WeiterBilDung · QualiFikation
HandbuchCoachingund Beratung3.Auflage
Björn Migge
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Inhalt
Vorwort zur 3. Auflage 15
Vorwort zur 1. Auflage 17
Einleitung 19
Worum geht es? Was werden Sie lernen? 19An wen wendet sich dieses Buch 19Eine methodenübergreifende individuelle Perspektive 22Welche »Arbeitsfelder« gibt es im Coaching? 27Wie Sie am besten mit diesem Buch arbeiten können 28
Coaching und die Ausbildung zum Coach 29
Was ist Coaching? 30
Was ist Coaching nicht? 33Unsaubere Grenzen zur Psychotherapie? 34Welche anderen Formen der Beratung gibt es? 36Wo wird gecoacht? 39Welche Themen gibt es im Coaching? 41Positive Wirkungen des Coachings 44Wer coacht? 45Fachbegriffe im Coaching 45Der Coach als Experte oder Prozessbegleiter 47Was wirkt im Coaching? 49Beziehungsgestaltung im Coaching 51Keine Angst vor Manipulation! 54Was ist Coaching für Sie persönlich? 55Struktur und Ablauf eines Coachings 57Prozessschritte des Coachings 57Partnerschaftliche Planung 63
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Inhalt
Evaluation des Coachings 64Tests als Erfolgskontrolle 69Kontinuierliche Qualitätsverbesserung des Coachs 71Qualitätsdimensionen des Coachings 75Verbände im Coaching 76
Kernkompetenzen eines Coachs 79
Elf Kernkompetenzen der ICF 79Kernkompetenz 1: Ethik und Professionsstandard 83Kernkompetenz 2: Arbeitsvereinbarung 91Kernkompetenz 3: Vertrauen und Würde 93Kernkompetenz 4: Engagement und Präsenz 95Kernkompetenz 5: Aktiv zuhören 98Kernkompetenz 6: Wirkungsvoll fragen 102Kernkompetenz 7: Direkt kommunizieren 106Kernkompetenz 8: Bewusstheit fördern 108Kernkompetenz 9: Handlungen entwerfen 110Kernkompetenz 10: Realistisch planen und zielen 114Kernkompetenz 11: Fortschritt und Verantwortung meistern 117
Die Coachingausbildung 120
Die Motive für eine Coachingausbildung 122Matching auf der Symbolebene 123Struktur und Inhalte 124Die Ziele einer Coachingausbildung 127Feedbacks, Erfolge und Menschliches 129Qualitätskriterien der Coachingausbildung 130Checkliste: Welche Coachingausbildung passt zu mir? 133Reflexives Schreiben im Coaching und der Ausbildung 136
Der hinreichend gute Coach 145
Die Zutaten eines guten Coachs 146
16 »normale« Coachingfälle 153
Kommentierte Lesehinweise zu Teil 1 165
Migge_CoachingBeratung.indb 6Migge_CoachingBeratung.indb 6 21.02.2014 09:40:3621.02.2014 09:40:36
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Inhalt
Praktische Kommunikation für Coaches 169
Kommunikative Basisfertigkeiten 170
Sprache und Denken formen unseren Geist 170Rapport – Pacen – Leaden 173Am Anfang steht das Zuhören 174Aktiv zuhören und mitgehen 175Zirkuläres Fragen 177Den Klienten in seiner Welt abholen 178Die Vielfalt würdigen 179Was für ein Typ ist der Klient? 184Der Beziehungsaspekt von Botschaften 185Die Sprache hinter der Sprache 186Kommunikationstraining 187Sich wütenden Gesprächspartnern öffnen 195Unterschwellige Sprachmuster 196Fragen sind im Coaching wichtig 198Das innere Team befragen 199Fragen steuern das Gespräch 201Andere Sichtweisen erfragen 202
Imagination und Hypno-Coaching 204
Vorurteile und Gefahren 204Hypnose im Wandel der Zeiten 207Elemente und Praxis des Hypno-Coachings 218Die Sprache der Trance 229
Mehr als Gerede. Besser: Integration 241
Integration und die Suche nach neuen Weinschläuchen 241Beispiel: Klopf-Coaching 243Beispiel: Schema-Coaching 251
Kommentierte Lesehinweise zu Teil 2 261
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Inhalt
Ziele, Visionen, Persönlichkeit, Sinn 263
Ziele und Visionen im Coaching 264
