivitäten in den europäischen Ländern durchaus eine Chance zur Weiterentwicklung
bieten. Die transnationale Zusammenarbeit zwischen Promotoren der Dienstleistungs-
innovation kann eine europäische Dienstleistungsinnovationspolitik unterstützen. Dabei ist
wegen der heterogenen und multidimensionalen Natur der Dienstleistungsinnovation ein hori-
zontaler, nicht an einzelnen Branchen orientierter innovationspolitischer Ansatz notwendig.
Verschiedene Europäische Länder (Finnland, Schweden, Dänemark, Großbritannien,
Deutschland36) haben dies erkannt und sich mit Unterstützung der Europäischen Kommission
zusammengeschlossen. Grundlage war das von der finnischen Innovationsagentur TEKES
koordinierte Vorhaben The Innovation Policy Project in Services (IPPS), in dem insgesamt
12 europäische Länder und Regionen sich zusammenschlossen. Wichtigstes politisches Er-
gebnis des Vorhabens war das European Services Innovation Memorandum (MoU). Es
wurde von 8 Staaten bzw. Regionen (Finnland, Estonia, Deutschland, Niederlande, Norwe-
gen, Slowenien, Schweden und der Region Westliches Griechenland) im Dezember 2007 ver-
abschiedet und der Europäischen Kommission vorgelegt. In dem Memorandum fordern die
Unterzeichner die Europäische Kommission dazu auf, ihre Maßnahmen zur Unterstützung
einer leistungsfähigen und innovativen Dienstleistungswirtschaft fortzusetzen. Neue Perspek-
tiven sehen die Unterzeichner insbesondere in neuen Geschäftsmodellen, Personal- und Orga-
nisationsentwicklung, Entwicklung neuer Qualifikationen (skill development) und Technolo-
36 Die wichtigsten Beteiligten auf deutscher Seite waren dmals vom BMBF die ehemalige Referatsleiterin des
Referates "Arbeitsgestaltung und Dienstleistungen " Frau Zahn-Elliott und Frau Dr. Ranjana Sarkar vom DLR-
PT.
127
gien, die Dienstleistungsinnovationen unterstützen. Die Unterzeichner versprechen, sich eben-
falls in Maßnahmen zur Dienstleistungsentwicklung und zur transnationalen Kooperation zu
engagieren. Ein wichtiges inhaltliches Ergebnis des Vorhabens waren die Mapping-Studien zu
Dienstleistungsinnovationen, die einen Überblick über Finnland, Deutschland, Irland, Nieder-
lande, Norwegen, Slowenien, Schweden, Vereinigtes Königreich, Tschechische Republik
sowie die Regionen Baden-Württemberg und West-Griechenland gab (Kuusisto, 2009).
Ganz und Burkart haben im Auftrag der Friedrich Ebert Stiftung die Aktivitäten der Europäi-
schen Kommission zu Dienstleistungsforschung und –innovation dargestellt (Ganz und Bur-
kart, o.J.). Der Stand der Analyse ist etwa das Jahr 2007. Sie beschreiben darin die Aktivitäten
der drei Generaldirektionen Binnenmarkt und Dienstleistungen (Business-to-Business Dienst-
leistungen), der Generaldirektion Forschung (Aufnahme von Dienstleistungsaspekten in ein
Forschungsrahmenprogramm, Internationale Expertengruppe: Fostering Innovations in Ser-
vices 2007) und der Generaldirektion Unternehmen und Industrie (Standardisierungs-
Initiative CHESSS, europäische Innovationsplattform speziell für wissensintensive Dienst-
leistungen ). Die Autoren stellen zusammenfassend fest, dass erst Erfolge erkennbar sind.
Neben den Aktivitäten in einzelnen Generaldirektionen zeichnet sich auch ab, dass für die
Dienstleistungen insgesamt die Wahrnehmung auf der Seite der Europäischen Kommission
gestiegen ist. Allerdings ist nicht zu übersehen, dass Themen der Re- und Deregulierung wei-
terhin eine zentrale Rolle in der EU spielen. Von der nationalen Seite fordern die Autoren,
dass mehr Unternehmen und intermediäre Organisationen Präsenz in Brüssel zu Dienstleis-
tungsthemen zeigen. Ein Aufbau eines nationalen Austauschprozesses wäre hilfreich, sodass
eine effiziente und effektive Rückkopplung möglich ist.
