18. September 2016 basel Spitalgruppe auf der Krankenstation

Post on 13-Nov-2021

0 views 0 download

Transcript of 18. September 2016 basel Spitalgruppe auf der Krankenstation

54baselSchweiz am Sonntag18. September 2016

Die beiden Gesundheitsdirektoren Tho-mas Weber (SVP, BL) und Lukas Engel-berger (CVP, BS) wussten: Sie habengar keine Alternative zur Bildung einergemeinsamen Spitalgruppe, bestehendaus dem Universitätsspital Basel (USB)und dem Kantonsspital Baselland(KSBL). Das Resultat ihrer Prüfungstand damit von vornherein fest, eshatte nur gegolten, die entsprechendeRechnung aufzustellen.

Nicht die Präsentation vor den Medi-en, sondern erst das Studium der um-fangreichen Unterlagen zeigt, wie krea-tiv die beiden Verwaltungen kalkulierthaben, um einen möglichst tragfähigenKompromiss zu erreichen. Kernpunktder Übung: Baselland verzichtet auf dieVerzinsung und Rückzahlung einesDarlehens an das KSBL in Höhe von153 Millionen Franken. Nur durch dieseZugabe können die Besitzverhältnissean der neuen Spitalgruppe mit 71,5 Pro-zent für Basel-Stadt und 28,5 Prozentfür Baselland in ein politisch akzeptab-les Ungleichgewicht gebracht werden.Ohne den Baselbieter Zuschuss läge derBaselbieter Anteil an der neuen Firmaunter zwanzig Prozent.

Der Rechentrick belastet die Basel-bieter Bilanz nicht unmittelbar, dochdas Geld wird fehlen: Während dernächsten 21 Jahre fliessen bei gleich-bleibend tiefen Zinsen jährlich inklusi-ve Amortisation gut acht MillionenFranken weniger in die Staatskasse.

Das gewählte Kräfteverhältnis beimKapital entspricht in etwa den Berech-nungen nach den Discounted-Cash-Flow-Methoden (DCF), die bei Firmen-fusionen standardmässig zur Anwen-dung kommen. Dabei zeigt sich, wieschwach das KSBL im Vergleich zumUSB aufgestellt ist: Mit 45 Prozent ander Gesamtzahl aller Patienten erzieltdas KSBL nur gerade einen Umsatzan-teil von 31 Prozent; der Unternehmens-und Eigenkapitalwert nach DCF liegt

mit einem Anteil von 26 bzw. 27 Pro-zent noch tiefer. Das USB ist demnachnach allen Parametern der Wirtschafts-prüfer deutlich besser aufgestellt alsdas Baselbieter Pendant.

Umso erstaunlicher mag erscheinen,dass Basel-Stadt sich auf eine Parität beiden Stimmrechten eingelassen hat.Technisch wird dies erreicht, indemvom Basler Anteil von 71,5 Prozent nur28,5 Prozent der Aktien stimmberich-tigt sein werden. Auf den verbleiben-den Pool von 43 Prozent stimmrechts-beschränkter Aktien hat Baselland eintheoretisches Vorkaufsrecht auf 21,5Prozent. Im Vordergrund steht jedochein Teilverkauf an Aargauer und Solo-thurner Spitäler, die so Teil der BaslerSpitalgruppe werden könnten. Profitie-ren würde davon vor allem Basel-Stadt.

Dilemma bei den BaseratesEine eigentliche Zahlenjonglage voll-brachten die Gesundheitsdirektoren imUmgang mit den unterschiedlichenBaserates. Diese bezeichnen den Be-trag, der im gültigen Punktesystem füreinen Behandlungsfall bezahlt wird.Für den Start der Gruppe haben Stadtwie Land ein hohes Interesse, die tiefe-ren Baserates im KSBL und die höherenim USB beizubehalten. Denn nur sokönnen die Baselbieter dank der for-cierten Verlagerung von der stationä-ren zur ambulanten Behandlung relativhohe Einsparungen erwarten und sichdas USB gleichzeitig eine hohe Abgel-tung ihrer Leistungen erhalten. EineAngleichung der Baserate über die gan-ze Spitalgruppe ergebe eine deutlicheErhöhung beim KSBL sowie eine leich-te Senkung beim USB. Als Folge davonsackte das Baselbieter Sparpotenzialvon 11 auf 6 Millionen Franken. Die Ent-lastung für Basel-Stadt stiege zwar um11 auf 16 Millionen Franken, doch dieszulasten des USB, das seine Leistungennur noch schwer refinanzieren könnte.