Vom Problem zum Ziel 264Die Ressourcen 270Ziele und Visionen 272Verpasste Chancen 274Glück oder Sinn? 275Ideenschmiede 276Stabilität und Veränderung 279Kleine und große Krisen 280Phasenmodell für Krisen 282Zielen heißt auch Verzicht 284Auf der Suche nach einem neuen Ziel 284Vom richtigen Zielen 286Ziele schärfen mit dem SMART-Modell 290Metaziele 291Lösungsorientiertes Coaching 294
Persönlichkeit und Subjektivität 297
Phasen der Kompetenzwahrnehmung 297Die logischen Kategorien des Lernens und der Kommunikation 298Die logischen Ebenen nach Dilts 299Hierarchien der Wirklichkeit 301Verzerrungen der Persönlichkeitswahrnehmung 304The Big Five: das Fünf-Faktoren-Modellder Persönlichkeitseigenschaften 308Eysencks Persönlichkeitszirkel: der Enneagrammprototyp 308Kognitive Persönlichkeitstheorien 309Persönlichkeit entsteht durch Feedback 311Die Selbstwirksamkeit als Barometer unserer Zuversicht 311Hemisphärenmodell: rechtes Hirn, linkes Hirn 312Das Multimind-Konzept 314
Elemente der Logotherapie und Existenzanalyse im Coaching 318
Der Mensch ist mehr als Körper und Psyche 320Des Menschen Suche nach Sinn 323Das Herz weiß mehr als der Verstand 326
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Inhalt
Freiheit und Verantwortung 328Methoden und Tools der Logotherapie 330
Kommentierte Lesehinweise zu Teil 3 334
Denken, Akzeptanz und Wille 337
Werte, Kognitionen, Umdeutungen 338
Werte: Was uns wichtig und richtig erscheint 338Tiefe Überzeugungen: Glaubenssätze 342Modelle der kognitiven Umstrukturierung 349Mentale Metaprogramme (Sorts) 361
Akzeptanz und Wille 365
Das Abbild der Welt in uns 365Unsere »fünf« Sinne 366Handlung und Wirkung schaffen Wirklichkeit 371Akzeptanz 372Unterscheidung 375Wille und Engagement 378
Träume und Tagträume 381
Seit wann kennen wir das Träumen? 381Traumdeutung 382Träume und Augenbewegungen 384Jung und Freud als Traumpioniere 384Tagträumen und Intuition 386
Kommentierte Lesehinweise zu Teil 4 392
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Inhalt
Paare und Familien 393
Familie, Liebe, Partnerschaft 394
Unser inneres Bild der Familie 394Wirkung über Generationen 395Was passiert in Familien? 397Zwei und mehr sind ein System 399Aufstellungen, Psychodrama, Skulpturen 399Nach welchen Regeln funktioniert eine Familie? 404Verschiedene Gefühlsarten 406Liebe und Partnerschaft 409Die Bilanz des Gebens und Nehmens 415Häufige Beratungsanlässe im Paar-Coaching 416Häufige Probleme im Paar-Coaching 420
Kommentierte Lesehinweise zu Teil 5 429
Gesundheit, Karriere und Team 431
Gesundheit im Coaching 432
Vom Sporttrainer zum Coach 432Was darf der Coach mit dem Körper machen? 433Negative Krankheitsprognosen 435Ärzte – Experten auf dem Gebiet der Vorbeugung und Heilung? 437Wie können Sie kranken Klienten helfen? 437Umgang mit Emotionen bei schwerer Krankheit (Coping) 438Es soll mir schnell wieder gut gehen 440Hier der Leib – und dort die Seele? 441Vom Sinn der Krankheiten für die Kommunikation 444Geistige Muster der Erkrankung und Gesundung 445Gefühlsblindheit macht krank 446Psychosomatik 449Darf ein Coach oder Berater heilen? 452Mind & Body 455Salutogenese 459
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Inhalt
Beruf und Karriere 462
Ziele definieren, Änderungen vornehmen 462Burnout garantiert 470Ohne Vitamin B läuft nur wenig 472Energieräuber 473
Team und Gruppe 475
Teams in der Beratung 475Typische Teamprobleme 479Teamentwicklung 480Gruppendynamik 484Mobbing 488
Kommentierte Lesehinweise zu Teil 6 493
Systemische Konzepte in der Beratung 495
Theorie der systemischen Beratung 496
