14-Areale

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Areale - Überblick

- Form, Größe, Anordnung der Areale

- Grenzen der Areale

- Typen von Grenzen

- Veränderung der Grenzen im Verlaufe der Zeit

- Unterteilung in „Reiche“ und „Zonen“

Form, Größe, Anordnung der Areale

Abb.86 Müller S. 122, Abb. 2.47

- kontinuierliche (geschlossene)

- disjunkte

- diskontinuierliche Areale

Ursachen der Disjunktion

- Art an verschiedenen Orten (polyzentrisch) entstanden- Teilung

Polyzentrisch:

- Ob bei Tieren überhaupt möglich: umstritten- Pflanzen: mehrfache parallele Entstehung der gleichen Art durch Allopolyploidie wahrscheinlich

Teilung:- durch Ausweitung (Vorpostenbildung) - im Zuge der Verkleinerung (Zerstückelung, Reliktbildung).

Abb. 87 Soldanella alpina

Abb. 45: Verbreitung von Soldanella alpina. Punkte bedeuten Einzelvorkommen. Nach Lüdi aus Walter &Straka 1970.

Ob Areal als geschlossen oder disjunkt/diskontinuierlich zu bezeichnen: willkürlich, da maßstabsabhängig

Höhere Auflösung: Soldanella-alpina-Teilareale diskontinuierlich

Maßstabsunabhängige (in diesem Sinne objektive) Bedeutung von „disjunkt“:

Areal dann disjunkt, wenn Organismen die Lücke nicht mehr überwinden können = Disjunktionsschwelle

Aber auch Disjunktionsschwelle nicht ohne Willkür:

Breiter Übergangsbereich zwischen Entfernungen, die regelmäßig und Entfernungen, die nur bei außergewöhnlichen Ereignissen überwunden

Nach Größe ihrer Areale unterscheiden:

stenochore und eurychore Arten

Extremfall der Eurychorie: KosmopolitenExtremfall der Stenochorie: Endemiten Kosmopoliten:kommen in meisten Kontinenten/Meeren vor

Beispiele:Fischadler (Pandion hiliaetus) Schleiereule (Tyto alba)Adlerfarn (Pteridium aquilinum)

folie

Große Brennessel (Urtica dioica)

Abb. 46: Verbreitung von Pteridium aquilinum. Nach Meusel et al. 1965-1992.

Kosmopoliten häufig unter Wasser- und Sumpfpflanzen

- Verbreitung durch Wasservögel - Standorte weltweit viel ähnlicher als die meisten

terrestrischen („extrazonale Standorte“) - ausgleichende Wirkung des Wassers

Kosmopoliten (eurychore Arten) nicht mit Ubiquisten (euryöke Arten) verwechseln

Vogelknöterich (Polygonium aviculare): Kosmopolit

(temperat, mediterran)

Rotbuche (Fagus sylvatica): Ubiquist folien

 

Abb. 47: Natürliches Areal der Rotbuche (Fagus sylvatica). Aus Schütt et al. 1992.

Echte und Pseudo-Kosmopoliten

Viele niedere Pflanzen, niedere Tiere, Mikroorganismen:Sporen oder Überdauerungsstadien weltweit verbreitet

Echte Kosmopoliten können fast überall Lebenszyklen vollenden (Bakterien, Schimmelpilze)

Pseudo-Kosmopolitenaktives Leben nur auf speziellen Standorten in eng begrenzten Gebieten möglich (Moose, Farne )

Endemiten

Extremfall der Stenochorie:kommen nur in relativ eng umgrenztem Gebiet vor

Ob Arten als Endemiten zu gelten haben: willkürlich

Berg oder das ganze Gebirge, Alpen oder „Schweiz

Begriff des Endemiten nicht ohne Gebietsangabe verwenden

Unterscheiden:

Räumliche Endemiten (z. B. Inselendemiten)

Zeitliche Endemiten

Zeitlich bedeutet nicht, daß Art nur kurze Zeit existiert, sondern:

Zeit (= Entwicklungs- und Ausbreitungsgeschichte) zur Erklärung herangezogen

zeitliche Endemiten:

- Reliktendemiten (konservative Endemiten, Paläoendemiten)

- Neoendemiten (progressive Endemiten)

Beispiele für Reliktendemiten

Mammutbaum (Sequioa gigantea), heute nur Sierra Nevada in Kalifornien, im Tertiär über gesamte Nordhemisphäre verbreitet

Ginkgo (Ginkgo biloba). Gattung vor 180 Millionen Jahren sehr weit verbreitet, vor künstlicher Wiederausbreitung (nach 1730) auf kleines Gebiet in China (Kweitschu, Tschekiang) zurückgedrängt