Die Krux: Bereits mittelfristig mussdie Spitalgruppe um eine einheitliche

Baserate bemüht sein, da sie sonst zurRechnungsabgrenzung parallele Struk-turen aufrechterhalten muss und diemöglichen Synergiegewinne gar nichtausschöpfen kann.

Sehr langfristiger NutzenBis die versprochenen Synergiegewin-ne von siebzig Millionen Franken jähr-lich erreicht und in bescheidenem Mas-se bei den Eignern ankommen, werdenaber ohnehin noch viele Jahre verstrei-chen. Bis in sechs Jahren soll die Ge-winnmarge (Ebitda) zwar auf die be-

triebsnotwendigen zehn Prozent gestei-gert werden können. Erst in 21 Jahren(!) werde dieses Potenzial aber ausge-schöpft und die Marge auf zwölf Pro-zent gesteigert sein. Als effektiver mög-licher Gewinn könnte das Unterneh-men dann rund zwanzig MillionenFranken ausschütten. Jedes kommerzi-elle Unternehmen würde bei solchenlangfristigen Perspektiven die Übungabbrechen.

Kaum aus der Deckung gekommensind die Regierungstechnokraten, wiesie die anstehenden Investitionen refi-

nanzieren wollen. Denn mit der Anga-be allein, das Fremdkapital solle bis insieben Jahren um 500 auf 680 Millio-nen Franken gesteigert werden, istnoch nicht geklärt, wie etwa der Baudes Klinikums 2 sowie die notwendigenAnpassungen beim Bruderholzspital fi-nanziert werden können. Geschweigedenn, was passiert, wenn die Zinsenansteigen und die Spitalgruppe ihrenErtrag massgeblich für die Begleichungvon Schuldzinsen abführen muss.

Für Basel-Stadt kann diese Rechnungjedoch aufgehen, wenn durch die Spi-

talgruppe das Klinikum 2 nur als Mini-malprogramm gebaut werden muss.Dies führte zu einer Entlastung ummehrere hundert Millionen Franken.

Politisch vermintes GebietJede einzelne der rechnerischen Zu-rechtlegungen hat das Potenzial zumpolitischen Dauerstreit und birgt dasRisiko zum Multiorganversagen. Alleinder politische (Überlebens-)Wille bötedagegen einen gewissen Immunschutz.Doch dazu bräuchte es Politiker undnicht Technokraten.

Wie Technokraten haben die RegierungsräteLukas Engelberger und Thomas Weberdie Zusammenführung von Unispitalund Kantonsspital geplant. Die politischeBotschaft ist dabei auf der Strecke geblieben.

Spitalgruppe auf der Krankenstation

� �

●●

� � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � �

● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ●

VON CHRISTIAN MENSCH

So hat es am Donnerstag ausgesehen, als die Gesundheitsdirektoren beider Basel die Eckwerte auf dem Weg zu einer gemeinsamen Spitalgruppe erklärten. Nicole Nars-Zimmer

Martin Birrer, Präsident BaslerPrivatspitäler-Vereinigung, ist ge-nervt. Er wirft den Gesundheits-direktoren beider Basel vor, mitder bikantonalen Spitalgruppedie Monopolstellung der kantons-eigenen Häuser zu zementieren.Birrer findet, dass Thomas Weber(BL) und Lukas Engelberger (BS)widersprüchlich handelten. Ei-nerseits planen sie auf dem Bru-derholz ein «neues Orthopädie-zentrum», andererseits beklagensie in diesem Bereich Überkapazi-täten und werfen den privatenAnbietern vor, zu viele Eingriffevorzunehmen.