Wie arbeiten Organisationsberater eigentlich? 496Was ist systemische Beratung? 497Kurze Geschichte der systemischen Beratung 498Das Familienaufstellen nach Bert Hellinger 503Konstruktivismus 507Phänomenbereiche systemischer Beratung 510Von der Unternehmensberatung zur Organisationsberatung 514Erklärungsmodelle menschlichen Verhaltens 516Elemente der Diagnose und der Veränderungsarbeit 521Expertenberatung und Prozessberatung 523Phasen des Beratungsprozesses 525Das Interview als Diagnoseverfahren 529Die Diagnose sozialer Regeln in Organisationen 532Systemische Veränderungsarbeit in Organisationen 533
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Inhalt
Psychodrama und Aufstellung im Coaching 548
Soziometrie und soziales Atom 549Das Psychodrama in Aktion 552
Kommentierte Lesehinweise zu Teil 7 575
Glauben, Krisen und Umbrüche 577
Glaube und Spiritualität 578
Religion und Glaube 579Wie kann ich glauben? 581Ein mystischer Weg zu Gott – Spiritualität 584Spiritualität im Coaching 586Coaching und Krankenhausseelsorge 601
Angst 607
Definition der Angst 607Formen der Angst 609Pathologische Ausdrucksformen der Angst 611Der Umgang mit der Angst als Schlüsselqualifikation 613
Krisen und Traumata 614
Krisen als Entwicklungschance 616Phasen des schöpferischen Prozesses 620Krisen und Krisenauslöser 623Gewalt in der Familie 634Klienten mit Suizidgedanken 642EMDR als Wunderwaffe in der Traumaberatung? 648Stichworte zur posttraumatischen Belastungsstörung 651Technikbausteine aus einzelnen Behandlungsphasen des EMDR 652Wie wird EMDR im Coaching eingesetzt? 653
Kommentierte Lesehinweise zu Teil 8 655
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Inhalt
Konflikte und systemische Konfliktarbeit 659
Konflikte und Mediation 660
Konfliktfähigkeit 663Konfliktinterpretation als Lernerfahrung 667Kompetenzen in der Konfliktarbeit 668Innere Konflikte 669Psychotherapeutische Erklärungsmodellefür unbewusste innere Konflikte 672Unbewusste innere Konflikte 675Das »Portfolio« als Beratungsinstrument 680Zwischenmenschliche Konflikte 683Phasen der Konflikteskalation 688Konstruktiver Umgang mit bewusstenzwischenmenschlichen Konflikten 690Gruppenkonflikte als Sonderformdes zwischenmenschlichen Konflikts 692Selbsterfahrung in der Gruppe: Intrapsychischeund interpersonelle Konflikte 695
Systemische Fragen in der Konfliktarbeit 700
»Stören« in der systemischen Beratung 701Strukturierte systemische Konfliktberatung (Erstgespräch) 702Systemische Gesprächs- oder Fragetechniken 703Basiswissen Mediation 708
Kommentierte Lesehinweise zu Teil 9 712
Anhang 713
Wie geht es weiter? Ein Nachwort 714
Hinweis zu den Downloadmaterialien 715
Personen- und Stichwortverzeichnis 716
Literaturverzeichnis 727
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Inhalt
Downloadmaterialien zum Buch
Coaching und die Ausbildung zum CoachSubjektiver Evaluationsfragebogen: Klienteneinschätzung
Praktische Kommunikation für CoachesFälle und ÜbungenÜbungen und Fall-VignettenFalldarstellungenLösungen
Ziele, Visionen, Persönlichkeit, SinnÜbungen und Fall-VignettenFalldarstellungenLösungen
Denken, Akzeptanz und WilleÜbungen und Fall-VignettenFalldarstellungenLösungen
Paare und FamilienÜbungen und Fall-VignettenFalldarstellungenLösungen
Gesundheit, Karriere und TeamÜbungen und Fall-VignettenLösungen
Systemische Konzepte in der BeratungFalldarstellungenLösungen
Glauben, Krisen und UmbrücheFall-VignettenFalldarstellungenLösungen
Konflikte und systemische KonfliktarbeitFalldarstellungenLösungen
SelbstständigkeitInterviews mit CoachingprofisDas eigene Profil schärfenMarketingtipps für Ihre SelbstständigkeitKommentierte LesehinweiseÜbungen und Fall-VignettenLösungen
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Teil 01
Coaching und dieAusbildung zum Coach
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Was ist Coaching?