Der von Ganz und Burkart festgestellte Sinneswandel hat sich – auch unter dem o.a. Druck
der transnationalen Kooperation weiter verstärkt. Ein sehr wichtiger Punkt für nationale
Dienstleistungsinnovationspolitik ist, dass die EU die nationale Förderung von Dienst-
leistungsprodukt - und Prozessinnovationen inzwischen als beihilfefähig anerkannt hat. Damit
hat die nationale Wirtschaftspolitik ein neues Instrument in der Hand, das aber bis heute
(2009) in Deutschland auf Bundesebene noch nicht explizit angewandt wird.
2007 veröffentlichte die Kommission das Memoran-
dum "Challenges for a European strategy in support
of innovation in services" (Sec 2007, 1059). Darin
akzeptiert die Kommission ein spezifisches Innovati-
onsgeschehen für die Dienstleistungen. Sie spricht
dann die Bedeutung der Dienstleistungsrichtlinie, der
Intellectual Property Rights und der besseren Aus-
richtung der Forschungsprogramme auf Dienst-
leistungen an. Die Generaldirektion Unternehmen
setzt ihren dienstleistungsorientierten Kurs auch
2009 fort und sieht für die zukünftige Unterstüt-
zung von Dienstleistungsinnovationen 7 Heraus-
forderungen, die sie mit den unterschiedlichen politischen Maßnahmen angehen will. Dazu
gehören neben der Verbesserung der Daten und Statistiken auch eine Verbesserung der
Dienstleistungsforschung und eine bessere Innovationsunterstützung für Dienstleistungs-
innovationen.
Eine dieser Maßnahmen ist das im Oktober 2009 anlaufende transnationale Vorhaben "Euro-
pean policies and instruments to support innovation in services", das im Rahmen PRO INNO
Europe® von der Kommission gefördert wird. An dem Vorhaben sind unmittelbar die Mini-
Bessere Daten und Statistiken
Effektiveres Politisches Lernen
Erschliessen der Potentiale der „Gazellen“
Verbesserung
Dienstleistungs-
forschung
(Qualität /
Quantität
Bessere Nutzung
Des Standes und
Der Regeln von
Dienstleistungs-
innovation
Bessere
Innovations-
Unterstützung für
Dienstleistungs-
innovation
Mehr Synergie
zwischen versch. Elementen der Politik
(Lead markets)
Abbildung 16: EU Kommission und Dienstleistungen
128
sterien bzw. Innovationsagenturen aus Finnland, Schweden, Dänemark, Großbritannien und
Deutschland beteiligt. Kernelement ist die Bildung eines "European Service Innovation think
Tanks". In diesem Think Tank werden die Ergebnisse der Arbeitsgruppen "Service Typo-
logie", "Interaktion Technik und Dienstleistungen", "Indikatoren", "Qualifikation" (Skills)
sowie "Internationalisierung" zusammengefasst und in Handlungsempfehlungen umgesetzt.
Dieser Prozess der Ideengeneration und Vorausschau wird begleitet von der Entwicklung
neuer Werkzeuge zur Unterstützung der Innovationspolitik und einer zweijährigen Tagung.
Deutschland hat neben dem Ideenteil besonderen Wert auf die Verbesserung des Wissens-
transfers gelegt. Hier sollen die deutschen Erfahrungen mit kleinen und mittleren Unter-
nehmen sowie der Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses zum Tragen kommen.
Internationale programmatische Forschungs- und Inno-vationsaktivitäten
Die Entwicklung der Volkswirtschaften hin zu einer dienstleistungsorientierten Wirtschaft ist
nicht spezifisch für eine bestimmte Region, sondern ist spezifisch für die Entwicklung von
Volkswirtschaften allgemein. Je größer eine Volkswirtschaft ist, desto höher ist der Anteil,
den die Dienstleistungswirtschaft am Bruttosozialprodukt und an der Beschäftigung hat. Dies
gilt für die Vereinigten Staaten ebenso wie für den Asien-Pazifik-Raum. Vergleichbar sind
auch die Probleme des Bewusstseins der politischen Eliten zur Wertschätzung der Dienstleis-
tungswirtschaft und zur Bereitschaft, Innovationen in diesem Sektor angemessen zu unterstüt-
zen.