Dass das öffentlich-rechtlicheSpital weiterhin auf Orthopädiesetzen will, empfinden die Privat-spitäler als Affront. Derzeit gleistdie Basler Verwaltung erstmalsseit der Einführung der Fallpau-schalen eine Untersuchung beiPrivatspitalpatienten auf. Es sollherausgefunden werden, ob inder Merian-Iselin-Klinik zu vieleOperationen durchgeführt wer-den. Thomas von Allmen, LeiterSpitalversorgung, sagt, dass manauf die «seit Jahren gestiegenen»Fallzahlen in der Region reagierthabe und die Untersuchung«nach längerer» Vorlaufzeit abHerbst durchführe. Es fehle nurnoch das grüne Licht der Ethik-kommission.

Vor der Operation sollen diePatienten zur Funktionstüchtig-keit ihrer Gelenke befragt wer-den, 6 und 24 Monate danachzum Genesungsprozess. Obwohlvon Allmen eine «nicht erwartba-re Steigerung» von Orthopädie-Eingriffen ausmacht, wider-spricht er Birrers Vorwurf, mannehme die Privatspitäler unterGeneralverdacht. Die Untersu-chung könne «durchaus» erge-ben, dass die Ärzte an der Meri-an-Iselin-Klinik nuroperieren, wenn dies tatsächlichnötig sei. LEIF SIMONSEN

Unverständnisüber Pläne inder Orthopädie

PRIVATSPITÄLER

Die Baselbieter SVP um Präsident Os-kar Kämpfer ist normalerweise nichtum knackige Statements verlegen.Nachdem die beiden Gesundheitsdi-rektoren Lukas Engelberger (CVP, BS)und Thomas Weber (SVP, BL) amDonnerstag ihre Pläne zur gemeinsa-men Spitalgruppe präsentiert hatten,liessen aber einzig die Rechtsbürgerli-chen auf eine Stellungnahme warten.Kämpfer sagt auf Anfrage, seine Par-tei wolle erst gegen Ende der nächs-ten Woche kommunizieren. Die Be-gründung: Es brauche Zeit, das kom-plexe, mehrere hundert Seiten um-fassende Dossier durchzulesen.

Die Wahrheit für die Verschwiegen-heit dürfte eine andere sein. Die SVPmuss darauf bedacht sein, die innereZerrissenheit zu kaschieren. In derPartei, die sich gerne als wirtschaftsli-beral bezeichnet, sind die Heimat-schützer mittlerweile in der Über-zahl. Das Komitee «Ja zum Bruder-holz», das die Pläne Webers zum Ab-bau des stationären Angebots direktangreift, verzeichnet regen Zulaufvon SVP-Parteimitgliedern. InitiantMario Bernasconi sagt: «Es ist einSVP-Komitee geworden.» Daher habeer sich zurückgezogen und überlasseden finanzkräftigeren und prominen-teren Mitgliedern den Abstimmungs-kampf.

Vor emotionaler DebatteEs mangelt nicht an Köpfen. ImKampf um den Erhalt des Bruderholzsah sich alt SVP-Regierungsrat JörgKrähenbühl genötigt, erstmals seitseiner Abwahl wieder die Stimme zuerheben. In einem Leserbrief in der«Basler Zeitung» behauptete er, esginge um die Gesundheitsversorgungder 175 000 Einwohner im unterenKantonsteil. «Ein Bettenhaus mit ei-ner Notfallstation mit dem Grundan-gebot Medizin, Chirurgie und Ortho-pädie gehört zum Bruderholz.» ImKampf gegen den eigenen Magistra-ten ist Krähenbühl Unterstützung ausden eigenen Reihen gewiss. Land-rätin Caroline Mall sitzt im Initiativ-

komitee, die SVP-Sektionspräsiden-ten aus Ettingen und Arlesheim-Mün-chenstein im Unterstützungskomitee.