Es gibt unzählige Definitionen für Coaching. Lassen Sie uns zu Beginn zwei Mög-lichkeiten der Definition anschauen:
Definition des Coachings (zwei Versuche)
Coaching ist eine gleichberechtigte, partnerschaftliche Zusammenarbeit eines Prozessbe-raters mit einem gesunden Klienten. Der Klient beauftragt den Berater, ihm behilflich zusein: bei einer Standortbestimmung, der Schärfung von Zielen oder Visionen sowie beimEntwickeln von Problemlösungs- und Umsetzungsstrategien oder bei dem gezielten Aus-bau von Kompetenzen und oder der verantwortungsvollen Steigerung von Leistungen:Die Klienten sollen durch die gemeinsame Arbeit an Klarheit, Handlungs-, Leistungs- undBewältigungskompetenz gewinnen. Langfristig soll dies zu einer besseren Lebensqualitätund Übereinstimmung von Werten und Lebenswirklichkeit des Klienten führen. Coachingist eine handlungs- und ergebnisorientierte Interaktion.
Business-Coaching ist die individuelle vorwiegend prozessorientierte Beratung, Begleitungund Unterstützung von Personen mit Führungs- und Steuerungsfunktionen in Organisa-tionen. Dazu gehört auch die Beratung von Selbstständigen und Experten. Hierbei gehtes um die auftrags- und zielgebundene Entfaltung individueller mentaler und sozialerSchlüsselkompetenzen und konkreter Strategien zur Erfolgsverbesserung.
Was macht ein Coach? Ein Coach gibt Feedback, regt zu Perspektivwechsel an,bringtMetaperspektiven ins Spiel, verbindet Emotionen, innere Bilder, Gedanken,hilft zu strukturieren,…und eröffnet demKlienten neueHandlungsoptionen undfördert deren Umsetzung. Die Arbeit kann sich auf verschiedene Lebensbereicheerstrecken: Beruf, Karriere, Führung, Partnerschaft, Familie, Sport, Lebensgestal-tung, Spiritualität und anderes.
Gelegentlich wird von Business- oder Executive-Coaching gesprochen, wenndie Themen sich eher um die berufliche Rolle, Führung und die Karriere bewegen.Auf der anderen Seite spricht man oft von Personal Coaching, Life-Coaching oderpsychologischer Beratung, wenn die Themen der Beratung auch oder eher Partner-schaft, Familie, Life-Balance und Ähnliches umfassen.
Das Wort Coaching klingt in den Ohren vieler Profis abgegriffen, weil heute baldjedermann ein Coach ist. Besser wäre es vielleicht, wir sprächen von Beratung oder
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Was istCoaching?
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Begleitung. Einige Autoren meinen jedoch, das Wort Beratung sei nur für Exper-tenberatung zulässig (zum Beispiel Vermögensberatung, Personalberatung oderConsulting).