In den Vereinigten Staaten wurde ab 2004 die "Service Science " durch den nationalen Innova-
tionsreport "Innovate America" des Council for Competitevness vorangetrieben. In diesem
wurde die Aufmerksamkeit auf den Dienstleistungssektor gelenkt. Im August 2007 setzte der
Kongress und die Bush-Regierung den "America Competes Act " in Kraft. Dieser sieht eine
verstärkte Förderung der "Service Science" vor. Im Juni 2007 wurde die weltweite Initiative
zur Dienstleistungsforschung und Innovation: Service Research& Innovation Initiative (SRII)
getragen von Wirtschaft – insbesondere der großen IT- Konzernen – in Santa Clara (Kalifor-
nien) gestartet. Damit wurde ein Netzwerk gegründet, öffentliche Aufmerksamkeit gewonnen
und verstärkt finanzielle Unterstützung eingeworben. Veranstalter war die neu gegründete Ser-
vice Research& Innovation Initiative (SRII), die von drei amerikanischen Verbänden der SSPA
(Service Support professional Association), der TPSA (Technological Professional Ser-
vice Association) und der AFSMI (Association for Services Management International) getra-
gen wird. Inzwischen ist Kris Singh Präsident des Service Research & Innovation Institute
(SRII). Singh ist gleichzeitig am IBM Almaden Research Center in Kalifornien. Program Di-
rector, Service Science Research. Dem Advisory Board gehören neben diesen Institutionen
große IT-Konzerne (IBM, Oracle, Cisco, HP, Sun, EMC, Microsoft, xerox, Unisys) mehrere
amerikanische Universitäten (Wharton, UCLA, Council of Graduate Schools, University of
Maryland), das iiit-b (International Institute of Information Technology-Bangalore), die Euro-
päische Kommission und das Fraunhofer Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation an.
Die beteiligten US-Konzerne wandeln sich zur Zeit vom Technikhersteller zum Dienstleis-
tungsanbieter, da mit Dienstleistungen weit höhere Gewinnmargen und Wettbewerbsvorteile
zu erzielen sind als mit der Produktion materieller Güter. Die Beteiligung der Wirtschaft unter-
scheidet diese us-amerikanische Initiative deutlich von der deutschen. Bei der deutschen Initia-
tive handelt es sich um eine von der Forschungspolitik angestoßenen Initiative, um die Innova-
tionsfähigkeit der deutschen Dienstleistungsforschung und –wirtschaft zu erhöhen. Nach dem
Auslaufen des „Mangold-Beirates“ war der treibende Charakter der Wirtschaft gering (auch die
Initiative von PriceWaterhouseCoopers zusammen mit dem DLR und der European Business
School haben zu keinen programmatischen Aktivitäten geführt; Scholch, Gleich und Grobusch
129
2006). Das Wirtschaftsministerium flankierte die (Forschungs)Initiative, allerdings nur 1997
mit einem größeren Programm zum Außenhandel. Die Unterstützung durch die Wirtschaft hat
sich erst in den letzten Jahren unter dem Eindruck der „Partner für Innovation“ und der „High
Tech Strategie“ leicht geändert. Die USA verfügen neben einer Reihe sehr charismatischer
„Unternehmensberater“ auch über hervorragende Forschungskapazitäten. Die größten sind:
das Almaden Service Research Center unter der Leitung von Jim Spohrer mit ca. 80
WissenschaftlerInnen (weltweit das größte Institut mit wachsender Zahl an Wissen-
schaftlerInnen)
das Center for Services Leadership der Arizona State University. Mary Jo Bittner ist
hier Gründungsmitglied.