Viele SVPler überlegen sich nachBekanntgabe der Pläne Webers undEngelbergers einen Beitritt oder wer-ben im Umfeld für ein Nein zu denPlänen Webers. Der Therwiler Land-rat Hans-Jürgen Ringgenberg hält eswie viele Leimentaler: «Schon mehr-mals wurden meine Familienmitglie-der auf dem Bruderholz operiert. Dasschafft eine emotionale Bindung.Dass wir nun keine Notfallversorgungmehr haben sollen, ist stossend.»Auch der Pfeffinger LandratskollegeMartin Karrer kommt ins Grübeln:«An Feierabend brauche ich mit demAuto zwei Stunden ins Universitäts-spital. Das kann sehr lange sein,wenn man ein Kind mit einer schwe-ren Hirnerschütterung im Rücksitz

hat.» Dass die bisweilen polemischeArgumente im bevölkerungsreichenKantonsteil verfangen, wissen auchdie Gesundheitsdirektoren. In ihrerBeurteilung der Projektrisiken (sieheGrafik) stufen sie die politischen Hür-den und das Schadenpotenzial als«hoch» ein. Engelberger betonte amDonnerstag, dass alleine die Bruder-holzinitiative das ganze Projekt schei-tern lassen könne.

Für Kämpfer ist die Alternativlosig-keit der eigentliche Skandal: «Wenndie Bevölkerung am Bruderholz fest-halten will, muss man das akzeptie-ren und Lösungen bereithalten.» Un-abhängig davon, wie sich seine Parteiäussern wird, prognostiziert er sei-nem Regierungsrat einen harten Ab-stimmungskampf. «Die Unterschrif-ten für das Bruderholz warenschliesslich im Nu zusammen.»

«SVP-Komitee» bekämpft WeberDer Baselbieter Gesundheitsdirektor fürchtet politischen Widerstand am meisten.� �

●●

� � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � �

● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ●

VON LEIF SIMONSEN

Die Gesundheitsdirektionen haben sämtliche Projektrisiken gewichtet.1. Ablehnung von Politik oder Bevölkerung. 2. Verzögerung aufgrund des politi-schen Meinungsbildungsprozesses. 3. Annahme der Bruderholz-Initiative.4. Verlust von Zuweisungen. 5. Markteintritt von Konkurrenten. 6. Abwande-rung von Fachkräften. 7. Bestehende Projekte werden vernachlässigt. 8. Unzu-reichende Integration der ICT-Systeme. 9. Höhere Transformationskosten.10. Finanzierbarkeit der Investitionen in der Übergangsfrist. 11. Kulturelle Unter-schiede. 12. Abweichung vom Zielbild in der Transformationsphase durch op-portunistische Entscheide. 13. Verlust von Schlüsselpersonen.

INSERAT INSERAT

55baselSchweiz am Sonntag18. September 2016

Die beiden Gesundheitsdirektoren Tho-mas Weber (SVP, BL) und Lukas Engel-berger (CVP, BS) wussten: Sie habengar keine Alternative zur Bildung einergemeinsamen Spitalgruppe, bestehendaus dem Universitätsspital Basel (USB)und dem Kantonsspital Baselland(KSBL). Das Resultat ihrer Prüfungstand damit von vornherein fest, eshatte nur gegolten, die entsprechendeRechnung aufzustellen.

Nicht die Präsentation vor den Medi-en, sondern erst das Studium der um-fangreichen Unterlagen zeigt, wie krea-tiv die beiden Verwaltungen kalkulierthaben, um einen möglichst tragfähigenKompromiss zu erreichen. Kernpunktder Übung: Baselland verzichtet auf dieVerzinsung und Rückzahlung einesDarlehens an das KSBL in Höhe von153 Millionen Franken. Nur durch dieseZugabe können die Besitzverhältnissean der neuen Spitalgruppe mit 71,5 Pro-zent für Basel-Stadt und 28,5 Prozentfür Baselland in ein politisch akzeptab-les Ungleichgewicht gebracht werden.Ohne den Baselbieter Zuschuss läge derBaselbieter Anteil an der neuen Firmaunter zwanzig Prozent.

Der Rechentrick belastet die Basel-bieter Bilanz nicht unmittelbar, dochdas Geld wird fehlen: Während dernächsten 21 Jahre fliessen bei gleich-bleibend tiefen Zinsen jährlich inklusi-ve Amortisation gut acht MillionenFranken weniger in die Staatskasse.