Coaching hört sich modern und dynamisch an. Im Folgenden schreibe ich ein-mal von Coaching, ein anderes Mal von Beratung, um der breiten Zielgruppe desBuches gerecht zu werden. Ich meine damit eine psychologisch orientierte undziel- oder ergebnisorientierte Prozessberatung. Den Unterschied zwischen Exper-tenberatung und Prozessberatung erkläre ich Ihnen einige Sätze weiter unten inknappenWorten. Später werde ich darauf noch zurückkommen (s. S. 524 f.).
Ein Freund oder Möchtegern-Coach wäre vermutlich eher geneigt, Ihnen kon-krete Tipps zu geben:
»Stopfen Sie Ihre Energielöcher! Trinken Sie keinen Kaffee mehr und machenSie sich unabhängig! Lösen Sie sich von Ihren selbst erschaffenen ›Ich-sollte-eigentlich‹-Forderungen! Hör auf dein Bauchgefühl; übernimm endlich dieVerantwortung für dein Leben! Kündige deinen blöden Job…!«
Da ist sicher oft etwas Wahres dran. Ein ausgebildeter Coach hingegen bemühtsich eher – aber nicht nur –, indirekt vorzugehen und dieWünsche, Absichten undZiele seiner Klientenmit diesen gemeinsam aufzudecken (besser: Die Klienten ent-decken es selbst!), bevor es an die maßgeschneiderte Veränderung geht; und zwarin eine Richtung, die allein der Klient bestimmt. Beide Herangehensweisen kön-nen sinnvoll und hilfreich sein.
Und in der Tat ist der Rat wirklicher Freunde oder Gleichgesinnter oft hilf-reicher als die Zusammenarbeit mit Profis. Trotzdem: Coaching bedeutet nicht,Klienten Lösungen und Ratschläge anzudrehen, die man für sie entwickelt hat(das wäre Expertenberatung, Fernseh-, Schnell- oder Kneipen-Coaching). Es bedeu-tet auch nicht, Klienten in eine Richtung zu lenken, in dieman – aufgrund eigenerMuster – unentwegt selbst blickt, um unbewusste eigene Muster stellvertretendam anderen anzugehen.
Genau dies zu lernen ist allerdings das Schwierigste auf demWeg zum Coach.Wer es verinnerlicht hat, begleitet einen Klienten (lenkt den Prozess) und maßtsich nicht an, Experte für dieAnliegen, Ziele undProbleme seiner Klienten zu sein.Stellen Sie sich beispielsweise einen Arzt vor, der Sie danach fragt, was Ihre eige-nen Vorstellungen davon sind, warum Sie krank geworden sind, wie Sie sich ambesten selbst heilen könnten und wie Sie sich dann fühlen werden, … Ein solcherArzt wäre kein Expertenberater des üblichen Arzt-Patienten-Modells mehr, son-dern ein Prozessbegleiter oder ein Gesundheits-Coach.
Sicher haben Sie auch schon bemerkt, dass ich nicht von Patienten spreche,sondern von Klienten. Das englische Fremdwort für Coachingklienten ist Coa-
Migge_CoachingBeratung.indb 31Migge_CoachingBeratung.indb 31 21.02.2014 09:40:4021.02.2014 09:40:40
Teil 01
Coaching und dieAusbildung zum Coach
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chee. Ich möchte Ihnen sehr ans Herz legen, von Klienten und nicht von Coacheeszu sprechen.
Was Coaching ist, können wir kaum in einer List beliebiger Merkmale auffüh-ren: Coaching ist …! Ebenso schwierig sind die immer neuen Versuche, Coachingin ein, zwei Sätzen griffig zu definieren. Solche Definitionen bleiben immer un-vollkommen; egal, aufwelche Tätigkeit oder Professionman sie anwendenmöchte.Bevorwirmit demBuch fortfahren,möchte ich Ihnen jedoch einen kurzenAuszugaus der Ethik des Coachings des Deutschen Fachverbandes Coaching (DFC) wieder-geben. Ähnliche Formulierungen finden sich auch in den Publikationen der ande-ren Coachingverbände.