Beispiele für Neoendemiten:

Mehrere Arten der Gattungen Primula (Primel) und Gentiana (Enzian) in Südalpen Dort entstanden, noch nicht über Gebiet hinaus verbreitet

In jedem Gebiet besonders die Endemiten durch Ausrottung gefährdet

Nicht-endemische Arten nach Ausrottung in betreffendem Gebiet definitionsgemäß auch noch woanders

Erfassung der Endemiten durch Naturschützer meiste Angaben über Endemiten auf Staaten bezogen

- alte BRD 2 endemische Arten von höheren Pflanzen (Deschampsia wibeliana, Stipa bavarica),

- Italien 207,

- Spanien 490,

- Griechenland 676

Unterschied Folge der Eiszeit

Südalpen Tertiärrelikte, darunter etliche Endemiten

Zahl der Endemiten pro Gebiet hängt ab von

- Größe- Entlegenheit- Dauerder Isolation des Gebiets

Anteil der Endemiten auf festlandfernen/ großen Inseln hoch

Beispiele Pflanzen:

Sardinien, Korsika: ca. 5-8 %, Kreta 10 %

Britische Inseln (viel größer, aber erst seit etwa 7000 Jahren vom Kontinent getrennt): keine endemischen Pflanzen

Madagaskar (groß, seit mehr als 50 Millionen getrennt): 66 %

Neu-Seeland: 72%

St. Helena (sehr entlegene kleine Atlantikinsel ): 85 %

Zum Verhältnis von Arealen verschiedener Arten

Areale verschiedener Arten

- getrennt (eng benachbart oder entfernt) = allopatrisch- angrenzend (parapatrisch)- überlappend, - einander einschließend- zusammenfallend (sympatrisch) Arten mit verschiedenen Arealen (allopatrische, parapatrische) können einander „vertreten“:geographische Vikarianz

- Castor canadensis, C. faber - Fagus und Notofagus - Cactaceen und Euphorbiaceen

-

Sehr nahe verwandte Arten selten sympatrisch

Sind sie es doch, dann meist Bevorzugung verschiedener Habitate im gleichen Gebiet oder saisonale Differenzierung

Rhododendron ferrugineum: Zentralalpen

Rhododendron hirsutum: Kalkalpen

Folie Alpenrosen

Regel:Areale eng verwandter Arten fallen selten zusammen, doch meist benachbart

Areale der Arten einer Gattung etc. häufen sich oft in einem Gebiet:

MannigfaltigkeitszentrenAbb. Verbascum

Rhododendronferrugineum

Rhododendron hirsutum

KleinblütigeKönigskerze

Verbasum thapsus

Abb. 50: Sippenzentrum (schraffiert) der Gattung Verbascum, Linien gleicher Artenzahl. Nach Murbeck aus Walter &Straka 1970

Mannigfaltigkeitszentren oft als Entstehungsgebiete der Gattung etc. interpretiert

Aber: kein zwingender Schluß

Arten der Gattung könnten im Entstehungsgebiet ausgestorben sein oder in später erreichtem Gebiet entstanden (sekundäres Sippenzentrum)

Beispiele:

- Gattung Stapelia (Familie Asclepiadaceae, Schwalbenwurzgewächse): Die meisten Arten heute in Südafrika, Entstehungszentrum aber in Asien

- Gattung Carex (Seggen), ganz überwiegend in nördlichen Gebieten, vermutlich auf Südhemisphäre entstanden

Arealgrenzen

Zwei Typen:

Ökologische Grenze= potentielle Grenze

Wenn tatsächliche Grenze nicht mit potentieller identisch:Historische Grenze

Historische Grenzen:Grenzen können sich im geschichtlichen Verlauf ändern, auch wenn Umweltbedingen unverändert bleiben

Ökologische Grenze = potentielle = größtmögliche Grenze

denn über das Gebiet hinaus, in dem sie geeignete ökologische Bedingungen findet, kann sich die Art definitionsgemäß nicht ausbreiten

Differenzierung von „ökologische Grenzen“:

Ökologisches Areal nicht identisch mit klimatischem Areal

Wenn (bei Pflanzen) Bodenbedingungen gegeben, bestimmen die klimatischen Faktoren das größtmögliche Areal

In der Regel aber wirken klimatische Faktoren nur vermittelt über Interaktionenmit Lebewesen

Rein klimatisch-ökologisch: Grenzen vieler Reliktareale, wenn Klimaänderung die Rückzugsursache