Das gewählte Kräfteverhältnis beimKapital entspricht in etwa den Berech-nungen nach den Discounted-Cash-Flow-Methoden (DCF), die bei Firmen-fusionen standardmässig zur Anwen-dung kommen. Dabei zeigt sich, wieschwach das KSBL im Vergleich zumUSB aufgestellt ist: Mit 45 Prozent ander Gesamtzahl aller Patienten erzieltdas KSBL nur gerade einen Umsatzan-teil von 31 Prozent; der Unternehmens-und Eigenkapitalwert nach DCF liegt

mit einem Anteil von 26 bzw. 27 Pro-zent noch tiefer. Das USB ist demnachnach allen Parametern der Wirtschafts-prüfer deutlich besser aufgestellt alsdas Baselbieter Pendant.

Umso erstaunlicher mag erscheinen,dass Basel-Stadt sich auf eine Parität beiden Stimmrechten eingelassen hat.Technisch wird dies erreicht, indemvom Basler Anteil von 71,5 Prozent nur28,5 Prozent der Aktien stimmberich-tigt sein werden. Auf den verbleiben-den Pool von 43 Prozent stimmrechts-beschränkter Aktien hat Baselland eintheoretisches Vorkaufsrecht auf 21,5Prozent. Im Vordergrund steht jedochein Teilverkauf an Aargauer und Solo-thurner Spitäler, die so Teil der BaslerSpitalgruppe werden könnten. Profitie-ren würde davon vor allem Basel-Stadt.

Dilemma bei den BaseratesEine eigentliche Zahlenjonglage voll-brachten die Gesundheitsdirektoren imUmgang mit den unterschiedlichenBaserates. Diese bezeichnen den Be-trag, der im gültigen Punktesystem füreinen Behandlungsfall bezahlt wird.Für den Start der Gruppe haben Stadtwie Land ein hohes Interesse, die tiefe-ren Baserates im KSBL und die höherenim USB beizubehalten. Denn nur sokönnen die Baselbieter dank der for-cierten Verlagerung von der stationä-ren zur ambulanten Behandlung relativhohe Einsparungen erwarten und sichdas USB gleichzeitig eine hohe Abgel-tung ihrer Leistungen erhalten. EineAngleichung der Baserate über die gan-ze Spitalgruppe ergebe eine deutlicheErhöhung beim KSBL sowie eine leich-te Senkung beim USB. Als Folge davonsackte das Baselbieter Sparpotenzialvon 11 auf 6 Millionen Franken. Die Ent-lastung für Basel-Stadt stiege zwar um11 auf 16 Millionen Franken, doch dieszulasten des USB, das seine Leistungennur noch schwer refinanzieren könnte.

Die Krux: Bereits mittelfristig mussdie Spitalgruppe um eine einheitliche

Baserate bemüht sein, da sie sonst zurRechnungsabgrenzung parallele Struk-turen aufrechterhalten muss und diemöglichen Synergiegewinne gar nichtausschöpfen kann.

Sehr langfristiger NutzenBis die versprochenen Synergiegewin-ne von siebzig Millionen Franken jähr-lich erreicht und in bescheidenem Mas-se bei den Eignern ankommen, werdenaber ohnehin noch viele Jahre verstrei-chen. Bis in sechs Jahren soll die Ge-winnmarge (Ebitda) zwar auf die be-

triebsnotwendigen zehn Prozent gestei-gert werden können. Erst in 21 Jahren(!) werde dieses Potenzial aber ausge-schöpft und die Marge auf zwölf Pro-zent gesteigert sein. Als effektiver mög-licher Gewinn könnte das Unterneh-men dann rund zwanzig MillionenFranken ausschütten. Jedes kommerzi-elle Unternehmen würde bei solchenlangfristigen Perspektiven die Übungabbrechen.

Kaum aus der Deckung gekommensind die Regierungstechnokraten, wiesie die anstehenden Investitionen refi-

nanzieren wollen. Denn mit der Anga-be allein, das Fremdkapital solle bis insieben Jahren um 500 auf 680 Millio-nen Franken gesteigert werden, istnoch nicht geklärt, wie etwa der Baudes Klinikums 2 sowie die notwendigenAnpassungen beim Bruderholzspital fi-nanziert werden können. Geschweigedenn, was passiert, wenn die Zinsenansteigen und die Spitalgruppe ihrenErtrag massgeblich für die Begleichungvon Schuldzinsen abführen muss.