Ethik des Coachings (DFC) – Präambel
Coaching und die Fort- oder Weiterbildung zum Coach finden in einem Rahmen statt, derunbedingt folgende Prinzipien verwirklicht. Hierin ist Coaching …
● herrschaftsfrei und freiwillig (Coaching ist keine Führung und findet außerhalb einesRahmens von Abhängigkeit oder Führung statt.)
● auf die Person bezogen (Coaching ist eine individuelle Beratung einer Person/einesIndividuums und keine Unternehmensberatung.)
● prozesshaft (Coaching ist keine Fach- oder Expertenberatung. Coaching befähigtKlienten dazu, selber zu entscheiden, vertieft zu reflektieren und zu handeln.)
● vertrauensvoll und verschwiegen (Coaching bedarf eines vertrauensvollen freiwilli-gen Rahmens.)
● unabhängig (Der Coach verfolgt lediglich das Ziel, Klienten zur Verwirklichung ihrerZiele zu befähigen. Der Coach darf hierbei nicht abhängig, erpressbar sein oder durchFremdinteressen oder wirtschaftliche oder andere Not gesteuert sein.)
● dialogisch und interaktionell (Coaching entwickelt sich in einer authentischen Be-gegnung zweier Menschen; nicht durch Vortrag, Training oder Tools.)
Jede Ausnahme hiervon muss offengelegt und gut begründet sein. Sie darf allein demWohl des Klienten dienen … (www.DFC-Verband.de, Abruf Januar 2014)
Vielleicht rollen wir die Frage, was Coaching für Sie persönlich ist, gemeinsamauf und stellen zunächst fest, was Coaching nicht ist und welche anderen Formender kommunikativenHilfe uns bekannt sind. Später fragenwir, wo gecoacht wird,welche Themen imCoaching behandelt werden undwer überhaupt coacht. Danachwerdenwir amEnde des Kapitels nochmals kurz diskutieren, was Coaching für Siepersönlich ist.
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Was istCoaching?
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Was ist Coaching nicht?
Coaching ist keine Psychotherapie. Dabei sind die Grenzen aber in der Praxis flie-ßend und nicht so eindeutig, wie es manche gern herausstellen: Viele ernsthafteLebenskrisen, die nur noch psychotherapeutisch aufzufangen sind, wären viel-leicht im Vorfeld zu verhindern gewesen – durch ein gutes Coaching. Viele Psy-chotherapien dagegen sind eigentlich Lebensberatungen und Coaching, wennPatienten (eigentlich Klienten) nämlich nach Sinn, Ziel oder Erfüllung in ihremLeben suchen.
In einem Lehrbuch zum Coaching fand ich folgende Unterscheidung: Psycho-therapie ist ein Muss, wenn eine Störung mit Krankheitswert vorliegt, beim Coa-ching hingegen geht es um ein »Ich will …«, um eine Optimierung der Lebens-qualität.
Diese Unterscheidung ist heikel: Was behandlungsbedürftige Krankheit ist,wird nämlich rechtlich, medizinisch, ökonomisch und »verbandspolitisch« im-mer wieder neu definiert. Auch, weil es um einen Verteilungskampf um zahlen-de Kunden (»Patienten«) geht. Hoch qualifizierte Psychotherapeuten sind dahermanchmal wirtschaftlich gezwungen, mehr Krankheiten zu sehen, da ihnensonst Kunden entgehen. Vertreter mancher Verfahren oder sogenannter Schulendiskreditieren die Vertreter der anderen Schulen, damit sie selbst »an den Topfkommen«. Wer sehr viele Jahre eine Beratungsform (wie Psychotherapie) erlernthat, ist möglicherweise enttäuscht, wenn jemand als Coach arbeiten möchte, derin nur wenigen Monaten sein Handwerk erlernt hat. Sie sehen: Es geht auch umGeld und um persönliche Empfindlichkeiten. Wer will sich da anmaßen, genaufestzulegen, was seinmuss und was sein könnte?