Die Anzahl der weiteren Lehrstühle und kleineren Institute in den USA ist nicht mehr über-
schaubar. Mit den USA vergleichbare größere Dienstleistungsforschungsstandorte in Deutsch-
land sind
„Stuttgart/ Karlsruhe“ (Fhg-IAO/ IAT nach dem Institut von Bo Edvardson in Karlstad
das zweitgrößte in Europa und momentan das drittgrößte Universitätsinstitut welt-
weit; Prof. Weinhardt, Prof. Satzger und dann Prof. Fromm am Karlsruher Service
Research Institute einer Gemeinschaftsinitiative der IBM und dem Land Baden-
Württemberg)
„Aachen“ (FIR; FhG-IPT, Prof. Schuh (Schwerpunkt auf Industrienahen Dienstleis-
tungen); Prof. Piller; Prof. Schlick , Institut für Arbeitswissenschaft)
„Münster“ (em. Prof. Ahlert, Prof. Becker mit den Schwerpunkten auf Handel, Netzen
und Marketing)
"Leipzig" (Prof. Fähnrich, Prof. Posselt (Schwerpunkt IT-Dienstleistungen/ Service
Engineering); Handelshochschule Leipzig (Center For Leading Innovation and Coope-
ration; eng mit "München" verbunden)
Den bisher größten Einfluss im außereuropäischen Raum nahm die Initiative der IBM ein, die
vom Almaden Research Institute gesteuert wird und von Jim Spohrer unter dem Titel Service
Science s, Management and Engineering vertreten wurde (Spohrer 2006). Die IBM, die schon
an der Begründung der Computerscience in den 40er und 50er Jahren (in Deutschland „In-
formatik“) beteiligt war, hat sich in den letzten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts vom Hard-
warehersteller zum IT-Dienstleister entwickelt. Dabei wurde festgestellt, dass die notwendi-
gen Qualifikationen, aber auch das notwendige Wissen weder im Konzern noch an den Uni-
versitäten vorhanden war. Dementsprechend steht SSME auch für 1) eine dringende Forde-
rung für Aktionen für systematische Dienstleistungsinnovation 2) eine akademische Disziplin
3) einen Forschungsbereich, der Disziplinen verbindet und integriert. IBM beschränkte sich
dabei nicht nur auf den eigenen Konzern, sondern gründete zusammen mit großen amerikani-
schen IT-Konzernen und Managementverbänden die Service Research and Innovation Initia-
tive. An dieser Initiative war mit Unterstützung des BMBF auch das Fraunhofer Institut für
Arbeitswirtschaft und Organisation beteiligt. Weiterhin trug IBM dafür Sorge, dass das The-
ma „Service Science“ in das Wahlkampfprogramm Hillary Clintons aufgenommen wurde.
Über die Initiative Partner für Innovation und die Kooperation mit der Karlsruher Institut of
Technology (KIT) mit einem entsprechenden Lehrstuhl ist IBM inzwischen auch in Deutsch-
land aktiv.
Wichtige Akteure für die Förderung von Dienstleistungsinnovationen im Asien-Pazifik-
Sektor sind momentan China, Hongkong, Singapur und Taiwan (Informationen hierzu Lee,
2009). (Süd)korea betrachtet die Entwicklungen aufmerksam und wird in den nächsten Jahren
mit Sicherheit zu diesem sehr unterschiedlichen Quartett stoßen. 2007 erstellte das STEPI
(Science & Technology Policy Institute; Technology and Economics Research Center Re-
130
search Center) den Bericht "Study on Policy Direction for Service Science - The research on
the direction of policies for promoting 'service sciences'" für das Ministerium für Wissen-
schaft und Technologie. In dem Bericht wird die Notwendigkeit und Bedeutung einer staatli-
chen Förderung von Dienstleistungsinnovation betont und u.a. ein Dienstleistungsforschungs-
programm gefordert. Im Jahr 2008 hat die südkoreanische Regierung die Roadmap „Service
PROGRESS“ (Informationen zu Korea und Japan: Korte und Rijkers-Defrasne, 2009) verab-
schiedet und 2009 angekündigt, innerhalb der nächsten vier Jahre den Umfang der öffentli-
chen Forschungsförderung für den Dienstleistungssektor zu verdoppeln. Dabei ist besonders