Für Basel-Stadt kann diese Rechnungjedoch aufgehen, wenn durch die Spi-

talgruppe das Klinikum 2 nur als Mini-malprogramm gebaut werden muss.Dies führte zu einer Entlastung ummehrere hundert Millionen Franken.

Politisch vermintes GebietJede einzelne der rechnerischen Zu-rechtlegungen hat das Potenzial zumpolitischen Dauerstreit und birgt dasRisiko zum Multiorganversagen. Alleinder politische (Überlebens-)Wille bötedagegen einen gewissen Immunschutz.Doch dazu bräuchte es Politiker undnicht Technokraten.

Wie Technokraten haben die RegierungsräteLukas Engelberger und Thomas Weberdie Zusammenführung von Unispitalund Kantonsspital geplant. Die politischeBotschaft ist dabei auf der Strecke geblieben.

Spitalgruppe auf der Krankenstation

� �

●●

� � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � �

● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ●

VON CHRISTIAN MENSCH

So hat es am Donnerstag ausgesehen, als die Gesundheitsdirektoren beider Basel die Eckwerte auf dem Weg zu einer gemeinsamen Spitalgruppe erklärten. Nicole Nars-Zimmer

Martin Birrer, Präsident BaslerPrivatspitäler-Vereinigung, ist ge-nervt. Er wirft den Gesundheits-direktoren beider Basel vor, mitder bikantonalen Spitalgruppedie Monopolstellung der kantons-eigenen Häuser zu zementieren.Birrer findet, dass Thomas Weber(BL) und Lukas Engelberger (BS)widersprüchlich handelten. Ei-nerseits planen sie auf dem Bru-derholz ein «neues Orthopädie-zentrum», andererseits beklagensie in diesem Bereich Überkapazi-täten und werfen den privatenAnbietern vor, zu viele Eingriffevorzunehmen.

Dass das öffentlich-rechtlicheSpital weiterhin auf Orthopädiesetzen will, empfinden die Privat-spitäler als Affront. Derzeit gleistdie Basler Verwaltung erstmalsseit der Einführung der Fallpau-schalen eine Untersuchung beiPrivatspitalpatienten auf. Es sollherausgefunden werden, ob inder Merian-Iselin-Klinik zu vieleOperationen durchgeführt wer-den. Thomas von Allmen, LeiterSpitalversorgung, sagt, dass manauf die «seit Jahren gestiegenen»Fallzahlen in der Region reagierthabe und die Untersuchung«nach längerer» Vorlaufzeit abHerbst durchführe. Es fehle nurnoch das grüne Licht der Ethik-kommission.

Vor der Operation sollen diePatienten zur Funktionstüchtig-keit ihrer Gelenke befragt wer-den, 6 und 24 Monate danachzum Genesungsprozess. Obwohlvon Allmen eine «nicht erwartba-re Steigerung» von Orthopädie-Eingriffen ausmacht, wider-spricht er Birrers Vorwurf, mannehme die Privatspitäler unterGeneralverdacht. Die Untersu-chung könne «durchaus» erge-ben, dass die Ärzte an der Meri-an-Iselin-Klinik nuroperieren, wenn dies tatsächlichnötig sei. LEIF SIMONSEN

Unverständnisüber Pläne inder Orthopädie

PRIVATSPITÄLER

Die Baselbieter SVP um Präsident Os-kar Kämpfer ist normalerweise nichtum knackige Statements verlegen.Nachdem die beiden Gesundheitsdi-rektoren Lukas Engelberger (CVP, BS)und Thomas Weber (SVP, BL) amDonnerstag ihre Pläne zur gemeinsa-men Spitalgruppe präsentiert hatten,liessen aber einzig die Rechtsbürgerli-chen auf eine Stellungnahme warten.Kämpfer sagt auf Anfrage, seine Par-tei wolle erst gegen Ende der nächs-ten Woche kommunizieren. Die Be-gründung: Es brauche Zeit, das kom-plexe, mehrere hundert Seiten um-fassende Dossier durchzulesen.