Auch viele psychisch oder psychosomatisch kranke Menschenwollen übrigensgesund sein und suchen aktiv und willentlich Beratung und Hilfe. Häufig stellensie sich dabei aber mit »einfachen« Problemen vor, deren »Behandlung« auf denersten Blick einem Coaching oder einer Tablette beim Hausarzt angemessen wäre.Viele Ratsuchende und auch Patienten möchten sich nämlich nicht zu sehr än-dern, da gewohntes Leid sicherer erscheint als Wandel und da einfache Problemein den Lebensumständen oder im Körper erträglicher erscheinen als Einsicht undWandel. Solche »Überlegungen« geschehen sicher oft unbewusst.
Als zukünftiger Coach sollten Sie über den rechtlichen Rahmen, in dem sich Beratungund Therapie berühren, unbedingt informiert sein. Günstig ist es, das Coachingthemamit einem klaren Anliegen sauber abzustecken. Hierzu gehören eine klare Ziel- undArbeitsdefinition, die sich thematisch und methodisch von einer Psychotherapie un-terscheiden sollten.
Migge_CoachingBeratung.indb 33Migge_CoachingBeratung.indb 33 21.02.2014 09:40:4021.02.2014 09:40:40
Teil 01
Coaching und dieAusbildung zum Coach
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Übrigens: Wenn Sie als zukünftiger Coach die amtsärztliche Prüfung zur Erlaub-nis der Ausübung der Heilkunde ohne Approbation nach dem Heilpraktikerge-setz – beschränkt auf das Gebiet der Psychotherapie (»Heilpraktiker für die See-le«) – absolvieren, hätten Sie den rechtlichen Rahmen für kleinere Überlappungenzwischen Coaching und Therapie geschaffen. Viele Coaches streben daher diesensogenannten »kleinen Heilpraktikerschein« an.
Unsaubere Grenzen zur Psychotherapie?
Dieses Handbuch wendet sich in erster Linie an psychosoziale Berater, die nichtdie staatliche Erlaubnis haben, Psychotherapie auszuüben. Hierzu gehören auchCoaches – egal ob Personal Coaches oder Business-Coaches. Die meisten vorge-stellten Interaktionsformen und hilfreichen Überlegungen sind aber in der Psy-chotherapie entwickelt worden. Wir füllen unseren Werkzeugkoffer also mit Vor-stellungen und Handlungsanweisungen, die aus einem therapeutischen Umfeldstammen.
Viele Coaches oder nicht therapeutische Berater interessieren sich für psycho-therapeutische Fragen oder möchten im Verlauf ihrer Berufstätigkeit selbst dieKompetenz erwerben, psychotherapeutisch tätig zu sein.
In den Managerzeitschriften zu Wirtschaft, Weiterbildung und Seminarenfinden sich immer häufiger Artikel über die Beratung bei »Angststörungen«, dieBeratung »narzisstischer Führungspersonen« und anderesmehr. Dabei handelt essich eigentlich um psychotherapeutische Themen. Auch in den Personalentwick-lungsabteilungen großer Unternehmen gibt es einen Trend zu einer zunehmendenPsychologisierung oder »Psychotherapeutisierung« der Beratung.
Ich möchte dieses Durcheinander verschiedener Beratungsformen nicht för-dern. Aber ich möchte Ihnen Modelle, Vorgehensweisen und Beispiele anbieten,die Sie sowohl im Coaching als auch in der Psychotherapie nutzen könnten; ent-sprechend ihrem Erfahrungshorizont und Ihren rechtlichen Voraussetzungen.
Strotzka hat 1975 in seinem Buch »Psychotherapie: Grundlagen, Verfahren, In-dikationen« versucht, den Begriff der Psychotherapie handlungsorientiert einzu-grenzen. Danach sei Psychotherapie ein bewusster und vereinbarter interaktionellerProzess
○ zur Beeinflussung von Verhaltensstörungen und Leidenszuständen○ die im Konsensus (möglichst zwischen Patient, Therapeut, Bezugsgruppe) für
behandlungsbedürftig gehalten werden○ mit psychotherapeutischen Mitteln (durch Kommunikation) verbal und non-
verbal
Migge_CoachingBeratung.indb 34Migge_CoachingBeratung.indb 34 21.02.2014 09:40:4021.02.2014 09:40:40
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