Rein historisch: Grenzen von Reliktarealen, wenn Rückgangsursache allein Ausrottung und aktuelle ökologische Bedingungen viel weitere Verbreitung zuließen Rein historisch: aktuelle Arealgrenzen der in Ausbreitung begriffenen Arten, sofern Ausbreitung durch Überwindung von Barrieren (z. B. Schiffsverkehr) bedingt, nicht durch Klimaänderung

Rein historisch: Grenze des Areals einer sich ausbreitenden Art,die nach günstiger Klimaänderung in Gebiete erst vordringen muß,die ökologisch längst geeignet,aber wegen geringer Wanderungsgeschwindigkeit noch nicht erreicht (Beispiel Buche in Irland)

Drei Gruppen von Arealgrenzen:

- Ökologische Grenzen, die nicht zugleich historische Grenzen sind : Art füllt ihr potentielles Areal ganz aus

- Ökologische Grenzen, die zugleich historische sind: ökologische Grenze ist Ausbreitungsbarriere, jenseits derer weitere, bisher nicht besiedelte Gebiete mit geeigneten ökologischen Bedingungen liegen

- Historische Grenzen, die nicht zugleich ökologische Grenzen sind: Gebiete unmittelbar jenseits des aktuellen Grenzverlaufes

ökologisch geeignet, Art ist dabei, sich auszubreiten, hat aber diese Gebiete, von denen sie keine Ausbreitungsbarriere trennt, noch nicht erreicht,

Oder Art befindet sich auf Rückzug, weil Umweltbedingungen im alten Areal verschlechtert

Veränderungen von Arealgrenzen

Grenzen aller Typen verändern sich im Prinzip fortwährend Oft unmerklich, z. B. Meer-Land-

Grenzen

Vorrücken einer Arealgrenze: Invasion (im weiteren Sinne)

Erfolgreiche Invasion: unbesiedelter, aber besiedelbarer Raum muß vorhanden sein Möglichkeiten: - Teil des Areals wurde durch nicht fortwirkende Ursache entvölkert;- potentielles Teilareal vorhanden, aber Zugang zu ihm ist versperrt;- es entsteht neuer besiedelbarer Raum:

- (c1) Umweltbedingungen in einem Raum ändern sich- (c2) Ansprüche der Organismen ändern sich

Zusammenfassung von Arealen nach Typen

In manchen Gebieten häufen sich Arealgrenzen Arealtypgrenzen

Können mit Grenzen zusammenfallen, an denen sich die ökologischen Bedingungen sprunghaft ändern:

z. B. Meer-Land-Grenze; Grenzen, die mit sprunghaften Veränderungen in den ökologischen Wirkungen bestimmter Faktoren verbunden (absolutes Minimum 0° C), Grenze Winter-Sommerregengebiet

Klimatische (ökologische) Grenzen Zonen

Ausbreitungsgrenzen (historische Grenzen) Reiche

Abb. 92 Florenreiche/Faunenreiche

Abb. 52: Zoogeographische Reiche. Nach Cox & Moore 2000, verändert.

Abb. 53: Pflanzengeographische Reiche. Nach Cox & Moore 2000, verändert.

Auch mehrere durch Ausbreitungsbarrieren getrennte Gebiete können ein Reich bilden:

Holarktis und Antarktis

Erklärung: Gebiete hingen früher zusammen

Abb.

Reiche

Räume ähnlicher Artenzusammensetzung. Grenzen sind Ausbreitungsgrenzen = historisch bedingt:

Namib-Wüste und Peruanische Küstenwüste („Nebenwüsten“):sehr ähnliches Klima,Namib-Wüste würde Großteil der Arten der Peruanische Küstenwüste Lebensmöglichkeiten bieten

Ausbreitungshindernisse führten zu Gebieten mit sehr unterschiedlicher Artenzusammensetzung

Australis, Paläotopis und Neotropis haben in ausgedehnten Gebieten weitgehend übereinstimmendes KlimaFloristisch-faunistisch unterscheiden sich die Reiche aber sehr

Zonen

Grenzen der Zonen sind Häufungen von Arealgrenzen an klimatischen Grenzen Aber: Gesamte Zone hat keine ähnliche Artenzusammensetzung Tropische Zone zerfällt in mehrere nach ihrer Artenzusammensetzung sehr unterschiedliche Gebiete (verschiedenen Reichen angehörig) Was diese Zone zur Einheit macht, ist „Physiognomie“ ihrer Organismen und der Vegetation Prinzipien der Unterscheidung in Zonen:

- thermische Zonierung (äquatorparallel oder der Meereshöhe entsprechend)- Ozeanitätsgefälle

Abb. 93 [Müller 137, Zonen; Tab. 14 Höhenzonierung

Abb. 55: Florenzonen und Ozeanitätssektoren der Biosphäre. Nach Schütt er al. 1992.