Die Wahrheit für die Verschwiegen-heit dürfte eine andere sein. Die SVPmuss darauf bedacht sein, die innereZerrissenheit zu kaschieren. In derPartei, die sich gerne als wirtschaftsli-beral bezeichnet, sind die Heimat-schützer mittlerweile in der Über-zahl. Das Komitee «Ja zum Bruder-holz», das die Pläne Webers zum Ab-bau des stationären Angebots direktangreift, verzeichnet regen Zulaufvon SVP-Parteimitgliedern. InitiantMario Bernasconi sagt: «Es ist einSVP-Komitee geworden.» Daher habeer sich zurückgezogen und überlasseden finanzkräftigeren und prominen-teren Mitgliedern den Abstimmungs-kampf.

Vor emotionaler DebatteEs mangelt nicht an Köpfen. ImKampf um den Erhalt des Bruderholzsah sich alt SVP-Regierungsrat JörgKrähenbühl genötigt, erstmals seitseiner Abwahl wieder die Stimme zuerheben. In einem Leserbrief in der«Basler Zeitung» behauptete er, esginge um die Gesundheitsversorgungder 175 000 Einwohner im unterenKantonsteil. «Ein Bettenhaus mit ei-ner Notfallstation mit dem Grundan-gebot Medizin, Chirurgie und Ortho-pädie gehört zum Bruderholz.» ImKampf gegen den eigenen Magistra-ten ist Krähenbühl Unterstützung ausden eigenen Reihen gewiss. Land-rätin Caroline Mall sitzt im Initiativ-

komitee, die SVP-Sektionspräsiden-ten aus Ettingen und Arlesheim-Mün-chenstein im Unterstützungskomitee.

Viele SVPler überlegen sich nachBekanntgabe der Pläne Webers undEngelbergers einen Beitritt oder wer-ben im Umfeld für ein Nein zu denPlänen Webers. Der Therwiler Land-rat Hans-Jürgen Ringgenberg hält eswie viele Leimentaler: «Schon mehr-mals wurden meine Familienmitglie-der auf dem Bruderholz operiert. Dasschafft eine emotionale Bindung.Dass wir nun keine Notfallversorgungmehr haben sollen, ist stossend.»Auch der Pfeffinger LandratskollegeMartin Karrer kommt ins Grübeln:«An Feierabend brauche ich mit demAuto zwei Stunden ins Universitäts-spital. Das kann sehr lange sein,wenn man ein Kind mit einer schwe-ren Hirnerschütterung im Rücksitz

hat.» Dass die bisweilen polemischeArgumente im bevölkerungsreichenKantonsteil verfangen, wissen auchdie Gesundheitsdirektoren. In ihrerBeurteilung der Projektrisiken (sieheGrafik) stufen sie die politischen Hür-den und das Schadenpotenzial als«hoch» ein. Engelberger betonte amDonnerstag, dass alleine die Bruder-holzinitiative das ganze Projekt schei-tern lassen könne.

Für Kämpfer ist die Alternativlosig-keit der eigentliche Skandal: «Wenndie Bevölkerung am Bruderholz fest-halten will, muss man das akzeptie-ren und Lösungen bereithalten.» Un-abhängig davon, wie sich seine Parteiäussern wird, prognostiziert er sei-nem Regierungsrat einen harten Ab-stimmungskampf. «Die Unterschrif-ten für das Bruderholz warenschliesslich im Nu zusammen.»

«SVP-Komitee» bekämpft WeberDer Baselbieter Gesundheitsdirektor fürchtet politischen Widerstand am meisten.� �

●●

� � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � �

● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ●

VON LEIF SIMONSEN

Die Gesundheitsdirektionen haben sämtliche Projektrisiken gewichtet.1. Ablehnung von Politik oder Bevölkerung. 2. Verzögerung aufgrund des politi-schen Meinungsbildungsprozesses. 3. Annahme der Bruderholz-Initiative.4. Verlust von Zuweisungen. 5. Markteintritt von Konkurrenten. 6. Abwande-rung von Fachkräften. 7. Bestehende Projekte werden vernachlässigt. 8. Unzu-reichende Integration der ICT-Systeme. 9. Höhere Transformationskosten.10. Finanzierbarkeit der Investitionen in der Übergangsfrist. 11. Kulturelle Unter-schiede. 12. Abweichung vom Zielbild in der Transformationsphase durch op-portunistische Entscheide. 13. Verlust von Schlüsselpersonen.

INSERAT INSERAT