interessant, dass Südkorea sich an dem deutschen Modell der Forschungsförderung orientie-
ren will. In Japan wurde 2006 die „New Economic Growth Strategy“ angekündigt. Neben der
Produktion sollen die Dienstleistungen der 2. Wachstumsmotor werden. Sechs Bereiche wur-
den identifiziert, in denen Innovationen vorangetrieben werden sollen: Gesundheits- und So-
zialleistungen, Kinderbetreuung, Tourismusdienstleistungen, Mediendienstleistungen, Unter-
nehmensdienstleistungen und „Distribution Services“. Ebenso ist eine japanische Initiative
zur Erhöhung der Dienstleistungsproduktivität angekündigt. Hongkong nimmt im Quartett
eine Sonderrolle ein, da hier die Dienstleistungsinnovation sehr stark wirtschaftsgetrieben
sind und sich in der Hauptsache auf unternehmensbezogene Dienstleistungen stützen, um die
"produzierenden" Standorte des Pearl River Deltas einzubeziehen. Im Gegensatz zu den euro-
päischen insbesondere deutschen Aktivitäten, die ca. 6 Jahre vor den IBM-Anstrengungen
begannen, arbeiten China, Singapur und Taiwan seit Beginn des Jahrtausends eng mit der
IBM-Initiative zusammen. Dabei sind Zielrichtungen und Ausgangspunkte sehr unterschied-
lich. Singapur ist seit langem der Standort für international orientierte Dienstleistungen, der
sich nun gemeinsam mit IBM bemüht, mit seinen Universitäten eine neue Generation von
Dienstleistungswissenschaft aufzubauen. Damit soll die Innovationsfähigkeit des Standortes
erhöht werden. Taiwan hat den Höhepunkt der Entwicklung seines produzierenden Sektors
erreicht und muss jetzt ebenso wie die anderen entwickelten Industriestaaten Innovationen im
Dienstleistungssektor hervorbringen. Hier gibt es seit 2002 eine enge Kooperation mit der
IBM insbesondere um das Engagement der Universitäten zu stärken. Seit 2008 hat die Regie-
rung zur Unterstützung der Dienstleistungsinnovation auch ein Programm "Innovative Tech-
nologieanwendung und Dienstleistungen" verabschiedet. Eine enge Kooperation zwischen
Taiwan und dem deutschen Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation besteht
auch auf dem Gebiet des Service Engineering s, das von den taiwanesischen Akteuren als
zentral im Innovationsgeschehen betrachtet wird. Die Volksrepublik China betrachtet ihre
rolle als "Fabrik der Welt" ohne eigenständige Innovationsrolle als unbefriedigend und hat für
2010 das Programm "Eigenständige Innovation" ins Leben gerufen. IBM hat 2005 mit dem
Bildungsministerium einen Vertrag abgeschlossen, um die Dienstleistungen im Bildungssek-
tor zu verankern. Wichtig für die Zukunft werden hier wahrscheinlich zunächst die binnen-
marktorientierten Dienstleistungen werden, die auch eine Chance für den deutschen Dienst-
leistungsexport bilden.
131
Fazit Deutschland war weltweit eines der ersten Länder, die ein spezifisches Dienstleistungsfor-
schungsprogramm gestartet haben. Seit Beginn dieses Jahrtausends ziehen Länder in Ameri-
ka, Asien, Europa und die Europäische Union nach. Will Deutschland seine gerade erreichte
gute Forschungsposition halten oder gar ausbauen sind die bisherigen Anstrengungen unzu-
reichend. Will Deutschland Dienstleistungsinnovationen mit dem Ziel von Wachstum und
Beschäftigung voranbringen, so ist dringend eine nachhaltige und finanziell ausreichend aus-
gestattete Dienstleistungsforschungs- und Dienstleistungsinnovationspolitik von Nöten (An-
sätze herzu: Barthel, 2012). Im anderen Fall werden die aufstrebenden (Industrie )staaten die
deutschen Forschungsergebnisse nutzend, mit modernen Dienstleistungsinnovationen
Deutschland zu einem Land 2. Klasse machen.
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